Autor Thema: Irgendwo in IRLAND  (Gelesen 46247 mal)

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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #425 am: 10.02.2017 | 18:22 »
Clive

Als ich hinter das Haus schauen kann und Ove unmittelbar vor mir im Gras erblicke, greife ich ihn unter den Achseln und ziehe ihn vollständig hinter die Mauer, um ihn in Deckung zu bringen. Dann rolle ich ihn vorsichtig auf den Rücken und sehe mir seine Verletzungen an. Ich ziehe man Jacket aus, rolle es auf und lege es ihm unter den Kopf. Dann begutachte ich seine Wunden. Ich reiße Streifen aus meinem Hemd und versuche, die Blutung zu stoppen.

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #426 am: 11.02.2017 | 06:33 »
Ove sieht schlimm aus. Er blutet aus zahllosen Wunden.

Er steht sichtlich unter Schock.

Doch er lebt. Noch immer bist Du davon überrascht.

Die Einschussstellen der Schrotkörner sind verblüffend klein.

... Vogeldunst?
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #427 am: 11.02.2017 | 16:13 »
Ich merke, wie ich fortgezogen werde.
Wie ein nasser Sacke werde ich herum gedreht. Dann sehe ich, wie Clive sich über mich beugt. Mit routinierten Griffen versorgt er meine Wunden notdürftig.
Ich merke, dass es mir Schmerzen bereitet, wenn er die Wunde berührt, aber müsste der Schmerz nicht eigentlich viel stärker sein?

Der anfängliche Schock weicht langsam, sehr langsam aus mir und ich beginne mir Gedanken über meinen Zustand zu machen.
Ich müsste tot sein. Es kann nur Glück sein, dass noch lebe. Ich muss mich im richtigen Moment weggedreht haben oder die Witwe hat schlecht gezielt. Aber... selbst wenn dem so ist: Warum kann ich beide Arme noch bewegen? Es tut zwar weh, aber müsste ich nicht komplett in Stücke geschossen worden sein?! 

Ich versuche in Clives Gesichtsausdruck eine Antwort zu lesen.

Offline Der Läuterer

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #428 am: 12.02.2017 | 18:09 »
Aus dem Inneren des Hauses sind Schüsse zu hören. Erst einer, dann zwei weitere, die kurz aufeinander folgen.

Etwas Schweres fällt um, Holz knirscht und Glas splittert. Kurz darauf folgt das Donnern der Schrotflinte und das knirschende Splittern von Holz.
« Letzte Änderung: 12.02.2017 | 18:11 von Der Läuterer »
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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #429 am: 12.02.2017 | 18:42 »
Clive

Oves Wunden begutachte ich mit konzentrierter Miene. Es ist mir in Fleisch und Blut übergegangen, mir gegenüber meinen Patienten bei der ersten Untersuchung keine Gefühlsregungen anmerken zu lassen. Der Patient soll sich sicher und ernst genommen fühlen. Er soll sich beruhigen, indem ihm vermittelt wird, sich in professionellen Händen zu befinden und nun Hilfe zu erhalten. Bevor ich meine Untersuchungen abgeschlossen habe und eine erste Diagnose stellen kann, wäre es verfrüht, dem Patienten ein Signal zu geben. Und da bildet Ove keine Ausnahme. Ich gehe also zur Routine über und blende für einen Augenblick aus, dass hier Ove und nicht irgendein Unbekannter liegt.

Als die weiteren Schüsse aus dem Inneren des Hauses ertönen, ziehe ich instinktiv den Kopf ein und beuge mich über Ove.

"Ich muss Dich hier wegschaffen. Du musst zum Manor. Ich hole einen Karren aus der Scheune, sobald die mit dem Schießen aufhören."

"Es kann nicht lange dauern, bis die ersten Nachbarn hier auftauchen und nach dem Rechten sehen. Eine Schießerei mitten im Dorf wird alle Einwohnen im Umkreis von mehreren Meilen aufschrecken."

