Autor Thema: "Politisch" spielen  (Gelesen 5822 mal)

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Offline Turning Wheel

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #25 am: 12.02.2015 | 08:33 »
Das mag witzig sein, aber geht es bei Fiasko nicht darum, zu erzählen wie man keinen Erfolg hat?

Offline Chiarina

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #26 am: 12.02.2015 | 08:47 »
Nicht zwangsläufig. Bei eigentlich allen Fiasco-Versuchen, die ich bisher erlebt habe, gab es am Ende doch mehr oder weniger deutlich ein, zwei oder sogar drei Charaktere, die einigermaßen glimpflich davongekommen sind und halbwegs erfolgreich waren. Das eigentliche Fiasco ereignet sich meistens irgendwann in der 2. Spielhälfte. Es ist die Bredouille, in die die Charaktere geraten. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass sie scheitern müssen.

Mal abgesehen davon war die RAF eine Gruppierung, bei der das Scheitern (zumindest ab einem bestimmten Moment) ja im Prinzip vorprogrammiert war. Da passt Fiasco schon ganz gut, finde ich (das Playset habe ich aber noch nicht ausprobiert).

Chiarina.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Turning Wheel

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #27 am: 12.02.2015 | 08:53 »
Danke für die Erläuterung.

Die RAF passt allerdings insofern recht mager in dieses Thema, weil sie keine Politik gemacht hat.

Belphégor

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #28 am: 12.02.2015 | 09:02 »
Ich habe einen bisher ungelesenen Ergänzungsband zum Mongoose-Runequest, der sich "Empires" nennt und anscheinend Spielmechaniken für High-End-Politik enthält (habe ihn bisher nur überflogen).
Wobei sich Empire eher auf Imperien und große Königreiche bezieht, weniger auf die niedrigeren Verwaltungsstufen. Der Bereich, der Klaus interessiert, dürfte sich eher in Guilds, Factions & Cults finden.

Ansonsten gibt es ja (drüben bei den B!) eine lange Liste mit Rollenspielen mit Organisationen und Reichen (bzw. Lehensverwaltung), da gibt es von den Regeln her inzwischen reichlich Auswahl.

Ich denke, um auf dem politischen Parkett zu agieren, muss eine Art Herrschaftssystem existieren, in dem die Charaktere der Spieler agieren können. Dies kann auf grob drei Ebenen geschehen.
Puh. Ich finde deine Frage etwas schwierig: Für das Loyalitätsproblem gibt es z.B. bei Adventurer Conqueror King entsprechende Ansätze, da könnte man über die Loyalität gehen - wenn es dem Usuprator gelingt, die Loyalität des bisherigen Herrschers in den negativen Bereich zu senken, dürfte die ihn als Retter willkommen heißen. Es gibt auch Regeln, mit denen man die Auseinandersetzung mit dem Baron ausfechten kann. Aber wie der Baron reagiert - dafür gibt es keine Regeln bei ACKS. Zu dem Zweck würde ich eher so Charakterisierungen wie bei Dungeon World anfertigen, wo ich vorher festlege, wie der Baron auf bestimmte Dinge reagiert: Bei Mordanschlag: Plant Rache. Bei Verlust einer Burg: Aktiviert Verbündeten X und greift an. So in der Art.

Offline K!aus

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #29 am: 12.02.2015 | 09:52 »
Zu dem Zweck würde ich eher so Charakterisierungen wie bei Dungeon World anfertigen, wo ich vorher festlege, wie der Baron auf bestimmte Dinge reagiert: Bei Mordanschlag: Plant Rache. Bei Verlust einer Burg: Aktiviert Verbündeten X und greift an.

Ich denke dieser Aspekt ist das was ich meine. Vielleicht als Vergleich: Ich sehe das etwas ähnlich wie beim Kampf: Da ist einigermaßen klar, dass der Kampf als gewonnen gilt, wenn der Gegner Null Lebenspunkte hat (Tod oder einfach kampfunfähig) oder z.B. flüchtet. Um das zu erreichen habe ich verschiedene Mittel wie Waffen und Zauber. Ich kann die Schlagkraft sogar verbessern, indem ich mich z.B. taktisch geschickt positioniere, Waffen und Zauber kombiniere, usw.

Jetzt will ich eben nicht soziale Interaktion in diesem Sinne ausfechten, sondern ein ganzes Machtspiel.

Ziel: Wiederum sei die Zielsetzung ähnlich: Person X muss weg. Dazu kann man ihn selbst erschlagen, ihn erschlagen lassen, ihn vergiften, ihn überreden das Weite zu suchen, Person Y auf ihn hetzen, usw. Das ganze selbst in die Hand zu nehmen ist technisch unproblematisch: Eindringen in die privaten Gemächer und Bossfight, ein Klassiker.

Mittel: Aber wie sieht es mit den subtileren Mitteln aus? Sagen wir, ich möchte die Leute im Umfeld von Person X dazu bringen, dass mir das eigentliche Attentat leichter fällt. Die Wachen vor seiner Tür bestechen, dass sie bei ihrer Patrouille einen größeren Bogen machen, den persönlichen Diener überreden, dass Person X zur Abendzeit in der Bibliothek ist, usw.

Taktik: Und schließlich kann ich noch taktisch vorgehen. Um z.B. bei meinen Mittel der Wahl etwas Druck auszuüben kann man auch ganz klassisch die Leute bedrohen, die einem zuarbeiten sollen. Pferdekopf ins Bett legen o.ä.

