Autor Thema: Der SL muss sich an die Regeln halten, weil... je nun, weil was?  (Gelesen 154734 mal)

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Offline Keuner

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Em nein, die Notwendigkeit bestimmt ob gewürfelt werden muß [...]

Sorry, da komm ich nicht ganz mit. Die Regeln sagen doch, welche Handlung unter welchen Bedingungen welche Resolution erfordern. Also zum Beispiel: Automatischer Erfolg.
Wie Einstein schon sagte: E=m

Offline Issi

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Für den Regelautor ist das so. Für den Regelnutzer nicht. Der hat die Regeln ja bereits vorliegen. Also wurde schon entschieden, ob es eine Regel braucht oder nicht.

@Seth: Ich würfel auch nicht bloß um zu würfeln.

Zitat
Für den Regelnutzer nicht
Der Regelnutzer  nutzt die Regeln. Nicht mehr und nicht weniger. Er ist nicht Regeldiener, Regelsklave oder Regelhöriger;)

Ein Autor legt die Regeln fest, aber doch nicht das Setting, Die Spielentscheidungen, die SL Entscheidungen. Die kannst Du nicht aus der Gleichung rausstreichen.

Beispiel: Der Dieb möchte Rapunzel aus dem Turm retten. Normalerweise müsste er ein absurd schweres Klettermanöver machen, um da hinauf zu kommen. Also lässt Rapunzel  ihr Haar herunter (sagte der SL). Und muß, da es keine Regeln fürs Klettern mit Hilfe von Haarsträhnen gibt, die Regeln entsprechend angleichen. Gerne auch zusammen mit den Spielern.
« Letzte Änderung: 11.09.2016 | 19:43 von Issi »

Offline Maarzan

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Wenn jemand als SL eigenes Setting bauen will, dann liegt es an ihm die Abweichungen von den bestehenden Regeln eben auch dem Spieler gegenüber zu benennen. Da sehe ich den Spielleiter völlig frei darin, wie er sein Angebot gestaltet, solnage er das von vorne herein transparent macht. Gefälltr mir das nämlich nicht, kann ich dann von vorne herein absagen.
Wenn da etwas "geheimes" drunter ist, dann reicht ggf auch ein allgemeiner Hinweis, wie "es gibt bei mir andere magische Artefakte als üblich". Neue Monster werden sowieso irgendwo erwartet. So bleibt letztlich die Pflicht dem Spieler die Informationen zu geben, welche der Charakter auch haben sollte.
Letztlich sollte eben niemand hier in eine Falle tappen, wo es letztlich nicht ein Fehler auf Charakterseite ist, sondern der Spielleiter zustehende Informationen nicht gegeben hat.  Und je nach Qualifikation des Charakters kann das eben auch schon einmal in die Tiefe gehen.
 

Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Issi

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Was könnte denn aus Deiner Sicht schlimmsten Falls passieren, wenn der SL dich nicht über ein selbst erschaffenes magisches Artefakt informiert  hat?
« Letzte Änderung: 11.09.2016 | 19:28 von Issi »

Offline Maarzan

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Was könnte denn aus Deiner Sicht schlimmsten Falls passieren, wenn der SL dich nicht über ein selbst erschaffenes magisches Artefakt informiert  hat?

Kommt drauf an, was und mit welchen Folgen er da Regeln gebrochen hat. (Alleine das selbst erschaffen ist ja auch nicht das Problem. In den meisten Systemen ist da eh kein System hinter. Aber wenn es entsprechende Grundsätze gibt, werden Fragen und bei einem qualifizierten Char Nachforschungen kommen.)

In der Regel bleibt es aber ja auch nicht bei einem Regelbrechen. Der erste Versuch wird vermutlcih oft genug gar nicht erkannt, aber so ein Fehlschlag ist typischerweise der Anlass einen anderen Weg zu suchen.
Wenn aber der direkte Pass durch eine Lawine versperrt ist und graben wegen Nachrutschen nicht möglich ist und die Brücke wegen Überschwemmung weggerissen ist und auch der Druide in Fischform nicht rüber kommt bei der Strömung, und seltsame athmisphärische Störungen Flugzauber unmöglich machenm aber der und im Wald die plötzlich sauren eigentlich verbündeten Feen keinen durch lassen, aber der Weg durchs abseitige Tal des unbezwingbaren Ogerkönigs, der wäre noch frei, auch wenn keiner genau weis, wo der nun auf der anderen Seite hinführt... !
Mit einem Regelbruch ist es also in der Regel nicht getan (und wenn bliebt es in der Regel dann halt unauffällig), sondern einmal angefangen häuft sich das dann meinererfahrung nach, um eben jetzt doch den eigenen Plot durch zu drücken.
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Offline Issi

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Maarzan
Habe ich Dich richtig verstanden, dass Du die Auffassung vertrittst, dass wenn ein SL erst einmal auf "den Geschmack gekommen ist", die Regeln zu brechen, er automatisch damit immer weiter machen könnte. Und es sogar immer droller treiben würde?
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Offline Greifenklaue

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Offline Bad Horse

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@ Maarzan

Was könnte denn aus Deiner Sicht schlimmsten Falls passieren, wenn der SL dich nicht über ein selbst erschaffenes magisches Artefakt informiert  hat?

