Autor Thema: Die Regeln über Bord werfen  (Gelesen 8798 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #25 am: 26.08.2013 | 17:57 »
Gibt es Spiele, die du da als Vorbilder im Blick hast? Einzelne Elemente/Textpassagen?

Polaris. Wobei Polaris das Poetische und das Tragische betont und daher nicht "für den Alltag" taugt.

Auf der anderen Seite gibt es eine Art von Regeln die man nie wirklich durch menschliche Intuition ersetzen kann, z.B. kann kein Mensch den Zufall wirklich simulieren und auch die Wiedergabe von Verteilungsfunktionen sind nicht gerade eine menschliche Stärke. Wenn ein System solche Regeln verwendet, dann kann man es nicht wirklich transzendieren ohne was zu verlieren.

Umgekehrt wird meines Erachtens ein Schuh draus. Die menschliche Intuition wird nur deshalb und nur solange durch den Zufall ersetzt, wie sie selbst nicht genau weiß, was sie will. Wenn die genannte kritische Masse erreicht ist, ist die menschliche Intuition dem Zufall jederzeit überlegen. Das gilt natürlich nur für story-orientiertes Spiel. Der Sandboxer braucht den Zufall unbedingt und bejubelt ihn ja sogar, wenn er zu Langeweile führt. :P

Die Erfahrung lehrt ja übrigens, dass wir hier in Wirklichkeit vor allem über Freiform-Kämpfe vs. Nicht-Freiform-Kämpfe reden. Politische Intrigen oder persönliches Drama ohne oder fast ohne Würfel/Regelanwendungen zu spielen, ist meinem Eindruck nach eher die Regel als die Ausnahme (ungeachtet der diesbezüglichen Grabenkämpfe). Andererseits sind viele bei Rollenspielern beliebte Genres sehr action- und kampflastig. Solche Szenen wollen viele Rollenspieler sehen, sie sollen viel "Screentime" im Spiel einnehmen und sie sollen auch spannend sein. Und das erreicht man mit interessanten, ausgewogenen, optionsreichen Kampfregeln spielend (pun intended 8)). Mit Freiform ist das für viele relativ schwer vorstellbar, ohne in Redundanz, Vorhersehbarkeit und/oder Albernheit abzugleiten.

Ich habe ja mit Danger Zone den Versuch unternommen, für Actionszenen ein Regelwerk zu schaffen, das bereits den "freiformigen" Ablauf in sich trägt. Also weniger kleinteilig ist, eine ingame länger dauernde Sequenz erzählt, seinen Abwechslungsreichtum aus fiktionalen Details, einer sich wandelnden Situation und dem persönlichen Stil der Akteure zieht, und schnell und oft "entscheidende" Momente (im dramaturgischen, nicht im taktischen Sinne) produziert. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Löwenanteil an solchen Szenen Eigenleistung der Spielenden bleibt. Oftmals ist der größte Beitrag eines Regelwerks, nicht im Weg rumzustehen und trotzdem Halt zu bieten.
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Offline Maarzan

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #26 am: 26.08.2013 | 17:59 »
Ohne Regeln gibt es nicht. Irgendwo ist eine Entscheidung zu treffen. Die Frage ist nur wie.
Formelle Regeln sorgen dafür, das eine Menge nicht Stück für Stück ausgehandelt werden müssen - und das eigentlich immer wieder. Dazu ermöglicht es den Leuten eine Menge sich vor dem Spiel anzueignen und nicht im Spiel ständig vor Überraschungen zu stehen. Rollenspiel lebt für mich von den Entscheidungsmöglichkeiten der Spieler für ihre Charakter - und diese Entscheidungen brauchen eien verlässliche Basis um eien Bedeutung zu haben.

Auch Kompromisse sind so schwierig, da diese typischerweise daraus bestehen mal was zu bekommen und mal nachgeben zu müssen, was obsolet ist, wenn das jedesmal neu bei 0 beginnen müßte.

