Autor Thema: Hyperinflation darstellen  (Gelesen 2100 mal)

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Online SirRupert

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Hyperinflation darstellen
« am: 26.02.2016 | 17:48 »
Am gestrigen Abend beschäftigte uns in unserer Cthulhu-Runde, die im Wien der 1923er spielt, das Thema Inflation.
Da wir nicht so Detailverliebt sind, umgehen wir das Thema eigentl. indem bei uns ein Dollar 70 000 Papierkronen entspricht. Aus gegebenem Anlass, kamen wir dann aber ins Schwadronieren, wie man dass Thema sinnvoll darstellen kann. Allerdings scheiterte es bei uns schon daran, sich eine Hyperinflation in der realen Welt vorzustellen. Wie ist das Leben wohl, wenn der Käse, den ich heute für 1,99 € gekauft habe in einer Woche schon 7,99 € kostet und und am Ende des Monats sogar 32,99 €? Was sagt mir dann der Wert Finanzkraft meines Charakters überhaupt noch?

Lange Rede kurzer Sinn: Wie kann ich eine Inflation, bei der sich die Kaufkraft meines Geldes täglich ändert, sinnvoll im Spiel darstellen? Eigentl würde ich sowas nämlich gerne mal als Teil eines Abenteuers einbauen.  >;D
« Letzte Änderung: 26.02.2016 | 17:49 von SirRupert »

Offline Rhylthar

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #1 am: 26.02.2016 | 17:58 »
...die Räuber klauen vom in der Bettdecke versteckten Geld die Bettdecke und lassen das Geld liegen...

Ich würde es so darstellen, dass Geld eben nichts mehr wert ist und Tauschhandel regiert. Außerdem würde es wohl so etwas wie "Verpflegungsmarken" geben.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

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Offline Skyrock

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #2 am: 26.02.2016 | 18:03 »
Im wesentlichen hast du einen Rush auf Sachwerte, mit Schlangen vor den Läden und geplünderten Regalen jeden Zahltag.
Transaktionen finden ebenfalls eher in langlebigen und homogenen Sachwerten als in Geld statt, wie etwa Seifenpulver oder Schnaps.

Die großen Gewinner sind die, die produktive Sachwerte haben, wie etwa Ackerflächen, besonders wenn sie sie vorher auf Pump gekauft hatten (so dass z.B. eine Hypothek über einige tausend Mark effektiv mit einem Sack Kartoffeln bezahlbar war).
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Online SirRupert

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #3 am: 26.02.2016 | 21:00 »
Das sind gute Punkte, jedoch würde ich auch gerne das Gefühl vermitteln, dass den Spielern das Geld unter den Fingern wegschmilzt. Tauschhandel und autarke Versorgung sind für mich ein wenig zu postapokalyptisch.

Offline Rhylthar

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #4 am: 26.02.2016 | 21:06 »
Das sind gute Punkte, jedoch würde ich auch gerne das Gefühl vermitteln, dass den Spielern das Geld unter den Fingern wegschmilzt. Tauschhandel und autarke Versorgung sind für mich ein wenig zu postapokalyptisch.
Dann müssten sie Dinge kaufen müssen, die auf einmal unsagbar "teuer" werden.

Oder niemand nimmt mehr ihre Währung an, weil sie wertlos ist.
« Letzte Änderung: 26.02.2016 | 21:08 von Rhylthar »
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"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

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Offline Tarcs

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Hyperinflation darstellen
« Antwort #5 am: 26.02.2016 | 21:11 »
Die Eckpunkte sind ja nun schon genannt worden. Spielerisch bedeutet dies, dass die Finanzkraft (neuer Wert in CoC7) kaum noch eine Bedeutung hat. Man muss sich also einmal die nichtmonetären Besitztümer der Investigatoren ansehen.

Für meinen Teil sähe das dann im Spiel so aus:

* ein Händler schreibt an seine Preistafel an jeden Preis eine zusätzliche Null. Kommata gibt es nicht mehr (oder er wischt die Kommata einfach nur weg und aus 1,29 wird 12,9 oder 129)
* Bei dem Versuch der monetären Motivation (Bestechung) schaut der Gegenüber auf den Schmuck des Geldgebers und wird sich nur in der Form überzeugen lassen.
* Bettler überall, die nicht um Geld, sondern einfachste Nahrungsmittel wie Brot und Kartoffel bitten.
* Wenn man endlich an der Spitze der Schlange angekommen ist, gibt es nur noch faule Kartoffeln, verkohltes Brot, Schalen von Obst und Gemüse, aber zu Preisen mit denen man einst ein Auto kaufen konnte.
* Menschen schleppen sperriges Hab und Gut (Wanduhr, Besteck in Kiste, etc.) in Richtung eines Markts
* In jeder Gasse bietet ein Kind irgendetwas (Silberlöffel, Ring oder verwerfliche Dienstleistungen) für exorbitante Preise oder vorzugsweise Essen an.
* Letztens noch auf einem Foto aus der Zeit gesehen: Vier Kinder auf Treppe mit Schild: Verkaufe (!) vier Kinder für Essen.
* Vermieter passt "dezent" die Miete an und droht mit Räumung (und Pfändung der Habseligkeiten)
* Geldscheine mit zusätzlich aufgestempelten Nullen
* Markthändler haben offensichtlich bewaffnete Bodyguards
* Menschenauflauf bereits Stunden vor Markt- oder Geschäftsöffnung
* Banken, die kein Geld mehr auszahlen können (ein Blick auf Griechenland 2015 kann eine Vorstellung davon geben)
* Menschen mit Handkarren und ihrem restlichen Hab und Gut verlassen die Stadt und ziehen in Richtung Land
* Mundraub, Diebstahl überall trotz drakonischer Strafandrohungen
* Ordnungskräfte die sich auch mehr für einen Laib Brot als eine Dienstanweisung/ein Gesetz interessieren
* Kopfkissenbezug voller Geldscheine zum Kauf einer Kleinigkeit erforderlich
* Menschen, die sich über die Teuerungsrate unterhalten/empören, betteln und flehen
* Haben die Investigatoren Familie? Da lässt sich das Drama verschärfen.
* Ärzte lassen sich in Waren bezahlen
* Armenspeisung/Suppenküche wird quasi eingestellt oder für heißes Wasser mit Kartoffelschalen überrannt
* Die Bäuerin im Pelzmantel der reichen Nachbarin, der Bauer mit der Luxuskarosse
* Die Bekleidung der Menschen wird stets schlechter, da die bessere Eingetauscht wurde.

