Autor Thema: [Numenera] Tableau-Wissen  (Gelesen 4806 mal)

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Achamanian

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[Numenera] Tableau-Wissen
« am: 28.07.2015 | 11:55 »
Neulich habe ich mich in einer Numenera-Runde mal wieder mit dem Widerspruch herumgeschlagen, dass die Menschen laut Setting-Setzung einerseits nicht die geringste Ahnung haben, was es mit den Hinterlassenschaften der vorigen Welten auf sich hat, sie andererseits aber gezielt Einsetzen (Cypers, Artefakte), und dass man ja durchaus Proben würfeln kann, um sie zu bedienen (z.B. auch um Türschlösser zu knacken). Auf welcher Grundlage experimentieren die Leute mit den Numenera?
Das konkrete Beispiel war mal wieder eine Tür, die man mit einem aufgezeichneten Symbol öffnen kann. Das Abenteuer gibt vor, dass man das Zeichen als leichte Kratzspur auf dem Touchpad erkennen kann und es nachziehen - dann ist es relativ einfach, sie zu öffnen. Beachtet man die Kratzspur nicht, ist es ziemlich schwer.
Nun ist die Kratzspur erstens ein sehr plumper Workaround, finde ich; andererseits wüsste ich auch nicht, wie ein noch so schlauer Nano jemals durch "Nachdenken" auf das richtige Zeichen kommen soll, insbesondere, wenn definitionsgemäß nichts über diese Zeichen bekannt ist ...

Dann fiel mir die Lösung ein: In irgendeinem Uni-Seminar, dass ich mal hatte, ging es um die in Europa lange Zeit beliebte Organisation von Wissen in Tableaus, also großen Tabellen, in denen Sachen, die auf die eine oder andere Art als zusammengehörig empfunden werden, nebeneinander aufgelistet werden - je mehr, desto besser! Sieht man sich das näher an, ist das eine ganz andere Art von Wissensorganisation als unser heutiger, typischerweise analytischer Zugang.

Und dieser Tableau-Zugang passt wunderbar zu Numenera. Ich habe also kurzerhand beschlossen, dass der Nano aus der Gruppe in seinem Buch über die Numenera zahlreiche Zeichentabellen hat, die von Forschern zusammengetragen wurden und - ohne jeden Bezug zu deren möglichen Bedeutungen - Zeichen der früheren Welt auflisten und nach äußerlichen Ähnlichkeiten gruppieren und klassifizieren. Dabei können natürlich zufällig ähnliche Zeichen aus ganz unterschiedlichen Vorläuferkulturen zusammengefasst werden, andererseits werden aber auch ähnliche Zeichen aus der gleichen Kultur in einem Tableau landen. Eine andere Sortierkategorie in diesen Tabellen sind typische Zeichenfunktionen. Der Nano kann also beispielsweise einfach die Zeichen aus der Tabelle der typischen Öffnungszeichen heraussuchen, die ihm rein äußerlich zu dem, was er sonst evtl. um sich herum an Zeichen sieht, am besten passen.

Diesen Tabellen-Ansatz kann man in Bezug auf die Numenera beliebig erweitern: Cyphers kann man z.B. deshalb analysieren, weil es große Tableaus mit Abbildungen gibt, auf denen allerlei Einzelteile zu sehen sind, die in der Regel dies oder das bewirken. Besteht etwas aus mehreren Einzelteilen, davon wahrscheinlich einige Unbekannt, hat der Analysierende trotzdem eine gute Grundlage zum Raten.

Die Idee ist eigentlich ganz banal (und vielleicht hatten sie viele andere eh schon), war für mich aber ein kleiner Lichtblick. Ich kann mir jetzt viel besser vorstellen, was bei der Numenera-Analyse passiert - der Nano brütet über seinem Buch mit den unglaublich klein und eng geschriebenen Tabellen und winzigen Abbildungen und versucht, etwas zu finden, was zu dem, was er sieht, passt ...

