Autor Thema: Mechanik in Rollenspielen - Oder: Zum Anspruch und Kunstbegriff von RPGs  (Gelesen 10853 mal)

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Wellentänzer

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Heute habe ich einen Satz gelesen, der bei mir ein paar Glöcklein des Verständnisses geläutet hat bezüglich eines schon lange vor sich hingärenden Themenkreises:

Gibt es nun "anspruchsvolle" Rollenspiele und wie sehen die aus?

Können Rollenspiele "Kunst" sein?

Kann man Rollenspiele bewerten im Hinblick auf den Anspruch bzw. auf deren künstlerischen Gehalt?

Diese Fragen werden und wurden ja schon vielfach mit großem Eifer und einer mitunter abstoßenden Heftigkeit diskutiert. Der Satz, welcher meinem Verständnis diesbezüglich auf die Sprünge geholfen hat, hat auf den ersten Blick gar nichts mit diesen Fragen zu tun und stammt aus dem Tanelorn:

Zitat
Manche Leute denken mechanisch, also einzig und allein in Spielmechaniken; das hat mit Rollenspiel eigentlich recht wenig zu tun.
*

Dazu fallen mir zwei Dinge ein, die mir in dieser Form noch nicht klar waren und die ich auch noch nirgends gelesen habe.

1. Der Satz beinhaltet eine enorm wichtige Unterscheidung in der Herangehensweise an Rollenspiele(rn), die bislang so noch nicht angedacht wurde.

Es gab schon diverse Versuche, Rollenspieler zu klassifizieren. Das funktioniert natürlich immer nur teilweise. Es gibt schlicht zu viele Facetten im Rollenspiel und bei Rollenspielern, wodurch immer ein bisschen Information auf der Strecke und damit unerfasst bleibt. Andererseits ergeben Teile solcher Typologien oftmals auch Sinn und helfen durch ihre Vereinfachung beim Verständnis einiger Phänomene am Spieltisch.

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Die gemeinsame Klammer ist nun, und damit kommen wir zum Kern des ersten Punktes und zugleich zurück zum Zitat, die Mechanik bzw. das der Mechanik beigemessene Gewicht. Damit meine ich das Ausmaß und die Wichtigkeit, welche Spieler und deren Runden der Mechanik im Rollenspiel beimessen. Man kann das meinetwegen mit Begrifflichkeiten wie Mechanik, Mechanikorientierung oder Mechanikpräferenz bezeichnen. Ich machs mir im Folgenden mal leicht und rede da von "Mechanik".

Es ist nach meiner Auffassung diese so definierte Mechanik, welche (z.B. über Charakteroptimierung) das herausforderungsorientierte Spiel und das (z.B. über Handlungsmaschinen) auf Weltsimulation getrimmte Spiel vereinigt.

Es ist auch die Mechanik, an der sich die größten Diskussionen zwischen nWoD und oWoD entzünden. Einige Beitragende halten die Verbesserungen des Regelkerns der nWoD für so wesentlich, dass ein Relaunch gerechtfertigt ist, während andere kopfschüttelnd mit der regeltechnisch schlechter gestellten, aber settingtechnisch voll etablierten oWoD weitermachen.

Es ist die Mechanik, welche einige Leute Contests über die Effizienz von Charakteren veranstalten und andere Leute den Kopf darüber schütteln lässt.

Es ist die Mechanik, welche die 4E und die D&DNext („rulings, not rules“) ganz fundamental voneinander trennt.

Es ist die Mechanik, welche einige Leute ihre Charaktere mit großer Freude optimieren und andere für derlei Zeitvertreib dazu wenig erfreuliche Bezeichnungen (Powergamer, Munchkin) finden lässt.

Es ist umgekehrt die (fehlende) Mechanik, welche einige Leute ihre Charaktere auch abseits von Werten und Spielabenden liebevoll ausgestalten und andere für derlei Zeitvertreib dazu wenig erfreuliche Bezeichnungen (Barbiespieler) finden lässt.

Es ist auch die Mechanik, welche einige Leute mit Begeisterung einen Partipationismus inklusive aller Konsequenzen (Railroading, Dramaturgie, Rule of Cool etc.) praktizieren lässt, der in anderen die blanke Abscheu vor so wenig „Spiel im Spiel“ entstehen lässt.

Es ist die Mechanik, welche einige Beitragende eine generelle Abbildbarkeit von NSC durch die Regeln fordern lässt, während andere Leute das mit Kopfschütteln quittieren, weil dadurch einer Spielwelt womöglich der mystische Reiz abhandenkommt.

Und so weiter.

Kurzum: es ist die Mechanik, welche viele der fundamentalen Fragen rund um Rollenspiele entscheidend beeinflusst.
 
Es ist somit auch die Mechanik, welche viele der maßgeblichsten Unterschiede von Spielern und Spielrunden erklärlich macht. Die Mechanik ist quasi ein Maßstab zum Verständnis und Verhältnis der beiden Komponenten unseres Hobbies: des (üblicher Weise qualitativ orientierten) Agierens in einer Rolle (roleplaying) und des (üblicher Weise quantitativ verregelten) spielerischen Anteils (game).

Der typische Rollenspieler wird durchaus an beiden Komponenten Spaß haben, weil er sich sonst vermutlich schlicht für ein anderes Hobby begeistern würde. Zu wichtig sind beide Komponenten in Rollenspielen, um auf eine davon komplett verzichten zu können. Jedoch können natürlich die Ausprägungen und Gewichtungen der beiden Facetten über Spieler, Spielrunden und sogar Spielabende innerhalb der gleichen Spielrunde vollkommen unterschiedlich sein.

Sicherlich gibt es auch Spieler, und zu denen zähle ich mich, die keine klar definierten und schon gar nicht zeitstabile Präferenzstrukturen haben. Das könnte sogar gut und gerne die Mehrheit der Rollenspieler umfassen. Diese Leute spielen dann je nach Runde, aktueller Situation und dem jeweiligen System gerne unterschiedliche Mischungen aus dem Agieren in einer Rolle und den spielerisch verregelten Teilen.

 

2. Der Satz ist ganz grundsätzlich richtig.

Ich halte den Satz für richtig, weil es sich bei Mechanik zwar um eine für Rollenspiele sehr wesentliche Komponente handelt. Ohne Mechanik bleibt nur freies Agieren in einer Rolle übrig. Das ist Improtheater. Ohne freies Agieren in einer Rolle bleibt hingegen die Verregelung von Aktionen übrig. Das sind reine Brettspiele. Nur die parallele Existenz beider Komponenten ist meiner Ansicht nach konstitutiv für Rollenspiele. So definiert sind dann übrigens auch Erzählspiele klarer Weise Rollenspiele. Und so Klamotten wie die Werwölfe aus dem Düsterwald. Oder Räuber und Gendarm. Etc. Finde ich in Ordnung. Darum gehts mir an dieser Stelle aber nicht in erster Linie. **


 
Und was hat das alles nun mit dem Anspruch und Kunstbegriff eines Rollenspiels zu tun?

Die Mechanik erklärt, wie spezifisch beziehungsweise ganzheitlich die Rollenspieler einer Runde beansprucht werden. In Runden mit hoher Mechanik sind vor allem logisch-mathematische Fähigkeiten gefragt. Es geht um das Erkennen von Mustern, um die Entwicklung und Umsetzung von Taktiken, um die strategische Ausrichtung des Charakters, um die abstrakte Erfassung von Beziehungen zwischen Stakeholdern etc. Das kann alle Beteiligten beliebig fordern und geht von einer typischen Bier&Bretzel-Runde mit viel Alkohol und deren mehr oder weniger zielorientierten Würfeleien bis hin zu maximal ausgefuchsten und anforderungsintensiven Runden höchster Ambition.

In Runden mit geringer Mechanik werden die Beteiligten auch abseits der logisch-mathematischen Fähigkeiten gefordert. Dennoch besteht je nach Ambition der Gruppe womöglich eine höhere Belastung der Beteiligten. Denn eine solche Runde benötigt einerseits logisch-mathematischen Fähigkeiten, welche für das Erfassen von Situationen unerlässlich ist. Das geschieht vermutlich in einem geringeren Ausmaß als in Gruppen mit hoher Mechanik. Hinzu kommen im Falle von geringer Mechanik jedoch erheblich stärkere Anforderungen an sprachlich-linguistische, körperlich-kinästhetische, interpersonale und auch intrapersonale Aspekte der Intelligenz.

Dadurch ist meiner Ansicht nach die Auffassung begründbar, dass in Runden mit geringer Mechanik durchaus ein höherer Anspruch im Sinne einer ganzheitlicheren Belastung der Beteiligten einhergehen kann. Auch kann in Runden mit enorm geringer Mechanik durchaus einmal etwas entstehen, was die Beteiligten als „Kunst“ auffassen. Das wiederum lässt sich in Runden mit hoher Mechanik schwerlich nachvollziehen.***

Soweit erst mal meine Gedanken. Muss gleich los, deshalb ist das alles noch etwas ungeordnet.  Bin gespannt auf Eure Kommentare, werde aber nur sehr wenig dazu kommen, den Thread zu moderieren oder inhaltlich zu begleiten.

Wichtig ist mir, dass eine konstruktive, inhaltlich geführte Diskussion zustandekommt. Das ist angesichts des Themas und seiner Implikationen geboten. Bitte haltet Euch daran. Herzlichen Dank.

Und nun viel Spaß beim Diskutieren. Ich bin gespannt auf Eure Gedanken.

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Offline Auribiel

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Vielen Dank für den Denkanstoß.

Unbewusst war mir die Differenzierung "Mechanik-Liebhaber" und "Rollenspiel-Liebhaber" schon bewusst, allerdings haben deine Beispiele es in die Bewusstheit gerückt und deutlich vor Augen zu führen gewusst.

Und ähnlich wie du kann ich mich nicht klar einer der beiden Fraktionen zuordnen. Ja, ich kann völlig frei spielen, nutze dann aber trotzdem Entscheidungswürfel. Andererseits mag ich auch klar strukturierte "Mechanik" (und fühle mich entsprechend gerade hin und her gerissen zwischen SaWo und Fate).

Zitat
Dadurch ist meiner Ansicht nach die Auffassung begründbar, dass in Runden mit geringer Mechanik durchaus ein höherer Anspruch im Sinne einer ganzheitlicheren Belastung der Beteiligten einhergehen kann. Auch kann in Runden mit enorm geringer Mechanik durchaus einmal etwas entstehen, was die Beteiligten als „Kunst“ auffassen. Das wiederum lässt sich in Runden mit hoher Mechanik schwerlich nachvollziehen.***

Interessanter Gedanke. Wäre die Frage, ob denn ein Anspruch besteht, "Kunst" zu erstellen? Vermutlich lässt sich das in Runden mit hoher Mechanik nicht nachvollziehen, weil sie nie auf eben diesen Anspruch kämen und stattdessen eher die Verfeinerung von Taktik im Vordergrund steht?
Feuersänger:
Direkt-Gold? Frisch erpresst, nicht aus Konzentrat?

Eulenspiegel

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Ohne Mechanik bleibt nur freies Agieren in einer Rolle übrig. Das ist Improtheater. Ohne freies Agieren in einer Rolle bleibt hingegen die Verregelung von Aktionen übrig.
Das sehe ich anders. Sowohl beim Pen&Paper als auch beim LARP gibt es auch 100% Freeforming.

Es gibt zum Beispiel die beiden folgenden Prinzipien, die in manchen LARPs umgesetzt werden:
- You can what you can.
- You can what you can show.

Und im Pen&Paper gibt es auch einige Runden, wo auf Regeln vollkommen verzichtet wird und rein auf Plausibilitätsabwägungen entschieden wird.

