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Splittermond - Smalltalk

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korknadel:
Ich hoffe, ich löse mit diesem Gedanken nicht wieder eine eigenartige Diskussion aus, aber da Monte Cooks Numenera hier so häufig genannt wurde, drängt sich mir diese Bemerkung einfach auf:

Denn SploMo und Numenera haben in meinen Augen eine sehr schöne Gemeinsamkeit, und zwar der Umgang mit Risiko. Obwohl es bei den beiden Systemen jeweils ganz anders gelöst ist, hat mir das in beiden sehr gut gefallen: Bei Numenera kosten mich die Efforts, mit denen ich Proben erleichtern kann, Ressourcen, die gleichzeitig als Lebenspunkte fungieren. Damit kommt man schnell in Situationen, wo man stark am Abwägen ist, wie viele seiner Ressourcen man überhaupt noch setzen will und kann, weil einen der nächste Kratzer eben leichter in eine höhere Wundstufe schickt, wenn man die Poolpunkte schon zu sehr für Proben verbraten hat. Bei SpliMo die schönen Risikowürfe, die tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, bessere Ergebnisse zu erhalten, erhöhen, gleichzeitig aber auch häufiger zu Patzern führen.

In beiden Fällen genieße ich dieses "Risikomanagement" sehr, irgendwie gibt es einem einerseits noch mehr Kontrolle über den Char, andrerseits erhöht es Spannung und Drama und damit auch die sogenannte Immersion.

Kriegsklinge:
Nachtrag: Ich habe das zwar alles etwas flaspig und überspitzt formuliert, weil ich die anschließende Diskussion so unglaublich fand, aber ich bleibe bei einigem Nachdenken durchaus bei der Behauptung, dass alle Rollenspielregeln halbwegs gleich gut oder schlecht sind. In den meisten Runden entsteht das Spiel ja eh nicht durch Anwendung der Regeln, sondern die Leute erzählen sich gegenseitig, was sie machen und wenden dabei ab und zu eine Regel an, um einen Faktor der Unsicherheit ins Spiel zu bringen -- es ist spannendes, wenn man nicht alles verfügen kann bzw. es reizt neue kreative Anstrengung, wenn die Verfügungsgewalt absichtlich beschnitten wird, durch einen Würfelwurf etwa. Charaktererschaffung geht in die gleiche Richtung, man zieht hier eine Ebene ein, die der eigenen Figur in der Fiktion bewusst Grenzen setzt, aber auch "Spielraum" definiert.

Wie diese beiden Ebenen miteinander korrespondieren, ist eine Frage individuellen Könnens, nicht der Regelqualität. Soll heißen, eine Gruppe, die kreativ und vielschichtig miteinander eine Vorstellung entwickeln kann, wird das immer tun, egal, mit welchen Regeln sie dabei auch noch operieren. Eine einfallslose und sozial wenig geschulte Gruppe wird das -- egal mit welchen Regeln -- eben nicht schaffen. Das gilt sogar dann, wenn das Spiel -- wie etwa viele Story-Now-Spiele -- nicht fiktive Physik. sondern Erzählinhalte und -rechte steuern will. Auch hier wird die Fiktion nicht direkt in der Grammatik der Regeln formuliert, sondern außerhalb, und dann teilweise im Nachgang übersetzt. Die qualitative Arbeit wird aber bereits vor der Übersetzung in die Regelebene zwischen den Mitspielenden vollbracht. Insofern finde ich bei der Betrachtung von Rollenspielen die Macht der Regelanwendung für die Qualität eines Spielerlebnisses zumindest wahnsinnig überschätzt und zu hoch gewichtet, während die Qualität des sozialen Miteinanders und kreativer Gruppenprozesse kaum angeschaut wird.

Schlauberger werden jetzt sagen, ja, aber das kann ja besser oder schlechter miteinander verzahnt sein, da muss man doch gucken, wie leicht die Übersetzung von gemeinsam Herbeierzähltem auf die Regelebene und umgekehrt funktioniert. Jaja, da haben sie auch recht. Nur, die allermeisten Rollenspiele versuchen ja, mit den Regeln die Fiktion, die zwischen den Mitspielenden entsteht, einfach bloß nicht zu behindern. Will sagen, man wirbelt relativ viel Staub auf bei Charaktererschaffung und -steigerung (siehe Barbiespiel), weil das Bereiche sind, die jeder schön für sich im stillen Kämmerlein machen kann, und die dann problemlos in gemeinsames Erzählen zu übersetzen sind, einfach, indem man´s verkörpert (wie man aussieht, wie man so drauf ist, was man vom Leben will, wie gut man Diamanten schleifen kann und was man im bisherigen Leben so alles dafür tun musste). Alles andere ist dann mehr oder weniger "eins hin - zwei im Sinn"-Rechnerei, bis man ein Ereignis erschaffen hat, das dem freien Erzählen entzogen ist und so für neuen kreativen Zündstoff sorgt ("Was, der Pfeil trifft nicht? Dann werdet ihr wohl doch entdeckt, weil die Wache Alarm schlägt, har har"). Man kann diese Operationen dann mehr oder weniger nervig finden, das war´s aber auch schon.