Mir kommt der beruhigende Gedanke, dass wir diesmal wenigstens weitgehend aus der Schusslinie der Untersuchungen bleiben werden.

"Nun ... Braddock wird hingegen einige Fragen zu beantworten haben. Seine Abreise dürfte sich nach diesem Vorfall erheblich verzögern. ... Aber warum gehe ich eigentlich so sicher davon aus, dass er den Schusswechsel überstanden hat?"

Offline Puklat

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #430 am: 13.02.2017 | 11:25 »
Ich höre wieder Geräusche aus dem Haus. Weitere Schüsse.

Ich will hier weg. Aber was ist mit der Witwe?

"Clive... " sage ich und versuche so gefasst wie möglich zu klingen.

" ... wir müssen weg. Aber ... was passiert... drinnen? Wir müssen... der Witwe helfen...."

Ich taste nach dem Revolver in meiner Jackentasche. Ich ziehe ihn etwas umständlich heraus und weise Clive darauf hin.
"Ich ... kann eine Weile... auch mich selber aufpassen...! Finde du ... raus, was... hier passiert"

Dann drücke ich mich umständlich so hoch, dass ich mit dem Rücken an der Hauswand lehne.

Die Wand im Rücken, den Rest im Blick... und eine Waffe. Ich bin erstmal sicher... sicherer als alle in dem Haus.

Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #431 am: 13.02.2017 | 13:12 »
Clive

Ove erweckt nicht den Eindruck, als dass ich ihn alleine lassen könnte, wie er unsicher an der Hauswand lehnt und umständlich den Revolver in der Hand hält, während das Blut an ihm herabrinnt und seine Kleidung dunkel färbt. Eines seiner Augen ist blutverschmiert. Am liebsten würde ich den Revolver wegnehmen, bevor er damit noch Unsinn anstellt. Aber dann entscheide ich mich dagegen.

"Steck die Waffe besser ein!", sage ich zögerlich. "Hier werden gleich vermutlich Nachbarn auftauchen. Wenn die Dich verwundet mit einer Waffe in der Hand sehen, ziehen sie vielleicht die falschen Schlüsse! ... Und alle benehmen sich hier merkwürdig seit gestern."

"Fast wie die Menschen in London, damals ... die Aggressivität, die um das Auktionshaus herum anstieg.", ergänze ich für mich und denke an die Männer im Pub, an die Polizisten, an den Taxifahrer ...

Aber Ove nicke ich nur zu und berühre noch einmal zum Abschied flüchtig Oves Arm. "Pass auf Dich auf! ... Ich bin so schnell wie möglich zurück."

Dann schiebe ich mich weiter an der Hauswand entlang und versuche, ungesehen das zerborstene Küchenfenster zu erreichen.

Offline Puklat

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #432 am: 13.02.2017 | 14:25 »
Umständlich schiebe ich die gesicherte Waffe wieder in meine Jackentasche.
Dann schaue ich Clive hinterher, wie er leise  und unauffällig um die nächste Hausecke verschwindet.

Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #433 am: 16.02.2017 | 10:34 »
Clive

