[Zur Abgrenzung gegen den Thread von Tobias: Hier geht es um Krimidinner, die man im privaten Kreis veranstaltet. Nicht um die kommerziellen Events, die man als Abendprogramm buchen kann.]
Wie läuft denn so ein Krimidinner ab?
Jeder Spieler übernimmt einen vorgefertigten Charakter. Dazu kriegt er ein Heftchen mit den offensichtlichten Fakten über diesen Charakter und eventuellen Geheimnissen. Ausserdem steht im Heftchen, was dein Charakter über die anderen Charaktere weiß.
Als Ausgangslage geschieht ein Mord (das Opfer ist kein Spieler, sondern taucht eben nie auf). Da es sich immer um ein closed-room szenario handelt, wissen die Charaktere, dass einer von ihnen der Mörder ist. Der Spieler des Mörders weiß, dass er es war (und warum).
Es wird recht frei gespielt, wobei die Charaktere nicht lügen dürfen, dass heisst sie müssen Fragen zu Fakten aus ihrem Heftchen ehrlich beantworten. Sie dürfen natürlich verschweigen, was sie nicht explizit gefragt werden. Nur der Mörder darf lügen.
Zu festgelegten Zeitpunkten im Spiel kriegen die Spieler weitere Informationen dazu (sie dürfen in ihrem Heftchen weiterblättern), so dass neuer Input für ein kontinierliches Spiel sorgt. Am Schluss stimmen alle ab, wen sie für den Mörder halten.
Konkret gespielt habe ich zwei Spiele von krimi total, und zwar "Preis der Schönheit" und "Schatten der Premiere".
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Ich habe bisher zweimal gespielt (mit verschiedenen Gruppen) und in beiden Fällen wurde der Mörder nicht geschnappt und die Gruppe war sogar ziemlich weit entfernt davon ihn überhaupt zu verdächtigen. Spielspass war für mich eher durch die Darstellung der Rollen gegeben, als durch die scharfsinnige Kombinieren von Fakten. Und genau das hat mich überrascht.
Wenn man die Krimidinner als Rollenspiele betrachtet, haben sie einen messerscharfen Fokus. Nämlich den Mörder zu finden. Das steht sogar explizit in der Anleitung. "Finden Sie den Mörder" ist das genannte Spielziel für alle Spieler - ausser dem Mörder natürlich. Trotzdem fand ich die Spiele so - pardon - schlecht gemacht, dass das nicht sinnvoll zu machen war.
Die Spiele sind natürlich so aufgebaut, dass die Charaktere untereinander mehrfach verknüpft sind und das am Anfang die Verknüpfungen nicht offensichtlich sind. So erfährt man im Lauf des Spiels dann meistens wer welchen Dreck am Stecken hat (A erpresst B, C betrügt seine Frau, D ist gar nicht der, der er vorgibt zu sein, etc.), dies erfährt man meist dadurch, dass jemand auf eine direkte Frage eben ehrlich antworten muss. Auch aus immersiver Sicht macht dies oft Sinn, denn wenn man sich verdächtig verhalten hat, das kleinere Übel zuzugeben (Ich betrüge meinen Mann), um der Mordanklage zu entgehen (zur Tatzeit war ich gerade bei meiner Geliebten). Nach 3-4 Stunden hat man also oft eine ganze Menge Geschichten aufgedeckt, aber man soll ja eigentlich den Mörder fangen.
Und dazu gibt es zwei Wege: Motiv und Alibi.
Natürlich haben mehrere Leute ein Motiv, aber in beiden Runden hatten die Mörder letztlich eher schwache Motive, so dass es beides mal eher unbefriedigend war, als sich nach dem Spiel der Mörder preisgab. Selbst als man nach dem Spiel nochmal nachträglich alle Informationen ausgetauscht hat, wurde es nicht viel besser. Ich persönlich (aber auch die Spielgruppe) fand das Motiv nicht unbedingt ausreichend für einen Mord.
Man merkt an den Hinweisen, die man in seinem Heft erhält, dass man sich um das Alibi kümmern sollte (um kurz nach acht unterhielten sie sich mit Dr. Irving auf der Terasse). Damit es nicht zu einfach ist, sind natürlich alle Anwesenden irgendwie im Haus und man soll wohl sich genau anhand der Uhrzeiten und Räumlichkeiten überlegen, wer es nicht sein könnte.
Das hat auch zweimal nicht geklappt, meistens hatten vielleicht zwei Spieler von acht ein brauchbares Alibi, auf jeden Fall waren die Angaben immer etwas zu wenig konkret um genaue Alibis zu erzeugen. Wieviel nach acht ist denn "kurz nach acht"? Das mag auch realistisch sein, aber wir haben es nicht hingekriegt.
Die erste Spielrunde war sicher etwas übereifrig beim Spiel und hat sich nicht zusehr auf den Fall konzentriert, da die Spieler einfach zu viel Spaß an der Rollendarstellung hatten. Aber die zweite Runde war recht fokussiert und ist trotzdem gescheitert.
Ich fand es enttäuschend, da man sich quasi Mühe gibt, die Hinweise zu kombinieren, dies aber einfach nichts nützt (wie beim Motiv) oder vielleicht auch nur zu schwierig ist (wie beim Alibi). Es waren trotzdem vergnügliche Abende, aber man hätte getrost auch "Vier Freunde sitzen im Zug" oder "Die Familienfeier" spielen können, indem man einfach ein Charakternetz mit interessanten Beziehungen aufbaut. In diesem Fall hätte man gleich alle Aufmerksamkeit auf die Beziehungen und das Dastellen der Rolle legen können. Im Krimifall aber, werden die schönsten spielerlischen Eskapaden eben doch wieder (zurecht) abgeschnitten, weil man sich ja auf den Mord konzentrieren will. Dafür erhält man eher buchhalterlische Spielmomente a la
"Moment, moment. Also ER sagt, dass er SIE um 20:30 in der Bibliothek gesehen hat, aber ich dachte, da saßen schon alle am Tisch."
"Wann war nochmal der Mord?"
"Also die Leiche wurde um kurz vor 9 gefunden"
"Aber nur gefunden, der Mord war vorher."
"Genau. Deshalb ist es ja ein Alibi für SIE."
"Aber ich war die ganze Zeit im Treppenhaus, und da ist erst um viertel vor neun, Sie runtergekommen."
Und wenn man dann solche Szenen spielen muss, dann doch bitte, damit dabei auch was brauchbares rauskommt.
Wer hat noch Erfahrung mit Krimispielen gemacht?
Habe ich nur die falschen Spiele gespielt oder mit den falschen Leuten?
Spass hatten wir ja schon, aber man kam sich am Schluss immer etwas blöd vor. Macht das überhaupt Sinn sowas mit Rollenspiel zu vergleichen?
Sagt mir eure Meinung