Autor Thema: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings  (Gelesen 22692 mal)

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Offline Feuersänger

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Ich habe beim Durchblättern von diversen alten Threads einen sehr lehrreichen Link ausgegraben:

Preisgefüge im England des 15. Jh.

Hier haben wir eine sehr umfassende Preisliste von A wie Acid bis W wie Worsted (Kammgarn) -- Zucchini gab es wohl nicht.
Auch finden wir ein paar Angaben zur Bezahlung von Lohnarbeitern. Die Ära passt sehr gut zum Technologiestand der meisten Fantasy-Settings (es gibt sowohl Ketten- als auch Plattenrüstung etc).
Das letzte Drittel der Seite stellt noch alle möglichen anderen Preise aus verschiedenen Jahrhunderten zusammen, da kann man erstmal sehen, wie sehr sich die Preise über die Zeit veränderte. Daraus lernen wir vor allem, dass man Preisangaben immer nur synchron (d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt) vergleichen kann. Ich würde mich also soweit möglich nur an die erste, längste Liste halten.

Dort sind die Preise alle in d. angegeben, was für Denar steht und Penny bedeutet = 1/240 Pfund Silber, also knapp 2 Gramm (allerdings weiß ich nicht, ob zu der Zeit die Währung wirklich noch aus reinem Silber bestand, oder schon fleißig gestreckt war. Ist auch völlig unwichtig, es kommt ja nur aufs Verhältnis an).
Um hier mal ein paar Relationen herauszufischen:
Lohn eines Landarbeiters: 4d/Tag
Lohn eines Bauarbeiters: 5-6d/Tag
Brot: 0,25-0,5d/Pfund
Hemd, leinen: 43d
Breitschwert: 150d
Panzerhemd: 900d

Eine komplette Ritterrüstung könnte man sich aus den gelisteten Einzelkomponenten zusammenstöpseln, dazu bin ich gerade zu faul; außerdem finden wir aus dem Jahr 1374 noch die Angabe mit 16 Pfund Ungerade -> knapp 4000d.

Und das kann man jetzt mal mit den Preislisten diverser Fantasy-Rollenspiele vergleichen. Beispielsweise D&D. Streng genommen wiegt ja die D&D-Münze 10 Gramm, entspräche also 5d. Das würde zwar mit dem Lohn für einen einfachen Arbeiter zusammenpassen (1S/tag), aber dann sind alle Preise maßlos überteuert, vor allem Waffen und Rüstungen. Ein Kettenpanzer etwa kostet in D&D 1500S, während er nach dieser Umrechnung nur 180S bzw. 18GM wert wäre, und die komplette Ritterrüstung 80GM statt 1500GM. Da darf man sich wohl getrost über den Tisch gezogen fühlen! ;)

Daraus könnten wir jetzt aber noch errechnen, wieviel ein Sarwürker wohl verdient haben mag. Roheisen war extrem billig, nur 1/20d pro Pfund, das ist nur 1/40 des Preises von Kupfer. Nehmen wir für gezogenen Eisendraht ruhig 1d/Pfund an, dennoch bleibt der Materialwert quasi vernachlässigbar.
Ein komplettes langes Panzerhemd wog ca. 30 Pfund und kostete wie gesagt 900d. Wenn wir annehmen, dass ein Sarwürker an einem Panzer drei Monate beschäftigt war (ca. 75 Arbeitstage), läuft das also auf knapp 12d/Tag hinaus. Gerade mal das doppelte eines Maurers. Wenn er schneller arbeitete, war es natürlich netto mehr, aber da ist die Frage, wie realistisch das ist: bereits nach dieser Rechnung bleiben ihm bei einem 10-Stunden-Tag nur 2 Minuten pro Ring/Niete. Das halte ich schon für ziemlich flott.

(Und damit hier keine Mißverständnisse aufkommen: bei einem echten Panzerhemd sind die ca. 30.000 Ringe einzeln vernietet oder verschweißt, also nicht etwa wie bei den 100-Euro-Kettenhemdimitaten mit Aufziehautomatik aus indischer Kinderarbeit, in denen die Larper von heute gerne herumlaufen.)