Das fühlt sich jeweils komplett anders an als Improtheater.

Offline Chiarina

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Um ehrlich zu sein: Das Fass, das du hier aufmachst, ist mir zu groß.

Ich kann deine Abgrenzungen nachvollziehen, diese Kunstdebatte ist in meinen Augen aber indiskutabel - und zwar deshalb, weil Kunst so vielfältig ist. Es gibt eben auch Kunst, in der eine bestimmte mechanistische Herangehensweise wichtig ist. Denke mal an Konzeptkunst oder gewisse Phänomene in der Minimal Art: Die Produkte können hier auch einfach Ideen sein, die mittels einer bestimmten Mechanik umgesetzt und dann zur Kunst erklärt werden...

Was ich sagen will: Der Kunstbegriff ist zu allgemein, die konkreten Phänomene zu vielfältig um in dieser Diskussion sinnvoll verwendet werden zu können. Wenn der Bezugsrahmen konkreter gewählt würde, wäre die Diskussion in meinen Augen eventuell sinnvoll.

Chiarina.

Drei Beispiele für Kunst, in der mechanistische Herangehensweisen eine größere Rolle spielen:

Sol Le Witt (Minimal Art): http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.printed-editions.com%2Fupload%2Fstandard%2FSol_Lewitt_Stars___Light_Center__314.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.printed-editions.com%2Fartwork%2Fsol-lewitt-stars---light-center--7211&h=340&w=600&tbnid=YXtKxHL-Y8M7gM%3A&zoom=1&q=sol%20lewitt&docid=NA2QjzYB1rhFOM&ei=wzsxVPeiNYH2O_uJgLAI&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=1613&page=3&start=137&ndsp=75&ved=0CKYCEK0DMGA4ZA)

On Kawara (Konzeptkunst): http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fupload.wikimedia.org%2Fwikipedia%2Fcommons%2F5%2F53%2FOn_Kawara%2C_June_19%2C_1967_from_Today_Series%2C_No._108%2C_1966_-_Black_Power_in_the_United_States_%2C_1967_%283785168562%29.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FOn_Kawara&h=1475&w=1894&tbnid=sbnQvFFwvpaP4M%3A&zoom=1&q=konzeptkunst%20On%20Kawara&docid=F7yndjpjV_LcWM&ei=3j4xVK7uF8e3OPCEgfAO&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=478&page=1&start=0&ndsp=60&ved=0CCwQrQMwBA

Andy Warhol (Pop Art): http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2F4.bp.blogspot.com%2F-K7uzvqc6oAM%2FTiwGxHU5ooI%2FAAAAAAAABNk%2FOgWz5TSb1CE%2Fs1600%2F1farbwahn.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Ffarbwahn.blogspot.com%2F2011%2F08%2Fbildbeschreibung-andy-wahrol-campbells.html&h=493&w=812&tbnid=b503TYxgHefIVM%3A&zoom=1&q=andy%20warhol%20campbell%C2%B4s&docid=XkH-PEl8IvbK9M&ei=_UAxVM2rG4LvOY7fgIAN&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=649&page=1&start=0&ndsp=70&ved=0CCUQrQMwAQ
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Slayn

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@Wellentänzer:

Für mich persönlich ist das irgendwie ein bizarrer Beitrag. Ich kenne das wirklich nur so das man sich gemeinsam entscheidet wo das Primat liegen soll, Regeln oder Erzählung und dann mehr oder weniger konsequent dabei bleibt. Ich für meinen Teil komme mit den beiden Extrempolen am besten klar, da hier die implizierten und expliziten Regeln am eindeutigsten sind, bekomme aber Probleme mit den Mischformen.
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Offline 1of3

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Ja, das ist schwierig. Du fragst:

Zitat
Können Rollenspiele "Kunst" sein?

Da ist nun zunächst mal die Frage: was heißt in diesem Satz "Rollenspiel"? In deinen weiteren Ausführungen wird klar, dass du dich nicht auf Rollenspiele als Produkte, nicht auf die Bücher, beziehst, sondern auf "Play", also das Tun am Spieltisch.

Jetzt kommt ein Problem auf, denn Kunst definiert sich immer als Tun in einem bestimmten Medium. Es gibt z.B. Bildhauerei, Schauspiel, Musik oder Literatur. Wenn wir jetzt Play als Kunst verstehen wollen, müssen wir erst einmal wissen, was das für ein Medium ist. Begreifen wir Play als Form als Schauspiel und wenden zur Bewertung des künstlerischen Anspruchs den des Schauspiels an? Betrachten wir es als Erzählung und wenden Kriterien der Narratologie an? Ist es eine Mischform?

Und wenn wir schon nicht klar sagen können, dass es Schauspiel oder Erzählung ist, wieso exkludierst du dann direkt jenen anderen Bereich? Wieso ist es nicht Teil der Kunst des Rollenspiels einen Charakter mit allen mechanischen Kniffen zu bauen, wenn wir unseren Kunstbegriff sowieso schon neu ziehen müssen?

Offline Crimson King

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Ich persönlich halte den Aspekt, dass die Stärke der Verregelung die Form von Kreativität, die im Rollenspiel gefragt ist, maßgeblich beeinflusst und das Spiel bzw. das Ergebnis in Bezug auf erzählerische und darstellerische Qualität sowie emotionalen Impact höheren Ansprüchen genügt. Den Kunstbegriff würde ich dabei aber außen vor lassen. Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Kunst. Von daher stehe ich auf dem Standpunkt, dass Rollenspiel bzw. das Ergebnis des Spiels genau dann Kunst ist, wenn die Mitspieler es als Kunst ansehen.

Davon abgesehen halte ich es für sehr relevant, den Blick auf die Art der verwendeten Mechaniken zu richten. Diverse Indies sind z.B. sehr stark verregelt. Die Art der Regeln ist aber eine völlig andere als bei DnD oder GURPS/Rolemaster. Auf der Seite der Gamisten und Weltensimulierer werden Regeln üblicherweise direkt darauf angewandt, ob eine Handlung erfolgreich ist oder nicht. Auf der anderen Seite stehen Regeln, die vornehmlich die Auswirkungen der Handlung auf die Story betrachten oder die nicht die Auswirkungen der Handlung, sondern die Erzähl- und Entscheidungsrechte verregeln.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline blut_und_glas

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In Runden mit hoher Mechanik sind vor allem logisch-mathematische Fähigkeiten gefragt.

Zitat
In Runden mit geringer Mechanik werden die Beteiligten auch abseits der logisch-mathematischen Fähigkeiten gefordert.

Das halte ich, wie andernorts schon einmal angemerkt, für eine fragwürdige, eigentlich sogar schon fast patent falsche Zuschreibung von bestimmten Fähigkeiten als mechanisch/nicht-mechanisch.

Richtig ist sicher, dass extrem viele Spiele in ihrer Mechanik ausgerechnet der logisch-mathematisch-orientierten Linie folgen, aber Mechanik kann auch andere Fähigkeiten abfragen/Herausforderungen können anderen Bereichen entstammen.

Auf den Kunstbegriff bezogen stellt sich zudem die Frage, ob nicht auch die Mechanik selbst (beziehungsweise deren Anwendung/Ergebnis) als Kunst begriffen werden kann.

Die Überlegungen zum Rollenspiel als unbedingt aus mechanischen und nicht-mechanischen Anteilen bestehend passen für mich damit so nicht mehr recht zusammen mit der Frage nach dem Kunstbegriff (und dem Versuch diese Anteile auf verschiedene Fähigkeiten zu beziehen).

mfG
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Online Arldwulf

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Es läuft am Ende darauf hinaus was man von Regeln erwartet. Wenn man von ihnen Inspiration und Hilfe, Umsetzungsvorschläge erwartet, dann sind sie ein Mittel um Kreativität zu fördern. Und in diesem Fall hat die Mechanik natürlich sehr viel mit dem Rollenspiel zu tun, und Archoangels Satz wäre falsch.

Man kann Regeln aber auch als ein Parallelspiel zum Rollenspiel sehen, als etwas das mit den eigentlichen Charakteren und ihren Abenteuern nichts zu tun hat. Und dann wird der Satz wieder richtig.

Ich mag den ersten Ansatz deutlich lieber, und würde deshalb auch sagen: Gute Regeln für die einzelnen Aspekte des Spiels zu haben ist wichtig.

Offline Fredi der Elch

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Wer heute noch eine klare Trennung zwischen "Rollplay" und "Roleplay" bzw. zwischen "Mechanik" und "freiem Ausspielen" (was immer das beides heißen mag, da gibt es längst bessere Begriffe und Konzepte) sieht, hat offensichtlich die letzten 10 Jahre Rollenspieltheorie verpasst. Und dann noch an der Trennung eine implizite Wertung festmachen (Roleplaying könnte Kunst sein, Rollplaying auf keinen Fall) - nein danke. Das ist eine überflüssige bis schädliche Diskussion.

Edit: Hey, der nächste Post von Rumpel sagt das viel besser, was ich sagen wollte. :)
« Letzte Änderung: 5.10.2014 | 17:38 von Fredi der Elch »
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Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Achamanian

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Ich würde Slayn, 1 of 3 und blut_und_glas da zustimmen: Ich halte es erstens für Unsinn, überhaupt den erzählerischen Aspekt prinzipiell vom spielmechanischen trennen zu wollen; dieser Ansatz wird ja von der reinen Existenz einer ganzen Reihe von Indie-Systemen, die mittels einer Mechanik Story herauskitzeln (Fiasko, Polaris, Monsterhearts, ansatzweise auch FATE ...), Lügen gestraft.

Zweitens gibt es überhaupt keinen Grund, dass Erzählerische gegenüber dem Mechanischen als "künstlerisch" zu privilegieren. Warum sollte die Entwicklung und/oder Verwendung einer mehr oder weniger ausgefeilten Mechanik nichts Künstlerisches an sich haben können? Und andererseits: warum sollte gerade der Erzählaspekt des Rollenspiels, der sich ja in aller Regel wegen der Spontaneität im Rollenspiel doch eher in Klischees erschöpft, das "Kunstschaffende" daran sein? Die erzählerischen Inhalte einer Rollenspielrunde würden ja normalerweise bestenfalls den erfordernissen eines Groschenromans genügen und damit gerade nicht unter den allgemein anerkannten Kunstbegriff fallen (ob dieser Ausschluss gerechtfertigt ist, darüber könnte man sich natürlich auch wieder streiten, aber das ist noch ein Fass).

Letztlich halte ich glaube ich vor allem die scharfe Trennung von Mechanismen und erzählerischen Aspekten für Unfug; das lässt das außen vor, was ich als best practice im Rollenspiel empfinde, nämlich Mechanismen auszuwählen und zu nutzen, die in Wechselwirkung mit der Kreativität der Spieler treten und dabei neue Anstöße für die Interaktion geben. Wenn man schon unbedingt den Kunstbegriff auf das Rollenspiel als Praxis anwenden will, dann würde ich genau dort ansetzen - denn da findet tatsächlich in dem Sinne ein künstlerischer Prozess statt, dass die Künstler (also Spieler) sich mit einem Material (in diesem Fall einem Regelwerk) auseinandersetzen und dabei sowohl dessen Eigengesetzmäßigkeiten achten als auch es an seine Grenzen und streckenweise darüber hinaus zu entwickeln - etwa analog zur Dichtkunst, wo der dichter ja auch nicht nur eine Geschichte erzählt oder etwas Beschreibt, sondern sich - durchaus mechanistisch - mit dem Material der Sprache auseinandersetzt, mit ihrer abstrakten Klanglichkeit und Rhythmik.

