Autor Thema: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"  (Gelesen 7232 mal)

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dann kann ein ganz einfacher "Flirt" ein ebenso taktischer Kampf sein wie der übliche Waffengang.

Rogue Trader ist z.B. ein Wh40K Spiel das sehr viele Sub-Systeme für sehr viele Situationen bietet. In der Erweiterung "Into the Storm" findet man z.B. die erweiterten Regeln für den Sozialen Konflikt und den Sozialen Kampf, In "Stars on Inequity" finden sich die Regeln für die Familie, die Dynastie, die Kolonien, den großen Fortschritt.

Black Crusade, ebenfalls aus der WH40K Familie bietet neben dem Sozialen Konflikt noch den Glaubenskonflikt, Machtspiele Korruption, Dynastiespiele und Innere Konflikte als Sub Systeme.

Legend of the Five Rings betrachtet praktisch alles als Konflikt und hat für alles taktische Konfliktregeln. Vom einfachen Waffengang, zu Schlachten, zu Duellen, zu Diplomatie, Intrigen, Gerichtsverhandlungen und Liebe.
(Hervorhebung von mir)

Kurz zur Definition von Konflikt:
Zitat von: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Konflikt
Von einem Konflikt (von lat. confligere, „zusammentreffen, kämpfen“; PPP: conflictum) spricht man, wenn Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen oder Staaten miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen (Intergruppenkonflikt).

Übertragen auf das Rollenspiel ist ein Konflikt zwischen zwei Parteien (üblicherweise SCs gegen NSCs) eine Situation in der sich die Ziele der Parteien gegenseitig ausschließen: wenn die SCs gewinnen, dann verlieren die NSCs. Wenn die NSCs gewinnen, dann verlieren die SCs. Die Bedingungen wann welche Partei gewonnen hat sind in den Regeln klar definiert. Eine Auflösung des Konflikts so dass beide Seiten gewinnen ist in den Regeln nicht vorgesehen.

Ich sehe es kritisch, jede Form von sozialer Herausforderung im Rollenspiel auf einen Konflikt zu reduzieren.

Diplomatie mit Konflikt-Regeln bedeutet, dass das Ziel meiner Diplomatie ist, meine Forderungen durchzusetzen und die Gegenseite dadurch zu benachteiligen. Eine Einigung zum gemeinsamen Vorteil ist in den Regeln nicht vorgesehen. (Das ist sicher eine Spielart der Diplomatie - ich bezweifle aber dass es die einzige ist.)

Flirten mit Konflikt-Regeln geht davon aus, dass die Person mit der ich flirte verliert wenn ich Erfolg habe. (Das ist sicher eine mögliche Sichtweise auf flirten, aber ... ähm ... naja.)

Offline 1of3

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #1 am: 16.08.2014 | 09:39 »
Ich stimme dir weitenteils zu, fraglich ist allerdings, woran erkennt man eigentlich, dass Regeln "Konfliktregeln" sind?

Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #2 am: 16.08.2014 | 10:02 »
Du kommst zur falschen Erkenntnis.

Erst mal: Du packst doch sicher keine Battlemap aus, stellst die Charaktere und einen Bauer Horst drauf und dann geschieht nichts. Genau so wirst du beim Smalltalk mit besagten Bauer Horst anfangen auf irgendwelche sozialen Systeme zu würfeln wenn es um nicht mehr als nur Stimmungsspiel geht.

Der Einsatz von Konfliktregeln bedeutet: Es geht um etwas, es sind "Stakes" im Spiel, der Ausgang der ganzen Aktion bedeutet etwas. Hierbei werden Fakten für die Spielwelt erschaffen die später nicht mehr nachverhandelt werden. Die Stakes um die es dabei geht müssen also konkret in der Spielwelt verankert sein und eine Aussage haben.

Beim Waffengang sind die ja relativ klar und gelten für beide Seiten: Tod, Kampfunfähig oder Gefangen. dazu kommt meistens noch der konkrete Grund warum man überhaupt gekämpft hat.

Bei einer Hofintrige geht es dann um: Status, Ansehen, Glaubwürdigkeit und andere konkrete Ziele, wie etwa eine Allianz sprengen oder  einen Keil in eine Ehe treiben.

Wie gesagt, wichtig ist dass sich die Ergebnisse dann in der Spielwelt wiederfinden, auch wenn es nur abstrakt über Werte geschieht.
Der verkackte Flirt-versuch kann Ego-Punkte kosten, was wichtig ist wenn Ego im Spiel abgebildet wird.
Bei Intrige könnte Glaubwürdigkeit mit im Spiel sein die steigt und fällt, je nachdem wie es läuft und einen direkten Einfluss auf die anderen NSC am Hof hat.

[Nachtrag] Wirklich wichtig ist es zu beachten das es dann kein Roadblock Design mehr geben darf. Das ist nur verschärftes Stimmi-Spiel und hat nichts mit Stakes zu tun. Also so Klassiker wie: "Ihr quatscht so lange auf die Wache ein bis sie euch durchlässt" aka "Würfelt so lange auf Überreden bis ihr genug Erfolge habt" oder "Schauspielert mal so lange bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin".
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 10:10 von Slayn »
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #3 am: 16.08.2014 | 10:08 »
@1of3: Gute Frage.

Zum Einen würde ich sagen, wir alle haben ein recht gutes implizites Begriffsverständnis von "Konflikt". Das heißt: wenn ein Regelelement als *-Konflikt bezeichnet wird, dann glaube ich dem erst mal dass es die Sache wirklich als Konflikt abbildet.

Zum Anderen sehe ich folgende Indizien, die auf Konfliktregeln hindeuten:
- Parallele zu Kampf-Regeln / Verallgemeinerung von Kampf-Regeln
- "Ausschalten"/"Besiegen" der Gegenseite als klar definierte Gewinn-Bedingung
- insbesondere in Kombination mit "Lebenspunkten" als Ressource die bestimmt wann eine Partei ausgeschaltet ist (auch wenn die als "Stress-Leiste" oder ähnliches bezeichnet werden)

Offline JS

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #4 am: 16.08.2014 | 10:10 »
Die wenigsten Konflikte oder sonstigen Interaktionen müssen außerdem stets schwarz-weiß bzw. gewinnen-verlieren abgehandelt werden, es sind oftmals auch Grauzonen - die berüchtigten Kompromisse - möglich. Das hängt doch stark von der Gruppe und der Spielleitung ab, ebenso von der Interpretation der Konfliktregeln.
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Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #5 am: 16.08.2014 | 10:13 »
Die wenigsten Konflikte oder sonstigen Interaktionen müssen außerdem stets schwarz-weiß bzw. gewinnen-verlieren abgehandelt werden, es sind oftmals auch Grauzonen - die berüchtigten Kompromisse - möglich. Das hängt doch stark von der Gruppe und der Spielleitung ab, ebenso von der Interpretation der Konfliktregeln.

Klar. So wenig wie ein verlorener Waffengang immer bedeutet das die Charaktere gestorben sind. Da ist kein großer Unterschied zwischen: "Du hast die Wahl: Dein Charakter stirbt oder er wird gefangengenommen" und "Du hast die Wahl: Dein Charakter wird vom Hof verwiesen oder er geht einen Kompromiss ein".
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #6 am: 16.08.2014 | 10:27 »
Erst mal: Du packst doch sicher keine Battlemap aus, stellst die Charaktere und einen Bauer Horst drauf und dann geschieht nichts.
Doch, manchmal schon. Um die Spieler zu verunsichern. Aber das ist ein anderes Thema.

Genau so wirst du beim Smalltalk mit besagten Bauer Horst anfangen auf irgendwelche sozialen Systeme zu würfeln wenn es um nicht mehr als nur Stimmungsspiel geht.

Der Einsatz von Konfliktregeln bedeutet: Es geht um etwas, es sind "Stakes" im Spiel, der Ausgang der ganzen Aktion bedeutet etwas. Hierbei werden Fakten für die Spielwelt erschaffen die später nicht mehr nachverhandelt werden. Die Stakes um die es dabei geht müssen also konkret in der Spielwelt verankert sein und eine Aussage haben.
Genau da widersprechen wir uns: ich glaube es gibt auch Situationen bei denen etwas auf dem Spiel steht (Stakes), die aber nicht unbedingt als Konflikt gelöst werden müssen.

Von den Situationen in denen wir die Regeln auspacken würden sind wir uns doch einig. Meine Kritik ist nur, dass in diese Regeln nur ein Werkzeug enthalten: den Hammer (Konfliktregeln) - und dass deswegen die Spieler jedes Problem wie einen Nagel angehen werden (Konflikt austragen mit dem Ziel den Gegner zu besiegen). Lösungen zum beiderseitigen Vorteil, Kompromisse, Verhandlungen, etc. geben die Regeln nicht her.

Der verkackte Flirt-versuch kann Ego-Punkte kosten, was wichtig ist wenn Ego im Spiel abgebildet wird.
In wie fern bildet das einen Konflikt ab?
Wer ist der Gegner des Konflikts?
Bob flirtet mit Alice. Ist Alice der Konflikt-Gegner von Bob? Warum ist es das Ziel von Alice, Bobs Ego zu schwächen? Was ist das Ziel von Bob? Will er sie wirklich rumkriegen - oder auch nur ihr Ego schwächen?

Ich kann mir durchaus Situationen vorstellen in denen so was passt (Alice und Bob sind Kollegen und konkurrieren um ein Projekt. Morgen ist eine wichtige Präsentation. Alice nutzt die Chance dem Ego von Bob kurz vorher noch einen ordentlichen Knick zu verpassen). Aber ich kann mir mindestens genauso viele Situationen vorstellen in denen das nicht passt (Alice und Bob lernen sich in einer Bar kennen, beide sind grundsätzlich daran interessiert einen passenden Partner zu finden).

Offline JS

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #7 am: 16.08.2014 | 10:29 »
Da ist kein großer Unterschied zwischen: "Du hast die Wahl: Dein Charakter stirbt oder er wird gefangengenommen" und "Du hast die Wahl: Dein Charakter wird vom Hof verwiesen oder er geht einen Kompromiss ein".

Entweder verstehe ich deine Ironie nicht, oder du siehst keine großen Unterschiede, wo ich sehr große sehe, oder du gibst nur Beispiele für körperliche und geistige Konflikte, um den Hinweis auf Kompromisse und Konfliktgemeinsamkeiten noch einmal zu verdeutlichen.
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 10:32 von JS »
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Offline 1of3

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #8 am: 16.08.2014 | 10:39 »
@1of3: Gute Frage.

Zum Einen würde ich sagen, wir alle haben ein recht gutes implizites Begriffsverständnis von "Konflikt". Das heißt: wenn ein Regelelement als *-Konflikt bezeichnet wird, dann glaube ich dem erst mal dass es die Sache wirklich als Konflikt abbildet.

Zum Anderen sehe ich folgende Indizien, die auf Konfliktregeln hindeuten:
- Parallele zu Kampf-Regeln / Verallgemeinerung von Kampf-Regeln
- "Ausschalten"/"Besiegen" der Gegenseite als klar definierte Gewinn-Bedingung
- insbesondere in Kombination mit "Lebenspunkten" als Ressource die bestimmt wann eine Partei ausgeschaltet ist (auch wenn die als "Stress-Leiste" oder ähnliches bezeichnet werden)

Ich glaube, dass ist das Problem und deshalb reden Slayn und du aneinander vorbei. "Konflikt" heißt in unserem Hobby häufig einfach: Es wird gewürfelt. Würfelmechanismen heißen deshalb "Conflict Resolution".

Sozial-Regeln, die quasi mit Lebenspunkten arbeiten, find ich aber auch doof.

Offline Beral

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #9 am: 16.08.2014 | 11:26 »
Ich stimme dir weitenteils zu, fraglich ist allerdings, woran erkennt man eigentlich, dass Regeln "Konfliktregeln" sind?
Beispielsweise an Lebenspunkte-Äquivalenten, die abgearbeitet werden. Am Ende gibt es einen Gewinner, der über den Verlierer bestimmt. FATEs soziale Regeln sind so.

Alternative Regel: Wenn zwei Parteien ein Bündnis eingehen, erhöht sich für beide die Stärke, zum Beispiel um die halbe Stärke des Bündnispartners.

