Autor Thema: Für welche Rollenspiele sind NSC- und Monsterwerte notwendig?  (Gelesen 1860 mal)

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Offline La Cipolla

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Im Thread zu Esteren ist häufig der Kritikpunkt aufgetaucht, dass es keine fertigen NPCs und Monster gibt, auf die der SL zurückgreifen kann. Ich finde es gar nicht mal so selbstverständlich, dass es sowas geben sollte und würde gern darüber diskutieren. Allerdings beschränkt sich das Ganze auf Spielwerte (!), die Frage ist also nicht, ob ein bestimmtes Rollenspiel NSCs und Monster vom Fluff vorstellen sollte, sondern ob Spielwerte notwendig sind.

Meine Meinung in knapp:
  • Bei Systemen, in denen Balance und numerische Taktik wichtig sind (D&D, Shadowrun, Savage Worlds usw.) sind solche Sachen echt Pflicht (oder zumindest ein Baukasten o.ä.), weil ohne ein ganzer Spielaspekt verlorengeht.
  • In Spielen, die abstrakter, grobkörniger funktionieren, sowieso irgendwo interpretierbare Regeln haben und oftmals keinen großen Wert auf Balance legen (nWoD, Fate, auch Shadows of Esteren) finde ich NPC-Stats definitiv nützlich, aber nicht unbedingt notwendig. Man kann ihre Spielwerte bei Bedarf sehr schnell improvisieren, und manchmal ist das dem Erzählen auch zuträglich.
  • Und letztendlich gibt es auch Spiele, die nur sehr grobkörnig mit Werten hantieren und diese lediglich als simple Repräsentation der Geschehnisse verwenden. Wenn das System entsprechend intuitiv ist, kann man hier (imho) auf "Standardwerte" verzichten und den SL komplett improvisieren lassen, am besten mit einem kleinen Leitfaden. (Ich gucke gerade in meinen Schrank und bemerke, dass ich kein Spiel in dieser Richtung besitze. xD)
« Letzte Änderung: 27.11.2012 | 11:22 von La Cipolla »

Eulenspiegel

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Eine weitere wichtige Frage ist, wie kampflastig das RPG ist. Ist es ein RPG, wo der Großteil des Abends gekämpft wird, sind Crunch-Werte tendenziell wichtiger als bei einem RPG, wo Kämpfe nur hin und wieder stattfinden.

Ansonsten sind, wie du schon gesagt hast, Crunch-Werte besonders dann wichtig, wenn es ein Balancing zwischen SCs und NSCs geben soll.

Offline Selganor [n/a]

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Ich kenne auch zahlreiche (A)D&D-Runden in denen die Werte von Gegnern (auch Endgegnern) "improvisiert" waren...

Man sollte da nur konsistent sein oder dann zumindest eine Begruendung haben warum die AC 23 letzte Runde getroffen hat, die AC 25 diese Runde aber nicht ;)

Oder es werden konkrete Werte (gerade wenn es dann in die "totwuerfel"-Phase geht) durchaus mal in die Tonne getreten. 
Beispiel bei D&D 4: Ihr habt den Solo Brute gut unter Kontrolle und macht ihn dann schlussendlich platt, aber zieht euch innerhalb der Gruppe mal 3 Healing Surges ab - ihr entscheidet wie ihr die verteilt"
Aber mir wurde ja schon mehrfach gesagt, dass ich D&D "falsch" spiele ;)
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Offline Nachtfrost

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Bei Spielen wie Cthulhu kann auf Kampfwerte für Mythoswesen gerne auch verzichtet werden.
Spiele, bei denen übernatürliche Bedrohungen im Fokus stehen, welche weit über die menschliche Erlebniswelt hinausgehen und letztlich auch nicht erfolgreich bekämpft werden können.
Das gilt in abgeschwächter Form z.B. auch für Earthdawn. Da hatten wir noch nie eine Begegnung mit einem größeren Dämon, wo dessen Spielwerte etwas anderes vermitteln sollte, als WIE er uns plattmacht.
Ich kann die Gedanken hinter den Regeln ja durchaus verstehen. Dämonen sollen schliesslich schreckliche und furchteinflößende Wesen sein. Daher müssen auch die entsprechenden Regeln grauenvoll sein.

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Offline La Cipolla

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@Selganor: Ja, das kenn ich auch. Kann auch prima funktionieren. ;D

Aber es geht ja mehr um die Frage, wie man als Rollenspielbastler da rangehen sollte, und da ist das vielleicht nicht der beste Ausgangspunkt. ^^

Offline xergazz

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Vorweg mein Verständnis von "Spielwerten":
Spielwerte in Rollenspielen sind die Abstraktion von relevanten Spielinhalten, um diese für die Mechanismen des dahinter stehenden Regelwerks nutzbar zu machen.

