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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: Little Indian #5 am 11.07.2019 | 12:17

Titel: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Little Indian #5 am 11.07.2019 | 12:17
Ich habe jetzt - nach langer Zeit - mal weider ein klassisches Dungeon-Abenteuer geleitet, und zwar Level 3 aus "Dungeon of the Mad Mage" für D&D 5e. Gut, wir haben es nach Tiny Dungeons-Regeln gespielt und nicht den Original D&D-Regeln, aber ich glaube nicht, dass das ein entscheidender Faktor war.

Jetzt wo der Level beendet ist, muss ich aber doch sagen, dass ich doch angemessen enttäuscht bin.

Okay, der Dungeon ist ganz originell und die Materialien sind hübsch (wobei mir allerdnigs die Karte viel zu kompliziert ist - wie soll ich das Gewimmel an Gängen und Höhlen denn dem Kartographen der Gruppe vernünftig vermitteln?).

Aber die Vorgehensweise ist immer dieselbe - Tür auf, Monster plätten, Schätze einsammeln, weiter.
Okay, manchmal muss man auch keine Tür öffnen, sondern durch einen Tunnel kriechen oder um eine Ecke gehen, um auf den nächsten Gegner zu treffen. Aber die meisten Lebewesen im Dungeon sind tatsächlich (mehr oder weniger) hirnlose Monster, mit denen eine andere Interaktion als Kampf nicht möglich (oder vorgesehen ist). Und ich hatte mir von dem Abenteuer etwas mehr veresprochen als ständiges Monsterplätten (was auch Spaß gemacht hat, keine Frage, aber für mich einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlässt).

Klar, es gab auch einzelne Gelegenheiten zum Rollenspiel jenseites des Kampfes, aber die sind doch eher die Ausnahme. Das kann natürlich zum Teil auch an dem von der Gruppe eingechlagenen Weg gelegen haben,
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Und ich bin es bei meiner Gruppe eigentlich gewohnt, dass die sehr gerne mit NSCs interagieren, Pläne machen und sich (immer und immer und immer wieder ::) ) untereinander besprechen und eben nicht nur kämpfen wollen. Klar, sie weichen einem gelegentlichen Schlagabtausch auch nicht unbedingt aus, sehen das aber nicht als eigentliches Ziel des Spiels.

Und da habe ich mich daran erinnert, dass die Dungeon Crawls, die ich (viel) früher gespielt habe - mit DSA1 oder (A)D&D - eigentlich auch immer ähnlich abgelaufen sind und deshalb stellt sind mir die Frage aus dem Betreff: Ist es quasi ein definierendes Merkmal von Dungeon Crawl-Abventeuern, dass es dort allein (oder zumindest primär) ums Metzeln und Schätzesammeln geht? GIbt es auch Gegenbeispiele?

In der Retrospektive ist das verwendete Regelsystem vielleicht doch gar nicht so unwichtig. Bei D&D bekommt man ja Erfahrungspunkte vor allem für dass Überwinden von Monstern und das Schätzesammeln (Ist das eigentlich in der 5e immer noch so? Ich bin da nicht so auf dem Laufenden). Und dann ist es natürlich wichtig, das auch im Fokus des Abenteuers zu halten, weil die Spieler verständlicherweise gerne ihre Figuren aufleveln wollen. Bei Tiny Dungeons gibt es zwar auch die Möglichkeit, sich durch Erfahrung zu verbessern, die ist aber lange nicht so wichtig wie bei D&D und auch nicht so stark vom Überwinden einzelner Hindernisse oder Gegner abhängig.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Ninkasi am 11.07.2019 | 12:23

Und da habe ich mich daran erinnert, dass die Dungeon Crawls, die ich (viel) früher gespielt habe - mit DSA1 oder (A)D&D - eigentlich auch immer ähnlich abgelaufen sind und deshalb stellt sind mir die Frage aus dem Betreff: Ist es quasi ein definierendes Merkmal von Dungeon Crawl-Abventeuern, dass es dort allein (oder zumindest primär) ums Metzeln und Schätzesammeln geht? GIbt es auch Gegenbeispiele?


Da gibt´s bestimmt Gegenbeispiele. Ich meine in dem neuen Buch "Abenteuer gestalten" stand etwas diesbezüglich.
Auswenidig kenne ich da gerade nichts.
Viel liegt auch an der einzelnen Gruppe und etwas am kampflastigen Systemen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: takti der blonde? am 11.07.2019 | 12:27
Zum einen muss man auch mit hirnlosen Monstern nicht immer nur kämpfen. Man kann sie weglocken, sich ihnen vorbei schleichen, sie gegeninander aufhetzen etc. Zum anderen empfinde ich deine Interpretation der Drow als nicht differenziert genug. Oder sind die Drow in dem Dungeon irgendwie besonders "böse" (durch Sporenbefall z.B.)?

Es liegt an den Spielern eine nicht-kämpferische Lösung zu finden, wenn sie das denn wollen.

Grüße

Hasran
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Tegres am 11.07.2019 | 12:29
Ich denke, es gibt eine Menge Dungeons, die an abwechslungs- und interaktionsarmen reinem Gemetzel leiden, aber das ist meiner Meinung nach keine genuine Eigenschaft von Dungeons sondern eine Eigenschaft von schlechten Dungeons.

Es gibt auch genug Gegenbeispiele, bei denen Interaktion mit NSCs oder Monstern eine wichtige Rolle spielt. In der Aborea-Box gibt es zum Beispiel ein Abenteuer, bei dem man eine Frau aus einer Orkhöhle befreien muss. Die Frau ist aber bei den Orks aufgewachsen und will sie gar nicht verlassen. Nur die Aussicht mit einem brutalen Orkhäuptling verheiratet zu werden, lässt sie und ihren orkischen Ziehvater überhaupt verhandlungsbereit machen. Andere Orks in der Höhle sind Verbündete des Orkhäuptlings und werden eventuelle Verhandlungen sabotieren wollen.
Der erste Dungeon in der D&D5-Einsteigerbox kann mit Gemetzel gelöst werden, aber er wird doch deutlich schwerer. Cleveres Vorgehen und Heimlichkeit führen viel leichter zum Ziel.
"Death Frost Doom" für Lamentations of the Flame Princess kann sehr gut ohne Kämpfe gespielt werden, die Charaktere verlieren eh  >;D

Tatsächlich könnte dieser Post doch ein guter Anlass sein, gute Dungeons zu sammeln. Ich mach da am Sonntag ein Thema zu auf, ich muss jetzt leider los.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Pyromancer am 11.07.2019 | 12:30
IUnd da habe ich mich daran erinnert, dass die Dungeon Crawls, die ich (viel) früher gespielt habe - mit DSA1 oder (A)D&D - eigentlich auch immer ähnlich abgelaufen sind und deshalb stellt sind mir die Frage aus dem Betreff: Ist es quasi ein definierendes Merkmal von Dungeon Crawl-Abventeuern, dass es dort allein (oder zumindest primär) ums Metzeln und Schätzesammeln geht?
Was ich aus der Geschichtsstunde weiß ist, dass es ursprünglich in "dungeon crawls" ums Schätzesammeln und um das Vermeiden von Kämpfen ging. Es gab nämlich hauptsächlich Erfahrungspunkte für's Schätze-Bergen, und Kämpfe mit Monstern waren gefährlich und wenig nutzbringend.

In den wenigen Dungeons, die ich in meiner Rollenspiel-Laufbahn bespielt habe, waren Kämpfe auch immer nachrangig.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: nobody@home am 11.07.2019 | 12:33
Also, in der ausdrücklichen D&D-Steinzeit ging's meinem Verständnis nach praktisch nur um's Schätzesammeln. Man erinnert sich, ein Erfahrungspunkt pro Goldstück Schatzwert... ;) Kämpfe konnten natürlich auch vorkommen, aber für's Monsterplätten gab's vergleichsweise wenig (ganz am Anfang womöglich sogar gar keine) Erfahrungspunkte, und speziell "wandernde" Monster hatten in der Regel keine großartigen Wertsachen bei sich, Kämpfe gegen die waren also eher unnötiges Risiko und Ressourcenverschwendung.

Außerdem gab's damals für die Monster ja auch noch ausdrückliche Reaktions- und Moralwürfe, so daß längst nicht jede Begegnung automatisch zu einem Kampf führen und ebenso längst nicht jeder Kampf bis zum letzten Monster ausgefochten werden mußte. Man kann also schon sagen, daß der "typische" D&D-Dungeoncrawl so, wie die Regeln gedacht waren, zumindest in den Anfangsjahren noch eine ganz andere Art von Spiel gewesen sein muß als eben einfach nur "Tür auf, Monster platt, Tür zu". Das ist nur -- und in vernünftigem Rahmen kann man schon sagen: leider -- anscheinend im Lauf der Zeit weitgehend verlorengegangen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: YY am 11.07.2019 | 12:36
Es gehört schon ein gutes Stück weit dazu, ja.

Natürlich kann man das aufweichen und soziale Interaktion/Diplomatie, gewaltfreie Lösungsansätze etc. pp. mit einbringen, aber letztlich geht es immer um eine Reihe von Herausforderungen und zu überstehenden Gefahren (wobei Monster und sonstige potentielle Gegner der Kern dieser "Gefahrensammlung" sind) in einer begrenzten bzw. abgeschlossenen Umgebung auf dem Weg zu irgendeinem Ziel - schließlich geht man ja nicht grundlos in einen Dungeon.