"Regellos" habe ich bisher unter den folgenden Umständen erlebt:
"TheOldOnes"- Eigentlich nicht regellos, sondern unter Leuten, welche jahrelang zusammengespielt haben und das Erinnerungsgefühl quasi als gemeinsame Leitlinie hatten und sich die nicht mehr so sauber erinnerten Details und ggf Arbeit ersparen wollten.
"Beer n´Prezel" - Den Leuten war eigentlich egal was vor sich ging. Es ging nur um kurzweiligen eher albernen Zeitvertreib mit klar begrenzter Zeit und Beteiligung.
"Diktator" - ein erfahrener Spieler zieht alles an sich. Wenn das dann aber nicht mit Regeln untermauert wurde, z.B. weil es zunächst nur eien schnelle Einführung sein sollte, zeigte sich dann doch eher schneller als später die Abgründe so einer Spielweise in Form völliger Dominanz und Bevormundung bis zur ggf dann kommenden Revolte.
"Chaos" - ohne oder mit einem schwachen Spielleiter fetzen sich ein oder mehrere Spieler um die Deutungshoheit am Spieltisch.

Missbrauchsmöglichkeiten sind keinerlei Argument gegen Regeln, genauso wie Fehlurteile nicht gegen einen Rechtsstaat sprechen.
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #27 am: 26.08.2013 | 18:01 »
Rollenspiel ist kein Rechtsstaat. ;)
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Offline Boba Fett

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #28 am: 26.08.2013 | 18:44 »
Wie steht ihr dazu?
Als Kinder haben wir uns im Garten die Zeigefinger mit lautem "Peng!" entgegengestreckt und unsere intuitive Art von Rollenspiel ausgeführt? Brauchten wir da Regeln?
Antwort: Manchmal! Wenn Situationen nicht klar waren oder einer nserer Feunde schlicht nicht sterben wollte. Also wurde ausgehandelt, wie lange man liegen bleiben musste, wenn man "erschossen" wurde oder ob man auch zwei Pistolen hatte oder wie das ganze ablief.
Beim Matchbox wurde im Streitfall abwechselnd die Autos gewählt...
Sprich: bei nichteinigkeit schufen wir Regeln.

Im Rollenspiel ist es doch genauso: wenn alles optimal stattfindet, alle sich einig sind dann braucht man prinzipiell keine Regeln - es sei denn man möchte über klare Mechanismen abwickeln.
Interessant wird es, wenn es Uneinigkeiten, Interessenskonflikte über die Ereignisse gibt.

In vielen wirklich gut eingespieten Runden, in denen man sich wirklich gut versteht, in der Einigkeit besteht und dergleichen wird man keine Spielregeln benötigen.
Aber wenn man in einer idealen Welt leben würde, bräuchte man auch keine Polizei. Jeder hat mal einen schlchten Tag, jeder wird mal vor Situationen gestellt, in der er anderer Meinung ist, und manchmal spielt man auch in Runden, die eben nicht aus den selbstlosen besten Freunden besteht.
Und dann sind Spielregeln gut und notwendig.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Thandbar

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #29 am: 26.08.2013 | 18:50 »
die genannte kritische Masse erreicht ist, ist die menschliche Intuition dem Zufall jederzeit überlegen. Das gilt natürlich nur für story-orientiertes Spiel. 

Puh - das weiß ich gar nicht so genau. Ich erinnere mich an einige schöne (Nicht-Kampf-)Szenen, in denen einem Charakter etwas geglückt ist, womit niemand gerechnet hätte. (Zum Beispiel meinem gelbzahnigen, schmierigen Leichendieb, der plötzlich einen kritischen Erfolg beim Flirten hatte.)
Da fühlt es sich schon anders an, wenn der Zufall selber sein Händchen im Spiel hat, als wenn ein SL das so "hinlotst".

Philip K. Dick zum Beispiel hat ja auch gerne mit Zufallselementen gearbeitet, um den Fortgang seiner Story auszuknobeln. Das verhindert, dass man zu leicht in narrative Gewohnheiten reintapst.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

killedcat

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #30 am: 26.08.2013 | 19:01 »
Ich habe früher oft freeform gespielt. Es ist einfach eine andere Art zu spielen. Inzwischen mag ich es allerdings lieber in einem regelleichten System mit spielerischer Betonung zu spielen.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #31 am: 26.08.2013 | 19:06 »
Die menschliche Intuition wird nur deshalb und nur solange durch den Zufall ersetzt, wie sie selbst nicht genau weiß, was sie will.
Was wenn man genau weiß was man will, aber es selbst nicht machen kann? Was wenn ich will, dass andere teilhaben an einer Entscheidung? Was wenn ich will, dass es zufällige Elemente gibt? Was wenn ich will dass eine Regel eingehalten wird, die ich allein nicht einhalten kann? Was wenn ich will, dass mir eine Entscheidung abgenommen wird, wenn ich nicht weiß was ich will?
Zu wissen was man will und es selbst und ohne Hilfsmittel tun zu können sind völlig verschiedene Sachen. Rollenspiel ist nicht perfekt, wenn jeder weiß was er will. Das ist eine gute Voraussetzung, aber das reicht nicht. Wenn das ausreichend wäre, dann wäre Rollenspiel nicht mehr kreativ, dann macht einfach jeder genau das was er will. So funktioniert es nicht.

