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Realismus von GURPS
OldSam:
--- Zitat von: alexandro am 1.05.2015 | 03:43 ---Der Crux ist also der: es wird eine Korrelation zwischen abstrakten Werten und realen Ergebnissen hergestellt und dann getestet, ob diese Zuordnung sinnvoll ist. Das ist wirklich kein Alleinstellungsanspruch von GURPS.
--- Ende Zitat ---
Richtig ist es nicht ;) Vermutlich die Mehrheit der Systeme wird vom Prinzip her irgendwie in dieser Art vorgehen, der Unterschied besteht hier eher in Umfang u. Qualität der Playtests mit Reality-Checks u. der wiederkehrenden Anpassungsarbeit am System, sowie daraus resultierend im quantitativen Unterschied der "positiven Testfälle".
Sprich es würde halt in einer Game-Session mit verschiedenen Szenen (bei "normalen" Settings) typischerweise bei GURPS einfach häufiger als beim "konventionellen System XY" vorkommen, dass die Würfel-Resultate mit Real-Erfahrungen bzw. den entsprechenden fachlichen Prognosen übereinstimmen.
Im Wesentlichen ist das doch der Grund warum in den üblichen RPG-Theorien GURPS näher am Simulationismus verortet wird als z.B. D&D. Und daraus folgt schließlich nicht, dass bei D&D keinerlei realitätsnahen Ergebnisse rauskommen (ansonsten wäre es wohl nicht beliebt geworden denke ich mal :p), nur es wird dort darauf weniger Wert gelegt und diese kommen halt im Vergleich seltener vor.
Eulenspiegel:
--- Zitat von: alexandro am 1.05.2015 | 03:43 ---Ich kann auch in anderen Systemen die Ergebnisse überprüfen und sagen "Jepp, die kommen so auch in der Realität vor" (sogar die "freak rolls" von SW sind realistisch, wenn man das Wort in dem Sinne verwendet, wie du es tust). Sogar mit einem System, welches auf einem Münzwurf basiert, kann ich diese Art von "realistischen" Ergebnissen herstellen.
--- Ende Zitat ---
Bei anderen Systemen kommt so etwas vereinzelt vor. Aber es gibt eben viele Machanismen, wo eben keine Korrelation zwischen Realität und System vorliegen. Bei SW zum Beispiel sind WildCards deutlich mächtiger und widerstandsfähiger als Extras, selbst wenn sie die gleichen Werte haben.
Und bei Freak Rolls kommt es halt auf den Umstand an: Ja, einige Freak Rolls sind realistisch. Aber wenn ich mit einem einzelnen Messerstcih einen ganzen Lkw zerstören kann, dann ist das unrealistisch. (Ich kann mit einem einzelnen Messerstich den Reifen zerschneiden. Oder ich kann das Zündkabel zerschneiden. - Aber die komplette Zerstörung des Lkw mit einem einzelnen Angriff ist unrealistisch.)
--- Zitat von: alexandro am 1.05.2015 | 04:09 ---Beißt sich das nicht mit dem (hier in diesem Thread mannigfach vertretenen) Anspruch, GURPS würde die Leistung des Sportlers "realistisch" abbilden und Abweichungen zwischen GURPS und der Realität könnten durch die Anwendung von Modifikatoren auf die Würfelwürfe abgedeckt werden? Und jetzt sollen die Modifikatoren plötzlich in der "Black Box" des Würfelwurfes drinstecken, in welche man nicht hineinschauen kann?
--- Ende Zitat ---
Nope. Niemand hat behauptet, Gurps sei ein deterministisches Spiel. - Wenn du eine deterministische Realität* mit einem nicht-deterministischen System abbildest, bedeutet das grundsätzlich, dass bestimmte Einflüsse in der Realität durch den Zufallsgenerator des Systems abgebildet werden.
Was halt der Anspruch von Gurps ist, dass relevante Einfluss dargestellt werden können.
Ob zum Beispiel Tag oder Nacht ist, ist ein Einfluss, der ja auch in die Planung der SCs miteinfließen kann. (Greifen wir tagsüber oder nachts an?) Daher ist er auch relevant.
Irgdnwelche Ereignisse, auf die die SCs keinen Einfluss haben, und die von ihnen wahrscheinlich auch nichtmal bemerkt werden, sind jedoch irrelevant. Diese werden dann durch den Zufallsgenerator "3W6" abgebildet.
*Disclaimer: Die Quantenphysik ist nicht deterministisch. Aber der Makrokosmos, ist hinreichend deterministisch.
