Autor Thema: Wo entwickelt sich Hollywood hin?  (Gelesen 7385 mal)

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Offline Talasha

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #200 am: 23.09.2024 | 11:21 »
Barbie ist ein Frauenfilm für Frauen. Ich finde den nicht woke, sondern einfach nur auf die Zielgruppe zugeschrieben.

Naja, bei Barbie sind schon ein paar deutlich feministische und damit woke Grundtöne dabei. (Ich könnte noch mehr schreiben aber das wäre Speakers Corner)

Brokeback Mountain ist 100% nicht woke, sondern einfach nur eine gut gemachte Story über Homosexuelle in einem schwierigen Umfeld.

Was die Definition von woke ist.
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Offline tartex

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #201 am: 23.09.2024 | 11:27 »
Was die Definition von woke ist.

Also Ryan Newman, der Anwalt von Ron DeSantis, definierte "woke" vor Gericht folgend:

Zitat
the belief there are systemic injustices in [...] society and the need to address them.

Ich glaube mit der Definition kann man generell gut arbeiten.
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Offline Raven Nash

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #202 am: 23.09.2024 | 11:31 »
Jiba, ich finde Dein Argument mit der Trainingsmontage merkwürdig. Männliche Charaktere haben diese doch auch.
Die Traingsmontage gehört zu jedem Actionfilm seit den Kung Fu Filmen der 60er. Völlig egal, welches Geschlecht der Protagonist hat.
Ach ja, es gab damals mal die One-Armed Swordswoman, oder Die Tochter des Meisters. Hat sich mW keiner darüber aufgeregt, dass da eine zierliche Frau Männer verprügelt. Und das sogar in China.
Von einer Cynthia Rothrock reden wir mal nicht - die hatte eine sehr große Fangemeinde als Lady Dragon in den 80ern. Und das in Filmen, die normalerweise vor Testosteron triefen.

Es könnte also vielleicht doch vor allem daran liegen, wie die Charaktere geschrieben sind, und wie man sie promoted...
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Online Chaos

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #203 am: 23.09.2024 | 11:42 »
Brokeback Mountain ist 100% nicht woke, sondern einfach nur eine gut gemachte Story über Homosexuelle in einem schwierigen Umfeld.

Woke wäre es, wenn da 50% der Cowboys offen gay oder zumindest queer wären, und dazu noch ethnisch der heutigen Bevölkerung von San Francisco entsprechend.

Den Unterschied finde ich wichtig, weil keiner den ich kenne der mit diesen Dingen in Filmen Probleme hat irgendwas gegen Schwule oder Menschen anderer Hautfarben hat.

Das ist die abstruseste Definition von "woke", die ich je gelesen habe. Gibt es überhaupt irgendwelche Filme, die deine Definition erfüllen?

Für mich sieht es so aus, als wolltest du mit aller Gewalt leugnen, dass ein gut gemachter, erfolgreicher Film wirklich "woke" sein kann.
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Offline Ein Dämon auf Abwegen

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #204 am: 23.09.2024 | 11:59 »
Die Traingsmontage gehört zu jedem Actionfilm seit den Kung Fu Filmen der 60er. Völlig egal, welches Geschlecht der Protagonist hat.
Ach ja, es gab damals mal die One-Armed Swordswoman, oder Die Tochter des Meisters. Hat sich mW keiner darüber aufgeregt, dass da eine zierliche Frau Männer verprügelt. Und das sogar in China.
Von einer Cynthia Rothrock reden wir mal nicht - die hatte eine sehr große Fangemeinde als Lady Dragon in den 80ern. Und das in Filmen, die normalerweise vor Testosteron triefen.

Es könnte also vielleicht doch vor allem daran liegen, wie die Charaktere geschrieben sind, und wie man sie promoted...
Es hilft halt auch wenn die Schauspielerinnen den Körperbau und/oder die Martial Arts Skills haben das das überzeugend aussehen zu lassen, oder das ganze zumindest so gefilmt und Choreographiert wird das es im (Rahmen der Filmhandlung) überzeugend wirkt,  und das ist gefühlt heute seltener der Fall.

Ist es der Fall stört sich da auch  heute niemand daran.
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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #205 am: 23.09.2024 | 12:03 »
Also Ryan Newman, der Anwalt von Ron DeSantis, definierte "woke" vor Gericht folgend:

Ich glaube mit der Definition kann man generell gut arbeiten.

Na, wenn der Name von Ron "DeSatan" fällt, geht bei mir erst mal eine Augenbraue hoch. ;) Nichtsdestotrotz würde ich sagen, ja, mit der Definition kann man arbeiten (stammt ja nicht von dem Mann selbst, sondern "nur" von seinem Anwalt), solange man sich klar darüber bleibt, daß "belief" noch lange nicht dasselbe ist wie etwa "superstition" oder "conspiracy theory" -- an die Existenz systematischer Ungerechtigkeit glauben kann man schließlich auch (und besonders gut gerade) da, wo sie tatsächlich existiert.

Offline Raven Nash

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #206 am: 23.09.2024 | 12:13 »
an die Existenz systematischer Ungerechtigkeit glauben kann man schließlich auch (und besonders gut gerade) da, wo sie tatsächlich existiert.
Wobei das auch wieder so eine Null-Aussage ist, denn Ungerechtigkeit gibt es überall - die ganze Welt ist ungerecht. Nobody ever said life was fair.
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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #207 am: 23.09.2024 | 12:18 »
Wobei das auch wieder so eine Null-Aussage ist, denn Ungerechtigkeit gibt es überall - die ganze Welt ist ungerecht. Nobody ever said life was fair.

