Es ist ja echt gefährlich, zu so einem Thema Tipps zu geben, ohne die Gruppe zu kennen, was bei den einen total rockt, kann in einer anderen Runde nach hinten losgehen ... ich versuche es trotzdem mal:
Ich würde dir davon abraten, Charakterspiel über die direkte Rede forcieren zu wollen. Es ist gar nicht so leicht, Figuren durch Dialoge rund darzustellen, und darüber hinaus wird zu dogmatisches In-Character-Sprechen oft zu einer langwierigen Geduldsprobe für alle Beteiligten.
Was bei mir stattdessen sehr gut funktioniert: Sag einfach, was du zum Ausdruck bringen willst! Das klingt plump, macht es den Spielern aber viel leichter, auf NSC oder auch auf eine Atmosphäre einzusteigen. Versuch nicht, einen NSC nur durch direkte Rede hintertrieben erscheinen zu lassen; sag einfach ganz direkt: "Der Kerl kommt euch total hintertrieben vor!"
Ähnlich: Ermutige die Spieler, die Beweggründe ihrer SC offen auszusprechen. Etwa so: "Mein Charakter ist hin- und hergerissen zwischen seinem Ehrbegriff und der Notwendigkeit, sich des Gefangenen zu entledigen, deshalb sagt er nach ein paar Sekunden des Zähneknirschens ungeduldig: Na, dann müssen wir ihm eben die Kehle durchschneiden, verdammt noch mal!" Damit wissen die anderen Spieler, was in dem SC vorgeht (selbst, wenn ihre SC es vielleicht nicht wissen ...) und können darauf einsteigen. Charakter-Rollenspiel ist nicht deckungsgleich mit wörtlicher Rede, meiner Erfahrung nach behindert letztere sogar gelegentlich ersteres.
Und dann: Wenn Archetypen bei deinen Spielern beliebt sind, dann lass sie Archetypen spielen, aber liefere ihnen interessanten Konfliktstoff. Wenn der Zwerg als wichtiges Merkmal Goldgier hat, dann finde einen Weg, das anzuspielen. Ist doch schön und gut, wenn er die Gegner lootet - aber was, wenn er sich zwischen dem Spatz in der Hand (jetzt einen gefangenen Händler ausnehmen) und der Taube auf dem Dach (ihm sein Gold lassen und sich dafür von ihm den Weg zu verborgenen Reichtümern verraten lassen) entscheiden muss? Das klingt jetzt vielleicht nach einem banalen und oberflächlichen inneren Konflikt, aber wenn der Spieler darauf einsteigt, kann das ein erster Ansatzpunkt sein, um die Figur zu vertiefen und ein Gespür für sie bkommen. Ist der Zwerg wagemutig oder auf Sicherheit bedacht?
Die Figuren in solche Konflikte zu stürzen, kann allerdings auch nach hinten losgehen - manche Spieler finden kleine Charakter-Zwickmühlen spaßig, andere haben das Gefühl, dass der SL sie damit nur piesacken und ihnen das Leben schwermachen will und werden bockig ... ich würde auch da eher Angebote machen, als irgendwas zu erzwingen. Wenn die Spieler drauf einsteigen, super, und wenn nicht, dann wollen sie vielleicht einfach killen&looten - dann sollen sie das machen, es hat ja keinen Sinn, Menschen beim Spiel zu etwas "besserem" erziehen zu wollen. Falls es dir dann überhaupt keinen Spaß macht, solltet ihr noch mal gemeinsam drüber reden, was ihr euch jeweils vom Spiel versprecht, ohne im Hintergrund irgendeine Wertung aufzubauen - also bei der Besprechung klar machen, dass killen&looten genauso okay ist wie Charakter-Rollenspiel. Wenn du nämlich das Charakter-Rollenspiel irgendwie höher hängst, läufst du nur Gefahr, die anderen moralisch unter Druck zu setzen, sodass sie in eine Art zu spielen einwilligen, auf die sie eigentlich gar keine Lust haben - und dann werden sie diese Spielweise wahrscheinlich unbewusst immer sabotieren.