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Balancing

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Scimi:

--- Zitat von: Herr der Nacht am  5.06.2011 | 12:55 ---Social Combat gibt es in vielen nWoD-Bänden, Vampire the Requiem - Invite Only hat welche (mit Einbindung von Disziplinen), im Band Night Horrors: Grim Fears gibt es den Fighting Style Social Maneuvers, Requiem for Rome hat ihn, viele SAS-Szenen beinhalten Regelkonstrukte für soziale Auseinandersetzungen und selbst das Grundregelwerk besitzt Regelungen für soziale Auseinandersetzungen (Kapitel: Skills) ...etc

--- Ende Zitat ---

Na gut, da ich mich vor allem auf die Bände der Grundreihe und von Mage und Werwolf eingeschossen habe, kann ich keinen der genannten Bände mein Eigen nennen. Das Grundregelwerk bietet einige spezialisierte Skillanwendungen, die aber in den meisten Fällen asymetrisch sind und daher nicht die Qualität des Kampfsystems erreichen.

Beispiel
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Unter Intimidation ist als Anwendung ein Verhör angegeben. Der Verhörer würfeln Wits+Intimidation+Bonus gegen Stamina+Resolve des Verhörten. Das Verhör gewinnt, wer zuerst die Willenskraft des Gegners an Erfolgen erreicht, je nachdem gibt der Verhörte alle Informationen preis, die er hat, oder der Verhörende erfährt gar nichts.
Es gibt keinerlei Möglichkeiten, den Spieß umzudrehen, vielleicht seinen Wert in Subterfuge oder Persuasion einzusetzen, um falsche Informationen zu streuen oder einfach unschuldig zu wirken, keine Möglichkeit, dem Verhörenden vielleicht Informationen zu entlocken.

Das wäre so, als würde ich im Kampf Strength+Brawl gegen Stamina+Dexterity des Opfers würfeln, wenn ich zuerst seine Gesundheitsstufen in Erfolgen erreiche, habe ich es verprügelt, wenn es zuerst meine Gesundheitsstufen in Schaden erreicht, ist es unverprügelbar
Das Grundsystem basiert auf den Attributen und Skills und schreibt Regeln fürs Würfeln und für Erfolge und Misserfolge vor. Das Kampfsystem baut auf diesen Regeln auf und fügt weitere Elemente wie einen genauen Handlungsablauf, Defensivwerte und Gesundheit hinzu. Damit ist das Kampf- und Schadenssystem sehr viel genauer geregelt als andere Bereiche im Spiel und nicht umsonst gibt es im Grundbuch neben dem Regelkapitel ein extra Kapitel für Kampf.

Ebenso gibt es weitere Regeln, die an die Kampfregeln anknüpfen, etwa verschiedene Kampfmanöver, exakte Ausrüstungsboni in Form von Waffen und Regeln für das Zerstören von Gegenständen, die wieder Grundlage für die Fahrzeugkampfregeln sind. Im Gegenzug gibt es in den Grundregeln keine sozialen Manöver und es gibt kein Ausrüstungsbuch für Makeup, Krawatten und Schönheits-OPs.

Wenn ich im Spiel eine Glasflasche zerdeppern oder ein Loch in eine Brandschutztüre reißen will, dann kann ich genau nachlesen, wie das geht. Wenn ich an einem Türsteher vorbeikommen oder den Prinzen der Stadt erpressen will, dann muss mit dem ST verhandelt werden, welche Fähigkeiten zum Einsatz kommen, welche Schwierigkeiten und Boni es gibt und welche Ergebnisse möglich sind.

Auch andere Spielelemente wie Morality oder Nachteile sind regeltechnisch schwammig: Ok, das Paradox schlägt zu, du erleidest Bedlam und bist jetzt geisteskrank. - Cool, was macht das? - Nix, spiel es halt aus.


