Ich persönlich finde, dass bei Situationsaspekten weniger mehr ist. Lass' dich von der Charaktererschaffung inspirieren. Überleg' dir ein "High Concept" für die Szene – worum geht es hier überhaupt? – und ein "Trouble" – was macht den Charakteren hier das Leben schwer und hält sie von ihrem Ziel ab? Das ist schon mal ein sehr solides Grundgerüst, und ist meist SEHR schnell überlegt (oder offensichtlich).
Dazu noch maximal drei weitere Aspekte (Fokus!), welche die Szene weiter definieren – aber nur, wenn dir irgendetwas spontan einfällt, es soll nicht in Arbeit ausarten, und erst recht nicht in ein "wartet mal ein paar Minuten, ich muss mir noch ein paar Situationsaspekte überlegen" – das tötet den Spielfluss.
Sehr schön ist es, wieder von der Charaktererschaffung inspiriert, diese weiteren Szenenaspekte an Spielercharaktere zu "binden": Irgendetwas, das einen bestimmten Charakter ganz besonders in die Szene "hineinzieht". Das kann "Kulisse" oder "Requisiten" sein, das können Charaktere sein, das kann eine bestimmte Atmosphäre sein, das können Themen sein, die in der Szene vorkommen sollen/werden.
Aber wie gesagt, nur wenn dir spontan etwas einfällt – Aspekte können schließlich "on the fly" immer noch ergänzt werden, wenn mir (oder einem Spieler) irgendetwas einfällt, das noch zur Szene passt. Lieber mit weniger Aspekten in eine Szene starten und sie nachträglich ergänzen, als sie mit Aspekten zu überfluten. Da geht schnell der Fokus verloren. Und durch "Create an Advantage" und Konsequenzen kommen eh noch immer neue Aspekte ins Spiel.
Schwierigkeiten u. Ä. überlege ich mir im Vorhinein eigentlich gar nicht, sondern ich verwende einfach die Ratschläge von "Situation Aspects Are Your Friend" (
http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#situation-aspects-are-your-friend) und "Justify your Choice" ("
http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#important-justify-your-choice). Wenn ein Situationsaspekt nahelegt, dass irgendetwas problematisch ist, dann würfle (alles andere ist für die Szene wohl nicht wichtig genug Fate simuliert ja "Story-Logik"). Wenn ein weiterer Aspekt nahelegt, dass es noch schwieriger ist als ohnehin schon, erhöhe die Schwierigkeit um +2. Üblicherweise angefangen bei Average (+1), denn "Average is called Average for a reason—if nothing about the opposition sticks out, then the difficulty doesn’t need more than a +1. Darüber hinaus habe ich immer noch GM-Invokes zur Verfügung.
Eine Idee für Fate Accelerated wäre es – um sich nochmal von der Charaktererschaffung inspirieren zu lassen – der Szene Approaches zu geben. Wie schwer ist es, in dieser Szene mit einem bestimmten Approach voran zu kommen? (Situations-Aspekte und Invocations können das natürlich weiter verkomplizieren.) Das sind quasi die "Approach-Related Target Numbers" (
http://fate-srd.com/fate-accelerated/being-gamemaster#optional-rule-approach-related-target-numbers), bloß etwas "strukturierter". Bietet sich besonders in zentralen Szenen an, wo die Schwierigkeit ruhig etwas höher werden darf. (An "Nebenschauplätzen" wäre das in meinen Augen meist schon zu viel des Guten, da mach' ich das lieber "on the fly".)
Stunts für Szenen und NPCs vermeide ich eher, da einerseits sie "on the fly" eher mühsam zu erfinden sind und ich andererseits ungern so viel vorausplane. Falls mir spontan einfällt, der wie die Faust auf's Auge passt, super. Falls nicht, auch gut. Darüber würde ich aber ebenfalls nur in wichtigen Szenen und nicht auf "Nebenschauplätzen" Gedanken machen. Und selbst da würde ich nicht über 3 Spielleiter-Stunts pro Szene gehen. Es soll ja übersichtlich bleiben.
