Ui, hier gehts ja wieder rund.
Ad 1: Witzigerweise habe ich auch vor drei Wochen wieder angefangen, mein Regelwerk weiter auszubauen. Möglich, dass für nächste Woche das Konzept tatsächlich nachgefragt wird. Dann müsste es schnell gehen.
Ad 2: @Chruschtchow/Sail full of Stars - das sieht verdammt gut aus, womit ich natürlich eitlerweise sagen will, dass das meinen Überlegungen schon sehr nahe kommt. Ich werde das auf jeden Fall einarbeiten.
Bewusst anders gelöst hatte ich die Sache mit den durch Segelmanöver herausgearbeiteten Vorteilen In SfoS werden dafür Aspekte vorgeschlagen. Ich habe das auch erwogen, aber mich dann für eine zahlenmäßige Erfassung entschieden. Grund war, dass mir nicht genug spannende Aspekte einfallen wollten. Auf die auf der Website genannten wäre ich vielleicht auch noch gekommen, aber dann wurde es bei mir sehr schnell dünn, vielleicht weil ich vom Segeln selbst zu wenig Ahnung habe. Was würde euch denn an dieser Stelle noch einfallen?
Für mich war es auch wichtig, die Stellung der Schiffe zueinander nicht spiegelbildlich aufzuziehen, also die Angriffschancen A-》B unabhängig von B-》A zu behandeln. Simulatorische gehe ich davon aus, dass es schwierig ist, zugleich in Offensive und Defensive zu investieren (s.u.). Um feuern zu können, muss das Schiff mit der Breitseite zum Gegner stehen, die natürlich leicht zu treffen ist. Taktisch müssen sich damit die Spielerinnen jeweils entscheiden, ob sie sich in Stellung bringen oder die Angriffsversuche der Gegner unterlaufen wollen.
Ad 3: @Blechpirat/Schiffskämpfe als Geschichte
In Rollenspielen: nö. Aber war da die Henne oder das Ei (bzw. Nicht-Henne oder Nicht-Ei) zuerst? Sind Schiffskämpfe per se keine spannende Geschichte oder stehen die Regelwerke, die sich auf gekreuzte Klingen konzentrieren, einem spannenden Spiel von Schiffskämpfen im Weg, weshalb niemand eine entsprechende Szene anleiern will?
Ich habe mir die zweite Auflage von 7th Sea zugelegt und dabei als .pdf auch die ursprüngliche erhalten. Das System war mir immer als *das* Piratenspiel angepriesen worden, aber der Schiffskampf war und ist (gefühlt, ohne noch einmal eigens nachzublättern) auf einer Seite plus Bodenplänen abgehandelt und auch diese eine Seite wirkte nicht besonders durchdacht/liebevoll.
Im Bewegtbild: Ich hoffe, ihr schaut alle "Black Sails". Ich bin zwar erst Anfang der dritten Staffel, aber ich würde sagen, es ist die interessanteste Umsetzung von Schiffskämpfen, die ich bisher gesehen habe. Es wäre für das Rollenspiel, was mir vorschwebt, kein ideales Vorbild, weil zu gritty und um Realismus bemüht, aber es ist schon faszinierend, dass so viel formale und inhaltliche Innovation (? - ich kenne sicher nicht alles) ausgerechnet von einer Fernsehserie kommt.
Achso, einen Kampf aus der Serie will ich doch noch als Vorbild nennen: Nachdem die Besatzung gegen ihren berüchtigten Kapitän gemeutert und ihn abgesetzt hat, befiehlt der neue und unerfahrene Kapitän, einen Kauffahrer zu jagen. Dessen Kapitän wiederum erkennt das Schiff. Im Glauben, den berüchtigten Kapitän gegen sich zu haben, streicht er die Segel und erklärt sich bereit, sich zu ergeben. Als seine Leute bereits entwaffnet auf Deck zusammengetrieben sind, kommen ihm Zweifel an der Identität des Piratenkapitäns. Weil der Bluff nicht aufrechterhalten werden kann, versuchen die Kaufleute plötzlich doch noch, die Piraten zu überwältigen.
