Autor Thema: Legale Fiktionen - oder: 1of3 erklärt euch jetzt, was ihr die letzten Wochen gemacht habt.  (Gelesen 4373 mal)

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Offline 1of3

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Was ist eine legale Fiktion? Es ist eine Art Geschichte von der wir uns überzeugt haben, damit Institutionen funktionieren. Diese Geschichten sind nicht wahr, aber wir berufen und regelmäßig auf sie.

Ein Beispiel: Das souveräne Volk wählt seine Führung, die dann die ihnen zugeteilte Autorität an nachgeordnete Beamte übertragen.

Nichts davon ist objektiv wahr. Es taugt vielleicht nicht mal als Modell, wenn etwa die Wahl gefälscht würde oder wenn sowieso immer wieder die gleichen gewählt werden oder wenn die gewählten Vertreter sich nicht im Sinne der Wählerschaft verhalten. Das ist nicht der Punkt. Wir haben uns davon überzeugt, dass diese Erzählung gültig ist, damit der Staat funktioniert. Und damit das auch niemand vergisst, wird das allen Jugendlichen im WiPo-Unterricht in der einen oder anderen Form beigebracht.

Wir können schon erkennen, dass unsere Erzählung nicht wahr ist, weil es mal andere gab. Vielleicht: Der König wurde von Gott eingesetzt und ihm gehört alles Land. Das vergibt er im Austausch für Treue und geleistete Dienste an seine Lehnsleute.

Nachdem wir dies nun wissen, wie also kommt eine Rollspielrunde zustande? - Naja, da treffen sich halt Leute, einigen sich auf ein Spiel und spielen das. Ganz einfach.

Was ist das? Legale Fiktion.

Es gibt noch eine andere: In jenem langen Thema, in dem wir besprochen haben, warum die SL die Regeln nicht brechen darf, hat Maarzan die z.B. vertreten. Sie geht etwa so.

Die SL lädt Leute zu ihrer Kampagne ein, wobei sie die Spielwelt und das Regelwerk vorstellt.

Das beschreibt die Abläufe vielfach wohl sogar besser. Manchmal aber wohl auch nicht. Ich hab grad ne Runde Star Trek online. Da hat der Andorian Spaceman ein Thema in der Spielerbörse aufgemacht. Den kannte ich gar nicht. Und jetzt spielleitere ich also für ihn, ganz zufällig mit meinem eigens geschriebenen Regelwerk. Ihr könnt das ja nachlesen.

Welche der beiden Geschichten beschreibt jetzt, was da passiert ist? Schon irgendwie beide, aber auch nicht so richtig. Ist für legale Fiktionen aber auch recht egal. Die müssen Wirklichkeit nicht beschreiben, die machen Wirklichkeit.

Interessant wird jetzt was passiert, wenn wir diskutieren, ob die SL die Regeln verändern darf. (Ich sag mal "verändern", nicht "brechen".)

Also bei der zweiten Geschichte vielleicht. Ist ja ihre Runde. Und sie hat ja auch das Regelwerk vorgeschlagen und sich generell ganz viel Arbeit mit der Spielwelt und Kampagne gemacht. Also warum nicht?

Und bei der ersten Geschichte? - Also, ähm, von einer SL war da doch gar nicht die Rede. Da sind nur Leute, die sich geeinigt haben, ein Spiel zu spielen. Also die können sich bestimmt auch einigen irgendwie anders zu spielen.

Und wenn dann Erg entgeistert fragt, wieso sich da alle einigen müssen...

Vielleicht habt ihr ja auch noch eine ganz andere Geschichte.

Offline D. M_Athair

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Schön zusammengefasst.

Was ist eine legale Fiktion? Es ist eine Art Geschichte von der wir uns überzeugt haben, damit Institutionen funktionieren.