Natürlich kann man immer Werte gegenrechnen, aber ich finde, das macht wenig Sinn, wenn dieselben Werte im System verschieden eingesetzt werden. Brawl und Weaponry sind nicht gleichwertig, weil ich aus Weaponry mit Waffenboni sehr viel bessere Werte herausbekomme. Ob es Sinn macht, Punkte in Firearms oder Persuasion zu stecken, liegt daran, ob der SL großzügig mit "Boni für gute Einfälle" ist, so dass ich im sozialen Bereich auch mit schlechten Werten auf dem Blatt gute Chancen habe. Ob ein Vampir mit Majesty oder ein Sterblicher mit gutem Aussehen und einem schicken Auto in einer gegebenen Situation besser abschneiden, lässt sich ohne Weiteres nicht sagen, wohingegen ein Gangrel mit Claws of the Wild und ein Söldner mit Schutzweste und AK 74 direkt miteinander vergleichbar sind.


--- Zitat von: Herr der Nacht am  5.06.2011 | 12:55 ---Nur wehre ich mich gegen die Aussage, die WoD wäre streng nach Buch regelärmer als andere Regelwerke und würde daher kein Balancing benötigen aufgrund der Storyteller-Ausrichtung. Das hat nichts mit der Spielausrichtung zu tun. Wenn die Werkzeuge nicht untereinander funktionieren, dann kann das bei jedem Spielstil zu Problemen führen.

--- Ende Zitat ---

Andere Regelwerke haben aber andere Ansätze. D&D4 etwa ist ein Action-Kampf-System, das zwar auch andere Bereiche abdeckt, aber im Kampf spezialisiertes Heldenteam gegen exotische Monster ganz klar seine Stärken hat.
Fiasco ist ein Spiel, in dem es um Beziehungen und katastrophale Ereignisse geht und das diese Dinge auch vornehmlich mit den Regeln abbildet.
Reign dreht sich um Konflikte in großem Maßstab und auch auf politischer und wirtschaftlicher Ebene und bietet dazu Regeln an.

Die WoD will ein Horror-Rollenspiel sein, bietet aber Regeln an, die eher zu einem Action- oder Superheldenrollenspiel passen würden. Allerdings mit der Idee, dass die Aufteilung dazu dient, Charakterinteraktion und Stimmung nicht mit Regeln zu überfrachten, während Action schnell über Regeln abgewickelt werden kann.
Das funktioniert nach meiner Ansicht ganz gut, macht aber Aussagen zum Balancing schwerer.


--- Zitat von: Herr der Nacht am  5.06.2011 | 12:55 ---Daher denke ich, ist Balancing innerhalb der Splats gegeben, bei Crossovern funktioniert es, solange man einen guten Gruppenvertrag hat. Aber RAW ist das Balancing nicht gegeben.

--- Ende Zitat ---

So wie du Balancing beschreibst, kann ich dem zustimmen: Die verschiedenen Splats sind von den Regeln her kompatibel, aber nicht darauf ausgelegt, miteinander zu funktionieren oder ausgeglichen zu sein.

Ich sehe beim Balancing allerdings im Vordergrund, ob alle Charaktere gleich nützlich sind und ob die Regeln es allen Spielern ermöglichen, in gleicher Weise am Spiel teilzunehmen und da muss ich sagen, dass das ST-System zumindest der WoD ziemlich ausgeglichen ist: In fast jeder Situation gibt es für die meisten Charaktere Gelegenheit, sich sinnvoll einzubringen und auch für einen gewöhnlichen Sterblichen ist es möglich, sich in einem Gebiet zu spezialisieren und dort kompetent zu sein, ohne dass einer der "Übernatürlichen" ihm dort automatisch den Rang ablaufen würde.

Und ja, mit Mages ist es am einfachsten, in allen möglichen Bereichen gut zu sein...

Seth:

--- Zitat von: Tümpelritter am  5.06.2011 | 11:35 ---
(Es würde mich freuen, in diesem Thread ein paar Beispiele zu lesen, wo eine vom z.B. RfR-System unterstützte Sozialszene an Bedeutungsrang für das Abenteuer/die Gruppe gleichwertig zu einer Kampfszene war.)