Schritt für Schritt taste ich mich an der Häuserwand entlang, immer dicht an das Mauerwerk gepresst. Die Sonne hat den Stein in meinem Rücken bereits erwärmt. Nahe am Haus wuchert Gestrüpp, vor allem Gras, Disteln, Klatschmohn und wilde Kornblumen. Aber von der Hausecke bis zum Küchenfenster ist das Gesträuch etwa einen halben Meter breit flachgedrückt ... und blutverschmiert ... Oves Blut ... Insekten bahnen sich ihren Weg durch die niedergedrückten Pflanzen und untersuchen gierig, was hier in die Reichweite ihrer kurzen Beine geraten ist. Die knalligen Tupfer in Rot und Blau der Blüten vermengen sich mit dem dunklen roten Streifen am Boden. Der Anblick schmerzt in meinen Augen. Der metallische Geruch von Blut ist mir als Arzt vertraut, doch hier vermischt er sich mit Pulverrauch, einem süßlichen Dunst von Verwesung und dem Atem der Erde ... es riecht nach Schlachtfeld ... und gleichzeitig erinnert es mich an die Mischung von Gerüchen in der Änderungsschneiderei. Weil ich merke, dass Übelkeit in mir aufsteigt, presse ich mir ein Taschentuch vor Mund und Nase. Die farbigen Flecken aus Blut und zerquetschten Blütenblättern am Boden beginnen immer mehr vor meinen Augen zu unscharfen Gebilden zu verschwimmen und sich zu drehen. Ich versuche erfolglos, den Effekt wegzublinzeln und blicke darum wieder nach vorn.

Vor dem Küchenfenster reflektiert die Sonne in unzähligen Scherben, die dort verstreut im Gras liegen.

Und dann erblicke ich die toten Katzen, die am Rand von Oves Spur liegen. Scheinbar wahllos löst der Anblick eine Flut von Erinnerungen in den Synapsen meines Gehirns aus: Ich sehe die beiden Katzen aus der vergangenen Nacht und spüre ein Echo der Todesangst. Ich sehe die Katze aus dem Traum auf Herm. Lord Penhews unnatürliche Züchtung taucht aus den Schatten der Vergangenheit. Ich erinnere mich an Nialls Gesicht, als er mir von den mit schmiedeisernen Nägeln gespickten Tierkadavern im Wald berichtete. ... So viele Katzen ... immer wieder. Aber ich sehe auch Ayana und Matilde vor mir ... Was ist das, was mich die beiden mit Katzen in Verbindung bringen lässt? Ist es ihr eigenwilliges Temprament? Sind es ihre Bewegungen? ... Zwei Frauen, zwei Katzen, zwei Kadaver ... was will mir das mitteilen? Soll es mir überhaupt etwas sagen oder sind das nur Hirngespinnste meiner überspannten Phantasie? ... Zum ersten mal kommt mir der Gedanke, Matilde könnte tot sein. ... Ich dränge diese wirren Gedanken entschieden beiseite ... sie helfen mir hier nicht!

Nur noch wenige Schritte trennen mich von der zertrümmerten Scheibe ... nur noch wenige Zentimeter und ich werde um die unregelmäßige Kante der Fensterlaibung herumspähen können. Ich versuche, mich innerlich auf den Anblick vorzubereiten, der sich mir bieten wird ... ich male mir aus, die Witwe Ó Brian in einer Blutlache am Boden liegen zu sehen, mehrfach getroffen von den Kugeln aus Braddocks Revolver ... Eintrittswunden und Austrittswunden ... Blutspritzer an der Wand ... aber ich bin mir gleichzeitig sicher, dass nichts mich auf die Realität vorbereiten wird.
« Letzte Änderung: 16.02.2017 | 19:18 von Joran »

Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #434 am: 17.02.2017 | 10:42 »
Cive

Nachdem ich einen Augenblick ruhig verharrt und gelauscht habe, ohne etwas verdächtiges zu hören, presse ich meine Brust an die Wand, schiebe meinen Kopf bis an die Fensterlaibung und werfe einen kurzen ersten Blick in die Küche, um den Kopf sofort wieder in Deckung zu bringen.

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #435 am: 17.02.2017 | 14:20 »
Ove

Wie lange ist Clive wohl nun schon fort? Sekunden? Minuten?!

Ich horche in die Gegend.... doch ich höre nichts. Kein Rumpeln, keine Schritte, keine Atmung außer meiner eigenen, nicht einmal Vögel.

Vermutlich hat der Schuß, nein sogar die mehreren Schüsse sie verstummen lassen.

Erleichtert höre ich in der Ferne Hundegebell.