Offline D. M_Athair

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+1 zu Rumpel
Wobei ich der Meinung bin, dass für die Widerlegung der These vom Schisma (z.B. eines Florian Berger) die Auseinandersetzung mit den Spielen der Chaosium-Crew (RQ, Cthulhu, Pendragon, Prince Valiant, Ghostbusters) schon ausreicht. Kurz: Ich vertrete die Auffassung, dass die These nicht erst seit neueren Tagen (vgl. Ferdi) verkehrt ist, sondern spätestens seit Ende der 80er.

Deswegen betrachte ich die oWoD mit ihrem "künsterlischen" Anspruch auch als Nebelkerze.
Oder: In gewisser Hinsicht waren die 90er tatsächlich die "Dark Ages" des Rollenspiels.

Es ist nach meiner Auffassung diese so definierte Mechanik, welche (z.B. über Charakteroptimierung) das herausforderungsorientierte Spiel und das (z.B. über Handlungsmaschinen) auf Weltsimulation getrimmte Spiel vereinigt.
Interessanterweise lässt sich an der Stelle (Rules vs. Rulings) auch eine Spaltung proklamieren. Und in die beiden entstehenden Kategorien lässt sich ein große Teil von Rollenspielen einsortieren. Und trotz Grabenkämpfen funktioniert das bei genauerem Hinsehen genauso wenig wie "mechanics vs. telling".
« Letzte Änderung: 5.10.2014 | 18:35 von Strohmann-Hipster »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline D. M_Athair

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@ Kunst: Ist sowas oder auch was Rumpel schrieb.
Kunst hat mMn zwei wesentliche Aspekte: Die Selbstaussage des Kunstwerks und die Spiegelung des Betrachters.
Wenn eines von beidem fehlt, dann ist es für mich keine Kunst. Klassische Rollenspiele (auch Indies wie Fiasko) sind gut darin das erste zu produzieren: Abenteuer, ein Erlebnis, eine Geschichte, ... Indies (wie Montsegur) machen v.a. das letztere.

Damit Rollenspiel Kunst wird muss es aber beide Funktionen erfüllen. Und dafür muss es einen gestalterischen Prozess durchlaufen. Ich habe den mal in 3 Schritte aufgeteilt:

1. Die Metaebene (in der Form der von Rumpel beschriebenen Wahl und Benutzung von Erzählung und Mechanismen als Methode). Das wäre quasi die Werkzeugebene.

2. Dann den Stoff. Das wäre das konkrete Abenteuer, das sich mit - für das jeweilige Genre - relevanten Themen auseinandersetzt. Oder so ähnlich. Meine Gedanken sind dazu noch nicht fertig ausgebrütet. Wichtig scheint mir jedenfalls, dass die Themen offen sind und nicht "von außen" hineingelegt - vgl. Montsegur, Dogs, ... Wenn das der Fall ist, ist das Prozesshafte des künstlerischen Handelns erstens eingeschränkt (vorgefertigtes Ziel) und zweitens ist das Ergebnis v.a. als Spiegelbild, nicht aber als eigenständiges Werk interessant. Das wäre die Materialebene. Erzählung und Mechanismen treten hier als Content-Produzenten auf.

3. Investment. Flow. Man könnte es auch die Gestaltung des künstlerischen Arbeitsprozesses nennen. Hier tritt mMn der Wunsch nach Immersion zu tage. Ich glaube, dass hier der Verzicht oder das Ausblenden der "Audience-Funktion" im Sinne der "Kritiker-Funktion" und generell das Verlassen der Metaebene hilfreich sind. Erzählung und Mechanismen haben ihr ausführendes Element.

... soweit mal mein systematischer Versuch "Rollenspiel als Kunstform" zu fassen. Die Gedanken dazu sind noch nicht wirklich ausgereift.


Das Ergebnis kann dann, wenn es diese 3 Schritte durchlaufen hat Kunst sein. Dafür muss es aber als Aussage und Spiegelung des Betrachters bestehen können.
« Letzte Änderung: 5.10.2014 | 18:40 von Strohmann-Hipster »
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Offline Fredi der Elch

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Bestimmte kreative Constraints schließen Kunst nicht aus, sonden können den produzierten Inhalten sogar förderlich sein. Wenn jemand nach der Vorgabe "SF-Roman über Transhumanismus, soll die Frage nach der Natur des Menschen beleuchten" ein Werk verfasst, kann dies natürlich Kunst sein. Viele der größten Werke der Kunstgeschichte waren Auftragsarbeiten mit Vorgaben. Und dementsprechend können Rollenspiele mit kreativen Vorgaben natürlich auch Kunst produzieren (müssen sie natürlich nicht, können sie aber). Die Vorstellung, Spiele wie Dogs oder Montsegur könnten prinzipiell keine Kunst schaffen, ist völlig daneben.
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Zitat von: 1of3
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Offline Archoangel

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Wow ... mir war nicht klar, dass ich bisher quasi der Einzige war, der zu dieser Schlussfolgerung gekommen ist. Ehrlich gesagt dachte ich immer DAS wäre der Grundgedanke der Rollo-Theorie: Mechanik versus Storytelling (bzw. die Grade der vermengung der Beiden, bzw. die verhältnismäßigen Anteile). Vielleicht sollte ich mich doch mal mit dem Rollenspieltheorieteil auseinandersetzen, der mich bisher so gar nicht interessiert hat ... vielleicht hat er mich auch interessiert, aber ich habe mir etwas anderes (falsches) darunter vorgestellt. Ich finde es auf jeden Fall spannend fortan hier mitzulesen.
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Offline Archoangel

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Ja, das ist schwierig. Du fragst:

Da ist nun zunächst mal die Frage: was heißt in diesem Satz "Rollenspiel"? In deinen weiteren Ausführungen wird klar, dass du dich nicht auf Rollenspiele als Produkte, nicht auf die Bücher, beziehst, sondern auf "Play", also das Tun am Spieltisch.

Jetzt kommt ein Problem auf, denn Kunst definiert sich immer als Tun in einem bestimmten Medium. Es gibt z.B. Bildhauerei, Schauspiel, Musik oder Literatur. Wenn wir jetzt Play als Kunst verstehen wollen, müssen wir erst einmal wissen, was das für ein Medium ist. Begreifen wir Play als Form als Schauspiel und wenden zur Bewertung des künstlerischen Anspruchs den des Schauspiels an? Betrachten wir es als Erzählung und wenden Kriterien der Narratologie an? Ist es eine Mischform?

Und wenn wir schon nicht klar sagen können, dass es Schauspiel oder Erzählung ist, wieso exkludierst du dann direkt jenen anderen Bereich? Wieso ist es nicht Teil der Kunst des Rollenspiels einen Charakter mit allen mechanischen Kniffen zu bauen, wenn wir unseren Kunstbegriff sowieso schon neu ziehen müssen?

Erst einmal vorneweg: Rollenspiel ist Erzählkunst, letztlich also eine Fortführung einer der ältesten Kunstformen der menschlichen Rasse, nämlich des Geschichtenerzählens (am Lagerfeuer). Normalerweiße ist der aktive Künstler hier der Erzähler/Spielleiter, der eine Welt vor dem geistigen Auge entstehen lässt in der die Spieler jedoch - abweichend vom Original - agieren können, wodurch sie (mehr oder weniger) die Erzählung mitgestalten können. In perfekten Runden entsteht so aus einer Grunderzählung (SL) und 1W6 Visionen (SC) eine gemeinsame Vision - eine Erzählung, die mehr ist als die Summe der Einzelerzählungen. Somit handelt es sich zunächst um personalisierte Kunst, also eine zeitlich begrenzte Kunst, die im Moment erlebt (und selten geteilt) wird - sich also ganz gemäß dem vorgänger auf eine Art "Lagerfeueratmosphäre" begrenzt.

Die Mechanik die hier verwendet wird ist letztlich nur "Mittel zum Zweck" - ähnlich einem Maler, der auf verschiedene erlernte und intuitive Techniken zurückgreift werden auch hier techniken (Mechaniken) verwendet um die gemeinsam erzählte Geschichte zu formen. Will sagen: ob ich mit verschiedenen Spachteln (Werkzeugen) Muster in eine Tonschale schäle, oder ob ich mit realitäts-simulierenden Werkzeugen (Regelbüchern) Handlungsmuster in einer Spielwelt verändere/einbringe/darbiete ist letztlich (künstlerisch betrachtet) genau das selbe.

Insofern betrachte ich mich als GameMaster auch schon immer als Künstler. Nur ist mein Kunstmedium eben das Erzählen, welches im kreativen Prozess genauso erlernte Techniken und Fantasie fordert, welches über Werkzeuge verfügt, die zur Kunst gehören etc. pp.
4E Archoangel - Love me or leave me!

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Offline D. M_Athair

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"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

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@Arldwulf: McLuhan lehrt uns, dass das Medium nicht nur "Mittel zum Zweck" ist.

Und die Annahme, dass die SL in irgendeiner Weise eher Kunst betreibt als andere Leute am Tisch, betrachte ich gelinde gesagt als Beleidigung.

Achamanian

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Die Mechanik die hier verwendet wird ist letztlich nur "Mittel zum Zweck"

In Bezug auf Kunst ist die Vorstellung, dass etwas "nur Mittel zum Zweck" sei, bestenfalls problematisch ... (s.o.)

Offline Fredi der Elch

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Die Vorstellung, Spiele wie Dogs oder Montsegur könnten prinzipiell keine Kunst schaffen, ist völlig daneben.
Hat wer behauptet?
Du hast die beiden Spiele als Beispiel für Spiele mit offenen Themen verwendet? Sorry, hatte ich falsch verstanden. Dann reduziere ich meine Aussage auf: Die Vorstellung, dass Spiele, bei denen die Themen nicht "offen" also "von außen hineingelegt" sind, keine Kunst schaffen können, ist völlig daneben. :)
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@Arldwulf: McLuhan lehrt uns, dass das Medium nicht nur "Mittel zum Zweck" ist.

Und die Annahme, dass die SL in irgendeiner Weise eher Kunst betreibt als andere Leute am Tisch, betrachte ich gelinde gesagt als Beleidigung.

Huch, wie kommst du darauf? Ist doch was ganz anderes als das von mir gesagte? (Bei dem das Medium, bzw. Regeln, Setting und Mechanik Inspiration sind)

Oder sollte dies an Archoangel gehen?

Offline D. M_Athair

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Dann reduziere ich meine Aussage auf: Die Vorstellung, dass Spiele, bei denen die Themen nicht "offen" also "von außen hineingelegt" sind, keine Kunst schaffen können, ist völlig daneben. :)
Du liest das zu wörtlich.

Natürlich können Dogs oder Montsegur Kunst (auch in einem Sinn jenseits der alten Meister) erschaffen.
Die thematische Vorgabe KANN für eine Runde insofern ein Hindernis sein, als dass die Erwartung eines fixen Ziels oder die Vorstellung, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema unbedingt auf diese oder jene Weise passieren muss, den künstlerisch-kreativen Prozess behindert. Kurz: Wenn es v.a. um die Auseinandersetzung mit dem Thema um des Themas willen geht und kaum mehr um das Spielerleben und die damit verbundenen kreativen Prozesse.
Dann ist man nämlich wieder beim White-Wolf- oder DSA-Kaufabenteuer-Zirkelschluss: Die Spieler reproduzieren Ergebnisse und Inhalte, die schon als "Fiktion" (im Regelbuch oder Abenteuer) vorhanden sind. Der schöpferische Akt entfällt.
(Ich glaube ja, dass weder Dogs noch Montsegur so gedacht sind, aber sie werden faktisch leicht als diese Art von One-Trick-Ponys verstanden. Und dann, NUR dann, ist es nicht möglich mit den Spielen Kunst zu erzeugen.)


