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[Gumshoe] Smalltalk

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Ginster:
Ich denke, an Chiarinas Gedanken ist schon was dran.

Ich glaube, die Probleme sind bereits viel früher entstanden: Es gab die Spieler, die gekommen sind, um Rollenspiel zu betreiben und mich, der ein bestimmtes Rollenspiel leiten wollte. Das System schien der Gruppe mehr im Weg zu stehen, als das Spiel zu unterstützen. Das investigative Element wurde eher als störend und "nicht zum Genre passend" empfunden.

Die Charaktere waren meist starke Persönlichkeiten mit deutlichen Charakterzügen und Weltbildern, die umfassende GUMSHOE-Fertigkeitenliste (und den Einsatz dieser im Spiel) wurde offenbar als Ballast empfunden.

Scimi:

--- Zitat von: Chiarina am 15.05.2017 | 00:34 ---Viel wichtiger finde ich: Meine Gesprächspartnerin hat ja keine Railroading-Vorwürfe geäußert. Es klang bei ihr nur so, als ließe das flotte Checken der clues relativ wenig Gelegenheit für Zwischenmenschliches und Drama übrig.

--- Ende Zitat ---

Das habe ich so auch als Hauptproblem verstanden.

Daher sind die GUMSHOE-Regeln für mich als Faktor raus - an den Mechanismen, am Würfeln, an dem Investieren von Poolpunkten, mit dem sich viele schwer tun, hat das Problem ja anscheinend nicht gelegen.

Ich würde aber auch die GUMSHOE-Abenteuerstruktur herausnehmen. Denn das ist (wie eben ein Dungeonplan) im Prinzip nur ein Werkzeug für den SL, seine Informationen und seine Abenteuerhandlung zu organisieren und konsistent zu halten. Es geht ja nicht einfach darum, die Hinweise abzuhaken. Das ist nur der Rote Faden, der dem SL hilft, die Haupthandlung zu lenken.


Wenn ich es richtig sehe, ist das Problem, dass diese rohe Abenteuerstruktur zu deutlich durchgeschienen ist und vom Erleben einer Geschichte abgelenkt hat. Damit ist es nicht unbedingt ein GUMSHOE-Problem, sondern hat meiner Meinung nach damit zu tun, dass der SL ein anderes Spiel spielt als die Spieler:


--- Zitat von: Ginster am 15.05.2017 | 17:19 ---Es gab die Spieler, die gekommen sind, um Rollenspiel zu betreiben und mich, der ein bestimmtes Rollenspiel leiten wollte.
--- Ende Zitat ---

This. Den Spielern war offenbar das System eher unwichtig, während der SL besonders das System betont hat. Und anscheinend nicht nur das System, was für die Spieler relevant ist, sondern auch das System, nach dem GUMSHOE Abenteuer strukturiert und was die Spieler womöglich überhaupt nicht sehen wollten.


--- Zitat von: Ginster am 15.05.2017 | 17:19 ---Das investigative Element wurde eher als störend und "nicht zum Genre passend" empfunden.
--- Ende Zitat ---

Das ist halt die Voraussetzung, von der GUMSHOE ausgeht: Dass von Seiten der Spieler bzw. der Charaktere ein gewisses exploratives Interesse, eine Neugierde vorhanden sind. Dass der Gruppe klar ist, dass sie, unabhängig von dem ganzen Drumherum, eine Art von "Ermittler" in einer Art von "Fall" spielen, die gefundenen Hinweisen folgen.

Ich war ja nun nicht dabei und kenne auch die beteiligten Personen überhaupt nicht. Aber so wie ich es mir vorstelle, könnten 2 Dinge passiert sein:

1) Die Gruppe war an sich gut dabei, die Geschichte zu spielen und der SL hat vielleicht ein wenig zu sehr die mechanische Funktionsweise der ganzen Ermittlung betont.

2) Die Gruppe hat eher Richtung Sandbox gespielt, ohne sich besonders um die Ermittlung zu kümmern. Der SL hatte das Gefühl, die Spieler ein wenig auf die Brotkrumenspur aus Hinweisen stoßen zu müssen und das Ausspielen von für den Fall unwichtigen Aktionen etwas kurz zu halten.


Wobei ich zumindest auch bei "The Murderer of Thomas Fell" ("Operation Antler" kenne ich nicht) sagen muss, dass ich dieses Abenteuer als sehr "schnitzeljagig" in Erinnerung habe und es weder spielen noch leiten wollte. Da machen es z.B. die NBA-Oneshots sehr viel besser, neben der reinen Hinweisliste auch eine interessante Geschichte anzubieten, bei der die Charaktere viel Gelegenheit haben, sich in die Szenen einzubringen.