Andere Regel: Wer einer Lebenspartner hat, regeniert Stress schneller und hat mehr Energie. Schöner Anreiz, die Charaktere nicht zu Einzelgängern zu machen.

Andere Regel: Die Beziehungsstärke zu Freunden und Verwandten ist proportional zu der Chance, bei diesen erfolgreich um Hilfe zu bitten. Um diese Regel herum kann man viele Regeln aufbauen, die festlegen, wie die Beziehungsstärke entwickelt wird. Gemeinsame Interessen, geleistete Hilfe, gemeinsamer Feind, gemeinsam überstandene Erlebnisse usw.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline Auribiel

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #10 am: 16.08.2014 | 11:39 »
(Hervorhebung von mir)

Kurz zur Definition von Konflikt:
Übertragen auf das Rollenspiel ist ein Konflikt zwischen zwei Parteien (üblicherweise SCs gegen NSCs) eine Situation in der sich die Ziele der Parteien gegenseitig ausschließen: wenn die SCs gewinnen, dann verlieren die NSCs. Wenn die NSCs gewinnen, dann verlieren die SCs. Die Bedingungen wann welche Partei gewonnen hat sind in den Regeln klar definiert. Eine Auflösung des Konflikts so dass beide Seiten gewinnen ist in den Regeln nicht vorgesehen.

Ich sehe es kritisch, jede Form von sozialer Herausforderung im Rollenspiel auf einen Konflikt zu reduzieren.

Zitat
Von einem Konflikt (von lat. confligere, „zusammentreffen, kämpfen“; PPP: conflictum) spricht man, wenn Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen oder Staaten miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen (Intergruppenkonflikt).


Hervorhebung durch mich. Es gehört also auch zu einem Konflikt, dass man während des "Kampfes" feststellt, dass doch eine gewisse Kompromissbereitschaft zwischen beiden Parteien besteht. Es ist also kein reines "entweder oder", es kann genauso gut ein "wer kann für sich das Beste herausschlagen" sein.


Von den Situationen in denen wir die Regeln auspacken würden sind wir uns doch einig. Meine Kritik ist nur, dass in diese Regeln nur ein Werkzeug enthalten: den Hammer (Konfliktregeln) - und dass deswegen die Spieler jedes Problem wie einen Nagel angehen werden (Konflikt austragen mit dem Ziel den Gegner zu besiegen). Lösungen zum beiderseitigen Vorteil, Kompromisse, Verhandlungen, etc. geben die Regeln nicht her.

Da ich es wirklich nicht weiß: Sagen denn die Konfliktregeln in den gängigen Systemen wirklich aus, dass ein Konflikt immer geführt werden muss, bis eine der beiden Seiten "am Boden" liegt?
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 11:42 von Auribiel »
Feuersänger:
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #11 am: 16.08.2014 | 11:51 »
Ich glaube, dass ist das Problem und deshalb reden Slayn und du aneinander vorbei. "Konflikt" heißt in unserem Hobby häufig einfach: Es wird gewürfelt. Würfelmechanismen heißen deshalb "Conflict Resolution".
Reden wir "nur" aneinander vorbei? (Im Sinne von: wir verwenden den Begriff "Konflikt" unterschiedlich, meinen aber sonst genau das gleiche)

Oder haben wir nicht auch das Problem, dass die universelle Verwendung des Begriffs "Konflikt" auch dazu führt dass unsere Wahrnehmung und Lösungsstrategien stark mit dem Konzept "Konflikt" eingefärbt sind? (Wenn du einen Hammer hast sieht jedes Problem wie ein Nagel aus)


Beispielsweise an Lebenspunkte-Äquivalenten, die abgearbeitet werden. Am Ende gibt es einen Gewinner, der über den Verlierer bestimmt. FATEs soziale Regeln sind so.
Speziell für FATE wurde die Frage hier übrigens schon mal thematisiert: http://www.tanelorn.net/index.php/topic,89607.0.html

Alternative Regel: Wenn zwei Parteien ein Bündnis eingehen, erhöht sich für beide die Stärke, zum Beispiel um die halbe Stärke des Bündnispartners.

Andere Regel: Wer einer Lebenspartner hat, regeniert Stress schneller und hat mehr Energie. Schöner Anreiz, die Charaktere nicht zu Einzelgängern zu machen.

Andere Regel: Die Beziehungsstärke zu Freunden und Verwandten ist proportional zu der Chance, bei diesen erfolgreich um Hilfe zu bitten. Um diese Regel herum kann man viele Regeln aufbauen, die festlegen, wie die Beziehungsstärke entwickelt wird. Gemeinsame Interessen, geleistete Hilfe, gemeinsamer Feind, gemeinsam überstandene Erlebnisse usw.
Diese Ansätze finde ich gut!

Damit Spiel-Tiefe und echte Entscheidungsmöglichkeiten aufkommen, müsste es aber auch entsprechende Nachteile und Kosten geben: Wenn eine Beziehung nur Vorteile bringt, dann ist das ja ein No-Brainer den jeder Spieler nimmt. Womit es dann quasi ein fester Bonus wird den jeder Charakter hat - und der rollenspieltechnisch auch in den Hintergrund rückt.

Eine Beziehung sollte regeltechnisch eine knappe Ressource kosten (Zeit oder Aufmerksamkeit?) und/oder unvereinbar mit anderen Boni sein (Familie vs. Karriere?). Dann gibt es eine echte Auswahl für die Spieler und Möglichkeiten zum Taktieren (lasse ich jetzt meine Beziehung in die Brüche gehen für einen kurzfristigen Boost in einer anderen Sache? etc.)

Hervorhebung durch mich. Es gehört also auch zu einem Konflikt, dass man während des "Kampfes" feststellt, dass doch eine gewisse Kompromissbereitschaft zwischen beiden Parteien besteht. Es ist also kein reines "entweder oder", es kann genauso gut ein "wer kann für sich das Beste herausschlagen" sein.
Ja, aber in dem Moment verlassen mich die Regeln und ich bin auf mich allein gestellt. Es gibt keine Regeln (zumindest in keinem Spiel das ich kenne) die definieren ob und unter welchen Bedingungen der Gegner einen Kompromiss akzeptiert.

Beziehungsweise, wenn du "für sich das Beste herausschlagen" mit Konfliktregeln abbilden willst, dann wirkt das Ergebnis auf mich etwas komisch: "Diplomatie-Stress" beim Gegenüber erzeugen bis wir uns einigen (sein Diplomatie-Wert ist auf 0, mein Verbleibender Diplomatie-Wert ist der Grad an Erfolg den ich für mich raushandeln konnte). Da sehe ich eine Diskrepanz zwischen dem was regelmechanisch passiert und dem was ich mir vorstellen soll was in der Spielwelt passiert. Bzw. es funktioniert höchstens für eine ganz bestimmte Art des Verhandelns.

Da ich es wirklich nicht weiß: Sagen denn die Konfliktregeln in den gängigen Systemen wirklich aus, dass ein Konflikt immer geführt werden muss, bis eine der beiden Seiten "am Boden" liegt?
Nein, das tun sie nicht. Aber es ist die einzige Ende-Bedingung die von den Regeln klar definiert ist. Alles andere kann ich machen, aber es obliegt dann völlig der SL-Willkür / der Logik der Geschichte und nicht mehr den Regeln was passiert.
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 11:55 von Text »

Offline 1of3

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #12 am: 16.08.2014 | 12:03 »
Eine Beziehung sollte regeltechnisch eine knappe Ressource kosten (Zeit oder Aufmerksamkeit?) und/oder unvereinbar mit anderen Boni sein (Familie vs. Karriere?). Dann gibt es eine echte Auswahl für die Spieler und Möglichkeiten zum Taktieren (lasse ich jetzt meine Beziehung in die Brüche gehen für einen kurzfristigen Boost in einer anderen Sache? etc.)

Bei Mountain Witch kann man "Vertrauen" brechen und als Bonus benutzen, um dem anderen zu schaden. Das Spiel haben wir aber nie zum funktionieren bekommen.

Online Sashael

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #13 am: 16.08.2014 | 12:15 »
Aber es ist die einzige Ende-Bedingung die von den Regeln klar definiert ist. Alles andere kann ich machen, aber es obliegt dann völlig der SL-Willkür / der Logik der Geschichte und nicht mehr den Regeln was passiert.
Und wo ist das Problem?  wtf?
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #14 am: 16.08.2014 | 12:27 »
Und wo ist das Problem?  wtf?
Das Problem ist, dass komplexe Regeln für das Lösen von Problemen dazu tendieren diese Probleme als Konflikt zu verstehen.

Wenn du darin kein Problem siehst, woran liegt das?
Hast du kein Problem damit, jedes Problem als Konflikt zu lösen?
Oder siehst du keinen Bedarf, Nicht-Konflikt-Probleme mit komplexen Regeln zu lösen?
Falls letzteres: warum?

Ob man jetzt grundsätzlich Regeln will oder nicht, das ist eine andere Frage. Was mir halt auffällt: Leute die Regeln bevorzugen (gegenüber freiem Erzählen) werden in die Konflikt-Ecke gedrängt.
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 12:28 von Text »

Offline Zarkov

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #15 am: 16.08.2014 | 12:32 »
Bei solchen Sachen lohnt sich halt die Unterscheidung zwischung conflict resolution und task resolution. Halten manche für Tinnef, ist hier aber ganz entscheidend. Es kommt doch, wie immer beim Rollenspiel, darauf an, was man will. Wenn man das Spiel auf Konflikte auslegt, muß man halt auch für die Sachen sorgen, die eben keine Konflikte sind.

Also, im angesprochenen Beispiel:
Flirten mit Konflikt-Regeln geht davon aus, dass die Person mit der ich flirte verliert wenn ich Erfolg habe. (Das ist sicher eine mögliche Sichtweise auf flirten, aber ... ähm ... naja.)

Da gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Die eine wäre „roll dice or say yes“, also wie bei Dogs z.B.: Gibt es einen Konflikt? Wenn nein, gib den Spielern, was sie wollen. Hier also: Wenn die angeflirtete Person, sagen wir, geschworen hat, den Spieler auf ewig zu hassen und sich niemals von ihm betören zu lassen, dann wäre es ein Konflikt. (Blödes Beispiel, aber, he. Der Konflikt könnte allerdings auch mit anderen Personen bestehen, die nicht wollen, daß geflirtet wird. Eine Capulet-Montague-Konstellation oder was weiß ich.) Kein Konflikt? Dann ist der Flirtversuch immer erfolgreich – bei Dogs. Andere Spiele, die auf Konflikte ausgelegt sind, handhaben das anders. Kommt immer darauf an. Soviel zu konfliktorientierten Spielen.

Die andere Möglichkeit ist halt, solche nicht-Konflikte einfach mit dem üblichen System für task resolution abzuhandeln, oder überhaupt nur task resolution vorzuhalten und darauf zu setzen, daß conflict resolution sich dann organisch ergibt. Test, fertig. Gegebenenfalls wiederholen, bis alles geklärt ist.

Das muß immer der Autor entscheiden, wie er das angehen will. Alles auf Konflikte reduzieren und Konflikte für alles erzwingen? Nur Konflikte behandeln und alles andere, das keinen direkten Interessensgegensatz beinhaltet, einfach schenken? Conflict UND task resolution parallel bieten, und eine Unterscheidung davorschalten? Nur task resolution und bei tatsächlichen Konflikten dann das Kampfsystem rausholen (klassischerweise oft die einzige echte conflict resolution, die vorgesehen ist)? Das alles kann mehr oder weniger sinnvoll sein. Kommt immer drauf an, was man als Autor will, und was man als Spieler dann mit dem fertigen Spiel anfangen möchte.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #16 am: 16.08.2014 | 12:45 »
@Text:

Das ist ganz einfach: Wenn es um nichts geht, dann ist es uninteressant. Erzählen, Abwinken und weiter, damit muss man sich nicht aufhalten. Dazu muss man nicht mal die Würfel bemühen sondern sagt ja und Amen.

