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[D&D 5e] Designphilosophie und Modularität

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Fredi der Elch:
Aufhänger für den Thread waren zwei Beiträge aus dem D&D 5 Monster Manual Thread. Die relevanten Stellen habe ich mal rauskopiert.


--- Zitat von: La Cipolla am  2.10.2014 | 11:25 ---Viel relevanter ist, dass diese Design-Philosophie in meinen Augen ganz offensichtlich zu erkennen ist. Man WILL eher stumpfe Monster, und man will eher interessante Monster, man will einfach ein bisschen was für alle Interessen. Und all das gibt es auch.
[...]
Oder anders ausgedrückt: Ich denke, wer Monster ohne große Sonderfähigkeiten im negativen Sinne als "langweilig" bezeichnet, bewertet das Spiel nach einer Designphilosophie, die es so nicht mehr hat.

--- Ende Zitat ---


--- Zitat von: 6 am  2.10.2014 | 11:22 ---4E hat einen komplett anderen Spielansatz als 5E und 3.X/PF.

4E sieht dabei jedes Kampfencounter als eigene Spielpartie [Exclude Diskussion 4E=Brettspiel oder nicht]. Wenn ein Encounter gelaufen ist, ist damit dieser Spielabschnitt durch und das nächste Encounter beginnt dann von Neuem.

Bei der 5E (und D&D vor 4E) ist ein Encounter nur Teil einer Spielpartie. Die meisten Encounter haben dabei nur die Aufgabe den Charakter zu ... ich nenns mal ... "entwickeln" (Beim Computer würde man das "Grinden" nennen).
[...]
[Beispiele für Brettspiele, die das ähnlich angehen:] Maus und Mystik arbeitet über 11 Kapitel mit genau 6 Standardmonster. Das Pathfinder Abenteuerkartenspiel arbeitet bei 33 Szenarios mit immer den gleichen zufällig gezogenen Gegnern. Trotzdem machen beide Spiele enorm viel Spass gerade weil das gemeinsame Spiel am Tisch passiert.

--- Ende Zitat ---

Ich fand beide Beiträge sehr einleuchtend. D&D 4e und D&D 5e sind wohl tatsächlich sehr unterschiedliche Spiele. Je länger man sie betrachtet, desto mehr fällt auf, dass die grundlegende Spielphilosophie sich stark unterscheidet. 6 hat es schön auf dem Punkt gebracht.

Je klarer mir das wird (auch durch die Diskussionen hier im Forum - aber auch durch Testspiele), desto deutlicher wird für mich, dass die 5e schon vom Grundkonzept her nichts für mich ist. Ich mag Maus und Mystik ganz gerne. Aber a) sind da viele der spannende Effekte direkt in die Missionen eingebaut (was bei D&D ja irgendwie der DM selber erfinden müsste) und b) wurde es mir tatsächlich nach ein paar Missionen ziemlich langweilig. Es konnte dann durch die süße Mausgeschichte noch etwas überbrücken, aber die letzte Mission liegt immer noch ungespielt rum, weil ich keine Motivation mehr habe. Ähnliches gilt für das Pathfinder Kartenspiel. An einem furiosen Wochenende (mit nicht wenig Alkohol ;) ) haben wir die Basisbox komplett durchgezockt. Das war ein Riesenspaß! Aber danach hat es für mich dich sehr an Zauber verloren. Die Missionen sind eben doch sehr "grindig". So liegen sowohl Maus und Mystik als auch Pathfinder Card Game im Schrank, wohingegen ich Diablo 3 jetzt schon ca. 10 Mal durchgespielt habe. Der Computer kann es halt doch besser. ;D

Von "meinem" D&D erwarte ich schon etwas mehr "Staying Power" als ein Wochenende oder eine handvoll einstündige Encounter. Und siehe da: in der 4e habe ich eine 1 bis 30 Kampagne gespielt - die mit großem Abstand längste Kampagne, die ich jemals mit igrendeinem Rollenspiel gespielt habe. Und wir spielen mit neuen Charakteren weiter. Mir sagt also die Designphilosophie der 4e offensichtlich zu. ;)

Jetzt zu meinem eigentlichen Problem. Eigentlich ist es ja nichts schlimmes, dass 4e und 5e zwei so unterschiedliche Spiele sind und so unterschiedliche Ansätze verfolgen. Wäre da nicht von Anfang an das Versprechen (oder zumindest grobe Ziel) der Designer gewesen, dass die 5e ein D&D für jeden werden sollte. Auf der Basis der Aussagen der Designer hatte ich immer noch etwas Hoffnung, muss aber inzwischen sagen: ich bin begeisterter 4e-Spieler, aber die 5e spricht mich nicht an. Designziel verfehlt. Es waren halt Werbesprüche (schließlich will man ja verkaufen) aber nicht wirklich was dahinter.