Ich glaube auch nicht, dass dies unbedingt mit Story-Spiel zusammenhängt. In dieser Spielweise mag das "Wissen was man will" wichtiger sein, und auch in vielen fällen ausreichend, weil man die Regeln der sozialen Interaktion, die man benötigt, leicht verinnerlichen kann. Aber wer sagt dass jeder eine Story will, die nur aus intuitiver Interaktion von eingespielten Spielern emergiert? In realen Settings in denen es sogar explizit erwünscht ist Story zu produzieren (Film, Fernsehen, Bücher etc.) gibt es viele Einflüsse von außen, die der Kontrolle der Leute die genau wissen was sie wollen entzogen sind. Da gibt es Produzenten, Budgets, Unfälle, Zufälle, die letztlich alle zum Ergebnis beitragen. Natürlich kann man den Standpunkt vertreten, die beste Geschichte wäre dabei raus gekommen, wenn es diese Einflüsse nicht gegeben hätte. Aber da kann man auch anderer Meinung sein. Wie wir wissen gibt es den völlig freien kreativen Prozess eben nicht.

Offline Bad Horse

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #32 am: 26.08.2013 | 19:18 »
Da fühlt es sich schon anders an, wenn der Zufall selber sein Händchen im Spiel hat, als wenn ein SL das so "hinlotst".

Du hast Vermi nicht verstanden - es geht nicht darum, dass ein Spieler irgendwas "hinlotst", sondern dass die ganze Gruppe einen intuitiven Konsens über die weitere Entwicklung findet - ohne dass man ein Zufallselement oder eine größere Diskussion bräuchte, um diesen Konsens zu finden.

Wir haben eine SL-lose Freeform-Gruppe, in der dieser intuitive Konsens meistens hervorragend funktioniert - nur hin und wieder bemühen wir ein Zufallselement (das Itras-By-Kartendeck mit mehr "Nein"s). Das hat auch schon zu sehr drastischen Situationen geführt, aber nur deshalb, weil allen sehr schnell klar war, wie dieses Element umzusetzen ist.

Wenn aber die Gruppe nicht so sehr auf einer Wellenlänge schwimmt wie diese Runde, dann werden mehr Regeln benutzt, damit ein greifbareres Gerüst da ist als "Wir wollen diese und jene Stimmung haben".
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Offline Slayn

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #33 am: 26.08.2013 | 19:19 »
Antwort: Manchmal! Wenn Situationen nicht klar waren

... eben jenes.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #34 am: 26.08.2013 | 19:38 »
Da fühlt es sich schon anders an, wenn der Zufall selber sein Händchen im Spiel hat, als wenn ein SL das so "hinlotst".

Philip K. Dick zum Beispiel hat ja auch gerne mit Zufallselementen gearbeitet, um den Fortgang seiner Story auszuknobeln. Das verhindert, dass man zu leicht in narrative Gewohnheiten reintapst.

Wer spricht denn davon, dass der SL irgendwas "hinlotsen" muss? So, wie ich Freiform spiele, kommt längst nicht jede Entscheidung vom SL.

Und dass Philip K. Dick ein elender Sandboxer war, überrascht ja wohl niemanden. ;D

Was wenn man genau weiß was man will, aber es selbst nicht machen kann? (…) Zu wissen was man will und es selbst und ohne Hilfsmittel tun zu können sind völlig verschiedene Sachen.

Diese Rolle, diesen interaktiven Part, übernehmen beim Freiform eben (allein) die Mitspieler. Regeln oder Zufallselemente können sie natürlich auch übernehmen, das ist ja legitim. Nur können es in den Konstellationen, von denen ich spreche, die Mitspieler besser.
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Offline Thandbar

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #35 am: 26.08.2013 | 19:54 »
Wer spricht denn davon, dass der SL irgendwas "hinlotsen" muss? So, wie ich Freiform spiele, kommt längst nicht jede Entscheidung vom SL.