Was die anderen Sachen angeht, wirf z.B. mal einen Blick auf die Intrigen-Regeln aus L5R: Die Standard-Annahme ist das Unentschieden.
Beispiel: Du startest eine Verleumdungskampagne gegen jemanden, das Ziel weis wer der Urheber ist. Ruf geschädigt, Feind bekommen. Unentschieden.
Erst das Erhöhen der Stakes kann es schaffen dieses Unentschieden aufzuheben.
« Letzte Änderung: 16.08.2014 | 12:48 von Slayn »
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #17 am: 16.08.2014 | 12:56 »
Bei solchen Sachen lohnt sich halt die Unterscheidung zwischung conflict resolution und task resolution. Halten manche für Tinnef, ist hier aber ganz entscheidend. Es kommt doch, wie immer beim Rollenspiel, darauf an, was man will. Wenn man das Spiel auf Konflikte auslegt, muß man halt auch für die Sachen sorgen, die eben keine Konflikte sind.
Wie definierst du conflict resolution und task resolution?

So wie ich die Begriffe verstehe ist der Unterschied, wie kleinteilig die Aktionen sind auf die gewürfelt wird. Nach dieser Lesart ist ein Kampf der mit kleinteiligen taktischen Regeln gespielt wird (einzelne Angriffs- und Parade-Würfe für jeden Schwerthieb) eben kein Beispiel für conflict resolution, sondern für task resolution. Conflict resolution wäre eine Würfelprobe um zu entscheiden wie der gesamte Kampf (=Konflikt) ausgeht. Deckt sich das mit deiner Definition der Begriffe? Oder definierst du sie anders?

An dem Beispiel der beiden Begriffe (so wie ich sie kenne) lässt sich aber sehr gut darstellen was ich hier meine:
Traditionellerweise werden Konflikte mit kleinteiligen Regeln abgehandelt (z.B. Kampfregeln), nicht-Konflikte hingegen mit sehr groben Regeln die über Erfolg und Misserfolg in einer einzigen Würfelprobe entscheiden (z.B. viele Skill-Checks außerhalb des Kampfes). Irgendwann hat jemand das Konzept dieser groben Regeln auf Konflikte übertragen und so die Conflict Resolution erfunden. Wonach ich hier suche ist der umgekehrte Weg: kleinteilige Regeln auf Nicht-Konflikte übertragen.

GrobKleinteilig
Konfliktconflict resolutiontask resolution
Nicht-KonfliktSkill-Check???

Also, im angesprochenen Beispiel:
Da gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Die eine wäre „roll dice or say yes“, also wie bei Dogs z.B.: Gibt es einen Konflikt? Wenn nein, gib den Spielern, was sie wollen. Hier also: Wenn die angeflirtete Person, sagen wir, geschworen hat, den Spieler auf ewig zu hassen und sich niemals von ihm betören zu lassen, dann wäre es ein Konflikt. (Blödes Beispiel, aber, he. Der Konflikt könnte allerdings auch mit anderen Personen bestehen, die nicht wollen, daß geflirtet wird. Eine Capulet-Montague-Konstellation oder was weiß ich.) Kein Konflikt? Dann ist der Flirtversuch immer erfolgreich – bei Dogs. Andere Spiele, die auf Konflikte ausgelegt sind, handhaben das anders. Kommt immer darauf an. Soviel zu konfliktorientierten Spielen.
Ja, das ist die Konsequenz der aktuellen Regelsituation. Ich sehe das kritisch, weil:
a) Herausforderungen für die Spieler immer Konflikte sein müssen (alles andere gelingt automatisch)
b) Differenzierung zwischen den SCs nur in Konflikten stattfindet (solange kein Konflikt vorliegt sind alle gleich gut im Flirten)

Unterscheiden sollten wir hier auch zwischen Konflikten zwischen den Spielern auf der einen Seite (man ist sich uneinig darüber was in der Spielwelt passiert) und Konflikten zwischen Charakteren auf der anderen Seite.

Man verwendet Regeln um Konflikte zwischen den Spielern zu lösen (man lässt die "objektiven" Regeln entscheiden ob ein Vorhaben gelingt oder nicht). Aber nicht jeder Konflikt zwischen den Spielern lässt sich auf einen Konflikt zwischen Charakteren abbilden.

Online Sashael

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #18 am: 16.08.2014 | 12:58 »
Das Problem ist, dass komplexe Regeln für das Lösen von Problemen dazu tendieren diese Probleme als Konflikt zu verstehen.
Das ist nicht die Antwort auf meine Frage.

Nochmal:
Aber es ist die einzige Ende-Bedingung die von den Regeln klar definiert ist. Alles andere kann ich machen, aber es obliegt dann völlig der SL-Willkür / der Logik der Geschichte und nicht mehr den Regeln was passiert.
Wo ist das Problem?

Irgendwann weiß man einfach besser als jede potentielle Regel, wie eine Situation weitergehen soll/muss/wird. Die Logik der Spielwelt diktiert den Ausgang. An dem Punkt kann, nein MUSS man als guter SL die Regeln verlassen und die Geschichte so weiterführen (lassen), wie es nunmal geschehen muss/soll/kann.
Ich halte eine vorgegebene "Endlösung" aber weiterhin für wichtig, da man (oder zumindest ich) einen Bezugspunkt braucht, um mögliche Ausgänge damit in Relation zu setzen. Auch um jederzeit die Frage stellen zu können "Wie hoch sind das Risiko für die Beteiligten und wie hoch der zu erwartende Gewinn/Verlust?"
Was passiert, wenn ich die Regeln bis zum "bitteren Ende" durchziehe und an welchem Punkt macht ein solches Verhalten für bestimmte Beteiligte keinen logischen Sinn mehr?

Daher sind Regeln, die nur die "Endlösung" reglementieren vollkommen in Ordnung. Wir haben schließlich noch unseren Verstand.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #19 am: 16.08.2014 | 13:10 »
Die Unterteilung "Conflict Resolution" vs. "Task Resolution" führt nicht weiter. Entweder ist Task Resolution ein Subtyp von Conflict Resolution oder die beiden haben nur Subtypen, die zu keinem der beiden zählen können. Standardbeispiele, welche die Unterscheidung insn Nirvana schießen sind Polaris, Inspectres und SEUCOR. Ich hab das in diesem Board schon mehrmals durchexerziert.

Man müsste für eine Klassifikation mindestens schauen:

- Wer ruft den Mechanismus auf? Warum tut man das? (Um Ressourcen zu gewinnen, um Erzählrecht zu gewinnen, um eine fremde Erzählung zu unterbinden, weil man eine neue Szene angenfangen hat...)

- Wer ist alles an der Abwicklung mit unabhängigen Setzungen beteiligt? Wie kommt man dran? Gibt es Opportunitätskosten, eine wie auch immer zu ermittelnde Reihenfolge, geheime Informationen?

- Wer ist hinterher dran, um das ganze Auszuwerten? Welchen Vorgaben unterliegt die Person dabei?

Offline Zarkov

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #20 am: 16.08.2014 | 13:24 »
Wie definierst du conflict resolution und task resolution?

So wie ich die Begriffe verstehe ist der Unterschied, wie kleinteilig die Aktionen sind auf die gewürfelt wird.

Kleinteiligkeit ist nicht unbedingt ein Kriterium; es geht eher darum, was auf dem Spiel steht und was sich als Folge der Abhandlung ändert. Das kann man so groß oder klein machen, wie man möchte. Die Konzepte sind allerdings (mal wieder) recht irreführend benannt; in der aktuellen Diskussion ist das etwas unglücklich.
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #21 am: 16.08.2014 | 13:25 »
Ich versuche ja auch noch, die Grundfrage des Threads richtig zu verstehen ... ich glaube, ich selbst würde mich tatsächlich auf dieser Position verorten:

Oder siehst du keinen Bedarf, Nicht-Konflikt-Probleme mit komplexen Regeln zu lösen?
Falls letzteres: warum?


Und warum? Z.T. ist es das, was Slayn sagt: Ein Konflikt bedeutet, das widerstreitende Interessen aufeinandertreffen und ein neuer Status Quo "ausgehandelt" werden muss - sei es nun mit Worten, mit Gewalt oder durchaus auch durch Kompromiss oder Einigung (beides mögliche Ausgänge eines Konflikts). Letztere lassen sich in Rollenspielen, die "alles als Konflikt regeln" ja problemlos integrieren, indem der Konflikt abgebrochen wird, weil beide Seiten kein Interesse mehr an ihm haben, ihre Ressourcen verausgabt haben, im Laufe des Konflikts ihre Ziele und ihre Einstellung geändert haben ... Regeln, die Herausforderrungen als Konflikte behandeln, implizieren somit nicht, dass es weitergehen muss, bis einer am Boden liegt; sie gehen nur davon aus, dass die Regeln nicht mehr gebraucht werden, sobald die Antagonisten ihr antagonistisches Verhältnis aufgeben.

Und tatsächlich wüsste ich nicht, was für Rollenspiel-Regeln es geben sollte, die einen Konfliktfrei gedachten, wohlwollenden Umgang zwischen zwei Personen verregeln. Wenn es zwischen den Beteiligten keinen Konflikt geben, dann werden sie entweder nichts miteinander zu schaffen haben oder ihre Ressourcen kombinieren (wahrscheinlich, um in einem Konflikt mit einer weiteren Partei ein Ziel zu erreichen). Sobald ich einen Wert für meine Beziehung zu einem Verwandten habe, der steuert, wie wahrscheinlich es ist, dass ich von ihm Hilfe erhalte, wie du vorschlägst, dann ist dagegen ja schon wieder ein Konflikt impizit: Ich will gerne die Hilfe meines Verwandten; mein Verwandter zögert aber offenbar, die Ressourcen aufzuwenden, um mir diese Hilfe zukommen zu lassen (denn wenn er nicht zögern würde, wäre die Chance, dass er mir hilft, 100%, und ich bräuchte nicht zu würfeln). Mein Interesse (Unterstützung erhalten) steht also gegen sein Interesse (Zeit/Ressourcen sparen) und ich würfle, um herauszufinden, ob das, was ich bisher in die Beziehung zu ihm investiert habe, genügt, damit er sein Zögern überwindet. (Im Prinzip könnte man auch sagen, dass ich über einen solchen Beziehungswert auf den inneren Konflikt meines Verwandten würfle, der sich entscheiden muss, ob er mir nun hilft oder nicht).

In der Interaktion zwischen SC/NSC sehe ich also tatsächlich nur dann einen Sinn im Einsatz von Spielregeln, wenn ein Konflikt vorliegt. Der muss ja wie gesagt nicht agonisch sein, sondern kann jederzeit durch eine Einigung unterbrochen werden. Im Real Life habe ich ja auch mit meiner Freundin Konflikte, ohne, dass am Ende einer (man beachte das grammatische Geschlecht ;)) tot am Boden liegt.

Nicht-Konflikthafte Situationen, für die es in den meisten Spielen ja auch Regeln gibt, sind Umwelthindernisse. Also die zu erkletternde Mauer, der zu durchschwimmende Strom, das sicher zu knotende Seil ... aber um so was kann es ja hier nicht gehen, denke ich.

Offline Beral

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #22 am: 16.08.2014 | 13:52 »
Damit Spiel-Tiefe und echte Entscheidungsmöglichkeiten aufkommen, müsste es aber auch entsprechende Nachteile und Kosten geben: Wenn eine Beziehung nur Vorteile bringt, dann ist das ja ein No-Brainer den jeder Spieler nimmt. Womit es dann quasi ein fester Bonus wird den jeder Charakter hat - und der rollenspieltechnisch auch in den Hintergrund rückt.
Ohne es weiter auszubauen ist ein Nachteil bereits drin. So wie du von Freunden und Verwandten Hilfe einfordern kannst, können sie es auch. >;D Wenn der Char seinen Bruder bittet, 100 Goldstücke zu leihen oder ein paar seiner Kämpfe für eine Fehde abzustellen, kann das für den Bruder durchaus nachteilhaft sein, insbesondere wenn die Fehde mit irgendeinem Geschäftspartner stattfindet. Jeder SC kann sich selbstredend auf beiden Seiten wiederfinden, als Bittender oder als Gebetener. Hilfe abzuschlagen zerstört im besten Fall die Beziehung und im schlimmsten Fall generiert es einen neuen hasserfüllten Feind. Das lustige ist, dass bei solchen Regeln alle Beteiligten unwillentlich in einen Schlamassel geraten können, weil sich eine Eigendynamik entwickelt. Das wären somit Regeln, die bei ihrer Anwendung Konflikte generieren können, die anderweitig zu lösen sind. Ich finde das sehr spannend, gerade aus der SL-Perspektive heraus. Denn der SL ist die arme Sau, die sich Konflikte ausdenken muss, um Spannung ins Spiel zu bringen. Die Spieler lösen den Konflikt unter Anwendung der Regeln und der SL muss sich Neues einfallen lassen. Wie fein wäre es doch, wenn die Spieler bei der Anwendung der Regeln gleich selbst Konflikte produzieren?