Mein Hauptkritikpunkt hierbei ist die immer wieder von den Designern angesprochene Modularität des Systems. Ich habe den Eindruck, dass auch hier mehr der "lip service" als eine tatsächlich gewollte Modularität im Vordergrund stand. Aktuell ist offensichtlich fast die gesamte Modularität auf das DMG ausgelagert. Hätte man eine wirkliche Modularität gewollt, hätten aber sowohl im PHB als auch im MM schon Module vorhanden sein müssen.

Was meine ich damit? Der Ort, an dem ich Modularität einführe, bestimmt, welche Art von Modulen sinnvoll möglich sind. Im DMG lassen sich Sachen wie: " Bei uns dauert eine short rest eben nur 5 Minuten und man kriegt bei einer long rest eben alle Hit Dice wieder" super regeln. Optionen für SC und Monster hätten in die jeweiligen Bücher gehört und sind aus meiner Sicht auch im DMG nicht mehr zu erwarten.

Bei den Rassen haben sie es so schön vorgemacht. Es gibt uncommon races, die (implizit) unter DM-Vorbehalt stehen. Wenn ich die gut finde, kommen die ins Spiel, wenn nicht, nicht. Aber wo sind die Fighter mit pseudomagischem Come and Get it, die nicht-magischen Heiler, die Divine Challenge des Paladins, der wirklich einfache Caster? Stattdessen haben wir 1/3 des Buchs voller Sprüche für Caster, die sich irgendwie alle gleich anfühlen (Sprüche aus demselben Pool, Spruchlisten, Spruchslots, Spruchlevel... blabla). Und bei den Monstern: warum haben nicht alle Monster zwei komplexere Powers, die man nach Belieben zuschalten kann? Stattdessen kann ich zwischen HP-Säcken und überkomplexen Castern, gegen die die Fiddlyness der 4e Kindergarten ist, wählen. Hmpf.

Bei mir entsteht so der Eindruck, dass auch das mit der Modularität nicht wirklich ernst gemeint war. Man hätte da mehr machen können, wenn man wirklich gewollt hätte. Ein "D&D für alle" wäre auf jeden Fall besser umsetzbar gewesen, wenn man wirkliche Modularität versucht hätte. Aber anscheinend war auch die Modularität nur ein Werbespruch. Schade.

Für mich bleibt eigentlich nur die Erkenntnis, dass D&D 5e trotz der vollmundigen Versprechungen der Designer kein Spiel für mich ist. Weil das oberste Designziel eben nicht die versprochene Modularität war, sondern doch eine klare (eher an der 3e angelehnte?) und die Spielmöglichkeiten einschränkende Designphilosophie verfolgt wurde.

Thandbar:
Wenn ich das recht in Erinnerung habe, möchten sie ja je ein Buch (oder Box?) herausbringen, welches das Spiel in Richtung taktisches bzw. narratives System ummünzt. Ersteres solle dann offenbar 4E-Fans, ansprechen, letzteres vielleicht Freunde von Fate.
Ich weiß aber nicht, ob man auf ein Grundgerüst wie die 5E wirklich einfach nur ein paar Elemente aufpappen muss, um dann ein quasi vollwertiges 4E-D&D zu haben. Ich würde eher davon ausgehen, dass ein solches Designziel von Anfang an im Fokus der Entwicklung stehen muss und nicht im Nachhinein angebracht werden kann.

Dass die 5E "langweilige" Kobolde beinhalten solle, wurde schon relativ früh verlautbart. Der allgemeine Anspruch, sofort mit den Grundregelbüchern die 4E nachbilden zu können, wurde meines Wissens auch relativ früh fallen gelassen - vielleicht in dem Bewusstsein, dergleichen nicht mit derselben Engine betreiben zu können, die Back-to-the-Roots gehen soll.

