Autor Thema: Irgendwo in IRLAND  (Gelesen 44850 mal)

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #325 am: 22.12.2016 | 21:16 »
Am Morgen scheint die Sonne ins Haus. Der Regen hat irgendwann in der Nacht aufgehört.

Clive hatte eine gute, erholsame Nacht wie schon lange nicht mehr. Erfrischt wachst Du auf. Der frische Duft von Kaffee steigt Dir in die Nase, während Ayana Dir die Hand leckt. Jeden einzelnen Finger genüsslich, leidenschaftlich und ergeben.

Du schlägst die Augen auf. Luni liegt einige Meter vom Bett entfernt auf dem Teppich und schaut, den Kopf zwischen den Pfoten, zu Dir hoch.
Seine blauen Augen schauen traurig. Ungläubigkeit und Unverständnis liegt in seinem Blick.

Du brauchst einige Sekunden, um Dich zu orientieren. Die schwarze Gazelle steht vor dem Fenster und schaut auf die Landschaft hinaus. Ihr pralles, rundes Gesäss blickt Dich an, wie das pausbäckige, strahlend glückliche Gesicht eines kleinen Kindes. "Guten Morgen, Doktor. Frischer Kaffee steht auf dem Tisch. Ich war so frei und habe ihn zubereitet. Er ist ein wenig kräftig. Seien Sie gewarnt."

Noch immer werden Deine Finger geleckt. Es ist die Wolfshündin...
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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #326 am: 22.12.2016 | 21:18 »
Donnerstag, 13.07.1933
Ceallaigh Manor, nahe dem Dorf Seillean-Mòr Blàr zwischen Bramble Hill und Lough Key, Landkreis Roscommon, Irland


Clive

Irritiert beobachte ich die Wolfshündin, die das Salz der Nacht von meiner Haut leckt. Im ersten Moment bin ich zu verwirrt, um ihr meine Hand zu entziehen.

Es fällt mir schwer, das Bild von Frieden und Eintracht, das sich mir bietet, mit dem gestigen Tag in Einklang zu bringen. Alles wirkt wie gemalt: Ayana, die aus dem Fenster blickt, der treue Luni und die fürsorgliche Wolfshündin, der Duft von frischem Kaffee, der in der Luft hängt. ... Alles scheint schon zu perfekt, wie aus meinen Wunschträumen entsprungen. ... Und ungewohnt ... nah.

Als der Geruch des Kaffees meine Sinne weckt, vermag ich eins nach dem anderen die Dinge an ihre rechte Position zu rücken: Die Zunge der Wolfhündin ebenso wie die Ayanas Rundungen ...

Noch während ich in Lunis Augen blicke und versuche zu erraten, was sie mir sagen wollen, meine ich zu Ayana: "Wunderschön!"

Mein Blick gleitet wieder zu Ayana herüber. Als sie sich umwendet, setze ich erklärend hinzu: "Das Land meine ich." Aber die Pause nach meinem ersten Satz war wohl zu lang, denn Ayana hat schon wieder ein Lächeln aufgesetzt, das sowohl anzüglich wie abschätzig sein könnte. "Die Landschaft hier ist sehr malerisch. Wenn sich morgens der Nebel lichtet, kann man bis zum Fluss hinabsehen. Der An Bhúill1 beschreibt hier einen sehr idyllischen, sanften Bogen." Ich deute mit der Hand eine Rundung an und ziehe sie mitten in der Bewegung wieder verlegen zurück. "... Und der Wald ... ja der Wald ist etwas ganz besonderes. Mit seiner urtümlichen Kraft erinnert er einen daran, wie unbedeutend man selbst doch ist und wie kurz die Spanne, die wir hier verweilen." Gedankenverloren setzte ich etwas leiser nach: "Ich hatte immer das Gefühl, er blickt zurück und wartet ab ... wartet darauf, dass wir Menschen wieder von dem Antlitz der Erde verschwinden und er den Boden wieder in Besitz nehmen kann ... oder darauf, dass etwas geschieht oder ich etwas tue ..." Dann werde ich mir wieder der Situation bewusst und ergänze mit festerer Stimme: "Aber das ist natürlich Unsinn. Selbst der Wald verändert sich. Seit einigen Jahren machen sind unaufhaltsam wilder Wein, Efeu und Waldreben darin breit. Muss wohl mit dem Klima zu tun haben. Sie werden den Wald irgendwann ersticken, wenn sich nichts ändert."

1 Boyle River
« Letzte Änderung: 28.12.2016 | 19:56 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #327 am: 27.12.2016 | 16:59 »
Der Morgen geht voran. Nach dem Aufstehen folgt das Zurechtmachen und dann das Frühstück. Gefolgt von einem Blick in dir Zeitung.

