Autor Thema: [Savage Weird War II] Die Wölfe von Dijon  (Gelesen 1275 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Hector

  • Adventurer
  • ****
  • Der grausame G.
  • Beiträge: 811
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Großkomtur
    • Space Gothic
[Savage Weird War II] Die Wölfe von Dijon
« am: 6.01.2012 | 12:02 »
Meine zweite Savage Worlds-Runde sollte einen Hardcore-Pulp-Hintergrund haben. Als Setting habe ich Weird War II gewählt, vermischt mit einer Prise Indiana Jones. Fiese Naziokkultisten erschienen mir als würdige Gegner für eine Handvoll wackerer Helden. Der Letzte Kreuzzug trifft die Inglorious Basterds auf Burg Wolfenstein. Soweit der Plan. Der Zweite Weltkrieg als Hintergrund für ein Pulp-Abenteuer mag geschmacklos erscheinen, aber ich wollte es zumindest auf einen Versuch ankommen lassen. Außerdem fand ich die Settingregeln aus Weird War II sehr interessant. Und Science Fiction und Fantasy habe ich den letzten Jahren bis zum Erbrechen gespielt.

Dramatis Personae
Dr. Harold Gordon-Lennox: Archäologe und Parapsychologe, 65 Jahre, British Pluck, alt, fett, Glaskinn,
Vincent Black: SIS-Agent, 23 Jahre, Kampfkünstler, schnell, loyal, große Klappe, heldenhaft,
William MacKenzie: SIS-Kryptologe und -Funker, 22 Jahre, College Boy, Scrounger, kränklich, gierig, langsam,
Sergeant Hank Wolfe, britischer Fallschirmjäger, 26 Jahre, Anführer, Rank: NCO, Tick (hasst rot), loyal, Zweifler,
Corporal Nick Thunder, britischer Fallschirmjäger, 23 Jahre, Demo Man, McGyver, Mechanically Inclined, Analphabet, stur, übermütig,
Corporal Pavel Kowalski, Scharfschütze Polnische Exilarmee, Assassine, Aufmerksamkeit, 24 Jahre, klein, Außenseiter, neugierig.

Der Auftrag
Irgendwann im Spätherbst 1940. Die Charaktere erhalten von SIS-Commander Sir Jason Donovan den Auftrag, sich in die Nähe der Stadt Dijon im besetzen Frankreich zu begeben. Dort befindet sich, an dem kleinen Flüsschen Morne, das halb verfallene Châteaux Morne, in welchem sich Einheiten der Waffen-SS und der Wehrmacht unter dem Kommando von Hauptsturmführer Horst Wulfhagen eingenistet haben. Die Nazis machen dort nach Berichten französischer Agenten obskure Experimente, die sich um den Kelch der Kybele, ein Artefakt aus der Römerzeit, drehen. Die Projektleitung hat Major Rudolf von dem Knesenbeck, ein in Archäologenkreisen als übler Grabräuber verschriener Professor der Universität Jena.
Wulfhagens Schergen haben den berühmten Gehirnchirurgen Prof. Renault Manet und seine bezaubernde Tochter Jacqueline in ihre Gewalt gebracht. Es ist unklar, welche Ziele sie verfolgen. Dr. Gordon-Lennox merkt an, dass man dem Kelch der Kybele heilende Kräfte nachsage. Dies in Kombination mit einem Gehirnchirurgen lasse Übles vermuten. Sergeant Wolfe verdreht die Augen und schmunzelt höhnisch.

Sir Jason erteilt der Gruppe den Auftrag, den Kelch sicherzustellen, die Manets zu befreien und sich mit ihnen ins unbesetzte Frankreich durchzuschlagen. Sollte die Mission zum vorgezogenen Ruhestand Wulfhagens und von dem Knesenbecks führen, sei das begrüßenswert. Man könne in dem nahegelegenen Städtchen Villeneuf Kontakt zu Louis Pamphlet, dem Anführer der lokalen Resistance, aufnehmen und so vielleicht an einige ortskundige Helfer kommen. Sir Jason und die sechs wagemutigen Helden erheben sich, hören zusammen eine Grammophonwiedergabe der Nationalhymne und trinken ein Gläschen Gin auf Seine Majestät. Dann heißt es weggetreten.

Der Abwurf
Sergeant Wolfe bestimmt eine Lichtung etwa zwei Meilen außerhalb von Villeneuf als Landepunkt. Um Zwischenfälle mit der Luftwaffe zu vermeiden, werden die zukünftigen Helden des Empire aus großer Höhe abgeworfen. Leider machen die Windverhältnisse den Plan zunichte, und die Briten landen Schlag Mitternacht quer über den Marktplatz von Villeneuf verteilt, was die Aufmerksamkeit von vier deutschen Posten weckt, die die Ausgangssperre überwachen. Nachdem die angeschlagenen Nichtspringer aus ihren Fallschirmen befreit sind, entbrennt ein heftiges Feuergefecht, in dessen Verlauf die Hunnen den verdienten Tod finden, leider jedoch eine unglücklich fallen gelassene Handgranate auch ein gerüttet Maß an inhaftierten Resistance-Mitgliedern nebst ihren Wächtern ins Jenseits befördert. Die Briten sind erschüttert ob dieser unglaublichen Grausamkeit. Schnell nehmen sie Kontakt mit Louis Pamphlet auf, der sich mit seinen Widerständlern in einer Mühle an der Morne versteckt hält. Der Weg dorthin führt am Friedhof vorbei, wo eine große Menge frisch geöffneter Gräber ins Auge sticht. Prof. Gordon-Lennox sieht seinen Verdacht bestätigt und empfiehlt, den Friedhof zu untersuchen, scheitert jedoch an einer barschen Abfuhr von Sergeant Wolfe, der ihm in aller Deutlichkeit sagt, was er von einem solchen Hokuspokus-Gefasel hält.