Und wo ist das Problem?  wtf?
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #23 am: 16.08.2014 | 13:58 »
Ohne es weiter auszubauen ist ein Nachteil bereits drin. So wie du von Freunden und Verwandten Hilfe einfordern kannst, können sie es auch. >;D Wenn der Char seinen Bruder bittet, 100 Goldstücke zu leihen oder ein paar seiner Kämpfe für eine Fehde abzustellen, kann das für den Bruder durchaus nachteilhaft sein, insbesondere wenn die Fehde mit irgendeinem Geschäftspartner stattfindet. Jeder SC kann sich selbstredend auf beiden Seiten wiederfinden, als Bittender oder als Gebetener. Hilfe abzuschlagen zerstört im besten Fall die Beziehung und im schlimmsten Fall generiert es einen neuen hasserfüllten Feind. Das lustige ist, dass bei solchen Regeln alle Beteiligten unwillentlich in einen Schlamassel geraten können, weil sich eine Eigendynamik entwickelt. Das wären somit Regeln, die bei ihrer Anwendung Konflikte generieren können, die anderweitig zu lösen sind. Ich finde das sehr spannend, gerade aus der SL-Perspektive heraus. Denn der SL ist die arme Sau, die sich Konflikte ausdenken muss, um Spannung ins Spiel zu bringen. Die Spieler lösen den Konflikt unter Anwendung der Regeln und der SL muss sich Neues einfallen lassen. Wie fein wäre es doch, wenn die Spieler bei der Anwendung der Regeln gleich selbst Konflikte produzieren?

Und damit hast du L5R bis aufs letzte I-Tüpfelchen charakterisiert.
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #24 am: 16.08.2014 | 14:01 »
Ohne es weiter auszubauen ist ein Nachteil bereits drin. So wie du von Freunden und Verwandten Hilfe einfordern kannst, können sie es auch. >;D Wenn der Char seinen Bruder bittet, 100 Goldstücke zu leihen oder ein paar seiner Kämpfe für eine Fehde abzustellen, kann das für den Bruder durchaus nachteilhaft sein, insbesondere wenn die Fehde mit irgendeinem Geschäftspartner stattfindet. Jeder SC kann sich selbstredend auf beiden Seiten wiederfinden, als Bittender oder als Gebetener. Hilfe abzuschlagen zerstört im besten Fall die Beziehung und im schlimmsten Fall generiert es einen neuen hasserfüllten Feind. Das lustige ist, dass bei solchen Regeln alle Beteiligten unwillentlich in einen Schlamassel geraten können, weil sich eine Eigendynamik entwickelt.

Aber was du da beschreibst, ist doch schon von Anfang an ein Konflikt, die Regeln dafür wären Konfliktregeln. Es sind widerstreitende Interessen im Spiel (ich will Geld von dir, du willst dein Geld lieber behalten), und beide Parteien können verschiedene Mittel einsetzen, um ihr Ziel entweder gegen den anderen durchzusetzen (moralischer/emotionaler Druck, Drohung) oder sich aber gütlich zu einigen (in Aussicht gestellte spätere Wiedergutmachung).
ich wüsste nicht, wie man für den nicht-konflikthaften Teil solcher Interaktion (natürlich gibt er dir Geld, er ist dein Bruder!) sinnvoll Spielregeln verwenden solllte. Wie gesagt: Wenn alle Beteiligten sich einig sind, werden sie wohl ihre Ressourcen entsprechend für das gemeinsame Ziel einbringen. Was gibt es in dem Fall zu würfeln?

Offline Auribiel

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #25 am: 16.08.2014 | 14:12 »
Ja, aber in dem Moment verlassen mich die Regeln und ich bin auf mich allein gestellt. Es gibt keine Regeln (zumindest in keinem Spiel das ich kenne) die definieren ob und unter welchen Bedingungen der Gegner einen Kompromiss akzeptiert.

Irgendwie wurde mein Antwort-Post gefressen, daher nochmal kurz:
Gibt es bei FATE - man legt vor dem Konflikt fest, was das Ziel der beiden Parteien ist und würfelt dann einen geistigen/sozialen Konflikt aus. Dann kann das Ziel auch sein "Kompromiss durchsetzen vs. keiner Forderung nachgeben).

Zitat
Beziehungsweise, wenn du "für sich das Beste herausschlagen" mit Konfliktregeln abbilden willst, dann wirkt das Ergebnis auf mich etwas komisch: "Diplomatie-Stress" beim Gegenüber erzeugen bis wir uns einigen (sein Diplomatie-Wert ist auf 0, mein Verbleibender Diplomatie-Wert ist der Grad an Erfolg den ich für mich raushandeln konnte). Da sehe ich eine Diskrepanz zwischen dem was regelmechanisch passiert und dem was ich mir vorstellen soll was in der Spielwelt passiert. Bzw. es funktioniert höchstens für eine ganz bestimmte Art des Verhandelns.

Liegt diese Diskrepanz bzw. der Eindruck derselben nicht bei dir? Ich habe damit kein Problem und ich sehe auch nicht, wieso es sich auf bestimmte Arten des Verhandelns beschränken würde - dazu gibt FATE einfach zuviele Möglichkeiten her.

Zitat
Nein, das tun sie nicht. Aber es ist die einzige Ende-Bedingung die von den Regeln klar definiert ist. Alles andere kann ich machen, aber es obliegt dann völlig der SL-Willkür / der Logik der Geschichte und nicht mehr den Regeln was passiert.

Für mich ist das Ziel gerade die Logik der Geschichte - und ich empfinde es als unangenehm, wenn ein doofer Würfelwurf die Logik der Geschichte sprengt.
Außerdem sehe ich da auch nicht zwangsweise SL-Willkür, wenn der SL entscheidet, dass ein NSC seiner Motivation folgend sich so oder so verhält und an einem bestimmten Punkt einlenkt oder mauert.
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Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #26 am: 16.08.2014 | 14:13 »
Aber was du da beschreibst, ist doch schon von Anfang an ein Konflikt, die Regeln dafür wären Konfliktregeln. Es sind widerstreitende Interessen im Spiel (ich will Geld von dir, du willst dein Geld lieber behalten), und beide Parteien können verschiedene Mittel einsetzen, um ihr Ziel entweder gegen den anderen durchzusetzen (moralischer/emotionaler Druck, Drohung) oder sich aber gütlich zu einigen (in Aussicht gestellte spätere Wiedergutmachung).
ich wüsste nicht, wie man für den nicht-konflikthaften Teil solcher Interaktion (natürlich gibt er dir Geld, er ist dein Bruder!) sinnvoll Spielregeln verwenden solllte. Wie gesagt: Wenn alle Beteiligten sich einig sind, werden sie wohl ihre Ressourcen entsprechend für das gemeinsame Ziel einbringen. Was gibt es in dem Fall zu würfeln?

Da kommen wir dann an die Stelle an der einfach mal klar gesagt werden muss welches Ziel das Spiel als solches jetzt hat.
Wenn es halt beim klassischen "Jeder spielt halt seinen Charakter und man Schwurbelt so vor sich hin" bleibt, dann braucht man auch keine Regeln. Man spielt die Szene aus und gut ists.
Wenn es aber der zentrale Inhalt des Spiels ist Konflikte zu haben, dann muss es an der Stelle weiter gehen. Der Spielweltfakt "Hat dem Bruder Geld geliehen" muss dann auch einen Aufhänger für weitere Konflikte bieten.
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Offline Zarkov

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #27 am: 16.08.2014 | 14:14 »
Mann, ich sollte doch eigentlich gerade ganz was anderes machen, und jetzt denke ich die ganze Zeit über das hier nach …

Ein Problem bei der Sache ist der Begriff „Konflikt“. Der ist hier leider doppelt belegt, einmal als Begriff der natürlichen Sprache (sich direkt widersprechende Interessen zweier Parteien), und einmal als theoretischer Fachbegriff (eine Situation im Spiel, in der es um etwa Entscheidendes geht und aus der sich bei Auflösung eine signifikante Änderung ergibt). In manchen Spielen gibt es sogar noch eine dritte, ganz spezifische Bedeutung. (Wie schön.) Diese Definitionen muß man auseinanderhalten.

Also: Mit jemandem zu flirten ist normalerweise kein Konflikt. Man kann das in einem Spiel aber durchaus als Konflikt handhaben. Dafür ist nicht mal nötig, daß sich zwei Interessen in der Fiktion widersprechen. Was gegeneinander gesetzt wird, ist das Ziel des Spielers in der Fiktion, und der Gegendruck des Spielleiters; das schlägt sich üblicherweise im stake setting nieder. (Man kann auch einfach sagen: „Joa, bitte, gut geflirtet, keine Probe nötig, weil uns das nicht interessiert.“)

Wenn man von „konfliktorientierten Spielen“ redet, ist in der Regel von der natürlichen Bedeutung die Rede – es geht um tatsächliche Konflikte zwischen Parteien in der Fiktion. Wenn ich aber sage: „Du flirtest mit ihr, weil du X erreichen möchtest? Das ist ein Konflikt.“ ist das die technische Bedeutung. Die Gegenseite ist hier nicht die fiktive Person, sondern die fiktionale Weiterentwicklung, also der Gegendruck des Spielleiters, die bisweilen explizit formuliert wird: „Wenn du es schaffst, änderst sich die Situation, wie du es willst. Wenn du es nicht schaffst, dann passiert Y.“ Das wäre dann conflict resolution ohne einen Konflikt im natürlichen Sinne.

Hilft das?
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #28 am: 16.08.2014 | 14:19 »

Hilft das?

Danke, das ist eine sehr sinnvolle und erhellende Trennung!
Ich sehe den Begriff "Konflikt" aber auch nicht so stark mit absolut gegensätzlichen Interessen zweier Parteien besetzt. In so ziemlich allen Geschichten geht es ja fast schon definitionsgemäß um Konflikte; die können aber auch innerlich sein ("heirate ich den hässlichen Prinzen oder den schönen Friseur?") oder zwischen einander wohlgesonnenen Parteien stattfinden ("du musst mit dem Saufen aufhören, ob du willst oder nicht!"). Ohne Konflikt gibt es eigentllich keine Handlung; deshalb finde ich es auch angemessen, wenn Konflikte im Rollenspiel im Zentrum stehen.

Offline Beral

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #29 am: 16.08.2014 | 15:38 »
Und damit hast du L5R bis aufs letzte I-Tüpfelchen charakterisiert.
Gibt es das auf deutsch?

Aber was du da beschreibst, ist doch schon von Anfang an ein Konflikt, die Regeln dafür wären Konfliktregeln.
Ich sehe das anders und empfinde die Situationen ganz anders. Wenn wir die Kampfregeln anwenden, ist der Konflikt schon da und die Regelanwendung dient dazu, den Sieger festzulegen. Üblicherweise muss erst die Kampfunfähigkeit einer Partei herbeigeführt werden.

Bei den diskutierten Alternativen verhält es sich anders. Den Konflikt habe ich mit dir, um Hilfe bitte ich meinen Bruder. Ich habe keinen Konflikt mit meinem Bruder. Durch meine Bitte könnte er in einen inneren Konflikt geraten, weil er einerseits mir helfen, aber andererseits dir nicht schaden will. Hier ist die Stelle, wo ein Wurf erforderlich ist, weil die Sache für ihn so verzwickt ist. Wird er helfen oder nicht? Wie auch immer er entscheidet, es entsteht dadurch ein neuer Konflikt. Entweder hat er mich vor den Kopf gestoßen oder er hilft mir und schadet dir, wodurch ihr jetzt einen Konflikt habt. Oder er hat eine Idee, wie wir unseren Konflikt beilegen können und bittet mir eine Vermittlung an. Jetzt muss ich würfeln, ob ich stur bleibe und eine unschöne Lösung verlange oder ob ich bereit bin, dem Kompromiss eine Chance zu geben, weil ich meinen Bruder nicht unnötig in den Dreck reiten will.