Roscommon Tribune DO., 13. JULI 1933

SOWJETUNION
Der amerikanische Pilot, Jimmie Mattern, der seit dem 14. Juni
als verschollen galt, als er sich auf dem ersten Solo-Flug rund
um die Welt befand, hat ein Lebenszeichen von sich gegeben.
Am 7. Juli verschickte er aus der sibirischen Stadt Bocharova
ein Telegramm mit den Worten: - Sicher in Anadyr, Chukotka,
Sibirien. Jimmie Mattern. -

BAILE ÁTHA LUAIN / ATHLONE
Wie die Polizei mitteilte, wurde auf dem Gelände der städtischen
Müllkippe der Stadt ein weiblicher Leichnam entdeckt. Das Opfer
der Tat wurde bereits vor einer Woche entdeckt, doch erst jetzt
konnte der Leichnam identifiziert werden. Bei der Frau handelt es
sich um die 19-jährige K. Ó Brian aus dem Dorf Seillean-Mòr Blàr.
« Letzte Änderung: 28.12.2016 | 07:43 von Der Läuterer »
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #328 am: 27.12.2016 | 17:30 »
Ayana setzt sich zu Dir an den Frühstückstisch. "Ich habe wenig Sinn für die Landschaft. Ob idyllisch oder was auch immer. An so etwas habe ich kein Interesse. Wenn Dich das Kraut im Wald stört, dann kack alles um, reiss alles mit den Wurzeln heraus, pflüg es um, pflanz neue Bäume und in dreissig oder vierzig Jahren steht hier ein neuer Wald."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #329 am: 27.12.2016 | 18:49 »
Clive

Ich schüttle nur geistesabwesend den Kopf über Ayanas Bemerkung. Sie beweist lediglich mangelndes Wissen über die verheerenden Abholzungen des letzten Jahrhunderts. Und zu viel Ignoranz gegenüber Glauben und Magie der frühzeitlichen Einwohner Irlands liegt darin. Menschen, die nicht viel mehr als ihren Glauben hatten, um sich gegen finstere Mächte zur Wehr zu setzen. Menschen, die den Shannon schon vor Jahrtausenden gerade dort überquerten, wo nun Kayleighs Körper wie der andere Unrat weggeworfen wurde ...

Aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Belehrung. In meinem Kopf ist nur Raum für die Bilder der kleinen Kayleigh, die mit mir Tee trinkt und meinen Kandis klaut. Und dann stelle ich mir vor, was dieses arme Mädchen erdulden musste, wenn sie Opfer einer Bluttat nach dem Vorbild der Whitechapel-Morde geworden ist.

"Mein Gott!", seufze ich. "Das arme Mädchen. Und ich habe gestern noch mit Ihrer Mutter über sie gesprochen ..."

Dann blicke ich von der Zeitung auf. Ich erinnere mich nur zu gut an den Artikel in der Irish Times ... es ist nicht schwer, 1 und 1 zusammenzuzählen. Oder sollte es sich um zwei Morde handeln?

"Ein Mädchen hier aus dem Dorf wurde bei Baile Átha Luain tot aufgefunden. Das ist ... vielleicht 45 Meilen von hier entfernt. Ich vermute, sie war auf der Heimreise ... vielleicht von Dublin", erkläre ich Ayana.

"Das ist kein Zufall", überlege ich. "Ich muss keinen kurzen Brief schreiben ... an meinen Jäger. Er soll die Augen offen halten."

Ohne weitere Erklärung gehe ich herüber zum Sekretär und beginne zu schreiben:

Zitat
"Lieber Niall,

ich habe eben mit großer Bestürzung gelesen, dass die Polizei offenbar glaubt, Kayleigh Ó Brians Leiche bei Baile Átha Luain gefunden zu haben. Sie scheint das Opfer eines Verbrechens geworden zu sein.

Dieser Vorfall ist schon schrecklich genug, sollte er sich bestätigen. Aber zu allem Übel fürchte ich, die Angelegenheit könnte mit dem Sebastians-Mord vor fünf Jahren und diesen Tieropferungen im Wald zusammenhängen.

Darf ich Dich bitten, besonders vorsichtig und umsichtig zu sein, wenn Du im Forst unterwegs bist? Halte die Augen offen und unterrichte mich bitte, wenn Dir irgendetwas ungewöhliches auffällt, sei es auch nur eine Kleinigkeit.

Gestern hat Matilde mit einem alten Bekannten das Manor verlassen. Weil sie schnell abreisen musste, konnten wir nicht mehr miteinander sprechen. Ich fürchte, sie könnte zu Fuss unterwegs sein. Sie lässt sich eben nicht aufhalten, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. ... Gestern Nacht das Unwetter und nun diese Nachricht. Auch wegen ihr mache ich mir also ein wenig Sorgen, obwohl sie John mitgenommen hat.