Wenn man sich davon noch deutlicher als durch solche Aufweichungen, Alternativen und Sandbox-Elemente entfernen will, stellt man relativ schnell das ganze Dungeon Crawl-Konzept infrage, wie es "historisch" ja auch der Fall war mit Rollenspielen, die keinen klassischen Dungeon Crawl veranstalten. Dann baut man Abenteuer ganz anders auf und bewegt sich in anderen Umgebungen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: JS am 11.07.2019 | 12:38
Aber die Vorgehensweise ist immer dieselbe - Tür auf, Monster plätten, Schätze einsammeln, weiter.

Das ist auch mein Eindruck, selbst bei vielfältigen Megawerken wie World's Largest Dungeon und Co. Allerdings kamen mir im Laufe der Jahre auch mal einige wenige nette Großdungeons unter, die in so mancher Weise alternative Wege aufzeigten und Möglichkeiten schufen, eine Dungeonwelt aus einer monotonen Metzelödnis zu einer originellen, dynamischen Spielumgebung zu führen. 13th Ages "Eyes of the Stone Thief" gehört dazu, obwohl natürlich auch in diesem Megadungeon die Kampfanzahl nicht gering ist.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: takti der blonde? am 11.07.2019 | 13:00
Es gehört schon ein gutes Stück weit dazu, ja.

Natürlich kann man das aufweichen und soziale Interaktion/Diplomatie, gewaltfreie Lösungsansätze etc. pp. mit einbringen, aber letztlich geht es immer um eine Reihe von Herausforderungen und zu überstehenden Gefahren (wobei Monster und sonstige potentielle Gegner der Kern dieser "Gefahrensammlung" sind) in einer begrenzten bzw. abgeschlossenen Umgebung auf dem Weg zu irgendeinem Ziel - schließlich geht man ja nicht grundlos in einen Dungeon.

Wenn man sich davon noch deutlicher als durch solche Aufweichungen, Alternativen und Sandbox-Elemente entfernen will, stellt man relativ schnell das ganze Dungeon Crawl-Konzept infrage, wie es "historisch" ja auch der Fall war mit Rollenspielen, die keinen klassischen Dungeon Crawl veranstalten. Dann baut man Abenteuer ganz anders auf und bewegt sich in anderen Umgebungen.

Pyromancer schreibt es ja oben schon, aber es lohnt sich zu betonen: ursprünglich (hier möge ein schlauerer Mensch die genaue Quelle benennen) ging es (vor allem?) darum Schätze zu bergen. Die Monster waren eines von vielen möglichen Hindernissen. Es ist also bei weitem keine "Aufweichung" gewaltfreie Lösungsansätze zu propagieren, sondern mindestens "as intended".

Könnte doch nur jemand mit entsprechenden old school credentials substantiell dazu beitragen...na ihr wisst ja, wen ich meine...

Grüße

Hasran
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Supersöldner am 11.07.2019 | 13:03
ja sind sie. Dazu sind sie doch auch da ?
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: D. M_Athair am 11.07.2019 | 13:06
Man kann also schon sagen, daß der "typische" D&D-Dungeoncrawl so, wie die Regeln gedacht waren, zumindest in den Anfangsjahren noch eine ganz andere Art von Spiel gewesen sein muß als eben einfach nur "Tür auf, Monster platt, Tür zu".
Das ist auch bei der Mehrzahl der OSR-Sachen heute noch so. Tatsächlich sind einige LotFP-Dungeons sogar ziemlich monsterarm (und fallenreich).

Wobei ... wenn man "Metzelabenteuer" anders versteht, dann passt es doch wieder: Old School Dungeons sind gut darin SC-Gruppen niederzumetzeln. Wenn ne Gruppe nicht aufpasst ist der TPK schnell da.    :ctlu:


Zitat
Aber die Vorgehensweise ist immer dieselbe - Tür auf, Monster plätten, Schätze einsammeln, weiter.
Das kenne ich in Reinform am ehesten von new school D&D (also D&D 3+). Und von Leuten, die ihre Heroquest(MB)-Erfahrungen aufs Rollenspiel übertragen haben. Die Spielweise ist auch bei Cyber-Dungeons aka Shadowrun verbreitet.

Könnte doch nur jemand mit entsprechenden old school credentials substantiell dazu beitragen...na ihr wisst ja, wen ich meine...
Old-School-Papst Glgnfz?  >;D
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Seraph am 11.07.2019 | 13:11
Super interessantes Thema. Abo!

Das ist auch der Grund, warum Dungeons für mich als SL immer ein Graus zum Vorbereiten sind. Eine riesige und komplexe Karte, gefühlt in jedem 2. Raum einen Kampfencounter und wenig soziale Interaktion. Würde mich über weitere positive Gegenbeispiele freuen!
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: takti der blonde? am 11.07.2019 | 13:13
Das kenne ich in Reinform am ehesten von new school D&D (also D&D 3+). Und von Leuten, die ihre Heroquest(MB)-Erfahrungen aufs Rollenspiel übertragen haben. Die Spielweise ist auch bei Cyber-Dungeons aka Shadowrun verbreitet.

Ich persönlich gebe den Diablo Spielen die Schuld...;)

Zitat
Old-School-Papst Glgnfz?  >;D

 :d :headbang:

Zitat
Das ist auch bei der Mehrzahl der OSR-Sachen heute noch so. Tatsächlich sind einige LotFP-Dungeons sogar ziemlich monsterarm (und fallenreich).

Gerade Fallen sind eine gute Möglichkeit, um den modus operandi einer Gruppe ein bisschen durchzuschütteln. Wobei ich zugegebenermaßen selbst noch daran feile wie ich Fallen am liebsten einsetze.

Grüße

Hasran
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: JS am 11.07.2019 | 13:19
Das ist auch der Grund, warum Dungeons für mich als SL immer ein Graus zum Vorbereiten sind. Eine riesige und komplexe Karte, gefühlt in jedem 2. Raum einen Kampfencounter und wenig soziale Interaktion. Würde mich über weitere positive Gegenbeispiele freuen!

Nur nebenbei, weil es am Rande dazu und zu deinem Problem paßt: Mit iPad oder PC kannst du auf Programme zugreifen, die gerade Crawls und Kämpfe für den SL enorm erleichtern. Roll20 oder Fantasy Grounds auf PC/Mac bieten z.B. eine Vielzahl an Systemen an, Game Master 5th Edition zusammen mit Goodnotes 5 sind mit iPad sehr gut für D&D 5 (Goodnotes sogar generisch) usw.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Crimson King am 11.07.2019 | 13:36
Monsterarme Dungeons sind in den meisten Fällen wesentlich plausibler. So voll, wie manche Dungeons sind, fragt man sich zum einen, wie der Laden logistisch funktionieren soll, und zum anderen, wieso die nicht alle längst überheinander her gefallen sind.

Dementsprechend finde ich es immer interessant, wenn man so etwas wie eine Dungeon-Historie und -Soziologie mitentwickelt. Wer und was war und ist hier und warum? Und wie gehen die miteinander um? Wenn man die Fragen plausibel beantwortet, bekommt man meistens einen Dungeon, der kein reines Metzelabenteuer ist.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: 6 am 11.07.2019 | 13:40
So eine Monstersoziologie würde, wenn ich mich richtig erinnere, bereits rudimentär dem SL in der roten Box als Tipp bzw. Hinweis zur Dungeonerzeugung mitgegeben.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Crimson King am 11.07.2019 | 13:47
So eine Monstersoziologie würde, wenn ich mich richtig erinnere, bereits rudimentär dem SL in der roten Box als Tipp bzw. Hinweis zur Dungeonerzeugung mitgegeben.

Ja, dass die Idee steinalt ist, ist klar. Sie wird halt oft genug nicht umgesetzt.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: First Orko am 11.07.2019 | 13:51
Ich habe gerade erste wieder das Beyond the Wall-Einstiegsabenteuer "Feenhandel" hinter mir. Da ist (u.a.) ein 5-Raum-Mikrodungeon enthalten, den ich bis jetzt 2 mal geleitet habe. Darin enthalten:

* Agressives Wurzelwerk (reagiert auf Feuer von Fackeln, ansonsten harmlos)
* eine Leuchtpilzhöhle
* eine Goblinbegegnung (Motivation: Goblins klauen Rattenbabies und werden dabei gestört, kein Muss-Kampf!)
* eine Abzweigung mit einer Kletter-Herausforderung und einem Schatz unten

Das Ganze ist aber derart konsistent in die Abläufe eingebunden, dass man als SL kein Problem hat, auf jede Aktion der Spieler zu reagieren und ggf. Fragen zu beantworten. Das hat mir als SL jetzt endlich mal klargemacht, was die Faszination am Dungeon ist: Innerhalb eines abgeschlossenen Bereichs mit begrenzten Ressourcen (dazu gehören: Waffen, Zauber, eigene TPs, Wissen über Gegner und Welt, Attribute, bisher erkundete Gänge usw.) klarzukommen und "das Beste daraus" zu machen.
Das Ding kam bei beiden Spielergruppen sehr gut an.

Sobald ich eine Dungeonbegegnung als SL nicht nur als Kampfinitionation betrachte sondern eine Motivation (Und sei sie noch so minimal!) hinzufüge, eröffne ich den Spielern Möglichkeiten, anders damit umzugehen.
Jetzt brauche ich nur noch Spieler, die dies Möglichkeiten erkennen! Und das benötigt heutzutage mitunter ein bißchen "Erziehung" - hart: durch Charaktertode, soft: durch Hinweise, Motivation.