Zurtück zu Splittermond: Das Spiel setzt eben auf eine detailreiche Welt und vielfältige Anlässe zum Nachdenken über die Verortung des eigenen Tschars dort (aka Charaktererschaffung und -steigerung), wie eben das Mutterschiff DSA auch. Das Erzeugen überraschender Ereignisse von Würfelproben ist demgegenüber relativ egal, unausgesprochen legt man das meiste vertrauensvoll in die Hände der erzählenden Gruppen und die kriegen das je nach individuellem Vermögen mehr oder weniger gut hin. Insofern ist die Rede von Innovation und besseren und schlechteren Regeln wirklich nicht so zielführend.

Wisdom-of-Wombats:

--- Zitat von: Kriegsklinge am  9.06.2014 | 15:24 ---Nur, die allermeisten Rollenspiele versuchen ja, mit den Regeln die Fiktion, die zwischen den Mitspielenden entsteht, einfach bloß nicht zu behindern.

--- Ende Zitat ---

Nein, eben genau nicht. Die meisten guten Rollenspiele (allgemein, in diesem Fall nicht wertend auf SpliMo bezogen!) unterstützen mit ihren Regeln die Fiktion. Das ist ein gehöriger Unterschied zu "nicht behindern". Mit der alten/klassischen World of Darkness und der "Goldenen Regel" ist genau ein solches Bewusstsein geschaffen worden, dass der SL und die Gruppe dafür sorgen sollen, dass Regeln die Fiktion nicht beeinträchtigen. Es gibt aber genug Systeme, in denen die Regeln die Fiktion tragen können, und eine schlüssige Rückkoppelung zwischen Regeln und Fiktion besteht. Allerbeste Beispiele dafür sind die *World Spiele wie Apocalypse World, Dungeon World oder Saga of the Icelander. Hier löst eine entsprechende Handlung in der Fiktion eine Regel aus und umgekehrt. An sich ist das auch Designprinzip vieler andere Systeme (z.B. Numenera, Savage Worlds, Burning Wheel, Fate...), allerdings nicht so explizit in den Regeln benannt. Hier wird eben sehr genau darauf geachtet, dass die Regeln die Fiktion unterstützen.

Das führt direkt in die Diskussion: "System matters!"

Klar kann mit einer guten Kombo aus SL und Gruppe auch ein mittelmäßiges Rollenspiel Spaß machen. Aber ein gutes Rollenspiel unterstützt den SL und die Gruppe beim Spielen in allen Bereichen: den SL beim Entwurf des Abenteuers, die Gruppe und den SL am Tisch beim Spielen des Abenteuers. Wenn man konstant merkt, dass durch strikte Anwendung der Regeln die Fiktion nicht mehr möglich ist bzw. behindert wird, hat man ein schlechtes Rollenspielsystem vor sich. Nur statt sich das einzugestehen werden dann seitenweise Hausregeln verfasst und jede Runde spielt auf einmal anders.

Bei einem gut designten System, kann ich meinen Charakter in x-verschiedenen Runden bei x-verschiedenen Spielleitern spielen und am Ende ist der Charakter immer gleich kompetent und nach Hausregeln muss ich noch nicht mal fragen. Auf diesem Prinzip beruht übrigens das Konzept der D&D Encounters von WotC oder Tales of the 13th Age von Pelgrane (damit es nicht heißt, ich führe immer nur Numenera an).

Disclaimer: Dieser Beitrag enthält keine Aussage zu den Splittermond-Regeln.

korknadel:
@MoC.
Hä? Hast Du eigentlich gelesen, in welchem Zusammenhang die von Dir zitierte Aussage von Kriegsklinge getroffen wurde und über was?
Deine Erwiderung ist genau das, was Kriegsklinge den Schlaubergern in den Mund gelegt und vorauseilend schon erklärt hat.

Ich raff's manchmal echt nicht, wo das Problem liegt.

korknadel:
@MoC:


--- Zitat von: Kriegsklinge am  9.06.2014 | 15:24 ---Schlauberger werden jetzt sagen, ja, aber das kann ja besser oder schlechter miteinander verzahnt sein, da muss man doch gucken, wie leicht die Übersetzung von gemeinsam Herbeierzähltem auf die Regelebene und umgekehrt funktioniert.
--- Ende Zitat ---

Das ist genau Deine Aussage, MoC, oder irre ich mich? Etwas vereinfacht, aber im Grunde das, auf was Du hinauswillst.


--- Zitat von: Kriegsklinge am  9.06.2014 | 15:24 ---Jaja, da haben sie auch recht.

--- Ende Zitat ---

Das ist der nächste Satz, der dem, was Du sagst, im Voraus recht gibt.


--- Zitat von: Kriegsklinge am  9.06.2014 | 15:24 ---Nur, die allermeisten Rollenspiele versuchen ja, mit den Regeln die Fiktion, die zwischen den Mitspielenden entsteht, einfach bloß nicht zu behindern.
--- Ende Zitat ---

Und in diesem Satz wird eine Aussage über die Rollenspiele getroffen, die den Anspruch, den Du vertrittst, nicht haben.

Wie diese Rollenspiele ticken, und warum sie für enstprechende Spieler(gruppen) eben funktionieren, obwohl sie dem Schlaubergereinwand nicht standhalten, darum geht es dann im Rest des Abschnittes.

Und im Übrigen bedanke ich mich für den sicher freundlich gemeinten Hinweis darauf, dass es bei meiner Schulbildung Nachholbedarf gibt. Die meisten Leute sind nicht so ehrlich, einen auf solche Mängel direkt mal hinzuweisen.

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