Ich wäre Dir sehr verbunden, wenn Du ein wachsames Auge auf die Gegend hättest und vertraue auf Deine Diskretion."

Nachdem ich den Brief um ein paar höfliche Umgangsfloskeln ergänzt und unterschrieben habe, stecke ich ihn in ein Couvert, welches ich sorgsam versiegele und beschrifte. Dann rufe ich Mrs. Ó hEidirsceóil und bitte sie, den Brief nachher für mich beim Haus des Jägers abzugeben

"Wie geht es nun weiter? Ich kann schwerlich Ayana mit zu Braddock nehmen. ... Ich werde mich für ein, zwei Stunden entschuldigen müssen. Dann kann ich mich mit Ove beraten und gemeinsam mit ihm Braddock aufsuchen."

Dann fällt mein Blick wieder auf Ayana und mir geistern ihre Worte der letzten Nacht über die Hölderlin-Zwillinge durch den Kopf. Weit entfernt von der Wärme ihres Körpers und dem Duft ihrer Haut lässt die Gleichgültig, mit der sie erklärte 'Ich hätte ihr Blut trinken sollen' auch jetzt noch einen Schauder über meinen Rücken fahren. "Wie ernst war das gemeint?"

"Weist Du etwas über diesen Mord ... oder diese Morde?", frage ich geradeheraus und in sehr bestimmten Tonfall.
« Letzte Änderung: 27.12.2016 | 19:40 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #330 am: 27.12.2016 | 20:34 »
"Wie kommst Du darauf, Doktor, ich könnte etwas mit dieser Sache zu tun haben?" Sie zeigt Dir ihr unschldigstes Lächeln und entblösst dabei zwei Reihen strahlend weisser Zähne.

"Hältst Du mich für eine skrupellose Mörderin? Oder hältst Du mich nur für skrupellos?" Ayana scheint entrüstet, doch lächelt sie sogleich wieder.

"Nein. Ich habe hier niemanden getötet."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #331 am: 28.12.2016 | 02:46 »
Clive

Ich weise die Unterstellung rasch von mir, auch wenn Ayana damit in Wahrheit meine Befürchtung sehr genau erfasst.

"Das habe ich auch nicht behauptet.

Ich habe nur gefragt, ob Du etwas darüber weißt ... konkrete Fragen, klare Antworten ...", erinnere ich sie.

Tatsächlich bin ich erleichtert. Natürlich könnte Ayana lügen, aber etwas lässt mich glauben, dass Ayana selbst bei einer solchen Tat die Scham fehlen würde, sie vor mir einzuräumen. Außerdem glaube ich nicht, dass die Huldiger auf dem Landweg nach Seillean-Mòr Blàr gekommen sind ... ebensowenig wie Paul.

"Der Mord an Kayleigh und das Auftauchen der Fremden ... sollte das aus reinem Zufall zusammenfallen?"

Offline Der Läuterer

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #332 am: 28.12.2016 | 07:51 »
"Doktor! Ich habe doch gerade erst gesagt, dass ich nichts damit zu tun habe." Ayana's Stimme klingt leicht entrüstet. "Weshalb nimmst Du noch immer an, dass mein Auftauchen mit dem Mord etwas zu tun haben könnte? Ich gebe mein Wort nicht leichtfertig."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #333 am: 28.12.2016 | 15:34 »
Clive

Ich hebe in einer abwehrenden Geste die Hände und erkläre noch einmal in etwas resigniertem Tonfall:

"Ich habe nicht behauptet, dass Du etwas damit zu tun hast. Trotzdem könnte es sein, dass Du eine Verbindung siehst."

Ich suche die Irish Times heraus und lege ihr beide Artikel in.

"Diese ganze Geschichte mit der Hand nahm ihren Anfang in London. Dort wo Tcho-Tcho leben sollen. In London ist es vor Jahrzehnten zu den Whitechapel-Morden gekommen. Jetzt kommt es hier zu vergleichbaren Vorfällen. Nur ein beliebtes Bild der Presse, mit der sie die Leser einfangen wollen? Ein Nachahmungstäter? Möglich! Aber ich glaube vorsorglich doch zunächst einmal an einen Zusammenhang. Du selbst hast schließlich gesagt, mir drohe Gefahr."

Nach einer kurzen Pause greife ich nach meinem Gehstock.

"Sei dem, wie es will ... Ich muss für ein oder zwei Stunden mit Ove etwas im Dorf erledigen. Wir sehen uns dann vor dem Mittag wieder."