Naja und dann brauch ich halt noch einen Dungeon, der die Voraussetzungen dafür mitbringt. Meiner Erfahrung nach sind die nicht so leicht zu finden, aber da gibt es hier sicher genug Know-How für Empfehlungen  ^-^

Fazit: Ja, können sie sein - wenn SL und Spieler es darauf begrenzen. Nein, wollen sie eigentlich nicht sein - aber dafür muss man voher Arbeit reinstecken.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Calris am 11.07.2019 | 13:59
Es gibt ja durchaus die Möglichkeit einen durch bestimmte Umstände wie Verschüttung, Wassereinbruch, Bodeneinsturz, Gasaustritt spannender zu machen.
Da lassen sich sicherlich einige Filme heranziehen in denen Höhlenforscher sich plötzlich in einem Höhlensystem wiederfinden, mal mit, mal ohne Monster darin :)

Das Ganze kann dann zu einem spannenden Survival-Abenteuer werden das den Helden auf die Psyche schlägt, Hunger, Durst und Orientierungslosigkeit ihren Tribut zollen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: nobody@home am 11.07.2019 | 14:00
Ja, dass die Idee steinalt ist, ist klar. Sie wird halt oft genug nicht umgesetzt.

Man könnte also auch sagen: ja, schlechte Dungeoncrawls sind meistens reine Metzelabenteuer. Kombiniert man diese Erkenntnis jetzt noch mit Sturgeons Offenbarung ("90% von allem sind Mist"), so daß sich folgern läßt, daß die guten Dungeoncrawls fast zwangsläufig in der Minderheit sind... ;)
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: korknadel am 11.07.2019 | 14:13
"Per Definition" -- oh ja, lasst uns mal wieder einen Begriff definieren, das hatten wir schon so lange nicht mehr!  ~;D

Ich habe ja in den letzten Jahren einige Dungeons und dungeonartige Abenteuer geleitet (DCC) und hatte diesen Eindruck -- Tür auf, Monster plätten, Schätze raus -- eigentlich eher weniger. Natürlich kommt so ein Monster auch mal vor, aber oft mit einem Twist und in Kombination mit Rätseln, Fallen etc. Besonders gut hat mir von DCC die Nummer 70 "Jewels of the Carnifex" als Dungeon gefallen. Es geht da natürlich tatsächlich nicht so krass um NPC-Interaktion in diesen Abenteuern, aber die meiste Zeit verbringen die Spieler schon mit Planen und Hirnen und nicht mit Metzeln -- und wie Athair schon richtig feststellte: eine metzelnde Gruppe wird am schnellsten gemetzelt.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Luxferre am 11.07.2019 | 14:16
Ganz klar: nein.

Es gibt neben dem Gemetzel auch noch zig andere Dinge, die getan werden müssen: Rätsel lösen, (a)soziale Interaktion, Fallen finden und entschärfen, Nahrungssuche/Überleben, Allianzen schmieden, Schätze suchen, ...

Allerdings liegt der Fokus für mich im Überwinden von Herausforderungen in einem Mikrosetting mit einer ganz eigenen Dynamik. Mit dieser Prämisse kann man diesen Verliesen auch eine eigene Identität und etwas Leben einhauchen. Für mich "leben" diese Dinger halt irgendwie auch. Wie mein Privathaus halt auch.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Bildpunkt am 11.07.2019 | 14:16
Man könnte einen Dungeon auch eher Richtung Exploration spielen , sei es Gralssuche wie bei Indy oder untergegangene Zivilisation.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Rhylthar am 11.07.2019 | 14:39
Hm, könnte es auch in Deinem Beispiel daran liegen, dass Du "nur" Level 3 aus DotMM gespielt hast?

Gibt ja durchaus ein paar Level, in denen es anders läuft, z. B. Wyllowwood (5) oder Dweomercore (9). Auch fehlt natürlich gerade eine Sache, die bei größeren/tieferen Dungeons häufiger vorkommt: Der Rückweg und die damit verbundene Änderung des Dungeons. Wenn es vorher vielleicht tatsächlich nur Metzelei war, könnte es auf dem Rückweg ja aufgrund der Vorkommnisse auch durchaus anders aussehen.

Weiterhin ist es halt auch 5E und Du hast das Level wohl "passend" gespielt (vom Level). Nimmt man den künstlichen Schutz dieses Dungeons heraus, hätte es die Gruppe auch direkt tiefer verschlagen können (über die Portale) und da ist Metzeln u. U. eine ganz dumme Idee.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Nicht per Definition. Ich finde nur, man muss als SL häufig ein wenig mehr Arbeit reinstecken, damit es nicht darin endet.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Luxferre am 11.07.2019 | 14:54
Nachtrag/-tritt: in jedem "guten"TM Dungeon muss mindestens ein SC sterben  >;D
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: 6 am 11.07.2019 | 14:55
Ja, dass die Idee steinalt ist, ist klar. Sie wird halt oft genug nicht umgesetzt.
war nur ein Einwurf, keine Erwiderung. :)
Also "Hossa! Ich erinnere mich da an was!"
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Seraph am 11.07.2019 | 14:59
Man könnte einen Dungeon auch eher Richtung Exploration spielen , sei es Gralssuche wie bei Indy oder untergegangene Zivilisation.

Ja! Mehr davon, bitte :)
Die Encounter könnten dann z.B. darin bestehen, nicht Monster zu bekämpfen, sondern verschiedene Schlüsselpositionen im Dungeon zu finden und parallel zu aktivieren, die Tore öffnende Artefakte zu finden oder auch gegen die Einflüsse der Natür (Dungeon wird langsam unter Wasser gesetzt) anzukommen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: BobMorane am 11.07.2019 | 15:02
Das alte D&D Abenteuer Rahasia ist auch ein schönes beispiel für einen Dungeon in dem es nicht nur aufs metzeln ankommt.

Die SC sollen die namensgebende Elfenprinzessin befreien, die sich in der Gewalt von Hexenschwestern befindet. Diese haben sich in enem Tempel des Elfenvolkes verschanzt und die Prietser vor Ort magisch versklavt.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Eismann am 11.07.2019 | 15:09
Wenn ich da so an Shadowrun denke, wo bisweilen ewig über Lageplänen, Patrouillenwegen und Sicherungsmaßnahmen gebrütet wird, um möglichst nicht bei dem erwischt zu werden, was man halt eben so vor hat, dann würde ich sagen, dass es sich a) auch nur um Hightech-Dungeons handelt und b) häufig versucht wird gar nicht erst bemerkt zu werden.
Außer man greift direkt zu Plan B wie "Bullets".
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Megavolt am 11.07.2019 | 15:30
Meine Analogie wäre nicht "Dungeon Crawl = Metzelabenteuer", sondern stattdessen "DnD = Metzelabenteuer"

Die Einschätzung rührt aus meinen Erfahrungen mit der OSR her, wo die Dungeons immer alle weird bis bat shit crazy sind und wo es genau darum geht. Meine Einschätzung von DnD mag daher rühren, dass ich von DnD nur echt wenig Plan habe.

Wenn ich mir aber so DnD Sachen anschaue, wie White Plume Mountain oder Tomb of Horror und Konsorten, dann ist das noch näher an meinem Verständnis von OSR und bei beiden Abenteuern gehts zum Beispiel nicht ums Kämpfen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: rillenmanni am 11.07.2019 | 15:52
Da wurde ja nun schon einiges geschrieben, während ich brav gearbeitet habe. :) Ich will auch mitreden!

Es gibt eben einfach ganz unterschiedliche Ansätze. Ob sie nun eher ursprünglich sind, auf Konflikt ausgelegt (mE oft: Bier & Bretzel), ob sie als atmosphärische Bühne dienen, ob sie als Teil der Handlung erforscht und genutzt werden müssen (weil das Abenteuer eben nicht rein ortsbasiert ist, sondern auch handlungs- und/oder beziehungsbasiert) etc.

Manchmal sind die Dungeons auch einfach nicht gut, dh ohne Bedacht konstruiert. Das Stichwort Soziologie fiel hier schon, und dann gibt es natürlich die ganz profanen Dungeonbeschaffenheiten. Wenn ich ein ganz einfaches und dabei sehr bekanntes Negativbeispiel nennen mag: Silvanas Befreiung aus der DSA1-Basisbox. Wir haben hier einen sehr kleinen Dungeon mit kurzen Distanzen zwischen den Räumen, der natürlich einigermaßen hellhörig ist. Eigtl geht es darum, die olle S. zu befreien (dh sie auch nicht unnötig in Gefahr zu bringen). Aber schon der Einstieg ist auf Krach vorprogrammiert, und es gibt auch im weiteren Verlauf nur sehr bedingt die Möglichkeit, leise zu sein. Ein Kampf ist nun einmal nicht leise, außer man vermeidet ihn, oder besitzt & nutzt andere Möglichkeiten, ihn leise zu machen. Aber ich glaube nicht, das dieses Abenteuer für Helden-Rookies lösbar ist ohne dass sich die Gegner frühzeitig versammeln und darüber einen zu großen Vorteil erlangen, WENN der SL die Fünfe nicht gerade sein lässt und beide Augen zudrückt.

Davon abgesehen muss "Dungeon" ja nicht auf finstere Tunnel beschränkt sein. Grundsätzlich kann man jedes unübersichtliche Gebiet wie einen Dungeon spielen.

