Autor Thema: Skills vs Attribute II  (Gelesen 1588 mal)

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Offline Isdariel

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Skills vs Attribute II
« am: 12.09.2012 | 19:03 »
CP können sowohl in Attribute, als auch in Skills investiert werden. Beides beeinflusst am Ende den fertigen Skillwert. 1of3 nennt dieses unschöne Phänomen Ressourcenstromdoppelung.

An dieser Stelle hat mich die Problematik auch schon gestört. In meiner damaligen Runde haben wir versucht, dies über das Zusammenfassen von Skills, den Einsatz von Talenten sowie Attributspunktelimits zu lösen, mit mäßígem Erfolg.

Jetzt möchte ich stattdessen - zunächst nur als Gedankenexperiment - Skills und abgeleitete Eigenschaften von den Hauptattributen komplett entkoppeln.
Grundlage sei bodenständige Fantasy, nur Menschen, und über eine glaubwürdige Punkteverteilung wacht die Spielrunde selbst.

Für die Betrachtung von Skills wird immer von einem Attributswert von 10 ausgegangen.

IQ, DX - Können gestrichen werden, da sie keine Daseinsberechtigung mehr haben (oder?).
Per - Ein paar unterstützte Skills fallen raus, d.h. evtl. Reduzierung auf 4pt./level.
ST - 8pt/level, da die automatische HP-Steigerung (2pt./level) wegfällt.
HT - 2pt/level, wenn man die automatischen Steigerungen für FP (3pt./level) und Basic Speed (5pt./level) rausrechnet. Scheint mir ganz schön billig zu sein.
Will, HP, FP, Basic Move, Basic Speed - Keine bzw. vernachlässigbare Unterschiede?

Vorteile geben keine flat-Boni mehr auf Fertigkeiten; Die entsprechenden Vorteile werden gestrichen bzw. die Punktekosten angepasst (inbesondere Talente). Wer seinen Skill erhöhen will, erhöht seinen Skill, basta!

So. Und jetzt könnt ihr mir verraten, wie und warum das gesamte System dabei metaphorisch in die Luft fliegt. ~;D

Offline OldSam

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #1 am: 12.09.2012 | 20:06 »
Erstmal würde ich generell eine RAW-konforme Alternative vorschlagen, ich bin da nämlich klar anderer Meinung als 1of3. Ich finde das angesprochene Phänomen gerade nicht unschön, sondern im Grundsatz sehr wünschenswert.

Ein wichtiges Beispiel: Ich möchte weiterhin den Effekt haben, dass etwa ein trainierter Sportler seine Sportlichkeit mit einem höheren DX-Wert und höherem Skill-Default ausdrücken kann und somit nach einem Trainingscamp im Vergleich mit dem untrainierten Couch-Potatoe bei gleicher Trainingszeit die besseren Ergebnisse zeigt. Umgekehrt gilt dies natürlich ebenso, z.B. der hochbegabte Wissenschaftler kann sich viel schneller in intellektuelle Themen einarbeiten als der Klischee-Muskelprotz, fände es sehr unstimmig, wenn letzter nach einem Wochenendcrashcurs in Computer-Linguistik, dass plötzlich super drauf hat, obwohl er sonst nix auf dem Kasten hat...

Natürlich hat die Kritik von 1of3 auch eine Berechtigung, nämlich was das "Verskillen" angeht! Das ist prinzipiell richtig, lässt sich aber zumindest im Falle von GURPS durch Anwendung einer Optionalregelung locker aufheben, so dass das Problem hinfällig wird. Man erlaubt nämlich das Punkteschieben (point shifting oder sowas heisst das im Original). Diese Methode hat viele Vorteile, speziell auch als Konter gegen bestimmte Powergaming-Steigerungspfade und sie erlaubt im Endeffekt auch die realistischere/flexiblere Char-Interpretation, man muss lediglich die Werte etwas umfassender/dynamischer verstehen.