Damit mache ich mich auf den Weg um das alte Gemäuer, um Ove abzuholen und ihm von den Todesfällen zu berichten.
« Letzte Änderung: 28.12.2016 | 18:01 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #334 am: 28.12.2016 | 19:14 »
"Die Whitechapel-Morde liegen lange zurück. Zu lange, um noch von Bedeutung zu sein, möchte ich meinen. Den Täter kannst Du sicher in einem Grab suchen."

"Aber warte. Was haben die Tscho damit zu tun?" Ayana klingt interessiert.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #335 am: 28.12.2016 | 19:53 »
Clive

Ich wende mich in der Tür noch einmal zu Ayana um:

"Nun ... genau weiß ich es natürlich auch nicht.

Ein Informant brachte die Auktion, auf der die Hand angeboten wurde, und die Vorkommnisse in London allgemein mit den Tcho-Tcho, die dort leben sollen, in Verbindung.

Mrs. Marquard, die in London die Hand ersteigern wollte und Jahre zuvor an der Expedition teilgenommen hatte, mit der die Hand nach Europa kam, erzählte uns kurz vor ihrem Ableben noch, die Hand stamme von dem Hochplateau von Leng. Und dort sollen die Tcho-Tcho heimisch sein. Die Hand stammt wohl aus einem Dorf der Tcho-Tcho."

Dann trete ich durch die Tür, um Ove aufzusuchen.

"Ayana weiß offenbar vieles. Sie weiß um die Existenz der Tcho-Tcho. Aber tappt Sie bei den Verbindungen tatsächlich genauso im Dunkeln wie wir? Oder spielt sie nur die Unwissende? ... Es ist einerlei. Mir hilft das eine im Moment ebensowenig wie das andere."

Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #336 am: 29.12.2016 | 22:14 »
Clive

Ich gehe durch den Park des Ceallaigh Manor um das alte Gemäuer herum. Dabei muss ich mich selbst davon abhalten, zu den Fenstern heraufzublicken, denn ich bilde mir ein, Ayanas Blick auf mir zu spüren. Es verwundert mich, dass sie keine Einwände gegen mein Vorhaben erhoben hat. Ich hatte erwartet, sie würde mir nicht mehr von der Seite weichen. Schließlich hat sie erklärt, ich befinde mich in einer Gefahr, vor der sie mich bewahren will.

"Es ist schwer zu Ayana Vertrauen zu fassen. Ich möchte es ja. Mir gefällt ihre selbstbewusste Art. Mir gefällt, dass ihr gleichgültig ist, was andere Menschen denken ... über sie und alles andere. Mir gefällt, dass ich offen zu ihr über Erlebnisse und Gegebenheiten reden kann, die mir kein normaler Mensch glauben würde. Das macht alles so viel einfacher ... wie mit Matilde. ... Ich sehne mich nach dieser Selbstverständlichkeit des Unbegreiflichen! ... Aber da sind so viele Dinge unausgesprochen, dass wirkliches Vertrauen nur langsam wachsen kann."

Unvermittelt muss ich an ein Gemälde von Sir Edward Coley Burne-Jones denken. Ich verdränge den Gedanken an 'meine' Nimue. Und konzentriere mich auf das, was vor mir liegt: auf Ove und Kristine, Braddock und Marie.

"Was soll ich nur Marie sagen ... wo ihre Mutter ist. Wie kann ich ihr erklären, dass ihre Mutter sie hier zurückgelassen hat? ... Ich bin überzeugt, sie konnte nicht anders handeln. Aber wie mache ich das dem armen Kind begreiflich?" Das plötzliche Bewusstsein, welche Last mir Matilde damit auferlegt hat, trifft mich wie ein Schlag. Ich merke, dass ich stehen geblieben bin und Tränen meine Augen zu füllen beginnen. "Warum jetzt? Was ist los mit mir? ... Ich glaube, ich habe noch garnicht wirklich begriffen, wie groß die Katastrophe ist, die gestern über mich ... über uns ... hereingebrochen ist. ... Kein Stein meines Lebens scheint auf dem anderen geblieben zu sein."

Ich zwinge mich auch diese Gedanken mit meinen Tränen fortzuwischen und setze meinen Weg trübsinnig fort.

Ove will ich von den Morden erst auf dem Weg ins Dorf zu erzählen. "Kristine muss nicht noch mehr verunsichert werden."

Dann stehe ich vor der Tür zum hinteren Anbau des Manor und bediene den schweren eisernen Klopfer. Düster hallt der der stumpfe Klang des Eisenrings durch die dahinter liegenden Räume.
« Letzte Änderung: 31.12.2016 | 03:57 von Joran »

Offline Puklat

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #337 am: 1.01.2017 | 22:32 »
Ove
Es ist ein sonniger, wunderschöner Morgen. Die Sonnenstrahlen wecken mich. Kristine neben mir ist bereits wach. Sie liest in einem Büchlein, vielleicht ist es ihr Tagebuch oder eine Kurzgeschichte. Durch meine schläfrigen Augen kann ich es nicht erkennen. Ich habe einen traumlosen Schlaf hinter mir und fühle mich extrem platt.