Die Anwendung meiner Regeln hat vielleicht einen Konflikt gelöst, vielleicht auch nicht. Sie hat vielleicht Beziehungen verändert, vielleicht auch nicht. Sie hat neue Konflikte erzeugt oder auch nicht. Du magst keinen Unterschied sehen zu den üblichen Konfliktregeln. Ich sehe sehr große Unterschiede.

Wie würdest du die geschilderte Situation mit normalen Kampfregeln darstellen?
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #30 am: 16.08.2014 | 15:56 »

Wie würdest du die geschilderte Situation mit normalen Kampfregeln darstellen?

Ich würde wahrscheinlich mehrschrittig vorgehen und bei jedem Schritt überlegen, ob es sinnvoll ist, Konfliktregeln zum Einsatz zu bringen.

1. Da ist der Konflikt von dir mit Partei X, bei dem du Hilfe brauchst. Falls der zum Ausbruch kommt, gibt es eben irgendwelche Konfliktregeln, die das System vorgibt.
2. Du willst dir Hilfe beim Bruder holen? Gut, wenn ich SL bin, frage ich mich erst mal, ob der Bruder dir helfen kann. Kann er es nicht, dann sind keine Regeln nötig, weil eben keine Möglichkeit besteht, Hilfe zu bekommen. Kann er dir helfen, frage ich mich, ob er es will; wenn er es will, sind wiederum keine Regeln nötig, die erhältst die Hilfe, die er dir geben kann. Bin ich mir unsicher, dann heißt das wohl, dass der Bruder entweder einen Konflikt mit dir oder einen inneren Konflikt darüber austrägt, ob er dir Helfen soll; oder es bedeutet, dass ich als SL einfach gerne ein Moment der Unsicherheit ins Spiel bringen will und deshalb einen abstrakten Widerstand gegen deine Probe einführe. Aber auch dann muss ich einen Grund dafür parat haben, dass dein Bruder dir ggf. nicht hilft, ich muss also zumindest einen potenziellen inneren Konflikt des Bruders oder einen Konflikt des Bruders mit dir parat haben.
3. Habe ich mir das alles überlegt oder nicht, wird die Entscheidung nach den gegebenen Regeln ermittelt.

Alternativ: Wenn der Bruder vermitteln kann, lässt auch das sich als Konflikt zwischen Parteien mit verschiedenen Interessen (Konfrontation/Vermittlung) interpretieren, wobei der Konflikt endet, wenn die Vermittlung erfolgreich war, oder in einen stärker eskalierten Konflikt überleitet, wenn die Vermittlung nicht erfolgreich war.


Was mir an deinem Beispiel auch unklar ist, ist der Mehrwert von Regeln, in denen ich Würfeln muss, ob mein Charakter stur bleibt ... sollte das nicht normalerweise einfach eine Entscheidung des Spielers sein, keine Probe? Mal abgesehen von Fällen wie denen, in denen der SL den Spieler anhand einer durch Regeln kodifizierten schlechten Eigenschaft (bspw. Aspekt "rechthaberisch") dazwischenfunkt? Sonst wärst du ja irgendwann an dem Punkt, an dem du jede Entscheidung eines Charakters erwürfelst.

Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #31 am: 16.08.2014 | 16:01 »
Was mir an deinem Beispiel auch unklar ist, ist der Mehrwert von Regeln, in denen ich Würfeln muss, ob mein Charakter stur bleibt ... sollte das nicht normalerweise einfach eine Entscheidung des Spielers sein, keine Probe? Mal abgesehen von Fällen wie denen, in denen der SL den Spieler anhand einer durch Regeln kodifizierten schlechten Eigenschaft (bspw. Aspekt "rechthaberisch") dazwischenfunkt? Sonst wärst du ja irgendwann an dem Punkt, an dem du jede Entscheidung eines Charakters erwürfelst.

Kommt auf das Setting an und wie hart die Setting-Genre-Regeln hier implementiert wurden.
Wenn sich der Charakter im Einklang mit der Spielwelt befindet und Setting und/oder Genre es fordern das ein Charakter so agiert, kann es durchaus schon ok sein wenn man eine probe gegen den eigenen Charakter ablegen muss - der eigene innere Konflikt.
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #32 am: 16.08.2014 | 16:12 »
Kommt auf das Setting an und wie hart die Setting-Genre-Regeln hier implementiert wurden.
Wenn sich der Charakter im Einklang mit der Spielwelt befindet und Setting und/oder Genre es fordern das ein Charakter so agiert, kann es durchaus schon ok sein wenn man eine probe gegen den eigenen Charakter ablegen muss - der eigene innere Konflikt.

Das stimmt schon. Aber auch dann fällt mir keine Situation ein, in der ich einen Zufallsentscheidungsmechanismus bräuchte und die nicht entweder durch einen Konflikt (innerlich oder äußerlich) bestimmt wird oder die mit der Überwindung eines unbelebten Hindernisses zu tun hat.

Klar lege ich da eine weite Definition von Konflikt zugrunde. Andererseits ist das ja gerade das "Feature" von Regeln, die zahlreiche Situationen als Konflikt behandeln. Im Prinzip fokussieren solche Regeln einfach auf das Konflikthafte an der Situation, und zwar schlicht deshalb, weil der konflikthafte Aspekt in der Regel der ist, bei dem der Ausgang einerseits nicht feststeht und andererseits für den weiteren Verlauf der Geschichte relevante Folgen hat.
Ist wirklich gar nichts Konflikthaftes an einer Situation zwischen zwei oder mehr Figuren, dann steht der Ausgang entweder fest (weil sie gemeinsam das umsetzen werden, worin sie sich einig sind - wobei sie wiederum mit anderen Parteien oder Umwelthindernissen in Konflikt geraten können); oder der Ausgang ist egal (weil offenbar auch den Beteililgten Figuren so egal ist, dass sie keinen Konflikt darum zu führen bereit sind).

Ich würde sagen: Rollenspiele, die viele Situationen als Konflikt behandeln, machen diese Situationen dadurch nicht zum Konflikt, sondern arbeiten lediglich heraus, wo ihre Konflikthaftigkeit liegt - und richten den Fokus damit dorthin, wo die Geschichte sich weiterentwickelt. Was gleichzeitig im besten Fall bedeutet, dass solche Regeln einem klarmachen, dass man sie überhaupt nicht braucht, wenn die Situation keinen Konflikt enthält.

Offline Beral

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #33 am: 16.08.2014 | 17:47 »
Ich würde wahrscheinlich mehrschrittig vorgehen und bei jedem Schritt überlegen, ob es sinnvoll ist, Konfliktregeln zum Einsatz zu bringen.
Siehst du. Keine Regeln, die dir helfen. Du musst die Initiative ergreifen, dir viele Gedanken machen, dir Schwierigkeiten überlegen usw. Das muss ich nicht, weil in meinem Beispiel sich alles aus existierenden Werten ergibt und bestehende Regeln dazu einladen, den sozialen Konflikt zu gestalten.

Und wie genau willst du die Kampfregeln anwenden? Die legen fest, ob jemand trifft und wie viel Schaden man macht und wie viel davon von der Rüstung absorbiert wird usw. Wie kommt das alles zur Anwendung?

Was mir an deinem Beispiel auch unklar ist, ist der Mehrwert von Regeln, in denen ich Würfeln muss, ob mein Charakter stur bleibt ... sollte das nicht normalerweise einfach eine Entscheidung des Spielers sein, keine Probe? Mal abgesehen von Fällen wie denen, in denen der SL den Spieler anhand einer durch Regeln kodifizierten schlechten Eigenschaft (bspw. Aspekt "rechthaberisch") dazwischenfunkt? Sonst wärst du ja irgendwann an dem Punkt, an dem du jede Entscheidung eines Charakters erwürfelst.
Wichtig vor allem für NSC.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #34 am: 17.08.2014 | 00:02 »
Nochmal:Wo ist das Problem?

Irgendwann weiß man einfach besser als jede potentielle Regel, wie eine Situation weitergehen soll/muss/wird. Die Logik der Spielwelt diktiert den Ausgang. An dem Punkt kann, nein MUSS man als guter SL die Regeln verlassen und die Geschichte so weiterführen (lassen), wie es nunmal geschehen muss/soll/kann.
Genau diese Aussage könntest du in einem Kampf aber auch treffen: die Logik der Spielwelt diktiert ob ich den Ork an dieser Stelle im Zweikampf besiege. Warum würfeln?

Die Regeln zu verlassen ist eine mögliche Spielweise. Die andere mögliche Spielweise ist bei den Regeln zu bleiben.

Beim Kampf (bzw. verallgemeinert bei Konflikten) hat man beide Möglichkeiten. Oft genug wird im tatsächlichen Spiel die Regel-Möglichkeit gewählt und gegenüber der Logik-Möglichkeit bevorzugt.

Warum hältst du es für erklärungsbedürftigt, wenn ich für Nicht-Konflikt-Situationen dieselbe Möglichkeit einfordere? Warum attestierst du für Nicht-Konflikte einen kategorischen Zwang zur Logik-Möglichkeit, der in Konflikten so nicht besteht?

Irgendwie wurde mein Antwort-Post gefressen, daher nochmal kurz:
Gibt es bei FATE - man legt vor dem Konflikt fest, was das Ziel der beiden Parteien ist und würfelt dann einen geistigen/sozialen Konflikt aus. Dann kann das Ziel auch sein "Kompromiss durchsetzen vs. keiner Forderung nachgeben).
Aber genau dann ist es doch per Definition kein Kompromiss mehr - wenn es das Ziel ist was ich mir von Anfang an vornehme. Ein Kompromiss würde bedeuten dass das Ergebnis des "Konflikts" in der Mitte zwischen den Zielen liegt die die Parteien bei Beginn festgelegt haben.

Was mir an deinem Beispiel auch unklar ist, ist der Mehrwert von Regeln, in denen ich Würfeln muss, ob mein Charakter stur bleibt ... sollte das nicht normalerweise einfach eine Entscheidung des Spielers sein, keine Probe? Mal abgesehen von Fällen wie denen, in denen der SL den Spieler anhand einer durch Regeln kodifizierten schlechten Eigenschaft (bspw. Aspekt "rechthaberisch") dazwischenfunkt? Sonst wärst du ja irgendwann an dem Punkt, an dem du jede Entscheidung eines Charakters erwürfelst.
Aber im Kampf passiert genau das: Willensrettungswurf nicht geschafft? Du stehst unter der Kontrolle des Gegners und greifst deine Freunde an!

Oder auch bei jeder körperlichen Tätigkeit in regellastigen Rollenspielen: wenn ich meinen Schwimmen-Wurf versemmelt habe - und noch dazu einen schlechten Schwimmen-Fertigkeits-Wert habe - dann kann ich mich auf den Kopf stellen und behaupten dass mein Charakter aber in meiner Vorstellung ein prima Schwimmer ist und dass es jetzt hier in die Logik und Dramaturgie der Story passen würde dass mein Charakter gut schwimmt - die Regeln haben entschieden dass mein Charakter in diesem Moment nicht gut schwimmt.

Warum nicht für geistige Handlungen außerhalb des Kampfes dieselben Regeln anwenden? Wenn die Würfel so entscheiden, dann trifft mein Charakter in dieser Situation eben die falsche Entscheidung, gibt einer Versuchung nach, wird schwach, oder schätzt eine Situation falsch ein.

Was macht das Charakter-Versagen in geistigen Dingen zu einem so unsagbar undenkbaren Ding, dass man in keinem Fall den Würfeln überlassen darf - im Gegensatz zu jeder anderen Situation im regellastigen Rollenspiel?

Der Charakter kann sich ja vornehmen, einer Versuchung zu widerstehen. Aber ob das gelingt ist doch genauso ungewiss wie wenn sich der Charakter vornimmt einen Fluss zu durchschwimmen oder einem Ork den Kopf abzuhacken.

Ganz ehrlich: ich mache das gerne. Ich mache das heute schon: ich würfle für meinen Charakter ungefragt Weisheitswürfe oder dergleichen - und wenn da ein sehr schlechtes Ergebnis rauskommt dann lasse ich meinen Charakter etwas dummes tun, etwas missverstehen oder einer Versuchung nachgeben. Einfach so, weil ich es spannender finde wenn mein Charakter ab und zu etwas unerwartetes und zufälliges tut.