Hier noch ein Zusammenhang:
Zitat von: Weltsichten, Kirchenbindung, Lebensstile
Weil die Reformation das
Heil nicht durch fromme Werke,
wozu der Kirchgang gezählt
wurde, sondern durch den
Glauben vermittelt sah, gab es
in der evangelischen Kirche
schon immer Anlass, über
schlechten Gottesdienstbesuch
zu klagen. (PDF-Quelle)

Natürlich überlagern sich da auch legale Fiktionen und stärken oder schwächen sich gegenseitig. Beim Gottesdienst wäre da: Auf katholischer Seite ist man vom "Glauben der Kirche" überzeugt, d.h. Glaube braucht Gemeinschaft. Der Glaube der Kirche trägt den Einzelnen. Glaube, die Hinwendung zu Gott, ist Anteilnehmen am Glauben der Kirche. (Auf protestantischer Sicht seht der Einzelne in seinem Glauben mit seinem Gewissen letztlich allein vor Gott.) Das hat Wirkungen für die Institution "Gottesdienst".


Im Rollenspiel: Die Spielleiterrolle hat ein ganz anderes Gewicht, wenn "der Spielleiter ein Mitspieler ist, weil er genau wie jeder andere Spieler Spaß haben will." Damit ist auch gleichzeitig gesagt: "Der Spielspaß hängt von der Gruppe, nicht von der SL ab".


Unsere Everway-Runde begann so: Wir wollen Rollenspiel spielen, ... sind aber kurzfristig nur zu zweit und wollen nicht 1:1 spielen. Und: wir wollen gleich lossspielen. Natürlich war kein Abenteuer vorbereitet - weil: für wie viele Mitspieler? Also: Welches Rollenspiel können wir kurzfristig so umbauen, dass wir spielen können? Mein Vorschlag war dann, Everway, weil die Probenmechanik direkt einsichtig ist. Will wer leiten? Nein? Also dann: Szenenweise abwechselnd und auf dem aufbauend, was schon Spielinhalt wurde. Fertig!
Nach der Charaktererschaffung einigten wir uns kurz darauf, wo die Story denn hingehen sollte - wir wollen schließlich nicht in zwei verschiedene Richtungen losrennen.
« Letzte Änderung: 15.09.2016 | 11:57 von Contains Diseases »
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Offline ArneBab

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Luxferre

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Ich hätte da eine ganz andere Geschichte.

Eine Runde, die seit vielen Jahrzehnten miteinander rollenspielt, plant -nachdem der letzte SL zeitlich sein Amt niederlegen musste- eine neue Runde. Einer der Spieler (sind ja alle Spieler, oder?) ergreift die Initiative und prescht vor. Er will Spielleiter sein. Gütigerweise löst er m... den alten SL endlich ab.
Er verkündet, dass er D&D5E leiten wird. Auf seiner Welt. Die kennen wir alle, bis auf den Neuling und wissen grob, worauf wir uns einlassen.
Charaktere werden ausgewürfelt, kein noch so unpassender Würfelwurf wird wiederholt. Es kommen zwar einige absurde Hintergründe zusammen (Paladin würde morden, um an einen Adelstitel zu kommen), aber wir beginnen das Spiel. Der SL gibt sein Szenario vor. Ziemlich genau sogar, denn es gibt keine richtige Vergangenheit, man ist Generation 1 nach dem Kataklysmus.

Hier haben wir eine gänzlich andere Rolle des SL, wie man es in modernen Runden in Tannelonikultur gewohnt ist. Autoritär, autokratisch, der Allesentscheider! Mit Ausrufezeichen. Er behält sich sogar Eingriffe in die SC vor.

Hier haben sich auch "einfach Leute getroffen". Die wollen auch einfach eine entspannte Runde zocken. Aber hier herrschen (schönes Wort an dieser Stelle) andere Sitten.
Es ist SEINE Welt. Es sind SEINE Regelinterpretationen. Es sind SEINE Abenteuer. Es ist SEINE Steuerung von Allem, teilweise sogar den Charakteren (wobei das zugegebenermaßen echt selten vorkommt).