Kristine scheint guter Laune zu sein. Sie lächelt mich an.
"Schau, wie schön das Wetter ist. Hättest du das gestern gedacht? Wunderschön, oder?"

"Ja, wunderschön." Sage ich. "So wie du." Ich richte mich etwas auf, und noch bevor ich mir den Schlaf aus den Augen reibe, drücke ich ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange.

Kristine küsst mich liebevoll und enegerisch zurück und ich verliere mich in ihrem Kuss.
"Ove..." sagt sie mit leicht besorgtem Tonfall. "Es wird nie wieder sein, wie es mal war. So oder so nicht. Wir müssen uns der Zukunft stellen."

Ich bin noch immer schläfrig und erst langsam verstehe ich, was sie meint. Mir wurde die Gnade des Vergessens zu Teil, doch nun kehrt die Erkenntnis zurück, was gestern vorgefallen ist - was vor 3 Jahren in London passierte.
Mein Mund ist plötzlich trocken. Ich schlucke.

"Du hast recht." sagte ich mit festerer Stimme als ich es mir zugetraut hätte.

Später, als wir den Frühstückstisch decken wollen und Harry schon zu uns gestoßen ist, fällt uns wieder ein, dass wir eigentlich bei Clive zum Frühstück geladen waren. Peinlich berührt, räumen Kristine und ich die Marmeladen wieder in den Eisschrank. Kristine eilt anschließend ins Schlafzimmer zurück und zieht sich etwas eleganteres an. Ich folge ihr etwas später und hole mir mein Jacket.

Harry, der ohne frische Kleidung angereist war, steht etwas verloren in der Küche herum, als es an der Tür klopft.

Er ruft uns halb laut zu: "Es ist Doktor Savage!"

Schnell ziehe ich mir das Jacket über und eile in den Eingangsbereich. Kristine folgt mir dicht auf. Ich stecke mir noch schnell Collins' Revolver in die Jackettasche und stecke mein Notizbuch und einen gespitzen Bleistift in die Innentasche.

Ich entriegel die Tür und öffne sie.
"Clive. Guten Morgen. Es ist mir eine Freude dich hier zu sehen. Bitte entschuldige, dass wir noch nicht zu dir gekommen sind  Wir haben verschlafen. Wir wollten dich nicht beunruhigen."

Mir fällt tatsächlich eine leichte Last von den Schultern,  als ich bemerke, dass Clive gesund ist und hier vor mir steht. Das gute Wetter trägt ebenfalls seinen Anteil an der Verbesserung meiner Laune, im Vergleich zum gestirgen Tag, bei.


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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #338 am: 2.01.2017 | 19:43 »
Clive

"Das gemeinsame Frühstück ... das ist mir doch tatsächlich entfallen. Trotz der Nachricht für Caitlin. Ich selbst habe nur den Kaffee getrunken, den mir Ayana gebracht hat. Mrs. Ó hEidirsceóil wird nicht erfreut sein. Es wundert mich, dass Sie mich nicht darauf angesprochen hat. Ob das an Ayana liegt? ... Es ist vorstellbar, dass sie die Anwesenheit einer Afrikanerin ... und dann auch noch einer solchen Frau ... missbilligt ... vor allem, wenn sie sich in 'ihrer' Küche zuschaffen macht. Ob Mrs. Caitlin Ó hEidirsceóil mitbekommen hat, dass Ayana in meinem Zimmer geschlafen hat? ... Mir ist auch der Geruch des frischen Brotes entgangen. Backtag. Normalerweise weckt spätestens dieser Duft meinen Appetit. Der Tag hat ganz anders begonnen, als ich es mir vorgenommen hatte."

Meine Hand fährt zu meiner Brusttasche und ich lausche auf das Knistern des Papiers ... Matildes Botschaft, die ich heute morgen als erstes verschließen wollte.

"Nun, ich dachte, ich sehe mal nach Euch", antworte ich Ove ausweichend und bemühe mich, mir nichts anmerken zu lassen. Möglicherweise helfen die Zeichen, die die kurze Nacht in meinem Gesicht hinterlassen haben dürfte, meine vorübergehende Verunsicherung zu entschuldigen. "Gut wenn ihr ausschlafen konntet. Ich denke, Mrs. Ó hEidirsceóil sollte alles vorbereitet haben. Macht Euch keine Gedanken, mir scheint der gestrige Tag auf den Magen geschlagen zu sein. Oder es ist einfach das Alter. Bei mir hat sich jedenfalls noch nicht recht der Appetit eingestellt.