Da kommt dann der "...and the need to address them"-Teil ins Spiel. Ungerechtigkeit mag es überall geben, aber nicht jeder findet sich gleichermaßen damit ab, daß das auf immer und ewig so bleiben soll.

Online Chaos

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #208 am: 23.09.2024 | 12:43 »
Wobei das auch wieder so eine Null-Aussage ist, denn Ungerechtigkeit gibt es überall - die ganze Welt ist ungerecht. Nobody ever said life was fair.

Systematische Ungerechtigkeit, bitte. Das ist ein Unterschied. Schwulenhass zum Beispiel ist nicht einfach eine Tatsache des täglichen Lebens, wie das Wetter oder die Schwerkraft.
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Offline Sashael

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #209 am: 23.09.2024 | 13:24 »
Brokeback Mountain ist 100% nicht woke, sondern einfach nur eine gut gemachte Story über Homosexuelle in einem schwierigen Umfeld.

Woke wäre es, wenn da 50% der Cowboys offen gay oder zumindest queer wären, und dazu noch ethnisch der heutigen Bevölkerung von San Francisco entsprechend.
Das fasst mein Hauptproblem mit dem Wort "woke" zusammen.

Es ist überhaupt nicht definiert, sondern wird wild für alles mögliche hergenommen, das einer Person nicht gefällt.

Für diese deskriptive Nutzlosigkeit wird der Begriff dann aber um so häufiger in "Argumenten" benutzt.

Abgesehen davon: Kannst du mal definieren, was du mit "ethnisch der heutigen Bevölkerung von San Francisco entsprechend." meinst?

"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #210 am: 23.09.2024 | 13:31 »
Das fasst mein Hauptproblem mit dem Wort "woke" zusammen.

Es ist überhaupt nicht definiert, sondern wird wild für alles mögliche hergenommen, das einer Person nicht gefällt.

Für diese deskriptive Nutzlosigkeit wird der Begriff dann aber um so häufiger in "Argumenten" benutzt.

Mit anderen Worten, er hat dasselbe Problem wie andere Begriffe wie beispielsweise "Mary Sue" oder "meta". Oder, wenn wir schon über die USA diskutieren, "Kommunist" (keiner weiß mehr, was es genau bedeutet, aber alle sind sich einig, daß sie dagegen sind). ;) Das ist also seinerseits keine neue Entwicklung, das W-Wort ist einfach nur eins der aktuelleren Opfer solcher Trends.

Offline Ludovico

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #211 am: 23.09.2024 | 13:33 »
Mit anderen Worten, er hat dasselbe Problem wie andere Begriffe wie beispielsweise "Mary Sue" oder "meta". Oder, wenn wir schon über die USA diskutieren, "Kommunist" (keiner weiß mehr, was es genau bedeutet, aber alle sind sich einig, daß sie dagegen sind). ;) Das ist also seinerseits keine neue Entwicklung, das W-Wort ist einfach nur eins der aktuelleren Opfer solcher Trends.

"Faschist" und "neoliberal" gehören auch noch in diese Liste.

Aber nun zurück zum Thema.

Offline JollyOrc

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #212 am: 23.09.2024 | 13:35 »
Systematische Ungerechtigkeit, bitte. Das ist ein Unterschied.

Klugscheißermodus an:
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Ein Film, der marginalisierte Gruppen einfach "nur" als ebenso (wirk-)mächtig darstellt, und die Ungerechtigkeit wegwischt ist aus meiner Sicht nicht per se "woke", sondern höchstens inklusiv.

Inklusivität kann allerdings aus dem Werkzeugkasten einer "woke" Person kommen, wenn diese die Ungerechtigkeit dadurch bekämpfen will, indem sie einen alternativen Umgang miteinander aufzeigt.

Es ist überhaupt nicht definiert, sondern wird wild für alles mögliche hergenommen, das einer Person nicht gefällt.

nein, das Wort ist eigentlich sehr genau definiert, wurde aber zunehmend verwässert. Grundsätzlich ist es genau wie vorne zitiert das Bewusstsein für systemische Ungerechtigkeit, plus dem Bedürfnis, dagegen etwas zu tun.

 :btt:

Ich sehe Hollywood dem Zeitgeist folgend mehr Filme machen, welche den gesellschaftlichen Erwartungen der verschiedenen Zielgruppen und Stakeholder entgegenkommen. Das bedeutet eben, dass auch kaufkräftige weibliche, nicht-US-amerikanische, nicht-weiße, nicht-heteronormative Zielgruppen angesprochen werden. Das ist meistens nicht woke, sondern Business.

Davon ab hat das Studio-System mit seinen viefältigen "Producers" und Leuten mit Mitspracherecht seit jeher einen starken Anteil von "Ausschuss", der trotz Budget käsige Skripts oder andere Probleme hat.

Das sind zwei Achsen, die IMHO nur sehr wenig miteinander zu tun haben.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Jiba

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #213 am: 29.09.2024 | 14:24 »
Ich schulde Prisma noch ein Antworten.