Und nein, nicht jedes Black-Box System ist realistisch. Denn wie du bzw. der Kanzler schon sagten: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."
Wenn das, was hinten rauskommt, realistisch ist, dann ist das Black-Box-System realistisch. Wenn das, was hinten rauskommt, unrealistisch ist, dann ist das Black-Box-System unrealistisch.
Du musst nicht prüfen, was in der Black-Box vor sich geht. Aber du musst prüfen, was hinten dabei herauskommt. Und das kann realistisch sein oder eben auch unrealistisch. (SC, der mit einem einzigen Messerangriff einen Lkw zerstört. - Zwei Personen, die gleich gut sind, aber unterschiedliche Durchschnittsergebnisse erzielen, weil der eine ein Extra und der andere ein WildCard ist.)
Beliebtes Unrealismus-Beispiel ist bei mir auch immer DSA, wo es unmöglich ist, eine Person mit einem einzigen Angriff zu töten.
Oder wo es für das Opfer eine Finte von Vorteil ist, wenn sie an einer Wand steht und keine Möglichkeit hat zurückzuweichen.
Oder wo ein Florett gegen einen Schwergerüsteten besser ist als eine Axt oder Morgenstern. (Stichwort "gezielter Stich" vs. "Wuchtschlag")
Du hast hier eine Black-Box, wo am Ende einfach Unrealismus herauskommt.
--- Zitat ---Ach deswegen hört man auch immer wieder von Statistikern, welche furchtbar reich mit Sportwetten geworden sind.
--- Ende Zitat ---
Yupp, diese Statistiker sitzen allerdings auf der anderen Seite vom Wettbüro.
Der Nicht-Statistiker ist derjenige, der zum Wettbüro rennt, um eine Wette zu platzieren. Der Statistiker ist derjenige, der den Typen hinterm Wettschalter bezahlt und ihm vorgibt, welche Quoten er anbieten soll.
--- Zitat ---Und ein Wurf bei Kälte wird dann mit einem generellen Modifikator belegt. Finde den Fehler.
--- Ende Zitat ---
Es gibt bei Gurps zwei Arten von Modifikatoren:
1) (Absoluter) Modifikator des Würfelwurfes
2) (Relativer) Modifikator des Ergebnisses.
Welcher Modifikator jetzt zum Einsatz kommt, hängt nunmal davon ab, welcher Modifikator sinnvoller ist.
Wenn man bei Kälte durchschnittlich 5% langsamer läuft, wäre bei Gurps ein relativer Modifikator des Ergebnisses sinnvoller. (Da ich aber kein Sportmediziner bin, kann ich dir diesbezüglich nicht sagen, ob das stimmt.)
--- Zitat ---Ich weiß genug darüber, um zu wissen dass Stochastik zu den nicht-empirischen Wissenschaften gehört.
--- Ende Zitat ---
Hmm, vielleicht weißt du dann auch, dass die Ergebnisse der theoretischen Wissenschaften dann auch regelmäßig in den empirischen Wissenschaften benutzt werden, um dort Ergebnisse zu erhalten.
Empiriker greifen immer auf die Ergebnisse der Theoretiker zurück, um ihre Messungen auswerten zu können (bzw. um überhaupt Experimente zu designen). - Und die Theoretiker wiederum nutzen dann die Ergebnisse der Empiriker, um ihre Modelle zu überprüfen und gegebenenfalls neue Modelle aufzustellen.
OldSam:
--- Zitat von: alexandro am 1.05.2015 | 04:09 ---Wie oben schon gesagt: wenn man den "Black Box"-Designansatz vertritt (wie einer unserer Kanzler einmal sagte: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."), dann ist JEDES Rollenspiel realistisch.
--- Ende Zitat ---
Das Problem scheint mir, dass Du hier nur binär denkst - komplett realistisch oder nicht realistisch - obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Es würde wohl keiner behaupten, dass GURPS komplett in jeder Regel-Situation realistisch ist, so gesehen könnte man dann mit gewissem Recht sagen JEDES Rollenspiel ist unrealistisch, aber das verfehlt den Kern der Sache: Es geht eben nicht um ein pauschales "Ja oder Nein", sondern darum, ob ich in 10 Testfällen 8x Ja oder nur 4x Ja sagen konnte.
--- Zitat von: Eulenspiegel am 1.05.2015 | 10:32 ---Empiriker greifen immer auf die Ergebnisse der Theoretiker zurück, um ihre Messungen auswerten zu können (bzw. um überhaupt Experimente zu designen). - Und die Theoretiker wiederum nutzen dann die Ergebnisse der Empiriker, um ihre Modelle zu überprüfen und gegebenenfalls neue Modelle aufzustellen.