Offline Waldviech

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #1 am: 28.07.2015 | 12:13 »
Finde ich super - Das ergibt IMHO auch eine interessante Form von "Zauberbuch". Daraus ableitend könnte sich unter abergläubischen Gemütern auch eine hübsche, magische Denke entwickelt haben. Vielleicht gibt es Personen, die die Macht nicht in Schaltkreisen vermuten, sondern allein in Symbolen. Da versucht man dann, Kranke zu heilen, indem man ihnen ein Einschalten-Symbol mit Kräuterpaste auf die Brust schmiert oder verflucht Personen mit Zetteln, auf die ein Vorsicht-Radioaktiv-Symbol gemalt ist.
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Offline Antariuk

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #2 am: 28.07.2015 | 12:46 »
Im Grunde also ein primitiver Rosetta-Stein für Nanos? Klingt nach einer echt guten Idee finde ich :d
Das ist vor allem für GMs die gerne mit "richtigen" Details und Fakten spielen eine prima Gelegenheit den SCs Hinweise für alle möglichen Rätsel und Maschinen zu geben, weil man ja echte Listen führen kann welche Symbole was machen (oder nicht machen).
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Offline aikar

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #3 am: 28.07.2015 | 12:49 »
Ich habe die wundersamen Erleuchtungen bei Numenera-Analysen immer durch die Datasphere erklärt.

Dieses kabellose Mega-Internet schwirrt ja praktisch ständig um alle rum und Nanos kennen halt Wege, dieses Wissen anzuzapfen, wenn sie nach einer Erklärung zu einem konkreten Gerät suchen.
Wie genau das funktioniert, wissen sie aber selbst nicht.

Aber das Symbolbuch ist auch gut. Würde vor allem zu einem Äonenpriester passen  :)
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Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #4 am: 28.07.2015 | 12:54 »
Im Grunde also ein primitiver Rosetta-Stein für Nanos? Klingt nach einer echt guten Idee finde ich :d
Das ist vor allem für GMs die gerne mit "richtigen" Details und Fakten spielen eine prima Gelegenheit den SCs Hinweise für alle möglichen Rätsel und Maschinen zu geben, weil man ja echte Listen führen kann welche Symbole was machen (oder nicht machen).

So weit würde ich's (einfach wegen des Aufwands) noch gar nicht betreiben. Erst mal ist das für mich nur der gedankliche Ausgangspunkt für den Flavour - ich kann dem Spieler dann halt so was sagen wie: "Die Muster an der Wand da erinnern dich an die siebte Klassifikation von Zaperda; In der dreißigsten Gruppe hat Zaperda die Teile dieser Klassifikation versammelt, die Energien in stabilen Feldern projizieren; das Ding, das da vor dir liegt, sieht am ehesten nach dem dritten in der achtzehnten Zeile aus, könnte also Teil von einer Art Schutzschirm sein."

So etwa stelle ich mir das vor - Zaperda wäre dann beispielsweise einer von zahlreichen Forschern, die Wissen zusammengetragen haben. Über die zugrundeliegende Vorläuferkultur wüsste man damit aber trotzdem nichts.

Allerdings könnte man da als SL auch eine Liste mitführen, Namen und Begriffe wiederkehren lassen und die auftauchenden Numenera dann und wann schon bekannten Gruppen zuordnen, damit ein bisschen mehr Kontinuitätsgefühl entsteht.

Offline Antariuk

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #5 am: 28.07.2015 | 12:55 »
Ich habe die wundersamen Erleuchtungen bei Numenera-Analysen immer durch die Datasphere erklärt.

Dieses kabellose Mega-Internet schwirrt ja praktisch ständig um alle rum und Nanos kennen halt Wege, dieses Wissen anzuzapfen, wenn sie nach einer Erklärung zu einem konkreten Gerät suchen.
Wie genau das funktioniert, wissen sie aber selbst nicht.

Das Problem mit der Datasphere finde ich ist halt dass es extrem unbefriedigend ist zu sagen dass die meisten Benutzer nicht genau wissen was sie da anzapfen oder dass sie nichts von den Infos erinnern/behalten. Die Decker und Hacker in Shadowrun erinnern sich ja auch daran wie der letzte Run in der Matrix verlaufen ist. Irgendwann sollte jeder "Dauerbenutzer" der Datasphere auch Erkenntnisse über ihre Natur oder die angezapften Infos haben, finde ich.
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Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #6 am: 28.07.2015 | 12:57 »
Das Problem mit der Datasphere finde ich ist halt dass es extrem unbefriedigend ist zu sagen dass die meisten Benutzer nicht genau wissen was sie da anzapfen oder dass sie nichts von den Infos erinnern/behalten. Die Decker und Hacker in Shadowrun erinnern sich ja auch daran wie der letzte Run in der Matrix verlaufen ist. Irgendwann sollte jeder "Dauerbenutzer" der Datasphere auch Erkenntnisse über ihre Natur oder die angezapften Infos haben, finde ich.

