Erstmal als Entwurf/Skizze.
Es sind noch viele Gedankensprünge drin.
Die Begriffe "Spiel" und "Erzählung" sind nicht so mega glücklich gewählt. Warum zeigt sich unter 2.
1. Beschreibung des Schisma:
Mir ist klar geworden, warum ich
dem Text von Florian Berger nicht zustimmen kann.
Das Schisma verläuft mMn nicht zwischen taktischem und erzählerischem Rollenspiel sondern viel grundsätzlicher zwischen der Auffassung "Rollenspiel = Spiel" oder "Rollenspiel = Erzählung". Anders gesagt:
Soll im Rollenspiel eine Geschichte erspielt oder erzählt werden? Das ist eine Grundsatzentscheidung. Man kann es zwar mischen, aber Deutungshoheit kann nur ein Paradigma haben. Man kann nicht gleichzeitig durch Regelanwendung und SC-Handlungen eine Geschichte erzeugen UND sie nach dramaturgischen Mitteln von einer SL dirigieren lassen. (Kann man schon, aber das wird entweder zu einer dramaturgisch unbefriedigenden Geschichte führen ODER SC-Handlungen müssen entwertet werden.)
2. Konsequenzen:
Schauen wir auf
andere Spiele, mit Geschichten arbeiten.
a) Erzählspiele: "Es war einmal ..." - das Kartenspiel (
edit: unter der Voraussetzung, dass das oberste Spielziel, nämlich eine gute Geschichte zu spielen, beherzigt wird!!!). Hier wird jeder Reihum zum Erzähler und wird eine Märchen-Geschichte gebaut.
Im Unterschied zum Rollenspiel gibt es keine SL. Wenn es so wäre, dann würde sie den Spielprozess moderieren und die Spielerbeiträge dramaturgisch sortieren.
Was sich beobachten lässt: Die Geschichte als Ganzes, ihre Funktionsweise ist wichtiger als das, was die Figuren konkret tun. Oder: Die Handlungen der Figuren haben keinen Eigenwert jenseits der Geschichte.
Für Rollenspieler, die nach dem Erzählparadigma spielen, ist es nicht so wichtig, dass die Handlungen ihrer SC die Story beeinflussen, denn im wesentlichen baut die SL die Story. Sie wollen Teil davon sein. Die Geschichte erleben.
b) Erkundungsspiele: "Castle Ravenloft" - D&D-Dungeon-Crawl-Brettspiel. Hier gibt es eine Rahmengeschichte "Graf Stradh hat dies und jenes ..." und dann agieren die Spieler. Eine SL wird nicht gebraucht. Würde eine eingesetzt werden, wäre ihre Aufgabe: Regeln und Gegenspieler verwalten!
Für Rollenspieler, die nach dem Spielparadgima spielen, ist es enorm wichtig, dass die Handlungen ihrer SC einen Eigenwert haben, denn sie bauen erst die Geschichte.
3. Spielweisen:Beispiele für Spielweisen, die dem Erzählparadigma folgen "dramaturgisches Rollenspiel", "Stimmungsspiel". Der Zugang zum Rollenspiel ist eher "literarisch" vorgeprägt. Wenn man so will: Eine Runde erschafft ihren eigenen Roman. Die Spieler verkörpern dabei die Figuren, die SL den Autoren. In einem guten Roman - das wird jeder Autor bestätigen können - entwickeln die Figuren ein Eigenleben. Dieses Eigenleben wird im RSP von den Spielern dargestellt. Edit: Dramaturgische Eingriffe helfen dem Geschichten-Erlebnis.
Beispiele für Spielweisen, die dem Spielparadigma folgen "story now", "Simulationsspiel", "Herausforderungsspiel". Der Zugang zum Rollenspiel ist eher von klassischen Spielen vorgeprägt. Gleich ob PC-Spiel, Brettspiel oder Impro-Theater. Die Runde schafft ihr eigenes SPIELerlebnis. Spieler und SL gleichermaßen daran beteiligt und verhandeln die Spielregeln. Edit: Die Regelanwendung nimmt zentral Einfluss auf die Auflösung einer Situation und bestimmt gleichsam wie es weitergeht. Dramaturgische Eingriffe stören hier das Spielerlebnis.
4.Produkte:Rollenspiele (und Produkte), die mehr dem Erzählparadigma folgen:
DSA, oWoD, ... generell Spiele, die mit Metaplot arbeiten.
Adventure-Paths (Pathfinder), weltumspannende (Metaplot-)Kampagnen (G7-DSA, Horror im Orientexpress - Cthulhu).
DragonLance.
Rollenspiele (und Produkte), die mehr dem Spielparadigma folgen:
Story Games (Urban Shadows, TSoY), OSR-Spiele (Beyond the Wall, ), Savage Worlds, D&D 4
(Orts-/Regionenbasierte) Abenteuer/Kampagnen (WFRP: The Enemy within - Death on the Reik und Power behind the Throne), Sandbox-Settings (Wilderlands of High Adventure/Fantasy)
5. Das Bedürfnis nach einer "Guten Story"Wenn Regelbücher der SL sagen "tun Sie dies oder jenes im Sinne einer guten Geschichte" oder wenn Spieler eine gute Geschichte haben wollen, dann bedeutet das erstmal gar nichts. Eine gute Geschichte kann das Ergebnis von einem Roman sein oder von einem Brettspiel (z.B. Andor oder Herr der Ringe). Es kann das Ergebnis von Impro-Theater oder der Aufführung einer Theater-Aufführung sein.
Im Rollenspiel ist es zwar wichtig, dass eine gute Geschichte bei raus kommt - aber der Streitpunkt ist der Weg wie man zu dieser Geschichte kommt. Also der "Spielprozess". Die entscheidende Frage ist also: Entsteht eine gute Geschichte durch die Interaktion der gesamten Spielrunde mit den Spielregeln (RAW, RAI, rulings, ...) oder durch die Moderation der Erzählung der SL unter Aufgreifen von Impulsen durch die Spieler und die Regeln.