--- Ende Zitat ---
So sieht's aus, Arbeitsergebnisse und Methoden werden wechselseitig genutzt.
alexandro:
--- Zitat von: OldSam am 1.05.2015 | 10:14 ---Im Wesentlichen ist das doch der Grund warum in den üblichen RPG-Theorien GURPS näher am Simulationismus verortet wird als z.B. D&D. Und daraus folgt schließlich nicht, dass bei D&D keinerlei realitätsnahen Ergebnisse rauskommen (ansonsten wäre es wohl nicht beliebt geworden denke ich mal :p), nur es wird dort darauf weniger Wert gelegt und diese kommen halt im Vergleich seltener vor.
--- Ende Zitat ---
"Simulationismus" (auf deutsch von Vermi sehr treffend mit "Erlebnisrollenspiel" übersetzt) =! Realismus.
Die WoD ist z.B. (trotz des ganzen Überbaus von wegen "Geschichte erzählen") auch SIM. Und die WoD hat keinen Anspruch realistisch zu sein (obwohl sie es trotzdem ist).
--- Zitat von: OldSam am 1.05.2015 | 10:38 ---Das Problem scheint mir, dass Du hier nur binär denkst - komplett realistisch oder nicht realistisch - obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Es würde wohl keiner behaupten, dass GURPS komplett in jeder Regel-Situation realistisch ist
--- Ende Zitat ---
;D Ich bin noch nichtmal auf einzelne Regelsituationen eingegangen. Bisher rede ich nur über die grundlegende Herangehensweise, wie der Grundmechanismus eines "realistischen" Rollenspiels aufgebaut sein müsste, wenn es diesen Anspruch erfüllen will.
alexandro:
--- Zitat von: Eulenspiegel am 1.05.2015 | 10:32 ---Bei anderen Systemen kommt so etwas vereinzelt vor. Aber es gibt eben viele Machanismen, wo eben keine Korrelation zwischen Realität und System vorliegen. Bei SW zum Beispiel sind WildCards deutlich mächtiger und widerstandsfähiger als Extras, selbst wenn sie die gleichen Werte haben.
--- Ende Zitat ---
Realität =! unsere Welt (ansonsten wäre jedes System in dem es Regeln für Magie gibt unrealistisch).
--- Zitat ---Und bei Freak Rolls kommt es halt auf den Umstand an: Ja, einige Freak Rolls sind realistisch. Aber wenn ich mit einem einzelnen Messerstcih einen ganzen Lkw zerstören kann, dann ist das unrealistisch. (Ich kann mit einem einzelnen Messerstich den Reifen zerschneiden. Oder ich kann das Zündkabel zerschneiden. - Aber die komplette Zerstörung des Lkw mit einem einzelnen Angriff ist unrealistisch.)
--- Ende Zitat ---
Deswegen ist das auch bei SW nicht möglich. Dass ein Körper nach einem einzelnen Messerstich zusammenklappt kann man noch erklären, bei Gegenständen funktioniert diese Erklärung nicht, daher gibt es dafür Sonderregeln.
--- Zitat ---Und nein, nicht jedes Black-Box System ist realistisch. Denn wie du bzw. der Kanzler schon sagten: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."
Wenn das, was hinten rauskommt, realistisch ist, dann ist das Black-Box-System realistisch. Wenn das, was hinten rauskommt, unrealistisch ist, dann ist das Black-Box-System unrealistisch.
--- Ende Zitat ---
Angenommen ich entwickle ein System, welches auf einem einzelnen Münzwurf basiert. Im Spiel sagt ein Spieler "Ich möchte mit meinem Messer diesen LKW zerstören". Dann gibt es grundsätzlich 2 Möglichkeiten:
a) "Das geht nicht" (so eine Aktion ist in den Regeln nicht abgedeckt), oder
b) "Das geht, aber mit Sonderregeln" (Er beschreibt, wie er mit dem Messer den Benzintank aufhebelt, es dann benutzt um den Zündmechanismus und die Autobatterie auszubauen und auf diese Weise einen Zündfunken im Bezintank erzeugt - die Münze zeigt Kopf, also klappt das)
In beiden Fällen wäre das, was hinten rauskommt realistisch (das System besteht den "reality check" durch die Gruppe) . Und so macht es eigentlich jedes Rollenspielsystem (inklusive GURPS).
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