Ich bin ja nicht Maarzan, aber ich antworte mal für mich: Dass die Gruppe davon ausgeht, dass es ein Standard-Artefakt ist und das als solches in ihre Planung einbezieht - oder eben auch nicht. Dass die Spieler sich den Kopf zerbrechen, was für ein Dings aus Liste B das jetzt wohl sein dürfte, statt dass die Charaktere versuchen, mehr darüber rauszufinden.
Natürlich kannst du jetzt sagen "Die Spieler sollten doch eigentlich gar nicht wissen, was da auf Liste B steht, das ist doch SL-Wissen", aber es gibt halt genug Leute, die selbst leiten, mal geleitet haben oder vielleicht gern mal leiten wollen.
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Offline Maarzan

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Maarzan
Habe ich Dich richtig verstanden, dass Du die Auffassung vertrittst, dass wenn ein SL erst einmal auf "den Geschmack gekommen ist", die Regeln zu brechen, er automatisch damit immer weiter machen könnte. Und es sogar immer droller treiben würde?
(Zu Ungunsten der Gruppe bzw. zu seinen eigenen Gunsten?)

Nein, aber er hat angefangen, um seinen Plot zu "retten". Und funktionierte im ersten Schritt ja auch erst einmal. Nur fahren die Spieler ja jetzt ihren zweiten "Angriff". Also liegt es nahe so weiter zu machen.
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Offline Issi

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Wie schon öfter eingeworfen: Auch zu Gunsten der Gruppe ist nervig.
Jeep. Das habe ich schon registriert.
Figuren die nicht sterben können egal was sie auch tun, können einem  den Spielspaß vermiesen.
Vermutlich auch anders herum. Figuren die kaum ein Abenteuer überleben auch.

Ich hatte mal ein SL der ab einem gewissen Grad die Figuren ganz galant und regelkonform umgebracht hat.
Das war auch frustrierend. Jetzt echt.
« Letzte Änderung: 11.09.2016 | 20:02 von Issi »

Offline Issi

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@ Bad Horse
Ich glaube das Schlimmste wäre für mich, wenn es so stark ist, dass es das Spielgleichgewicht gefährdet und die Konsitenz der Spielwelt.
z. B. Runenstäbe der Wiederbelebung, zehn Anwendungen.   :Dwtf?
Das ging ja gar nicht.

Es gab auch schon Spieler die mit abstrusen Sachen ankamen, die sie Gottweiß wo her hatten. Und die dem Grad der Figuren nicht angemessen waren.

Aber es gab auch schon lustige wunderschöne Sachen, die das Spiel sehr bereichert haben.


Auch wenn ein SL Fehler machen kann, möchte ich ihm einen gewissen  Freiraum lassen.
Er muß ja selbst auch Spaß an seinem Abenteuer haben. Und solange es nicht zu sehr auf Kosten der SPL geht, ist es für mich Ok wenn er auch Neue Sachen einbaut.
« Letzte Änderung: 11.09.2016 | 20:17 von Issi »

Offline Bad Horse

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Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn der SL neue Artefakte einbringt. Ich wollte nur auf deine Frage antworten. ;)

Generell sehe ich Monster und Artefakte eher als Spielelemente an, die Regeln verwenden, und nicht als Regeln selbst (hat einer meiner Vorredner geschrieben, und ich fand das sehr treffend).
Daher kann der SL gern Artefakte einbauen, wie er lustig ist - aber sie sollten halt den generellen Regeln für Artefakte folgen. Ein niedrigstufiger Magier sollte eben keine Mega-Artefakte bauen können, und wenn doch, dann sollte das eine ziemlich große und wichtige Sache sein und nicht nur ein "sonst geht der Plot nicht".
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Offline nobody@home

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Ich glaube das Schlimmste wäre für mich, wenn es so stark ist, dass es das Spielgleichgewicht gefährdet und die Konsitenz der Spielwelt.
z. B. Runenstäbe der Wiederbelebung, zehn Anwendungen.   :Dwtf?
Das ging ja gar nicht.

In dem speziellen Fall würde ich sagen "kommt aufs Setting/die Kampagne an". Wenn's da eh schon a la D&D magische Instant-Heilung für alle möglichen Wehwehchen gibt und sich die Gruppe auch routinemäßig darauf verläßt, daß es der Kleriker schon richten wird...dann ist es bis zur Wiederbelebung halt auch nur noch ein ganz kleiner Hupf. ;)

Offline D. M_Athair

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Ich mag unvorhergesehene Dinge und lasse mich da gerne überraschen, verzaubern, begeistern, was auch immer.
Das werden vermutlich alle unterschreiben können. Der Unterschied ist halt: Hab ich als SC/Spieler verlässliche Werkzeuge, um kreative Lösungen bauen oder muss ich darauf vertrauen, dass die SL meine Ideen durchwinkt.

