Seh ich nicht. Ich kann jedes Setting vom Regelwerk entkoppeln und die Regeln für etwas anderes verwenden. Aber ich ahne so langsam den Grund für die unterschiedliche Sichtweise. Für mich sind die Core Books relativ vernbindlich. In dem Sinne, dass wenn jemand zu viel des Materials im PHB für ein Setting weg lässt, es für mich nicht mehr "richtig" D&D ist, sondern nur etwas Angelehntes. Wenn mich jemand zu "D&D" an den Tisch einlädt, erwarte ich entsprechend, dass ich mindestens 80% des Materials der Core Books auch benutzen kann. Jedes im Setting nicht vorhandene Volk* oder jede gestrichene Klasse aus dem PHB sehe ich da schon kritisch.
Dann scheint es aber diejenigen zu geben, die das unverbindlicher sehen und die Core Books mehr als Baukasten sehen. Alles kann, nichts muss. Das äin der Tat generisch. Aber das mache ich mit GURPS oder Savage Worlds, weil die Bücher den Inhalt auch recht klar als Baukasten kommunizieren. Das habe ich bis heute bei D&D nicht so wahrgenommen.
Ja,ich sehe es definitiv als den Baukasten. Ich unterschreibe, dass es eine gewisse vage Vorstellung von D&D gibt (Epische, heroische bunte Fantasy, zumindest in den Editionen seit 3e).
Aber die schiere Masse an Settings, sowohl von Wizards als auch von Drittanbietern (von Homebrew-Kampagnen ganz zu schweigen), die Herangehensweise in den meisten D&D5-YouTube-Channeln UND die eigenen Formulierungen von Wizards z.B. im DMs Guide oder das reine Konzept der OGL/5e haben den D&D Core für mich immer als Grundlage definiert, von dem weg man in viele Richtungen gehen kann, indem man Sachen hinzufügt oder auch weglässt.
Nicht ganz so frei wie Savage Worlds, GURPS, das Cypher System oder FATE, da es doch ohne wirklich extreme Umbauten (die es auch gibt) vor allem auf das Heroic Fantasy-Genre zugeschnitten ist. Aber für dieses Genre sehe ich es klar als Baukasten.
Für mich ist das Regelwerk ein Teil von D&D, so wie Tales from the Loop auch die Year Zero Engine verwendet, aber Tales from the Loop ist halt das Setting. Und Things from the Flood ist ein ähnliches Setting, aber halt nicht mehr Tales from the Loop.
Things from the Flood hätte ich als Erweiterung von Tales from the Loop gesehen. Coriolis oder Verbotene Lande wären z.B. echte andere Ausprägungen der Year Zero Engine.
Ich sehe da trotzdem nochmal einen Unterschied. Die YZ-Spiele sind deutlich stärker regeltechnisch angepasst als die üblichen D&D5-Settings. Einige Regelkonzepte funktionieren z.B. in Coriolis, Tales from the Loop und Mutant Year Zero stark unterschiedlich. Deshalb würde ich da tatsächlich sagen "Ich spiele Coriolis" und nicht "Ich spiele Year Zero Engine" (Aber "Ich mag Systeme mit der Year Zero Engine oder PbtA-Engine (wo ähnliches gilt)").
Der beste Vergleich wäre wahrscheinlich Abenteuer in Mittelerde oder Hyperlanes, die auf D&D5 basieren und noch klar als solches erkennbar sind, aber die Regeln stark anpasst um ein anderes Spielgefühl zu vermitteln. Da könnte man diskutieren, ob es noch D&D5 ist oder "nur" D&D5-basierend. Ebenso könnte man diskutieren, ob Pathfinder noch D&D ist oder nur "Zur D&D-Familie gehört" weil es inzwischen doch eine sehr starke eigene Produktidentität angenommen hat.
Humblewood, Ravnica, Wildemount, Norrongard, Midgard/Mythgard und viele viele viele weitere D&D5- und 5e-Settings (und die meisten Homebrews) passen die Regeln aber nicht so an. Da werden höchstens ein paar neue Subklassen, Völker und Zauber hinzugefügt und die bestehenden möglicherweise in einen etwas anderen Kontext gesetzt. In Eberron, einem offiziellen D&D-Setting über inzwischen 3 Editionen, gibt es Dinosaurier reitende Barbaren-Halblinge und Orkdruiden, die die Welt gegen Eindringlinge aus anderen Ebenen beschützen und intelligente magische Maschinen (Kriegsgeschmiedete). Alles ohne die D&D5-Basisregeln zu verändern.
Die sind für mich alle noch ganz klar D&D5, einfach mit unterschiedlichem Setting.
Ich denke darauf läuft es für mich hinaus: Bespiele ich Settings mit dem gleichen Regeln ohne Anpassungen im Regelkern - Dann spiele ich dieses Regelsystem, auch wenn ich die Völker, Monster etc. ändere.
Verändere ich wichtige Punkte des Regelkerns, wird es graduell etwas eigenständiges. Aber da gibt es keine klare Grenze.
Ob man in diese Bereiche vorstößt, merkt man als Setting-Designer auch sehr schnell. Völker, Hintergründe, Subklassen und Monster kann ich ohne Probleme bauen und austauschen, ohne mir um die Auswirkungen auf die Regeln oder Spielbalance wirklich große Gedanken machen zu müssen (zumindest wenn ich ein bisschen Gespür für die Regeln habe).
Wenn ich jetzt zum Beispiel verändere, wie das Magiesystem funktioniert, drifte ich sicher schön langsam von Core-D&D(5) weg. Und der Aufwand wird auch spürbar größer.
Ein weiterer wichtiger Hinweis: Alle mir bekannten D&D5/5e-Settings setzen zumindest das Player Handbook (oder das SRD) voraus. Tales from the Loop, Coriolis und die anderen Ausprägungen der YZE sind komplett eigenständige Spiele. Es gibt zwar ein (Nachräglich erschienenes) YZE-SRD, aber kein YZE-Basisbuch, auf dem alle aufbauen würden.
Ich denke, wenn wir den Spitzohren nicht ihrer bloßen Spitzohrigkeit halber noch mal gehörig Alltagsmogelmagie für wirklich jeden nachschmeißen wollen
Ist das nicht in praktisch jedem Fantasy-Setting mit Elfen der Fall?