Ich kenne weder Everways, Amber oder Lady Blackbird, noch kenne ich Bekannte, die das gespielt haben. Das werden wohl seltene Exoten sein. Und jede Regel hat bekanntlich eine Ausnahme. Deshalb mein Eingangssatz: "vorneweg, diese Gedanken beziehen sich auf
probenabhängige RPG-Systeme und nicht auf einen völlig freien Erzählstil." Und der Definition entsprechen locker 95% der RPGs.
Ich fürchte allerdings, dass Du mit der blosen Konzentration auf die Probe an sich, am Sinn vieler Subsysteme vollkommen vorbei schrammst.
Das kommt tatsächlich auf die Beschaffenheit des Subsystems an. Da sich der Thread in allgemeiner Form an zahllose RPGs richtet, wäre eine allumfassende Beleuchtung aller Subsysteme schlicht uferlos. Ich schaffe es bestimmt nicht, alles darüber zu schreiben und Ihr schafft es bestimmt nicht, alles danach zu lesen.
Es gibt durchaus zusätzliche Mechaniken, die ich bereichernd finde. Vor- und Nachjteilsysteme oder (FATE-)Aspekte können den Spieltisch durchaus beleben, da sie zu einer interessanten Darstellung von Charakteren führen kann. Gummipunkte können zu einer taktischen Planung oder Rettung führen. Solche Systeme begrüße ich durchaus, wenn sie in händelbare Regeln gefasst sind. Zwecks der Übersichtlichkeit hab ich solche Sachen aber aus dem Eingangsthread ausgelassen.
Allerdings sind die Attributszuordnungen und die Talentlisten die gängigste Art, Regelsysteme "pimpen" zu wollen. Dass das ein Standard sein muss, wurde uns auch über Jahrzehnte hin so deutlich anerzogen, dass wir das meist garnicht mehr infrage stellen. Nur stelle ich das eben doch hier infrage. Immerhin kamen in den letzten Jahren etliche, schlanke Regelwerke auf den Markt, die auf solche Mechaniken verzichten - und ihr Werk vorzüglich verrichten! Also ist der Beweis schon längst getätigt, dass es auch ohne geht. Ich erkenne nur dann keinen Sinn in Subsystemen, wenn sie lediglich zu Modifikatorenkasperei verkommen und das Spiel ansonsten nicht bereichern.
Mein Fazit: Fertigkeiten über Talente / Stunts zu modifizieren, bedient vor allem die subjektive Psyche des Spielers, sich mit seinem Helden einzigartiger fühlen zu dürfen.
Darum geht es bei vielen Subsystemen. Nämlich der "gefühlte" Flair, die Psyche des Spielers. Manchen reicht es nicht, gut klettern zu können. Sie brauchen ein buntes Etikett mit Namen dafür. Deshalb hat das Militär auch Medaillen erfunden. Es reicht nicht, ein Held zu sein. Mit nem Stück Blech für 50 Cent auf der Brust fühlt er sich einfach viel großartiger! Die menschliche Psyche lässt sich so wunderbar austricksen. Oder warum sonst bekommen Marketingbranchen Millionenbudgets?
Aber das Gefühl, dass was ein Rollenspiel wirklich ausmacht, kann man nur durch wesentlich komplexere Dinge hinbekommt als: Wirf mal einen Wurf.
Ich meine, das Spielgefühl wird im Wesentlichen durch den Erzählspiel des SL geprägt und durchs beschriebene Setting. In unserem Spielkreis werden eben genau diese zwei Dinge abgefragt, wenn einer ne Runde anbietet. Nach der Mechanik selbst wird sich allenfalls erkundigt, wenn Spieler bestimmte Systeme nicht mögen.