Luxferre:
Nenne es doch nicht Designphilosophie. Ist doch nur ein Deckname für

"4E vs 5E und 4E gewinnt"
>;D

Slayn:
Betrachten wir doch mal die Unterschiede in den angesetzten Zeitrahmen und gehen dann tiefer in die Unterschiede und wie man sie überbrücken kann. Dazu kommt der recht wichtige Punkt: Wer ist der Star?
Letzteres wird auch durch die Diskussion rund ums MM recht deutlich.

Kurz gesagt sind diese Dinge bei der 4E strikt festgelegt, wohingegen sie bei der 5E offen bleiben und erst dahin entwickelt werden müssen.

Die 4E sieht einen Zeitrahmen von Runde > Encounter als Maß der Dinge vor und alle Handlungen innerhalb dieses Zeitrahmens müssen "rocken". Dies geschieht dadurch das man die Handlungen kodifiziert und gewichtet. Die Figur, die also gerade eben am Zug ist, ist "der Star" und darf just in diesem Moment glänzen.

Die 5E hingegen setzt einen Zeitrahmen von Encounter > Dungeon. Das bedeutet viel mehr repetitive Handlungen, aufgebrochen durch Einzelaktionen die dann "sitzen müssen" und ggf. auch "unbalanciert sind". Erstaunlich hierbei ist, das die Monster an sich nicht "der Star" der Situation sein können, außer es handelt sich um "Bossmonster" (Also mit Lair und/oder Legendary Actions).

Das bedeutet der Kampf als solches, also das "Encounter", sollte in der 5E einfach relativ wenig zeit in Anspruch nehmen und so schnell wie möglich erledigt werden. Er ist von der Darstellung her nicht das Highlight des Abends (außer es ist ein Lair) sondern einfach nur schlicht ein teil des Abenteueralltags und sollte auch als solcher verstanden werden. Helden tun das eben.

Gerade da ist das Design sehr stark an der OSR dran.
Wichtig dabei ist zu bedenken das Monster eher "schlicht" gehalten wurden, damit sie eben _nicht_ den Charakteren die Show stehlen können.

Man kann aber die vermeintliche Modularität nutzen und die Änderungen vornehmen um auch das 4E Spielgefühl zu befriedigen, wenn man denn so will. Nichts hält einen davon ab die "Rulings, not Rules"-Mentalität über Bord zu werfen und eben anzufangen Dinge zu kodifizieren und als wiederholbare Aktionen ins Spiel einzubringen, ähnlich der Powers.

Kriegsklinge:
Ergänzung zum Eingangspost: dass 4E und auch 13h Age "fun" als Schlüsselwort hatten/haben. Powers anwenden soll möglichst spaßig sein, das soll den SC und Monstern schon eingebaut sein, ergo cool powers und viele davon. Mit "rulings, not rules" wird das wieder auf die Interaktion zwischen SL und Spielern verschoben, mithin auf die persönliche Qualität/Erfahrung der Beteiligten. Die Verschiebung fände ich unproblematisch und sogar gut, wenn denn diese Interaktion auch irgendwie geregelt wäre (nicht diktiert, wohlgemerkt, sondern mit einem Regelrahmen versehen, der sie lenkt und Bedingugen für Kreativität schafft). Wenn man aber nur auf die ungeregelte Improvisation zwischen den Gruppenmitglieder setzt, finde ich das ein bisschen schwach. Zumal, weiterer Punkt, diese Art zu spielen durch die Verfügbarkeit oldschooliger Spiele heute eh abgedeckt ist -- wer das will und kann kauft doch nicht (auch noch)  5E. Im heutigen Medienumfeld sterben die alten Editionen nicht mehr und die D&D-Ableger, die Althergebrachtes mit Modernem kombinieren sind von 13th Age über Dungeon Crawl Classics bis zu LOTFP stark. Wenn die Designphilosophie der 4E für die Wotzis ein riskanter Schritt war, finde ich den jetzt irgendwie noch riskanter. Man hat den home turf verlassen, und jetzt will man wieder zurück, nur sitzen da inzwischen längst andere, die es besser, billiger und schlauer machen. Von Computerspielen ganz zu schweigen. Aber die Illus sind geil! Und das reisst ja im RSP-Bereich ne Menge ;).

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