Beispiele zu nennen ist eigtl müßig, weil sie am Ende den Eindruck erwecken, es könnte sich um bloße Sonderlocken im Einheitshaarschnitt der Metzel-Dungeons handeln. Ich denke mal, dass es da eine Menge gibt. Ein paar Beispiele, die heute noch nicht genannt wurden:

# Lamentations: Forgive us!
# Lamentations: The God that crawls

Lamentations-Abenteuer wurde ja mit gutem Grund schon genannt, weil das gesamte System sehr die ursprüngliche Idee betont. Es gibt da Schwankungen, und auch die beiden von mir genannten Abenteuer haben unterschiedliche Tendenzen (in God that crawls gibt es genau einen Gegner, und den willst du nicht sehen!). Beide sind TPK-Fallen, und es liegt an den Spielern, die Situation ihrer SC über diesem Level zu halten. (Wobei Lamentations leider ein wenig zu Unfairness neigt, was der ursprünglichen Idee abträglich ist - Bürger Dirk Remmecke mag mir hier zustimmen.)

# DSA1: Der Orkenhort

Man glaubt es nicht! :) Bedingt durch die Hintergrundgeschichte eröffnet sich hier ein Dungeon, der die ganz ursprünglichen Ideen bedient: a) Schaffe möglichst viel an Wert raus, b) benutze deinen Grips, um deine Chancen (Würfeln!) zu verbessern, c) vermeide jeden Kampf, und wo das nicht geht, siehe b).
Für mich einer der "most underrated dungeons". :) - Für die wenigen von euch, die es ob meines ständigen Herausposaunens noch nicht wissen: Ich hatte den Dungeon 2008 oder 09 nach 21/22 Jahren Pause erneut als Spieler erlebt und als einziger (!) überlebt, weil ich bis zum Schluss im Sinne des Dungeons agiert habe. :)

# DSA4: Unter Wudu
# Systemfrei: Kidnap the Archpriest

Das sind eigtl beides sog. "Heists". In den Dungeon-Teilen des Abenteuers geht es darum, nicht negativ bzw gar nicht aufzufallen, und überdies sollte Vorsorge für die Flucht getroffen worden sein. Wer in die Bredouille einer kämpferischen Handlung gerät, sollte - und kann, das Abenteuer lässt das ja zu - zusehen, leise zu sein und ggf die Spuren zu verwischen. Kidnap the Archpriest ist eigtl weniger Abenteuer, als eher Baukasten, aber mE eine echte Granate.

# Traveller: Nacht der Entscheidung

Wurde das echt noch nicht genannt? :) - Hier ist die von Invasoren eingenommen Stadt der Dungeon, und die SC müssen irgendwie von A nach B gelangen, einmal mittendurch. Und wer nicht kreativ ist, Optionen nicht nutzt, wer in unnötige Kämpfe verstrickt wird, der wird scheitern. Das ist ein echter Klassiker.

# LabLord: Höhlen der Fäulnis

Hier weiß ich ehrlich gesagt gar nicht: Ich liebe dieses Abenteuer, weil es in seiner Schlichtheit so gut angelegt ist, aber es war doch ein ziemliches Gemetzel! :) Vielleicht lag es auch daran, dass wir alle ziemlich viele Mietlinge mitnehmen durften. Da war es mit der Heimlichkeit ohnehin nicht weit her. Grundsätzlich aber lohnt es sich auch hier, heimlich und gewieft vorzugehen, um die Gegebenheiten nutzend die Höhle zu befreien!
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Little Indian #5 am 11.07.2019 | 21:56
Nicht per Definition. Ich finde nur, man muss als SL häufig ein wenig mehr Arbeit reinstecken, damit es nicht darin endet.

Ja, da könnte was dran sein. Da ich im Moment wenig Zeit für Abenteuervorbereitung habe, nehme ich die Abenteuer meist so wie sie sind und peppe sie nur wenig mit eigenen Elementen auf. Dass die Gruppe wenig Interesse an sozialer Interaktion oder an Konfliktlösung jenseits von Gewaltanwendung hatte, kann auch daran liegen, dass es von Anfang an das erklärte Primärziel war, den Dungeon einfach nur zu durchqueren (auf dem Weg nach Skullport). Da halten lange Gespräche eigentlich eher auf. Es ist allerdings sonst auch nicht gerade so, dass meine Spielergruppe sich immer geradewags auf den Weg zum Missionsziel macht. Die lassen sich schon sehr gerne mal von irgendwelchen Nebensächlichkeiten ablenken.

@ hassran, YY und andere:
Es stimmt natürlich, dass man Monster auch auf andere Weise überwinden kann als durch einen direkten Angriff (Magie, Schleichen, Fallstellen usw.). Das hätte ich mir bei meinen Spielern etwas mehr gewünscht. Vielleicht sollte ich mal ein etwas tödlicheres Regelsystem verwenden, um den Glauben an die Effektivität des Frontalangriffs etwas zu erschüttern. Allerdings gibt es in diesem Dungeon schon auch einige böse und aggressive Monster, die recht plötzlich auftauchen, was ein gewaltfreies Vorgehen sehr erschwert.
Einen gewichtigen Unterschied zwischen Fallen und Monstern sehe ich in diesem Zusammenhang eigentlich nicht. Fallen sind doch eigentlich nur mechanische (oder magische) meist immobile Monster. Allerdings fällt mir jetzt auf, dass der Level tatsächlich fast völlig fallenfrei ist. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass dort noch ziemlich viele intelligente Wesen leben, für die es schon sehr mühselig wäre, sich dauernd durch irgendwelche verminten Gänge vorzubewegen.

@hassran:
Vielleicht unterlige ich da einem Vorurteil, aber ein differenzierte Interpretation von Drow - zumindest wenn es um den Umgang mit anderen Völkern geht - habe ich bisher nicht wahrgenommen. Natürlich gibt es Ausnahmen (wie etwa Drizzt), aber ansonsten sehen Drow andere Völker doch eigentlich immer als Ressource an, die man ausbeutet (als Nahrung, Sklaven oder Opfergaben). Bestenfalls heuern sie Nicht-Drow mal als Söldner an. Um als (halbwegs) Gleichberechtigte mit ihnen verhandeln zu können, muss man entweder deutlich mächtiger sein als sie oder aber etwas besitzen, dass sie haben wollen (eine wichtige Geisel zum Beispiel). Somit ist eine sinnvolle soziale Interaktion einer kleinen Abenteurergruppe, die (wie es in dem Abenteuer der Fall ist) auf eine deutlich überlegene Drow-Einheit trifft, ziemlich schwer. In dem Abenteuer wäre es tatsächlich sogar für die Gruppe machbar gewesen, eine bessere Verhandlungsposition zu erlangen, da sie eine wichtige Geisel hätten erhalten können (wobei sie allerdings nicht wussten, wie wichtig die Person war). Die Idee mit der Geiselnahme wurde von ihnen auch diskutiert, aber verworfen.
Vielleicht habe ich da ein paar wichtige Quellen über Drow übersehen, aber das was ich bisher über sie gefunden habe (und der Inhalt des Abenteuers) bestätigen meines Erachtens meine Interpretation.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: schneeland am 11.07.2019 | 22:39
Vielleicht habe ich da ein paar wichtige Quellen über Drow übersehen, aber das was ich bisher über sie gefunden habe (und der Inhalt des Abenteuers) bestätigen meines Erachtens meine Interpretation.

Grundsätzlich kommt das, glaube ich, schon hin. Wobei es zumindest denkbar wäre, sie auch als berechnende Opportunisten, mit teilweise vorhandenem eigenen Ehrencodex zu spielen (wie Jarlaxle und die Bregan D'aerthe (https://forgottenrealms.fandom.com/wiki/Bregan_D%27aerthe)).
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Greifenklaue am 11.07.2019 | 22:44
Ich habe jetzt - nach langer Zeit - mal weider ein klassisches Dungeon-Abenteuer geleitet, und zwar Level 3 aus "Dungeon of the Mad Mage" für D&D 5e. Gut, wir haben es nach Tiny Dungeons-Regeln gespielt und nicht den Original D&D-Regeln, aber ich glaube nicht, dass das ein entscheidender Faktor war.
Metzelabenteuer = Hack'n'Slay ungleich taktisches Kämpfen

Kann ich bei Tiny Dungeons nicht beurteilen, ob es taktisches Kämpfen unterstützt oder nicht.

Dazu sollte ein Dungeon immer einen guten Exploring-Aspekt besitzen, nimm beispielsweise den Einstiegsdungeon in der Starterbox. Der ist einfach interessant zu erforschen und hat verschiedene Wege und Möglichkeiten.

Wer Spaß an Rätseln und Fallen ausknobeln hat, sollte auch nicht zu kurz kommen.

Zuguterletzt gilt, je größer der Dungeon, desto eher lohnt es sich die verschiedenen Fraktionen kennenzulernen und gegeneinander auszuspielen. Im ersten Level des Dungeon od the Mad Mage gibt es zwei konkurrierende Gruppen. Wenn ich natürlich alles tothaue, wird es schwierig!
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: YY am 11.07.2019 | 22:54
Vielleicht sollte ich mal ein etwas tödlicheres Regelsystem verwenden, um den Glauben an die Effektivität des Frontalangriffs etwas zu erschüttern.

Ja, ist ja schon angeklungen: Das Regelwerk und damit verbunden der Spielstil sind dafür zentrale Aspekte.
Wenn man "combat as sport" spielt, braucht man natürlich gar nicht an andere Löungswege denken, weil die Frontalmethode relativ zuverlässig funktioniert.

Sobald man das anders macht, ändert sich die Herangehensweise deutlich - das muss man als SL dann aber erstens zulassen und zweitens auch ein Stück weit einfordern.