Funktioniert in Kurzform so:
Punkte, die in Skills stecken (bis auf den 1. Punkt) können jeweils in die Steigerung des zugehörigen Attributs zurückgeführt werden. D.h. wenn ich z.B. sowas wie jeweils 8 Punkte in Broadsword, Stealth und Acrobatics hätte, könnte ich z.B. jeweils 4 dieser Punkte in DX schieben, so dass ich für eine neue Steigerung bereits 12 CP bezahlt habe und nun nur noch 8 weitere Punkte aufgebracht werden müssen. Das darf man natürlich nur so machen, dass der bestehende effektive Fertigkeitswert nicht gesenkt wird, also nach Attributssteigerung müssen alle FW-Werte min. den alten Wert behalten (was sie tun, wenn man z.B. den Skill um 1 senkt und das Attribut um eins anhebt).
Ein Vorteil dieser Methode ist, dass man argumentieren kann, dass etwa ein breites Training in verschiedlichen körperlichen und mentalen Disziplinen irgendwann auch die "generelle" Kompetenz erhöht und nicht mehr auf die spezifischen Skills beschränkt ist.
Balancing-technisch schützt es Spieler davor Nachteile zu kriegen, dass sie kurzfristig in Skills investieren und dann langfristig Nachteile durch schlechtere Attribute haben. Durch diese Regel ist der Standardweg für alle normalerweise in verschiedene Skills zu investieren und dann nach einer Weile das Attribut zu heben. Oder... die Fertigkeiten zu lassen, weil man natürlich auch ein paar Vorteile durch den höheren CP-Wert hat, z.B. wenn der GM eine Probe auf eine andere Attributsbasis verlangt oder es um die Expertise in dem spezifischen Anwendungsfeld geht...

Wenn die Details unklar sind, gerne nachfragen ;)

« Letzte Änderung: 12.09.2012 | 22:39 von OldSam »

Offline OldSam

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #2 am: 12.09.2012 | 22:32 »
IQ, DX - Können gestrichen werden, da sie keine Daseinsberechtigung mehr haben (oder?).
[...]
So. Und jetzt könnt ihr mir verraten, wie und warum das gesamte System dabei metaphorisch in die Luft fliegt. ~;D

Wenn IQ und DX immer nur einen default Wert von 10 hätten, fällt eine ganze Menge an Char-Differenzierung weg.
Der gewandte Straßendieb z.B. kann bei der Verfolgungsjagd durch den Schlamm genau so leicht ausrutschen wie der Magier, der sonst den ganzen Tag in der Bibliothek hockt. Umgekehrt wäre der Dieb bei mentalen Aufgaben, die nicht in ein spezielles Fertigkeitsgebiet fallen dem Magier plötzlich ebenbürtig, obwohl letzter eigentlich deutlich mehr auf dem Kasten hat - als Beispiel könnte man z.B. nehmen ein Rätsel, ein Schachproblem (auf default, ohne Skill), die gedankliche Verbindung eines Sachverhalts mit einem Detail aus der Erinnerung usw.
Einige Leute argumentieren ja, dass all dieses auch rein mit breiten Fertigkeiten abgebildet werden kann: Ja, stimmt immerhin zu einem großen Teil, aber man hätte einiges an Verlusten im Detail! Nicht zuletzt das oben angesprochene Problem der unterschiedlichen Voraussetzungen: Es ist meistens nicht stimmig und nicht realistisch, wenn der einfache Krieger genau so schnell Schach spielen lernen kann wie der Gelehrte und letzterer genau so schnell den Schwertkampf steigern kann.

« Letzte Änderung: 12.09.2012 | 22:41 von OldSam »

Samael

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #3 am: 13.09.2012 | 09:49 »
Ich sehe das Problem auch nicht so wirklich. "Anlagen (Attribute)" und "Training (Fertigkeiten)" sind im realen Leben (und GURPS ist ja ziemlich simulationistisch) auch zwei paar Schuhe.

Natürlich kann der Effekt auftreten, das zwei gleichgute Schwertkämpfer und Akrobaten dafür leicht unterschiedlich viele Punkte gezahlt haben. Ich finde das aber nicht so wild, weil man zu Spielbeginn ja im Punktekonto eingeschränkt ist und gerade bei den Attributen sparen muss. Niemand wird mit DX 18 anfangen und dann keine Punkte mehr für Skills haben, wenn er einen Meisterdieb spielen will.

Offline Thot

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #4 am: 13.09.2012 | 10:14 »
[...]
Jetzt möchte ich stattdessen - zunächst nur als Gedankenexperiment - Skills und abgeleitete Eigenschaften von den Hauptattributen komplett entkoppeln.
Grundlage sei bodenständige Fantasy, nur Menschen, und über eine glaubwürdige Punkteverteilung wacht die Spielrunde selbst.

Für die Betrachtung von Skills wird immer von einem Attributswert von 10 ausgegangen.

