Angeregt durch die DSA-Blubberrunde denke ich mal wieder über ein altes Problem nach. Hier mal ein Zitat, Hervorhebung von mir.
Die erste Edition funktiert einigermassen. Minimalistisch, aber die Regeln funzen halbwegs. Gemessen am Standard der 80er ganz ok.
Die zweite und dritte nicht. Also überhaupt nicht. Talentproben mit Erfolgsaussichten von 20-30%, Kämpfe in denen man hundert Runden lang LE wegwürfelt ohne eine einzige Entscheidung zu treffen. Stinklangweilig.
Wie es mit den Erfolgsaussichten aussieht, ist ja von Rollenspiel zu Rollenspiel unterschiedlich. In
Lamentations of the Flame Princess haben die meisten Charaktere in den meisten Skills nur eine Erfolgsaussicht von 16% (1 auf W6). In Cthulhu rangieren auch viele Fertigkeiten um 20-30% herum. Dann gibt es aber natürlich auch viele Spiele mit verschiedenen "Mindestwürfen", wo die Chancen dementsprechend sehr schwanken.
Nun ist es ja so, dass man gerade bei
roll under in der Regel nur dann würfeln soll, wenn der Ausgang einer Aktion ungewiss ist. Aber wann ist das? Viele Mindestwurf-Systeme lösen das Problem, indem sie einfach verschiedene Schwierigkeiten von einfach bis schwer geben und man theoretisch immer würfeln kann, bei jeder Handlung, und die richtig einfachen Sachen eben auch entsprechende Erfolgschancen haben. Andere Systeme sparen sich das und lassen einfach nur bei
abenteuerlichen Herausforderungen würfeln, was auch immer das sein mag. Das Problem hierbei ist, dass das ja keine echte Regel ist. Nicht mal eine Richtlinie. Man hat ja nichts in der Hand und versucht irgendwie - meistens unbewusst bzw. ohne tiefgehende Reflexion - unter Rücksicht auf den GMV, den Erfahrungsschatz, Fachkenntnisse und Genrewissen zu entscheiden, wann gewürfelt wird (und ob es Erschwernis oder Erleichterung gibt).
Eine Probe mit 20% auf Erfolg ist ja gar nicht so schlecht - wenn sie nur in harten Situationen gewürfelt wird.
Aber niemand
weiß, wann eine Situation hart oder abenteuerlich ist. Das wird ja erst im Spiel definiert, und zwar immer dann, wenn der SL eine Probe fordert.
Die Alternative ist, Ratschläge zu geben, was schwierig oder leicht ist. Da hat man dann vielleicht nur ein Beispiel, so bei GURPS 4th und muss eine Situation, die im Beispiel von leicht auf schwierig ansteigt, auf zig verschiedene Fertigkeiten und Umstände übertragen. Also wenn eine Verfolgungsjagd so und so schwer ist, wenn man gerade beschossen wird und einen Mutanten anspringen, was ist dann dasselbe Erschwernis wenn ich eine Probe auf Astrologie würfle...? Andere gehen den Versuch, die Fertigkeiten genau zu reglementieren, z.B. D&D 3.x, Savage Worlds oder Arcane Codex. Bei diesen Systemen wird theoretisch immer gewürfelt, wenn man eine Aktion durchführt, die in den Bereich der Fertigkeit gehört und abhängig dessen, was man erreichen möchte, wird der DC, die Erschwernisse, der Mindestwurf bestimmt. Das führt dazu, dass solche Systeme oft regellastiger - mit mehr Detailverregelungen - daher kommen als klassische roll-under-Systeme oder solche, in denen man einfach in "abenteuerlichen Situationen" würfelt.
Ich fürchte, dass sich die Frage, wann man würfelt, nur auf diese zwei Weisen lösen lässt: Entweder 1. Detailverregelungen oder 2. bestenfalls Beispiele, letzten Endes aber die willkürliche SL-Entscheidung.
Ich bin mit beidem unzufrieden. Gibt es eine dritte Möglichkeit?
(Ich habe absichtlich nicht im Theoriebereich oder im Systemvergleichsbereich gepostet. Es geht mir mehr um praktische Erfahrungen und Anwendung, als um Theorie und auch nicht so sehr um Regeln by the book - Systemvergleich - als um das, was dann tatsächlich am Spieltisch gemacht wird.)