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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Tegres am 15.07.2018 | 20:31

Titel: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Tegres am 15.07.2018 | 20:31
Hallo zusammen,

aus reinem Interesse möchte hier fragen: Was kennt ihr für Regeln, die besonders gut das vom System angetrebte Spielgefühl unterstützen?

Ein Beispiel wäre der Stabilitätsmechanismus bei Cthulhu, der aufgrund der langsamen (und mal auch schnelleren) Abwärtsspirale der Punkte gut den immer weiter angeschlagenen Geisteszustand der Investigatoren im Angesicht des Mythos' abbildet (bitte keine Diskussion zu diesem Punkt machen, es geht nur um ein Beispiel, und ja ich weiß, dass z.B. Delta Green das wesentlich differenzierter handhabt, ich habe es aber noch nicht gespielt).
Ein anderes Beispiel (über das man natürlich wieder diskutieren kann) wäre Gumshoe für Ermittlungsabenteuer, bei dem die grundlegenden Hinweise automatisch gefunden werden und für tiefergehende Erkenntnisse Punkte eingesetzt werden müssen. So rückt der Fokus etwas weg vom Hinweise sammeln hin zum Interpretieren.

Welches System macht seinen Job besonders gut darin, das, was es propagiert, auch durch entsprechende Regeln zu untermauern? Wie wird Intrigenspiel/Exploration/Spielstil X bzw. Spielgefühl Y mit Mechanismen unterstützt?

Ich bin gespannt auf eure Hinweise :)

Sammlung der Antworten
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Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Tarin am 15.07.2018 | 20:44
Dread.

Jenga spielen + Survival Horror funktioniert bestens.
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: General Kong am 15.07.2018 | 20:51
Gumshoes Ermittlungsregeln (Mutant City Blues, Esoterrorists, Trail of Cthulhu etc) geben das Bild von erfahrenen Ermiitlern gut wider, da durch den Einsatz einer Fertigkeit der ermittlungserfolg automatisch gelingt und man die Spur (nicht, was sie bedeutet!) erhält.

Somit entfällt das abrupte Ende der Ermittlungen, nur weil man seinen "Entdecken"-Wurf vergeigt hat und der Sl sich weigert den Handventilator anzuschalten.

Ich finde auch, dass Savage Worlds seinem Anspruch "schnell, spaßig und wild" zu sein, einlöst: Kämpfe sind schnell zu handhaben und die Regeln ermuntern zu originellen Aktionen, der Wild Die und das Explodieren der Würfel führt zu überraschenden Situationen und Resultaten und wenn man daran Spaß hat - dann hat man Spaß! Letzteres ist natürlich Geschmackssache.
Auch löst SW den Anspruch auch große Kämpfe mit vielen Beteiligten gut und rund durchspielbar zu halten, meiner Erfahrung nach ein.

Pendragons System der widerstrebenden Leidenschaft bildet gut das romantische Ritterideal ab.

D20 Modern hat ein zumächst seltsam anmutendes Wealth-System, in dem man für den Erwerb von Ausrüstung (sei es eine Hose, eine Pistole oder einen Kampfhubschrauber) würfeln muss und gegebenenfalls Wealth-Punkte verliert, es bildet aber die Möglichkeit in der jetztzeit, vieles mit Kreditkarte auf Pump zu kaufen bzw. die Tatsache, dass selbst ein 14jähriger heute mehr Gegenstände besitzt als so mancher Adeliger im 14. Jahrhundert, sehr gut ab.
Man kann also ein Auto haben und andere Gegenstände und nicht wie bei vielen anderen Jetztzeitsystemn "alles auf der Ausrüstungsliste" oder ein Auto. Oder nur ne Knarre und kein Auto.

Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Maarzan am 15.07.2018 | 20:53
Paranoia - die Spieler dürfen die Regeln nicht kennen, da sie nicht ihrer Sicherheitsstufe entsprechen. Regeln kennen ist Verrat...

Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Tegres am 15.07.2018 | 20:58
Dread.

Jenga spielen + Survival Horror funktioniert bestens.
Kannst du das bitte etwas mehr ausführen? Ich weiß, dass man bei Dread tot ist, wenn der Jenga-Turm umfällt. Aber wann muss man einen Stein ziehen? Kann man auch wählen zwischen "Risiko - Ich zieh nen Stein und es passiert vielleicht noch was gutes" und "Ich gehe auf Nummer sicher und lasse Aktion X sein"?