Wenn ich da so an Shadowrun denke, wo bisweilen ewig über Lageplänen, Patrouillenwegen und Sicherungsmaßnahmen gebrütet wird, um möglichst nicht bei dem erwischt zu werden, was man halt eben so vor hat, dann würde ich sagen, dass es sich a) auch nur um Hightech-Dungeons handelt und b) häufig versucht wird gar nicht erst bemerkt zu werden.

Das ist dann allerdings mMn das SR-Gegenstück zum stumpfen Haudrauf-Dungeon, nämlich leicht bis mittelschwer dysfunktional - auch wenn die Probleme eigene/andere sind. 
Mit anderen Ansätzen löst sich die Planungsstarre in Wohlgefallen auf.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: takti der blonde? am 11.07.2019 | 23:20
Zur Darstellung der Drow: im Groben und Ganzen hast du recht. Aber ich denke, dass auch im Rahmen dessen sich Möglichkeiten zur Handlung finden, die nicht in direkter Konfrontation münden müssen. Schneeland hat ja schon ein paar Sachen angedeutet. Vielleicht wollen die Drow ja auch nur einen Tribut aus den Abenteurern erpressen? Oder sie versuchen aktiv den Konflikt zu vermeiden, weil sie einem Kampf für zu ressourcen-aufwändig halten (um dann später den SCs in den Rücken zu fallen). Bei einem mega Dungeon kann ich mir auch vorstellen, dass man sich einen Waffenstillstand zu erhandeln versucht, weil bereits zu viele Fronten offen sind.
Aber du hast natürlich recht, es gibt Völker mit deutlich breiterem Spektrum an Handlungsmöglichkeiten.

Grüße

Hasran
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: tartex am 12.07.2019 | 01:04
Ich denke, es gibt eine Menge Dungeons, die an abwechslungs- und interaktionsarmen reinem Gemetzel leiden, aber das ist meiner Meinung nach keine genuine Eigenschaft von Dungeons sondern eine Eigenschaft von schlechten Dungeons.

Ich habe noch keine Gruppe von über 14jährigen erlebt, die z.B. bei Silvanas Befreiung die Orkfamilie (den zweiten Encounter) gemetzelt hätten. Okay, abgesehen von der Ulisses-Let's-Play-Gruppe, die da mit der Einstellung "Alte Abenteuer sind Scheiße, da soll man alles töten, deshalb bringen wir die jetzt um, und dann motzen wir rum, wie Scheiße alte Abenteuer da sind, weil wir da einfach alles töten." rangegangen ist.

Ein guter Dungeon bietet einen soliden Mix aus Exploration, sozialen und Action-Encountern, die sich je nach Spielerverhalten natürlich in jedem Fall drehen können.  Am ödesten finde ich persönlich übrigens leere (und verwinkelte) Dungeons, wo es nichts zu finden gibt. Dann lieber noch ein reines Schlachtbrett.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Feuersänger am 12.07.2019 | 03:45
Schöner Thread übrigens. Abo, weitermachen. ^^
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Pyromancer am 12.07.2019 | 07:20
# Traveller: Nacht der Entscheidung

Wurde das echt noch nicht genannt? :) - Hier ist die von Invasoren eingenommen Stadt der Dungeon, und die SC müssen irgendwie von A nach B gelangen, einmal mittendurch. Und wer nicht kreativ ist, Optionen nicht nutzt, wer in unnötige Kämpfe verstrickt wird, der wird scheitern. Das ist ein echter Klassiker.

Die Krux da ist, dass es nicht wie ein Dungeon aussieht und die Kraftverhältnisse (Invasions-Streitmacht in Divisionsstärke vs. 4-6 Spieler-Charaktere) so klar sind, dass Kampf von vorne herein aussichtslos erscheint. D.h. es wird hier keine falsche Erwartungshaltung an dumpfes Dungeon-Crawl-Metzeln geweckt, weswegen es die Spieler wahrscheinlich auch nicht machen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Crimson King am 12.07.2019 | 08:30
Kurzer OT-Einwurf zu Drow:

Ich hatte vor ca. 25 Jahren die Drow of the Underdark-Box erworben, in der die Drow-Kultur weit ausgearbeitet wird. Da wird einerseits klargestellt, dass die Lolth-Anhänger unter den Drow vollkommen dominant sind, d.h. wenn man auf Drow trifft, werden die sich höchstwahrscheinlich maximalarschig und hinterfotzig verhalten. Das heißt nicht, dass man mit denen nicht verhandeln könnte. Man darf ihnen nur keinen Meter weit vertrauen, was die Einhaltung von Verhandlungsergebnissen angeht.

Es gibt außerhalb der Lolth-dominierten Städte Splittergruppen, die andere Götter anbeten, ggf. sogar welche, die in Bezug auf Götter flexibel sind. Im Detail weiß ich das nicht mehr, weil das alles zu lange her ist. Diese Drow sind jedenfalls nicht zwangsläufig chaotisch böse.

Generell wird in dem Buch klar gemacht, dass das böse Verhalten der Drow nicht durch ihre Natur bedingt ist, sondern ausschließlich durch ihre Kultur.

Ich weiß auf der anderen Seite nicht, ob neuere Supplements da etwas überschreiben.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Huhn am 12.07.2019 | 08:38
Ich teile den Eindruck des Threaderstellers, dass viele Dungeons Crawls eindeutig zu viel Monsterschnetzelei beinhalten. Aber wie hier im Thread auch von vielen schon gesagt wurde, ist das ja auch eher ein Zeichen eines langweiligen/schlechten Dungeons und nicht Grundvoraussetzung für einen solchen. Ein guter Dungeon beinhaltet halt noch mehr als zu tötende Monster.

Andreas Melhorn gibt in "Abenteuer Gestalten" eine ganze Reihe Elemente an, die in einem Dungeon eine Rolle spielen können (Zeit, Motivation, Information, Taktik, Monster, Bewegung, (Beleuchtung)) und weitere Elemente, denen SC im Dungeon begegnen können (Antagonisten, Fallen, Schätze, Tricks, Nichts). In beiden Fällen sind Monster/Antagonisten nur eine Möglichkeit. Ein guter Dungeon zeichnet sich durch eine gelungene Mischung der Elemente aus, denke ich.

Melhorn unterscheidet des Weiteren zwischen zwei Arten von Dungeons: "Dungeon als Sportarena" und "Dungeon als Kriegsschauplatz". Die Sportarena ist das, was die meisten Dungeons heute machen: Eine Reihe von wohlbalancierten Encountern mit üblicherweise einem stimmigen Grundthema (Der Dungeon des Nekromanten beinhaltet Skelette etc.). Der Dungeon als Kriegsschauplatz hingegen ist nicht unbedingt fair - statt einzelner Encounter handelt es sich um einen Raumkomplex mit Gefahren, die nicht unbedingt der Gruppenstärke angepasst sind und die zudem noch aufeinander reagieren (wer Krawall macht, lockt vielleicht das dicke Vieh von nebenan an). Dadurch wird der Raum zum "taktischen Kriegsschauplatz", den die SC kreativ nutzen müssen, um weiterzukommen. Monster sind dabei nicht unbedingt zu besiegen - sie können z.B.  auch in ihre eigenen Fallen gelockt oder umgangen werden. Modernes D&D ist Sportarena. OSR ist für mich eher Kriegsschauplatz.
Der "Dungeon als Sportarena" ist statisch und somit für die SL leichter zu handhaben, der "Dungeon als Kriegsschauplatz" ist dynamisch und stellt damit höhere Anforderungen an die SL, ist dafür aber tendentiell in der Vorbereitung einfacher, weil man eben einfach alles reinschmeissen kann ohne auf Encounterstärke etc. zu achten.

Realismus im Dungeon ("Woher kriegen all die Orks hier eigentlich ihr Frühstücksbuffet?", "Warum ersticken wir hier unten nicht alle?", "Warum frisst die Sphinx nicht einfach alle Goblins auf?") hält Melhorn nur insofern für angebracht, als er zum Spielspaß beiträgt - also wenn etwa das ausgeklügelte Belüftungssystem den SC als Geheimgang dienen kann oder so. Gruppenabhängig kann auch mehr oder weniger Realismus erwartet werden. Es gibt ja Leute, die sich gerne über sowas Gedanken machen. Mir hingegen ist diese Art Realismus eher unwichtig. Wenn ich mir Gedanken über die Bewetterung großer Schachtanlagen machen möchte, lese ich ein Sachbuch und spiele keinen Dungeon Crawl. Übermäßig viel "Realismus" im Dungeon macht einem übrigens zuverlässig jedes Spielsystem madig - ein Freund von mir hat mal ausgerechnet, wie man in Pathfinder eine monopolistische Franchise-Tavernenkette à la McDonalds eröffnen könnte, wenn man nur einen einzigen Dungeon geschafft hat. Darüber war er dann total sauer und hat monatelang versucht, das Geld- und Belohnungssystem in Pathfinder zu "verbessern". ;D Melhorn meint dazu schon ganz richtig, dass wer anfängt sich über solche Dinge Gedanken zu machen, sich ernsthaft fragen sollte, ob diese Art Abenteuer überhaupt das richtige für diese Gruppe ist. Denn ein guter Dungeon erfreut (zumindest mich) eben auch durch seine gewisse Prise "Weil isso!" (meine Worte, nicht die von Melhorn).  ~;D

Schöne Dungeonideen stecken für meinen Geschmack übrigens in den Fighting Fantasy-Spielbüchern. Auf sowas hätte ich ja als SL wie als Spielerin mal Lust. Weniger und knackigere Kämpfe, dafür viele interessante Räume mit Fallen und Rätseln. Und keinerlei Logik, warum sich da wo was und wie befindet.  :d
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: YY am 12.07.2019 | 09:07
Modernes D&D ist Sportarena. OSR ist für mich eher Kriegsschauplatz.