Ein komplettes Szenen-Writeup könnte dann so aussehen:
- Szenen-Konzept
- Szenen-Problem
- Optional: weiteres Szenen-Detail oder "Hook" für Charakter A
- Optional: weiteres Szenen-Detail "Hook" für Charakter B
- Optional: weiteres Szenen-Detail "Hook" für Charakter C
- Optional: Approach +0/Approach +1/Approach +1/Approach +2/Approach +2/Approach +3
- Optional: bis zu 3 Stunts
- Optional: Stress-Boxen und Konsequenzen
Mehr braucht es finde ich wirklich nicht.
Caveat: Individuelle NPC-Statblocks verwende ich überhaupt nicht, das macht diesen Zugang natürlich leichter. Bei mir rollen nur die Spieler den Würfel, ich bestimmte nur passive Opposition – "success with a cost" rückt extrem ins Zentrum (vgl. soft/hard moves von Dungeon World). Das hier ausführlich zu erklären würde aber zu weit führen.
Statt fertig ausgearbeitete, auf bestimmte Szenen zugeschnittene NSCs, Locations u. Ä. würde ich für Fate übrigens eher "Vignetten" überlegen – zur Kampagne passende "Bausteine", die ich überall einsetzen kann, wenn sich mal die Gelegenheit ergibt.
Sprich, auch in Fate hindert dich niemand, dir dies und das im Vorhinein zu überlegen – du solltest bloß nicht darauf bestehen, das genau jetzt sofort einbringen zu wollen. Überleg' dir ruhig etwas, kritzel' dir irgendwo Notizen nieder, merk' dir die Stichworte. Vielleicht hast du eine Idee für eine coole Location, eine spannende Situation oder einen tollen NPC. Super, behalt's dir im Hinterkopf. Schreib es dir auf einen Schummelzettel für den Fall, dass du irgendwann auf der Leitung stehen solltest und du eine schnelle Inspiration brauchst.
Wenn du irgendwann das gefühlt hast, einer dieser "Bausteine" passt gerade perfekt ins Spiel – nur zu, wirf ihn rein! Aber sei auch nicht enttäuscht, wenn es nicht so ist – vielleicht ein andermal.
Die campaign heißt: Mongolensturm (ich nehme einfach mal eine historische Welt mit Fantasyelementen an):
Story questions auf campaign Ebene:
1. Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
2. Können die Charaktere übernatürliche Verbündete gewinnen?
3. Können die Charaktere zusammen mit ihren Verbündeten die Mongolen zurückschlagen?
Nun soll ja möglichst viel offen bleiben, aber ein Anfang darf gesetzt werden. Ich schnappe mir also meinen Punkt 1 und mache einen story arc daraus.
Der story arc heißt: Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
Story questions auf story arc Ebene
1. Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
2. Können die Charaktere verhindern, dass der Großkhan der Mongolen alle Stämme zu einer einzigen Streitmacht vereinigt?
3. Können die Charaktere einen mächtigen Schamanen der Mongolen unschädlich machen bzw. vielleicht sogar für eigene Zwecke einspannen?
Ich breche den story arc noch eine Ebene weiter herunter und lande auf der scenario Ebene. Auch hier stelle ich nur Fragen für den ersten Schritt.
Das scenario heißt: Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
Story questions auf scenario Ebene:
1. Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen?
2. Können die Charaktere aus einer nahen Stadt ein paar wichtige Dinge retten, bevor die Mongolen über die Stadt herfallen?
3. Können die Charaktere den König des Landes davon überzeugen, dass dem Mongolenangriff mit Nachdruck begegnet werden muss?
Mein erste Szene heißt nun: Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen. Gemäß den Richtlinien („Start things off by being as unsubtle as possible“) beginnt die ganze Geschichte mit einem für die Charaktere völlig überraschenden Überfall einer Mongolenvorhut auf ein Bauerndorf. Das Bauerndorf kann ich vielleicht noch ein wenig ausarbeiten, das war´s dann aber.
Dann erstelle ich ein paar NSC´s für das erste Szenario: vielleicht den Anführer der Mongolenvorhut, Mongolenmooks, Vertreter verschiedener Interessengruppen in der nahen Stadt, Stadtwachenmooks, König, zwei oder drei wichtigere Mitglieder des Hofstaates, königliche Soldatenmooks.
Das war´s. Die Spieler sind dran.
Danke dass du das so schön aufgeschlüsselt hast, das zeigt sehr schön die "fraktale" Natur von Fate! Gefällt mir.