Ach, darauf wollte ich gar nicht hinaus. Aber wenn die Idee von mir gekommen wäre oder sie im gemeinsamen Konsens spontan entstanden wäre, hätte es mich ja nicht überraschen können. Und selbst wenn der SL versucht hätte, mich zu überraschen, hätte es sich nicht gleich angefühlt.

 
Damit will ich Freiform übrigens nicht schlechtreden, aber ich denke, dass alles so seinen Platz hat.
Zufall wird in der Kunst ja immer wieder eingesetzt mit dem Zweck, alte Normen und Muster zu durchbrechen. Insofern würde ich schon sagen, dass der Würfelwurf auch ein stark kreativitätsförderndes und nicht nur ein die Phantasie hemmendes Element hat.

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Offline Dr.Boomslang

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #36 am: 26.08.2013 | 19:54 »
Nur können es in den Konstellationen, von denen ich spreche, die Mitspieler besser.
Es gibt aber Sachen die können die Mitspieler nicht besser können. Externe Einflüsse können niemals von innen kommen. Ein Mensch ist auch niemals ein besserer Würfel. Es gibt auch explizite Prozesse, die niemals durch implizite ersetzt werden können.
Wer alles internalisieren kann was er braucht, ob einzeln oder als Gruppe, der kann natürlich darauf hin trainieren. Allerdings muss man sehen, dass es da in letzter Konsequenz andere Möglichkeiten gibt.

Also im Extremfall sowas:
Für mich wieder ein Hinweis darauf, daß Freiform und Würfellos vielleicht sogar andere Hobbies sind.

Offline Lord Verminaard

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #37 am: 26.08.2013 | 20:01 »
Dem widerspreche ich ja gar nicht. Damit ist aber noch überhaupt keine Aussage darüber getroffen, welcher von beiden Ansätzen für eine gegebene Gruppe zu einem gegenen Zeitpunkt die besseren Ergebnisse produziert. Allein darauf bezogen sich meine Posts.
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ErikErikson

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #38 am: 26.08.2013 | 20:20 »
Auf meinem Blog habe ich vor kurzem drüber geschrieben: In seinem besten Rollenspielwerk, Amber Diceless, regte Erick Wujcik bei den Spielleitertips an, die Regeln komplett über Bord zu werfen. So leitete er nämlich mehr als 20 Jahre lang seine Amber-Runden.

Das Setting behalten, sich auf das Spielen der Charaktere und ihre Verhältnisse zueinander konzentrieren und die Regeln über Bord werfen? Der Spielleiter entscheidet, was klappt, dabei versucht er immer, fair zu sein.

Ich persönlich spiele am allerliebsten so. Ich habe nichts gegen etwaige Ausflüge in Retro-Gefilde, aber mein Modus Operandi als Spielleiter ist ganz eindeutig das, was Erick auch selbst betrieben hat.

Wie steht ihr dazu?

Liebe Grüße
Norbert


Ja. ist ne gute Sache. Möcht ich nicht immer spielen, aber oft genug. Geht aber nur, wenn die Spieler alles "Drama"-Spieler sind, also solche, denen es um das gemeinsame Erzählen einer Story geht. Sowohl Simulationisten wie auch Powergamer, Asskicker und sonstige auf Regeln angewiesene Spielertypen werden das o.g. hassen.

Offline Praion

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #39 am: 26.08.2013 | 20:23 »
Ja. ist ne gute Sache. Möcht ich nicht immer spielen, aber oft genug. Geht aber nur, wenn die Spieler alles "Drama"-Spieler sind, also solche, denen es um das gemeinsame Erzählen einer Story geht. Sowohl Simulationisten wie auch Powergamer, Asskicker und sonstige auf Regeln angewiesene Spielertypen werden das o.g. hassen.


Es mag gar Drama Spieler geben die auf Regeln "angewiesen" sind.
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ErikErikson

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #40 am: 26.08.2013 | 20:28 »
Es mag gar Drama Spieler geben die auf Regeln "angewiesen" sind.

Sicher. Wenn ich eins hier gelernt habe, dann, das jeder spielertyp sich beliebig weit aufspalten lässt. Der Dramaspieler mit und ohne regeln. Der Dramaspieler mir Regeln mit und ohne Charaktertod. Der Dramaspieler mit Regeln und ohne Charaktertod und mit PE....und so weiter.