Immerhin bin ich nicht taub. Und tot werde ich auch nicht sein, warum sollte ich wenn ich tot bin, einen Hund hören?! Das wäre unsinnig. Ebenso unsinnig wie diese Gedanken über den Tod.

Ist es vielleicht Luni? - Nein, unwahrscheinlich. Luni ist zu weit weg, als dass er die Schüsse gehört haben könnte.


Ich taste erneute nach dem Revolver. Er liegt sicher in meiner Jackentasche. Dann schaue ich mich erneut um. Meine Position ist allerdings nicht gut genug dafür. Ich sehe nur wenig, hier vom Boden aus. Aber immer hin bin auch ich schlecht zu erkennen.

Als ich weiter hin keine Geräusche vernehme, schaue ich mir meine Verletzung näher an.

Es stellt sich allerdings als schmerzhaft und äußerst schwer heraus die Wunde zu beschauen. Also beginne ich das Ausmaß meiner Verletzungen mit den Finger zu betasten. Das meiste hat Clive bereits verbunden, aber ich drücke hier und dort, um die Grenzen der Verletzung und die Stärke des Schmerzes zu ergründen.

Was für ein übler Treffer. Wieso nur, ist es kein Durchschuss?

Vermutlich das Schrot. Es hat mich förmlich in den Boden gedrückt, vor Wucht. Ja, auch aus so kurzer Distanz, scheint die Schrotladung weit genug aufgefächert gewesen zu sein, um nicht den Durchschlag eines massiven Geschosses zu haben. Aber trotzdem hätte diese Ladung mit meinem Kopf verheerendes anrichten können. Wenn mir nur das Ohr fehlt, dann bin ich noch gut dran.

Ove... Woher kommt dieser Galgenhumor?! Reiß dich zusammen!

In Ordnung. Wo wurde ich überall getroffen: linke Schulter, linker Hals, linkes Gesicht.

Wie paasend... ich bin doch laut diesem Collins auch die "rechte" Hand. Die Linke kann ich eh erstmal nicht wirklich benutzen.

REISS DICH ZUSAMMEN!


Ich taste an meinem Kopf, meinem Ohr ... ist es noch da?

Durch den Schmerz kann ich nicht fühlen, ob es noch dran, aber verletzt oder sogar abgerissen ist.

Wie konnt es nur so weit kommen? Und was macht Clive? Ist er nicht schon ewig fort?!

Hauptsache die direkte Gefahr ist beseitigt.


Erneut muss ich an die fehlenden Tierstimmen denken:

Wo kamen die Katzen her? Wurden sie angelockt, oder wurden sie hier getötet?

Und von wem? Der alten Witwe?

Oder gar ihrer Tochter?

Sicherlich wurden sie getötet. Eine Katze verliert nicht einfache ihre Gedärme im Vorgarten einer alten Damen. Wäre sie im Kampf mit Artgenossen oder einem anderen Tier gestorben, dann hätte man doch Spuren sehen müssen. Aber habe ich genau genug geschaut? Vielleicht wurde sie von einem Hund, einem Dachs, einem großen Marder, Fuchs oder sonst etwas gerissen. Vielleicht auch einem Wolf...?

Aber solche Tiere, außer vielleicht Hunde und Füchse trauen sich nicht nah genug an Häuser heran. Nein, es muss etwas anderes gewesen sein. Die Katze wäre doch dann wohl auch verspeist worden und nicht einfach nur getötet worden.

Und selbst wenn, das mag vielleicht EIN Mal passieren, aber doch nicht gleich zwei Mal. Und die mumifizierte Katze wird wohl kaum aufstehen und Artgenossen anlocken und aufreißen. Nein, das wäre wirklich absurd.