Eulenspiegel

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #35 am: 17.08.2014 | 00:55 »
Aber im Kampf passiert genau das: Willensrettungswurf nicht geschafft? Du stehst unter der Kontrolle des Gegners und greifst deine Freunde an!
Das ist Magie! Hier handelst du gegen deinen Willen! Du willst deine Freunde nicht angreifen, tust das aufgrund von Magie aber trotzdem.

Du hast nach wie vor die Entscheidungshoheit über dein Gehirn. Du verlierst halt nur die Entscheidungshoheit über deinen Körper.

Und so etwas ist natürlich auch außerhalb des Kampfes zulässig. Wenn mein SC außerhalb des Kampfes magisch beeinflusst wird, dann verliere ich natürlich auch außerhalb des Kampfes die Kontrolle über den Körper meines SCs.

Zitat
Oder auch bei jeder körperlichen Tätigkeit in regellastigen Rollenspielen: wenn ich meinen Schwimmen-Wurf versemmelt habe - und noch dazu einen schlechten Schwimmen-Fertigkeits-Wert habe - dann kann ich mich auf den Kopf stellen und behaupten dass mein Charakter aber in meiner Vorstellung ein prima Schwimmer ist und dass es jetzt hier in die Logik und Dramaturgie der Story passen würde dass mein Charakter gut schwimmt - die Regeln haben entschieden dass mein Charakter in diesem Moment nicht gut schwimmt.
Auch hier: Du kannst entscheiden, ob dein SC sich für einen guten Schwimmer hält oder nicht. Du darfst selber entscheiden, ob dein SC an Selbstüberschätzung leidet oder nicht. Du hast volle Kontrolle über das Gehirn deines SCs. Aber halt nicht auf seinen Körper.

Das ist es doch auch, was man im realen Leben beobachtet: Ich kann im RL bestimmen, ob ich ins Wasser gehe oder nicht. Aber ich kann auch im RL nicht bestimmen, ob ich erfolgreich das Gebiet durchschwimme oder vorher untergehe. Das eine ("ins Wasser gehen") ist meine eigene Entscheidung. Das andere ("vor Erschöpfung untergehen") ist sozusagen eine Entscheidung meines Körpers, auf die ich selber keinen Einfluss habe. (Ich denke, niemand geht freiwillig unter. Die meisten Ertrunkenen wollten weiterschwimmen, aber ihr Körper hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.)

Und genau das, was man halt im RL erlebt (Sachen, die ich selber entscheide <-> Sachen, die mein Körper für mich entscheidet) wird halt auch im RPG widergespiegelt.

Zitat
Warum nicht für geistige Handlungen außerhalb des Kampfes dieselben Regeln anwenden? Wenn die Würfel so entscheiden, dann trifft mein Charakter in dieser Situation eben die falsche Entscheidung, gibt einer Versuchung nach, wird schwach, oder schätzt eine Situation falsch ein.
Was bleibt dann noch an Interaktionsmöglichkeiten übrig?

Das RPG lebt doch davon, dass ich als Spieler Entscheidungen treffe. Wenn mir jetzt aber die Entscheidungen vom Würfel abgenommen werden, kann ich mich gleich zurücklehnen und mir zuhören, wie SL und Würfel gemeinsam eine Geschichte erzählen.

Kann nach anstrengenden Tagen ja mal ganz entspannt sein. Aber normalerweise möchte ich beim RPG mehr tun als meine Hand zu drehen, um ein paar Würfel zu kullern. Ich treffe auch gerne Entscheidungen als Spieler.

Zitat
Der Charakter kann sich ja vornehmen, einer Versuchung zu widerstehen. Aber ob das gelingt ist doch genauso ungewiss wie wenn sich der Charakter vornimmt einen Fluss zu durchschwimmen oder einem Ork den Kopf abzuhacken.
Nope. Schau doch einfach mal ins RL: Ob ich der Versuchung widerstehe oder nicht, ist vollkommen meine Entscheidung. (Sofern ich nicht unter Drogen stehe oder eine Geisteskrankheit habe, die meine Schuldfähigkeit senkt.)

Aber ob ich über Wasser bleibe oder untergehe, ist nicht meine Entscheidung.

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #36 am: 17.08.2014 | 01:12 »
Aber genau dann ist es doch per Definition kein Kompromiss mehr - wenn es das Ziel ist was ich mir von Anfang an vornehme. Ein Kompromiss würde bedeuten dass das Ergebnis des "Konflikts" in der Mitte zwischen den Zielen liegt die die Parteien bei Beginn festgelegt haben.

Du fragtest doch explizit danach, wie es gehandhabt werden kann, wenn eben kein K.O. das Ziel sein soll. Das Ziel kann in der Tat sein, einen Kompromiss zwischen den beiden Konfliktparteien zu erreichen. Dann ist es regeltechnisch gesehen ein Erfolg/Sieg, aber Ingame die Erzielung eines Kompromisses zwischen zwei scheinbar unvereinbarlichen Standpunkte.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #37 am: 17.08.2014 | 02:20 »
Es gibt zwei verschiedene Ausprägungen des Wortes Konflikt.
Der innere gedankliche Konflikt mit sich selbst (um den es hier nicht geht) und den Konflikt zwischen mehreren Parteien oder Gruppierungen,
die einen Angriff auf die Projektion ihrer eigenen Identität in eine Situation hineininterpretieren (z.B. durch Beleidigung, Handgreiflichkeiten) und dagegen handeln.
Ich beziehe mich im Folgenden auch nur auf die zweite Bedeutung des Wortes.

Das Konzept des Konflikts ist ein psychologisches bzw. psychoanalytisches Phänomen, dass auf das Konzept des Egos aufbaut.
Es gibt keine objektiven Konflikte. Sie werden von jeder teilnehmenden Seite einer Szene selbst völlig unabhängig
von den Konflikten aller anderen Seiten kreiert - oder eben auch nicht kreiert.
Diese Kreation eines Konfliktes geschieht immer in Bezug auf das eigene Ego.
Wer kein Ego hat bzw. sein Ego nicht in die Situation einbringt, kann auch keinen Konflikt kreieren/wahrnehmen.
Selbst wenn man einen Angriff auf das eigene Ego wahrnimmt, kann man sich noch gegen den Konflikt entscheiden, indem
man der Vernunft den Vorrang gibt (ist schwierig aber machbar).

Ich bin persönlich ziemlich angepisst, wie die Rollenspiellandschaft oder sogenannte Rollenspieltheoretiker mit dem Wort bzw. mit dem Konzept umgehen.
Generell finde ich es unerträglich, dass so viele Spiele versuchen, den Spielern bzw. ihren Figuren einen Konflikt aufzudrängen.
Das ist im Prinzip auf dem gleichen Level, wie wenn das Spiel versucht jemandem vorzuschreiben, was er bei seinen Handlungen zu denken hat.
Es funktioniert nur, bzw. wird nur deshalb landläufig akzeptiert, weil sehr wenige Leute eigentlich wissen, was ein Konflikt im Kern ist.
Meistens wird angenommen, dass ein Konflikt sich aus einer bestimmten Konstellation aggressiver Tätigkeiten heraus von selbst ergibt, bzw.
dadurch definiert wird. Konflikte entstehen zwar aus solchen Situationen, aber dennoch ist die direkte Folgerung von Aggression zu Konflikt formal-logisch falsch.

Es kann durchaus ein aggressives Verhalten mehrerer Seiten gegeneinander geben, ohne, dass für einen der Teilnehmer ein Konflikt besteht.
Solche Situationen werden von außen häufig fälschlich als Konflikt bezeichnet. Und die Bezeichnung ist auch eigentlich für die Beobachtung von außen
nicht relevant, weil damit lediglich eine Vermutung über die Geisteshaltung der teilnehmenden Parteien gemacht wird - auch wenn sie oft stimmt.
Das Wort Konflikt wird auch häufig für Auseinandersetzungen auf höchster politischer Ebene benutzt. Kann sein, rührt aber vermutlich hauptsächlich von der
händeringenden journalistischen Not, Synonyme für eigentlich passendere Worte zu finden - ein hinnehmbares Eingeständnis an die Unterhaltung
der Nachrichtenhörer. Wobei ich gerade eben auf der politischen Ebene (z.B. bei den modernen Kriegen) keine echten Konflikte im psychologischen Sinn
sehen würde sondern eher kühl kalkuliertes Handeln an der Tagesordnung sein dürfte.

Wenn es sich dabei allerdings um ein fiktives Medium wie Rollenspiel handelt, in dem es derartig relevant ist, dass eine der Parteien geistig durch einen Spieler
repräsentiert wird, finde ich es außerordentlich aufdringlich, ihm diese Geisteshaltung zur Situation aufzunötigen - zumal das für den regeltechnischen
Resolutionsmechanismus auch völlig irrelevant ist, ob sich jemand einen Angriff auf sein Ego vorstellt oder nicht.
Es gibt durchaus andere (bessere) Arten, mit Aggression umzugehen, als einen Konflikt vom Zaum zu brechen. Sich von jemanden in einen Konflikt hineinziehen
zu lassen ist im Prinzip die gefährlichste Art, mit der Situation umzugehen. Ein Spiel, das aber dieses Konzept zur Norm erhebt (bzw. darauf reduziert), ist eigentlich
ziemlich ignorant.

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #38 am: 17.08.2014 | 02:45 »
Warum hältst du es für erklärungsbedürftigt, wenn ich für Nicht-Konflikt-Situationen dieselbe Möglichkeit einfordere?
Gegenfrage: Wenn kein Konflikt besteht, warum willst du würfeln? Und auf was?

Weisheitswürfe einfach so just for fun Wie-reagiert-mein-SC-jetzt-? halte ich persönlich auch eher für spaßbremsend. Damit wird das Verhalten doch sehr erratisch und ist in Extremfällen gleichbedeutend mit einer pathologischen Geisteskrankheit des SC. "Hey! Ne 1 gewürfelt! Ich schenk dem Bettler keine Münze, sondern unser frisch erworbenes Artefakt!"
Nee, danke.

Wenn übrigens etwas auf dem Spiel steht und der Charakter einen passenden Aspekt hat, dann sind solche Würfe natürlich gewünscht. Wenn der SC z.B. spielsüchtig ist und an einem Straßenspieler vorbeikommt, obwohl er eigentlich ein Dokument an jemanden überbringen soll, dann kann man einen Willenswurf verlangen, um zu schauen, ob der SC der Versuchung widerstehen kann. Aber imho machen gute Spieler an der Stelle sowieso das "Dumme", um mehr Dramatik in die Geschichte zu bringen. In einigen Systemen gibt es dafür ja dann auch noch eine Belohnung für den Spieler (Bennies bei SaWo, Fatepoints bei FATE, XP oder Willpower bei nWoD).
Aber auch hier haben wir ja einen Konflikt zwischen Mission und persönlicher Schwäche!

Also ehrlich gesagt habe ich glaube ich immer noch nicht verstanden, an welchen Stellen du würfelwürdige Situationen siehst, denen überhaupt kein Konflikt zugrunde liegt.
Alle Situationen, die du bisher beschrieben hast, tragen auch einen Konflikt in sich. Und sei es der zwischen den Vorstellungen des Spielers und den testbaren Eigenschaften des SC, oder zwischen Körper (SC) und Geist (Spieler), wie ihn Eulenspiegel ausgeführt hat.

Wenn kein Konflikt da ist, braucht man auch keine Regeln.

Übrigens ist dein Kampfbeispiel mit dem Ork auch fehlerhaft, weil du mir an der Stelle einfach ein bestimmtes Verhalten unterstellst. Wenn es irgendwann wirklich klar ist, dass der Ork keine Chance mehr hat und die Logik gebietet, dass er jetzt verliert, dann weiche ich an der Stelle ebenfalls von den Regeln ab und lasse die Spieler gewinnen, indem der Ork sich ergibt oder ich den Kampf mit den Worten beende "Und dann metzelt ihr die kläglichen Überreste der Bande nieder, die sich aus irgendwelchen Gründen partout nicht ergeben wollen".

