Wenn Glühbi vergeben 4 Punkte, ich vergeben auch vier Punkte!
Damit sind wir auch schon beim ersten zu besprechenden Punkt: Wurde das Abenteuer ausreichend korrektoriert? Benutzer Korknudel etwa legte Hexenreigen entnervt weg wegen der Fehler und Unverständlichkeiten, die er im Text gefunden hatte. Ich denke, er sollte dem Abenteuer noch eine Chance geben! Denn so schlimm ist es nicht ums Korrektorat bestellt. Tatsächlich habe ich auch entsprechende Stellen gefunden, und es ist ärgerlich, eine Passage aus diesem Grund noch einmal lesen zu müssen. Aber es handelt sich keineswegs um ein Desaster. Im Grunde wirkt es so, als hätte es genügt, wenn der Autor selbst - und dieser hier kann das - nur ein weiteres Mal
in Ruhe über den Text gegangen wäre. Dann hätte auch ein Korrektor keinen Unterschied mehr gemacht, der einen Unterschied macht. Kurz: Schlimm ist was anderes, aber besser ist gar nicht so schwierig.
Vor den nächsten Punkten eine kurze Beschau des Abenteuers: Die Helden werden von drei Hexen angeheuert, deren Möchtegern-Hexenmeister aus dem Weg zu räumen. Jener Mithexer ist ein Despot, der das zweifelhafte Glück hatte, einen Pakt mit missratenen Fee einzugehen und darüber enorme (regeltechnische) Vorteile im Zaubern von Flüchen zu erlangen, wenngleich lokal begrenzt. Die drei Hexen sind dem Kerl nun ausgeliefert, machtlos, direkt gegen ihn vorzugehen. Das Abenteuer macht eine klare Ansage: Optionale Schauplätze, Optionen für die Helden, die einen Unterschied machen, kein Zwang zum großen Finale, Scheitern ist erlaubt, und wer zu spät kommt, den bestraft der Hexenmeister. Das liest sich vielversprechend!
Die Strukturierung eines Abenteuertexts ist ja nicht bloße Formsache. Es geht um die bestmögliche Vermittlung von Spielinfo, und am besten entstehen im Kopf möglichst wenig Fragezeichen beim Lesen der einen Textstelle, solange man die andere noch nicht gelesen hat. Das macht der vorliegende Text grundsätzlich richtig, indem er nach einem Aufriss das Abenteuersetting möglichen Schauplatz für möglichen Schauplatz durchgeht und dort jeweils spielrelevante Details inkl deren Wirken über den Schauplatz hinaus nennt. Allerdings sind in meinem Kopf tatsächlich einige Fragezeichen entstanden, bei denen ich jeweils nur hoffen konnte, dass sie später im Text noch verknüpft würden ... oder waren sie vielleicht schon genannt worden? Ich bin ich mir nach dem Lesen immer noch nicht sicher, ob ich alles verstanden habe - nein, das liest sich jetzt zu hart - ob ich beim nochmaligen Lesen zwecks Vorbereitung meinerseits als SL die jeweiligen Verknüpfungen auf dem Schirm hätte / bekäme, ohne mir zusätzliche Notizen machen zu müssen. Seitenverweise bspw fehlen hier und da, welch leichte Möglichkeit, zwei Details miteinander zu verknüpfen! Unterm Strich halte ich fest, dass die nötige Info vorhanden und grundsätzlich sinnvoll aufbereitet worden ist, dass aber auch hier noch mindestens ein kritischer Durchgang gut getan hätte. ... Das lässt sich hier so leicht schreiben, aber weder ist die vorgefundene Umsetzung haarsträubend, noch ist die Umsetzung an einem Abenteuertext ist gemeinhin ein leichtes Spiel für den
Autor Designer
! Derlei beherrscht dieser Autor grundsätzlich auch.