Und ich war auch ein wenig abgelenkt ... aber dazu später."

"Vielleicht kann ich Ove dazu bewegen, sich etwas früher mit mir auf den Weg ins Dorf zu machen. Nicht dass uns Braddock abreist, bevor wir mit ihm sprechen konnten", überlege ich. Aber ich bin selbst zu sehr im Zweifel, ob es eine gute Idee ist, Ayana mit Kristine und Mr. Blackberry alleine zu lassen, um diesen Vorschlag auszusprechen.

"Also, wenn Ihr noch nicht gefrühstückt habt, sehen wir mal nach, was Mrs. Ó hEidirsceóil für uns auf die Schnelle gezaubert hat."

Ich nehme mir vor, Ayana unauffällig zur Seite zu nehmen und um Zurückhaltung zu bitten ... um Kristine nicht noch weiter in Aufregung zu versetzen. Aber ich glaube nicht ernsthaft, dass Ayana meiner Bitte nachkommen wird. "Einen Versuch zumindest ist es wert!", denke ich resigniert.
« Letzte Änderung: 2.01.2017 | 19:53 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #339 am: 2.01.2017 | 22:31 »
"Fein. Wir kommen gerne mit. Wir sind auch so weit."

Mit einer Geste bitte ich Harry und Kristine, Clive nach draußen zu folgen. Als alle drei aus unserer Wohnung getreten sind, schließe und verschließe ich die Tür.

"Clive, wie geht es dir?" Fragt Kristine auf dem Weg in den Hauptteil des Manor und kommt mit damit zuvor.
Sie erspart Clive einen Kommentar zu seinem abgekämpft wirkenden Aussehen.

Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #340 am: 3.01.2017 | 02:38 »
Clive

Wider Erwarten verläuft das gemeinsame Frühstück ohne Zwischenfälle. Alle scheinen allerdings daran interessiert zu sein, es schnell hinter sich zu bringen. Bald schon kehren Kristine und Harry Blackberry in den Anbau des Manor zurück und Ove, der bereits mit seinem Notizbuch bewaffnet ist, folgt mir ins Dorf.

Nachdem wir die Pforte des Manor Ceallaigh Manor gerade durchschritten haben und bevor wir die Anhöhe erreichen, hinter der die Straße hinab in die Senke führt, in der das Dorf liegt, beginne ich vorsichtig, Ove von den Zeitungsartikeln über die beiden Morde in Mullingar und in Baile Átha Luain zu berichten.

Als wir uns dem Camàn Inn nähern, hat Ove die Neuigkeiten offensichtlich noch nicht vollständig verdaut.

Um das Thema zu wechseln und Oves auch etwas positives mitzuteilen, erzähle ich noch kurz, dass ich mich noch eine Weile mit Ayana unterhalten habe, nachdem ich mich gestern von ihm verabschiedet habe. Die Umstände und den Ort des Gesprächs lasse ich unerwähnt, aber ich erkläre, dass Ayana nach ihren Angaben zu uns gekommen ist, um uns dabei zu helfen, die Kreatur zu vernichten, von der die Hand stammte.

"Sie war auch nicht erschrocken darüber, dass ich die Hand vernichtet habe. ... Ich meine 'nicht erschrocken' in dem Sinne, dass sie offensichtlich nicht hier war, weil sie die Hand für sich haben wollte. Ayana meinte, uns hätte die Hand vielleicht helfen können, aber sie war offensichtlich nicht auf der Suche nach der Hand. Sie schien eher verwundert, dass ich die Hand überhaupt vernichten konnte. Sie meinte, uns hätte die Hand möglicherweise irgendwie helfen können, weil wir sie gegen die Kreatur hätten wenden können, von der sie stammt. Einer alten Legende zufolge sei dieses Wesen 'durch sich selbst zu verletzen'. Aber diese Legende - wenn sie überhaupt mehr als eine Legende ist - kann viele Deutungen zulassen.

Ich denke, wenn uns dieses Wesen aus Leng tatsächlich bedrohen sollte, dann scheint Ayana unsere Verbündete zu sein. ... Vielleicht hat sie recht und es war ein Fehler, Karim fortzuschicken! ... Ich weiß es nicht. Aber zu viele Fremde auf einmal hätten mich wohl überfordert. Ich will nicht behaupten, dass wir nicht weiter vorsichtig sein sollten, was Ayana betrifft. Aber sie hat mich immerhin nicht in der Nacht angegriffen und sie behauptet von sich, mich schützen zu wollen. Und sie hat mir immerhin ein paar Fragen beantwortet. ... Also sehen wir erst einmal, wohin uns das führt."
« Letzte Änderung: 3.01.2017 | 11:07 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #341 am: 5.01.2017 | 13:13 »
Schwer von Efeu umrankt liegt das Gebäude des Camán Inn ganz in Grün vor Euch.