Wenn man nicht in diese Falle tappt, da stimme ich dir zu Fredi, dann können >>kreative Constraints<< sehr förderlich sein. Einfach, weil sie den Prozess künsterlischen Schaffens mit anstoßen können. Ein Verzetteln verhindern, ...


Was ich damit sagen will: "Von außen hineingelegt" heißt, dass Thema und Rollenspiel weder ein Ganzes ergeben noch eine spannungsvolle Beziehung zueinander aufbauen, sondern dass man das eine neben dem anderen her behandelt. Oder aber das Ganze zu einer eingleisigen Sache macht, die nur in eine Richtung fährt.
Was Kunst letztlich verhindert sind also letztlich (falsche) Erwartungen und Vorstellungen von Spielern.
« Letzte Änderung: 5.10.2014 | 21:04 von Strohmann-Hipster »
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Offline Slayn

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Da ist nun zunächst mal die Frage: was heißt in diesem Satz "Rollenspiel"? In deinen weiteren Ausführungen wird klar, dass du dich nicht auf Rollenspiele als Produkte, nicht auf die Bücher, beziehst, sondern auf "Play", also das Tun am Spieltisch.

Jetzt kommt ein Problem auf, denn Kunst definiert sich immer als Tun in einem bestimmten Medium. Es gibt z.B. Bildhauerei, Schauspiel, Musik oder Literatur. Wenn wir jetzt Play als Kunst verstehen wollen, müssen wir erst einmal wissen, was das für ein Medium ist. Begreifen wir Play als Form als Schauspiel und wenden zur Bewertung des künstlerischen Anspruchs den des Schauspiels an? Betrachten wir es als Erzählung und wenden Kriterien der Narratologie an? Ist es eine Mischform?

Und wenn wir schon nicht klar sagen können, dass es Schauspiel oder Erzählung ist, wieso exkludierst du dann direkt jenen anderen Bereich? Wieso ist es nicht Teil der Kunst des Rollenspiels einen Charakter mit allen mechanischen Kniffen zu bauen, wenn wir unseren Kunstbegriff sowieso schon neu ziehen müssen?

Finde ich gar nicht mal unwichtig, genau so wie Archoangels Antwort darauf das er RSP strikt als Fortführung der Erzähltradition sieht. Beide Beiträge geben sich da die Hand.

An der Stelle finde ich es nämlich erwähnenswert das RSP das Bastardkind von verschiedenen Traditionen ist und sich vieler entlehnter Mittel aus eben diesen Traditionen bedient.
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Kurz: Wenn es v.a. um die Auseinandersetzung mit dem Thema um des Themas willen geht und kaum mehr um das Spielerleben und die damit verbundenen kreativen Prozesse.
Dann ist man nämlich wieder beim White-Wolf- oder DSA-Kaufabenteuer-Zirkelschluss: Die Spieler reproduzieren Ergebnisse und Inhalte, die schon als "Fiktion" (im Regelbuch oder Abenteuer) vorhanden sind. Der schöpferische Akt entfällt.
Ich glaube, dass du den völlig falschen Schluss ziehst, dass externe Vorgaben automatisch (oder auch nur sehr leicht) zu Reproduktion statt Kreativität führen. Das ist aber grudlegend falsch. Bei der Schauspielerei z.B. steht der gesprochene Text im Regelfall vollkommen fest. Dennoch findet ein schöpferischer Prozess statt - nur eben außerhalb der Vorgaben (grob gesagt im "Ausdruck"). Wichtig ist bei Vorgaben nur, dass sie genug Raum für Kreativität lassen - oder sich die Schaffenden den Raum einfach nehmen. Dieser Raum kann dabei ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. So kann auch das "Nachspielen" eines DSA-Kaufabenteuers kreativ (und damit ggf. auch Kunst) sein - nur halt nicht auf der Ebene der übergeordneten Story, sofern die feststeht. Aber auf einer anderen Storyebene, auf der Charakterdarstellungsebene, von der Situationskomik her, usw. usf. hat Kreativität hier jede Menge Platz. Der Punkt "Vorgaben" ist aus meiner Sicht also ein Holzweg.

Viel wichtiger scheint mir dein anderer weiter oben genannter Punkt zu sein: Kunst muss sich in gewissem Maß ihrer selbst bewusst sein. Wenn niemandem auffällt, dass etwas Kunst ist, ist es auch keine. Eine gewisse Metaebene mit Reflektion muss sein. Das muss nicht im Spiel stattfinden, aber irgendwann muss mal irgendjemand den künstlerischen Aspekt reflektieren. Sonst isses aus meiner Sicht keine Kunst.
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Ich glaube, dass du den völlig falschen Schluss ziehst, dass externe Vorgaben automatisch (oder auch nur sehr leicht) zu Reproduktion statt Kreativität führen. Das ist aber grudlegend falsch. Bei der Schauspielerei z.B. steht der gesprochene Text im Regelfall vollkommen fest. Dennoch findet ein schöpferischer Prozess statt - nur eben außerhalb der Vorgaben (grob gesagt im "Ausdruck"). Wichtig ist bei Vorgaben nur, dass sie genug Raum für Kreativität lassen - oder sich die Schaffenden den Raum einfach nehmen. Dieser Raum kann dabei ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. So kann auch das "Nachspielen" eines DSA-Kaufabenteuers kreativ (und damit ggf. auch Kunst) sein - nur halt nicht auf der Ebene der übergeordneten Story, sofern die feststeht. Aber auf einer anderen Storyebene, auf der Charakterdarstellungsebene, von der Situationskomik her, usw. usf. hat Kreativität hier jede Menge Platz. Der Punkt "Vorgaben" ist aus meiner Sicht also ein Holzweg.

Viel wichtiger scheint mir dein anderer weiter oben genannter Punkt zu sein: Kunst muss sich in gewissem Maß ihrer selbst bewusst sein. Wenn niemandem auffällt, dass etwas Kunst ist, ist es auch keine. Eine gewisse Metaebene mit Reflektion muss sein. Das muss nicht im Spiel stattfinden, aber irgendwann muss mal irgendjemand den künstlerischen Aspekt reflektieren. Sonst isses aus meiner Sicht keine Kunst.

Dem kann man nur entnehmen das man im Rollenspiel mehrere Arten von Kunst finden kann, wenn man denn nach ihnen sucht.
Die konkrete Frage die Strohmann hier aber stellt, bleibt damit unbeantwortet. Wenn es hier um "Erzählkunst" geht, also das kreative Erfinden von Geschichten und genau der Aspekt des kreativen Prozesses entfällt dabei, ist es dann noch "Erzählkunst"?
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Offline Oberkampf

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Meinetwegen kann alles mögliche Kunst sein, aber ich bin froh, wenn ich weiter auf den Niveau eines Groschenromans spielen kann. Einer Gruppe, die an sich oder andere irgendeinen künstlerischen Anspruch im Rollenspiel stellt, würde ich lieber aus dem Weg gehen.
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Ich schlüssel das nochmal auf.

Viel wichtiger scheint mir dein anderer weiter oben genannter Punkt zu sein: Kunst muss sich in gewissem Maß ihrer selbst bewusst sein.
Schön formuliert.

Bei der Schauspielerei z.B. steht der gesprochene Text im Regelfall vollkommen fest. Dennoch findet ein schöpferischer Prozess statt - nur eben außerhalb der Vorgaben (grob gesagt im "Ausdruck").
Auf diese Art von Kunst lege ich beim Rollenspiel keinen Wert. Ist für mich beim RSP ein Handwerk.

Der Punkt "Vorgaben" ist aus meiner Sicht also ein Holzweg.
Hast du gut darlegen können. Das ist er. Zumindest in Bezug auf manche Kunstformen und in Bezug auf Spielphilosophien. Der Punkt "Vorgaben" stimmt jedoch, wenn man mit mir ergebnisoffene Exploration (ganz egal ob man das mit Everway, Prince Valiant, Renaissance Deluxe, Urchin oder LotFP) als definierendes Merkmal von Rollenspielen annimmt. (Oder jedenfalls von Rollenspiel, das Spaß macht.)

... und Danke für's das Mimen eines Brutkasten.  ;)
Meine Gedanken sind dazu noch nicht fertig ausgebrütet.



Meinetwegen kann alles mögliche Kunst sein, aber ich bin froh, wenn ich weiter auf den Niveau eines Groschenromans spielen kann.
Kunst ist doch keine Frage des Niveaus.  :-\
« Letzte Änderung: 5.10.2014 | 23:02 von Strohmann-Hipster »
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Die konkrete Frage die Strohmann hier aber stellt, bleibt damit unbeantwortet. Wenn es hier um "Erzählkunst" geht, also das kreative Erfinden von Geschichten und genau der Aspekt des kreativen Prozesses entfällt dabei, ist es dann noch "Erzählkunst"?
Hallo, Zirkelschluss? Wenn du Erzählkunst definierst als kreatives Erfinden von Geschichten und dann kein Prozess kreativen Geschichtenerfindens stattfindet, ist es dann nach der Definition noch Erzählkunst? Hmmmm, lass uns mal gemeinsam überlegen... ::)

Der Punkt "Vorgaben" stimmt jedoch, wenn man mit mir ergebnisoffene Exploration (ganz egal ob man das mit Everway, Prince Valiant, Renaissance Deluxe, Urchin oder LotFP) als definierendes Merkmal von Rollenspielen annimmt. (Oder jedenfalls von Rollenspiel, das Spaß macht.)
Du schränkst aus meiner Sicht in deiner impliziten Definition sowohl "Ergebnis" als auch "Offenheit" in Bezug auf Rollenspiel unzulässig ein. Oder zumindest wirkt es für mich so, denn eigentlich hast du ja "ergebnisoffen" überhaupt nicht definiert. ;) Was kann denn aus deiner Sicht das "Ergebnis" von Rollenspiel sein? Und wann ist das "offen" und wann nicht mehr? Ich vermute, dass du, sobald du versuchst, das in deinem Sinne zu definieren, bei demselben Zirkelschluss landen wirst, den ich oben kritisiert habe.

P.S.: Was dir persönlich am Rollenspielen Spaß macht, kann keine Grundlage von allgemeinen Definitionen über Rollenspiel sein, meinst du nicht auch? ;)

P.P.S.: Ich "brutkaste" gern. Im Dialog lassen sich Ideen immer besser entwickeln als allein. :)
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P.S.: Was dir persönlich am Rollenspielen Spaß macht, kann keine Grundlage von allgemeinen Definitionen über Rollenspiel sein, meinst du nicht auch? ;)
I blame a wicked person.  :-X
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Du schränkst aus meiner Sicht in deiner impliziten Definition sowohl "Ergebnis" als auch "Offenheit" in Bezug auf Rollenspiel unzulässig ein. Oder zumindest wirkt es für mich so, denn eigentlich hast du ja "ergebnisoffen" überhaupt nicht definiert. ;) Was kann denn aus deiner Sicht das "Ergebnis" von Rollenspiel sein? Und wann ist das "offen" und wann nicht mehr? Ich vermute, dass du, sobald du versuchst, das in deinem Sinne zu definieren, bei demselben Zirkelschluss landen wirst, den ich oben kritisiert habe.
Jein. Oder: Ergebnisoffen heißt ... letztlich, dass der Spielrunde keine Vorgaben von außen gesetzt sind, mit denen sie nicht umzugehen weiß. Nicht ergebnisoffen wäre eine Runde, die sich mit falschen Vorstellungen an ein Spiel wagt. (Weiter mag ich das nicht ausführen, weil ich keine Möglichkeit sehe meine Präferenzen vom Allgemeingültigen so zu trennen, dass es verständlich wäre.)

