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Biosozioarkanologische Betrachungen, Fünfte Auflage
Der Oger (Im Exil):
Ich folge zur Zeit ein wenig der Frage, in wie weit die 3 Kernregelwerke der 5E Auswirkungen auf eine Spielwelt haben, also: Das die Regeln ein Setting erzeugen. Einen Teil habe ich schon im Feuersänger/BA/Drachen - Thread für mich beantworten können, aber vielleicht lässt sich da ja noch mehr (er)finden.
Ich weiß, dass das folgende wenig "Fantasy" und erst recht eher vom pragmatischen als vom romantischen Winkel betrachtet ist.
Sicherlich ist - dem Modularen Aufbau geschuldet - vieles von den Wünschen, Geschmack und den Vorstellungen einer Gruppe abhängig. Dennoch, finde ich, müssten sich aus den Regeln weitere Annahmen ableiten lassen, wie eine Spielwelt funktioniert, welche Systeme existieren könnten, welche Strategien gefahren werden usw.
Einige weitere Beispiele (die nicht nur für 5E relevant sind):
1) Herrscher und Heerführer sollten danach streben, fliegende Einsatzverbände aufstellen und die des Feindes abwehren zu können. Dies wird vermutlich über fliegende Reittiere geschehen, weil diese verfügbarer und billiger sind, als einen Magier zu züchten, der Fliegen beherrscht, oder Magische Gegenstände zu diesem Zweck herzustellen. Zudem muss ich mir was überlegen, wie ich fliegende Wesen und Truppen am Boden bekämpfen und abwehren kann, und dies hat auch Auswirkungen auf die Architektur: Mit Leuchttürmen kann ich vielleicht fliegende Wesen bei Nacht anstrahlen, und ich muss Wehrzinnen auch gegen Angriffe von oben schützen, oder Kernbereiche meiner Festung in das Unterirdische verlegen (wodurch zwergische Baumeister für mich wichtig werden, oder zumindest deren Wohnstätten für mich als skrupellosem Herrscher sehr attraktive Bauten werden. Gemäß der alten Strategie bei Shogun: Festungen nicht bauen, sondern vom Feind bauen lassen.)
2) Legt man ein halbwegs realistisches Wirtschaftsmodell zugrunde, dann kann der Fund eines Schatzhortes die lokale oder regionale Wirtschaft ruinieren (man betrachte, was mit Spaniens Wirtschaft nach der Eroberung Lateinamerikas, und dem Rückfluss des Goldes aus den Kolonien geschah.) Es ist denkbar, dass die lokalen Herrscher Vorkehrungen dagegen treffen, sobald ihnen dieser Sachverhalt bekannt wird.
3) Cantrips verändern die Art und Weise der Einsetzbarkeit von arkaner Magie auf dem Schlachtfeld (zumindest, gegenüber prä - Pathfinder-Editionen). Ein Magier, der nicht mehr unter dem 8:15h - Syndrom leidet, kann kontinuierlicher Schaden verursachen, als, sagen wir, ein Magier unter AD&D. Daraus resultiert: Es müsste eigentlich eine hohe Anzahl niedrigstufiger Magier auf den Schlachtfeldern halbwegs entwickelter Reiche geben (wobei dies sicherlich wieder eine Frage des Geschmacks ist: Ist Magie eine einmalige Gabe? Ist es eine Wissenschaft/Technologie? Kann man Bauern ausheben, und ihnen die grundlegenden Prinzipien beibringen?) Interessant wird dies auch noch mal beim Warlock; ein entsprechender Patron könnte leicht ehrgeizige Hexerkulte aus dem Leben rufen, und dann Warlockarmeen als "Kanonenfutter" aus dem Boden stampfen. Und wenn viele Magier auf dem Schlachtfeld herumlaufen, dann wird es meiner Ansicht nach etwas schwieriger, die wirklich fetten Brocken unter den Zauberern herauszusuchen.
4) Wenn die Position eines Lagers eines Wesens mit regionalem Einfluss (Drachen, Betrachter, Vampire) bestimmt werden muss, dann wird früher oder später jemand auf die Idee kommen, die Triangulation zu erfinden.
5) Weil die Zauber eines Magiers reproduzierbar/kopierbar sind, und Magier wie unter 3) genannt einen höheren Einfluss auf das Geschehen haben, müsste es das Streben jeder Regierung sein, in der Entwicklung dieser Dinge die Nase immer vorne zu haben, und anderen diese zu verweigern. Es ist daher vorstellbar, dass es einen "Kalten Krieg" um magische Erkenntnisse und geeignete Rekruten gibt.