Die Datasphere vergesse ich beim Numenera-Spiel irgendwie immer wieder, ich glaube, weil sie einfach zu unkonkret ist. Ist natürlich auch eine gute Erklärung ...

Offline aikar

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #7 am: 28.07.2015 | 13:20 »
Die Decker und Hacker in Shadowrun erinnern sich ja auch daran wie der letzte Run in der Matrix verlaufen ist. Irgendwann sollte jeder "Dauerbenutzer" der Datasphere auch Erkenntnisse über ihre Natur oder die angezapften Infos haben, finde ich.
Die Decker in Shadowrun kennen zumindest die Grundlegenden technischen Konzepte. Die meisten Nanos bei Numenera nicht.

Ich maße mir ja nichtmal selber an zu postulieren, wie die Protokolle eines Alien-Internets, das direkt mit dem Gehirn interagiert, funktionieren. Und sehe auch keinen Grund dazu.
Die Nanos haben vielleicht gewisse Konzentrationstechniken, Mantren o.Ä. und haben dann eine Erkenntnis, weil sie damit gewisse Steuersignale der Datasphere anspechen. Das ist ein bisschen wie rituelle Zauberei bei Cthulhu oder Dresden Files (bei minderen Talenten). Sie befolgen einen Ablauf und erhalten ein Ergebnis. Dazu müssen sie aber nicht wissen warum oder wie dieses Ergebnis zustande kommt.

Vielleicht erhalten sie sogar noch deutlich mehr und genauere Infos, aber das heißt noch nicht, dass sie sie auch verstehen. Was übrig bleibt ist dann halt "Das Gerät macht irgendwie das und das und ist so einzuschalten".

Bis jetzt hat sich noch nie ein Spieler bei mir beschwert. Ich denke aber, dass Spieler, die für alles eine für sie nachvollziehbare Erklärung haben wollen, bei Numenera ohnehin falsch sind.

"Die Muster an der Wand da erinnern dich an die siebte Klassifikation von Zaperda; In der dreißigsten Gruppe hat Zaperda die Teile dieser Klassifikation versammelt, die Energien in stabilen Feldern projizieren; das Ding, das da vor dir liegt, sieht am ehesten nach dem dritten in der achtzehnten Zeile aus, könnte also Teil von einer Art Schutzschirm sein."
Das ist ja im Grunde auch Technobabel. Das macht die Idee nicht schlecht, aber es erklärt genauso wenig von dem was dahintersteckt, wie die Verwendung der Datasphere.
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Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #8 am: 28.07.2015 | 13:33 »
Das ist ja im Grunde auch Technobabel. Das macht die Idee nicht schlecht, aber es erklärt genauso wenig von dem was dahintersteckt, wie die Verwendung der Datasphere.

Ja, klar. Ist halt nur Technobabel, der für mich eine Vorstellung von dem erzeugt, was da passiert, was bei mir bei der Datasphäre irgendwie nicht funktioniert.

Wobei die beiden Ansätze ja auch problemlos nebeneinander stehen und kombiniert werden können.

EDIT: Dabei geht's mir auch gar nicht so sehr um nachvollziehbare Erklärungen, sondern wie gesagt darum, eine Vorstellung davon zu haben, was man in der Spielwelt "sieht", wenn das ganze ein Film wäre.
« Letzte Änderung: 28.07.2015 | 13:35 von Rumpel »

Offline rillenmanni

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #9 am: 28.07.2015 | 13:37 »
Supi Ansatz, Rumpel! Übernehme ich.
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Offline aikar

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #10 am: 28.07.2015 | 13:47 »
Ja, klar. Ist halt nur Technobabel, der für mich eine Vorstellung von dem erzeugt, was da passiert, was bei mir bei der Datasphäre irgendwie nicht funktioniert.
Das sei dir unbenommen und es ist auch eine schöne Lösung