Was allerdings festzuhalten ist, dass Rollenspiel als Kunst - je nach der Ebene auf der Kunst stattfindet (das kann auch beim Erstellen von Karten durch den Gruppenkartographen) sein - verschiedene Voraussetzungen hat. Schauspielkunst, Geschichtenerzählkunst, ...

Die Wahl von Regeln und Erzählfluss - die ich als ersten Schritt (unsauber) Metaebene genannt hatte, wird auch beeinflusst von der "Kunstart", in der man sich versuchen möchte. Aber auch der Stoff (und v.a. Techniken) werden davon beeinflusst. (Insofern stimmt das mit dem Holzweg und den Voraussetzungen, weil die zu eng waren um allgemeingültig zu sein.) Das wäre Zweitens.
Beim Investment ist eigentlich nur wichtig, dass die Spieler ins Spiel - in Erzählung UND Mechanismen eintauchen. Zu viel Meta kann da schaden.
Eine Reflexions-/Metaebene wird erst als viertes wieder wichtig. Wo Rollenspielkunst als das erkannt und gewürdigt wird.


Rollenspiel als Kunst könnte man vielleicht nach dem 4-Schritt operationalisieren:

Situationsanalyse (Welche Regeln beflügeln unsere Erzählung? Lassen sich unsere Erzählungen - da können auch schon Themen oder Genres, .. aufblitzen - in den angedachten Regeln abbilden? Auf welcher Ebene und in welcher Form wollen wir uns künstlerisch betätigen?)
Planung (Was soll der Stoff sein. Gibt es von den obigen Entscheidungen her Einschränkungen. Gibt es besondere Darstellungsformen, -kriterien auf die wir achten wollen.)
Durchführung (Welche Störfaktoren müssen wir als Grundlage ausblenden? Gibt es hilfreiche Techniken oder nicht? UND DANN: Let it flow!)
Reflexion (Begutachtung. Welche Schlüsse ziehen wir aus dem Spiel? Welchen Wert hat das erlebte? Was spiegelt sich darin wieder? War das künstlerische Tun Kunst oder ein kunsthandwerklicher/gestalterischer Prozess?)
« Letzte Änderung: 6.10.2014 | 00:13 von Strohmann-Hipster »
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Moment eben. Da wird so einiges durcheinander geworfen. Meine Schuld vermutlich, denn die Gedanken hatte ich schnell aufschreiben wollen und dann zu wenig Zeit zur Moderation. Danke. Hier noch mal der entscheidende Absatz:

„Dadurch ist meiner Ansicht nach die Auffassung begründbar, dass in Runden mit geringer Mechanik durchaus ein höherer Anspruch im Sinne einer ganzheitlicheren Belastung der Beteiligten einhergehen kann. Auch kann in Runden mit enorm geringer Mechanik durchaus einmal etwas entstehen, was die Beteiligten als „Kunst“ auffassen. Das wiederum lässt sich in Runden mit hoher Mechanik schwerlich nachvollziehen.“

Das ist eine auf mich plausibel wirkende Begründung für den aus meiner Sicht erstaunlichen Umstand, dass ganz bestimmte Runden für sich einen höheren „Anspruch“ des Spiels reklamieren. Oft sind das Leute, die wenig mit stark verregeltem oder formalisiertem Spiel (sprich in meiner etwas unscharfen Terminologie: mechanisch) anfangen können.*

Das waren jedenfalls meine Gedanken, als ich mich als SL wieder für Vampire erwärmte. Ich finde Vampire, so wie ich es kennengelernt habe, erheblich anspruchsvoller als alle anderen mir bekannten Rollenspiele. Wenn ich das mit anderen Runden vergleiche, stelle ich tatsächlich eine ganzheitlichere Belastung fest. Da frage ich mich: wieso eigentlich? Meine vorläufige Antwort: der Grad der Formalisierung ist relativ gering, alles ist möglich und insbesondere wird ein Kompetenzspektrum angesprochen, welches im Vergleich zu den Alternativen größer ist. Ich will mich dabei nicht darauf versteifen, dass das, was wir da so zustandebringen, „Kunst“ ist. Hab ich nie behauptet und würde ich auch nicht tun. Auch würde ich in Runden, die so etwas von sich behaupten, gar nicht erst mitspielen (außer die Leute beeindrucken mich WIRKLICH).

Aber das Phänomen finde ich evident. Zudem betrifft es offenkundig nicht nur mich. Es ist zwar alles andere als „en vogue“, das Wörtchen Anspruch im Zusammenhang mit Rollenspielen zu äußern. Egal. Natürlich kann auch der Prozess des Erschaffens von Regeln oder die Anwendung von Mechaniken kunstvoll sein. Mir ist aber noch nie jemand untergekommen, der das behaupten würde. Beim Anspruch des Actual Play ist das aber anders. Da kenne ich viele, viele Beispiele von Leuten, die bei Spielen mit geringer Mechanik von einer Steigerung des Anspruchs beruchten. Nun kann man meinetwegen behaupten, dass all diese Leute prätentiöse, ahnungslose Vollidioten sind. Oder man tut diese Leute als Verblendete ab, die sich nie von der Kiesowschen Besserspielerdoktrin haben lösen konnten. Das leuchtet mir aber ehrlich gesagt nicht hinreichend ein.

Wie sich das nun genau mit den Indies verhält, daran knabbere ich ehrlich gesagt noch. Könnte es beispielsweise sein, dass sich damit kurzfristig ähnliche Erlebnisse hohen Anspruchs verbinden, die über die Zeit jedoch aufgrund der engeren Fokussierung verhallen?

Eventuell wäre das hier beschriebene Phänomen auch eine Erklärung für den höheren Frauenanteil in Runden mit geringerer Mechanik. Es gibt ja diverse Geschlechterunterschiede in Sachen Emotionalität. Aber das ist ein anderes Thema

Soweit erst einmal weitere Gedanken. Viel Zeit hatte ich leider wieder nicht für gesammeltere Betrachtungen. Vielleicht empfinden das ja einige  Leute als hilfreich. Fänd ich schön. Reine Motzer wirds ansonsten immer geben. Das ist das Netz. Schicksal. Muss nun ins Bettchen. Vielleicht schaffe ich morgen oder Dienstag noch mehr. Danach wird’s erst mal wieder eng leider.

*: Ob es sich beim formalisierten Spiel nun um GURPS, D&D4, FATE, Fiasko oder DogsitV handelt: geschenkt. Überall werden dort Korridore intellektualisiert-formalisiert eröffnet, welche das Spiel mittels einer  logisch-mathematischen Herangehensweisen auf Kosten anderer Lösungsmöglichkeiten beschneiden. Das betrifft insbesondere Handlungen + deren Konsequenzen in „klassischen Rollenspielen“ inklusive FATE sowie mögliche Ereignishorizonte + Konfliktlösungsmechanismen im Falle der allermeisten Indies. Dadurch wird die kognitive Belastung der Beteiligten einseitiger angesteuert als in einem weniger formalisierten Rahmen.

Offline D. M_Athair

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Schlüssel dein Vampire-Erlebnis nach dem genannten 4-Schritt auf.
Meine Vermutung wäre, dass sich, wenn du Vampire mit deiner Gruppe/deinen Leuten spielst, auf viele der Fragen organische Antworten ergeben.
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In unserer Spielrunde produzieren wir nach meiner Ansicht nichts, was ich als Kunst bezeichnen würde. Es geht mir auch gar nicht darum zu ergründen, ob irgendeine Rollenspielrunde "Kunst"  produziert oder nicht. Das ist mir vollkommen wuppe. Ich möchte wissen, weshalb diverse Leute bestimmte Spielrunden als "anspruchsvoller" wahrnehmen als andere. Ich erkläre mir das durch eine ganzheitlichere, intellektuelle Auslastung. Das liefert für meine Spielerfahrungen jedenfalls relativ solide Erklärwerte. Nicht mehr und nicht weniger.

Offline 1of3

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Du begehst hier einen Denkfehler. Man kann so ziemlich alle Dinge mit erheblichem Anspruch tun. Dinge können dabei keinen Anspruch haben. Leute können Ansprüche über das Tun von Dingen stellen, entweder an sich selbst oder an andere.

Wenn du also sagst: "Gewisse Leute {who?} behaupten Vampire habe einen höheren Anspruch", so bedeutet das: Diese Leute {who?} stellen einen höheren Anspruch an sich, wenn sie Vampire spielen. Das ist ja ganz hervorragend für diese Personen, aber das sagt überhaupt nichts über Vampire aus. Ich würde überhaupt keinen Anspruch an mich stellen, wenn ich Vampire spielte. Ich fühle mich von dem Spiel in keiner Weise angesprochen.

Was du hier beschreibst, lässt sich aber ziemlich gut mit Flow erklären, also Anforderungen in akzeptablem Bereich, in welchen man aufgehen kann. Wer überfordert oder unterfordert ist, wird das nicht erleben. Ebenso wer nicht instrinsich motiviert ist. Es ist denn auch recht verständlich, dass wer Flow erleben, sich also der Sache hingeben kann, sich dabei "ganzheitlich" gefordert zu fühlen meint.

Und ja, sehr komplexe Spiele sind demnach womöglich für weite Kreise ungeeignet, diesen Zustand zu erreichen. Ich suche z.B. immer nach Leuten, die vernünftig Capes spielen können: Den meisten Versuchspersonen schwirrte ziemlich schnell der Kopf und das Spiel passierte nicht. Ich hatte damit aber auch schon absolut großartige Runden, wenn nämlich Leute damit umgehen konnten.

Offline Turning Wheel

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Kunst entsteht durch die Intention des Künstlers, Kunst zu schaffen.
Und genau das ist bereits die Reflektion, die notwendig ist.
Wenn der Künstler das Kunstwerk niemandem zeigt, war es trotzdem Kunst.

Hingegen: Die Wahrnehmung eines nicht als Kunst gewollten Dings als Kunst durch
einen Betrachter würde ich schlichtweg als Irrtum bezeichnen.

Ich möchte wissen, weshalb diverse Leute bestimmte Spielrunden als "anspruchsvoller" wahrnehmen als andere. Ich erkläre mir das durch eine ganzheitlichere, intellektuelle Auslastung. Das liefert für meine Spielerfahrungen jedenfalls relativ solide Erklärwerte. Nicht mehr und nicht weniger.

Dass Anspruch immer mit Intellekt zu tun hat, würde ich nicht sagen.
Taten, die große Kraft, Ausdauer oder Geschicklichkeit erfordern werden ja auch anspruchsvoll genannt.
Aber auch nachzudenken hilft meistens schon, um eine anspruchsvolle Leistung zu vollbringen.
Grundsätzlich würde ich als anspruchsvoll bezeichnen, was nicht jeder hinkriegt.
Je weniger Leute etwas hinkriegen bzw. je mehr sie sich anstrengen müssen, desto anspruchsvoller ist etwas.
Klingt für mich ziemlich objektiv und gar nicht kompliziert. Kommt im Rollenspiel ganz sicher vor. Oder hab ich einen Denkfehler begangen?
« Letzte Änderung: 6.10.2014 | 04:01 von Turning Wheel »

Offline Oberkampf

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 Kunst ist doch keine Frage des Niveaus.  :-\

Ach nein?
Tut mir leid, ich weiß zwar, dass es dank verschiedener Kunstbegriffe möglich ist, alles und jede Tätigkeit als Kunst zu deklarieren. Für die Kunst selbst ist das ganz gut, sorgt für Auflockerung und zieht mal den Stress ab, immer perfekte Formen zu schaffen.