Witzigerweise würde die Übernahme einer solchen authentischen Preisliste den Impakt von Magie auf das Wirtschaftssystem eher _senken_. Wir hatten den Gedanken kürzlich in einem anderen Thread: nach D&D-Regeln bräuchte ein Meisterschmied für eine komplette Ritterrüstung ca. 5 Monate, da die Fertigungszeit sich stur nach dem Preis richtet. Ein Magier der gleichen Stufe hingegen stellt die gleiche Rüstung in einer Minute her, zack, 1500GP Profit. Würde die Rüstung nur die angemessenen 80GM kosten, wäre das Geschäft für Magier deutlich unattraktiver -> Magier halten sich aus dem Handwerk heraus.

Den Vergleich mit den Preislisten anderer Fantasysysteme überlasse ich erstmal euch. ^^

Damit wäre doch schonmal ein Anfang gemacht. =)

Edit: der Einfachkeit halber wäre ich im Falle von D&D dafür, einfach 1d = 1SM zu setzen, dann entfällt das lästige 5:1-Umrechnen jedes einzelnen Posten auf der Liste. Bleibt man weiterhin bei Gold/Silber 10:1, kostet halt die Ritterrüstung 400GM, während der einfache Arbeiter 5S/Tag verdient.
« Letzte Änderung: 25.02.2012 | 16:30 von Feuersänger »
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Offline Quaint

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #1 am: 25.02.2012 | 17:57 »
Das ist ja in der Tat ein klasse Link.

Ne wichtige Grundannahme wäre für ein generisches System eben der "Basislohn" eines Landarbeiters oder ähnlich und dann wieviel Vielfache davon eben was kostet.

Grundsätzlich muss so ein Arbeiter jedenfalls in der Lage sein sich selbst und möglicherweise einige Angehörige zu versorgen und muss dann noch bissle was über haben, um Investieren zu können.

Bei der gegebenen historischen Preisliste denke ich, dass es möglich ist, eine Person von etwa 1d pro Tag zu Ernähren. Da schon ein Landarbeiter etwa 4d verdient, kann er also noch sonst ein bissle was machen. Das entspricht recht gut dem, was ich auch schon für Pathfinder gefordert habe.

Die Verhältnisse der Löhne sind auch interessant.

Maurer / Bauarbeiter mit 5-6d (also 1,5 Grundsatz)
schwerer Fußsoldat mit 12d
Panzerreiter mit 24+d
Handwerksmeister (Sarwürker, von Feuersänger ausgerechnet) etwa 12d
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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #2 am: 25.02.2012 | 18:48 »
Wobei mir eben der Wert für den Handwerksmeister sehr niedrig vorkommt. Da hätte ich schon deutlich mehr erwartet. Nichtsdestotrotz sehe ich gerade, dass der Lohn eines Rüstungsmachers im Jahr 1544 (also 100 Jahre nach der Hauptliste) mit umgerechnet 288d/Monat angegeben wird, das sind ziemlich genau 12d/Tag. Der "Chief Armorer" erhält nur 10% mehr. Interessant. Ich hätte eigentlich erwartet, dass der Chef den Angestellten nur ~8d/Tag bezahlt und die Differenz selber einstreicht. Womöglich war man vor 500 Jahren tatsächlich anständiger als heute.

Von 4d Mindestlohn pro Arbeitstag kann man freilich seine Familie auf dem Niveau des Existenzminimums ernähren: jeder 1-2 Pfund (billiges) Brot pro Tag mit wenig dabei; einmal in zwei Jahren neue Klamotten -- viel mehr ist da sicher nicht drin. Gut, in idealistischen Fantasysettings kann man es etwas großzügiger auslegen, aber große Sprünge können sie keine machen.
Umgekehrt können die Leute ja vielleicht selber ihre Ernährung durch einen eigenen Gemüsegarten etwas aufbessern.

Übrigens sind der Preisliste auch nachweislich einige "Glitches" dabei, die so garantiert nicht korrekt sind. Unter "Eier" steht da z.B. 2d pro Unze. Das wären also 3-4d pro Hühnerei, das kann nicht sein. Weiter unten steht 5d pro Hundert (!), das ist wiederum viel zu billig.

Weters steht dort (weiter unten) auch Getreide in "Quarter" gemessen, womit eigentlich ein Viertelzentner gemeint sein dürfte, also 25 Pfund. Das passt aber auch nicht zusammen, weil dann 1 Pfund Weizen mit knapp 3d viel teurer wäre als das Mehl oder Brot, das man daraus macht. Da stimmt also auch was nicht.