6) Insofern in der Kampagne Orte existieren, an denen man kurzfristige Boni bekommen kann, wird jeder Herrscher danach streben, dass er den Zugang zu diesem Ort reguliert. (Man denke an den heiligen Teich aus den zwei Türmen, aus dem Gollum Fische fängt, und Faramir Frodo mitteilt, dass alleine schon die Betrachtung des Gewässers auf das Schafott führt.)
7) Der Vollständigkeit halber: Zerge haben nun eine bessere Chance, gegen mächtigere Wesen zu bestehen, vorrausgesetzt, jemand kann sie organisieren und effektiv führen.
Bedeutet: CHA wird weniger Dump Stat, und wichtig für das "Endgame". Bedeutet aber auch: Herrscher müssen "Helden" genau im Auge behalten, so dass sich nicht irgendwann die eigenen Palastwachen gegen sie wenden (von der Gefahr des Ruins für die Wirtschaft durch das Ausgeben von Schatzhorten einmal abgesehen, siehe 2.). Dieser Faktor wiegt umso schwerer, da Charaktere nun auch schneller aufzusteigen scheinen. Gestern noch ein Bauernlümmel, morgen ein Erzmagier, der einem den Thron klauen will.
8.) Nimmt man 5) und 7) zusammen, brauchen Dynastien und Staaten, die stabil sein wollen, effektive Geheimdienstorganisationen, die Abenteurer ausspionieren, auf ihre Seite ziehen wollen oder nötigenfalls ausschalten.
9) Je mehr Gottheiten auf einer Welt existieren, desto geringer der Einfluss der jeweiligen Priesterschaft auf die Politik, und umgekehrt. Insofern es keine Bündnisse zwischen Glaubensrichtungen und Staatsreligionen in bestimmten Reichen gibt, neutralisieren sich verschiedene Kulte in Kampagnen mit losen Pantheons und Animismus gegenseitig.
In einer Welt mit Monotheismus oder Dualismus müssten die Glaubensgemeinschaften noch über den Königshäusern stehen, insoweit sie nicht in zu viele Sekten zersplittert sind. Dies würde bedeuten, dass sich bei Kriegen die Kleriker entweder neutral verhalten oder für eine Seite entscheiden müssten, was einen hohen Machtfaktor bedeuten würde.
10) Das DMG sagt: 8-12 große Städte pro Kontinent, bedeutet etwa 1 Große Stadt im Kingdom Scale mit, sagen wir, 50000 Einwohnern, als Hauptstadt. Es kommen noch 8-12 Städte (Towns und Cities) hinzu, sagen wir, je 5 mit insgesamt 180.000 Einwohnern. Dazu noch 48 -72 Dörfer (sagen wir, 60 mit insgesamt 30.000 Einwohnern). Macht insgesamt ca. 240.000 Einwohner in einem Land von den Ausmaßen Großbritanniens, was ich für wenig halte.
Möchte ich dies jedoch nicht für "broken" erklären, muss ich mir was überlegen. Mögliche Ideen wären:
a) Die Region wurde erst kürzlich besiedelt. Eine größere Zivilisation konnte sich noch nicht entwickeln.
b) Eine Serie von Katastrophen, Kriegen, Seuchen in der jüngsten Vergangenheit führte zum Zusammenbruch einer größeren Zivilisation, und das Reich ist noch nicht wieder auf die Füße gekommen.
c) Das System ist in sich seit langer Zeit stabil, weil immer wieder externe Faktoren verhindern, dass das Reich auf die Füße kommt (zum Beispiel, weil die Einwohner regelmäßig gefressen werden.
d) Die Zahlen stehen nur für die menschlichen Einwohner (mit, sagen wir Halbelfen und Halborks). Elfen, Gnome, Zwerge etc. haben ihre eigenen Regionen und werden nicht berücksichtigt.
11.) Die niedrige Bevölkerungszahl hat Auswirkungen auf verschiedene andere Faktoren.
a) Die Strecken zwischen besiedelten Regionen sind weit. Nachrichten werden sich vermutlich nur langsam verbreiten, und lokale Herrscher haben eine höhere Machtbasis, was einem Feudalsystem Vorschub geben könnte. Autokratien und Demokratien werden es eher schwer haben. Mit 1) könnte ich als Herrscher diesen Punkt etwas abmildern und umgehen - vielleicht, in dem ich einen Orden Greifenfliegender Herolde, Kuriere und Späher einrichte. Ich könnte auch Teleportationskreise einrichten, mache mich aber von Magiern abhängig und habe das Risiko, dass die jemand irgendwann gegen mich einsetzt.