Für mich ist die Datasphere halt wie Google (die Suchmaschine, nicht das Unternehmen). Ich stelle eine Anfrage, die ergiebt manchmal was Brauchbares, manchmal nicht und manchmal kann ich nur mit einem Teil des Ergebnisses was anfangen. Manchmal erhalte ich auch Ergebnisse, die zwar sicher richtig sind, aber mein persönliches Verständnis übersteigen (spezielle wissenschaftliche Papers z.B.)
Dabei weiß ich aber nicht, wie die Algorithmen bei Google wirklich funktionieren. Und ich bin ITler, ich schätze, für die meisten Menschen ist es noch viel geheimnisvoller. Und niemanden störts!

Wenn ich Google oft benutze, kriege ich ein Gefühl dafür, wie ich Suchbegriffe am besten formuliere um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Aber ich weiß auch hier nur sehr eingeschränkt, warum dem so ist.

Und ich denke bei einem Nano und der Datasphere läuft das sehr ähnlich. Er schickt das, was er sieht und sich denkt an die Datasphere. Je besser er dabei die "Suchparameter" wählt (und nichts anderes ist für mich ein Training oder eine Spezialisierung in "Numenera"), umso eher wird er ein Ergebnis bekommen, mit dem er etwas anfangen kann. Er lernt also wie die "Maschine" Datasphere zu bedienen ist, aber nicht, wie sie funktioniert. Ebenso wie Millionen Menschen heute mit Google.


Nebenbemerkung: Auch die Maschinenpriester bei Warhammer 40.000 arbeiten ähnlich. Sie folgen alten quasi-religiösen Ritualen um die Maschinen in Stand zu halten und zu benutzen. Sie wissen was sie tun müssen, damit es funktioniert, aber nicht warum (und stellen auch diese Frage gar nicht). Und ich denke dass ist auch in vielen Fällen der neunten Welt genau so der Fall.
« Letzte Änderung: 28.07.2015 | 13:51 von aikar »
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Offline Antariuk

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #11 am: 28.07.2015 | 13:51 »
Bis jetzt hat sich noch nie ein Spieler bei mir beschwert. Ich denke aber, dass Spieler, die für alles eine für sie nachvollziehbare Erklärung haben wollen, bei Numenera ohnehin falsch sind.

Ich finde es besteht ein Unterschied zwischen einem Gefühl von Mystik und Ungreifbarkeit und dem systematischen Verweigern von jeglichen Erklärungen. Ich rede hier ja auch nicht von einem Spiel wo alles 100%ig ergründbar sein soll, aber dieses "Numenera = Weird" Wischi-Waschi ist mir ehrlich gesagt zu billig auf Dauer. Die SCs sollten schon in der Lage sein ihre Entscheidungen zumindest teilweise mit konkretem Wissen über die Welt und die Interaktion ihrer eigenen Kräfte mit eben dieser Welt zu fällen, sonst läuft doch alles auf GottNumeneravertrauen und einfach aufs Beste zu hoffen hinaus.

Die Idee von Rumpel bietet doch genug Raum für beides. Anhand von Listen und Tabellen können die SCs einigermaßen klug im Nebel stochern und vielleicht irgendeinen Ablauf, der einmal funktioniert, woanders nochmal benutzen eben weil sie jetzt wissen dass bei Artefakten der Zivilisation XYZ bestimmte Zeichen für bestimmte Sachen stehen. Woanders klappt das dann halt nicht.
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Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #12 am: 28.07.2015 | 13:55 »

Und ich denke bei einem Nano und der Datasphere läuft das sehr ähnlich. Er schickt das, was er sieht und sich denkt an die Datasphere. Je besser er dabei die "Suchparameter" wählt (und nichts anderes ist für mich ein Training oder eine Spezialisierung in "Numenera"), umso eher wird er ein Ergebnis bekommen, mit dem er etwas anfangen kann. Er lernt also wie die "Maschine" Datasphere zu bedienen ist, aber nicht, wie sie funktioniert. Ebenso wie Millionen Menschen heute mit Google.