Aber das sind alles kleinere Macken, im Großen und Ganzen scheint mir die Liste sehr gut zu sein.

Und wie gesagt, bei den unteren Listen, wo auch die meisten Lohn/Soldraten stehen, immer auf die unterschiedlichen Jahrhunderte achten. Da steht z.B. beim Fußsoldaten für 1346 6d/Tag, 250 Jahre später 8d/Tag, wo du die 12d herhast weiß ich nicht.

Davon abgesehen, haben wir natürlich noch die Landbevölkerung, die weitgehend Selbstversorger sein dürfte, und - wie du schon im anderen Thread sagtest - auch ihre Abgaben in Naturalien bzw. Arbeitskraft entrichtet. Da werden dann wohl auch entsprechend rechnerisch je 4d Abgaben mit 1 Tag Arbeit abgegolten.

Das erinnert mich wieder an die "Dominion Rules" von AD&D. Da wurden auch die Steuern so berechnet, dass jede Familie pro Monat 10GP in Naturalien/Arbeitskraft und 1GP in harter Münze entrichtet.

In etwas fortschrittlicheren Gesellschaften könnte sich bereits die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass "Lohnarbeit billiger ist als Fronarbeit". Die Landbevölkerung ist dort nicht unfrei, und muss ihre Steuern in Geld entrichten, mit dem dann für die anfallenden Arbeiten effektivere Facharbeiter angeheuert werden. In der Folge wäre durch die höhere Spezialisierung und Arbeitsteilung die Produktivität erhöht. Andererseits ist auch vielleicht gerade der Einsatz von Bauern für z.B. Straßenbau gar nicht dumm, wenn man die Arbeitseinsätze auf Jahreszeiten verlegen kann, in denen die Bauern sonst nicht viel zu tun haben.

Edit:
Achja, ganz unten haben wir ja eine Aufstellung, an der man die Inflation gut nachvollziehen kann: da bekam ein Dachdecker im späten 13. Jh. ca. 2,5d/Tag, im frühen 16. Jh. dagegen über 5d/Tag. Sein Gehilfe allerdings immer etwa 1,5d weniger.
« Letzte Änderung: 25.02.2012 | 18:56 von Feuersänger »
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Offline Quaint

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #3 am: 25.02.2012 | 23:52 »
Die 12d habe ich von dem Eintrag man-at-arms, der mit 1 shilling = 12 pence angegeben ist und der ja meinem Wissen nach sowas wie ein schwerer Fußsoldat sein dürfte.

Die Frage, was ein Quarter ist, habe ich mir auch schon gestellt. Ich dachte daran, es könnte evtl. ne Vierteltonne sein bzw. ein Viertel von einer dieser krummen, nicht-metrischen, historischen Tonnen-Einheiten.

Da hätte man dann also 68d pro 500 Pfund oder etwa 0,14d pro Pfund Weizen. Das verträgt sich ganz brauchbar mit den 0,5d für einen Leib Brot.


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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #4 am: 26.02.2012 | 00:49 »
Achja, da. Hmh, da hat die englische Wikipedia einen Artikel drüber. Scheint ein etwas komplizierteres Thema zu sein, manche waren Ritter und andere wieder nicht, usw. Auf jeden Fall haben die ihre Ausrüstung wohl selbst gekauft, was sie von den normalen Soldaten unterschieden hat.

Zum Quarter; wenn's eine Quarter Ton war, müsste das schon ein ziemlicher Mengenrabatt sein. Eigentlich ja auch komisch, weil doch Getreide traditionell in Scheffeln gemessen wird (engl. bushel).
..ah da haben wir's vielleicht; hab grad eine andere Quelle gefunden, wo erklärt wird: ein quarter sind 8 bushels, nämlich ein Viertel chaldron ("Kessel"). Das bushel zu ca. 36 Liter, also ein quarter 288 Liter. Ich weiß nun nicht, was die Dichte von Getreide ist, aber es wird wohl nicht wesentlich unter oder über 1 sein. Also demnach kommt das mit der Vierteltonne wohl ungefähr hin.