Chiarina:
Scimi, ich stimme allem zu, nur hier möchte ich noch eine kleine Anmerkung machen:


--- Zitat von: Scimi ---Ich würde aber auch die GUMSHOE-Abenteuerstruktur herausnehmen. Denn das ist (wie eben ein Dungeonplan) im Prinzip nur ein Werkzeug für den SL, seine Informationen und seine Abenteuerhandlung zu organisieren und konsistent zu halten. Es geht ja nicht einfach darum, die Hinweise abzuhaken. Das ist nur der Rote Faden, der dem SL hilft, die Haupthandlung zu lenken.
--- Ende Zitat ---

Die Gumshoe Abenteuerstruktur betont die clues und insbesondere die core clues. Außerdem finden sich im Regelwerk Hinweise darauf, dass mit dem Finden eines clues bzw. core clues die Szene ihren (investigativen) Zweck erfüllt hat. Angestrebt wird ein flottes, nach vorn drängendes Spiel. Üblicherweise finde ich das auch prima so. Szenen können aber auch andere Funktionen haben (sie können beispielsweise geeignet sein um Charakterdrama hervorzurufen). Diese Funktionen werden von der Abenteuerstruktur nicht unterstützt (auch wenn es immerhin ein paar Regeln in dieser Richtung gibt). Und deshalb schadet es in meinen Augen nicht, bei Gumshoe ein bisschen stärker darauf zu achten, dass noch etwas mehr geschieht, als clues abklappern.

Deinen Hinweis auf die NBA-Oneshots finde ich übrigens absolut getroffen. In "Excess Baggage" wird überhaupt nicht investigativ gehandelt. Das kurze Demo startet mit einer Verfolgungsjagd und endet mit einem Kampf. Das ist reine Action, bei der eine Gruppe aber schon mal ausprobieren kann, ob sie es schafft, das Regelskelett mit seinen Tests und Poolpunkten mit einer thrillermäßigen Erzählung anzureichern. Ich habe mit "Excess Baggage" angefangen und hätte ich die Regeln nicht gekannt, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass bei Gumshoe Investigation im Mittelpunkt steht.

Scimi:

--- Zitat von: Chiarina am 15.05.2017 | 20:46 ---Die Gumshoe Abenteuerstruktur betont die clues und insbesondere die core clues. Außerdem finden sich im Regelwerk Hinweise darauf, dass mit dem Finden eines clues bzw. core clues die Szene ihren (investigativen) Zweck erfüllt hat. Angestrebt wird ein flottes, nach vorn drängendes Spiel. Üblicherweise finde ich das auch prima so. Szenen können aber auch andere Funktionen haben (sie können beispielsweise geeignet sein um Charakterdrama hervorzurufen). Diese Funktionen werden von der Abenteuerstruktur nicht unterstützt (auch wenn es immerhin ein paar Regeln in dieser Richtung gibt). Und deshalb schadet es in meinen Augen nicht, bei Gumshoe ein bisschen stärker darauf zu achten, dass noch etwas mehr geschieht, als clues abklappern.

--- Ende Zitat ---

Völlig richtig. Allerdings soll mir diese Abenteuerstruktur vor allem helfen, in dem Fall den Überblick zu wahren, keine wichtigen Dinge zu übersehen und die Konsistenz zu wahren. Das schließt ja nicht aus, an passender Stelle Szenen zu spielen, die der Atmosphäre dienen, Akzente setzen oder einen Charakter näher beleuchten. Aber so etwas muss man als SL im Spiel abschätzen, es würde nicht viel Sinn machen, das ins Szenario zu schreiben. Und darüber hinaus gibt es ja durchaus ganze Szenentypen, die nicht direkt etwas mit dem Fall zu tun haben, sondern dazu dienen, auf das Verhalten der SCs zu reagieren.

"Excess Baggage" ist natürlich ein etwas minimalisisches Beispiel, weil es effektiv aus einer Verfolgungsjagd und einem Kampf besteht. Aber auch "(S)entries", "The Harker Intrusion" oder "The Van Helsing Letter" bieten eine gute Abwechslung zwischen "Wir müssen herausfinden, was dahintersteckt!" und "Achtung, sie kommen!".

Chiarina:

--- Zitat von: Scimi ---Das schließt ja nicht aus, an passender Stelle Szenen zu spielen, die der Atmosphäre dienen, Akzente setzen oder einen Charakter näher beleuchten. Aber so etwas muss man als SL im Spiel abschätzen
--- Ende Zitat ---

Ja. Es ist nur etwas schwerer, als Spielleiter solche Szenen einzubauen, wenn man dafür die Schilder mit den Hinweisen "Jetzt geht es hier weiter" (vorläufig) ignorieren muss.

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