Anders gesagt: Wenn die SL es mit den Regeln nicht so genau nimmt, dann fehlt mir als Spieler ein gutes Stück Handlungsfähigkeit, Handlungsfreiheit und letztlich Handlungskompetenz. Das ist nicht schlimm, wenn ich als Spieler möchte und weiß, dass die SL mir im Austausch eine tolle Story liefert. Wenn ich das aber nicht will, dann fehlt mir was.
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ErikErikson

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Das werden vermutlich alle unterschreiben können. Der Unterschied ist halt: Hab ich als SC/Spieler verlässliche Werkzeuge, um kreative Lösungen bauen oder muss ich darauf vertrauen, dass die SL meine Ideen durchwinkt.

Anders gesagt: Wenn die SL es mit den Regeln nicht so genau nimmt, dann fehlt mir als Spieler ein gutes Stück Handlungsfähigkeit, Handlungsfreiheit und letztlich Handlungskompetenz. Das ist nicht schlimm, wenn ich als Spieler möchte und weiß, dass die SL mir im Austausch eine tolle Story liefert. Wenn ich das aber nicht will, dann fehlt mir was.

Ich denke, da liegt der Denkfehler. Die Regeln (egal welcher Art) können beim Rollenspiel nie so vorhersehbar und kontrollierbar sein wie bei Brett- oder Computerspiel. Man könnte sogar sagen, die freie Interpretation der Regeln unterscheidet Rollenspiel von den zuvor genannten. Ob etwas beim Rollenspiel gelingt hängt eher von einem sozialen Aushandlungsprozess ab, nicht von festen Regeln. Umso mehr es in Richtung feste Regeln geht, umso mehr spielt man Tabletop/Brettspiel.

Ich würde hier wieder von einer Skala sprechen, mit mehr oder minder festen Regeln, und normales Rollenspiel irgendwo in der Mitte einordnen.  Extreme wären dann Improtheater (nur grobe Regeln, irgendwie Spaß mit Piratenkostümen haben) und Brettspiel (möglichst eindeutige Regeln für einen stark reduzierten Bereich).

Ich denke aber auch das die Leute einer Illusion unterliegen, wenn sie sich von klaren Regeln ein vorhersehbareres Spiel bzw. vorhersehbarere Interaktion und Einflussnahme erhoffen. Sollte die gewünschte Einflussnahme gegen die Vorstellungen der restlichen Gruppe laufen, wird sie nicht klappen. Ebensowenig erhöhen die klaren Regeln die Wahrscheinlichkeit, im Vorfeld divergierende Spielweisen feststellen zu können. Das hab ich aus leidvoller Erfahrung gelernt. Die Leute sagen das eine, und manchen das andere.

Offline D. M_Athair

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Wenn du das im Kontext meiner Beiträge gelesen hättest, könntest du nicht von einem "Denkfehler" schreiben.
Aber ich nehm dir das nicht übel. Schließlich führen wir hier eine Theoriedebatte als Anekdoten-Austausch und "politsche" Stammtischdiskussion, bei dem immer wieder auch auf Nebenschauplätzen argumentiert wird. Da kann keiner verlangen den Überblick zu behalten.  ;)

Ob etwas beim Rollenspiel gelingt hängt eher von einem sozialen Aushandlungsprozess ab, nicht von festen Regeln.
Das predige ich ja eh schon die ganze Zeit. Und der soziale Aushandlungsprozess hängt nicht allein von den Präferenzen der SL ab.

Trotzdem: Spielregeln (auch die konkreten im Regelbuch1), auf die man sich geeinigt hat - haben u.a.! die Funktion Kompetenzen und Spielverhaltensweisen zu ermöglichen und zu unterbinden. Und darum geht es. Wenn man als SL unabgesprochen die Spielregeln/Funktionsweise von Spielmechanismen ändert, hat das Auswirkungen auf die Ebene der Absprachen. Weil z.B. die Absprache "Zauber, die ein Spieler erworben hat, sind einsetzbar" nicht mehr ungebrochen gilt. Das kann Spielern das Gefühl geben, dass ihnen die Hoheit über ihre Charaktere, die Möglichkeit "die Story" zu beeinflussen, genommen wird.
Solche Änderungen vorzunehmen ist natürlich trotzdem möglich, WENN die Runde als Ganzes! die Priorität auf einen funktionierenden Plot, ggf. auch auf eine Spielwelt, die so funktionieren soll, wie sie in den Quellenbänden beschrieben ist, ... legt. Die SL muss das halt vorher wissen, ob so ein Eingriff akzeptiert bzw. erwünscht ist oder nicht.

(Woran man wieder sieht: Konkrete Spielmechanismen und Crunchy Bits sind Mittel zu einem bestimmten Zweck. Und darüber welche Zwecke/Ziele die Regelanwendung bedient, muss vorher grundlegend eine Übereinkunft bestehen. ... Wie hier schon mehrfach ausgeführt, gibt es Ziele, die es erfordern, dass die SL nicht einfach Regeln abändert. Es gibt auch Ziele, die ein solches Vorgehen ermöglichen.)