--- Ende Zitat ---

Wir spielen zwar ein Rom-Setting in der oWoD, das Debattensystem habe ich dazu allerdings ziemlich weitestgehend aus Requiem for Rome übernommen - deswegen kann ich, denke ich, dazu was sagen.

Ich weiß nicht genau, ob ich deine Bitte richtig verstehe, in unseren Runden sind die sozialen "Kampfsysteme" allerdings meist den physischen übergestellt, allein was die Gewichtung / Bedeutungsrang innerhalb der Story angeht. Drei der vier / fünf Charaktere haben einen klaren Fokus darauf, vor Allem die Senatoren und der Anwalt. Debatten finden bei uns in den meisten Runden statt und ich versuche es noch ein wenig mehr in den Vordergrund zu rücken, da es immer besser funktioniert und den Spielern, sowie auch mir, offensichtlich ne ganze Menge Spaß zu bereiten beginnt. Gerade der Anwaltscharakter fußt einen Großteil seines Konzepts mehr oder weniger auf der Redekunst, die durch solche "sozialen Kämpfe" zum Tragen kommt.

Durch Gerichtsprozesse und hitzige Debatten im Senat (und entsprechend ausgespielte Szenen nach den Regeln der sozialen Kämpfe) wird die Story bei uns also definitiv effektiver vorangetragen und beeinflusst, als durch etwaige Kämpfe, auf die wir natürlich auch nicht zur Gänze verzichten (allein deswegen, weil einer der Charaktere Soldat ist).

Ich hoffe das traf ungefähr die Richtung, in die deine Bitte ging.

Oberkampf:

--- Zitat von: Scimi am  5.06.2011 | 16:39 ---Die WoD will ein Horror-Rollenspiel sein, bietet aber Regeln an, die eher zu einem Action- oder Superheldenrollenspiel passen würden.

--- Ende Zitat ---

Das mit dem Horrorrollenspiel ist wirklich einen eigenen Thread wert (ich sehe es zumindest nicht so, außer vielleicht bei CtL).


--- Zitat von: Sol Invictus am  5.06.2011 | 16:54 ---Ich hoffe das traf ungefähr die Richtung, in die deine Bitte ging.

--- Ende Zitat ---

Ja, das war interessant zu lesen und ging in Richtung meiner Bitte/Frage. Ich wollte/will Beispiele hören, in denen der Ausgang von Sozialszenen genau wie bei Kampfszenen systematisch nach der Würfelmechanik ermittelt wird (was nicht das Schauspielern ausschließt!), und Beispiele, in denen erfolgreich oder erfolglos gespielte Sozialszenen in etwa die gleiche Bedeutung für den Abenteuerverlauf haben wie gewonnene oder verlorene Kämpfe.

Seth:

--- Zitat von: Tümpelritter am  5.06.2011 | 20:18 ---Ich wollte/will Beispiele hören, in denen der Ausgang von Sozialszenen genau wie bei Kampfszenen systematisch nach der Würfelmechanik ermittelt wird (was nicht das Schauspielern ausschließt!), und Beispiele, in denen erfolgreich oder erfolglos gespielte Sozialszenen in etwa die gleiche Bedeutung für den Abenteuerverlauf haben wie gewonnene oder verlorene Kämpfe.

--- Ende Zitat ---

Also da hier bisher sonst Niemand geantwortet hat, könnte ich meine Umschreibung da oben ja noch anhand von greifbaren Beispielen illustrieren.

Wie gesagt haben wir in der Runde mehrere Charaktere, die im "vampirischen" Senat aktiv sind. Da es da eher gesittet und ohne viel Blutvergießen ablaufen soll, die Konflikte jedoch genauso tödlich/weitgreifend sind wie direkte Kämpfe, kam es da definitiv zu mehreren Aktionen, die ein ähnliches Gewicht für die Charaktere und die Chronik besaßen.