b) Lege ich eine Zahl von 2% der Bevölkerung fest, die unter Waffen steht, komme ich auf knapp 5000 Mann, die, verteilt auf verschiedene Provinzen des Reiches, unter Waffen stehen. In Kriegszeiten kann ich vielleicht auf 20.000 - 30.000 erhöhen, aber dann blute ich das Land auch aus. Das bedeutet, das Zerg - Taktiken aus übergeordneter Sicht vielleicht doch nicht so die beste Idee sind.
c) Steuereinnahmen sind vielleicht nicht so hoch, dass ich mir als Herrscher stehende Heere und den Bau von Burgen im großen Stil leisten kann. Vielleicht muss ich mir Geld leihen (vielleicht von den Zwergen, den alten Wucherern), klauen (war da nicht ein Drache mit einem großen Hort am Rande meines Reiches?), das Volk auspressen (wodurch ich dann wieder diese Probleme mit den Männern in grünen Strumpfhosen bekommen), oder vielleicht einfache und billige Lösungen für komplexe Probleme finden (AKA: Abenteurer anwerben).
d) Lege ich andererseits fest, das 2% der durchschnittlichen Bevölkerung magiebegabt sind (auf alle Klassen verteilt), komme ich ebenfalls auf ca. 5000 potentielle Zauberer. Hier werden die Punkte 3 und 5 wieder wichtig. Ich richte vielleicht Schulen für Magier und Barden ein, und stifte etwas Gold einigen Kulten, um diese an mich zu binden. Da ein Großteil meines Reiches allerdings auch Wildnis ist, muss ich mich auch mit den Druiden und Waldläufern gut stellen; die können mir dann auch bei Punkt 1 helfen, die Viecher zu finden und abzurichten.
So, das war es erst einmal, vielleicht fällt mir später noch mehr ein. Guckt Euch meine Gedankengänge an, nehmt sie auseinander, ergänzt sie, stellt sie in Frage, stellt eigene Betrachtungen auf, welche Wirkungen die GRW auf das Setting einer Welt haben.
Slayn:
Ein nicht unwichtiger Punkt wäre: gerade die Existenz verschiedener, meist biologisch nicht kompatibler Völker und Monster, macht eine flächendeckende Besiedlung einer Landmasse nach irdischem Vorbild zu einem sinnlosen Versuch.
Was die Magier angeht: Die Ausbildung irgendeiner "aufwändigen" Klasse dauert und kostet. das Wesen steht in der Zeit als Arbeitskraft nicht zur Verfügung, was die indirekten Kosten nochmals hochtreibt. Die 5E hat leider keine "Starting Age"-Angaben für die einzelnen Klassen, aber in früheren Editionen hat die Ausbildung zum Stufe 1 Wizard signifikant länger gedauert als für jede andere Klasse. Ein Königreich müsste schon extrem erfolgreich sein um sich diesen Luxus gönnen zu können.
Der Oger (Im Exil):
--- Zitat von: Slayn am 11.01.2015 | 17:55 ---Ein nicht unwichtiger Punkt wäre: gerade die Existenz verschiedener, meist biologisch nicht kompatibler Völker und Monster, macht eine flächendeckende Besiedlung einer Landmasse nach irdischem Vorbild zu einem sinnlosen Versuch.
--- Ende Zitat ---
Guter Einwand! Es gäbe auch eine etwas jugendfreiere Erklärung für Halbelfen, Halborks und anderen Spielervölkern, die zumindest zum Teil menschlich sind. Wo die Liebe hinfällt, kommt es halt auch mal zu Kindern, und wenn es jemand aus einem anderen Volk ist, mangels anderer Angebote.
Eine andere Überlegung, die ich diesbezüglich einmal für eine eigene Kampagne hatte, war, dass Halbelfen und Halborks die eigentlichen Vorgänger - Völker sind, und sich Elfen, Menschen und Orks nach und nach aus diesen Völkern entwickelt haben.
--- Zitat ---Was die Magier angeht: Die Ausbildung irgendeiner "aufwändigen" Klasse dauert und kostet. das Wesen steht in der Zeit als Arbeitskraft nicht zur Verfügung, was die indirekten Kosten nochmals hochtreibt. Die 5E hat leider keine "Starting Age"-Angaben für die einzelnen Klassen, aber in früheren Editionen hat die Ausbildung zum Stufe 1 Wizard signifikant länger gedauert als für jede andere Klasse. Ein Königreich müsste schon extrem erfolgreich sein um sich diesen Luxus gönnen zu können.
--- Ende Zitat ---
Ja, und um erfolgreich zu sein, braucht das Reich Magier. Ein Teufelskreis. >;D
Es würde außerdem möglicherweise bedeuten, das es sehr verführerisch für einen König ist, einen Pakt mit z. B. The Fiend oder einer organisierten Religion einzugehen, um an Zauberer für das Schlachtfeld zu kommen.