Der gesamte Komplex, den ich mir hier gerade "ausgedacht" habe, ist nicht sonderlich einfach in Deine Legale Fiktion zu pressen.
Denn selbst der Prozess des sich Einigen ist etwas schwierig zu fassen. Wurde sich geeinigt? Haben die Spieler mangels Konfliktlust einfach akzeptiert? Stecken da noch ganz andere, psychologische Faktoren dahinter? Wer hat sich diese spezielle Institution "Meister" ausgedacht? Die Runde als Ganze oder hat der Meister dieses für sich alleine beansprucht?

Offline D. M_Athair

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MMn funktioniert 1of3s Konzept und es ist auch ganz leicht auch dein Beispiel anzuwenden:

Der (neue) SL hat die Initiative ergriffen und die anderen eingeladen in SEINER Welt nach SEINEN Regeln zu spielen.
Die übrigen Spieler haben das Angebot angenommen.

Und in der Analyse könnte man sagen:
Die relevante Absprache, die die Spieler getroffen haben ist: "Wir stimmen dem Vorschlag des SL zu".
(Gründe an der Stelle egal.)


Entscheidend an dem Beitrag von 1of3 ist vor allem.
Die [legalen Fiktionen] müssen Wirklichkeit nicht beschreiben, die machen Wirklichkeit.


Bei mir läuft das normalerweise so:
Ich/wir würde(n) gerne Rollenspielen - kannst du da nicht mal was machen?
Ich kann gerne für euch Spielleiten. Ich muss nur wissen wie. (SL-loses-Spiel-Erklären inbegriffen.)
Meine wenigen Vorbedingungen sind: X. Meine Wünsche: Y.
Lasst uns diskutieren - oder sagt mir, welche Optionen von meiner Wunschliste ihr wollt.

Als legale Fiktion:
Jemand will Rollenspielen. Ich stelle mich als Erklärbär (und ggf. SL) zur Verfügung. Wir machen aus, wie das Spiel geht.
« Letzte Änderung: 15.09.2016 | 14:27 von Contains Diseases »
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Luxferre

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Also der gemeinhin bekannte Gruppenvertrag?
Ich sträube mich ja nach wie vor gegen den Begriff, weil "Vertrag" etwas rechtsgültig regelt.

Offline D. M_Athair

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Eher handelt sich eher um einen Prozess und implizierte Prämissen auf denen der Vertrag ruht.

Deswegen ist das politische Beispiel auch ein Gutes.
"Das souveräne [Prämisse] Volk wählt [Prozess] seine Führung, die dann die ihnen zugeteilte [Prozess] Autorität an nachgeordnete Beamte [Prämisse] übertragen [Prozess].

Welche Form, die Demokratie dann hat, ob repräsentativ, mehrheitsdemokratisch, räterepublikanisch oder konkordant ... ist damit nicht gesagt. Die Konkrete Ausprägung, bzw. was aus der legalen Fiktion abgeleitet wird, wäre im RSP dann der Gruppenvertrag.

Anders gesagt: Eine legale Fiktion benennt das Zusammenkommen von Akteuren und ihre basalen Interaktionen.
Konsequenzen ergeben sich daraus erstmal noch keine. Wichtig ist nur, dass die Geschichte von allen geglaubt wird.
Erst im zweiten Schritt wird die Frage gestellt: Was bedeutet die Geschichte für uns? Welche Rollenverteilungen sind davon ausgehend möglich - welche nicht?

Die Geschichte, die von allen geglaubt wird, ist letztlich austauschbar. Ihre Folgen aber nicht.


Warum dein Beispiel wie ein Vertrag aussieht ist: Der neue SL bietet genau das an. Die Geschichte ist eine Angebotsgeschichte, bei der die Spieler grundsätzlich nur die Wahl haben zwischen annehmen und ablehnen. Was das Angebot genau bedeutet - wird erst im zweiten Schritt angeschaut.


... das wäre jedenfalls meine Analyse.
« Letzte Änderung: 15.09.2016 | 16:00 von Contains Diseases »
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Offline 1of3

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Ja. Es sind eher die Annahmen, die es ermöglichen Verträge zu machen.