Es gibt durchaus andere (bessere) Arten, mit Aggression umzugehen, als einen Konflikt vom Zaum zu brechen. Sich von jemanden in einen Konflikt hineinziehen
zu lassen ist im Prinzip die gefährlichste Art, mit der Situation umzugehen. Ein Spiel, das aber dieses Konzept zur Norm erhebt (bzw. darauf reduziert), ist eigentlich
ziemlich ignorant.
Deine Sicht auf Konflikte ist für Rollenspiele imho ungeeignet, weil im Rahmen der Regeln nahezu alles als "Konflikt" bezeichnet wird. Das mag faktisch falsch sein, ist hier aber irrelevant. Bei Regeln zum Rollenspiel geht es dann auch um die inneren Konflikte, die durch Würfelwürfe gelöst werden. Es werden sogar Situationen als Konflikte bezeichnet, die keine Aggressionen (im Sinne von körperlicher Gewalt) beinhalten, wie zum Beispiel diplomatische Verhandlungen.
Du ziehst eine in diesem Rahmen unpassende Verbindung von ->Konflikt zu ->Aggression und damit sind imho deine 2 cents nichts wert. Nicht alles, was im RP als Konflikt bezeichnet wird, beinhaltet Aggression.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #39 am: 17.08.2014 | 03:11 »
Saschael, "danke" für Deine Beurteilung des Werts meines Postings. Du verwechselst aber einerseits Aggression (lat: aggressere - auf jmd. zugehen) mit Gewalt. Es gibt keinen Konflikt irgendeiner Art (nicht mal in deiner Vorstellung), ohne dass jemand eine gegen sich gerichtete Aggression erkennt. Und andererseits kennst du anscheinend zu wenige Rollenspiele, denn mit Abstand die meisten klassischen Rollenspiele funktionieren nicht mit Konfliktresolution sondern ganz einfach mit Aktionen. Alles als Konflikt zu sehen ist keine zwingende Ausprägung des Rollenspiels sondern vermutlich nur Deine begrenzte Sichtweise.
« Letzte Änderung: 17.08.2014 | 03:15 von Turning Wheel »

Eulenspiegel

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #40 am: 17.08.2014 | 04:14 »
Wenn ich im Wettkampf schneller als mein Gegner laufen will und er will schneller als ich laufen, dann ist dort ein Konflikt. Dennoch erkenne ich keine Aggressionen.

Btw, interessant ist folgender RPG-Konflikt:
Ich will schneller als mein Gegner laufen. Und mein Gegner will einfach nur unter 10 Sekunden laufen. (Ihm ist es nicht wichtig zu gewinnen.)

Hier stehen unsere Konflikte nicht gegeneinander. Wir können beide unsere Ziele erfüllen. Trotzdem gilt: Wenn der Gegner gut ist und unter 10 Sekunden läuft, fällt es mir schwerer, mein Ziel zu erreichen. Die Frage, ob mein Gegner sein Ziel erreicht, hat also einen Einfluss darauf, ob ich mein Ziel erreiche.

Offline Turning Wheel

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #41 am: 17.08.2014 | 08:13 »
Wenn zwei konkurrierende Firmen ihr Produkt aggressiv vermarkten, dann wird da auch niemand geschlagen. Die beteiligten Firmenangestellten müssen sich dazu nicht mal zu Gesicht bekommen. Dennoch handeln sie aggressiv, weil sie mit ihrem Produkt auf den Markt zugehen um dem anderen zu schaden. Das wird dann eventuell von beiden als Konflikt wahrgenommen. Zuträglich für die Entstehung eines Konfliktes wäre hierbei z.B. vergleichende Werbung.

Es könnte aber auch eine Firma genauso aggressiv an den Markt gehen, mit dem Ziel so viele Produkte wie möglich zu verkaufen, und sie würde damit auch der anderen Firma schaden, aber sie würde es vielleicht nicht als Konflikt wahrnehmen, sondern einfach als Arbeit, die so gut wie möglich getan werden will.
Jeder wählt selbst, wie er das sieht. Ein Konflikt ist eine (mehr oder weniger) freiwillige Geisteshaltung - aber nur wenn man das auch weiß, ansonsten passiert es unbewusst.

Je mehr Wert man auf das eigene Ego legt (Stolz, Eitelkeit, etc.), desto anfälliger ist jemand dafür, in die Konfliktfalle zu tappen, sich provozieren zu lassen und sich nicht davon lösen zu können.
Das psychanalytische Ego kommt übrigens auch ziemlich prägnant in der Bibel vor, dort wird es allerdings Teufel genannt. Ein Konflikt ist quasi der Verlust gegen die eigene Versuchung.
Eine Auseinandersetzung, bei der nur eine Partei einen Konflikt wahrnimmt ist durchaus vorstellbar und auch in der Realität oft der Fall wenn eine Partei derartig überlegen ist, dass sie nichts zu befürchten hat. Die Partei, die den Konflikt zwar erkennt, aber selbst keinen hat, ist ziemlich im Vorteil, weil sie für gewöhnlich überlegter handeln kann und mehr gedankliche Optionen hat. (z.B. "Der klügere gibt nach")

Ziemlich wild finde ich vor allem auch Rollenspiele, die Spielern Konflikte gegen leblose Objekte aufzwingen.
(Wurde schon in anderen Threads zu dem Thema diskutiert: Bergbesteigung als Konflikt mit dem Berg usw.)
In der Realität ist das eine ziemlich kindische bzw. unaufgeklärte Handlungsweise, sich von leblosen Objekten zu einem Konflikt provozieren zu lassen.
Ich finde das durchaus okay, wenn Leute das so sehen wollen. Darf ja im Spiel jeder machen was er will. Für mich ist das allerdings nichts. Und damit bin ich aus der Diskussion auch raus.

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #42 am: 17.08.2014 | 08:37 »
@Turning Wheel:

Ich habe wirklich keine Ahnung was du hast.
Wenn man Konflikt und Herausforderung synonym betrachtet, dann kommt man genau zu den angesprochenen Problemen.
(Herausforderung: Das Hindernis zwischen A und B das überwunden werden muss)

Es gibt aber sehr wohl Systeme die es ganz gut hinbekommen das Ego eines Charakters darzustellen und Konflikte als gewollten Akt einbringen können die mehrere Ausgänge zulassen. Hierbei will man aktiv etwas in der Spielweltrealität, besonders den Status Quo, ändern.
Das darf nur nicht stellvertretend für die Herausforderung genommen werden.
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #43 am: 17.08.2014 | 09:55 »
Nope. Schau doch einfach mal ins RL: Ob ich der Versuchung widerstehe oder nicht, ist vollkommen meine Entscheidung. (Sofern ich nicht unter Drogen stehe oder eine Geisteskrankheit habe, die meine Schuldfähigkeit senkt.)
Sorry, aber hier haben wir völlig unterschiedliche Vorstellungen wie der freie Wille im RL funktioniert. Nach deinem Modell, wie erklärst du folgende Beispiele:
- Leute die sich gute Vorsätze an Silvester vornehmen, die aber dann nicht durchziehen
- Männer die sich nicht trauen, attraktive Frauen anzusprechen
- Lampenfieber
- Phobien
- Prokrastination
- Menschen die im Affekt etwas tun oder sagen was sie hinterher bereuen
Sind das alles Geisteskranke und Süchtige?

Außerdem haben wir wohl eine völlig unterschiedliche Auffassung welche Art von Charakter-Spiel Spaß macht. Das ist ja okay, verschiedene Menschen haben an verschiedenen Arten zu Spielen Spaß. Können wir es einfach darauf beruhen lassen?

Wenn übrigens etwas auf dem Spiel steht und der Charakter einen passenden Aspekt hat, dann sind solche Würfe natürlich gewünscht. Wenn der SC z.B. spielsüchtig ist und an einem Straßenspieler vorbeikommt, obwohl er eigentlich ein Dokument an jemanden überbringen soll, dann kann man einen Willenswurf verlangen, um zu schauen, ob der SC der Versuchung widerstehen kann. Aber imho machen gute Spieler an der Stelle sowieso das "Dumme", um mehr Dramatik in die Geschichte zu bringen. In einigen Systemen gibt es dafür ja dann auch noch eine Belohnung für den Spieler (Bennies bei SaWo, Fatepoints bei FATE, XP oder Willpower bei nWoD).
Aber auch hier haben wir ja einen Konflikt zwischen Mission und persönlicher Schwäche!
Ja, das geht genau in die Richtung von dem was ich will! Nur dass ich solche Situationen eben nicht mit Gummipunkten abhandeln will, sondern mit "konventionellen" Regeln.

Wenn ich im Wettkampf schneller als mein Gegner laufen will und er will schneller als ich laufen, dann ist dort ein Konflikt. Dennoch erkenne ich keine Aggressionen.
Nein, ein Wettkampf ist eben kein Konflikt. Schon alleine deswegen weil es einen zweiten und dritten Platz gibt. Aber auch weil die Leute nicht wirklich gegeneinander agieren, sondern jeder für sich selbst die Bestleistung versucht: eine Weitsprung-Meisterschaft würde ich nicht über Konflikt-Regeln mit Stress-Leisten modellieren (Charakter gegen Charakter), sondern über eine Springen-Probe pro Sprung (am Ende nach allen Proben gewinnt der der am weitesten gesprungen ist).


@Burning Wheel: volle Zustimmung! Besser kann ich es auch nicht ausdrücken.  :d

Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
- es ist ein verbreitetes Phänomen unserer Zeit den Begriff und die Denkschablone "Konflikt" auf alles mögliche anzuwenden
- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

Gerade den zweiten Punkt sehe ich fürs Rollenspiel doppelt kritisch: zum einen verenge ich die Denkmuster aller Charaktere in meiner Phantasie-Welt auf das Konflikt-Schema; zum anderen erziehe ich auch die Spieler dazu ausschließlich in Konflikt-Mustern zu denken.

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #44 am: 17.08.2014 | 10:05 »
@Text:

Dann befürchte ich schlicht dass sich dein ursprüngliches Problem nicht auflösen lässt weil du dem schlicht im Weg stehst.
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #45 am: 17.08.2014 | 10:27 »
Ja, das geht genau in die Richtung von dem was ich will! Nur dass ich solche Situationen eben nicht mit Gummipunkten abhandeln will, sondern mit "konventionellen" Regeln.

Aber genau das macht das hier zitierte FATE ja - es handelt solche Sache mit den regulären Regeln ab, und das sind "Konfliktregeln" (ich muss einen Widerstand überwinden, der typischerweise die entgegengesetzten Ziele einer anderen Figur repräsentiert). Ich habe FATE jetzt genau als die Sorte Regelwerk verstanden, auf die du anspielst, wenn du fragst: "Muss immer alles als Konflikt abgehandelt werden?", deshalb wundere ich mich, warum du das, was FATE macht, jetzt als positive Forderung bringst ...

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #46 am: 17.08.2014 | 10:46 »
Gibt es das auf deutsch?

OT: Ja. Allerdings sind die Regeln sehr klassisch und unterstützen konfliktorientiertes Spiel nicht mehr oder weniger als die meisten anderen Systeme. Das Setting gibt da aber einiges her, wenn man auf über-romantisierten Bushido steht. Im Grunde genommen schreit das Setting nach FATE.


Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
- es ist ein verbreitetes Phänomen unserer Zeit den Begriff und die Denkschablone "Konflikt" auf alles mögliche anzuwenden
- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

Gerade den zweiten Punkt sehe ich fürs Rollenspiel doppelt kritisch: zum einen verenge ich die Denkmuster aller Charaktere in meiner Phantasie-Welt auf das Konflikt-Schema; zum anderen erziehe ich auch die Spieler dazu ausschließlich in Konflikt-Mustern zu denken.

Oder aber das genaue Gegenteil passiert: anstatt in den Konflikt und damit Risiko einzugehen, suchen die Spieler den harmonischen Lösungsweg. Dann wird nicht gewürfelt, ist aber auch absolut ok.


Nein, ein Wettkampf ist eben kein Konflikt.

Doch. Wenn dein Ziel ist, Erster zu werden, und dies ebenfalls das Ziel mindestens eines anderen Teilnehmers ist, ist das offensichtlich ein Konflikt.

Davon abgesehen ist das in rollenspieltheoretischer Hinsicht genau dann ein Konflikt, wenn der Ausgang über die Spielmechanik ermittelt wird und auf den weiteren Verlauf des Spiels einen Einfluss hat. Im Rollenspiel kannst du sogar einen Konflikt mit der Hauswand haben, die du hoch klettern willst. Allerdings liegt hier auch immer ein Konflikt im realen Sinn vor, nämlich zwischen den Spielern bzw. zwischen Spieler und SL.
« Letzte Änderung: 17.08.2014 | 11:27 von Crimson King »
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #47 am: 17.08.2014 | 10:52 »
Okay, ich bin erstmal raus. Bis jemand mal schlüssig erklären kann, was Text eigentlich will.