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Offline Maarzan

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #5 am: 26.02.2012 | 07:53 »
Schüttdichten:
Hafer 0,5 ;  Kartoffeln 0,7 ;Roggen 0,7 ; Weizen 0,8  alle in [kg/dm³]

Könnten die Löhne für den Handwerksmeister abhängige Löhne sein, also nicht der selbstständige Unternehmer, sondern bei einem etablierteren Meister oder einem größeren Adligen Beschäftigte?

Board Enterprises hat wo ich mich gerade erinnere so etwas schon einmal versucht und ganz gute Kritiken dafür bekommen.
Hier eine Review:
http://spiritsofeden.com/2010/01/03/review-grain-into-gold/
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Feuersänger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #6 am: 26.02.2012 | 11:03 »
Ah prima, danke für die Schüttdichten. Also beziehen sich die Preise wohl auf 230kg Weizen bzw. 200kg Roggen.
Roggen war übrigens einfach aufgrund des Geschmacks und der Farbe weniger beliebt und deswegen billiger. Das ging so weit, dass nach der normannischen Eroberung Englands die neu eingesetzten Adligen möglichst nur Lehen im Süden haben wollten, weil in Nordengland kein Weizen wuchs und sie keinen Bock auf Roggenbrot hatten. =D

Und ja, ich könnte mir gut vorstellen, dass eine Rüstungsmanufaktur im 16. Jahrhundert z.B. dem örtlichen Herrscher gehört hat, denn der dürfte ja auch den meisten Bedarf gehabt haben. Das wird wohl so gewesen sein.
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Offline Christoph

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #7 am: 26.02.2012 | 11:51 »
Ah prima, danke für die Schüttdichten. Also beziehen sich die Preise wohl auf 230kg Weizen bzw. 200kg Roggen.
Roggen war übrigens einfach aufgrund des Geschmacks und der Farbe weniger beliebt und deswegen billiger. Das ging so weit, dass nach der normannischen Eroberung Englands die neu eingesetzten Adligen möglichst nur Lehen im Süden haben wollten, weil in Nordengland kein Weizen wuchs und sie keinen Bock auf Roggenbrot hatten. =D

Und ja, ich könnte mir gut vorstellen, dass eine Rüstungsmanufaktur im 16. Jahrhundert z.B. dem örtlichen Herrscher gehört hat, denn der dürfte ja auch den meisten Bedarf gehabt haben. Das wird wohl so gewesen sein.

Etwas doppelgemoppelt, aber:

Roggen verträgt auch schlechtere Böden, d.h. wo Weizen nicht anzubauen war, konnte man auf Roggen ausweichen, das dürfte ebenfalls ein Preisgrund gewesen sein, da das zu einem "Überangebot" von Roggen führt (in einigen Regionen) und Weizen quasi Importware wird.

Achso zur Schüttdichte diese Tabelle, sehr ausführlich:
http://www.bv-net.de/deutsch/080_service/08600_schuettguttabelle.htm
« Letzte Änderung: 26.02.2012 | 11:53 von Christoph »

Offline Beral

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #8 am: 26.02.2012 | 14:59 »
Können wir von diesen Daten ausgehend eine Wirtschaftssimulation des Mittelalters basteln?
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline Feuersänger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #9 am: 26.02.2012 | 16:05 »
Waaaaagh!
Gerade einen langen Beitrag zum Thema Ertrag geschrieben, und kurz bevor ich fertig war, crasht der Browser -.-

Naja, egal, keine Lust das alles nochmal zu tippen.
In Stichpunkten:
- eine Bauernfamilie kann qua Definition eine Hufe bewirtschaften, welche etwa 30 Morgen umfasst. Die Größe eines Morgens schwankte enorm zwischen 2000 und 12000m².
- Der Ertrag dieser Hufe muss ausreichen für Selbstversorgung, Abgaben und die nächste Aussaat.
- der Ertrag betrug vor Einführung moderner Produktionsmethoden wie der Sämaschine etc. nur ca. das 2,5-3fache der Aussaat; es musste also mehr als ein Drittel jeder Ernte für die nächste Aussaat zurückbehalten werden.
- der Nettoertrag belief sich auf 2,4 bis 4 Doppelzentner pro Hektar.