Die Basis für den Konflikt, den ich darstellen möchte, war eine Reihe von langwierigen Intrigen und Konflikten, die schon eine ganze Weile im Voraus stattfanden - und schließlich in einer ganz bestimmten Senatssitzung mündeten. Die Charaktere wussten das und der entsprechende Charakter um den es hauptsächlich ging hatte sich umfassend vorbereitet um seinen Gegner in den Boden zu stampfen. Es lief, rein regeltechnisch, dann ab wie ein besonders hervorgehobener - "End-" - Kampf gegen einen alten Vampir und damit ziemlich wichtigen Gegenspieler. Die Debatte wurde ausgeführt, dabei versuchen wir stets das schauspielerische, das du schon erwähnt hast, mit einfließen zu lassen - da vor Allem in der römischen Rhetorik neben der Sprache und Betonung vor Allem auch Gestik, Mimik und Haltung des Redners für das Publikum wichtig sind. Das heißt es wurde zuvor das Argument - als Angriff quasi - gewürfelt (mit den entsprechenden Fähigkeiten, du schienst ja das Requiem-System zu kennen) und schließlich danna auch ausformuliert. Irgendwann bekam es dann einen Selbstläufer und es wurden Techniken wie der Dolchstoß angewandt um den Gegner unmittelbar zu attackieren, ähnlich wie mehr oder weniger effektive Manöver in einem taktischen Kampf.
Der Charakter schaffte es letztlich tatsächlich, den Senat in einer wichtigen Frage (bezog sich auf die aktuelle Politik der Sterblichen und darauf, wie die Vampire agieren sollten - und als Nebenthema auch auf die Person des Gegenspielers selbst, der ziemlich demontiert zurückblieb) für seine Sache zu gewinnen. Dadurch wurde der Konflikt zu einem Höhepunkt getrieben, regeltechnisch ausgefochten und das hatte letztlich enorme Konsequenzen für den Weiterverlauf der Chronik.

Andere Beispiele sind weniger "bombastisch" - da kommt es in vielen Situationen zu kleinen Debatten. Beim Feilschen um Sklavenpreise oder dem Handel von Informationen kann man das System auch ganz gut anwenden, wenn man es nicht zu formal aufzieht.

Formal wurde es bei uns allerdings vor Allem bei dem Anwaltscharakter, bei dem die Debatte und der soziale Kampf den Kern eines jeden Prozesses ausmacht. Das artete bei einem besonders prekären Fall (einem NSC, den der Charakter vertrat, wurde Ketzerei im schlimmsten Maße vorgeworfen) derart aus, das aus den zwei Teilnehmern der Debatte (Anklage und Verteidigung) plötzlich vier wurden, da sich der zuständige Richter/Praetor und ein bedeutender Senator ebenfalls einschalteten. Das wurde alles mithilfe des Systems ausgewürfelt und wie ein taktischer Kampf in Runden behandelt - wer auf "0 Lebenspunkte" nach System fiel, schied aus (weil die Menge ihn ausbuhte oder weil er einfach keine Argumente mehr hatte). Hier war der Ausgang für den Charakter katastrophal: sein Mandant wurde zur Vernichtung verurteilt und er nahm einen gehörigen Knacks seiner persönlichen Reputation mit davon.

Um ein weniger dramatisches Ereignis zusätzlich zu nennen:

Die Charaktere flohen gerade in Richtung Ostia, wurden durch einige mächtige Gegenspieler gesucht - und landeten bei einer Straßensperre. Die wurde zwar nicht eigens für sie errichtet, die Charaktere erkannten jedoch ein paar der Soldaten als familiae (in Verbindung mit Vampire stehende Menschen) ihrer Gegenspieler wieder. Das endete in einer Debatte mit dem dort zuständigen Zenturio über die Weiterfahrt, bei der unser hauptsächliche Rednercharakter (die Spielerin auch schauspielerisch hervorragend) die anderen Soldaten davon überzeugte, das sie es leichter hätten, wenn sie sie durchließen. Da der Charakter die familiae durch den Einsatz von Präsenz nicht aufschrecken wollte, lief es ganz regulär nach rhetorischen Maßstäben und nach System ab. Die Konsequenz reichte aus um ihre Flucht zu ermöglichen - bei anderem Ausgang wäre es ihnen vielleicht schlechter ergangen.

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