Die Regentropfen der vergangenen Nacht glänzen im Sommenlicht auf den Blättern wie Smaragde.
Es verspricht ein wunderschöner Tag zu werden.

Iefan Brothaigh ist vor der Tür, fegt den Kies und liest einige Zigarettenkippen auf. Als er Euch sieht, nickt er Euch zu.
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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #342 am: 5.01.2017 | 16:29 »
Clive

Als wir den Hof des Camán Inn erreichen, halte ich die Augen nach der olivgrüne Vauxhall D-Type Limousine offen, um mich zu vergewissern, dass Braddock noch nicht abgereist ist.

"Dia duit, Iefan! Bhfuil an aimsir go h-álainn?1", versuche ich die Konversation unauffällig zu beginnen. Aber meine Stimme strahlt keine gute Laune aus. Und dann verdüstert sich mein Gesicht, als mir wieder die Zeitungsartikel einfallen. Leiser fahre ich fort:

"Dabei gibt es keinen Grund zur Freude heute ..., wenn das stimmt, was die Zeitung über die arme Kayleigh berichtet hat. Ganz schrecklich ist das. ... Ich mochte das Mädchen. Sie hat mich früher öfters zum Tee besucht, als sie noch klein war."

Nach dem das Gespräch sich eine Weile um aktuelle Dorfthemen gedreht hat, werfe ich ein, was mir seit letzter Nacht nicht aus dem Kopf geht:

"Sag mal, gestern waren eine Menge Fremde hier im Dorf, die uns aufgesucht haben. Die meisten von ihnen unterlagen offenbar einem Irrtum und sind sofort wieder gegangen. Sind noch mehr von denen bei Dir abgestiegen? Außer Mr. Braddock meine ich. Ein kleiner Mann arabischer Herkunft vielleicht?"

"Und schon beginnt Ayana, Einfluss auf meine Entscheidungen zu nehmen ...", ärgere ich mich ein wenig über mich selbst. "Aber vielleicht war es tatsächlich ein Fehler, Karim so einfach gehen zu lassen. Eigentlich gefiel er auch mir im Gegensatz zu den Zwillingen. ... Nur ... ist es tatsächlich Karim, den ich in meiner Nähe wissen will, oder vielleicht doch eher sein Medikament? ... Habe ich doch mehr Angst vor dem Unvermeidlichen, als ich mir selbst eingestehen will?" Und wieder kommen mir die Worte Ayanas über die Unsterblichkeit in den Sinn. Aber sie fühlen sich für mich auch heute noch genauso fremd an, wie in der letzten Nacht.

1 Dia duit, Iefan! Bhfuil an aimsir go h-álainn? = Gott sei mit Dir, Iefan! Ist das Wetter nicht wunderbar?
« Letzte Änderung: 5.01.2017 | 16:32 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #343 am: 5.01.2017 | 17:57 »
Braddock ist wohl noch nicht abgereist. Der dunkelgrüne Mietwagen steht noch immer im Hof unter der Linde.

"Usere Kayleigh." Iefan's Hände krampfen sich um den Besenstiel und seine Stimme wird düster. Verärgerung, Zorn, Ohnmacht und Trauer schwingen in seiner Stimme mit, während seine Augen feucht werden. "Da ist die Süsse kaum flügge und macht sich auf die Welt ein paar Schritte zu erkunden und wird dann wie Müll behandelt. Und dann sagt man ihr noch nach, sie sei eine Bordsteinschwalbe gewesen."

Iefan rümpft die Nase und schnieft. Er reibt sich die Augen und macht eine längere Pause, bevor er weiter spricht. "Ja. Die Männer haben sich gestern Abend ihr Maul zerrissen, aber gesehen hat diese Fremden wohl niemand. Nur die Frauen haben ihre Männer mit der Neuigkeit scharf gemacht."

"Aber Du, Clive, Du scheinst doch mal wieder mehr zu wissen, als alle anderen zusammen. Erzähl bitte mal, was hier so angesagt ist."
« Letzte Änderung: 5.01.2017 | 17:59 von Der Läuterer »
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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #344 am: 6.01.2017 | 00:09 »
Clive

"Ach, wenn ich das nur wüsste! ... Bei mir waren diese Leute zum größten Teil falsch. Deswegen sind sie ja wieder gegangen. Sie verschwanden so plötzlich, wie sie kamen. Ich frage mich ernsthaft, wohin sie gestern bei diesem schrecklichen Unwetter gegangen sind, wenn nicht zu Dir. ... Ich muss schon sagen, sehr merkwürdig ist das ganze.