Wichtig ist dabei das Wort "relevant", weil nicht in jedem System jede Information überhaupt interessant ist. So sagt die Art der Spielwerte etwas über den Fokus des Systems aus und andersherum.

NPC's deren Spielwerte auf die selbe Weise funktionieren wie die der SC's sind also vorwiegend in eher Herausforderungsorientierten Systemen zu finden. Also immer da, wo eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den Spielfiguren hergestellt werden muss.

Ganz anders kann es beispielsweise bei einem Spiel um Freundschaften und Intrigen aussehen, wo es viel interessanter sein kann, den NPC's Werte für ihre Beziehung zum SC zu geben oder sie mit irgendwelchen Merkmalen zu umschreiben, wodurch ihr Satz an Spielwerten sich grundlegend von den Spielwerten der SC's unterscheidet.

Gerade im Horrorgenre oder bei Spielen, die einen gewissen Sense of Wonder wahren wollen, macht es außerdem durchaus Sinn ganz auf Spielwerte für NPC's zu verzichten, da diese nicht zuletzt auch eine Information an den Spieler weitergeben.
Es ist ganz einfach. [...] Diskutiert nicht. Diskutiert bitte auch nicht über denn Sinn des Threads.

Offline Jiba

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Eine weitere wichtige Frage ist, wie kampflastig das RPG ist. Ist es ein RPG, wo der Großteil des Abends gekämpft wird, sind Crunch-Werte tendenziell wichtiger als bei einem RPG, wo Kämpfe nur hin und wieder stattfinden.

Read: Konflikte.

Monsterwerte sind für sämtliche Arten von Konflikten, die in Konfliktabwicklungssysteme eingefasst sind, relevant. Auch für soziale Konflikte, mentale Konflikte, und die obligatorische Verfolgungsjagd. :)
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Oberkampf

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Ich würde sagen, das kommt darauf an, was und wie man spielen will, und was die Regeln leisten sollen. Ich würde Werte nicht an einzelnen NSCs/Kreaturen, sondern an Situationen oder Szenen festmachen. Alles, worauf ich würfeln können will, braucht Werte, und sei es nur in Form einer groben Tabelle von "Supereinfache Schwierigkeit (Wert X)" bis "Superschwer (Wert X+n)". Alles, was ich nicht würfeln will, also bspw. ein Plot Device, braucht keine Werte.

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Offline Der Nârr

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Allerdings beschränkt sich das Ganze auf Spielwerte (!), die Frage ist also nicht, ob ein bestimmtes Rollenspiel NSCs und Monster vom Fluff vorstellen sollte, sondern ob Spielwerte notwendig sind.
Menschliche NSCs sind sehr nett zu haben, damit man weiß, wie sich die Autoren einen Soldaten, einen Elitegardisten oder einen Dieb vorstellen, eben die Sorte NSC, mit der die Spieler so zu tun haben und deren Werte auch schon mal eine Rolle spielen. (Bei Cthulhu hätte man dann meinetwegen Beispielwerte für Kultisten, Wilde und Shoggotten.) Noch wichtiger finde ich Werte für Getier, denn hier bewegt man sich ja außerhalb der menschlichen Skala - es bräuchte schon Erfahrung oder gutes Verständnis der zugrundeliegenden Regeln, um ein fremdes Wesen wie einen Bär oder Killerwal angemessen abzubilden.
Das Fehlen solcher Spielwerte betrachte ich in jedem herkömmlichen Rollenspiel für sehr sinnvoll und wichtig.

Sind die Spielwerte nicht gegeben, muss der Spielleiter sie erstellen. Wenn also jetzt JEDER Spielleiter der Welt, der dieses Rollenspiel spielt, Werte für Standard-NSCs und Wesenheiten erstellen muss, ist das doch albern. Sicher KANN man die Aufgabe an die Spielleiter übertragen - aber da die Werte nötig sind, sie also sowieso erstellt werden, hätte man sie doch gleich ins Regelwerk geben können, oder? Je einfacher das Regelwerk das Erstellen solcher Werte gestaltet und dabei Hilfestellungen an die Hand gibt, desto weniger nötig wird natürlich das Präsentieren von Beispielwerten. In Cthulhu sind Werte für NSCs z.B. weniger wichtig, weil die Werte immens leicht zu improvisieren sind. Bei DSA4 kommen dagegen Überlegungen wie das Vorhandensein von Sonderfertigkeiten und Vor- und Nachteilen dazu, außerdem werden die einzelnen Eigenschaftswerte wichtiger und dazu die abhängingen Sekundäreigenschaften - da sind fertige Werte schon viel wichtiger.