Zeitmanagement! Das Abenteuer legt Wert auf Offenheit, aber Glühbi hat es schon geschrieben: Eine klare Aussage des Abenteuers zu Distanzen und Standarddauer für die Überwindung der Distanzen fehlt schlicht und ergreifend! Mir fiel das beim Lesen schon stark negativ auf. Da stellt sich, ganz kritisch betrachtet, die Frage, ob am Ende viele Kombinationen der optionalen Schauplätze allein durch die Distanzen zwischen ihnen unmöglich werden. Gewiss wird das bei einigen der Fall sein, was nicht schlimm ist, sondern eher Teil des Konzepts, aber es wäre schon wichtig, hierüber einen Überblick zu haben. Wenn ich mich nun nicht im Abenteuer irre (?), dann wird an einer Stelle sehr wohl etwas in der Art "Wenn die Helden unbedingt dorthin wollen: dauert 6 Stunden") geschrieben, aber das ist eine Inselangabe. Benötigt würde ein Kasten, in dem alles geklärt wird.
Dass das Abenteuer kein System zur Festlegung der verstrichenen Zeit anbietet, ist kein Manko. Das ist geradezu oldschool!
(Ich selbst bin Freund von Zeitmanagementsystemen, die über das Bauchgefühl des SL hinausgehen. Aber ich werte ein funktionierendes beschriebenes System als Vorteil, das Fehlen wiederum werte ich gar nicht.)
Und nun zum Disputablen (dh ich enthalte mich im Zweifel einer Meinung), nämlich zu den Setzungen und Annahmen in Abenteuer! Ich nenne aus Zeitgründen jetzt mal nur, was mir spontan wieder einfällt:
- Natürlich sollten die Spieler auch Spielen wollen, wenn sie schon beschließen, gemeinsam zu spielen. Aber: Würden Helden eine unbekannte "Hexe" oder ähnlich fragwürdige Person in den Wald begleiten und sich dort so ohne Weiteres, wie das Abenteuer den Anschein erweckt, anheuern lassen, um einen offensichtlich deutlich mächtigeren Hexer auszuschalten?
- Ist das Konflikt-Verhalten des Hexers in seiner Mühle ausreichend erläutert?
- Der Hexer ist in einer Wassermühle im Wald. Er scheint aber nicht der Müller zu sein, er ist stattdessen im Dorf als zwielichtiger und erfolgreicher Heiler / Alchimist bekannt. In der Mühle lagern etliche Mehlsäcke, die Mühle scheint produktiv zu sein. Wer betreibt sie denn? Wer liefert sein Getreide ab?
- Ansehen des Hexers im Dorf und die Grundannahme, dass die Dörfler dem Kerl ganz unbedarft Haare, Blut etc überlassen. Die wissen zwar nicht, wie das Hexen funktioniert, aber sollten doch in einer fantastischen Welt so einiges an Vorstellungskraft besitzen. Der Hexer bräuchte mE eine gute Geschichte, um sein spezielles Interesse zu rechtfertigen.
- Jemanden zur Strafe in einen Oger zu verwandeln, halte ich nicht für die beste Strafe - für wen eigtl? Den Betroffenen? Gestraft wäre doch eher die Umwelt. Verwandlung in ein beliebiges un-cooles Tier, wie zB eine Ziege oder Schwein, das wäre eine Bestrafung. (Ich verstehe aber, weshalb der Oger cooler fürs Spiel ist. Ist er tatsächlich.)
Und noch zwei, drei weitere Punkte, zB war irgendwas komisch an des Vertrauten Pflückeschnabels Rolle und Funktion im Abenteuer
Herrje, liest sich das hier kritisch!
Tatsächlich liegen hier ein guter Ansatz und eine gute Substanz vor. Ich finde die Idee toll, und sie ist mE auch gut in andere Rollo-Systeme zu übertragen, insofern Hexen oder ähnlich gelagerte Zauberer darin implementiert sind. Das Abenteuer hätte noch mehr Schliff benötigt.