Ich würde hier wieder von einer Skala sprechen, mit mehr oder minder festen Regeln, und normales Rollenspiel irgendwo in der Mitte einordnen.  Extreme wären dann Improtheater (nur grobe Regeln, irgendwie Spaß mit Piratenkostümen haben) und Brettspiel (möglichst eindeutige Regeln für einen stark reduzierten Bereich).
Nein, würde ich so nicht sagen. Richtig ist: Je mehr Spielmechanismen Verbindlichkeit besitzen, desto weniger Absprachen muss man sich darin übereinkommen, WIE diese Mechanismen genau funktionieren und angewandt werden sollen. Im Freiformspiel verschiebt sich das Ganze weg von formellen Spielmechanismen hin zu Übereinkünften (und nicht etwa "irgendwie Spaß haben"). Hier sind Kompetenzklärungen (Erzählrechte, mögliche Aktionen der Spielfiguren, Plotentwicklung, ...) vor und während des Spiel ständig notwendig - gerade, weil man keine Spielmechanismen hat, die einem da Arbeit abnehmen. Beide "Extreme" haben ihre besonderen Herausforderungen und ihre besonderen Vorzüge. Im "normalen Rollenspiel", wie du es nennst, braucht beide Regelebenen: Absprachen und Spielmechanismen. Das ist nicht so einseitig wie bei Freifomspielen oder Systemen, die wie ein Uhrwerk funktionieren (Torchbearer und Urban Shadows sind an der Stelle mMn nah dran). Was die notwendige Verbindlichkeit von Spielregeln/-mechanismen angeht: Das hängt gerade bei "normalen Rollenspielen" sehr von den Präferenzen der am Tisch Sitzenden ab.

Ich denke aber auch das die Leute einer Illusion unterliegen, wenn sie sich von klaren Regeln ein vorhersehbareres Spiel bzw. vorhersehbarere Interaktion und Einflussnahme erhoffen. Sollte die gewünschte Einflussnahme gegen die Vorstellungen der restlichen Gruppe laufen, wird sie nicht klappen. Ebensowenig erhöhen die klaren Regeln die Wahrscheinlichkeit, im Vorfeld divergierende Spielweisen feststellen zu können.
Richtig. Denn: "Klare Regeln" können nur das Ergebnis von Übereinkünften sein. Sie können Absprachen und/oder das Gespür füreinander nicht ersetzen. "Klare Regeln" sind aber Voraussetzungen dafür, dass bestimmte Spielweisen funktionieren können. Und: Auch Regelsysteme sind oft nicht mit jedem beliebigen Spielstil, jeder beliegen Spielweise kompatibel. Die genannten uhrwerkartigen Spiele setzten z.B. voraus, dass ihre Spielmechanismen mehr sind als Empfehlungen. Auch mehr als Regeln, an die man sich meistens hält. Andere Spiele wie DSA4 erwarten, dass sie zurechtgeschneidert werden. Am besten durch den Schneider (SL). Und selbst dann sollen (bei DSA) Hintergrund und Abenteuer-Story eher Priorität vor den Spielmechanismen haben. 



1
Gerade Spiele mit vielen Crunchy Bits wie FantasyCraft, D&D3, ... "empowern" eher Spieler und nehmen der SL "Macht".
DSA4 ist was anderes - da sind crunchy bits v.a. "colour" für Charaktere.
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Offline D. M_Athair

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In keinem Regelwerk das ich je gelesen habe, in keiner Gruppe in der ich je gespielt hätte, wurde das ["[...] der SL möge sich stets an die Regeln halten."] so festgesetzt, nirgends.
Dieses Phänomen liest man nur im Internet. Es kommt mMn. nicht von den Autoren des Systems, die ja immer wieder betonen, das es unterschiedliche Spielstile gibt, und das man ihre Regelm diesem anpassen kann.*

Ich hätte da ein paar Gegenbeispiele, die mindestens implizieren, dass sich die SL an die Regeln halten muss/soll:

D&D 4 Essentials: Dungeon Master's Book p.71:
"The role of the Dungeon Masters has a little in common with that of a referee. If you imagined that all the monsters in an encounter were controlled by one person and all the others by another person, they might need a referee to make sure both sides were playing by the rules and to resolve disputes. The DUNGEONS & DRAGONS game isn't a head-to-head competition in that way; the DM acts simultaneously as the person controlling all the monsters and as the referee. [...]
Sometimes this role mediating the rules means that a GM has to enforce the rules on the players.  [...]
Being the DM doesn't mean you need to know all the rules, though. If a player tries something you don't know how to adjudicate, ask the opinion of the players as a group.
"

Urban Shadows, p.181:
"This chapter contains the agendas, principles, and moves that act as the rules systems for your [Anm: Master of Ceremonies/SL] side of the conversation."

Urban Shadows, p.182:
"The principles and the rules of the game are your backbone, the steel inside your story that never bends or breaks. If a move says that a charakter takes harm, inflict it; if a roll comes up short, accept it. Say what the principles and the rules demand, no matter how it breaks your heart."