Ich kann da bei bestem Willen keinen Feminismus entdecken. In beiden Filmen geht es nicht um Frauenbewegung, Empowerment, oder ähnliches. Sci-Fi Geschichten mit (kompetenten) Heldinnen gibt es doch schon sehr lange. In der Literatur und im Film (in der Literatur viel früher). Man kann schon bei "Metropolis" von 1927 diskutieren, ob die Figur Maria, bzw. das Maschinenwesen nicht die wahre Protagonistin ist, da sie die wichtigste Figur darstellt. "Devil Girl from Mars" (1954) hat eine Kick Ass Protagonistin, die allen überlegen ist und sogar ein feministisches Thema. Da gibt es weitere Klassiker, wie den "Angriff der 20-Meter-Frau" oder "I Married a Monster from Outer Space", beide von 1958. "Barbarella" (1968), "Carrie" (1976) und das zu Unrecht als Schlefaz verschrieene "Star Crash" (1978) kamen noch vor Alien (1979). So groß kann der Gamble bei Alien also nicht gewesen sein. Und das "Kill Bill" (2003) ein Erfolg wird, war abzusehen und kein Gamble. Tarrantino Filme sind selten Flops, bzw. ich wüsste gar nicht ob ein Film von ihm je gefloppt ist.
Und jetzt zähl bitte mal nach, wie viele Protagonist:innen dieser SciFi-Filme tradierten Idealen von weiblicher Schönheit und/oder weiblichen Rollenvorstellungen entsprechen. Wie sehr der männliche Blick auf die Figur da im Fokus gestanden hat. Ich meine der eine Film hier trägt den Titel "Devil Girl from Mars", was völlig dem Muster der Infantilisierung von Frauen entspricht, der in den 1950ern überall war - und seine Protagonistin mag clever und machtvoll sein, aber sie trägt halt auch ein enges Wetlook-Minikleid mit Fetisch-Vibes.

Ripley bricht massiv mit diesem Bild von Science-Fiction-Heldinnen, wie diese vorher aussahen oder sich zu verhalten hatten. Sie wird im Film nicht sonderlich stark sexualisiert und das ist dann auch der Unterschied. Und ein entscheidender. Interessant ist aber schon, dass z.B. "Devil Girl from Mars" dem 2nd Wave-Feminismus um ein gutes Jahrzehnt vorausgeht (was nicht bedeutet, dass es kein feministischer Film ist). Und auch "Metropolis" war in der Nachbetrachtung für das feministische Kino sicher wichtig. Aber beide Filme sind auch stark den Rollenvorstellungen dieser Zeit unterworfen, dass Frauen schön, sauber zurechtgemacht, gerne auch knapp bekleidet oder stark weiblich konturiert (um sexuelle Verfügbarkeit zu symbolisieren, sogar bei Maria in "Metropolis" kann man das Argument machen) entweder passiv und superlieb (es hat einen Grund warum der "Ich wiederhole den Computer!"-Gag aus "Galaxy Quest" so gut funktioniert hat) oder gleich sinister, hexenhaft und geradezu dämonisch (siehe "Devil Girl"). 

Jetzt gehst du vielleicht hin und sagst: "Nee, also die Barbarella z.B. bricht aber schon mit einigen dieser Rollenklischees", dann erwidere ich: "Ja, vielleicht. Und schon liest du diesen Film feministisch." Und tust damit doch dasselbe, dass ich mit "Alien" tue. Ich weiß wirklich nicht, warum so massiv betont werden muss, dass "Alien" kein feministischer Film ist? Macht die Annahme, dass er einer wäre, ihn irgendwie schlechter?

Vielleicht herrscht hier aber auch einfach ein wunderliches Bild von Feminismus vor. Als sei Feminismus immer eine Art Nullsummenspiel, bei der die Inklusion feministischer Themen in einen Film immer auch eine gleichzeitige Abwertung von Männer zur Folge haben müsse. Das ist in Bezug auf die Kunst aber nicht der Fall. Oder besser: Es ist nicht immer der Fall. Ich meine, Prisma, du bescheinigst "Devil Girl from Mars" ein feministisches Thema, weil dort Frauen über Männer herrschen. Das kann man auch bezweifeln, denn die Lust an der Umkehr der Herrschaftsverhältnisse kann auch eine männliche Fantasie sein - "Venus im Pelz" ist nicht automatisch ein feministisches Buch, weil eine Frau da das Sagen hat. Es ist auch oft nicht so einfach: Die Femme Fatale etwa kann eine sexistische Projektion sein oder auch ein proto-feministischer Charaktertyp. Kommt auf die Umsetzung an.

Dasselbe gilt für "woke". Filme sind nicht schlecht, weil sie "woke" sind. Und viele Filme, die nicht "woke" sind, sind ebenfalls schlecht. Und Filme sind populär oder unpopulär, weil sie gut gemacht sind, einen Nerv treffen oder was auch immer. Du hast im Metatron-Thread sinngemäß geschrieben, Entscheider würden jetzt das "woke" auch wieder zurückdrehen, weil die Gruppe der Menschen, die sich davon gestört fühlen, größer sei als die "kleine Gruppe" derer, die das unbedingt wollen. Und ehrlich: Das ist überhaupt nicht wie wir drüber reden sollten, denn der allergrößten Zuschauer:innengruppe ist es bestimmt eigentlich scheißegal, solange der Film überhaupt was für sie tut. Für jeden Film, den du nennen kannst, der gefloppt ist, weil er eine woke Mary-Sue als Protagonistin hat und dir aktivistisch das Matriachat aufs Brot schmiert, kann ich einen Film nennen, der das, wie bestimmte "Kritiker" aus der Manosphere betonen, auch ist... und trotzdem erfolgreich ist.