Aber trotzdem klingt "Kunst im Rollenspiel" in meinen Ohren erstmal nach noch mehr Stress im Rollenspiel, nach Ansprüchen, die ich in einem Gesellschaftsspiel nicht erfüllen will. Intuitiv würde ich einen John Sinclair Groschenroman nicht als "Kunst" bezeichnen, obwohl das mit dem üassenden Kunstbegriff natürlich möglich ist. Aber ich könnte mir einen John Sinclair Groschenroman als Ideengeber für ein Monster of the Week- oder Nights Black Agents-Abenteuer vorstellen. Das würde ich spielen, komplett ohne den Anspruch, Kunst zu erschaffen. Erst recht nicht hohe Kunst.

P.S:
Vampire und hoher Anspruch sind übrigens ein Witz. Natürlich gibt es Vampirdarstellungen mit hohem Anspruch, die Braut von Korinth und so, aber mal ganz ehrlich, Vampire sind Groschenromanszeug, quasi "Dunkle Arztromane". Es hat schon seinen Grund, warum Twillight usw. nicht als hohe Literatur zählt.
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Offline Arkam

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Hallo zusammen,

das Mechanische hat in Deutschland vor Gericht keinen juristischen Schutz erlangt. Das Gericht ging davon aus das Spielregeln nicht urheberrechtlich schützenswert sind.
Währenddessen der konkrete Text und der bespielte Hintergrund durchaus die nötige Schaffenshöhe. Diese Elemente sind aber eher handwerklich / designerisch und aus meiner Sicht keine Kunst.

Der wesentliche Punkt bei Kunst ist für mich das der Künstler sich Gedanken zur Aussage seines Werkes gemacht hat und das Werk vorstellbar und reproduzierbar bzw. fest ist. Ob der Künstler jetzt seine Aussage teilt oder das Puplikum zum Nachdenken bringen möchte spielt da keine Rolle. Das beißt sich mit dem für mich wesentlichen Element des Rollenspiels. Denn außerhalb der Regeln habe ich eben erst ein Mal keine Beschränkung wie ich spiele. Ich kann mir natürlich zusätzliche Beschränkungen etwa aus Genre oder Hintergrund auferlegen. Damit kann man im Vorhinein keine Aussage über Aussage des Werks machen und reproduzierbar ist das Werk eben auch nicht.

Was den Anspruch im Rollenspiel angeht kommt das Thema ja immer wieder Mal auf. Aber einen Anspruch kann ich in meiner Runde eben auch auf mechanischer Ebene haben. Das sind aber aus meiner Sicht eben die normalen unterschiede zwischen Amateuren, Semiprofis und Profis die sich auch in anderen Bereichen vom Schreiben, über Skat bis zum Fußball finden lassen.

Gruß Jochen
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Wellentänzer

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Aber trotzdem klingt "Kunst im Rollenspiel" in meinen Ohren erstmal nach noch mehr Stress im Rollenspiel, nach Ansprüchen, die ich in einem Gesellschaftsspiel nicht erfüllen will.

Musste ja auch gar nicht erfüllen. Aber genau das meine ich mit Anspruch: das Ausmaß der Beanspruchung der Beteiligten. Und diese Beanspruchung empfinde ich in einigen Spielen als größer als in anderen.

Vampire und hoher Anspruch sind übrigens ein Witz. Natürlich gibt es Vampirdarstellungen mit hohem Anspruch, die Braut von Korinth und so, aber mal ganz ehrlich, Vampire sind Groschenromanszeug, quasi "Dunkle Arztromane". Es hat schon seinen Grund, warum Twillight usw. nicht als hohe Literatur zählt.

Fraglos. Aber genau das meine ich ja auch ganz explizit NICHT mit einem hohen Anspruch.

@ 1of3: Hm, Flow ist was anderes. Und Capes kommt doch quasi komplett über die logisch-mathematischen Fähigkeiten und abstrahiert doch komplett einschienig.

Online Maarzan

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Mechaniken im hier verwendeten Sinne erfüllen meines Erachtens zwei primär kommunikative Funktionen.
- sie regeln im Spiel was, wie und von wem zur Beeinflussung des Ergebnisses beigetragen werden kann.
- sie erklären damit indirekt vor dem Spiel/der Situation was die Beteiligten vom Spiel wie den Beitragsrahmenbedingungen zu erwarten haben.
Beides natürlich nur im Rahmen eines gewissen Limits der Realsiserbarkeit, aber eben als ein mehr oder weniger belastbarer Rahmen.
Mit genügend informierten und kompatiblen Mitspeielrn kann man recht problemlos frei spielen und das Spielgefühl ändert sich kaum. Aber dahin zukommen ist eine Frage von einer Menge Arbeit, Erfahrung und auch Glück. Formalisierte Regeln erleichtern diesen Abgleich erheblich, natürlich mit dem Nebeneffekt von deutlich mehr Vorarbeit und vordefinierten Kompromissen.

Die Art der Regeln bestimmt dann den Stil des Spiels, welcher dann den jeweiligen Geschmäckern gefallen kann oder nicht.
Einen Anspruch (nicht selten inkompatible) haben aber eigentlich alle diese Stile, aber nicht jeder heftet sich dafür das Abzeichen "Kunst" aufs Revers. Je anch Art des Anspruchs ist es ggf für verschiedene Leuet unterschieldich schwer diversen Ansprüchen gerecht zu werden, aber einen übergreifenden Maßstab gibt es eben nicht.

In dem Sinne sehe ich ein wertendes Ranking mit Skepsis und den (selbstverliehenen)  Kunstbegriff in diesem Zusammenhang eher als Marketingfloskel. Ob etwas Kunst ist legt letzlich doch eher der spezifisch kundige und interessierte Konsument fest.



Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Online Arldwulf

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In unserer Spielrunde produzieren wir nach meiner Ansicht nichts, was ich als Kunst bezeichnen würde. Es geht mir auch gar nicht darum zu ergründen, ob irgendeine Rollenspielrunde "Kunst"  produziert oder nicht. Das ist mir vollkommen wuppe. Ich möchte wissen, weshalb diverse Leute bestimmte Spielrunden als "anspruchsvoller" wahrnehmen als andere. Ich erkläre mir das durch eine ganzheitlichere, intellektuelle Auslastung. Das liefert für meine Spielerfahrungen jedenfalls relativ solide Erklärwerte. Nicht mehr und nicht weniger.

Um die Analogie zu Kunst mal auf die Spitze zu treiben: Ein Künstler der ohne vorgemischte Farben, und ohne Motiv oder Anleitung ein Bild zeichnet hat fraglos eine größere intellektuelle Leistung erbracht als einer, der mit guter Ausrüstung und Anleitung in die Natur ging und sich ein Motiv suchte. Ersterer hat etwas schwierigeres, anspruchsvolleres geschafft, war mit viel mehr Themen ausgelastet, und bekam weder Inspiration , noch Werkzeug in die Hand. Weder mechanisch, noch in Form von Anleitungen. Er hat im Extremfall alles selbst gemacht, die Farben erstellt und den Pinsel, und war in der Wahl seines Motivs, und der Technik um es abzubilden nur von seiner Phantasie eingeschränkt.

Doch schwieriger und anspruchsvoller bedeutet auch: Zeitaufwendiger, und häufig mit einem weniger befriedigendem Ergebniss abgeschlossen.

Das soll nur zeigen was die Regeln sein sollten in einem Rollenspiel. Werkzeuge, Tipps und Inspiration. Auch der zweite Künstler kann seiner Kreativität freien Lauf lassen. Er kann die Farben in seinem Mischkasten kombinieren, erweitern oder ganz neue finden, auf die alten Ratschläge pfeifen, und die Inspiration zu etwas neuem verarbeiten. Der Unterschied zwischen beiden liegt nicht nur im Anspruch ihrer Aufgabe, sondern auch im Futter für ihren Geist begründet.

Regelmechaniken können genau dies sein.
« Letzte Änderung: 6.10.2014 | 08:20 von Arldwulf »

Achamanian

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Der wesentliche Punkt bei Kunst ist für mich das der Künstler sich Gedanken zur Aussage seines Werkes gemacht hat und das Werk vorstellbar und reproduzierbar bzw. fest ist.

Zum ersten Punkt würde ich sagen, dass das definitv kein Kriterium für Kunst sein kann; viele Künstler lehnen die Vorstellung einer dem Werk vom Künstler beigelegten Aussage doch gerade ab und sehen ihre Kunst als eine Auseinandersetzung mit dem Material, die ein Ergebnis hervorbringt, dass beim Betrachter gerade Wirkungen jenseits einer inhaltlichen Aussage erzielen.
Und zum reproduzierbaren/vorstellbaren/festen: Was ist beispielsweise mit einer Improvisations-Tanzperformance? Kann die keine Kunst sein? Klar, man kann sie auf Video aufzeichnen, womit sie ansatzweise reproduzierbar ist, aber das gilt ja auch für Rollenspielrunden.

Und dann würde ich noch mal einen Denkanstoß zum Verhältnis Material/Werk ins Spiel bringen: ich glaube, dass eine Trennung zwischen den Materialien als Mittel, mit dem der Künstler seine Vision umsetzt, und dieser Vision/dem Werk als Kunstwerk falsch ist. Ich bin jetzt auch nicht der große Kunsttheoriekenner, bin aber ziemlich überzeugt, dass der künstlerische Prozess beispielsweise bei einem Maler in der Regel viel damit zu tun hat, die verschiedenen Qualitäten einer Farbe (Konsistenz, Reflektion, Struktur) zu erforschen, die Farben also nicht einfach nur austauschbares Mittel zur Umsetzung einer schon vorher im Kopf bestehenden Vision sind, sondern ein Stück Wirklichkeit, mit der sicher der Künstler auseinandersetzt, um Kunst zu schaffen.

So würde ich wenn überhaupt dann auch die Regelmechaniken als Material interpretieren: Sie wären dann halt nicht bloß ein austauschbares Mittel zum Zweck. Und damit hätte sich dann auch die Trennung zwischen dem "Erzählkunstteil" und der "bloßen Mechanik" für mich erledigt.

@Huntress:
Mir geht es übrigens nicht darum, "künstlerisch wertvolles Rollenspiel"  zu propagieren oder Groschenroman-Storys im Rollenspiel (oder überhaupt) schlechtzureden; ich finde es nur komisch, wenn gerade der erzählerische Inhalt von Rollenspiel zum "Kunstwerk" erhoben werden soll, weil gerade das ein Aspekt des Rollenspiels ist, der meiner Erfahrung nach am wenigsten den normativen Ansprüchen an Kunst gerecht wird. Wenn man schon "Rollenspiel als Kunst" begründen will, dann wäre es sehr viel sinnvoller, auf das Besondere des Rollenspiels abzuheben, also auf die Verknüpfungen von Spiel, Schauspiel und Geschichtenerzählen, anstatt den Spielaspekt aus dem Künstlerischen auszugrenzen.

Letztendlich habe ich auch kein Interesse an "künstlerischem Rollenspiel"; Wellentänzers Ansatz macht auf mich aber dem Eindruck, dass er letztlich nur mal wieder die Mär wiederholt, dass Regeln egal seien und "anspruchsvolles Rollenspiel" im Prinzip ohne sie auskäme, nur um das dann auch noch als Kunst zu überhöhen, und das geht mir doch gegen den Strich, weil das weder dem Rollenspiel noch irgendeinem Kunstbegriff gerecht wird.