Klar ist das logisch. Es passt halt weniger gut zu dem Lobgesang-auf-Leibowitz oder Book-of-the-New-Sun-Flair, das ich bei Numenera vor allem schätze. Ich finde halt die Vorstellung von SC, die über Bauteilen und Tabellen brüten, reizvoller als die Vorstellung von SC, die die Augen nach oben verdrehen und anschließend etwas neues wissen (oder auch nicht). Wobei wie gesagt das eine das andere nicht ausschließt (vielleicht hat ein SC ein Talent für die Datasphere, der andere wälzt Bücher und Tabellen).

Ist ja auch nur ein Vorschlag. Das Numenera-Setting ist eben nur in so groben Zügen geschildert, dass man sich seinen eigenen Reim auf vieles machen muss. Was ich ja durchaus schätze und anregend finde.

Offline aikar

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #13 am: 28.07.2015 | 14:08 »
Ich denke auch, dass Numenera genug Platz für all diese und noch viele andere Varianten bietet. Das ist ja unter anderem auch das schöne an dem Setting.

Ein weiterer Einflussfaktor ist ja auch der Stil der Abenteuer bzw. Kampagne. Meine Runde ist eher Action-orientiert, die Charaktere sind eher Leute der Tat als des Buches.
Und da kommt es mir halt gelegen, wenn neue Cypher oder Artefakte recht flott mit "die Augen nach oben verdrehen und anschließend etwas neues wissen" durchschaut werden können. Der Reiz liegt für die Spieler dann meist eher darin, die Numenera einzusetzen.
Ewig über einem Gegenstand zu brüten ist eigentlich nur dann interessant, wenn das Rätsel um den Gegenstand Thema des ganzen Abenteuers ist, ansonsten bringen sie es, wenn sie selbst nicht dahinterkommen, eher zu einem Äonenpriester zum identifizieren.

Das mag bei anderen Runden wieder ganz anders sein.

Die Rätsel-durchschauen-Schiene habe ich übrigens in einem anderen Bereich dafür öfters: Bei der Interaktion mit anderen Wesen, deren Kommunikationswege und Art zu denken nicht auf den ersten Blick klar sind.

aber dieses "Numenera = Weird" Wischi-Waschi ist mir ehrlich gesagt zu billig auf Dauer. Die SCs sollten schon in der Lage sein ihre Entscheidungen zumindest teilweise mit konkretem Wissen über die Welt und die Interaktion ihrer eigenen Kräfte mit eben dieser Welt zu fällen, sonst läuft doch alles auf GottNumeneravertrauen und einfach aufs Beste zu hoffen hinaus.
Die Argumente sind mir bekannt (unter anderem von einem meiner Spieler, der inzwischen aber auch rundum zufrieden ist). Ich denke, dass hier zu sehr das Extrem befürchtet wird. Unklarheit muss nicht Beliebigkeit heißen.

Ich denke die SCs sind wie die meisten Menschen früher: Der mittelalterliche Bauer weiß nicht warum es blitzt, aber er weiß, dass er nicht getroffen werden sollte und sich von gewissen Baumformationen besser fern hält. Das sind (vermittelte) Erfahrungswerte ohne Verständnis der dahinterliegenden Gesetze.
Und jetzt stell dir vor, ein Wüstennomade sah zum ersten mal das Meer, ohne dass ihm jemals jemand etwas davon erzählt hat. Es musste für ihn ziemlich weird sein. Oder die spanischen Rüstungen und Pferde für die Atzteken.

Die meisten Menschen der neunten Welt werden wie mittelalterliche Menschen kaum weit von ihrem Dorf weggehen. Und für die Numenera in diesem Bereich haben sie Erfahrungswerte und mehr brauchen sie nicht.
SCs reisen hinaus in die Welt und treffen auf Dinge, die sie nie zuvor gesehen haben. Das ist nicht anders als ein Mensch im frühen Mittelalter, der von Europa nach Asien oder Afrika gereist ist. Wenn ihm niemand etwas erklärt bleibt nur Versuch und Irrtum (Wird mich das gepunktete Tier mit dem langen Hals angreifen oder nicht?).
« Letzte Änderung: 28.07.2015 | 14:16 von aikar »
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Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #14 am: 28.07.2015 | 14:45 »
Ich finde es besteht ein Unterschied zwischen einem Gefühl von Mystik und Ungreifbarkeit und dem systematischen Verweigern von jeglichen Erklärungen. Ich rede hier ja auch nicht von einem Spiel wo alles 100%ig ergründbar sein soll, aber dieses "Numenera = Weird" Wischi-Waschi ist mir ehrlich gesagt zu billig auf Dauer. Die SCs sollten schon in der Lage sein ihre Entscheidungen zumindest teilweise mit konkretem Wissen über die Welt und die Interaktion ihrer eigenen Kräfte mit eben dieser Welt zu fällen, sonst läuft doch alles auf GottNumeneravertrauen und einfach aufs Beste zu hoffen hinaus.