Ich denke Ziel und Taktik sind recht einfach zu spielen, weil da die Spieler direkt involviert sind. Aber wie sieht es mit den Mitteln aus? Kann ich abbilden, ob der Bestechungsversuch geklappt hat oder der Laufbursche nicht doch die Hosen voll hat? Genau an diesem Punkt würde ich mir Regeln in dem Sinne wünschen, dass man drauf würfeln kann. So wie man beim Kampf auch gut ausgerüstet sein kann, aber die Angriffswürfe halt einfach mal daneben gehen. 
Das macht das ganze z.B. auch für den Spielleiter spannend.

Nochmal: Ich verstehe, dass dies recht komplex erscheint und aus diesem Grund würde ich auch recht überschaubar beginnen, was die Figuren auf dem politischen Parkett angeht. Aber trotzdem, mal etwas Zeit und Arbeit investieren, um sich zu überlegen, ob Leute ihrer Bestechung nachkommen, ob man sie tatsächlich Überzeugen oder nur Überreden konnte. Und wenn sie einknicken, was passiert dann? Hängen sie sich auf, weil sie die Schmach nicht aushalten und die Spieler müssen sich noch dafür verantworten jemanden in den Tod getrieben zu haben?

Gruß,
  Klaus.
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Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #30 am: 12.02.2015 | 09:57 »
Danke für die Erläuterung.

Die RAF passt allerdings insofern recht mager in dieses Thema, weil sie keine Politik gemacht hat.

Interessanter fände ich ein Szenario, bei dem die Spieler nicht die Terroristen, sondern einen Teil der Staatsmacht darstellen. Und dann mit zusätzlichen Akteuren, die zwar auch irgendwie auf der selben Seite stehen, aber dann wiederrum nicht und ihre eigenen Ziele und Aktivitäten innerhalb der "Handlungsmaschine" haben. Ministerien sind üblicherweise so eine schöne Brutstätte von byzantinischen Seilschaften, Leichen im Keller, Machtgeilheit, Neid und Arroganz, das nicht live und in Farbe zu nutzen, wäre fast schade drum. Die Terroristen sind da dann zwar eine äußere Bedrohung, die alle gemeinsam bekämpfen sollten, aber die Steigerungsformen lauten ja bekanntlich: Feind - Todfeind - Parteifreund.
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

Offline GustavGuns

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #31 am: 12.02.2015 | 10:31 »
Ich finde Regeln für politische Konflikte jenseits von Würfen zu konkreten sozialen Interaktionen immer schwierig, weil sie die Zusammenhänge notwendigerweise verkürzen und erwartbar machen. Dadurch zwingen sie ab einem gewissen Punkt die Handlunge von Individuen und Gruppen in ein (meiner Meinung nach) zu enges Korsett und unterstützen damit auch Fantasielosigkeit in der Herangehensweise, sowie eine gewisse Bequemlichkeit.

Das soll natürlich nicht heißen das jeder das so sehen muss, oder das der SL nicht insgeheim doch sowas wie "soziale Hitpoints" für seine NSCs hat (Beispiel: wenn der Gewerkschaftsführer jetzt noch 2x öffentlich Scheisse aussieht, ohne mal wo nen positiven Auftritt zu haben, dann meutert seine Basis). Die Spieler würden bei mir jedoch keinen direkten Zugriff auf diese Werte bekommen - aber natürlich können sie eine gewisse Ahnung der Stimmung bekommen (Informanten befragen, Gassenwissen/Gebräuche (Gewerkschaft) etc. einsetzen, und so weiter).
« Letzte Änderung: 12.02.2015 | 10:33 von GustavGuns »
Peng! Du bist tot!

Belphégor

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Re: "Politisch" spielen
« Antwort #32 am: 12.02.2015 | 12:05 »
Ich denke Ziel und Taktik sind recht einfach zu spielen, weil da die Spieler direkt involviert sind. Aber wie sieht es mit den Mitteln aus? Kann ich abbilden, ob der Bestechungsversuch geklappt hat oder der Laufbursche nicht doch die Hosen voll hat? Genau an diesem Punkt würde ich mir Regeln in dem Sinne wünschen, dass man drauf würfeln kann. So wie man beim Kampf auch gut ausgerüstet sein kann, aber die Angriffswürfe halt einfach mal daneben gehen.
Da bietet sich bei ACKS der Loyalitätswurf an: Der Loyalitätswurf wird von der Grundloyalität gegenüber dem Auftraggeber, dem Charismabonus des Verschwörers und sonstigen Umständen (Bezahlung, usw.) beeinflusst.

Mal als Beispiel:
Der Schwiegersohn ist ein leicht überdurchschnittlich charismatischer Adeliger (+1), der sein Lehen aber ohne größere Rücksicht auf die Einwohner ausquetscht (-2). Seinen Laufburschen behandelt er normal (0). Die Verschwörer bieten mehr als das Jahresgehalt an Bestechung (+1), zudem schickten sie den Paladin mit hohem Charisma (+3) vor. Sein Lehnsherr beeinflusst den Wert mit -1 (CHA +1, Verhalten -2, Grundloyalität 0), der Verschwörer mit +4 (Bestechung +1, Charisma +3). Ich würde dann noch die Erfolgschancen aus Sicht des Laufburschens einberechnen, aber das habe ich jezt gerade nicht im Kopf.

Insgesamt würfelt der Laufbursche seinen Loyalitätswurf mit 2W6+5, von -(-1)+4=5 (wenn du die Loyalität gegenüber den Verschwörern testest) oder mit 2W6-5, von -1-(+4) (wenn du die Loyalität gegenüber seinem Lehnsherren testest.)

Das Ergebnis vergleichst du dann mit der Loyalitätstabelle. Der Wurf wird jedes Mal wiederholt, wenn der Laufbursche in eine Situation kommt, bei der er sich persönlich in Gefahr bringt.