Auf jedenfall interessant, Herr Professor!
Einem Charakter Werte auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und Beziehungen zu geben, ist ein spannender Ansatz, den ich im Hinterkopf behalten werde. Allerdings:
noch ist der aufbau des dokumentes etwas verwirrend, ich würde auf keinen fall auf einen begriff bezug nehmen, bevor ich ihn nicht erklärt habe, ausserdem würde ich mir viel mehr und ausführlichere Beispiele wünschen.
Dem kann ich mich nur mit Nachdruck anschließen. Vor allem (aber bei weitem nicht nur) das mit den hierarchischen Eigenschaften hat mich verwirrt. Die Regel an sich ist gut, aber du kannst nicht die Auswirkungen auf die Spielmechanismen erklären, ehe du die Spielmechanismen selbst erklärt hast, das versteht kein Mensch. Zumal du schon bei der Charaktererschaffung von hierarchischen Eigenschaften anfängst, ohne sie dort allerdings näher zu erläutern. Gibt es nur Fähigkeiten als hierarchische Eigenschaften? Wo bekommt man bei der Charaktererschaffung Boni her? Gar nicht?!
Das Konflikt-Prinzip gefällt mir sehr gut (es hat mich auch schon in ragnaroks "Ghosts in the machine" begeistert). Auf kurz oder lang werde ich wohl nicht daran vorbei kommen.
Durch deine 6er-Regel machst du die Sache allerdings komplizierter als notwendig. Ich würde die einfach ersatzlos streichen. Vielleicht statt W6 dann W10 oder W12 nehmen. Obwohl - ich mag W6...
Die Regel für variablen Augment: Ballast, weg damit!
Kleine Ergänzung zu den erweiterten Konflikten: Die Anzahl der eingesetzten AP sollte erzählerisch begründet werden ("Ich teste vorsichtig seine Deckung" = wenige AP, "Ich werfe mich brüllend auf ihn und versuche, mit einem mächtigen Hieb den Kampf zu beenden" = viele AP). Insgesamt fehlt mit bei der Beschreibung der IC-Regeln ein bisschen der Bezug zur Erzählung. Mehr Beispiele!
Zum Thema Heilung von Auswirkungen: Viele Auswirkungen werden sicher auch am Ende der Szene von allein wieder verschwinden, oder?
Zum intendierten Spielablauf: Die Idee, sich In-Play ganz auf einzelne Szenen zu konzentrieren, ist konsequent an der narrativen Idee ausgerichtet, die den Spieler als Zuschauer/Leser sowie als Author/Schauspieler begreift. Simulationism 0%, wie du ja auch in deiner Einführung angedeutet hast. So wird auch die Metaebene, die je bei jedem Rollenspiel existiert, deutlich thematisiert und utilisiert. Ich finde das unter einem phänomenologischen Aspekt interessant. Zu meinem Spielstil passt es allerdings nicht.
Ich verwende zwar gerne literarische oder cineastische Stilmittel. Wenn man aber die IC-Handlung qua Definition als etwas generisches, artifizielles (grob gesagt, etwas künstliches) begreift, schafft man dadurch eine unnötige Distanz zu den Charakteren. Klar kann ich mich auch mit den Charakteren eines guten Romans oder Films hervorragend identifizieren. Aber noch besser geht es eben mit einem Rollenspielcharakter. Nicht umsonst reden wir schließlich in der 1. Person von unseren Charakteren.
Für mich ist es immer noch der erstrebenswerteste Moment im Rollenspiel, wenn die Realitäten sich verschieben und die Spielwelt so real erscheint, dass man ihre Atmosphäre förmlich spüren kann. Wenn man sich so mit dem eigenen Charakter identifiziert, dass die Gefühle des Charakters die eigenen werden. (Freaky, ich weiß.)
Die Narration ist für mich nur ein Mittel, um diesen Zweck zu erreichen. Eine gute Dramaturgie ist sicherlich mit entscheidend, um die Spieler (und mich selbst als SL) zu fesseln. Ebenso wichtig sind aber eine möglichst plastische Darstellung der Szenen und Schauplätze, gute (innere und äußere) Konflikte sowie starke, glaubwürdige und interessante Charaktere (NSCs und SCs). Und,
last but not least, die Bereitschaft aller Mitspieler, sich auf die Spielwelt als etwas zu einem gewissen Grad reales einzulassen. Die
willing suspension of disbelief, wie es wohl mal jemand nannte.
Natürlich gibt es auch bei meiner Art zu spielen eine Meta-Ebene, die allen bewusst ist. Doch es ist mein Bestreben, diese Meta-Ebene so weit wie möglich in den Hintergrund treten zu lassen, wie bei einem Puppenspiel, bei dem man die Fäden der Marionetten fast gar nicht mehr sieht. Deswegen habe ich persönlich Vorbehalte gegen das Konzept eines rein narrativen Spiels.
Insbesondere Diskussion und Abstimmung über den Fortgang des Spiels führt den Mitspielern doch immer wieder sehr deutlich vor Augen, dass sie die Handlung künstlich erschaffen und steuern, dass es sich nicht um etwas autonomes und homogenes handelt. Gleiches gilt für das Schaffen neuer "harter Fakten". Das Schaffen "weicher Fakten" durch die Spieler ist hingegen unproblematisch und wird bei uns schon lange praktiziert. Ebenso unproblematisch ist
Player Empowerment auf der Konfliktebene.