Crypts & Things (p.134f.) weist weniger radikal in die selbe Richtung.
Zusammengefasst: Der SL ist NICHT die wichtigste Person am Tisch; das Setting entsteht durch alle; der SL soll die Regeln kennen und unparteiisch anwenden (kein Schutz vor Tod, keine Situationsmanipulation); bei der Exploration der Spieler mischt sich der SL nicht ein.
(Regeländerungen würde ich als möglich annehmen - aber es muss in einvernehmlichem Sinn passieren. Im Zeifelsfall mögen die Spieler intervenieren.)

Lords of Gossamer & Shadow (p.92)
"Though it might seem that there are no rules when it comes to storytelling [Anm: bedeutet sowas wie Freiform] and the role of the gamemaster, nothing could be further from correct. It is imperative that the gamemaster behave according to a rather strict set of guidelines to ensure, that play is fair and that the players do not feel that they are simply subject to the arbitrary whim of gamemaster caprice."

Anm. zu den Spielen:
D&D 4 sollte bekannt sein.
Urban Shadows ist ein pbtA-Spiel. Es basiert auf Apocalyse World. PbtA-Spiele haben viele Design-Preise gewonnen und hier im  :t: ein eigenes Unterforum.
Crypts & Things ist ein sog. OSR-Spiel. Es repräsentiert eine Haltung die für Old-School-Renaissance-Spiele nicht unüblich ist.
Lords of Gossamer & Shadow basiert auf Amber Diceless, das neben Everway und Theatrix zu den einflussreichste Freifom-Spielen gehört.



... ich hätte auch noch einige Spiele, die sagen:
"Die Regeln sollen!! von der Gruppe bestimmt, mitdiskutiert, ... werden".
Darunter Mutant: Year Zero (2014) und DragonQuest 2nd (1981).

Anhänger des "Der Spielleiter hat nix zu melden" präsentieren sich als neue Norm.
Und -auf Leute die dem SL mehr Freiheiten lassen, findet meiner Ansicht nach eine regelrechte Hatz statt.
Mit dem Ziel anzuzweifeln, abzuwerten und zu verunsichern.
Nichts könnte der Warhheit ferner sein.
"Der Spielleiter hat keine Sonderrechte, sondern ist in gleicher Weise den Absprachen und den Spielmechanismen, auf die man sich geeinigt hat, unterworfen wie jeder andere Spieler auch" - das ist mMn die hier vertretene Aussage. Ja, das fühlt sich erstmal wie eine Entmachtung des SL. Ist es aber eigentlich nicht, denn die "Schule" die sagt "die SL kann ungefragt/ohne Absprache die Regeln ändern" hat es - genauso wie "die Regeln dürfen nie und unter keinen Umständen geändert werden" - nie gegeben. Die Spieler und die Spielregeln waren immer auch noch da. "Sonderbefugnisse für die SL" kam flächendecken - meiner Wahrnehmung nach - in den 90ern auf und spätestens seit der Forge (2000er) wird wieder mehr auf das kooperative Element - auch bei der Bestimmung der verbindlichen Spielmechanismen - Wert gelegt.

Mir war immer klar, dass Wir mit dem SL zusammen eine Gruppe sind. Und sogut wie alles zusammen besprechen.
Aber das er immer, und zu allem das Einverständnis der Gruppe braucht, halte ich ein Bißchen für überzogen.
Das braucht die Spielleitung auch gar nicht. Wie und für welche Fälle konkret die Spieler in die Festlegung der geltenden Spielregeln einbezogen werden müssen, bestimmt jede Runde selbst. Wichtig ist dabei "nur", dass alle auf "derselben Seite" stehen. Und, damit das System läuft, dass sich die Gruppe auf eine Spielweise einigt, die prizipiell mit den enthaltenen Spielregeln kompatibel sind.


... trotzdem: Regeln können immer geändert werden. Wer soll eine Gruppe davon abhalten.
Wird ja auch regelmäßig kei Brett- und Kartenspielen gemacht (weshalb man beim Schafkopf-Spielen grundsätzlich nachfragen sollte, welche Regelvarianten gespielt werden und welche nicht).
« Letzte Änderung: 12.09.2016 | 04:14 von Contains Diseases »
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Offline KhornedBeef

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[...] Andere Spiele wie DSA4 erwarten, dass sie zurechtgeschneidert werden. Am besten durch den Schneider (SL). Und selbst dann sollen (bei DSA) Hintergrund und Abenteuer-Story eher Priorität vor den Spielmechanismen haben. 