Ob das so bleibt? Vielleicht nicht. Aber ich finde halt, wenn das nicht so bleibt sollten wir alle auch nicht zu stolz drauf sein. Denn das Aufkommen dieser ganzen "Angry White Nerd"-Internetbubble hat reale Konsequenzen für das Online- (und sehr häufig auch das Offline-Leben) realer Frauen und Minderheiten. Kann man ja an der Diskussion über "Star Wars" gut sehen: Ich darf daran erinnern, wie mit Kelly Marie Tran online umgegangen wurde, weil sich ihre Figur Rose Tico geweigert hat, Finn einen unnötigen "Heldentod" sterben zu lassen.

Zitat
Absolut ja, ich würde so eine Szene heute so drehen, denn die Figur und der Plot passen. Was ist "Lucy" von 2014? Da kämpft Lucy auch alles und jeden nieder und ist jedem faktisch überlegen. Warum meckert da niemand? Weil Figur und Plot stimmen.
You talk you. Ich fand den Film eher scheiße und die Charakterentwicklung ziemlich meh. Und ich bin großer ScarJo-Fan, also daran kann's nicht liegen. Und das Ding ist: Ich könnte bestimmt auch irgendwie daherargumentieren, dass Lucy auch eine Mary Sue ist. Einfach weil die Eigenschaften, die einen Charakter zu einer machen erstens wahnsinnig variabel sind und zweitens die ganze Diskussion sehr leicht unappetitlich werden kann.

Zitat
Da bin mal ich auf Deine Beispiele gespannt.
...denn ich werde Sie alle irgendwie entkräften können, richtig?  ;)
Klar, das wirst du ohne Weiteres können. Weil eben die Definition einer Mary Sue so schwammig ist und so viele Elemente enthält, die dabei sein können oder nicht. Und weil das männliche Äquivalent des Gary Stu nicht unbedingt deckungsgleich mit der weiblichen Version ist. Weil eben bestimmte Rollen anders gegendert sind. Rey als Beispiel zu nehmen, finde ich jetzt auch nicht unbedingt passend. Der Kolumnist in meinen Links oben hat, finde ich, insgesamt sehr gut gezeigt, dass die Kritik übertrieben ist, da bei Rey drei wichtige Punkte von Mary-Sue-Dom nicht erfüllt sind:
  • Nicht jeder Charakter mag Rey.
  • Sie macht nicht immer alles richtig und sie irrt sich.
  • Sie erzielt bestimmte Erfolge nur durch die Hilfe von anderen.

Deshalb: Man kann gewiss Gegenargumente konstruieren für die Beispiele, die ich hier bringe - was aber eigentlich nur zeigt, wie sinnlos bereits die ganze Kategorie ist. Ich würde auch schlecht geschriebene Charaktere, die nur Power-Fantasie sind, niemals als Mary Sues bezeichnen. Zumal viele Charaktere, die wir heute als gute Charaktere wahrnehmen, auch Entwicklungszeit haben. Klar ist Tony Stark jetzt kein Gary Stu mehr... der hatte ja auch viele Filme Zeit sich zu entwickeln. Aber gemessen nur am allerersten Film... weiß ich nich', Digger.