Haben wir auch bei anderen Verträgen. Also z.B. kann ich Anteile an einem Ding namens Peugeot erwerben. Die Existenz jenes Peugeots ist gar nicht so trivial. Jenes Peugeot macht zwar irgendwie Autos, aber selbst wenn alle Werkhallen abbrennen und alle Angestellten einer Seuche anheim fallen, gibt es jenes Peugeot von dem ich einen Anteil habe immer noch. Auch wenn mein Anteil dann wahrscheilich weniger Wert ist. Dass dieser Erwerb von Anteilen möglich wird, ergibt sich über die Fiktion von einer Sache namens Aktiengesellschaft. Das Peugeot-Beispiel stammt aus Sapiens von Yuval Harari. Sehr lesenswertes Buch.

Wir pflegen als Fiktionen über Spielrunden, so wie wir auch Fiktionen über Staaten und Aktiengesellschaften pflegen. Die Mächtigkeit dieser Erzählungen besteht gerade darin, dass sich Einzelfälle mittels dieser Erzählungen fassen lassen.

Offline D. M_Athair

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... für Con-Runden finde ich das Thema auch nicht unwichtig.

Da ist es normalerweise so: Die SL bietet (per Aushang) an. Spieler spielen mit oder lassen es.
Die Variante gibt es auch: "Ich seh du hast Spiel X im Rucksack dabei, können wir das vielleicht spielen?"

=> Die Implikationen die sich - gerade auch für die Verteilung von Spielerrechten - ergeben sind total unterschiedlich.
(Auch die Spiele, die gespielt werden sind unterschiedlich. Im ersten Fall habe ich v.a. "Schlachtschiffe" wie DSA, SpliMo, Arcane Codex, Pathfinder, ... erlebt. Im Zweiten: Ghostbusters Interantional, Prince Valiant, Dungeon World, ...)

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Offline Blechpirat

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Die "legale Fiktion" wie du sie nennst, ist aber ja eigentlich ein Beispiel für Verfassungen. Und Verfassungen sollen nicht in Frage gestellt werden - das ist ihnen immanent, dass sie jene bekämpfen, die die Verfassung in Frage stellen. Unsere z.B. erlaubt es nicht, das Prinzip der Republik in Frage zu stellen - ein König ist mit dieser Verfassung undenkbar. Andere Aspekte bleiben hingegen ausgestaltbar.

Das Beispiel lässt sich also nur übertragen, wenn die "legale Fiktion" alternativen nicht zulässt. Deshalb finde ich es ungünstig, das Zustandekommen von Spielrunden damit gleichzusetzen - es sei denn, du willst auf die verschiedenen Staatsmodelle hinaus, die ja auch parallel exisitieren, ohne sich gegenseitig auszuschließen. Dann aber ist der Gedanke irgendwie unnötig kompliziert. Jean-Jacques Rousseau (Der Staatsvertrag) hilft dann ja schon.

Da aber eine Spielrunde unschwer mehrere Verträge mit Spielleitern haben kann, die unterschiedliche "Verfassungen" auf die Runde legen, hinkt das Beispiel für mich einfach ganz schwer. Aber das mag der Juristenblick sein...

Offline 1of3

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Verfassungen bekämpfen nicht. Leute, welche die Verfassung hochhalten, verteidigen ihre Interpretation des Schriftstücks. Die Fiktionen, die ich meine, sind viel grundlegender als Verfassungen. Ebenso wie es Staaten schon lange gab, bevor sich Leute in Frankreich überlegt haben, dass sie das mal als so genannte Verfassung aufrschreiben sollten. Das war genau der Versuch, das politische System durch einen Text zu fixieren. Also eine Interpretation zur offiziellen zu machen.