Offline Fredi der Elch

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Allein schon das spezifische Beispiel von Vampire als besonders anspruchsvoll... puh.  :-\  Ansonsten würde ich es mit 1of3 halten und eher Flow für die eigene Wahrnehmung von Anspruch verantwortlich machen. Oder allgemeine Douchebaggery. ;) Wellentänzer, deine Erklärung halte ich auf jeden Fall nicht für plausibel.

Edit: eins noch zu "Eintauchen" bzw. "Meta" und Kunst/Anspruch. Der Grad an (selbst wahrgenommener) Immersion (oder so was) hat aus meiner Sicht keine Auswirkung darauf, ob irgendetwas Kunst sein kann oder "anspruchsvoll" ist. Mit dem Epischen Theater gibt es eine ganze Kunstform, die aktiv versucht einer Immersion entgegenzuwirken! Also auch wenn man nie einen einzigen Satz in-character von sich gibt oder sich die ganze Zeit darüber bewusst ist, dass man Autor und Zuschauer zugleich ist, kann eine Rollenspielsitzung Kunst sein. Hier werden aus meiner Sicht wieder persönliche Vorlieben verallgemeinert. Klar, Brecht muss einem nicht gefallen, aber das ist kein Grund, ihm den künstlerischen Anspruch abzusprechen. :)
« Letzte Änderung: 6.10.2014 | 09:04 von Fredi der Elch »
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Online Maarzan

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Ich möchte auch einmal darauf hinwiesen, dass Rollenspiel eben nicht ein Produkt eines Einzelnen ist, sondern ein Gruppenprodukt.
Klar hat ein einzelner Sänger alle Freiheiten des persönlichen Ausdrucks- aber ein Chor mit Orchesterbegleitung wird auch "Regeln" haben müssen. Ist seine Musik deshalb weniger "anspruchsvoll" oder "künstlerisch"?
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Kriegsklinge

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Hallo Wellentänzer -- schön, dich mal wieder zu lesen! Die Frage, ob Rollenspiel Kunst ist oder sein kann, finde ich uninteressant, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass aus der Antwort interessante Erkenntnisse zu gewinnen sind. Die Anschlussfrage, ob der Kunstgrad was mit dem Mechanisierungsgrad zu tun hat, haben dir schon so einige hier klug mit "nein" beantwortet, da schließe ich mich einfach an. Zumal, das als einzige Ergänzung in diese Richtung, die Unterscheidung ja auch von der anderen Seite, der der Erzählung her, nicht haltbar ist: Erzählen ist schließlich auch Anwenden von Regeln, auch wenn diese den Beteiligten nicht immer bewusst sind. Erstaunlich oft, zumal im Rollenspiel, aber doch. Und erstaunlich oft sind auch die niedergelegt, wenn auch nicht in abstrakter, zahlenhafter Form. Gerade dein Beispiel Vampire ist da ja ein gutes Beispiel fpür die sehr starke Vermittlung der Regeln der Erzählung im Regelwerk (Genre-, Rollen-, Sprechkonventionen, die Regeln der Erzählpraxis).

Spanndender als die Frage, ob Rollenspiel Kunst sein kann, finde ich die, was eigentlich Rollenspiel sein kann. Und da hast du auch was gesagt, und das scheint mir, wenn ich das so oberlehrerhaft sagen darf, die eigentliche Frage zu sein, bei der diese Kunstfragen ziemlich im Weg sind. Es geht dir ja um die Begriffe "Anspruch" und so was wie "gestiegene Anforderungen" in verschiedenen Bereichen. Mich würde sehr interessieren, was du genau in deiner Runde als Steigerung des Anspruchs mit der Einführung von "Vampire" erlebt hast. Was hat sich verändert und woran hast du das ablesen können? In dieser Richtung erhoffe ich mir mehr Erkenntnis über "eine Art zu spielen a la Wellentänzers Vampire" vs. "eine Art zu spielen, die irgendwie anders ist". Wäre super, wenn du dazu noch was schreiben könntest.

Offline Crimson King

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Ich vermute ja stark, dass hier bezüglich des Begriffs 'Anspruch' eine Verwirrung vorliegt. Wellentaenzer geht davon aus, dass weniger formalisiertes Spiel den Spieler stärker beansprucht. Dies ist nicht notwendigerweise gleichzusetzen mit künstlerischem Anspruch. Eine Gleichsetzung dieser Anspruchsbegriffe, die allerdings, wenn ich Wellentaenzer richtig verstanden habe, bereits im Eingangspost vorgenommen wurde, ist meines Eractens nicht zulässig.

Davon abgesehen teile ich die Ansicht des Threaderstellers, dass Systeme, die ihren Fokus auf taktisch-strategisch-herausforderungsorientiertes Spiel oder auf Rules heavy simulationism legen, mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit zu einem Spiel führen, dass sich nach allgemeinem Verständnis als Kunst bezeichnen ließe. Das liegt dann aber vor allem daran, dass Runden, die diese Systeme wie intendiert verwenden, auf die potenziell künstlerischen Aspekte des Spiels weniger Wert legen. Ausschließen tun sich Roleplay und Rollplay keineswegs.
« Letzte Änderung: 6.10.2014 | 09:44 von Crimson King »
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J.W. von Goethe

Offline Slayn

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Moment eben. Da wird so einiges durcheinander geworfen. Meine Schuld vermutlich, denn die Gedanken hatte ich schnell aufschreiben wollen und dann zu wenig Zeit zur Moderation. Danke. Hier noch mal der entscheidende Absatz:

„Dadurch ist meiner Ansicht nach die Auffassung begründbar, dass in Runden mit geringer Mechanik durchaus ein höherer Anspruch im Sinne einer ganzheitlicheren Belastung der Beteiligten einhergehen kann. Auch kann in Runden mit enorm geringer Mechanik durchaus einmal etwas entstehen, was die Beteiligten als „Kunst“ auffassen. Das wiederum lässt sich in Runden mit hoher Mechanik schwerlich nachvollziehen.“

*: Ob es sich beim formalisierten Spiel nun um GURPS, D&D4, FATE, Fiasko oder DogsitV handelt: geschenkt. Überall werden dort Korridore intellektualisiert-formalisiert eröffnet, welche das Spiel mittels einer  logisch-mathematischen Herangehensweisen auf Kosten anderer Lösungsmöglichkeiten beschneiden. Das betrifft insbesondere Handlungen + deren Konsequenzen in „klassischen Rollenspielen“ inklusive FATE sowie mögliche Ereignishorizonte + Konfliktlösungsmechanismen im Falle der allermeisten Indies. Dadurch wird die kognitive Belastung der Beteiligten einseitiger angesteuert als in einem weniger formalisierten Rahmen.

Gut das du den Beitrag noch nachgeschoben hast, damit ist weitaus verständlich was du Aussagen wolltest.
Meiner Meinung nach liegst du aber einem Denkfehler auf, da du nicht trennst wo Mechaniken zum Einsatz kommen. Liegt evtl. auch an der schwammigen Verwendung des Begriffs "Regeln". Es gibt "Spielregeln" (Kommen im Spiel zu Einsatz, sind regelnde/klärende Mechaniken) und es gibt "Regeln für das Spielen" (Kommen außerhalb des Spiels zum Einsatz und definieren wie das Spiel sein soll).

Was du beschreibst ist einfach nur der eigentlich optimale Zustand das ein System/Setting dir und deiner Gruppe die exakt richtige Menge an beiden Arten von Regeln zur Hand geben damit ein flüssiges Spiel entstehen kann und es zu einer möglichst geringen Anzahl an Reibepunkten mit der Mechanik gibt.

Daher finde ich deine Aussage zu Indies auch spannend. Auch bei den schlanksten Indies hat es den höchsten Anteil an "Regeln für das Spielen" und sie erfordern insofern einen hohe kognitive Leistung indem man für sich neu lernen muss was "Spaß am Spielen" ist. Schafft man diesen Übergang, dann hat man auch dort minimale Reibepunkte mit der Mechanik.
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Offline Niilo

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RPG's sind Kunst, ebenso wie es Mathematikformeln oder die Erklärung physischer Gesetze sein können. Science Slam, Live Art und Performance Art haben unseren Sinn für Kunst schon recht gedehnt, und da PnP grundsätzlich vor Publikum stattfindet, aka Rezipienten, kann man der ganzen Sache den Kunstwert nicht abschlagen.

Aus meiner Sicht her sind auch die Mechaniken, die die Rollenspiele voneinander mehr oder minder unterscheidbar machen, ein wichtiger Bestandteil   dieser Kunst - warum fühlen sich Würfe gut/schlecht/effektiv an?
Dinge um die sich ein Spielemacher kümmern muss, die das Spiel maßgeblich verändern.

Btw, eine der besten Diskussionen die wir bisher auf Tanelorn haben!
Systemwanderer

Offline Slayn

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Hallo, Zirkelschluss? Wenn du Erzählkunst definierst als kreatives Erfinden von Geschichten und dann kein Prozess kreativen Geschichtenerfindens stattfindet, ist es dann nach der Definition noch Erzählkunst? Hmmmm, lass uns mal gemeinsam überlegen... ::)

Wir haben da, glaube ich, ein kleines Missverständnis.

Es steht ja die Aussage im Raum beim "Rollenspiel an und für sich" würde es sich explizit um eine Ausprägung der Erzählkunst handeln, dazu eine recht klare Aussage das es sich _nicht_ um Schauspielkunst handelt, gefolgt vom implizierten Einwand das _Spielregeln_ die Erzählkunst mehr behindern als fördern würden.

Diese Grundaussage und die weiteren Implikationen sind es, die mir etwas auf den Magen schlagen.
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Offline 6

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@Wellentänzer:
Ich versuche mal eine etwas andere Hangehensweise für die Erklärung Deiner Beobachtungen.

Rollenspiel hat sich aus den Wargames entwickelt. Es war also nichts Anderes als ein Wettkampfspiel. Ein Fokus der Wargames war ihre historische "Authenzität". Extrem ausgedrückt mussten daher die Wettkampfbedingungen so aufgebaut sein, dass der wahrscheinlichste Ausgang mit denen des historischen Vorbildes übereinstimmen. Ein Wargame mit der Schlacht bei Waterloo sollte also im Normalfall mit gleichstarken Spielgegner zur knappen Niederlage für die französischen Armee führen. Diese beiden Merkmale wurden dem Rollenspiel in die Wiege gelegt. Entsprechend wurden auch die Mechaniken auf genau diese beiden Merkmale optimiert.
Im Laufe der Zeit hat sich aber herausgestellt, dass Rollenspiel auch mit einem anderen Fokus gespielt werden könnte, dass also die er- oder gespielte Geschichte wichtiger wurde, als die Authenzität und der Wettkampf. Die Dynamik der zur Verfügung stehenden Mechaniken sorgte aber dafür, dass das Spiel immer von dem neuen Fokus ablenkten. Also wurden sie ignoriert (DSA lässt grüßen). [Insert Vampire (oder Ars Magica oder Pentragon...)] Bei diesen Systemen wurden die bestehenden Mechaniken einfach aufgeweicht oder über Bord geworfen. Dadurch stand dann dem Geschichten erzählen nichts mehr im Weg. (Allerdings half dabei auch nichts) Allerdings standen diese Spiele mit ihrer Basis noch voll im authentischen Wettkampf, wodurch teilweise vollkommen konträre Dynamiken entstanden. Du konntest also super Geschichten in Vampire erzählen, aber nur dann wenn nicht einer (oder mehrere) der Spieler z.B. den Optimierungsangeboten des Systems erlag... Also erkannten vieleRollenspielautoren, dass die Systeme an die Bedürfnisse angepasst werden sollten. Und schon hast Du die Indyspiele, die gerade mit dem hohen Mechanikeneinsatz "das Spiel mit Anspruch" bedienen.