Dann hier meine Liste von männlichen Figuren aus Filmen, bei denen ich Gary-Stu-Vibes kriege:
  • Legolas: Oh, don't get me started. Das Elbenprinzchen hat keine Fehler, keine Reibungspunkte und immer die Oberhand. Ein veritabler Gary Stu.
  • Luke Skywalker (in Eine neue Hoffnung): Also, nur da. Im ersten Film gelingt Luke eine ganze Menge quasi unmöglicher Scheiß für einen Bauernjungen mit ein bisschen Fliegerausbildung und einer Jedi-Ausbildung durch Obi-Wan, die nicht länger gedauert hat als eine Busfahrt. Klar, Han ist ihm gegenüber zunächst misstrauisch (Rey übrigens auch)... aber doch mögen ihn alle irgendwie. Unser Bild vom Luke im Vergleich zu Rey basiert schon ein wenig darauf, dass er inzwischen halt mehr Filme hat.
  • Captain Kirk: Smart, sportlich, attraktiv. Ein All-American-Hero ohne nennenswerte Schwächen und Wachstumspotenzial. Ganz im Gegensatz zu Picard z.B.
  • Superman: Der Posterboy des Mary-Sue-ismus. Ich meine, seine einzige wirkliche Schwäche ist eine obskure Substanz from outer space.
  • Captain America: Sobald man ihm dieses Magieserum in die Adern pumpt, ist Cap. einfach ein unglaublicher Stu. Macht alles besser, hat stets den moralischen High Ground. Wird im ersten Film niemals an den Punkt eines moralischen Dark Moment of the Soul getrieben, der es in sich hätte. Das kommt dann später in der Reihe erst.
  • Der Typ aus Taken: I mean... come on! Der mag zwar ein ehemaliger Agent sein, aber seine Rückschläge sind bestenfalls situativ. Charakterliche Schwächen kann ich keine erkennen. Gilt übrigens übertragen auf viele männliche Protagonisten in Rache-Thrillern. Der Equalizer wäre ein weiteres Beispiel. Ein anderes der Typ aus "A History of Violence".
  • Jeder James Bond vor Daniel Craig: Ich meine, diese Jungs sind eine reine, männliche Power-Fantasy... mit unverbindlichem Sex inklusive. Klar, die werden ab und an mal gefangen genommen und ausgetrickst, aber retten muss sie eigentlich niemand.
  • Jede zweite Figur, die Tom Cruise spielt: Einige davon sind sicherlich kompetent und ihre Kompetenz kann erklärt werden (das ist aber auch bei vielen anderen Mary-Sues im Frauenlager der Fall). Aber so Gestalten wie Jack Reacher oder Maverick... puh. Grade Letzterer: Fliegt als Rentner noch die halsbrecherischsten Manöver, legt sich ständig mit der Militärführung an und hat trotzdem nie was zu befürchten.
  • JEDE Figur, die der Rock spielt: Na gut, vielleicht nicht jede. Aber die Rate ist ziemlich hoch. Das Höchste der Gefühle, das man vom Rock erwarten kann, ist Selbstironie. Aber echte Schwäche? Geht man lange suchen.
  • JEDE Figur, die Jason Statham spielt: Auch hier wieder: Nicht unbedingt jede. Aber es fällt mir schwer eine Statham-Figur zu finden, die nicht ein aalglatter Alles-Gelinger wäre. "Crank" ist der Punkt an dem es völlig durch die Decke geht.
  • Ein großer Teil der Bud Spencer und Terence Hill-Duos: Hand auf's Herz, welche charakterlichen Schwächen haben die? Dass Bud Witze übers Essen macht? Ich meine, ernsthaft. Die Jungs sind in ihren Filmen weder wirklich in Gefahr, noch müssen sie gerettet werden, noch kriegen sie irgendwelche größeren Probleme für all die mutwillige Zerstörung, die sie anrichten.
Das mal so aus dem Bauch heraus. Und aus mehr heraus kriegt man das eh nicht. Es gibt keine hinreichenden "hard fact"-Listen, die all diese Charaktere zu Non-Mary-Sues machen, weibliche Charaktere mit ähnlichen Eigenschaften aber schon. Ich halte diese ganze Charakterisierung für blödsinnig. Manche Charaktere können auch gerne einfach Power Fantasies sein... auch und gerade im Blockbusterkino. War schon immer so für männliche Actionhelden. Lasst uns das den Frauen doch auch zugestehen, okay?

Zitat
Viers behandelt Fury oft grundlos herablassend, obwohl er ein kompetenter Agent ist und sie nur "Whoosh" kann. Schon in der ersten Szene als sie zusammentreffen passiert das. Dann die Szene mit dem Fingerabdruck, wo Fury regelrecht der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Und wie die Szene mit dem Motoradfahrer plotfördernd ist, wüsste ich auch gerne. All das passiert ohne Plotnot.
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Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #214 am: 29.09.2024 | 14:58 »
Kurzer Einwurf am Rande: Ich finde die Verwendung der einschlägigen Sue/Stu-Labels schon lange nicht mehr wirklich hilfreich. Die sind (soweit sie überhaupt jemals klar definiert waren) durch einigermaßen überbordende Verwendung in allen möglichen Fällen hinreichend verwässert, daß sie dem Empfänger eigentlich nur noch eins mit Sicherheit vermitteln, nämlich, daß der Anwender die betreffende Figur einfach nicht mag...und wenn dann eh erst noch nachgefragt und erklärt werden muß, warum eigentlich genau nicht, dann kann man sich das Etikett auch schenken und gleich mit der genaueren Begründung anfangen.

Offline Kurna

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #215 am: 29.09.2024 | 15:24 »
OT:
Als Fan von Captain Marvel möchte ich nur kurz einwerfen, die Gute heißt bei den Kree Vers, nicht Viers. Das ist das Ende ihres eigentlichen Namen Danvers.
"Only the good die young. The bad prefer it that way." (Goblin proverb)

Offline Prisma

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Re: Wo entwickelt sich Hollywood hin?
« Antwort #216 am: 30.09.2024 | 15:50 »
Ich schulde Prisma noch ein Antworten.
Erstmal danke für die ausführliche Antwort!  :)

Und jetzt zähl bitte mal nach, wie viele Protagonist:innen dieser SciFi-Filme tradierten Idealen von weiblicher Schönheit und/oder weiblichen Rollenvorstellungen entsprechen. Wie sehr der männliche Blick auf die Figur da im Fokus gestanden hat. Ich meine der eine Film hier trägt den Titel "Devil Girl from Mars", was völlig dem Muster der Infantilisierung von Frauen entspricht, der in den 1950ern überall war - und seine Protagonistin mag clever und machtvoll sein, aber sie trägt halt auch ein enges Wetlook-Minikleid mit Fetisch-Vibes.
Na ja, Super Girl, Spider Girl, Bond Girl, Devil Girl… Dennoch bleibt es dabei dass es machtvolle oder mindestens kompetente Figuren sind. Selbst Bond Girls haben es faustdick hinter den Ohren. (Ich denke, der Begriff "Girl" hat auch etwas mit der englischen Sprache zu tun.)
Caroline Munro hat damals in Interviews gesagt, dass ihre Figur Stella Star aus Star Crash, die Kleider trägt die diese selbstbewußte Figur will. Und das war vielen Szenen eine Art Space Bikini. Ob sie das nun erzählt hat, weil es ein PR-Termin war, sei mal dahin gestellt. Klang für mich eher als hätte sie das als "empowerend" empfunden, weil das für die Zeit outragrous gewesen wäre (ob es tatsächlich so ist und ob sie es wirklich so gemeint hat, weiß ich nicht).