Das ist noch ein anderes Thema, mir geht es da bei Numenera ähnlich: Dieses Bloß-nichts-erklären-Dogma finde ich auf die Dauer recht langweilig - und es passt für mich (ich glaube, das habe ich schon wo anders geschrieben) auch nicht so richtig zur Idee des "Erforschens" als Kernkonzept. Ich bin deshalb dazu übergegangen, in meinen Runden immer wieder Zusammenhänge zu stiften - beispiel einfach mal zu sagen, dass bestimmte Technologien ähnlich wie zuvor gefundene aussehen, wenn ein Spieler danach fragt.
Insofern bin ich mit dem Hintergrundmaterial aber auch wieder ganz glücklich, weil es mir halt die Möglichkeit gibt, die Zusammenhänge spontan und ganz nach Bedarf herzustellen bzw. auch einfach die Spieler-Ideen für Erklärungen zu übernehmen.

Numenera ist komischerweise ein Spiel, bei dem das ganze konkrete Material (Settingelemente, Regeln) mehr oder weniger perfekt meinen Bedürfnissen entgegenkommt, ich andererseits aber die meisten Spielleitertipps (z.B. dieses "Erklären Sie bloß nichts!") eher blöd finde. Bei den vorgefertigten Abenteuern geht's mir ähnlich - die Elemente, aus denen die zusammengebaut sind (Schauplätze, Grundideen, manchmal auch NSC) sind toll, aber bis auf einige Ausnahmen kommt da ziemlich deutlich und auch unabhängig von den Hinterlassenschaften der vorigen Welten eine "Ist doch egal, ob das einen Sinn ergibt"-Haltung durch. Das hat dazu geführt, dass ich jedes dieser Abenteuer, das ich bisher verwendet habe, komplett umgebaut habe - wo ich wiederum gar nicht unglücklich drüber bin.

Achamanian

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #15 am: 28.07.2015 | 14:49 »

Ein weiterer Einflussfaktor ist ja auch der Stil der Abenteuer bzw. Kampagne. Meine Runde ist eher Action-orientiert, die Charaktere sind eher Leute der Tat als des Buches.
Und da kommt es mir halt gelegen, wenn neue Cypher oder Artefakte recht flott mit "die Augen nach oben verdrehen und anschließend etwas neues wissen" durchschaut werden können. Der Reiz liegt für die Spieler dann meist eher darin, die Numenera einzusetzen.
Ewig über einem Gegenstand zu brüten ist eigentlich nur dann interessant, wenn das Rätsel um den Gegenstand Thema des ganzen Abenteuers ist, ansonsten bringen sie es, wenn sie selbst nicht dahinterkommen, eher zu einem Äonenpriester zum identifizieren.

Na ja, der Ansatz verlangt ja nicht notwendigerweise mehr reale Spielzeit, nur mehr In-Game-Zeit. Das ganze ist trotzdem mit einem Würfelwurf, einer Fluff-Beschreibung und einem "nach einer halben Stunde hast du schließlich herausgefunden, dass ..." abgehandelt.

Offline aikar

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #16 am: 28.07.2015 | 15:42 »
Das ist noch ein anderes Thema, mir geht es da bei Numenera ähnlich: Dieses Bloß-nichts-erklären-Dogma finde ich auf die Dauer recht langweilig - und es passt für mich (ich glaube, das habe ich schon wo anders geschrieben) auch nicht so richtig zur Idee des "Erforschens" als Kernkonzept.
Ok, von diesem Standpunkt aus kann ich dich verstehen. Ich sehe Numenera für mich halt als Setting, das es zu entdecken und nicht zu erforschen gilt. Klingt ähnlich, aber der Unterschied ist für mich der zwischen einem begeisterten Touristen und einem Altertumsforscher, wenn beide in einem alten Palast stehen.
Es gibt in der neunten Welt viel Tolles zu sehen und zu erleben (und so vestehe ich eben auch MCs Erklärungen), aber nicht zwangsweise zu durchschauen.
Wenn du dir letzteres wünschst, wird der "nicht erklären"-Ansatz natürlich problematisch.