Das gefällt mir unwahrscheinlich gut: eine Welt, in der Gewalt ständig droht, aber von allen (bis auf einige sehr gefährliche Individuen) als gefährliche, kostenintensive und daher selten optimale Lösung betrachtet wird und in der Ruf und Gebaren meistens wichtiger sind als Kraft und Können, weswegen auch Entern nicht – wie Chruchtschow oben schrieb – zuerst das Durchschneiden von Seeleuten, sondern das Brechen ihres Kampfeswillen ist.
Dafür stimme ich Chruschtchow in seinem jüngeren Post zu: die meisten Raumschiff-Kämpfe dürften verkappte Schiffskämpfe sein. Es ist in meiner Wahrnehmung sogar eine oft geäußerte Kritik an SF-Material, es nähme die Dreidimensionalität des Weltraums nicht ernst genug.
Sonst fallen mir noch „Die Piratenbraut“ und "Master and Commander" ein.
In Büchern: Ich kann mich an mehrere spannende Geschichten erinnern, die Schiffskämpfe waren. Wahrscheinlich die früheste und daher in bestimmter Hinsicht auch eindrücklichste war "Jim Knopf und die Wilde Dreizehn".
Unterm Strich finde ich das Setting sogar ausgesprochen geschichtsträchtig. Ich spiele gerade immer mal wieder ein wenig Pirates! Live the Life (Remake von Sid Meier’s Pirates, ein uralter Computerspiel-Klassiker, das ich für ein paar Cents über eine Spieleplattform gekauft habe). Wenn es da in den Schiffskampf geht, laufen bei mir sofort die Storytelling-Drähte heiß, obwohl das Minispiel nicht gerade immersionsförderlich in isometrischer Draufsicht abläuft und die Soundkulisse zu den schwächsten Aspekten des Spiels gehört. Ich kann auch nicht so genau sagen, woran es liegt. Aber es sind echte Entscheidungen zu treffen, weil die günstigste Angriffsposition zu suchen immer zugleich bedeutet, sich eine Blöße zu geben. Dazu stelle ich mir das Teamwork an Bord vor (Kanonen laden schneller, wenn man mehr Besatzung hat) und für die Fehlentscheidungen und –leistungen Einzelner haften alle... Ich finde das super.
Klar ist: ein Schiffskampf darf nicht auf ein schnödes zwei-gehen-rein-einer-kommt-raus rauslaufen. (Aber so spielt ihr eure übrigen Kämpfe in FATE ja hoffentlich auch nicht.) Wie ich oben schon gesagt habe: reizvoll ist, wenn sich auch Ziele und Motive während eines Kampfs ändern können (z.B. nach einem schweren Treffer Flucht statt Sieg) und wenn das Ziel (z.B. kapern, Gouverneurstochter retten, renn-unfähig schießen) verfehlt wird, wenn das gegnerische Schiff versenkt wird/explodiert.
Die Zeit ist ein weiteres Problem. Bei schnell gespielten Runden sind leicht ein paar Stunden in der Spielwelt verstrichen, bevor viel passiert ist. Das könnte sich zu statisch anfühlen. Ich würde die Anregung von Nobody@home aufgreifen und analog zu den Regeln in Fate Accelerated bei jedem Gleichstand eine Veränderung der Wettbewerbsbedingung (Windverhältnisse, Strömungen oder Klippen, weitere Schiffe tauchen auf, NSCs handeln unvorhergesehen) fordern.
Hilfreich für die Story wäre sicher, wenn das Schiff nicht als abstrakte Größe aus Werten funktioniert, sondern selbst auch noch einmal storyrelevante Schwächen hat. Ich hoffe, das wird in der Praxis über die Aspekte und insbesondere die Konsequenzen transportiert. Noch unklar ist mir, wer die wann reizen soll und wer die Punkte dafür bekommt.
Sinnvoll ist sicher, einen Wurf darauf zu ermöglichen, Schwächen gegnerischer Schiffe zu entdecken/erfinden.