Das geht dann so weit, bis man beim Individuum angekommen ist.Deshalb wird auch so wenig gespielt und so viel in Foren gepostet.  

Sorry, kleiner Scherz. Ich weiss, dein absolutes Lieblingsspiel ist Mouseguard und jenes ist ein Dramaspiel, das schwer auf Regeln basiert. Ich wollt dir nicht zu nahe treten. Aber du würdest doch trotzdem auch regelloses Drama spielen, oder? 
« Letzte Änderung: 26.08.2013 | 20:29 von ErikErikson »

Offline Praion

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #41 am: 26.08.2013 | 20:30 »
Sorry, kleiner Scherz. Ich weiss, dein absolutes Lieblingsspiel ist Mousguard und jenes ist ein Dramaspiel, das schwer auf Regeln basiert. Ich wollt dir nicht zu nahe treten. 

Burning Wheel eigentlich aber dicht genug dran.
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #42 am: 26.08.2013 | 20:33 »
Es mag gar Drama Spieler geben die auf Regeln "angewiesen" sind.

Widerspricht zwar meiner Erfahrung und meinen Instinkten, aber ich will es nicht ausschließen.

Ich brauche für Drama eine intensive emotionale Ebene, und die fühlt sich gestört, wenn Regeln nicht vollkommen intuitiv ins Geschehen einfließen - heißt, dass alle die Regeln so intuitiv einfließen lassen, dass sie sich eben organisch anfühlen.

Das ist nun extrem schwammig, das sehe ich ein. Aber um eine intensive emotionale Ebene durch spontane Fiktion zu erreichen, müssen halt ziemlich viele Knöpfe gedrückt werden, damit da niemand herausgerissen wird - und Emotionen und ihre Manipulation sind ein echt schwammiges Gebiet.  :)

Praion, ist das Drama, von dem du redest, auch etwas, dass auf einer so wenig rational fassbaren Ebene liegt? Oder gestaltet sich das ganz anders?
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #43 am: 26.08.2013 | 20:45 »
Praion, ist das Drama, von dem du redest, auch etwas, dass auf einer so wenig rational fassbaren Ebene liegt? Oder gestaltet sich das ganz anders?

Kannst du das näher definieren? Ich bin nicht sicher ob ich ganz verstehe was du fragst.
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #44 am: 26.08.2013 | 20:48 »
Kannst du das näher definieren? Ich bin nicht sicher ob ich ganz verstehe was du fragst.

Bei einem Drama-Spiel steuert man gezielt, mit Spaß daran und Emotion dahinter, auf einen Konflikt zu.
Es gibt Spiele, bei denen die Regeln dies übernehmen, andere, bei denen es bei den Spielern liegt.
Ich hatte dich, Praion, so verstanden dass du meinst es gäbe Spiele bei denen es über die regeln klappt, dramatisch und blutig werden kann, somit nachher die Spieler sich nicht gegenseitig Ressentiments an den Kopf werfen können (es waren ja die regeln), während das Böse Pferd dies nicht ganz glauben kann.
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #45 am: 26.08.2013 | 21:09 »
Bitte? Wo hab ich irgendwas von Ressentiments gesagt?  :o

@Praion: Für mich wird es immer dann ganz besonders dramatisch, wenn es so richtig emotional wird - ein Vater-Sohn-Gespräch, während einer oder beide im Sterben liegen; die Erkenntnis, dass man den Regeln gemäß seinen besten Freund hinrichten muss; eine Kreuzigung, um die Menschheit zu erretten. Solcher Kram halt. Da tu ich mir schwer damit, dass mit dem Konsultieren von Regeln in Einklang zu bringen.

Ist das irgendwie verständlicher?
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #46 am: 26.08.2013 | 21:15 »
Bitte? Wo hab ich irgendwas von Ressentiments gesagt?  :o

Hast du nicht, aber Praion hatte Burning Wheel erwähnt, wo bestimmte, zu Drama führende Handlungen, über Regeln abgewickelt werden. Davon kann man auch ein paar Sachen ableiten.
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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #47 am: 26.08.2013 | 21:17 »
Ich finde Vermis Beschreibung von Polaris sehr spannend. Ich hätte gesagt: Du wirst nicht frei spielen, nie. Wahrscheinlich meinen wir sogar das Gleiche.