...

Gut, das war jetzt viel auf Nahrungsebene, aber letztlich läuft es immer darauf hinaus.

Je nachdem kann man einen Kontrapunkt dazu setzen und ein üppiges Gelage bei Regierungsvertretern/Adel oder in einem Luxushotel auffahren lassen.

Ich hoffe ein paar Ideen sind dabei.

Michael
« Letzte Änderung: 26.02.2016 | 21:13 von Tarcs »

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #6 am: 26.02.2016 | 21:32 »
Erfolgreiche  Spekulanten  passen da besser als die Fantasytrope Adel/Regierung

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“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #7 am: 26.02.2016 | 21:53 »
Transaktionen finden ebenfalls eher in langlebigen und homogenen Sachwerten als in Geld statt, wie etwa Seifenpulver oder Schnaps.

Oder Zigaretten. Die waren wohl nach dem 2. Weltkrieg einigermaßen beliebte "Währung".


Es gibt da auch ein recht berühmtes Bild als jener Zeit, von einer Hausfrau, die Geldbündel in den Ofen stopft, weil das billiger ist, als Brennholz zu kaufen. Sowas müsste sich auch einbauen lassen. Oder etwas weniger stilvoll vielleicht Geldscheine als Klopapier?
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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #8 am: 26.02.2016 | 22:31 »
Ich komm auf die Idee für diese Phase des Abenteuers Spielgeld zu verwenden, um es richtig greifbar zu machen. Die Spieler müssen immer wieder zum Beispiel ihr Essen im Restaurant oder Cafe bezahlen und sehen, daß sie das, wofür sie anfangs noch 2 Mark zahlten, später dann für 5000 Mark bekommen bzw. sehr viele der anfangs sehr wertvollen Scheine verwenden müssen. "Das Essen bezahlen" wäre nur ein Beispiel für eine sich wiederholende Situation in der Geld nötig ist und anhand derer man die Kursentwicklung nachzeichnen kann.

Wie gesagt, um es nochmal richtig greifbar zu machen. Kommt natürlich drauf an, ob so etwas zu Eurer Gruppe passt und welchen Stellenwert das Geld einnimmt. In meiner Gruppe gehts selten um konkrete Beträge, da wäre das Einführen von Spielgeld schon ein deutlicher Fingerzeig darauf, daß man die Inflation betonen möchte.
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #9 am: 26.02.2016 | 22:34 »
Dazu noch  eine Tanz auf dem Vulkan bzw am Abgrund Stimmung
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Der Rote Baron

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #10 am: 27.02.2016 | 15:05 »
Oder Zigaretten. Die waren wohl nach dem 2. Weltkrieg einigermaßen beliebte "Währung".


Es gibt da auch ein recht berühmtes Bild als jener Zeit, von einer Hausfrau, die Geldbündel in den Ofen stopft, weil das billiger ist, als Brennholz zu kaufen. Sowas müsste sich auch einbauen lassen. Oder etwas weniger stilvoll vielleicht Geldscheine als Klopapier?

Wobie ich annehmen würde, dass dieses Bild direkt nach der Währungsreform gemacht wurde. Nur eine Vermutung. Ändert am Charakter der Hyperinflation natürlich nichts.

Online SirRupert

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Re: Hyperinflation darstellen
« Antwort #11 am: 28.02.2016 | 21:03 »
Danke für die guten Tipps, ich hab das Wochenende auch mal genutzt um mich da etwas einzulesen. Dabei hab ich auch das Bild mit der Hausfrau gesehen:


Mein Liebling, sind allerdings die Kinder die aus Geld einen Turm bauen  ~;D



Ich muss aber auch gestehen, dass ich gerade keine wirklich gute Methode sehe so etwas regeltechnisch umzusetzen. Zumindest nichts was einen für mich erträglichen Rahmen an Bürokratie hätte. Aber ein spannendes Thema, da werde ich mal am Ball bleiben. Gerade ab ich im Kopf damit eine Art Countdown abzubilden, an dessen Ende die Charaktere dann Pleite sind, wenn sie das nicht gut im Auge behalten.