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Welchen Spielsinn haben Gesinnungen beim Old School?

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Der Rote Baron:
Es geht mir um folgendes:

Ich leite seit einigen Jahren eine Labyrinth Lord - Advanced Ediotion Companion- Runde (vulgo: AD&D 1 mit Hausregeln). Die Spieler haben schon je einen (oder mehrere Charaktere durch und sind nun so zwischen 6 bis 9 Stufe und z.T. sehr kampfstark (Zwergenkämpfer der 8. Stufe mit Kon 20 (=Regeneration!), Riesenkraftgürtel (doppelter Schaden) und über 100 TP so als Highlight - war aber so gewollt bzw. regulär zusammengeplündert). Erfahrung gibt es klassisch für Gold und tote Kreaturen.

Nun ist mir beim Spielen aufgefallen, dass alle Charaktere, egal ob angeblich rechschaffen, neutral oder chaotisch (nur drei Gesinnungen) praktisch völlig identisch agieren und argumentieren, wenn es um die Moral geht:
Da werden sich ergebene Gegner getötet, Eide nach Lust und Laune ausgelegt, aber auch Freunden in Not geholfen, ohne nach dem Eigennutz zu fragen. Und Verabredungen mit Auftraggebern werden eingehalten.

Als ich von so einem Massaker von fliehenden Steinriesen (zumal der Kampf unnötig gewesen wäre) die Schnauze voll hatte, wurde mir sehr berechtigt vorgehalten:
1) Das ist Old School - keiner gibt dir hier was umsonts. man muss es sich nehmen. Also tun wir das.
2) Taktisch agieren tun wir, aber Steinriesen schaffen wir inzwischen. Da müssen wir uns nicht den Kopp machen (war tatsächlich ziemlich einfach, und die Riesen standen gut und waren nicht schwach!).
3) Es gibt EP für Montser und Gold. Das Gold ist bei den Monstern. Die geben uns das nicht freiwillig. Also: Kill the monsters and take their treasures!

Ich halte das alles für sehr einleuchtend. Ich geb nun (wieder) Grunderfahrung und EP für "überwundene" (ausgetrickste, umgangene etc.) Gegner, aber ich will auf gar keinen fall EP für "gesinnungsgemäßes Spiel" geben - als Lehrer gebe ich die ganze Wochen Noten, das muss ich dann nicht auch noch in der Freizeit bei Freunden machen (unbeschadet besonderer Gratifikationen bei ungewöhnlich passsenden Aktionen - aber nicht als verlässliche Vergabe).

Das die Situation, nun zum Thema:
Gesinnungen sind m.M n. weitgehend obsolet. Die Gruppe hält zusammen (ob R, N oder C) und hat keine spielimmanente Motivation, sich nach einer Gesinnung zu richten. Man hält Absprachen, man täuscht Feinde und man hat keinen Vorteil, etwas anderes zu tun. Paladine kriegen einen auf den Hut, wenn sie nicht "rechtschaffend dumm" spielen, die meisten Chaotiker würden entweder noch im Abenteuer verklappt oder sich danach von wegen Freiheit des Individuums verziehen. Und den Neutralen wäre eh alles ziemlich Pappendeckel.

Ich möchte das Konzept nun aber auch nicht unbedingt kippen - doch wie kann man es spielgewinnend und auch regeltechnisch unterstützt ins Spiel sinnvoll einführen? Wie haltet ihr das?

Und, nein, mir geht es nicht um "Rechtschaffende werden besser angesehen und Chaoten aus dem Land gejagd", denn erstens stimmt das so nicht und zweitens hieße das: "Ihr dürft euch alle eine Gesinnung aussuchen - sie heißt Rechtschaffen!"

Horatio:
Hm.. in oDnD mit seinen drei Gesinnungen sehe ich noch einen - mitunter mechanischen - Sinn. Magische Gegenstände und Zauber hängen teilweise von der Gesinnung ab. Bspw. Böses Erkennen. Ich bin da nicht so drin, aber ich glaube da gibt es noch mehr Beispiele wo an die Gesinnung Regeltechnisch angeknüpft wird (möglicherweise bei der sozialen Interaktion zwischen unterschiedlichen Gesinnungen?)? Ebenso hat jede Gesinnung ihre Geheimsprache.