[...]
DSA4 ist was anderes - da sind crunchy bits v.a. "colour" für Charaktere.
Boah nimm das nicht persönlich, aber das legt die Latte für die Hahnebüchenität des Tages gerade so hoch, da muss schon ein Hohlweltler um die Ecke kommen und das zu toppen  ~;D
Also, das Rollenspiel, das, wie jemand hier kürzlich so treffend bemerkte, gefühlt 1000 DIN A4-Seiten Regeln hat, das legt eigentlich einen keinen großen Wert auf Spielmechanismen?
Mann, müssen die aber einen Spaß am Drucken haben dann! Oder vielleicht hassen sie nur Bäume und machen möglichst viele zu Papier??
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Issi

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Zitat
Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn der SL neue Artefakte einbringt. Ich wollte nur auf deine Frage antworten. ;)
Ja, so habe ich es auch verstanden :)
Zitat
Generell sehe ich Monster und Artefakte eher als Spielelemente an, die Regeln verwenden, und nicht als Regeln selbst (hat einer meiner Vorredner geschrieben, und ich fand das sehr treffend).
Das tue ich auch. Die Regel wäre hier der Gruppenvertrag. -Ob SL neue und vor Allem unbekannte, und damit nicht einschätzbare Artefakte und Monster ins Abenteuer reinschreiben darf, oder nicht.

Es wurde mal von den Gegnern des Regelbrechens als Argument genannt: Dass das Spiel nur dann einen Reiz macht, wenn man die Handlungen des SL vorrausplanen kann.
Und das man lieber keine "bösen" Überraschungen erleben möchte. Quasi Unvorhergesehenes, das der SL nach eigenem Ermessen kreiert.


@ Containes Diseases.
Ich werde aus Dir nicht schlau. Deine persönliche Einstellung ist für mich nicht so Recht greifbar.
Ich hab Dich hier mal kurz vom 5.9. zitiert. (Wellentänzers  Railroading und Goldene Regel thread).
    Wobei ich glaube, dass wesentlich mehr Spielleiter "Railroading" machen, ohne den Begriff zu kennen [...]

Zitat Containes Diseases
Zitat
Logo. Viele Regelbuch-Autoren machen es sich da zu leicht und lassen "Railroading & Co." als etwas Selbstverständliches erscheinen.
Besonders negativ ist mir das in der Pathfinder Einsteigerbox in Erinnerung (vielleicht weil es einer von wenigen Fehlern ist - dafür aber ein gravierender). Für die Autoren ist das ja auch sinnvoll - schließlich wollen die Abenteuer verkaufen.

Mein Problem mit vielen SL-Kapiteln ist, dass "Würfeldrehen, Goldene Regel, Railroading, ..." zusammen mit "Kohärenz, Spielprozess-Fairness, Unparteilichkeit, ..." erwähnt werden und dass die SL-Tipps dann im Ganzen keine runde Sache ist, sondern eine Eintopfpampe, die keinem so rechthilft. Da fehlen häufig die Anwendungsbeispiele und Bedingungen für bestimmte SL-Mittel.

Mir fällt nur ein positives Beispiel ein: Lamentations of the Flame Princess. Da bekommt man gut und mit Praxisbezug dargestellt, warum Railroading böse ist und nicht zu LotFP passt. Hier wurde an die Erklärungen gedacht.

Zitat von: Wellentänzer am  5.09.2016 | 17:38

   
Zitat
Ja genau. Ich bin der Ansicht, dass sehr viele Leute das Thema unzureichend durchdrungen haben.
Sehe ich auch so. (Und das betrifft nicht nur dieses Thema, sondern generell welche SL-Mittel wofür gut sind. Wie oben ausgeführt versagen da nämlich die meisten Regelwerke kläglich. Das ist auch der Grund für die elenden "Echtes-RollenspielTM"-Debatten.

[/size]
Nochmal danke für das Thema.  :d
Ist wahrscheinlich sehr hilfreich dafür, dass ich doch irgendwann meine Thesen und Haltungen dazu, was die eigentlich wichtigen Spielregeln im Rollenspiel sind, niederschreiben und auf mein Blog stellen kann.[/size][/size]

Nur mal aus Neugier. Laut diesen, deinen  Aussagen, siehst Du Würfeldrehen & Co pauschal eindeutig als unfair an.(Für alle Spieler, Spielstile und Systeme) Oder hat sich diese Einstellung inzwischen geändert?
« Letzte Änderung: 12.09.2016 | 08:48 von Issi »

  • Gast
Also, das Rollenspiel, das, wie jemand hier kürzlich so treffend bemerkte, gefühlt 1000 DIN A4-Seiten Regeln hat, das legt eigentlich einen keinen großen Wert auf Spielmechanismen?

Ich stimme Contains Diseases absolut zu. Natürlich legen die Spieler bei DSA4 großen Wert auf umfangreiche Regeln. Aber das ist nicht das gleiche wie die Wertschätzung von Spielmechnismen. Der Daseinszweck der Regelfülle bei DSA4 unterscheidet sich halt sehr stark von dem, was die meisten Taneloni präferieren. Da kommt es immer wieder zu Fehlverständnissen hier an Board. Drei Gründe auf die Schnelle:

1. Barbiespiel: Wer sich gerne auch outtime mit seinem Charakter auseinandersetzen möchte, begrüßt einen hohen Detaillierungsgrad. Viele Leute reden ja so gerne über den Unterschied zwischen "kompliziert" und "komplex". Dabei fällt dann oft die Bemerkung, dass DSA4 nur "kompliziert" sei. Für Barbiespiel ist das aber kein Bug, sondern ein Feature!