Ja, eben CaS vs. CaW.
Wann da für D&D der flächendeckende Umbruch zu CaS kam, weiß ich so auf Anhieb nicht - gefühlt irgendwann, als eine 3 an der Edition stand.
Gerade fürs Dungeoncrawling war das mMn insofern eine Fehlentwicklung, weil hauptsächlich deswegen der Schwenk zum "Metzeldungeon" ziemlich vorprogrammiert war.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Feuersänger am 12.07.2019 | 09:31
Hmmmh.
In unserem Jargon File (siehe Sig) hatten wir ja eine recht flapsige Beschreibung gewählt:
Dungeon: wörtlich "Verlies", geläufige Übertragung auch "Gewölbe". Typischer Schauplatz von Abenteuern in Fantasy-RPGs. Gemeint ist ein abgeschlossener (oft unterirdischer) Bereich, der auch verzweigt sein und aus mehreren Ebenen bestehen kann. Er ist in der Regel von diversen Monstern bevölkert, mit Fallen durchsetzt und mit Schätzen bestückt, die von den Spielern jeweils bekämpft, überwunden und eingesackt werden wollen. Am Ende steht oft ein besonders harter Gegner (genannt "Boss") und ein -> Macguffin, das nicht selten die einzige konkrete (In-Character) Motivation bietet, den Dungeon überhaupt zu durchkrauchen. Diese Tätigkeit nennt man Dungeoncrawl.

Was natürlich so etwas grob ist, da auf andere Interaktionen mit Dungeonbewohnern als Kampf überhaupt nicht eingegangen wird.
Wenn ich aber mal so drüber nachdenke, kamen glaub ich schon gerade in den älteren Dungeonmodulen, die ich so kenne, nichtkämpferische Interaktionen häufiger vor als in neueren. Ich sag mal Stichwort Burg Bernstein. Aber es gab auch damals solche und solche. In "Temple of Elemental Evil" erinnere ich mich jetzt an keinerlei friedliche Encounter (abgesehen von dem Prinzen da) und auch keine große Hirnarbeit, wie man Monstergruppe X jetzt umgehen oder austricksen könnte.

Was auch noch fehlt ist, dass Dungeons typischerweise aus "Räumen" bestehen, die entweder direkt oder durch "Gänge" miteinander verbunden sind. Gänsefüßchen weil ja Pyros Beispiel zeigt, dass es manchmal auf den ersten Blick anders aussieht.

Andererseits sind "alte" Dungeons auch sehr durchwachsen in Sachen Ökologie. Bei manchen haben sich die Autoren sichtlich Gedanken gemacht: da gibt es eine Latrine, in der ein Ootyugh haust, und die Gänge sind blitzblank und staubfrei, weil sie regelmäßig von einem Gallertwürfel durchgeputzt werden. Bei anderen wiederum hast in Raum 3 vier schwerbewaffnete Orks, in Raum 4 ein Rudel Harpyen während in Raum 5 ein Rechtschaffen-Guter Lammasu in seiner Bibliothek sitzt und liest, und am Ende liegt eine Bruthöhle mit einem Drachenwelpen darin. Ballaballa.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: YY am 12.07.2019 | 11:50
Gänsefüßchen weil ja Pyros Beispiel zeigt, dass es manchmal auf den ersten Blick anders aussieht.

Da kann man aber auch andersrum sagen: Wenn man einen Schritt zurück tritt und die Augen weit genug zukneift, ist schnell alles irgendwie ein Dungeon - mit einer ausreichend abstrakten Formulierung hinsichtlich Unumgänglichkeit, Herausforderungen und Zielsetzung ist das leicht gemacht, steht einem aber am Ende mehr im Weg, als dass es hilft.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: rillenmanni am 12.07.2019 | 11:57
Da kann man aber auch andersrum sagen: Wenn man einen Schritt zurück tritt und die Augen weit genug zukneift, ist schnell alles irgendwie ein Dungeon - mit einer ausreichend abstrakten Formulierung hinsichtlich Unumgänglichkeit, Herausforderungen und Zielsetzung ist das leicht gemacht, steht einem aber am Ende mehr im Weg, als dass es hilft.

Wenn man das auf die Spitze treibt, dann gewiss. Aber mE erfüllt die Nacht der Entscheidung durchaus die Kriterien eines ursprünglichen Dungeons. Dass Dungeons nicht nur eine Kombination aus dunklen Räumen und Gängen sein müssen, sondern auch andere Terrains aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit, (relativen) Abgeschlossenheit und des labyrinthischen Charakters in Frage kommen, ist mW eine ziemlich alte Aussage. (Tja, nur den Beleg habe ich spontan nicht zur Hand.)

@tartex: Ich muss mir Silvanas Befreiung wohl wirklich noch einmal im Detail durchlesen. :)
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Oberkampf am 12.07.2019 | 12:02
Selbst Dungeons, die als reine Metzeldungeons angelegt zu sein scheinen, müssen sich nicht darin erschöpfen. Momentan leite ich Princes of the Apocalypse für D&D5E mit einer Gruppe. Das Abenteuer besteht auf den ersten Blick aus einer Abfolge an Dungeons, durch die eine Gruppe sich durchschnetzeln kann. Teilweise ist das auch so passiert, aber es gab immer darüber hinaus gehende Interaktionen mit Dungeonbewohnern oder ihren Verbündeten, die zu einigen Umwegen und alternativen Lösungsansetzen geführt haben.

Es kommt auf die Gruppe, die Systemkenntnis, das Regelwerk und natürlich die unmittelbaren Spielwünsche an, ob ich Dungeons baue und wie ich sie anlege - oder wie ich vorgegebene Dungeons frisiere bzw. ausspiele. Meistens strebe ich eine 50:50 Balance an, mit etwa 50% Kampfbegegnungen und 50% sozialer Interaktion oder Erforschung. Wenn ich ein System neu ausprobiere, wird mehr auf Kämpfe geschaltet, weil ich die Regelmechanismen wirken sehen will, wenn ich die Gruppe kenne, kann ich einschätzen, welche Problemlösungsstrategien die Spieler/Charaktere neben Kämpfen noch beherrschen oder bevorzugen. Kampf ist dann häufig Folge eines Scheiterns dieser Strategien, wenn z.B. eine Heimlichkeitsmission misslingt oder eine Verhandlung zu keinem Ergebnis führt.

Aber ehrlich gesagt ist die Schwierigkeit bei einem Dungeonbau doch, für 10 - 20 Räume gute Ideen zu haben, sie den Regeln entsprechend auszuformulieren und dabei nur 6 - 7 Kämpfe unterzubringen, und das ergäbe nur eine einzige Dungeonebene. Selbst ein kleineres Dungeon, 8 - 12 Räume mit 4 - 6 Kämpfen, muss irgendwie gefüllt werden.

"Typische" Begegnungen für soziale Interaktion in Dungeons, in denen es nicht zum Kampf kommen muss, sind Gefangene, Konkurrenten, Neutrale, Rivalen oder Rebellen.

Gefangene können hilfreiche verbündete oder Informanten sein. Sie wurden von der mächtigsten Gruppierung im Dungeon (meinetwegen ein Orcstamm oder ein Dämonenkult) gefangenen genommen und würden den Charakteren unter Umständen helfen, meistens im Austausch gegen Sicherheitsgarantien, aber eventuell auch gegen Racheversprechen oder andere Anliegen. Ist ein beliebtes Motiv in vielen Dungeons.

Konkurrenten sind andere Fraktionen (Abenteurergruppen), die ins Dungeon mit bestimmten Zielen eingedrungen sind. Auch mit denen lässt sich verhandeln, je nachdem, wie kompatibel die Ziele der Gruppe mit den Zielen dieser Konkurrenten sind. Eignet sich besonders für riesige Dungeons, wo vielleicht konkurrierende Fraktionen für sich kleine Stützpunkte erobert haben. Kann ich mir z.B. in der Earthdawnstadt Parlainth gut vorstellen. Gibt's auch im Megadungeon von 13th Age. Beispielsweise könnte in eine von Dämonenkultisten und Orcs bevölkerte Ruine einer Zwergenstadt eine Expedition zwergischer Abenteurer vorgestoßen sein, um legendäre Schmiedewerkzeuge zu erbeuten, was eventuell das Vorhaben der Abenteurer, ein Dämonentor zu schließen betrifft (weil eine Methode dafür darin bestehen könnte, die Werkzeuge zu nutzen).

Neutrale können Wesen oder Gruppen sein, die keine übergeordneten Ziele haben, die mit den Zielen der Gruppe Berührungspunkte haben, und mit keiner Fraktion in Verbindung stehen, deren Ziele für die Abenteurergruppe von Bedeutung sind. Die Neutralen können so mächtig sein, dass sie sich nicht in das Geschehen im Dungeon einmischen müssen, und durch ihre Macht einen sicheren Hafen für sich geschaffen haben. Beispielsweise könnte ein Nekromant ein einer verschütteten Zwergenhauptstadt archäologische Nachforschungen betreiben, ohne sich um den Zwist zwischen den Orcs und den Dämonenkultisten in den anderen teilen der Stadt zu kümmern.