YY:
--- Zitat von: Der Oger am 11.01.2015 | 17:21 ---2) Legt man ein halbwegs realistisches Wirtschaftsmodell zugrunde, dann kann der Fund eines Schatzhortes die lokale oder regionale Wirtschaft ruinieren (man betrachte, was mit Spaniens Wirtschaft nach der Eroberung Lateinamerikas, und dem Rückfluss des Goldes aus den Kolonien geschah.) Es ist denkbar, dass die lokalen Herrscher Vorkehrungen dagegen treffen, sobald ihnen dieser Sachverhalt bekannt wird.
--- Ende Zitat ---
Einen entsprechend großen Schatzhort dürfte man als Abenteurer ohnehin nicht sinnvoll verwerten können - da muss man sich die besten Stücke rauspicken und den Rest an irgendeinen Herrscher verschachern, der einem dafür was langfristig Brauchbares anbieten kann und sich selbst damit rumschlagen darf, das Zeug nutzbringend zu verwenden.
--- Zitat von: Der Oger am 11.01.2015 | 17:21 ---4) Wenn die Position eines Lagers eines Wesens mit regionalem Einfluss (Drachen, Betrachter, Vampire) bestimmt werden muss, dann wird früher oder später jemand auf die Idee kommen, die Triangulation zu erfinden.
--- Ende Zitat ---
Die wirds da zum Einen schon geben und zum Anderen dürften solche Wesen ohnehin recht leicht zu verorten sein.
Rantrauen muss man sich dann erst mal, aber aufspüren kann man die ohne übermäßigen Aufwand.
--- Zitat von: Der Oger am 11.01.2015 | 17:21 ---8.) Nimmt man 5) und 7) zusammen, brauchen Dynastien und Staaten, die stabil sein wollen, effektive Geheimdienstorganisationen, die Abenteurer ausspionieren, auf ihre Seite ziehen wollen oder nötigenfalls ausschalten.
--- Ende Zitat ---
Nicht unbedingt moderne Geheimdienstorganisationen. Ich würde den Schwerpunkt da eher auf Allianzen und persönliche Beziehungen legen, wie man das ja mit anderen wichtigen "Playern" auch gemacht hat.
Höherstufige Helden entsprechen in Schlagkraft, sozialer Position und dem sonstigen Drumherum ziemlich gut den freien Söldnerverbänden des Hochmittelalters, da muss man sich nicht groß verrenken.
--- Zitat von: Der Oger am 11.01.2015 | 17:21 ---In einer Welt mit Monotheismus oder Dualismus müssten die Glaubensgemeinschaften noch über den Königshäusern stehen, insoweit sie nicht in zu viele Sekten zersplittert sind.
--- Ende Zitat ---
Letzteres ist aber eher der Normalfall, wenn man sich mal so umschaut...das Christentum ist da nicht unbedingt das Maß aller Dinge.
1of3:
--- Zitat ---9) Je mehr Gottheiten auf einer Welt existieren, desto geringer der Einfluss der jeweiligen Priesterschaft auf die Politik, und umgekehrt. Insofern es keine Bündnisse zwischen Glaubensrichtungen und Staatsreligionen in bestimmten Reichen gibt, neutralisieren sich verschiedene Kulte in Kampagnen mit losen Pantheons und Animismus gegenseitig.
In einer Welt mit Monotheismus oder Dualismus müssten die Glaubensgemeinschaften noch über den Königshäusern stehen, insoweit sie nicht in zu viele Sekten zersplittert sind. Dies würde bedeuten, dass sich bei Kriegen die Kleriker entweder neutral verhalten oder für eine Seite entscheiden müssten, was einen hohen Machtfaktor bedeuten würde.
--- Ende Zitat ---
Ähm. Ne. Du machst da ne ganze Reihe Annahmen, die so nicht gegeben sein müssen.
Du nimmst an, dass es PriesterSCHAFTEN gibt. Das muss keinesfalls so sein, selbst wenn es Priester gibt. Dann müssen diese Priesterschaften auch noch spezifisch für einen Gott sein. Das ist in polytheistischen Systemen eher selten der Fall. Dann müssen diese Priesterschaften auch noch ein Interesse haben, dass von den Interessen der Regierenden insgesamt verschieden ist. Das setzt zunächst mal eine Buchreligion oder etwas voraus, wo die Religion zumindest Vorschriften macht. Das ist offensichtlich nicht universell.
Kurz: Du glaubst, dass Polytheismus wie x-faches Christentum funktioniert. Stimmt nicht.
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