Oder zumindest eine nachvollziehbare Definition von konfliktfreier Herausforderung liefert.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #48 am: 17.08.2014 | 11:20 »
Okay, ich bin erstmal raus. Bis jemand mal schlüssig erklären kann, was Text eigentlich will.

Oder zumindest eine nachvollziehbare Definition von konfliktfreier Herausforderung liefert.

Das Thema hat ja mit dem vermeintlichen Bruch im Spielstil angefangen, wenn man vom "Kampfmodus" zum "Labermodus" wechselt.
Text scheint es aber nicht akzeptieren zu können das der reine "Labermodus" auch nur optional ist und ersetzt werden kann.

@CK:
Das System und Setting geben deswegen so viel her, weil die Dilemmata schon fest eingebaut sind und man es sich als Spieler sofort aussuchen kann in welche Konflikte man begibt und warum.
Aus genau dem Grund würde ich es nicht mit Fate bespielen wollen, weil das einige der Harten Punkte zu schnell aufweichen kann,
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #49 am: 17.08.2014 | 11:28 »
@CK:
Das System und Setting geben deswegen so viel her, weil die Dilemmata schon fest eingebaut sind und man es sich als Spieler sofort aussuchen kann in welche Konflikte man begibt und warum.
Aus genau dem Grund würde ich es nicht mit Fate bespielen wollen, weil das einige der Harten Punkte zu schnell aufweichen kann,

Ja, du bist auch ein Fanboy.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #50 am: 17.08.2014 | 11:30 »
Ja, du bist auch ein Fanboy.

Nö. Ich hab´s auch mit Fate und PDQ# versucht und kam eben nicht zu der für mich wichtigen Stelle, nämlich auch mal sinnlos gegen eine Wand laufen zu können.
Für mich gehört es beim Samurai Drama eben auch dazu das die Charaktere eine reale Chance haben unterzugehen.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #51 am: 17.08.2014 | 11:39 »
Letzter OT-Post von meiner Seite.

Nö.

Doch. Das ist für Außenstehende wirklich sehr offensichtlich. Aber es verwundert auch nicht, dass Selbst- und Fremdbild da auseinander laufen.


Ich hab´s auch mit Fate und PDQ# versucht und kam eben nicht zu der für mich wichtigen Stelle, nämlich auch mal sinnlos gegen eine Wand laufen zu können.
Für mich gehört es beim Samurai Drama eben auch dazu das die Charaktere eine reale Chance haben unterzugehen.

Das liegt dann womöglich mehr an dir als an FATE. Mit dem System kann man Charaktere wunderbar untergehen lassen.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #52 am: 17.08.2014 | 11:51 »

Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
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- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

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Das geht jetzt schon sehr ins Allgemeine, also Spoiler:
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Offline D. Athair

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #53 am: 17.08.2014 | 12:00 »
Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
- es ist ein verbreitetes Phänomen unserer Zeit den Begriff und die Denkschablone "Konflikt" auf alles mögliche anzuwenden
- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

Das ist auch ein Ergebnis deines verkürzten Begriffsverständnisses. Das einerseits nicht die ganze Weite des Wortes erfasst und andererseits die forge-geprägte "Fachvokabel" außer Acht lässt.

... auch der Grund, dass ich keinen Raum sehe, hier meine Gedanken sinnvoll einzubringen.
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Offline Würfelspucker

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #54 am: 17.08.2014 | 12:06 »

Oder zumindest eine nachvollziehbare Definition von konfliktfreier Herausforderung liefert.

Wenn man Konflikt als theoretischer Begriff (wie oben von Zarkaows beschrieben: entschiedene Spielsituation) ist das prinzipbedingt schwierig. Es kann nur Situationen geben, die irrelevant sind und wir könnten uns dann streiten, ob bei einer Herausforderung etwas auf dem Spiel stehen muss.

Bei der Definition mit zwei sich widerstreitenden Interessen wäre ein Beispiel hingegen: Ich klettere auf den Felsen.


Ich teile das Unbehagen von Text bezüglich des Übertragens der Konfliktregeln auf andere Bereiche. Wobei zu beachten ist, dass kein mir präsentes Spiel explizit sagt, dass es die Definition „entschiedene Spielsituation“ verwendet.

Bei Fate Core beispielsweise muss für einen Konflikt „the intent and the ability to harm one another“ vorliegen. Ich habe kein Problem das auch einseitig zu sehen und es für Feuer, Stürme etc. anzuwenden, aber wenn es um diplomatische Verhandlungen oder einen Flirt geht liegt diese Bedingung nicht zwangsläufig vor. Genauso kann damit nicht die Manipulation eines anderen abgedeckt werden.

Wie regele ich nun eine Verhandlung mit jemanden, den ich dazu bringen möchte mich zu unterstützen? Ein Contest liegt auch nicht vor, unsere Ziele schließen sich nicht gegenseitig aus. Bleibt die Challenge, die ich mir je nach Spiellage zusammenstellen muss. Je nach Ausgang der Challenge weiq ich, dann wie erfolgreich die Verhandlung geführt wurde. Damit habe ich zumindest einen Anhaltspunkt, wie groß die  Unterstützung ausfällt aber manchmal würde ich mir schon ein konkreteres System wünschen.

Neben der Challange in Fate, fallen mir noch die Manipulation in Splittermond und die Doors Mechanik in WoD: God Machine ein, mit denen sich so etwas darstellen lässt.

Edit: Ich liefere natürlich keine Definition, sondern nur ein Beispiel.
« Letzte Änderung: 17.08.2014 | 12:09 von Würfelspucker »

Offline Der Nârr

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #55 am: 17.08.2014 | 12:07 »
Verabschiedet euch vom Konfliktbegriff.

Der Begriff ist inzwischen extrem aufgeladen und eigentlich völlig nichtssagend geworden. In D&D-Sprech gibt es Encounter, bei den Encountern geht es aber auch immer um Konflikte. ("Ich Monster, ich dich mach platt.") In HeroWars/HeroQuest können auch Umwelthindernisse zu Konflikten werden, weil Hindernisse aktiv verstanden werden. Das Umwelthindernis "Erdspalte" hat dann ein Interesse an "hier kommt niemand durch", der Held hat das Interesse "ich will da durch", *zack* ist der Konflikt da.

Manche benennen Lebenspunkte in Stress um und fügen dann gleich noch verschiedene Ausdauerbalken bei, *zack* sind die Regeln konfliktorientiert.

Andere unterscheiden zwischen "task resolution" und "conflict resolution", andere haben aber schon aufgezeigt, dass es diese Unterscheidung in Praxis und Theorie nicht gibt (nicht zuletzt wie oben dargestellt auch HeroQuest, weil da ja eben jeder task als conflict verstanden wird).

Konflikte in Rollenspielen sind zunächst eine Mode. Es ist hip, Konflikte in Rollenspielen zu haben und damit sind nicht Konflikte gemeint, sondern es ist tatsächlich einfach hip, von Konflikten zu sprechen.

Konfliktorientierte Regeln müssen auch nicht weniger kleinschrittig oder sonstwas sein. Gerade wenn "konfiktorientierte Systeme" mit sozialen Lebenspunkten arbeiten, kommen da oft mehrere Proben zusammen, wo ein angebliches klassisches "task resolution"-System nur eine Probe verlangt (entweder gelingt die Überreden-Probe oder nicht, steht das Ergebnis, wird damit weiter gespielt).

Was wird denn tatsächlich oft anders gemacht? Wir haben eine Verregelung von sozialen Prozessen, die soziale Auseinandersetzungen komplexer darstellen (sozialer Stress). Es wird versucht, Unterschiede zwischen verschiedenen Sorten von Konflikten aufzuheben, so dass tendentiell verschiedene Konflikte mit den gleichen Regeln ausgetragen werden können, egal, mit welchen Mitteln sie ausgetragen werden. (Ob ich mit Waffen kämpfe oder mit Worten spreche ist egal. Das ist eher neu, in vielen klassischen Systemen wurden Kämpfe anders ausgetragen, als soziale Auseinandersetzungen oder ein innerer Konflikt. Selbst innere Konflikte gab es aber z.B. schon in DSA sehr früh mit schlechten Eigenschaften. Die waren nur anders verregelt als eine Probe auf Lügen oder ein Kampf.) Reduktion auf Konflikte heißt also erst, Herausforderungen immer durch dieselbe Brille zu sehen und anzunehmen, dass sehr verschiedene Handlungen mit den gleichen Regeln abgehandelt werden können. Ist das nicht das neue? Und das ist in der Tat eine Reduktion, eine Reduktion durch die Rückführung auf allgemeine Regeln, also Abstraktion.

Statt zwischen konflikt- und handlungsorientiert würde ich eher konkrete und abstrakte Regeln unterscheiden. Und dann kann man anfangen, sich Gedanken um den Grad der Abstraktion zu machen. Natürlich ist selbst OD&D abstrakt und auch GURPS ist abstrakt. Es handelt sich also nicht fundamentale Kategorien, etwas ist entweder abstrakt oder konkret, sondern es handelt sich um Idealtypen, an die man sich nur annähern kann, die in ihrer Reinform aber wahrscheinlich niemals auftreten werden (vielleicht, weil es aus logischen Gründen sogar unmöglich ist). Es gibt also nicht entweder abstrakte oder konkrete Regeln, sondern es gibt nur Regeln, die etwas mehr abstrakt oder etwas mehr konkret sind.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #56 am: 17.08.2014 | 14:27 »
Der Begriff Herausforderung ist genauso problematisch wie der Begriff Konflikt.

Ich verwende die beiden Begriffe fast deckungsgleich und ebenso den Begriff Hindernis. Sie alle beschreiben einfach erstmal Situationen, deren Ausgang nicht geklärt ist, die auf mindestens zwei unterschiedliche Arten Ergebnisse hinauslaufen können (und vielleicht sogar unterschiedlich verlaufen können) und deren unterschiedliche Ergebnisse nicht gleichermaßen von den SCs erwünscht wird. Dann liegt ein Konflikt zwischen SC und Spielwelt (oder bei PvP-Spielen SC und SC) vor.

Wenn denkende, kommunikationsfähige Wesen beteiligt sind, kann ein Kompromiss auf verschiedene Weisen enden: Konsens, Kompromiss (Teilerfolg mit Preis), Niederlage (Rückzug, Schaden) oder Sieg. Etwas anders sieht es aus, wenn die Konfliktparteien nicht wirklich denken oder fühlen, beispielsweise weil man einen Sturm oder eine Feuersbrunst als Konfliktpartei präsentiert. Aber auch dann sind die Ergebnisse Niederlage, Teilerfolg und Sieg möglich - selbst wenn der Sieg nur daraus besteht, ohne Blessuren den Konflikt zu verlassen.

Gute Regelwerke bieten Möglichkeiten an, die unterschiedlichen Ergebnisse eines Konflikts zu ermitteln und in Spielwerte zu übersetzen.

Herausforderungen ohne Konflikt kann ich mir kaum vorstellen, weil das Wort Herausforderung für mich auch die Möglichkeit unterschiedlicher Resultate (Scheitern, Erfolg, Teilerfolg) hat. Um dieses Resultat zu ermitteln braucht man irgendeine Mechanik - und wenn die nur daraus besteht, dass ein SL über den Erfolgsgrad nach seinem eigenen dramaturgischen Empfinden oder Sinn für Realismus entscheidet (was ich persönlich ziemlich Panne finde, aber oft genug passiert). Besser sind für meinen Geschmack Systeme, die solche Entscheidungen nach Wertevergleich (Karma), Kosten (Storypunkte, Bennies) oder Zufallsmechaniken (Fortune, oft Würfel) treffen.

Alles, was keine 2+ Ergebnisse hat, ist weder ein Konflikt, noch eine Herausforderung. Solche Szenen braucht man auch, aber ich würde sie nicht Herausforderungen nennen, sondern Stimmungsspiel.
Dans un quartier qui est triste à tuer
Prends des bombes de peinture et bombe tout
Ecris se que tu penses sur les murs!
Couleurs sur Paris...nanana...
Il est temps de changer... na nana na