Nur Menschen sind grausam genug andere Tiere, andere Spezies zu töten, nur weil sie den Anblick mögen, oder es ihnen eine Art Befriedigung verleiht.
Hat es vielleicht die Tochter der Witwe gemacht? War es vielleicht auch der Grund warum sie getötet wurde? Aus Rache für das Töten von Hauskatzen? Weil man sie dunkler Riten verdächtigt? Aber warum sollte man das junge Mädchen töten und nicht die Witwe?

War es wirklich das unschuldige Mädchen? Oder war sie sogar die Fortführung dieser tierischen Mordserie... erst eine Katze, dann noch eine und dann ein unschuldiges Mädchen?

REISS DICH ZUSAMMEN!
Hier sind mindestens zwei bewaffnete Menschen, und du machst dir Gedanken um tote Katze. Pass auf! Bleib am Leben! DANN kannst du dir Gedanken über die Hintergründe machen. Und vielleicht finden sich hier noch weitere Hinweise. Vielleicht in der Scheune.

Genau! Wenn Clive in wenigen Minuten nicht wieder da ist, dann gehe ich zur Scheune. Ich muss mir das ansehen bevor die Polizei herkommt und alles durchsucht. Danach wird man hier nichts von Interesse mehr finden können.


Mühsam suche ich nach meiner Taschenuhr. Ich ziehe sie aus meiner rechten Westentasche.

In Ordnung... es ist nun drei Minuten vor halb... um halb gehe ich los. Spätestens.
« Letzte Änderung: 17.02.2017 | 14:33 von Puklat »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #436 am: 19.02.2017 | 15:35 »
Als Clive sich an das Mauerwerk schmiegt und unter das Küchenfenster tritt, ist das Knacken von Holz unter seinem Schritt zu hören. Es ist eine etwa 50 cm lange und ca 30 cm breite Holzlatte.
Ein Schwarm grüner Schmeissfliegen lösst sich vom Boden und fliegt brummend und surrend hoch.
Dann hörst Du die Stimme der Witwe aus der Küche "Bleiiib wooo Duuu biiissst, Dääämooon."

"Duuu hooolst miiichhh niiichhht. Miiichhh niiichhht."

"Geeeh zuuurüüück iiin daaas Laaand deees Tooodeees uuund deeer Veeerweeesuuung, vooon wooo Duuu heeergeeekooommeeen biiissst."

"Iiichhh haaabeee Diiichhh duuurchschaaaut uuund iiichhh haaabeee Diiichhh iiim Viiisieeer."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #437 am: 19.02.2017 | 18:31 »
Clive

Abrupt ziehe ich meinen Kopf zurück, bevor er in der Fensteröffnung erscheint und presse meinen Körper wieder fest an die Wand.

"Ich konnte zwar keinen Blick in die Küche werfen, aber ich weiß auch so, was ich wissen wollte: Die Witwe lebt. Das wirft natürlich die Frage auf, was mit Braddock geschehen ist ... Aber der sollte wohl selbst auf sich aufpassen können, so selbstbewusst wie er aufgetreten ist."

Ich versuche, die Situation zu analysieren. Ich blicke um mich, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis zu entdecken, der mir weiterhilft. Ich suche nach einer Idee ... flehe innerlich um eine Eingebung. Ich schiele vorsichtig zu dem Loch in der Scheibe herüber, durch das auch jetzt noch unheilverkündend Pulverdunst ins Freie strömt strömt. Die dunkle Öffnung ist umgeben von einem Kranz aus hell glänzenden Glassplittern, in denen sich der blaue Himmel und die Wolken spiegeln. Die Scherben ragen aus dem Fensterrahmen wie im Kreis angeordnete schlanke Schneiden, die allesamt mahnend auf die gähnende Leere in ihrer Mitte weisen. "Ein Rund aus Klingen und ich alleine ohne Waffe ... ich trage die Verantwortung für das, was hier passiert ... irgendwie ... ich sollte es richten und lenken ... nur wie? ... Wo bist Du meine Nimue? Schließlich wolltest Du mich schützen! ... Aber das bedeutet nicht, dass Du meine Arbeit tust, nicht wahr?"