2. Partizipationismus: Je mehr Stellschrauben Du in den Regeln hast, desto mehr Hebel für "unauffälliges Manipulieren" der Spielwelt bekommt der SL an die Hand. Das ist in vielen Runde explizit der gewünschte Spielstil und deshalb mit DSA4 wunderbar umsetzbar.

3. Settingtiefe: Bei DSA hat quasi jede Mülltonne einen eigenen Namen. Durch diesen Umstand entsteht automatisch eine wahnsinnige Fülle an Informationen. Gerade bei partizipationistischen Spielrunden mit hohem Interesse an Barbiespiel wird der Wunsch bestehen, dieser Flut an Details auch regeltechnisch zu entsprechen. Man kann das "Settingtiefe" nennen, wenn man denn möchte.

Das aus der hohlen Hand geschüttelt. Man kann das selbstredend direkt als Idiotie brandmarken. Hier hast Du aber innerhalb von 2 Minuten direkt drei Gründe für ein gewaltiges Regelwerk ohne große Wertschätzung der eigentlichen Mechanismenn  8]


EDIT: Vielleicht sollte man daraus doch mal einen Sticky im DSA-Board machen, denn dieses Missverständnis zieht sich durch viele Jahre und Poster.
« Letzte Änderung: 12.09.2016 | 08:20 von Wellentänzer »

Offline Chruschtschow

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@KhornedBeef:
Und das ist der Widerspruch schlechthin im deutschen Rollenspiel. Ganz viele Stimmungsspieler. Ganz viel "toller Spielabend, nicht ein Mal gewürfelt". Und dann dieses Regelmonster.

Ich finde nur zwei mögliche Erklärungen: Die vielen kleinen und kleinsten Werte für alles mögliche sind Barbiespiel pur. Und in dem ganzen Regelgeschwurbel wird das eigentlich Regelgerüst und seine Abhängigkeiten untereinander so verworren, dass die Metaebene vernebelt und etwas unsichtbarer wird.

[Edit]
Ah, da war der Wellentänzer schneller.
« Letzte Änderung: 12.09.2016 | 09:08 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline KhornedBeef

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Ich stimme Contains Diseases absolut zu. Natürlich legen die Spieler bei DSA4 großen Wert auf umfangreiche Regeln. Aber das ist nicht das gleiche wie die Wertschätzung von Spielmechnismen. Der Daseinszweck der Regelfülle bei DSA4 unterscheidet sich halt sehr stark von dem, was die meisten Taneloni präferieren. Da kommt es immer wieder zu Fehlverständnissen hier an Board. Drei Gründe auf die Schnelle:

1. Barbiespiel: Wer sich gerne auch outtime mit seinem Charakter auseinandersetzen möchte, begrüßt einen hohen Detaillierungsgrad. Viele Leute reden ja so gerne über den Unterschied zwischen "kompliziert" und "komplex". Dabei fällt dann oft die Bemerkung, dass DSA4 nur "kompliziert" sei. Für Barbiespiel ist das aber kein Bug, sondern ein Feature!

2. Partizipationismus: Je mehr Stellschrauben Du in den Regeln hast, desto mehr Hebel für "unauffälliges Manipulieren" der Spielwelt bekommt der SL an die Hand. Das ist in vielen Runde explizit der gewünschte Spielstil und deshalb mit DSA4 wunderbar umsetzbar.

3. Settingtiefe: Bei DSA hat quasi jede Mülltonne einen eigenen Namen. Durch diesen Umstand entsteht automatisch eine wahnsinnige Fülle an Informationen. Gerade bei partizipationistischen Spielrunden mit hohem Interesse an Barbiespiel wird der Wunsch bestehen, dieser Flut an Details auch regeltechnisch zu entsprechen. Man kann das "Settingtiefe" nennen, wenn man denn möchte.

Das aus der hohlen Hand geschüttelt. Man kann das selbstredend direkt als Idiotie brandmarken. Hier hast Du aber innerhalb von 2 Minuten direkt drei Gründe für ein gewaltiges Regelwerk ohne große Wertschätzung der eigentlichen Mechanismenn  8]


EDIT: Vielleicht sollte man daraus doch mal einen Sticky im DSA-Board machen, denn dieses Missverständnis zieht sich durch viele Jahre und Poster.
Bah, das ist meine Polemik. Ich entschuldige mich, wenn sich jemand persönlich angegriffen fühlt. Aber ich finde es immer noch hanebüchen, auch wenn deine Erklärung einiges Gutes tut :). CD nennt es "colour", du nennst es "Barbiespiel", ich sage, ernsthaft, ihr wollt die Regeln da stehen haben damit das auf eurem Charakterblatt steht und dann doch nicht benutzt wird? Wie nützt das dann dem Hintergrund und Abenteuer-Story(Zitat CD) ? Und wenn es benutzt wird, stehen die Regeln ja gerade nicht zurück, sondern eben im Dienste dessen. also, Punkt 1 ist mir noch nicht schlüssig.
Punkt 2: Sehe ich auch nicht. Spielwelt manipulieren kann ich in FATE z.B. genauso umfangreich (komplex, nicht kompliziert). Oder ich missverstehe das "unauffällig".
Punkt 3: Warum muss ich denn diese Settingtiefe verregeln?
Ich glaube bei den Details stehe ich irgendwo auf dem Schlauch, du schreibst da ja nicht aus irgendeinem unreflektierten Fanboytum, das weiß ich. Hmpf.