Rivalen sind für die Hauptfraktion der Monster im Dungeon das, was die Konkurrenten für die Abenteurer sind: eine andere Gruppe, deren Ziele nicht oder nur teilweise mit den ihren übereinstimmen oder die sogar den Zielen der Hauptgruppe widersprechen. In der Sunless Citadell für D&D3E sind das die Kobolde und Goblins. In der erwähnten Zwergenruine könnten die Orcs und die Dämonenkultisten jeweils Teile erobert haben, welche die andere Fraktion gerne in ihrem Besitz hätte. Die Orcs haben den alten Tempel des Moradin erobert (bis auf einige Schatzkammern, die von Golems bewacht werden, an die die Orcs sich nicht herantrauen), den die Dämonenkultisten gerne schänden würden, weil es Teil ihres Plans ist, um einen Dämonensturm zu entfesseln. Momentan wird der Tempel aber vom Schamanen der Orcs bewohnt (und im Namen von Gruumsh geschändet, nicht im unaussprechlichen Namen irgendwelcher Dämonenlords). Umgekehrt hätten die Orcs gerne die Schmieden in ihrer Gewalt, wo sie ihre versklavten, zwergischen Gefangenen dazu antreiben würden, ihnen meisterhafte (magische) Waffen zu schmieden, aber die Dämonenkultisten geben diese Räume nicht her, weil sich dort kleine Feuerdämonen beschwören lassen. Im Beispiel sind die beiden Rivalen etwas extrem unsympathisch, aber das hindert gewitzte Charaktere vielleicht nicht daran, die einen gegen die anderen auszuspielen.

Rebellen schließlich sind jene Untergruppierung oder Einzelpersonen einer Dungeonfraktion, die nicht mit den gegebenen Zielen ihrer Fraktion übereinstimmen und eventuell sogar (mit Hilfe der Abenteurer) planen, zu desertieren oder zu putschen. Vielleicht gibt es ein paar Orcs, denen das Leben in einer alten Zwergenstadt nicht gefällt, und die lieber reich beladen mit den bisher erbeuteten Schätzen in ihre kargen Höhlen zurückkehren würden, um dort ihren neuen Reichtum zu verschleudern. Für die ist ihr Raubzug erfolgreich beendet, und sie können nicht verstehen, warum ihr Häuptling immer noch Beutezüge ins Umland unternehmen und diese Dämonenpaktierer vertreiben will. Oder jemand will schlicht Häuptling werden anstelle des Häuptlings. Bei den Paktieren gibt es vielleicht ein paar Aussteiger, die nur auf eine Gelegenheit gewartet haben, sich vom Kult loszusagen. Oder der Dämonenkult ist von einem anderen Dämonenkult unterwandert.

Je größer das Dungeon, desto mehr dieser Gruppen lassen sich unterbringen. Gefangene, Konkurrenten oder Neutrale sind immer gute Möglichkeiten, um auf Rivalen oder Rebellen hinzuweisen, aber auch besiegte Gegner können über solche Informationen verfügen. Unbewohnte Orte/Räume können Spuren der Aktivitäten einer Gruppierung enthalten, z.B. tote Briefkästen der Rebellen, Spuren der Sklavenarbeit Gefangener, Spuren von Kämpfen oder Verhandlungen zwischen Rivalen, Hinweise auf die Neutralen oder Spuren des Eindringens der Konkurrenten. Das isnd auch alles Gelegenheiten, Dunegeonräume interessant zu machen, ohne auf Kämpfe zurückgreifen zu müssen. Da kommen eher die Fertigkeiten der Charaktere und die Kombinationsgabe der Spieler zum Zug.

Das sind natürlich alles Idealsituationen. So ein Dungeon zu konstruieren erfordert (zumindest für mich) Zeit und Hirnschmalz.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: rillenmanni am 12.07.2019 | 13:15
Kühler Text, Tümpelritter. :)

Davon abgesehen: Ich habe es ja weiter oben selbst gemacht, glaube ich: Die Behauptung steht ja im Raum, dass Schnetzeldungeons ein Hauch von schlechtem Design umwehe. Das mag ich auch entkräften. Denn ist primär wohl eine Frage der Design-Absicht. Ich erinnere an Dungeon Slayers (Bier & Bretzel): In den späteren Veröffentlichungen wollte man ja mal zeigen, was DS noch alles so kann, dass es eben mehr kann als "Dungeon!". Aber die frühen Veröffentlichungen und viele der vielen verfügbaren freien Materialien, haben ja mE einen bewussten Anspruch, dass (man sein Hirn zwar nicht ausschalten soll aber) man in den Dungeon gehen möge, um dort viel Spaß (!) mit dem Entvölkern derselben zu haben. Und das macht DS mE ganz gut. Ich hatte zumindest viel Spaß beim Schnetzeln. Wenn man sich also dafür verabredet, muss niemand negativ überrascht sein.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: tartex am 12.07.2019 | 15:09
@tartex: Ich muss mir Silvanas Befreiung wohl wirklich noch einmal im Detail durchlesen. :)

Es gibt da keine Gebrauchsanweisung, wie man mit der Orkfamilie, die gerade beim Abendessen sitzt, umgehen soll. Keinen Zeigefinger (weird für Kiesow), nur eine Illustration. Sagt keiner, das man sie nicht umbringen soll. Trotzdem tuen es die wenigsten. Es wird auch nicht erklärt, warum eine Orkfamilie da wohnt, aber wenn man sich darüber 30 Sekunden Gedanken macht, ist man auch dankbar, dass der Pädagoge nicht ausgepackt wurde. Show, don't tell!

Wen übrigens die geringen Distanzen zwischen den Räumen wegen Geräuschentwicklun stören: der Kobold mit seinen Illusionsfähigkeiten ist der wirkliche Dungeonmaster hier und hat genug Motivation allen, inkl. der Piraten und Goblins, die Suppe zu versalzen.

Wirklicher Schwachpunkt von Silvanas Befreiung ist, dass nicht bereits vor der Raumbeschreibung das Konzept dargelegt wird, sondern erst ganz am Ende des Textes. Das kann man schon seit den 90igern nicht mehr machen. Usability ist eh was anderes.


Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Eismann am 12.07.2019 | 15:33
Das ist dann allerdings mMn das SR-Gegenstück zum stumpfen Haudrauf-Dungeon, nämlich leicht bis mittelschwer dysfunktional - auch wenn die Probleme eigene/andere sind. 
Mit anderen Ansätzen löst sich die Planungsstarre in Wohlgefallen auf.

Wenn man das "ewig" streicht, ist das etwas, was zumindest die Spielrunden, die ich so kennengelernt habe, durchaus gerne mal gemacht haben und auch ihren Spaß daran hatten. Von daher ist das mit dem dysfunktional wohl Ansichtssache. Es zeigt zumindest, dass die Zielsetzung nicht zwingend "alles umbringen" lauten muss und so auch nicht praktiziert wurde.
Am Ende geht es eben auch um Belohnungsmechanismen. Wenn die Belohnung nicht dadurch erreicht wird, dass man alle Probleme zu Nägeln macht, oder sogar aktiv andere Ansätze belohnt, dann ist die Motivation auch nicht so groß einfach alles umzutreten.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: D. M_Athair am 12.07.2019 | 17:11
Denn ist primär wohl eine Frage der Design-Absicht. [...] Wenn man sich also dafür [= zum Schnetzeln] verabredet, muss niemand negativ überrascht sein.

Ich glaube, dass die Gleichung Dungeon Crawls = reine "Metzelabenteuer" letztlich v.a. auf Wahrnehmungsfehlern beruht.

1) Schnetzel-Abenteuer sind überzufällig häufig Abenteuer in Dungeons - für Gruppen, die genau so was wollen.
2) Es gibt Spieler.innen, die diese Art des Rollenspiels zutiefst verachten und als Feindbild aufgebaut haben.
3) In der Generalisierung und unter Beibehaltung von Wahrnehmungsfehlern wird dann die ambiguitätsintolerante Aussage hinausposaunt: "Dungeons sind hirnlose Klopper oder bestenfalls was für Freunde von combat as sport". Die
Realität schaut aber deutlich diverser aus. Die Mehrzahl der Dungeons sind mAn keine "Metzelabenteuer". (Spieler.innen, die "Metzelabenteuer" nicht mögen, machen sie aber - falscher Annahmen wegen - auch gern zu solchen. Ursache: Confirmation Bias.)
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: nobody@home am 12.07.2019 | 17:24
Ich glaube, dass die Gleichung Dungeon Crawls = reine "Metzelabenteuer" letztlich v.a. auf Wahrnehmungsfehlern beruht.

1) Schnetzel-Abenteuer sind überzufällig häufig Abenteuer in Dungeons - für Gruppen, die genau so was wollen.
2) Es gibt Spieler.innen, die diese Art des Rollenspiels zutiefst verachten und als Feindbild aufgebaut haben.
3) In der Generalisierung und unter Beibehaltung von Wahrnehmungsfehlern wird dann die ambiguitätsintolerante Aussage hinausposaunt: "Dungeons sind hirnlose Klopper oder bestenfalls was für Freunde von combat as sport". Die
Realität schaut aber deutlich diverser aus. Die Mehrzahl der Dungeons sind mAn keine "Metzelabenteuer". (Spieler.innen, die "Metzelabenteuer" nicht mögen, machen sie aber - falscher Annahmen wegen - auch gern zu solchen. Zwecks Confirmation Bias.)