Oftmals nehmen die Werte ja noch nicht mal viel Raum ein. In vielen Systemen kann man Dutzende von Wesenheiten und NSCs auf wenigen Seiten unterbringen. Das anstrengende und schwieriger dahinter sind ja die Überlegungen, die man anstellen muss: Welchen Kämpfen-Wert hat ein durchschnittlicher Soldat, welche Wahrnehmung hat die durchschnittliche Torwache oder wie flink ist der Taschendieb? Wie stark ist ein Bär, welchen Schaden richtet der Biss eines Hais an und wie schnell fliegt eine Rhinoceros-Adler-Chimäre?

Es geht dabei ja auch nicht nur um kampflastigkeit. Es könnte auch wichtig sein, zu wissen, wie leicht man den Beamten bestechen kann, die unvollständigen Einreisedokumente abzustempeln und und und.

Wenn ein Rollenspiel überhaupt keine Konflikte mit NSC und anderen Wesenheiten beinhaltet, braucht es natürlich auch keine Werte dafür.

Alles in allem gehören solche Wertesammlungen m.E. durchaus in ein vollständiges Grundregelwerk. Aber viele Grundregelwerke sind ja sowieso lückenhaft und liefern nur ein grobes Gerüst, das dann nach und nach mit Folgepublikationen ausgebaut wird. Gerade französische Rollenspiele scheinen da Experten zu sein, da gilt dann manchmal die Ansicht, dass Charaktergenerierung, eine allgemeine Regel für Fertigkeitsproben und eine Liste von Fertigkeiten sowie Kampfregeln ein vollständiges Rollenspiel ausmachen.

Ich kenne Esteren noch nicht. Wie wichtig eine Wertesammlung dort wäre, ist m.E. halt vom konkreten System abhängig. Welche Strukturen  liefert es zur Generierung von NSCs, gibt es z.B. Stufen die viel vorgeben oder baut man Charaktere sehr frei und modular, ist viel offen, hat man große oder kleine Wertespannen... Das wirkt sich ja alles aus. Wenn ich nur 5 Skillstufen habe, die eindeutig definiert sind, fällt es eben z.B. auch sehr viel leichter, Charaktere selbst zu bauen. Muss ich auf drei Eigenschaften würfeln und habe noch einen Talentwert von 1-21, fällt es sehr viel schwieriger, den Schleichen-Wert eines mittelmäßig erfahrenen Diebes einzuschätzen.
« Letzte Änderung: 2.12.2012 | 09:33 von Der Narr »
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
In Planung Fate Core, Pendragon

Offline La Cipolla

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Prinzipiell steh ich erstmal hinter dir (das das gleich nicht falsch rüberkommt ^^).

Zitat
Sind die Spielwerte nicht gegeben, muss der Spielleiter sie erstellen. Wenn also jetzt JEDER Spielleiter der Welt, der dieses Rollenspiel spielt, Werte für Standard-NSCs und Wesenheiten erstellen muss, ist das doch albern. Sicher KANN man die Aufgabe an die Spielleiter übertragen - aber da die Werte nötig sind, sie also sowieso erstellt werden, hätte man sie doch gleich ins Regelwerk geben können, oder? Je einfacher das Regelwerk das Erstellen solcher Werte gestaltet und dabei Hilfestellungen an die Hand gibt, desto weniger nötig wird natürlich das Präsentieren von Beispielwerten. In Cthulhu sind Werte für NSCs z.B. weniger wichtig, weil die Werte immens leicht zu improvisieren sind. Bei DSA4 kommen dagegen Überlegungen wie das Vorhandensein von Sonderfertigkeiten und Vor- und Nachteilen dazu, außerdem werden die einzelnen Eigenschaftswerte wichtiger und dazu die abhängingen Sekundäreigenschaften - da sind fertige Werte schon viel wichtiger.

Ich denke allerdings auch, dass diese "Erstellung" nicht in jedem Rollenspiel mehr als ein simpler (teilweise selbstverständlicher) Gedanke ist. Wenn man beispielsweise eine Skala hat, die bloß zwischen "schlecht", "Durchschnitt", "gut" und "sehr gut" unterscheidet, kann man schnell festlegen, dass die Wache bei ihrer Wahrnehmung gut ist, beim Bestochen werden vielleicht nur durchschnittlich (oder was auch immer gerade besser passt). Hier finde ich es wesentlich aufwändiger -- und das ist total ernst gemeint! -- erst den NPC nachzuschlagen und den gesuchten Wert zu finden, als mir ad hoc etwas auszudenken. Ein gutes Beispiel dafür ist die durchschnittliche Interaktion der nWoD, wo ich mir lieber schnell einen Würfelpool überlege. Lediglich bei besonders essentiellen NPCs lege ich mir ein paar Werte und Würfelpools vorher zurecht.