Ripley bricht massiv mit diesem Bild von Science-Fiction-Heldinnen, wie diese vorher aussahen oder sich zu verhalten hatten. Sie wird im Film nicht sonderlich stark sexualisiert und das ist dann auch der Unterschied.
Ui ui ui, schau Dir das noch mal an, die Höschen-Szene ist ja wohl wesentlich stärker sexualisiert als z.B. das „Fetisch-Outfit“ aus Devil Girl form Mars, und Android-Marias Tanzkleidung aus Metropolis und auch Stellas Space Bikini. Da sieht man sogar entscheidend mehr als nötig ist.
Ripley verhält sich kompetent. Nya (Devil Girl), Stella Star, The Bride, usw. auch.

Und ein entscheidender. Interessant ist aber schon, dass z.B. "Devil Girl from Mars" dem 2nd Wave-Feminismus um ein gutes Jahrzehnt vorausgeht (was nicht bedeutet, dass es kein feministischer Film ist). Und auch "Metropolis" war in der Nachbetrachtung für das feministische Kino sicher wichtig. Aber beide Filme sind auch stark den Rollenvorstellungen dieser Zeit unterworfen, dass Frauen schön, sauber zurechtgemacht, gerne auch knapp bekleidet oder stark weiblich konturiert (um sexuelle Verfügbarkeit zu symbolisieren, sogar bei Maria in "Metropolis" kann man das Argument machen) entweder passiv und superlieb (es hat einen Grund warum der "Ich wiederhole den Computer!"-Gag aus "Galaxy Quest" so gut funktioniert hat) oder gleich sinister, hexenhaft und geradezu dämonisch (siehe "Devil Girl"). 
Attraktivität verkauft halt Produkte. Wir fühlen uns von Schönheit eher angezogen und Menschen sehen sich Filme mit schönen Menschen lieber an, als mit hässlichen. Es sei denn Aspekte wie Hässlichkeit, Fettleibigkeit, etc. sind irgendwie Teil der Rolle. Das gilt für Frauen und Männer. Glaubst Du, Frauen sehen sich nicht gerne schöne Männer an? Natürlich tun sie das.
Und wo kommt der Gag eigentlich her? Galaxy Quest ist ja eine Parodie auf Star Trek TOS. Soweit ich mich erinnere hat da niemand, schon gar nicht Uhura, den Computer wiederholt.

Jetzt gehst du vielleicht hin und sagst: "Nee, also die Barbarella z.B. bricht aber schon mit einigen dieser Rollenklischees", dann erwidere ich: "Ja, vielleicht. Und schon liest du diesen Film feministisch." Und tust damit doch dasselbe, dass ich mit "Alien" tue. Ich weiß wirklich nicht, warum so massiv betont werden muss, dass "Alien" kein feministischer Film ist? Macht die Annahme, dass er einer wäre, ihn irgendwie schlechter?
Ich hätte kein Problem "Alien" als feministischen Film zu sehen, wenn ich ihn denn so wahrnehmen würde. Das hat mit seiner Qualität nichts zu tun. (Vielleicht genauer: Für mich sind die Anteile die Du siehst nicht ausreichend um die Qualifizierung "feministisch" zu erfüllen.)

Dasselbe gilt für "woke". Filme sind nicht schlecht, weil sie "woke" sind. Und viele Filme, die nicht "woke" sind, sind ebenfalls schlecht. Und Filme sind populär oder unpopulär, weil sie gut gemacht sind, einen Nerv treffen oder was auch immer. Du hast im Metatron-Thread sinngemäß geschrieben, Entscheider würden jetzt das "woke" auch wieder zurückdrehen, weil die Gruppe der Menschen, die sich davon gestört fühlen, größer sei als die "kleine Gruppe" derer, die das unbedingt wollen. Und ehrlich: Das ist überhaupt nicht wie wir drüber reden sollten, denn der allergrößten Zuschauer:innengruppe ist es bestimmt eigentlich scheißegal, solange der Film überhaupt was für sie tut. Für jeden Film, den du nennen kannst, der gefloppt ist, weil er eine woke Mary-Sue als Protagonistin hat und dir aktivistisch das Matriachat aufs Brot schmiert, kann ich einen Film nennen, der das, wie bestimmte "Kritiker" aus der Manosphere betonen, auch ist... und trotzdem erfolgreich ist.
Hm, in den ganzen Threads (nicht nur Metatron, sondern auch Acolyte) wurde nicht gesagt, das die Produkte schlecht sind weil sie nur „woke“ sind. Aber das Produkt muss gut sein, die Qualität muss überwiegen und woke muss darin verknüpft sein um zu bestehen. „Woke“ ist keine Qualität, das ist ein Thema. Die Präsentation von woke hat ein Problem: Wirkt es nicht als Teil der Story, empfinden wir es als eine Art uncanny Valley, als ein Fremdkörper der ausschließlich nur aus ideologischen Gründen eingebracht wurde. Dann empfindet die Mehrheit das nicht mehr als Unterhaltung, sondern weiß: Aha, hier werde ich belehrt/beschult/ermahnt. Hier ist meine Unterhaltung zu Ende, hier wird ein politisches Statement präsentiert.

