Autor Thema: [ToD] kann man das spielen? - ein paar Gedanken zu den moralischen Implikationen  (Gelesen 2269 mal)

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Offline Porta Stellaris

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Im meinem letzten Post habe ich ein paar Zeilen zum ToD Settingsband von Pinnacle geschrieben. Nun mache ich mir ein paar Gedanken darüber, ob man das Setting auch spielen kann.

Ein paar Worte vorweg zur Klarstellung:
In diesem Post geht es nicht darum, ob ToD technisch / mechanisch spielbar ist, mir geht es um moralische Aspekte der Spielbarkeit dieses Settings. Natürlich sind die folgenden Überlegungen meine ganz eigenen, privaten Meinungen.

Ursprünglich habe ich das Setting nicht in der Absicht gekauft, es auch zu spielen - ich wollte mir einen Eindruck davon verschaffe, wie Pinnacle-Settings ticken, also wie Pinnacle seine eigenen Regeln in einem Settingband umsetzt.
Nachdem ich ToD einige male vor-und rückwärts durchgelesen hatte, war meine Faszination mit dem Missionsgenerator und der Plot Point Kampagne ungebrochen. Ursprünglich hatte ich für mich persönlich ausgeschlossen, Settings im ersten oder zweiten Weltkrieg zu spielen, da diese schrecklichen Ereignisse noch zur jüngeren Vergangenheit gehören und es in meinen Augen gegenüber den Leidtragenden pietätlos wäre, "zum Zeitvertreib" die Gräuel dieser Konflikte ins Wohnzimmer zu holen. Der Vietnamkrieg fällt natürlich in die selbe Kategorie.
Aber wie heißt es so schön: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.

Was mir von Anfang an etwas sauer aufgestoßen ist, ist der recht saloppe Ton, in dem der Autor von ToD über die Kriegshandlungen berichtet. Was teilweise im Settingband an Tatsachenbehauptungen aufgestellt wird, grenzt nach meiner Einschätzung schon an Geschichtsklitterung. Inwieweit der Autor hier absichtlich eine moralisch spielbare (wir sind die Guten, die anderen die Bösen) alternative Realität schaffen will, oder seine persönlichen Ansichten zur Geschichte seines Landes zum Ausdruck bringt, ist naturgemäß nur schwierig zu ergründen. Es bleibt allerdings ein fader Beigeschmack bei mir hängen, insbesondere nachdem ich mich aus Interesse recht ausführlich mit dem Vietnamkonflikt auseinandergesetzt habe, und zwar nicht nur mittels Google, sondern auch mittels einiger Geschichtsbücher. Meine persönliche Ansicht ist, dass es auf allen Seiten des Konflikts systematische Verletzungen von humanitären Mindeststandards und Grausamkeiten gegeben hat, und das kommt für meinen Geschmack im Settingband so gut wir gar nicht zum Ausdruck. Ein Disclaimer, der auf diese Diskrepanzen hinweist, hätte ToD meiner Ansicht nach sehr gut getan.

Also bleibt es letztlich beim Leser hängen, was er aus ToD macht. Alternativen Realitäts-Szenarios haben schon ihren Reiz. Viele Elemente sind bereits bekannt (oder vermeintlich bekannt), so dass man als Spieler oder Leser schnell ein Gefühl von Vertrautheit gewinnt, dass dann durch fiktive Elemente wieder eingerissen wird. Betrachtet man ToD als eine Fiktion, die sich gezielte Anleihen am Vietnamkonflikt nimmt, sieht die Sache wieder etwas anders aus.

Mein Fazit: Das Setting ist heikel. Der reale Vietnamkonflikt liegt noch nicht lange zurück, und auch nach über 40 Jahren gibt es noch jede Menge Leute, die unter den unmittelbaren und mittelbaren Folgen leiden. Dieses Szenario 1:1 zum Zeitvertreib ins Wohnzimmer zu holen, erscheint mir pietätlos. Andererseits rückt sich das Setting durch die "weirdness" und die teilweise stark verzerrten historischen Schilderungen soweit von der Realität ab, dass man es auch als ein fiktives Szenaria mit Anleihen an der Realität sehen kann. Nach zwei Jahren des Abwägens hatte ich zumindest Rahmenbedingungen gefunden, unter denen ich mir vorstellen konnte, ToD zu spielen.

Offline Anastylos

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Ich denke ein Rollenspiel zu spielen dass im ersten oder zweiten Weltkrieg etc. spielt ist keine schlechte Idee, es ist nur sehr schwierig für den Spielleiter. Denn er muss sich intensiv mit der Materie beschäftigen. Es würde auch für die Spieler nicht leicht sein, denn Krieg ist nicht schön. Als Oneshot wäre es durchaus interessant das Grauen des ersten Weltkrieges in einem Rollenspiel zu behandeln. Ein 0815 Fantasysetting ist natürlich um Welten unproblematischer, aber ein Kriegssetting kann die Sensibilität für das Thema erhöhen und sogar lehrreich sein.

Offline Sashael

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Zwar OT aber hier mal ein (für mich) sehr interessanter Bericht über den Vietnamkrieg aus der Sicht eines ehemaligen Vietcong:
http://www.cracked.com/personal-experiences-1562-8-facts-about-vietnam-war-i-learned-as-viet-cong.html

Da werden auch einige Ansichten der Amerikaner über ihre damaligen Gegner sehr radikal über den Haufen geworfen.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Online Ludovico

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Waere es nicht sinnvoll, diese Thematik im Allgemein-Channel zu behandeln? Ich spiel zwar SW nicht mehr, aber es gibt ja noch andere RPGs mit aehnlichem Inhalt (Cthulhu zum Beispiel).

Offline Nordwaldwolf

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Nur am Rande bemerkt (da auch OT):
.... Ein 0815 Fantasysetting ist ....
Interessante Begriffswahl im Zusammenhang mit Krieg. :)    http://de.wikipedia.org/wiki/08/15_(Redewendung)

Offline Tigerbunny

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@Topic: Mag daran liegen, das dieser Konflikt in Amerika nie richtig aufgearbeitet wurde. Mein Eindruck ist, Amerikaner reden da nicht drüber. Und viele Amerikaner verstehen ihre Nation ganz unkritisch als die die Guten.
Warum Kinder im Nebenzimmer beim Rollenspiel schwierig sind: "Der alte Magier blickt erwartungsvoll von einem zum anderen, ihr wisst bereits was er fragen will, als er ansetzt: Kann ich was Süsses?"

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