Aber nicht alle Besucher waren Fremde. Ein alter Bekannter ist gekommen, um Matilde abzuholen. Sie muss leider für eine Weile fort ... Familienangelegenheiten.

Falls Du doch noch etwas über den Verbleib der Fremden hörst, wäre ich Dir verbunden, wenn Du mir sofort Bescheid geben würdest.

Und was Kayleigh betrifft, sollten die Leute zurückhaltender mit solchen Gerüchten sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da etwas dran ist. Und über Tote soll man bekanntlich nichts Schlechtes sagen. Die Journaille hat schon wieder hinsichtlich eines Mordes in Mullingar vor einer Woche in bekannter Manier Vergleiche zu den Whitechapel-Morden gezogen. Das verschafft manchem Leser eine Gänsehaut und fördert die Verkaufszahlen. Dran war aber bisher nie etwas. Der Ripper ist und bleibt tot. Und selbst wenn die ermordete Frau aus Mullingar eine Hure gewesen sein sollte, was hat das mit Kayleigh zu tun? ... Manchmal beneide ich Dich nicht darum, was Du Dir so alles anhören musst!"

Ich schüttele verständnislos den Kopf.

"Jetzt müssen Ove und ich wohl Mr. Braddock noch einen kurzen Besuch abstatten, falls er da ist. Er hat mir gestern eine Nachricht zukommen lassen, dass er mich gerne noch einmal hier sprechen würde."

Fragend blicke ich Iefan an und warte auf eine Auskunft, wo ich Braddock finden kann.

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #345 am: 6.01.2017 | 10:01 »
Iefan's Miene hellt sich auf. Er erscheint wie ausgewechselt. Er lässt den Besen fallen und stürzt auf Dich zu.
"Oh gütiger Gott. Ich bin ja so froh." ...
"Sie hat Cainnech gefunden. Ja?!" ...
"Er lebt also. Ich wusste es." ...
"Wann? Wo? Wie?" ...
"Holt sie ihn ab?" ...
"Geht es ihm gut?"
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #346 am: 6.01.2017 | 10:37 »
Clive

Iefan stürzt so plötzlich auf mich zu, dass ich für einen Moment zu perplex bin, um mir auf sein Verhalten einen Reim zu machen. Dann dämmert mir langsam, dass er das Wort 'Familienangelegenheiten' missdeutet hat. Dabei ist der Gedanke, Cainnech zur 'Familie' zu zählen, mir in den letzten drei Jahren fast selbstverständlich geworden.

"Merkwürdig, wie sich das Verhältnis zu einem Menschen noch nach seinem Tod verändern kann. ... Cainnech war für mich schon vor London mehr als nur ein Angestellter ... aber eben doch nicht Familie. Ich nahm ihn nicht als Kind wahr, wie Matilde. Dafür kannte ich wohl auch seine Eltern zu gut. ... Aber die Rolle eines Schwiegersohns fühlte sich dann posthum doch sehr angenehm an. ... Und ich hätte es sehr begrüßt, wäre es nicht lediglich eine Rolle geblieben. ... Wenn die Dinge anders gekommen wären ... Dann wäre Matilde jetzt vermutlich nicht fort. Dann hätte sie hier vielleicht glücklich werden können."

Traurig sage ich zu Iefan: "Nein, leider nicht. Cainnech fehlt mir auch. Nein, es geht um Matildes Familie in Italien. ... Über Cainnechs Verbleib habe ich bis heute nichts herausfinden können. Eine Mauer des Schweigens. Kein Wunder, so wie sich die Polizei damals aufgeführt hat. ... Aber ich gebe nicht auf. Und vielleicht habe ich nun einen Kontakt, der mir weiterhelfen könnte. ... Aber rede noch nicht darüber. Es wäre nicht gut, seiner Familie falsche Hoffnungen zu machen. Bisher haben alle Spuren nur in Sackgassen geführt."

Offline Der Läuterer

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #347 am: 6.01.2017 | 10:58 »
"Ohhh." Deine Antwort lässt die Gesichtsfarbe aus Iefan weichen. "Ich... Ich... Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Das ist bedauerlich."

Nachdem er sich gefasst hat. "Braddock ist hinten und frühstückt. Ich glaube, er wird heute noch abreisen. Er hat heute morgen auch die Zeitung gelesen."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #348 am: 6.01.2017 | 12:13 »
Clive

Bevor ich mit Ove hereingehe, frage ich Iefan noch:

"Meinst Du damit, dass er wegen des Mordes abreist? Hat er sich denn zu dem Zeitungsartikel geäußert?"

Offline Der Läuterer

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #349 am: 6.01.2017 | 12:25 »
"Ich glaube schon. Aber vielleicht hat er auch einfach nur genug von unserem Dorf."
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