Ob das so bleibt? Vielleicht nicht. Aber ich finde halt, wenn das nicht so bleibt sollten wir alle auch nicht zu stolz drauf sein. Denn das Aufkommen dieser ganzen "Angry White Nerd"-Internetbubble hat reale Konsequenzen für das Online- (und sehr häufig auch das Offline-Leben) realer Frauen und Minderheiten. Kann man ja an der Diskussion über "Star Wars" gut sehen: Ich darf daran erinnern, wie mit Kelly Marie Tran online umgegangen wurde, weil sich ihre Figur Rose Tico geweigert hat, Finn einen unnötigen "Heldentod" sterben zu lassen.
Ich denke, zunächst hat das gar nicht so viel mit „angry“ zu tun – oder zu tun gehabt. Erst mal ist es: They just don‘t buy what you try to sell them. Es gibt bestimmte Dinge, Erzählungen, Figuren, die sind emotional etabliert. Werden diese Dinge dann mit dem woken Holzhammer mit gleichzeitigen respektlosen Äußerungen zertrümmert (z.B. in Star Wars Episode 8 ) oder „gekapert“ (z.B. Ariel ist jetzt schwarz), dann wird es „angry“, weil politische Ideologie und keine Kunst. Warum macht woke denn nicht einfach tolle Produkte und Figuren? Niemand beschwert sich darüber das beispielsweise Storm schwarz ist. (Eine weiße Storm fände ich z.B. absolut unpassend.)
Was Kelly Marie Tran geschehen ist, ist klar abzulehnen. Für Drehbuchentscheidungen können die Schauspieler ja nichts. Da sage ich auch immer, die haben sich bestimmt alle gefreut ein Teil von Star Wars zu sein, ein Teil der nächsten großen Trilogie. Ich meine, wie geil muss sich das angefühlt haben!? Und wie tragisch ist es geendet, für etwas was sie gar nicht unter Kontrolle gehabt hatten.

Legolas: Oh, don't get me started. Das Elbenprinzchen hat keine Fehler, keine Reibungspunkte und immer die Oberhand. Ein veritabler Gary Stu.
Einverstanden, der hat zumindest in der Verfilmung keine Schwächen – wäre mir im Buch aber gerade auch nicht bekannt. In den Filmen wirkt Legolas auch mehr wie ein Halbgott, finde ich.

Luke Skywalker (in Eine neue Hoffnung): Also, nur da. Im ersten Film gelingt Luke eine ganze Menge quasi unmöglicher Scheiß für einen Bauernjungen mit ein bisschen Fliegerausbildung und einer Jedi-Ausbildung durch Obi-Wan, die nicht länger gedauert hat als eine Busfahrt. Klar, Han ist ihm gegenüber zunächst misstrauisch (Rey übrigens auch)... aber doch mögen ihn alle irgendwie. Unser Bild vom Luke im Vergleich zu Rey basiert schon ein wenig darauf, dass er inzwischen halt mehr Filme hat.
Luke flog ständig mit seinem kleinen Gleiter (nicht den Repulsorschlitten, den Gleiter sieht man im Hintergrund, ist quasi ein kleiner Kampfflieger) herum und hat diese zwei Meter Ratten als Hobby oder Ungezieferbekämpfung(?) abgeschossen. Es mögen ihn übrigens nicht alle (Cantina Szene). Und na ja, er ist halt der Sohn des „Auserwählten“ und hat wie sein Vater ein Talent als Pilot. Der Macht-Crashkurs von Obi Wan – immerhin gab es diese Trainingsmontage – ist auch das wenige was ihn von seiner Schwester abhebt, die als Aristokratin in Luxus, mit bester Ausbildung, usw. aufwächst. Und Luke macht mehrere Fehler, immer wieder!

Captain Kirk: Smart, sportlich, attraktiv. Ein All-American-Hero ohne nennenswerte Schwächen und Wachstumspotenzial. Ganz im Gegensatz zu Picard z.B.
Auch Kirk macht Fehler und er ist kein Übermensch (es gibt sogar Trainingsmontagen). Kirk ist zwar hochkompetent (wird aber auch begründet), aber die Großtaten kommen erst durch das Zusammenspiel mit dem Team zustande. Picard ist eine verkopftete Figur, Kirk ist impulsiver. Das er sportlich ist, na ja, er ist beim Militär. (Picard ist auch actionheld-sportlich wenn er will/muss.) Ohne smart zu sein, wäre er kein Captain geworden. Er ist attraktiv, ja, ist Ripley auch.

Superman: Der Posterboy des Mary-Sue-ismus. Ich meine, seine einzige wirkliche Schwäche ist eine obskure Substanz from outer space.
... und Magie und psychische Beeinflussung und Hypnose und Erpressung und Lois Lane/seine Freunde und Kara/Supergirl und Darkside und Doomsday und Tod durch Doomsday … und im Zweifel auch … Batman.  ;D Ich würde sagen, lass den Mann in Ruhe, der hat sein Päckchen zu tragen.