"Wenn ich den Schaden begrenzen will, muss ich zuerst die Witwe dazu bringen, die Waffen niederzulegen." Also versuche ich das einzige, was mir möglich erscheint: In der Hoffnung, dass die Witwe nicht gerade mich für einen Dämon hält, setze ich auf ein in dreieinhalb Jahrzehnten des Zusammenlebens gewachsenes Vertrauen und versuche die verwirrte Frau zu beruhigen:

"Mrs. Ó Brian ... Meabh ... ich bin es, Clive!", rufe ich dem gähnenden Loch in der Scheibe entgegen. "Du kennst mich doch ... schon seit über 30 Jahren! ... Ich habe Kayleigh das erste mal in den Armen gehalten, da war sie gerade erst geboren. ... Du weist, dass ich kein Dämon bin! Leg bitte die Flinte weg, bevor noch mehr passiert! Du willst doch niemanden verletzen!

Erzähl mir von diesem Dämon. Ich höre Dir zu. Ich habe weiß Gott in meinem Leben Dinge gesehen, die mir niemand glauben würde. Mir kannst Du vertrauen! Ich werde Dich verstehen. Und wir können Dich beschützen, wenn Du uns lässt ...

Bitte, Meabh! Gleich werden Deinen Nachbarn kommen, um nach dem Rechten zu sehen. Willst Du auf die auch schießen? Auf Menschen, die Du von Kindesbeinen an kennst? Willst Du die Kinder Deiner Freunde zu Waisen machen?

Lass Dir bitte von mir helfen! Leg die Waffe weg und lass uns reden!"

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« Letzte Änderung: 19.02.2017 | 18:47 von Joran »

Offline Der Läuterer

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #438 am: 19.02.2017 | 19:19 »
"Cliiiveee? Biiist Duuu dasss, Cliiiveee? Odeeer iiist daaas eeein Triiick?"

Das Donnern der Flinte ist zu hören, doch am Fenster bleibt alles heil. Ein Aufschrei aus dem Haus ist zu hören und ein dumpfer Schlag, als wäre etwas Schweres zu Boden gefallen, gefolgt von Stöhnen.

"Waaar eees aaalsooo eeein Triiick. Haaab iiichhh Diiichhh, Dääämooon."
« Letzte Änderung: 19.02.2017 | 19:22 von Der Läuterer »
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #439 am: 19.02.2017 | 19:48 »
Clive

"Nein, Meabh, ... ich beschwöre Dich ... das ist kein Trick! Ich bin es, Clive!

Leg bitte die Waffe weg! Einen Dämon könntest Du gewiss nicht mit einem einfachen Gewehr töten. Du bringst nur brave Menschen um!

Ich bin hier draußen. Leg die Flinte weg und komm heraus zu mir!"

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #440 am: 19.02.2017 | 20:48 »
"Cliiiveee? CLIIIVEEE?" Ein schrilles, fast unmenschliches Lachen folgt. Dann splittert das restliche Glas des Küchenfensters und die Flinte fliegt heraus und landet auf dem Gras des Hinterhofs, gefolgt von einem kindlichen Kichern.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #441 am: 19.02.2017 | 22:51 »
Clive

Ein Seufzer der Erleichterung entweicht meiner Brust.

"Danke, Meabh! ... Danke!

Ich komme jetzt zu Dir herein und Du erzählst mir alles ... Und dann überlegen wir gemeinsam, was zu tun ist", sage ich so laut, dass es auch Braddock hören sollte.

"Hoffentlich ist Braddock nicht verletzt", denke ich und stelle mir den Ärger vor, den sein Tod nach sich ziehen würde. Braddock ist mir zwar noch immer suspekt, aber lieber wüsste ich ihn zurück in London als im Leichenschauhaus. Andererseits halte ich es auch weiterhin nicht für ausgeschlossen, dass Braddock etwas mit dem Mord an Kayleigh zu tun hat.