IQ, DX - Können gestrichen werden, da sie keine Daseinsberechtigung mehr haben (oder?).
Per - Ein paar unterstützte Skills fallen raus, d.h. evtl. Reduzierung auf 4pt./level.
ST - 8pt/level, da die automatische HP-Steigerung (2pt./level) wegfällt.
HT - 2pt/level, wenn man die automatischen Steigerungen für FP (3pt./level) und Basic Speed (5pt./level) rausrechnet. Scheint mir ganz schön billig zu sein.
Will, HP, FP, Basic Move, Basic Speed - Keine bzw. vernachlässigbare Unterschiede?

Vorteile geben keine flat-Boni mehr auf Fertigkeiten; Die entsprechenden Vorteile werden gestrichen bzw. die Punktekosten angepasst (inbesondere Talente). Wer seinen Skill erhöhen will, erhöht seinen Skill, basta!

So. Und jetzt könnt ihr mir verraten, wie und warum das gesamte System dabei metaphorisch in die Luft fliegt. ~;D

Tut es nicht. Man kann das problemlos so machen, wie Du schreibst... außer, dass man eventuell unter bestimmten Umständen weiterhin DX und IQ (zu geringeren Kosten) beibehalten will, um generische Eigenschaften zu haben, auf die man in Situationen würfeln kann, in denen keine Skill passt (zumindest, wenn man keinen festen Kanon an Wildcard skills haben will, der alles abdeckt).

Das Schöne an einem solchen Ansatz ist, dass die Charakererschaffung wesentlich erleichtert wird - man pickt sich einfach raus, was man haben will, ohne irgendwelche unvorhergesehenen Abhängigkeiten, die den Einsteiger überraschen könnten.


Offline OldSam

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #5 am: 13.09.2012 | 11:45 »
Natürlich kann der Effekt auftreten, das zwei gleichgute Schwertkämpfer und Akrobaten dafür leicht unterschiedlich viele Punkte gezahlt haben. Ich finde das aber nicht so wild, weil man zu Spielbeginn ja im Punktekonto eingeschränkt ist und gerade bei den Attributen sparen muss. Niemand wird mit DX 18 anfangen und dann keine Punkte mehr für Skills haben, wenn er einen Meisterdieb spielen will.
Jo, zum einen das und zum anderen ist dieser Effekt ja manchmal auch gewollt, um den Hintergrund eines bestimmten Chars auszudrücken.
Wenn mein Char z.B. nur DX 10 hat, aber im Schwertkampf DX 18 aufweist, heisst es, dass ich sehr viel Zeit und Schweiß investiert und somit enorme Erfahrung habe. Im Kontrast zu einem Char mit DX 14, der ebenfalls einen effektiven FW von 18 hat, würde es z.B. bedeuten, dass letzterer ein "Naturtalent" ist, während mein Char sich hochgearbeitet hat. Geht es jetzt bspw. darum einen anderen Char zu unterrichten, wäre der erfahrenere Char ein deutlich besserer Lehrer als der talentierte Typ, der die Techniken einfach intuitiv leichter umsetzen kann, aber viel weniger von ihren Schwierigkeiten und Hintergründen weiss.

(hab grad mal nachgeschaut, diese Sachen stehen übrigens im Basic auf S.171/172, wenn jemand es noch nicht gelesen hat)

« Letzte Änderung: 13.09.2012 | 11:55 von OldSam »

Offline Isdariel

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #6 am: 13.09.2012 | 20:21 »
Zitat von: Thot
Tut es nicht. Man kann das problemlos so machen, wie Du schreibst... außer, dass man eventuell unter bestimmten Umständen weiterhin DX und IQ (zu geringeren Kosten) beibehalten will, um generische Eigenschaften zu haben, auf die man in Situationen würfeln kann, in denen keine Skill passt (zumindest, wenn man keinen festen Kanon an Wildcard skills haben will, der alles abdeckt).
Okay, sehr gut. Dass es Situationen gibt, bei denen man auf DX oder IQ einfach so würfeln möchte, habe ich nicht bedacht - daher werde ich deinen Vorschlag übernehmen und DX/IQ zu geringeren Kosten behalten.