Das "Lower Limit" mit schwer zu bearbeitenden, ertragarmen Böden muss immer noch ausgereicht haben, um wenigstens die Bauern zu ernähren und ein wenig Überschuss als Abgaben zu erwirtschaften, also die nominellen 4SP/Tag abzuwerfen. Bei besseren Böden konnte demnach das "BSP" auf ca. 6SP/Tag ansteigen.
Soweit ich das überblicken kann, passt das mit den Getreidepreisen von 17-34SP pro Doppelzentner Roggen bzw. Weizen zusammen.
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Offline Christoph

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #10 am: 26.02.2012 | 18:45 »
Bödenqualität = Steuer. Daher ist der arme Bauer mit weitaus weniger Ertrag immernoch im Rennen.

Offline Feuersänger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #11 am: 26.02.2012 | 19:44 »
Ja schon, aber ich frage mich trotzdem... mal durchrechnen:

Unteres Limit: ein Morgen zu 2000m² (das gab es) -> 1 Hufe = 6Ha -> Ertrag netto (abzüglich Saatgut) ca 12dz.

Wieviel davon wurde für den Eigenbedarf benötigt?
Wenn wir von einer fünfköpfigen Familie ausgehen und im Schnitt jedem 2000kcal Tagesbedarf zuteilen (was für diese Arbeit eher wenig ist), gehen also 10.000kcal ~ 3kg Schrot oder Mehl pro Tag weg; macht übers Jahr... ziemlich genau 12dz.

Allerdings ist das jetzt nur der Ertrag der 30 Morgen Land bei einer Ernte pro Jahr. Nachmittags konnten sie ja auch noch arbeiten. ;) Allerdings sind die Nachmittage zur Feldarbeit schlecht geeignet, wegen der Wärme bekommt man da nur halb soviel geschafft wie vormittags. Möglich wäre aber auch Viehzucht, Milchwirtschaft etc.

Also grob: die Vormittage zur Selbsterhaltung, die Nachmittage zur Erwirtschaftung von Überschüssen.

Natürlich war das Arbeitsaufkommen übers Jahr stark variabel. Im Frühjahr musste man pflügen und im Spätsommer ernten, das war eine Menge Arbeit, aber dazwischen war auch mal ne Weile Luft.

Was mich daran erinnert: mit Einführung der Dreifelderwirtschaft wurde das nochmal etwas weiter entzerrt, und die Flächen konnten nachhaltiger und ertragreicher bewirtschaftet werden und man hatte zwei Ernten pro Jahr. Und wenn mich nicht alles täuscht, konnte eine Familie sich auf die Weise um drei Hufen kümmern: eine fürs Sommergetreide, eine fürs Wintergetreide, und eine als Grün- oder Schwarzbrache.

Man hatte natürlich auf der anderen Seite ständig mit Rückschlägen zu rechnen, wie Ernteausfälle durch zu starke oder zu schwache Niederschläge usw... das war schon alles kein Spaß.

Ist aber interessant: wir sehen hier, wie man sogar schlechten Böden eine Existenz abtrotzen kann. Umso interessanter werden natürlich dann die Erträge auf sehr fruchtbaren Böden, wenn eine Familie die drei- oder fünffache Fläche bearbeiten kann. Dann lohnt sich das für den Nutznießer der Arbeit, also den Grundherrn, erst so richtig.
Wenn die Obergrenze zwei Ernten à 30 Hektar mit 4dz/ha Nettoertrag darstellt... abzüglich 12dz für den Eigenbedarf kann der Bauer so einen Überschuss von über 100dz erwirtschaften. Und das alles bei nur dreifachem Ertrag (zum Vergleich, heutzutage kommt ein deutscher Bauer auf 80dz/ha, also etwa achtzigfacher Ertrag).

Wohlgemerkt waren die Erträge halt hier in Mitteleuropa so beschissen. Im orientalischen Bewässerungsfeldbau, wie etwa in Ägypten oder Mesopotamien, haben sie schon vor >4000 Jahren locker 20fachen Ertrag erzielt, womöglich sogar mehr.
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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #12 am: 26.02.2012 | 19:57 »
Was soll da nun am Ende bei rumkommen? Eine möglichst reale Kopie der historischen Verhältnisse die dann 1:1 auf ein Fantasy Setting übertragen werden kann?
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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #13 am: 26.02.2012 | 20:53 »
Das muss nicht sein, aber zumindest ein _konsistentes_ System, welches andererseits durchaus einfacher sein darf als die Realität und gerne etwas idealisiert. Aber um das aufstellen zu können, hilft es schon immens, wenn man sich erstmal die Verhältnisse anno dazumal ansieht.