Na ja, der Ansatz verlangt ja nicht notwendigerweise mehr reale Spielzeit, nur mehr In-Game-Zeit. Das ganze ist trotzdem mit einem Würfelwurf, einer Fluff-Beschreibung und einem "nach einer halben Stunde hast du schließlich herausgefunden, dass ..." abgehandelt.
Achso, ok, da bin ich von falschen Prämissen ausgegangen. Ich hatte das bei deiner Beschreibung eher im Shadowrun-Stil verstanden, wo auch die Spieler am Rätsel mitknacken und tatsächlich eine Mitschrift von Symbolen zu Vergleichszwecken führen.
Fluff ist bei Numenera ist natürlich beliebig. Ich habe in meiner Gruppe SCs die die Numenera als Technik sehen, andere die sie als Magie sehen und einem der an einen Gott glaubt, von dem er nicht weiß, ob er ihm zuhört.
Das überlasse ich aber den Spielern, wie sie die entsprechenden Würfelaktionen interpretieren. Solche Antworten wie oben bei der Datasphere sind eher Erklärungen wenn die OT-Frage kommt, wie solche Erkenntnisse funktionieren könnten.

« Letzte Änderung: 28.07.2015 | 15:49 von aikar »
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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #17 am: 31.08.2016 | 18:39 »
Die Idee ist eigentlich ganz banal (und vielleicht hatten sie viele andere eh schon), war für mich aber ein kleiner Lichtblick. Ich kann mir jetzt viel besser vorstellen, was bei der Numenera-Analyse passiert - der Nano brütet über seinem Buch mit den unglaublich klein und eng geschriebenen Tabellen und winzigen Abbildungen und versucht, etwas zu finden, was zu dem, was er sieht, passt ...

Dieses Bloß-nichts-erklären-Dogma finde ich auf die Dauer recht langweilig - und es passt für mich (ich glaube, das habe ich schon wo anders geschrieben) auch nicht so richtig zur Idee des "Erforschens" als Kernkonzept.

dickes +1 und vielen Dank für diesen Ansatz.

Das war tatsächlich auch bisher in der Vorbereitung für mich als Spieler immer ein gewisser blinder Fleck. Deine Erklärung hilft mir dahingehend wirklich weiter, unter anderem weil ich mit großer Wahrscheinlichkeit einen Nano spielen werde.

Offline Harlekin78

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #18 am: 1.09.2016 | 16:53 »
Wirklich eine Superidee Rumpel. Danke.
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Offline 1of3

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Re: [Numenera] Tableau-Wissen
« Antwort #19 am: 3.09.2016 | 11:29 »
Ist das, was du im Ausgangspost beschreibst, nicht schlicht die Arbeitsweise, die historische Linguisten immer beim Entziffern unbekannter Texte verwenden? - Wir suchen jetzt erst mal alle Zeichen. Dann zählen wir wie oft jedes vorkommt. Dann schauen wir, welche Zeichen gern beieinander stehen. Kommen bestimmte Zeichen nur an bestimmten Positionen vor? - Dann sind es vielleicht Annotationen oder Schreibweisenvarianten. Usw. usf.

Selbst wenn man nicht an den genauen Inhalt kommt, kann man mitunter zumindest eine Idee über den Sprechakt bekommen: Signatur. Widmung. Rechnungsbuch. Bekanntmachung. Einfach danach, wo und in welcher Form man das findet.

Auch die Nanos dürften also ziemlich schnell rausfinden, ob sie es mit einem Logo oder einem Schriftzeichen zu tun haben. Wenn sie nicht doof sind, haben sie vielleicht Ideen von Wort-, Silben- und Buchstabenschrift. Das ist einfach: Zähl mal wie groß der Zeichensatz ist. Vielleicht kennen sie auch eine Version vom Zipf-Lemma.