Pendragons System der widerstrebenden Leidenschaft bildet gut das romantische Ritterideal ab.
Das war sowas in der Richtung wie "Neugierde 15 - Zurückhaltung 5", stimmt's? Wie wirkt sich das konkret mechanisch im Spiel aus oder ist das nur fluffiger Charakterhintergrund?
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: KhornedBeef am 15.07.2018 | 21:03
Wir hatten hier irgendwo mal einen Sammelthread für solche Mechaniken...
Du hattest es schon angesprochen :) und ich habe neulich nochmal dran gedacht: Delta Green, das eine schlankere Form des Sanity Meter aus Unknown Armies verwendet (dessen Autor ja auch mitwirkt). Was daran schätze: Es macht mechanisch den Sprung vom existenziellen Horror des klassischen CoC zur Militär- und Agentenfiktion von Delta Green. In Kürze: Gewalt, Hilflosigkeit und Widernatürliches setzen deiner Psyche zu. Wenn du deine Probe gegen eine Art von Stress verhaust, gibt dein Geist nach, wie in CoC: Flucht/Kampfreflex, später Geisteskrankheit. Wenn du sie oft genug hintereinander schaffst, akzeptiert dein Geist: meine Welt ist so, und du stumpfst ab. Wo andere im Angesicht gleicher Schrecken zerkrümeln, funktionierst du einfach weiter wie ein Uhrwerk. Der Preis dafür ist nur, dass du allmählich kalt, fatalistisch und ultimativ antithetisch zur normalen Welt wirst. Selbst ohne Mythos.
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: YY am 15.07.2018 | 21:04
Deadlands Classic nutzt Spielkarten und Pokerchips, um Wild-West-Atmosphäre aufkommen zu lassen.

Twilight 2013 verwendet für viele Regelbereiche seiner "Kernkompetenz" (Survival und moderne militärische Konflikte) reale Begriffe und Konzepte, vergisst dabei aber nie, dass alles nur eine spieltaugliche Abstraktion sein kann und behauptet dementsprechend auch nirgends, die einzig wahre realistische Regelabbildung zu haben.
Bonuspunkte für die teils ziemlich ausufernde Erläuterung mancher dieser Regeln :d

Ferner liefen (weil nur eine winzig kleine Einzelregel):
Feng Shui - wer vor dem Angriff mit einer Schrotflinte am Tisch das Durchladen akustisch und mit Gesten nachmacht, bekommt einen Schadensbonus. Völlig bescheuert, ein bisschen kindisch und passt wie die Faust aufs Auge :)
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Dr. Clownerie am 15.07.2018 | 21:13
Das war sowas in der Richtung wie "Neugierde 15 - Zurückhaltung 5", stimmt's? Wie wirkt sich das konkret mechanisch im Spiel aus oder ist das nur fluffiger Charakterhintergrund?

Ganz grob zusammengefasst:
Du musst würfeln wenn der Wert besonders hoch ist oder wenn du möchtest. Bei 15 (oder 16) musst du würfeln und gucken ob du wirklich deiner Neugier nachgibst. Würflest du drunter agierst du getreu deinem Persönlichkeitsmerkmal. Bei 15 wäre es sogar kritisch und du bekommst einen Haken und der Wert kann sich steigern.
Misslingt er Neugierwurf, würfelst du auf Zurückhaltung und handlest entsprechend.
Misslingen beide Würfe handelst du einfach.
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Tarin am 15.07.2018 | 21:52
Kannst du das bitte etwas mehr ausführen? Ich weiß, dass man bei Dread tot ist, wenn der Jenga-Turm umfällt. Aber wann muss man einen Stein ziehen? Kann man auch wählen zwischen "Risiko - Ich zieh nen Stein und es passiert vielleicht noch was gutes" und "Ich gehe auf Nummer sicher und lasse Aktion X sein"?

Die Grundidee ist, dass du bei einer Probe den Stein ziehst. Wenn du es schaffst, ist die Probe erfolgreich. Wenn der Turm fällt, ist dein SC tot. Du kannst jederzeit verweigern zu ziehen, dann scheitert deine Probe allerdings.
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Duck am 16.07.2018 | 13:36
Eigentlich könnte ich hier das komplette Regelwerk von Ten Candles zitieren, ich will mich aber mal auf zwei Punkte beschränken:
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: Tegres am 16.07.2018 | 14:50
Vielen Dank euch.
Ich sammle mal im Startpost eine Zusammenfassung der Antworten.

Edit:
Ferner liefen (weil nur eine winzig kleine Einzelregel):
Feng Shui - wer vor dem Angriff mit einer Schrotflinte am Tisch das Durchladen akustisch und mit Gesten nachmacht, bekommt einen Schadensbonus. Völlig bescheuert, ein bisschen kindisch und passt wie die Faust aufs Auge :)
Was ist denn das angestrebte Spielgefühl bei Feng Shui?
Titel: Re: Regeln, die besonders gut gewisses Spielgefühl unterstützen
Beitrag von: First Orko am 16.07.2018 | 14:59
Hui, wieder mal ein Post, wo ich eins meiner Lieblingssyteme posten darf: Don't rest your head (https://1d4chan.org/wiki/Don%27t_Rest_Your_Head)  ;D

Das Würfelsystem ist 2-dimensional: Es zählt sowohl Würfelwert (Ist die Probe geschafft?) als auch Würfelfarbe (unter welchem Aspekt ist die Sitation abgelaufen?). Dadurch kann es zBsp passieren, dass zwar die Aktion geschafft wurde - aber der Pool "Pain" dominiert und das irgendwas Schmerzhaftes mit dem SC oder ihm Nahestehende passiert.
 Dazu greifen noch Metasysteme wie Müdigkeit und Wahnsinn, Despair Coins usw. ineinander. Das ganze fühlt sich an wie Uhrwerk, das immer schneller und chaotischer läuft (bis die Feder springt => Der SC überschnappt) und unterstützt das Setting exzellent.

Für mich hat kein anderes Spiel einen besseren, fokussierteren Eskalationsmechanismus. Auch - und insbesondere - Cthulhu nicht  :ctlu: ::)