Worauf es uns - ich denke mal, ich kann hier auch für Quaint und Co mit sprechen - ankommt, ist dass die Werte zueinander passen. Also z.B., dass ein Tagelöhner nicht Hungers sterben muss, weil er nur halb so viel Geld bekommt wie er zum nackten Überleben brauchen würde. Oder umgekehrt, dass das Getreide und die Erzeugnisse daraus nicht zu geringeren Preisen auf den Markt kommen, als ihre Produktion gekostet haben muss.
Und analog dazu eben auch, was die anderen Wirtschaftszweige angeht. Dass Kleidung nicht so teuer ist, dass die einfachen Arbeiter nackt rumlaufen müssten. Oder so billig, dass Weber und Schneider draufzahlen müssten. Oder auch wieder direkt abenteurerrelevant: was ein Schwert oder eine Rüstung kosten muss und darf, zum Beispiel.

Interessant ist dabei eben u.a. auch, wenn man eine Aufbau- bzw. Dominionkampagne spielen will. Da ist es absolut relevant zu wissen, wieviel ein Mensch produzieren kann, was er an Steuern und Abgaben leisten kann, wieviele Bauern man zur Nahrungsproduktion auf der und der Fläche braucht, und so weiter.
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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #14 am: 26.02.2012 | 21:11 »
Was mich daran erinnert: mit Einführung der Dreifelderwirtschaft wurde das nochmal etwas weiter entzerrt, und die Flächen konnten nachhaltiger und ertragreicher bewirtschaftet werden und man hatte zwei Ernten pro Jahr. Und wenn mich nicht alles täuscht, konnte eine Familie sich auf die Weise um drei Hufen kümmern: eine fürs Sommergetreide, eine fürs Wintergetreide, und eine als Grün- oder Schwarzbrache.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine gelesen zu haben das nicht eine Familie 3 Hufen bekam sondern, die Hufe einer Familie gedrittelt wurde. Vll wurden die Hufen aber auch vergrößert, in der Zeit als sich die 3 Felder Wirtschafft durchsetzte.
Ich begeb mich mal auf Quellensuche.


Ist aber interessant: wir sehen hier, wie man sogar schlechten Böden eine Existenz abtrotzen kann. Umso interessanter werden natürlich dann die Erträge auf sehr fruchtbaren Böden, wenn eine Familie die drei- oder fünffache Fläche bearbeiten kann. Dann lohnt sich das für den Nutznießer der Arbeit, also den Grundherrn, erst so richtig.
Wenn die Obergrenze zwei Ernten à 30 Hektar mit 4dz/ha Nettoertrag darstellt... abzüglich 12dz für den Eigenbedarf kann der Bauer so einen Überschuss von über 100dz erwirtschaften. Und das alles bei nur dreifachem Ertrag (zum Vergleich, heutzutage kommt ein deutscher Bauer auf 80dz/ha, also etwa achtzigfacher Ertrag).

Das muss sich für den Grundbesitzer nicht umbedingt lohnen. Mit steigenden Erträgen geht auch raz faz der (Lokale)Preis in den Keller. Vor allem wenn man bedenkt das man damals Nahrungsmittel nicht weit transportieren konnte. Es sei denn es wurden schon damals auf ertragreicheren Böden Cash-Corps angebaut.
Zitat
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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #15 am: 26.02.2012 | 21:18 »
Ackerbau war streng regelmentiert, d.h. du durftest nur anbauen was alle anderen angebaut haben - alles andere bedurfte einer Genehmigung, da die Äcker häufig keinen eigenen Zugang hatten und darum erst umliegende Äcker abgeerntet werden mussten.

Finde dummerweise die Quelle dazu gerade nicht  >:(

Edith: Doch, http://de.wikipedia.org/wiki/Flurzwang
« Letzte Änderung: 26.02.2012 | 21:21 von Christoph »

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #16 am: 26.02.2012 | 21:37 »
Ich weiß nicht, ob eine Familie irgendann mehrere Hufen hatte, aber es wäre rechnerisch möglich, es so zu handhaben.