"Ove hat die beiden Schüsse überlebt ... warum sollte es bei Braddock anders sein? Er war vorgewarnt und wird mit mehr Vorsicht vorgegangen sein."

Dann gebe ich mir einen Ruck und werfe vorsichtig einen Blick durch das Fenster.
« Letzte Änderung: 23.02.2017 | 17:53 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #442 am: 23.02.2017 | 10:49 »
In der Küche der O'Brians ist ein höllisches Durcheinander. Manches erscheint neu, doch vieles ist altes Chaos. Reinlichkeit und Ordnungsliebe scheint der Witwe bereits vor langer Zeit abhanden gekommen zu sein. Umgestürzte Küchenmöbel, zerbrochenes Geschirr und die Frau mittendrin.
Sie steht da, dreht sich im Kreis und rauft sich ihr graues Haar, während viele Schmeissfliegen in kleinen Wolken sie umkreisen und ein unwirtliches, brummendes Surren von sich geben.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #443 am: 23.02.2017 | 16:35 »
Clive

Bestürzt betrachte ich die Verwandlung, die schon äußerlich mit der Witwe Ó Brian von statten gegangen ist. Gestern noch habe ich sie mit ihrer Tabakspfeife die Straße kehren sehen. Gut, sie war schon gestern unfreundlich und angriffslustig ... aber das war angesichts der Nachricht vom Tod ihrer Tochter nachvollziehbar. Jetzt wirkt sie desorientiert und vernachlässigt. Die Haare zerrauft, die Kleidung kraus und verdreckt, wirkt Meabh Ó Brian, als sei sie gerade einer Nervenheilanstalt für Minderbemittelte entsprungen.

Es erscheint mir nicht ratsam, Meabh jetzt auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Ich setze einen Fuß auf die grün getünchte Bank unter dem Fenster, die mit kleinen roten Sprenkeln übersäht ist.

"Meabh ... öffne mir das Fenster. Aber sei vorsichtig, dass Du Dich nicht schneidest", bitte ich sie freundlich, als sei es das normalste der Welt. "Ich komme zu Dir und wir überlegen gemeinsam, was wir unternehmen können."

Schmerzlich wird mir bewusst, dass Ove gleichermaßen meiner Hilfe bedarf und mir die Zeit davonläuft ... wieder einmal.

"Wo steckt nur dieser Braddock?", überlege ich in der Hoffnung, ihn zu Ove schicken zu können.
« Letzte Änderung: 23.02.2017 | 17:54 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #444 am: 24.02.2017 | 16:40 »
Witwe O'Brian zieht sich an den Haaren und stösst markerschütternde Schreie aus. Hohe, schrille Schreie, die lang anhaltend durch das Haus gellen.

Unmenschlich erscheinende Schreie, weinend und wehklagend, eine Totenklage, die Dich unweigerlich an das Geheul des Banshee denken lassen. Nur eine Legende. Nur eine Legende. Eine Legende, weiter nichts.

Ein Geist aus der anderen Welt, der Welt der Feen, der den nahen Tod ankündigt. Die Frau sieht bleich und ausgezehrt aus. Ihr geblümtes Kleid scheint aschfahl, fast weiss, zu sein. Sie reisst sich büschelweise ihr ergrautes Haar vom Kopf, während sie sich dreht. Sich dreht wie eine uralte Primaballerina zu Pjotr Iljitsch Tschaikowski's Schwanensee, während grüne und schwarze Schmeissfliegen voller Melancholie 'le lac des cygnes' dazu surren.

https://m.youtube.com/watch?v=IkiAiDrXGfg

Dann... inmitten der Drehungen und völlig unvermittelt greift sie einen Kochtopf und wirft ihn krachend durch das Fenster, dass das Glas splittert.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #445 am: 24.02.2017 | 20:47 »
Clive

Ich greife durch das gähnende Loch in der Scheibe und öffne vorsichtig das Fenster. Die Scherben auf dem Fensterbrett schiebe ich sorgsam beiseite.
« Letzte Änderung: 24.02.2017 | 20:54 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #446 am: 25.02.2017 | 18:05 »
Die Witwe kümmert es nicht, dass Du Dich am Fenster zu schaffen machst. Sie dreht in der Küche weiter wie verrückt ihre Pirouetten und kreischt dazu.