Offline Arldwulf

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #48 am: 26.08.2013 | 21:21 »
Ich habe jahrelang ohne Regeln gespielt und so auch eigentlich erst richtig mit dem Rollenspiel angefangen. Bis ich ein echtes System hatte hat es Jahre gedauert, bis ich es regellosem Spiel vorzog noch länger. Wenn überhaupt. Und ich mag es immer noch, diese Spielweise hat viele Vorteile. Doch etwas fehlt ihr auch, und ist der Grund warum ich heute lieber mit fixen Regeln spiele: Inspiration.

Regeln können und sollten inspirieren, sollten aufzeigen was möglich ist. Heute betrachte ich Regeln weniger als Käfig denn als Stab der der Planze nach oben hilft. Über diese Inspiration hinauszugehen ist immer möglich, doch für kreatives Spiel sind Regeln oft sehr hilfreich, können etwas sein auf dem die Hintergründe der Charaktere und die Geschichte aufbaut.
« Letzte Änderung: 26.08.2013 | 21:22 von Arldwulf »

alexandro

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Re: Die Regeln über Bord werfen
« Antwort #49 am: 26.08.2013 | 22:55 »
Zitat
Heute betrachte ich Regeln weniger als Käfig denn als Stab der der Planze nach oben hilft.

Schön gesagt. Hatte auch schon im Rollenspiel die absurdesten Situationen, welche niemals zustande gekommen wären, hätte ich alles nur würfellos (und konventionsfrei) entschieden.

Regeln liefern den "creative constraint" für wirklich tolle Spielerlebnisse.

Im Rollenspiel ist es doch genauso: wenn alles optimal stattfindet, alle sich einig sind dann braucht man prinzipiell keine Regeln - es sei denn man möchte über klare Mechanismen abwickeln.
Interessant wird es, wenn es Uneinigkeiten, Interessenskonflikte über die Ereignisse gibt.

Sehe ich genauso.

Natürlich basieren diese Regeln (wie eigentlich alle Regeln, auch die im richtigen Leben) auf sozialen Absprachen, Normen und Prestige. Natürlich ist keiner an diese Regeln "gebunden" und kann sie ignorieren, die Frage ist, warum er das tut. Ich habe genauso als SL (und auch als Spieler) die Freiheit, jede Regel zu ignorieren, wie ich beim Schach die Freiheit habe, den König über das ganze Feld zu ziehen, die Bauern diagonal laufen zu lassen oder meine Warhammer-Figuren das Spielbrett betreten zu lassen. Wer soll mich denn davon abhalten?

Die Frage ist weiterhin: was will ich damit erreichen? Was für ein Spiel spielen wir dann eigentlich? Will ich gewinnen um jeden Preis (egal was die anderen denken)? Will ich die anderen Spieler durch diesen unvorhersehbaren Zug unter Druck setzen und Spannung aufbauen? Bin ich der Meinung, dass Schach durch die Existenz bretonischer Füseliere bereichert wird? usw. usf.
Und wie denken meine Mitspieler über diesen Anspruch (ist mir deren Meinung überhaupt wichtig)?
Alle diese Fragen können darüber entscheiden, ob eine bestimmte Entscheidung gerechtfertigt ist, oder nicht.

z.B. habe ich selber die Flowchart aus Theatrix ziemlich schnell über Bord geworfen (und durch Tarot-Karten oder dass Ideen-Deck ersetzt). Meine Begründung war, dass die Entscheidungsknoten der Flowchart zu binär sind und mich nicht inspirieren. Also raus damit. Da die Spieler von der Flowchart-Regel ohnehin nicht explizit was mitkriegen (auch wenn es auf Dauer sehr transparent wird) gab es auch keinen Protest, auch wenn der Unterschied durchaus bemerkt wurde (insgesamt waren die Spieler auch der Meinung, dass sich die Story nach der Änderung "organischer" anfühlte).

Ein anderes Mal hab ich bei Vampire die Menschlichkeitsregeln komplett über den Haufen geworfen. Da bekam ich dann ordentlich Gegenwind von einem Spieler, welcher die alte Regelung mochte (ich denke immer noch, dass die Änderung für die Chronik gut gewesen wäre, aber das Ereignis hat mir auch gezeigt, dass es eine schlechte Idee ist, Regeländerungen (denn nichts anderes ist regel"loses" Spiel - eine Änderung) gegen den Willen der Spieler durchdrücken zu wollen).