----

Das mit einer Mehrheit die Ressourcenstromdopplung als positiv empfunden wird, überrascht mich etwas. Aber gut, warum auch nicht. Soweit ich das sehe, sind die Argumente dafür folgende:
a) die Ausdrucksmöglichkeiten sind höher ("Ist er ein Naturtalent oder hat hat er durch Erfahrung gelernt?")
b) hohe Attribute mit geringen Fertigkeiten und niedrige Attribute mit hohen Fertigkeiten unterscheiden sich in einigen Punkten (default-Werte, Lernzeiten)
c) bedingt durch b) erhöht sich die Plausibilität

a) kann ich persönlich nicht nachvollziehen. Wenn wir DX/IQ wie von Thot vorgeschlagen zu verringerten Kosten behalten, werden die Ausdrucksmöglichkeiten doch nicht kleiner: Jetzt kann ich nämlich - ohne Punkte zu verschenken (mir ist das wichtig!) - einen Fachidioten (hohe Skills, geringes Attribut) spielen.

b) kann ich gut nachvollziehen, wenn man die Unterschiede für wichtig erachtet.

bei c) liegt ein Missverständnis vor:
Zitat von: Isdariel
Grundlage sei bodenständige Fantasy, nur Menschen, und über eine glaubwürdige Punkteverteilung wacht die Spielrunde selbst.
. Wenn man das nicht als Vorraussetzung betrachtet, muss man natürlich die umständlichen Lernregeln von GURPS verwenden.  8]

Offline OldSam

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Re: Skills vs Attribute II
« Antwort #7 am: 14.09.2012 | 15:03 »
Jetzt kann ich nämlich - ohne Punkte zu verschenken (mir ist das wichtig!) - einen Fachidioten (hohe Skills, geringes Attribut) spielen.
Hast Du schon mal etwas tiefer die Möglichkeiten von Talents ausgelotet, also über die rudimentären Beispiele aus dem Basic hinaus?
Talents sind nämlich perfekt auf diesen Aspekt ausgerichtet, genau mit der passenden Überlegung, dass jemand in einem Teilbereich z.B. mathematische Fähigkeiten talentiert ist und somit besser dort ist als sein Attribut erwarten lassen würde. Nachdem man inzwischen mehrere Jahre Erfahrungen mit diesem Konzept gesammelt und ausgebaut hat, wurden die vertieften Ansätze übrigens in folgendem Sourcebook gebündelt, das ich sehr empfehlen kann!  :d
http://www.sjgames.com/gurps/books/power-ups/power-ups3/

(für erfahrenere Spieler fast schon ein Pflicht-Add-On IMHO)

Wenn man das nicht als Vorraussetzung betrachtet, muss man natürlich die umständlichen Lernregeln von GURPS verwenden.

Die Lernregeln habe ich auch fast nie angewendet, die sind ja auch nur dazu da, wenn man die freie Zeit der Chars zwischen den Abenteuern noch lerntechnisch plausibel verwalten will, also echt selten bis nie notwendig, je nach Kampagnengestaltung.
Ich selbst hab' es i.d.R. auch so gehalten, dass die Gruppe Steigerungen selbst im Auge behält, also wahrscheinlich ziemlich ähnlich wie bei Dir. (Die Zeit zwischen Abenteuern habe ich nur in Ausnahmefällen mal verwaltet, meistens war das nicht relevant bzw. nicht lohnend)
Bei sehr großen Steigerungssprüngen würde ich zudem meistens noch eine über das normale Maß hinausgehende gute Erklärung verlangen ;)

---
Wichtige Frage an Dich: Hast Du schon mal testweise mit point shifting gespielt? Da ich vermute, dass das noch nicht der Fall ist, würde ich Dir sehr empfehlen es erstmal auszuprobieren, bevor Du versuchst alles umzubauen, denn das ist wirklich eine gut umsetzbare Lösung und ich vermute sie würde auch in der Praxis gefallen.
In den meisten Fällen braucht man bei GURPS sich nicht oder nur geringfügig vom RAW entfernen und kann trotzdem alles hervorragend umsetzen, was man möchte, ist ja nicht umsonst ein Toolkit-System ;)
Dadurch ist die Qualität der verwendeten Regeln dann auch durch die Bank ziemlich hoch, während man ja leider bei Eigenlösungen erst viel Entwicklungszeit reinstecken muss, um das herzustellen, da meist neue Probleme auftauchen. Last but not least behält man den großen Vorteil mit den ganzen Sourcebooks voll kompatibel zu sein!  :d

Ansonsten helfe ich aber auch gerne bei eigenen Modifikationen weiter, es empfiehlt sich aber der großen Erfahrung der ganzen Entwickler und Playtester zu trauen und erstmal alle verfügbare Lösungsvarianten voll auszukosten. Wenn man diversen Insider-Berichten glauben schenken mag (und die Editing-Qualität spricht eh für sich), ist das Playtesting usw. definitiv besser als bei den meisten anderen großen Systemen.
« Letzte Änderung: 14.09.2012 | 15:11 von OldSam »