Captain America: Sobald man ihm dieses Magieserum in die Adern pumpt, ist Cap. einfach ein unglaublicher Stu. Macht alles besser, hat stets den moralischen High Ground. Wird im ersten Film niemals an den Punkt eines moralischen Dark Moment of the Soul getrieben, der es in sich hätte. Das kommt dann später in der Reihe erst.
Und bis dahin ist er fast vollständig eine arme Wurst.

Der Typ aus Taken: I mean... come on! Der mag zwar ein ehemaliger Agent sein, aber seine Rückschläge sind bestenfalls situativ. Charakterliche Schwächen kann ich keine erkennen. Gilt übrigens übertragen auf viele männliche Protagonisten in Rache-Thrillern. Der Equalizer wäre ein weiteres Beispiel. Ein anderes der Typ aus "A History of Violence".
Die Protagonisten aus Rache-Thrillern haben ja alle einen Verlust erlitten. Was ist z.B. mit Frank Castle? Zum Equilizer kann ich nichts sagen. (Öh... Typ aus Taken?)

Jeder James Bond vor Daniel Craig: Ich meine, diese Jungs sind eine reine, männliche Power-Fantasy... mit unverbindlichem Sex inklusive. Klar, die werden ab und an mal gefangen genommen und ausgetrickst, aber retten muss sie eigentlich niemand.
Das ist dasselbe wie … Captain Marvel (nur ohne den Sexteil). Aber auch die Bonds vor Craig machen Fehler und verlieren. Hin und wieder werden sie sogar von den „Girls“ gerettet.

Jede zweite Figur, die Tom Cruise spielt: Einige davon sind sicherlich kompetent und ihre Kompetenz kann erklärt werden (das ist aber auch bei vielen anderen Mary-Sues im Frauenlager der Fall). Aber so Gestalten wie Jack Reacher oder Maverick... puh. Grade Letzterer: Fliegt als Rentner noch die halsbrecherischsten Manöver, legt sich ständig mit der Militärführung an und hat trotzdem nie was zu befürchten.
Zu Reacher kann ich nichts sagen. Maverick hingegen war von Anfang an ein Ausnahmenaturtalent und wird im zweiten Teil als Lehrer engagiert. Und das er nicht aus der Navy rausgeflogen ist, hat er mächtigen Freunden wie Iceman zu verdanken, die ihn beschützt haben. Übrigens wird Maverick im Film von Hangman gerettet. Maverick mag ja älter sein, aber offenbar von den Navy-Flugärzten freigegeben. Es ist halt alles begründet. 

JEDE Figur, die der Rock spielt: Na gut, vielleicht nicht jede. Aber die Rate ist ziemlich hoch. Das Höchste der Gefühle, das man vom Rock erwarten kann, ist Selbstironie. Aber echte Schwäche? Geht man lange suchen.

JEDE Figur, die Jason Statham spielt: Auch hier wieder: Nicht unbedingt jede. Aber es fällt mir schwer eine Statham-Figur zu finden, die nicht ein aalglatter Alles-Gelinger wäre. "Crank" ist der Punkt an dem es völlig durch die Decke geht.

Ein großer Teil der Bud Spencer und Terence Hill-Duos: Hand auf's Herz, welche charakterlichen Schwächen haben die? Dass Bud Witze übers Essen macht? Ich meine, ernsthaft. Die Jungs sind in ihren Filmen weder wirklich in Gefahr, noch müssen sie gerettet werden, noch kriegen sie irgendwelche größeren Probleme für all die mutwillige Zerstörung, die sie anrichten.
Einverstanden. Wobei man bei den Figuren von Bud & Terence schon Schwächen findet, aber es stimmt, sie sind kaum in echter Gefahr. Filme mit The Rock habe ich bisher noch nicht gesehen.

Manche Charaktere können auch gerne einfach Power Fantasies sein... auch und gerade im Blockbusterkino. War schon immer so für männliche Actionhelden. Lasst uns das den Frauen doch auch zugestehen, okay?
Damit habe ich kein Problem … was uns zu Captain Marvel führt. Ich habe bis auf wenige Dinge auch mit Captain Marvel kein Problem. Ich finde sogar der Film gehört zu den Top 5, vielleicht sogar zu den Top 3 des MCUs. Das Captain Marvel eine Power-Fantasie ist und weniger Schwächen als Superman/Supergirl hat ... geschenkt. Stört mich auch nicht. Und ich finde Brie Larson macht an sich einen guten Job. Aber dann kommt wieder das oben genannte Uncanny Valley: Wieso muss der Typ von dem sie das Motorad klaut unnötig schmierig sein? Anders als beim Pussy Wagon, wo der Pussy Wagon ein typischer Tarrantino Scherz an sich ist, ist hier kein Witz. Wieso sieht Vers Fury bei der Fingerabruckszene und verspottet ihn später unnötig („ich hab dich mal machen lassen“). Sie hätte ihn doch gleich stoppen können, und sagen „Nein, dafür haben wie jetzt keine Zeit – whoosh!“ Oder „Nein, lass mich mal – whoosh!“ Oder „Ach, ihr Erdlinge (seufz) – whoosh!“ Das dies in der Szene thematisiert wird, sagt sogar der Dialog aus: „Du hast gesehen, wie ich mich abgemüht habe!?“ „Du warst so schön in Fahrt (grins)“. Puuuh … weiß nicht, mein Bauchgefühl sagt mir, das ist mehr als nur eine witzige Szene. Das ist ein Werturteil.
Mit einem 7er-Set, stehen ganze Universen offen.