Durch den Wald zur Bärenhöhle
Die Franzosen, aufgewühlt durch den Tod so vieler Kameraden, erklären sich bereit, den Kommandotrupp neun Kämpfer/-innen mitzugeben, um den verdammten Boche ordentlich einzuheizen. Da man mit Patrouillen im Wald rechnet, wird das Schloss zunächst weitläufig umgangen. Im Morgengrauen hören die Charaktere Motorengeräusch. Mit dem Ohr des geborenen Kriegers erkennt Sergeant Wolfe, dass es sich um zwei Halbkettenfahrzeuge und einen Jagdpanther handelt, die vom Schloss in Richtung Villeneuf fahren. Man beschließt, nicht zu intervenieren und sucht einen Platz, um dort den Tag zu verbringen und das Châteaux bei Nacht zu besuchen. Die Franzosen schlagen eine alte Bärenhöhle vor. Auf dem Weg dorthin stößt die Gruppe auf einen Minengürtel. Kowalski, dessen scharfen Augen nichts entgeht, tänzelt (mit satten vier Steigerungen) leichtfüßig wie eine Ballerina durch die Minen und markiert den Kameraden einen sicheren Weg.
Unglücklicherweise ist die Höhle das Nachtquartier des desertierten Wehrwolfs Klaus Breitner, ehemals Sturmführer in Wulfhagens Kompanie. Breitner hört die ob ihres Erfolgs im Minenfeld übermütig gewordenen Briten schon von Weitem, nimmt Wolfsgestalt an und verhält sich zunächst abwartend. Zwar findet Kowalski nahe der Höhle Spuren, die darauf hindeuten, dass dort regelmäßig ein Mensch mit nackten Füßen hinein und ein recht großer Hund wieder hinausgeht, aber der gegen jeden Hinweis auf das Okkulte allergische Sergeant Wolfe ("Wehrwolf? ist das jetzt ein lustiges Wortspielchen über meinen Namen, Soldat? Reißen Sie sich mal zusammen, da wohnt bestimmt ein Schäfer nebst Hütehund") blockt ab. So begeben sich der Sergeant, Agent Black, Corporal Kowalski, Corporal Thunder, Dr. Gordon-Lennox und zwei der Franzosen forschen Schrittes in die Höhle. Sie werden vom Leuchten bernsteinfarbener Augen und einem bedrohlichen Knurren begrüßt.
Wolfe beginnt die Verhandlungen mit einer Salve aus seiner Sten, und so entbrennt ein wilder Kampf, in dessen Verlauf Breitner einen der Franzosen zu Boden schickt und den zweiten in der Luft in Fetzen reißt. Als sie die Bestie in alle ihrer wilden Pracht erblicken, verlieren Kowalski und Black die Nerven und rennen hysterisch kreischend davon. Corporal Thunder hingegen fasst sich ein Herz und bläst dem Biest eine derart mächtige (5 Steigerungen) Ladung Schrot in den Körper, dass es meterweit in die Höhle geschleudert wird und reglos liegen bleibt. Als die Briten jedoch den "Leichnam" untersuchen, stellen sie zu ihrem Entsetzen fest, dass die Schrotkugeln von alleine wieder aus dem Körper herausfallen. Sergenat Wolfe sucht verzweifelt nach einer rationalen Erklärung hierfür, verliert aber zunehmend an Glaubwürdigkeit. Auch das Abtrennen des Kopfes stoppt das seltsame Phänomen nicht, der Leichnam beginnt zu zucken. Schließlich wirft Dr. Gordon-Lennox ein, man könne die Bestie nur mit Silberwaffen vernichten. Hohnlachend nimmt sich Sergeant Wolfe ein silbernes Christophorus-Amulett (Erbstück seiner Mutter) vom Hals und drückt es in die Mundöffnung des Protokopfes, der aus dem Halsstumpf zu wachsen beginnt. "Seht Ihr, Ihr abergläubischen Narren, ich nehme Silber und es passiert nichts – well" SPRAAAAAATZ...

... wird fortgesetzt

Zwischenbilanz
Trotz des düsteren Settings war die Gruppe in bester Stimmung. Wir sangen als Intro gemeinsam "Der Fuehrers Face" von Spike Jones und bedienten uns aller gängigen Klischees aus amerikanischen Kriegsfilmen. Die Nazis sind tatsächlich die perfekten Pulp-Bösewichter, die mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Orks in einem High-Fantasy-Setting umgenietet wurden. Diejenigen, die ausgeschaltet wurden, starben selbstverständlich mit dam Ausruf: "Main Lebän", und ihre Konversationskenntnisse beschränkten sich auf "Achtung", "Späher", "Luffwaffe", "Schwainhund" und "Saurkraut". Die Resistance-Kämpfer stellte ich mit brutalem Filmakzent dar, und die Briten witzelten genussvoll über die dämlichen Foschfresser. Die Schießerei auf dem Marktplatz von Villeneuf war ein echtes Erlebnis, und ich war begeistert von den geschmeidigen Savage Worlds Regeln (die ich zu zweiten Mal in meinem Leben als Spielleiter benutzen durfte). Die Spieler haben ihre Handicaps genüsslich ausgespielt. Als wir gegen Mitternacht aufhören mussten, hatten wir allesamt Tränen in und Lachfalten um die Augen. Ich freue mich auf das nächste Mal.
Metal-Opa, greiser Püppchenschieber und Retro-Rollenspiel-Veteran