Aber dennoch, aus Autorensicht: Viel schreiben für wenig Wertschätzung ist plemplem.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

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Aber dennoch, aus Autorensicht: Viel schreiben für wenig Wertschätzung ist plemplem.

Kann gerade nicht lange antworten. Sieh es vielleicht aus Verlags- und Geschichtssicht. Viel schreiben für wenig Wertschätzung mag total plemplem sein. Die Gelegenheit, viel zu schreiben für ein geliebtes Spiel, ist schon weniger plemplem. Zudem muss aufgesetzt werden auf Bestehendes. Und schließlich muss der Verlag Umsatz machen, damit dessen Angestellte ein Butterbrot auf dem Tisch haben. Rest später irgendwann.

@KhornedBeef:
Und das ist der Widerspruch schlechthin im deutschen Rollenspiel. Ganz viele Stimmungsspieler. Ganz viel "toller Spielabend, nicht ein Mal gewürfelt". Und dann dieses Regelmonster.

Ich finde nur zwei mögliche Erklärungen: Die vielen kleinen und kleinsten Werte für alles mögliche sind Barbiespiel pur. Und in dem ganzen Regelgeschwurbel wird das eigentlich Regelgerüst und seine Abhängigkeiten untereinander so verworren, dass die Metaebene vernebelt und etwas unsichtbarer wird.

Das wurd im Tanelorn tatsächlich noch nie verstanden. Mein Erklärungsansatz: das Fehlverständnis passiert vielleicht nicht extra, aber doch vielleicht so ein bisschen billigend. Ich will Chruschtschow wirklich nichts Böses, kann aber die in der ersten Zeile des zitierten Ausschnitts mitschwingende Verachtung kaum ignorieren. Nicht gegenüber dem Regelwerk, sondern gegenüber den Spielern.



Offline KhornedBeef

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Kann gerade nicht lange antworten. Sieh es vielleicht aus Verlags- und Geschichtssicht. Viel schreiben für wenig Wertschätzung mag total plemplem sein. Die Gelegenheit, viel zu schreiben für ein geliebtes Spiel, ist schon weniger plemplem. Zudem muss aufgesetzt werden auf Bestehendes. Und schließlich muss der Verlag Umsatz machen, damit dessen Angestellte ein Butterbrot auf dem Tisch haben. Rest später irgendwann.
Ok, falsch ausgedrückt. Wenn mehr Hintergrund und mehr Abenteuer-Story für fast alle Spieler der Reiz wären, dann würde man die ja auch mehr schreiben. Also sind die Regeln doch wohl eher mit der Intention geschrieben, dass man die Regeln benutzt. Andernfalls würde ja absichtlich Zeit und Baum verschwendet.
Zitat

Das wurd im Tanelorn tatsächlich noch nie verstanden. Mein Erklärungsansatz: das Fehlverständnis passiert vielleicht nicht extra, aber doch vielleicht so ein bisschen billigend. Ich will Chruschtschow wirklich nichts Böses, kann aber die in der ersten Zeile des zitierten Ausschnitts mitschwingende Verachtung kaum ignorieren. Nicht gegenüber dem Regelwerk, sondern gegenüber den Spielern.
Wirklich verächtlich klang das jetzt für mich nicht. Verständnislos? Sonst kann ich mich jetzt auch beschweren, dass du "billigendes Fehlverständnis" sagst und so ein Klein-klein. Keiner will hier was vorwerfen denke ich.
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Ok, falsch ausgedrückt. Wenn mehr Hintergrund und mehr Abenteuer-Story für fast alle Spieler der Reiz wären, dann würde man die ja auch mehr schreiben. Also sind die Regeln doch wohl eher mit der Intention geschrieben, dass man die Regeln benutzt. Andernfalls würde ja absichtlich Zeit und Baum verschwendet.

Nein, ganz und gar nicht. Wenn es Regeln gibt zum Ausweiden von bornischen Lachsen, dann muss man die nicht benutzen. Alleine die Existenz von so vielen Regeln suggeriert doch bereits Breite, Tiefe und Simulation. Das dient der Illusion. Stichwort Suspension of Disbelief.

Wirklich verächtlich klang das jetzt für mich nicht. Verständnislos? Sonst kann ich mich jetzt auch beschweren, dass du "billigendes Fehlverständnis" sagst und so ein Klein-klein. Keiner will hier was vorwerfen denke ich.

Okay, hast recht, sorry. Werde wohlwollender lesen.