Ja richtig, Flurzwang, und der ging dann auch z.T. daher mit einer zelgengebundenen Wirtschaft, sowas wie die Kolchose des Hochmittelalters. Alle Hufen eines Dorfes wurden zusammengelegt und in drei große Felder aufgeteilt, von allen gemeinsam bewirtschaftet, und der Ertrag entsprechend aufgeteilt.
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Offline Dark_Tigger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #17 am: 26.02.2012 | 21:44 »
Ackerbau war streng regelmentiert, d.h. du durftest nur anbauen was alle anderen angebaut haben - alles andere bedurfte einer Genehmigung, da die Äcker häufig keinen eigenen Zugang hatten und darum erst umliegende Äcker abgeerntet werden mussten.

Ich vergesse immerwieder den mittelalterlichen Hang zur Kapitalismusfeindlichkeit.  ;D In den Gilden der Städte war es ja ähnlich geregelt das jeder nur eine gewisse Menge auf eine gewisse Art, mit einer gewissen Menge Arbeiter produzieren musste.

Alle Hufen eines Dorfes wurden zusammengelegt und in drei große Felder aufgeteilt, von allen gemeinsam bewirtschaftet, und der Ertrag entsprechend aufgeteilt.
Ich glaube das war dieser Wissenfetzten der da in meinem Kopf rumsprang.(Finde auch meine Quelle nicht mehr) Jede Familie bekam eine Hufe auf der gesammt Fläche des Dorfes die in diesem Jahr bearbeitet wurde.
Das würde dann ja tatsächlich für 3 Hufen pro Familie insgesammt sprechen.
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Noli Timere Messorem
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Offline Maarzan

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #18 am: 26.02.2012 | 21:48 »
In der Form war das Land in diverse Felder eingeteilt. Da diese unterschiedliche Qualität hatten und ggf auch unterschiedliche Frucht trugen, hatte jeder Beteiligte Anteile an mehreren Feldern, auch um das Risiko zu streuen und einen gewissen Ausgleich zu schaffen.

Das war aber auch eine zwar verbreitete aber nicht überall gepflegte Sitte.

Je nach kulturellem Hintergrund muss ja nicht alles was Sitte war auch in die generelle Wirtschaftsbeschreibung einfließen.

Gerade in den typischen Grenzlandsituationen der meisten Aufbauspiele ist Platz genug und die Strukturen neu, so dass es da etwas lockerer zugehen durfte.
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Offline Christoph

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #19 am: 26.02.2012 | 22:00 »
Ja, Ausnahmen bestätigen nunmal die Regel. Die Regel war Flurzwang, das Grenzland die Ausnahme :)

Flurzwang musste nicht nur nachteilig sein. Wenn die Fruchtfolge klug gewählt war, dann waren die Erträge erheblich besser und alle hatten was davon, das Gegenteil konnte natürlich auch eintreten.

Interessant ist außerdem der Zusammenhang von Ertrag und Stadtgrösse. Beides hängt zusammen, da Transportwege eben begrenzt waren und so eine Stadt relativ schnell am Größenlimit war weil die Felder schnell außerhalb der Reichweite von Karren waren. Das kann man durch Gehöfte außerhalb der Stadt natürlich etwas ausdehnen, dafür gibts um die Stadt dann einen "Ring" Gehöfte und später irgendwann die nächste Stadt usw...

Offline Feuersänger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #20 am: 26.02.2012 | 22:54 »
Was vielleicht einen kleinen Exkurs zum Thema Bevölkerungsdichte rechtfertigt -- ist ja für ein Dominion-Spiel auch nicht uninteressant. Diese war ja unter anderem eben vom Nahrungsmittelangebot begrenzt; mal besondere Ereignisse wie Seuchen oder Kriege außen vor gelassen.
Ein paar schnell recherchierte Beispiele (Wikipedia und anderes Google-Fu):
- das Römische Reich zur Zeit Trajans (d.h. größte Ausdehnung) hatte schätzungsweise 88 Millionen Einwohner auf 4 Millionen km² --> 22/km². Das Klima war zwar sehr günstig (rund ums Mittelmeer), aber die Landwirtschaft mit der Zweifelderwirtschaft noch sehr unoptimiert.
- Frankreich im 14. Jahrhundert dagegen (Dreifelderwirtschaft) hatte geschätzte 15 Millionen Einwohner -> 27/km². Das war vor der Pest.