Aus dem Inneren der Wohnung hörst Du, wie sich etwas bewegt. Es ist Braddock "Doktor? Ist alles draussen bei Ihnen in Ordnung?"

Es hört sich an, als würde Braddock Bretter zur Seite räumen. "Hier war etwas drin. Irgendein Ding. Ein Affe oder etwas ähnliches. Ich habe darauf geschossen. Doch es ist geflohen. Durch's Fenster raus. Haben Sie etwas gesehen?"
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #447 am: 26.02.2017 | 08:29 »
Clive

"Braddock? ... Nein, ich habe nichts gesehen. Ove ist verletzt ... ich muss ihn dringend behandeln. ... Und wir müssen dafür sorgen, dass hier nicht noch mehr Unheil geschieht. ... Ich komme jetzt herein."

"Meabh, ich komme jetzt zu Dir!", setzte ich an die Witwe gewandt leiser und in ruhigerem Ton nach.

Ich blicke noch einmal zurück auf das Gewehr, das im hohe Gestrüpp nur halbwegs verborgen liegt. Ich lasse die Waffe nicht gerne dort liegen, wenn hier etwas oder jemand herumstrolcht. Ich hoffe, dass die Scheibe, die Blutspur am Boden und der gut sichtbare Topf, der ein ganzes Stück weiter geflogen und gerollt ist, die Aufmerksamkeit von der Waffe ablenken. Dann steige ich ungelenk von der Bank auf das Fensterbrett und vom Fensterbrett in die Küche.

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #448 am: 26.02.2017 | 11:10 »
Der Boden der Küche ist noch chaotischer als der Rest des Raumes. Als Du Deinen Fuss auf den Boden stellst, merkst Du es sofort.

Der Boden ist tückisch. Geschirr, Besteck, Scherben, Müll, Unrat, Essensreste, Flüssigkeit und schleimiger Brei.

Die Witwe ist nicht weit von Dir entfernt. Sie hat sich in der Zwischenzeit einige Haarbüschel herausgerissen.

Unvermittelt hört sie auf sich zu drehen und schaut Dich verwirrt an. Sie schwankt leicht.

Dann setzt sie ein breites Grinsen auf und kichert.

Du hörst das Schaben von Metall auf Metall und siehst mit Erstaunen zwei Küchenmesser in ihren Händen.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #449 am: 26.02.2017 | 12:13 »
Ove ist noch immer leicht benommen.

Dein Blick ist getrübt. Alles erscheint verzerrt und sieht leicht verschwommen aus. Das Blut auf Deinem Gesicht gerinnt langsam.

Der Schock sitzt tief, aber langsam erholst Du Dich. Deine Atmung wird ruhiger und kommt nicht länger stossweise, doch nach wie vor hämmert das Herz in Deiner Brust.

Du hörst Schritte auf dem Kiesweg neben dem Haus. Schnelle, hastige Schritte, die schneller zu werden scheinen. Noch immer lehnst Du mit dem Rücken an der Wand. Du sitzt zwischen dem hohen Unkraut. Insekten summen um Dich herum. Etwas krabbelt über Deine rechte Hand.

Das helle Licht der Sonne scheint auf Dich herab, wie das Licht am Ende des Tunnels.

Irgendwie ist es ein sehr friedlicher Moment.
« Letzte Änderung: 26.02.2017 | 12:15 von Der Läuterer »
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