Oder in Kurz: Deine Beobachtung lässt sich damit erklären, dass Vampire als eines der ersten bekannten Systeme versuchte Mechaniken, die störten, aufzuweichen. Spätere Rollenspiele hatte komplett andere Regelbasen, die für Deinen Spielfokus designt wurden. Die Mechanikfülle ist dafür vollkommen unwichtig.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

fudi

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Zum ersten Punkt würde ich sagen, dass das definitv kein Kriterium für Kunst sein kann; viele Künstler lehnen die Vorstellung einer dem Werk vom Künstler beigelegten Aussage doch gerade ab und sehen ihre Kunst als eine Auseinandersetzung mit dem Material, die ein Ergebnis hervorbringt, dass beim Betrachter gerade Wirkungen jenseits einer inhaltlichen Aussage erzielen.
Und zum reproduzierbaren/vorstellbaren/festen: Was ist beispielsweise mit einer Improvisations-Tanzperformance? Kann die keine Kunst sein? Klar, man kann sie auf Video aufzeichnen, womit sie ansatzweise reproduzierbar ist, aber das gilt ja auch für Rollenspielrunden.

Diese Argumentation würde ich gerne Unterstützen.

Die bürgerliche Auffassung DES Künstlers als Subjekt, als eine die Kunst produzierende Entität, ist ein immer noch andauerndes Vermächtnis des 19 Jh.
Der Mythos des "Genies" geniesst wie man unschwer feststellen kann, immer noch grosse Validität.
Die Autonomie  eines "Künstler" und die Autonomie des Kunstobjektes ist jedoch reine Fiktion. Kunst und der Künstler werden (mMn immer) von und im Bezug zum historischen und sozialen Kontext konstruiert.

Wenn man neuere Auffassungen von Kunst bemühen wollen sollte, dann kann man feststellen, dass der "Künstler" an sich, eben eine historische und kontextuelle Definition darstellt, in ständiger Emergenz begriffen ist und als Subjekt weder präexistent noch unabhängig ist, sondern jeweils durch die zugrundeliegenden symbolischen Systeme ausgebildet wird.

Soll heissen, dass jegliche Art von kreativem Schaffen, nicht als Ausdruck eines vorgelagerten künstlerischen Selbst charakterisiert werden kann, sondern durch ständige Repräsentation herausgebildet wird.
Das bedingt wiederum, dass eben ein Publikum da sein muss, um "Kunst" durch Perzeption, Rezeption und Reproduktion als solche zu konstituieren.
Angewendet auf die originale Fragestellung würden sich hier interessante Befunde ergeben, worauf ich aber total gerne (weil Zeit) verzichten möchte.

Wenn man sich als Gedankenexperiment eine Rollenspielertruppe vorstellt, die auf einer Bühne ihr Rollenspiel vorführt, dann spielt es meiner Meinung nach keine wirkliche Rolle, welche Regeln benutzt werden und ob ein vorgefertigtes Abenteuer oder ein frei erfundenes zum Einsatz kommt. Es spielt auch keine Rolle, wie ausgelastet diese intellektuell oder kognitiv sind.

Ein wirklich surreales Erlebnis dürfte es so oder so sein...

Offline 1of3

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@ 1of3: Hm, Flow ist was anderes. Und Capes kommt doch quasi komplett über die logisch-mathematischen Fähigkeiten und abstrahiert doch komplett einschienig.

Ich weiß nicht, was da einschienig sein soll. Ich weiß auch nicht, was du mit "ganzheitlich" meinst, außer nicht weiter verbalisierbare Glücksgefühle. Das ist im Grunde Estoterik-Bla.

Wellentänzer

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Erstaunlich. Ich hätte nicht gedacht, dass mir nach so langer Zeit noch die Kinnlade auf die Tastatur fallen könnte. Herzlichen Dank für diese lehrreiche Erfahrung. Ebenso lehrreich war dieser Thread für mich. Ich danke für die zwar leider oft themenfremde, aber doch rege Beteiligung und werkel dann mal in kleinerem Kreise weiter.

Bei Interesse sieht man sich bestimmt mal bei Gelegenheit auf ein Bierchen und da lassen sich diverse Klamotten ohnehin viel besser besprechen. Schönen Tag noch!

Offline Crimson King

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Wenn man sich als Gedankenexperiment eine Rollenspielertruppe vorstellt, die auf einer Bühne ihr Rollenspiel vorführt, dann spielt es meiner Meinung nach keine wirkliche Rolle, welche Regeln benutzt werden und ob ein vorgefertigtes Abenteuer oder ein frei erfundenes zum Einsatz kommt. Es spielt auch keine Rolle, wie ausgelastet diese intellektuell oder kognitiv sind.

Eine Rollenspielgruppe spielt immer auf einer Bühne, und die Zuschauer sind die selbst. Es ist der spezifische Sonderfall, dass bei diesem Hobby die Schöpfer des kreativen Outputs mit den Rezipienten identisch sind.
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Eine Rollenspielgruppe spielt immer auf einer Bühne, und die Zuschauer sind die selbst. Es ist der spezifische Sonderfall, dass bei diesem Hobby die Schöpfer des kreativen Outputs mit den Rezipienten identisch sind.

Als These nicht mehr unbedingt haltbar, seitdem der schleichende Drang zum Exibitionismus auch unser Hobby erreicht hat und Gruppen angefangen haben ihre Sessions auf Youtube zu präsentieren.
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Offline Beral

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... soweit mal mein systematischer Versuch "Rollenspiel als Kunstform" zu fassen. Die Gedanken dazu sind noch nicht wirklich ausgereift.
Lass sie reifen und mach bei Bedarf einen eigenen Thread dazu auf. Was du über Kunst geschrieben hast, hat zum ersten mal mein Interesse geweckt, über die Verbindung von Rollenspiel und Kunst überhaupt nachzudenken. Stütze dich auf die beiden von dir genannten Aspekte, die Kunst ausmachen sollen und entwickel das weiter.

Das ist sehr viel fruchtbarer als aller Nonsens, der sonst zu diesem Thema läuft und immer nur zu der Feststellung führt, dass Kunst gar nicht oder zu schwammig definiert ist und man daher alles und nichts als Kunst bezeichnen kann.

Mein Beitrag hat keinen Bezug zum eigentlichen Thema. So wie ich es verstehe, sollte es hier nicht um Kunst gehen. Aber wenn schon ungebeten ein hübscher Gedanke auftaucht, sollte man ihn einfangen, irgendwo einpflanzen und hochziehen.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

fudi

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Eine Rollenspielgruppe spielt immer auf einer Bühne, und die Zuschauer sind die selbst. Es ist der spezifische Sonderfall, dass bei diesem Hobby die Schöpfer des kreativen Outputs mit den Rezipienten identisch sind.

Das ist ein sehr interessantes Argument.

Ich denke aber, dass auch in diesem Spezialfall keine Kunst 'hergestellt' wird, sondern es wird das subjektive Selbst als "Künstler" neu konzipiert, mit der Prämisse, dass die Spielmechanik aus dem Spiel Kunst machen kann, wenn sie durch den "Künstler" richtig mechanisiert wird.
Damit durchläuft das Selbst in einem Prozess der Selbstrepräsentation eine Transformation zum autonomen und souvärenen "Künstler", der die Feder führen soll.

Mir erscheint an dieser Stelle ein Zitat von Goethe ganz passend, dass auch die weiter oben erwähnte Kunstideologie der Romantik deutlich wiedergibt:

Zitat
"Die Natur wirkt nach Gesetzen, die sie sich in Eintracht mit dem Schöpfer vorschrieb, die Kunst nach Regeln, über die sie sich mit dem Genie einverstanden hat."

Um noch einmal die vorangegangenen Argumente zu reiterieren, denn ich denke so haltlos sind sie nicht: Mit Spielregeln hat das ganze wenig gemein.

Offline Der Nârr

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Verstehe die Diskussion nicht. Mechaniken sind Pinsel.

Damit kann man Kunst machen, aber auch ganz groß rumschmieren.

In der Perspektive des Geschichten-Erzählens/-Erlebens macht es keinen Unterschied, ob mir die Mechaniken vorgeben wie ich die Geschichte strukturiere und sie auf einer Meta-Ebene beeinflusst oder ob sie vorgibt, wie sich die Protagonisten und die Umwelt zueinander verhalten und sie so auf einer Meta-Ebene beeinflusst.

Oder kurz gesagt: Ob die Mechaniken bestimmen, dass der Protagonist gerade den Ork tötet, weil er besser kämpfen kann und der Spieler dafür Spielressourcen verwendet oder ob die Mechaniken bestimmen, dass der Protagonist gerade den Ork tötet, weil der Spieler das gaaaaanz doll wichtig findet für "die Story (TM)" und dafür Spielressourcen verwendet ist für die Frage, ob es Kunst sei, unerheblich.

Ich persönlich finde ja die erste Variante viel beeindruckender. So wie ich meinetwegen Gorillakunst beeindruckend finde. Liegt wahrscheinlich an der geglaubten Einschränkung oder Primitivität der Mittel.
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Offline 6

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Die Kunstdiskussion interessiert mich nicht. Darauf werde ich also nicht eingehen.
In der Perspektive des Geschichten-Erzählens/-Erlebens macht es keinen Unterschied, ob mir die Mechaniken vorgeben wie ich die Geschichte strukturiere und sie auf einer Meta-Ebene beeinflusst oder ob sie vorgibt, wie sich die Protagonisten und die Umwelt zueinander verhalten und sie so auf einer Meta-Ebene beeinflusst.

Oder kurz gesagt: Ob die Mechaniken bestimmen, dass der Protagonist gerade den Ork tötet, weil er besser kämpfen kann und der Spieler dafür Spielressourcen verwendet oder ob die Mechaniken bestimmen, dass der Protagonist gerade den Ork tötet, weil der Spieler das gaaaaanz doll wichtig findet für "die Story (TM)" und dafür Spielressourcen verwendet ist für die Frage, ob es Kunst sei, unerheblich.
Nimm die normale Rollenspielmechanik, bei der Du am Ende des Abenteuers eine Belohnung fürs Überleben bzw fürs Lösen des Abenteuers bekommst. Vergleiche das mit der Regelmechanik, dass Dein Charakter am Ende der Sitzung stirbt (Polaris) oder der Charakter am Ende der Sitzung in allen wichtigen Punkten versagt haben wird (Fiasco). Beide Mechaniken sind natürlich den Spielern vor dem Spiel bekannt.
Vergleiche das dann mit der Mechanik, bei der Du am Ende keine Belohnung für das Bestehen des Abenteuers bekommst, sondern der SL ist angehalten, die ganzen Aktionen der Charaktere als Aktionen Geisteskranker mit Wahnvorstellungen in der heutigen Zeit zu interpretieren (Power Kill). Diese Mechanik kennen die Spieler nicht vor dem Spiel.

Plötzlich ändert sich die Perspektive des Geschichten-Erzählens und -Erlebens. Meinst Du nicht auch?
« Letzte Änderung: 7.10.2014 | 08:52 von 6 »
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline 1of3

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Der Pinsel-Vergleich ist extrem schwach. Formulierte Regeln sind - wenn man einen Vergleich bemühen will - eher wie Versmaße: Man passt das Spiel in sie ein, nimmt sich gelegentlich ein paar Lizenzen. Werkzeuge wie Pinsel funktionieren zwar unter gewissen Gesichtspunkten ähnlich, sind aber nicht in derselben Weise einsichtig regelhaft und arbiträr.

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