Ich denke also, für ein etabliertes Reich in günstiger Klimazone mit spätmittelalterlichem Techlevel kann man von Zahlen zwischen 25 und 30 Einwohner pro km² ausgehen. Für ungünstigeres Klima kann man diese Zahl in 5er-Schritten senken. Natürlich sind punktuell (Städte und deren Umland) die B-Dichten wesentlich höher und z.B. im Gebirge deutlich niedriger.

Eine Stadt dürfte einen primären Einzugsbereich von sagen wir 3 Wegstunden haben -- schließlich müssen z.B. zu den Markttagen die Bauern aus den umliegenden Gehöften morgens reinfahren, ihre Waren losschlagen und nachmittags wieder rausfahren. Das begrenzt die maximale Stadtgröße auf eben die Zahl, die durch die Fläche des Einzugsgebiet ernährt werden kann. Das ist jetzt aber nur für die Nahrungsmittel wichtig, die frisch vermarktet werden müssen, also Gemüse und sowas. Getreide ist besser haltbar und transportabel, und kann im Prinzip von beliebig weit her importiert werden. Solange die Infrastruktur dafür vorhanden ist, kann eine Stadt fast beliebig viele Einwohner unterbringen. (Die _Ent_sorgung der Verdauungsendprodukte ist wieder eine andere Geschichte.)
(Vergleiche: das alte Rom war zeitweise eine Millionenstadt. Africa und Ägypten galten als die "Kornkammern" des römischen Reiches.)

Nichtsdestotrotz, auch eine Stadt, die sich bei den bislang diskutierten Erträgen nur aus dem vorgenannten primären Einzugsbereich versorgen muss, kann meinen Berechnungen zufolge dennoch ca. 50-60.000 Einwohner haben.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline JPS

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #21 am: 26.02.2012 | 23:03 »
Seid mal etwas vorsichtiger mit euren historischen Werten. Für eine generische Fantasy-Wirtschaft muss man alles parameterisieren können, um eine gewisse Breite an Settings zu ermöglichen. Die ganz abgefahrenen Settings kann man notfalls natürlich ignorieren, aber man sollte ein generisches System schon auf etwas fremdere Welten übertragen können.

Offline Quaint

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #22 am: 26.02.2012 | 23:12 »
Also mich interessiert diese mittelalterliche Wirtschaftskiste vor allem wegen herrschaftlichem Spiel bzw. dem, was hier Dominion-Spiel genannt wird.

Und wir haben ja schon eine mögliche Parameter gesammelt, je nachdem wie wo gewirtschaftet wird. Viel ergibt sich ja aus dem Ertrag der Felder und da haben wir ja Spannen von 2dz/ha mit primitiver Mittelalterlicher Wirtschaft über 20dz/ha mit viel Sonne und guter Bewässerung bis hin zu 80dz+ mit modernen Mitteln und Kunstdünger. Das bietet ja schon einige schöne Einblicke.
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Offline JPS

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #23 am: 26.02.2012 | 23:17 »
Also mich interessiert diese mittelalterliche Wirtschaftskiste vor allem wegen herrschaftlichem Spiel bzw. dem, was hier Dominion-Spiel genannt wird.

Und wir haben ja schon eine mögliche Parameter gesammelt, je nachdem wie wo gewirtschaftet wird. Viel ergibt sich ja aus dem Ertrag der Felder und da haben wir ja Spannen von 2dz/ha mit primitiver Mittelalterlicher Wirtschaft über 20dz/ha mit viel Sonne und guter Bewässerung bis hin zu 80dz+ mit modernen Mitteln und Kunstdünger. Das bietet ja schon einige schöne Einblicke.

Klar, aber das sollten halt die Ergebnisse sein, wenn man die Parameter richtig einstellt. Nur muss man auch glaubwürdige Werte ausserhalb dieser Liste bekommen können.

Offline Dark_Tigger

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Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
« Antwort #24 am: 26.02.2012 | 23:18 »

Nichtsdestotrotz, auch eine Stadt, die sich bei den bislang diskutierten Erträgen nur aus dem vorgenannten primären Einzugsbereich versorgen muss, kann meinen Berechnungen zufolge dennoch ca. 50-60.000 Einwohner haben.

Magst du diese Rechnung mal für mich Zahlenlegastheniker aufschlüsseln?
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Noli Timere Messorem
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