Ist das viel? Nö. Hat es Einfluss auf das Spiel? Ein wenig. Macht es irgend etwas schlechter oder ist aufwendig in der Handhabung? Nö. Werden die Spieler gezwungen eine bestimmte Gesinnung zu nehmen? Nö, da hängt ansonsten wenig dran. Insofern kann man es vermutlich auch Entfernen ohne das zuviel verloren geht, etwas geht aber mit.

Wo du natürlich recht hast ist, dass es als moralischer Kompass / Motivation vollkommen unsinnig ist. Auf die Spitze der spielstörenden Nichtnotwendigkeit wurde das dann mit ADnD2nd getrieben, wo die Gesinnung überwiegen dann ins Spiel kam, wenn man einem Spieler falsches Chrakterverhalten vorgeworfen hat :P. Wenn mich nicht alles täuscht, hat da DnD4 wieder zurückgerudert auf drei Gesinnungen?


Naja meine OSR Erfarhung ist begrenzt, insofern würden mich zu dem Thema natürlich Meinungen von Cracks sehr interessieren :). Gerne auch wie andere OSR Spiele damit möglicherweise umgehen :).

bobibob bobsen:
Bei AD&D kostet Aufsteigen Geld und zwar in Abhängigkeit deiner dir vom Spieleleiter gegebenen Rollenspielnote in diese wiederum spielt natürlich auch
das gesinnungskonforme spiel.

Einer der Gründe warum ich ohne Gesinnungen spiele. Schubladendenken finde ich mist.

Maarzan:
Ich denke das zeigt nur dass generell globale soziale Wertmaßstäbe in nicht integrierten Sozialsystemen in der Praxis versagen.

Die Gruppe hat ihren eigenen moralischen Maßstab und der orientiert sich in wie zu erwarten in einer solchen von weiteren sozialen Verbindungen weitgehend isolierten Umwelt am Gruppenwohl:
Praktisch rechtschaffend ist, wer dem Gruppenwohl dient, neutral, welcher es zumindest nicht belastet und im Eigennutz nützlich ist und chaotisch und damit als zu entfernend wird eingestuft, wer dem Gruppenwohl schadet, sei es der übereifrige Paladin oder der kumpelbestehlende Dieb.

Das wird sich dann ändern, wenn es angemessen, nachvollziehbar und plausibel erscheinende Reaktionen aus dem gesellschaftlichen Umfeld kommen. Reaktionen ohne die Adjektive, also Erziehungsmaßnahmen werden dann wohl eher Trotz und Widerstand hervorrufen und das Ganze komplett entgleisen lassen. In wie weit die SC noch in Reichweite solcher Maßnahmen sind, wäre zu prüfen. Klar gibt es immer wieder noch ein paar mächtigere Wesen oder Gruppierungen, aber auch deren Motivation und Risiko eines Eingreifens müsste den Kriterien entsprechen.
 

Tudor the Traveller:

--- Zitat von: Der Rote Baron am 30.03.2014 | 11:58 --- aber ich will auf gar keinen fall EP für "gesinnungsgemäßes Spiel" geben


Ich möchte das Konzept nun aber auch nicht unbedingt kippen - doch wie kann man es spielgewinnend und auch regeltechnisch unterstützt ins Spiel sinnvoll einführen? Wie haltet ihr das?

--- Ende Zitat ---

Irgendwo wirst du den Hebel ja ansetzen müssen. Sprich: die Gesinnung braucht Relevanz. Ob in der Form von XP oder als mechanische Hürde für den Einsatz von Magie usw.

Mein Vorschlag wäre, mit den Spielern gemeinsam ein paar Punkte für jede Gesinnung konkretisieren, die die Spieler aktiv anspielen können. Dafür gibts dann XP.

Ich bin mit den Oldschool-Dingen jetzt leider nicht vertraut, meine Vorschläge basieren auf späteren D&D Inkarnationen:

z.B. Rechtschaffen: einen Vertrag oder ein Versprechen eingehalten

chaotisch: Regeln gewinnbringend gebrochen

neutral: zwischen zwei entgegengesetzten Parteien vermittelt

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