Die Fiktion bei unserer Verfassung siehst du z.B., wenn "Gewaltenteilung" in der Schule unterrichtet wird. Da wird das Modell fadenscheinig, denn im Sinne von Montesquieu sind wir ewig ungeteilt. Leute, denen das auffällt, versuchen dann mitunter die Fiktion zu retten: "OK, also so die drei Säulen, haben wir nicht so separat, aber wir haben ja Föderalismus. Das ist ja auch irgendwie ne Teilung und in summa ist das doch in Ordnung..."

Merke: In diesem unserem Staat herrscht Gewaltenteilung, weil Gewaltenteilung voll knorke ist, und ... lalala, ich kann dich gar nicht hören. Wir ziehen also Legitimation aus Gewaltenteilung, auch wenn wir gar nicht wissen, was das so genau sein soll.


Offline Blechpirat

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Puh, ich stimme dir in so vielen Punkten nicht zu, dass eine Antwort kaum sinnvoll ist. Was vielleicht an deiner Analogie liegt. Ist es möglich, die Analogie auf ein anderes Beispiel zu übertragen?

Wellentänzer

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Puh, ich stimme dir in so vielen Punkten nicht zu, dass eine Antwort kaum sinnvoll ist. Was vielleicht an deiner Analogie liegt. Ist es möglich, die Analogie auf ein anderes Beispiel zu übertragen?

Das war ehrlich gesagt auch meine Reaktion. Diese Gedankengänge wirken auf mich so merkwürdig und falsch, die Beispiele so fern jeglichen Transfers an den Spieltisch, dass ich keinen Ansatzpunkt erkennen konnte. Aber es scheint ja diversen Leuten zu helfen. Insofern: alles gut.

Offline KhornedBeef

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Verfassungen bekämpfen nicht. Leute, welche die Verfassung hochhalten, verteidigen ihre Interpretation des Schriftstücks. Die Fiktionen, die ich meine, sind viel grundlegender als Verfassungen. Ebenso wie es Staaten schon lange gab, bevor sich Leute in Frankreich überlegt haben, dass sie das mal als so genannte Verfassung aufrschreiben sollten. Das war genau der Versuch, das politische System durch einen Text zu fixieren. Also eine Interpretation zur offiziellen zu machen.

Die Fiktion bei unserer Verfassung siehst du z.B., wenn "Gewaltenteilung" in der Schule unterrichtet wird. Da wird das Modell fadenscheinig, denn im Sinne von Montesquieu sind wir ewig ungeteilt. Leute, denen das auffällt, versuchen dann mitunter die Fiktion zu retten: "OK, also so die drei Säulen, haben wir nicht so separat, aber wir haben ja Föderalismus. Das ist ja auch irgendwie ne Teilung und in summa ist das doch in Ordnung..."

Merke: In diesem unserem Staat herrscht Gewaltenteilung, weil Gewaltenteilung voll knorke ist, und ... lalala, ich kann dich gar nicht hören. Wir ziehen also Legitimation aus Gewaltenteilung, auch wenn wir gar nicht wissen, was das so genau sein soll.
Wat auch immer "ewig ungeteilt" heißen soll, wenn man Montesquieu gerade nicht vor sich hat....
Also, ich weiß was Gewaltenteilung sein soll. So schwierig ist die Idee ja nicht. Die Legitimation der Gewaltenteilung selbst (und damit sich ihrer bedienender Gebilde) ist wohl eher historisch, nach dem Motto "Machtkonzentration hat zu schnell zu schlimmen Dingen geführt, kann man da nicht einen Puffer einbauen".
Das in der Praxis Leute des missachten, steht auf einem anderen Blatt. In diesem Sinne ist das alles Fiktion. Aber bei dir klingt das, als wäre schon das Prinzip reines Lippenbekenntnis und würde gar nicht angewandt. Das ist falsch.
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Offline Blechpirat

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@Gewaltenteilung: In der Verfassungspraxis spricht man übrigens von "Gewaltenverschränkung" um die gegenseitige Kontrolle der drei Gewalten zu beschreiben. "Gewaltenteilung" ist die reine (aber unpraktikable) Idee dahinter.

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