Es gibt eventuell noch einen Punkt 4, denke ich: viele "klassische" Dungeonabenteuer, insbesondere die, in denen das Dungeon auch hinreichend beeindruckend groß sein soll, sind in Sachen Bewohnerbeschreibung eher kurz angebunden. "Raum 7a enthält acht Orks (Liste der einzelnen Trefferpunkte folgt), die insgesamt sechzig Goldstücke und einen Heiltrank haben." Daraus geht nach urklassischer D&D-Tradition (wir erinnern uns: Reaktions- und Moralwürfe und Spieler, die eigentlich motiviert sein sollten, bedacht vorzugehen) längst nicht zwangsläufig hervor, daß diese Orks absolut keine Persönlichkeit und keinen Selbsterhaltungstrieb haben und deshalb automatisch geschnetzelt und ihre Leichen geplündert gehören...aber wenn jetzt jemand daherkommt, der von dieser Tradition umständehalber völlig unbeleckt ist (dafür aber vielleicht einen CRPG-Hintergrund hat, in dem alles, was nicht ausdrücklich als friedlich markiert ist, bei Erstkontakt auf einen losgeht), dann wird der exakt selbe karge Vermerk bei ihm natürlich womöglich komplett anders ankommen.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: tartex am 12.07.2019 | 17:24

2) Es gibt Spieler.innen, die diese Art des Rollenspiels zutiefst verachten und als Feindbild aufgebaut haben.
3) In der Generalisierung und unter Beibehaltung von Wahrnehmungsfehlern wird dann die ambiguitätsintolerante Aussage hinausposaunt: "Dungeons sind hirnlose Klopper oder bestenfalls was für Freunde von combat as sport".

Vor allem versuchen solche Leute dann regelmäßig ihren Standpunkt zu beweisen, wenn sie Dungeons spielen, indem sie wie hirnlose Schlachter vorgehen, was sie sonst kaum tun. Und wenn es dann eventuell zum TPK kommt, weil der Dungeon eben ein gewöhnliches Environment mit Konsequenzen ist, heißt es dann erst recht "Ich mag halt Charakterspiel, nicht so hirnloses Schlachten, wo man nur ein Spielstein ist."
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Rorschachhamster am 12.07.2019 | 17:40
Jo. Wenn man den Eingangspost liest, weiß man schon warum man auf die Idee kommen könnte. Ersetze "Opfer und Sklaven" mit "Opfer, Sklaven und potentielle Verbündete" und das spielt sich schon ganz anders... :)
@nobody: +1
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Greifenklaue am 12.07.2019 | 19:09
Es gibt eventuell noch einen Punkt 4, denke ich: viele "klassische" Dungeonabenteuer, insbesondere die, in denen das Dungeon auch hinreichend beeindruckend groß sein soll, sind in Sachen Bewohnerbeschreibung eher kurz angebunden. "Raum 7a enthält acht Orks (Liste der einzelnen Trefferpunkte folgt), die insgesamt sechzig Goldstücke und einen Heiltrank haben." Daraus geht nach urklassischer D&D-Tradition (wir erinnern uns: Reaktions- und Moralwürfe und Spieler, die eigentlich motiviert sein sollten, bedacht vorzugehen) längst nicht zwangsläufig hervor, daß diese Orks absolut keine Persönlichkeit und keinen Selbsterhaltungstrieb haben und deshalb automatisch geschnetzelt und ihre Leichen geplündert gehören...aber wenn jetzt jemand daherkommt, der von dieser Tradition umständehalber völlig unbeleckt ist (dafür aber vielleicht einen CRPG-Hintergrund hat, in dem alles, was nicht ausdrücklich als friedlich markiert ist, bei Erstkontakt auf einen losgeht), dann wird der exakt selbe karge Vermerk bei ihm natürlich womöglich komplett anders ankommen.
Genau und ganz wichtig! Dungeons schreiben eigentlich nie Handlungsweisen vor.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Little Indian #5 am 12.07.2019 | 23:00
Genau und ganz wichtig! Dungeons schreiben eigentlich nie Handlungsweisen vor.

Nur sehr sehr wenige Abenteuer schreiben doch Handlungsweisen vor.

Aber selbst wenn eine Handlungsweise nicht vorgeschrieben ist, sind durch die Natur des Abenteuers, die Umgebung und die auftretenden NSCs bestimme Handlungsoptionen u.U. naheliegender als andere.

Die Bewohner des Dungeons werden oft - wie bereits ausgeführt wurde - nur sehr knapp beschrieben (meist eben nur mit den für einen Kampf relevanten Werten). Ihr Auftauchen in einem isolierten Bereich, der oft auch nicht logisch aufgebaut ist, macht es für den Spielleiter auch schwer zu erkennen, wie sie selbst mit ihrer Umwelt interagieren und in diese eingebunden sind. Da auch die SCs im Dungeon oft nicht die Möglichkeit haben, Recherchen anzustellen oder Verstärkung oder helfende Ressourcen kurzfristig zu erlangen, ist eine gewaltsames Überwinden der im Dungeon angetroffenen Gegner eine Vorgehensweise, die durch die Art des Abenteuers besonders nahegelegt wird.

Auch sind viele Dungeon-Abenteuer als Suche nach einem bestimmten McGuffin (einer Person oder einem Gegenstand) konzipiert, anders als Überland- oder vor allem Stadtabenteuer, bei denen Diplomatie oft das naheliegendste und manchmal einzige Ziel ist, um Konflikte zu lösen. Auch dies legt es nahe, Dungeon-Bewohner, die sich als Hindernisse auf dem Weg zum Ziel präsentieren, möglichst schnell zu überwinden. Und das bedeutet, wenn man sie nicht umgehen kann, dann doch meist den Einsatz von Gewalt.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: YY am 12.07.2019 | 23:11
Wenn man das "ewig" streicht, ist das etwas, was zumindest die Spielrunden, die ich so kennengelernt habe, durchaus gerne mal gemacht haben und auch ihren Spaß daran hatten. Von daher ist das mit dem dysfunktional wohl Ansichtssache.

Fortsetzung im SR-Smalltalk... ;)
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: tartex am 12.07.2019 | 23:35
Nur sehr sehr wenige Abenteuer schreiben doch Handlungsweisen vor.

Aber selbst wenn eine Handlungsweise nicht vorgeschrieben ist, sind durch die Natur des Abenteuers, die Umgebung und die auftretenden NSCs bestimme Handlungsoptionen u.U. naheliegender als andere.

Ich weiß nicht. Ich hätte nie die Härte meinen Spielern drei Kämpfe hintereinander zu präsentieren. Da schäme ich mich doch zu sehr dafür, bzw. kriege Bauchschmerzen, als dass ich das durchdrücken könnte, selbst, wenn es mich zum fiesen Handwedler macht.

Aber weil ich trotzdem sehr am Abenteuertext hänge, suche ich andere Lösungen, als dass ich einfach was ganz weg lasse. Dann schlafen halte gerade mal alle Orks im Raum oder wurden verhext, oder sind woanders unterwegs. Oder sie haben einfach irgendeinen besonderen Grund/ Aufhänger besonders friedlich an die Charaktere heranzutreten. Not macht mich irgendwie dann doch erfinderisch.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Greifenklaue am 12.07.2019 | 23:50
Ich weiß nicht. Ich hätte nie die Härte meinen Spielern drei Kämpfe hintereinander zu präsentieren. Da schäme ich mich doch zu sehr dafür, bzw. kriege Bauchschmerzen, als dass ich das durchdrücken könnte, selbst, wenn es mich zum fiesen Handwedler macht.
Wer bin ich, das ich das entscheide - das entscheiden immer noch die Spieler respektive ihre Charaktere!
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: tartex am 13.07.2019 | 00:24
Wer bin ich, das ich das entscheide - das entscheiden immer noch die Spieler respektive ihre Charaktere!

Naja, man kann es ihnen auflegen, oder aber nicht. Falls sie es selbst in einen Kampf verwandeln, sei's so, aber ich würde nicht 3x hintereinander Gegner mit gezückten Waffen gegen sie losschicken. "würde" ist das falsche Wort. Ich kann es nicht.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Greifenklaue am 13.07.2019 | 01:08
Naja, man kann es ihnen auflegen, oder aber nicht. Falls sie es selbst in einen Kampf verwandeln, sei's so, aber ich würde nicht 3x hintereinander Gegner mit gezückten Waffen gegen sie losschicken. "würde" ist das falsche Wort. Ich kann es nicht.
Mir ist wichtig, dass die NSC eher die Reactio haben und die SC die actio. Wenn sie den vierten Raum stürmen wollen, bitte. Ich bin aber schon im ersten ergebnisoffen, um zu sehen, was sie vorhaben.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: rillenmanni am 13.07.2019 | 01:49
Nur sehr sehr wenige Abenteuer schreiben doch Handlungsweisen vor.

Aber selbst wenn eine Handlungsweise nicht vorgeschrieben ist, sind durch die Natur des Abenteuers, die Umgebung und die auftretenden NSCs bestimme Handlungsoptionen u.U. naheliegender als andere.

Die Bewohner des Dungeons werden oft - wie bereits ausgeführt wurde - nur sehr knapp beschrieben (meist eben nur mit den für einen Kampf relevanten Werten). Ihr Auftauchen in einem isolierten Bereich, der oft auch nicht logisch aufgebaut ist, macht es für den Spielleiter auch schwer zu erkennen, wie sie selbst mit ihrer Umwelt interagieren und in diese eingebunden sind. Da auch die SCs im Dungeon oft nicht die Möglichkeit haben, Recherchen anzustellen oder Verstärkung oder helfende Ressourcen kurzfristig zu erlangen, ist eine gewaltsames Überwinden der im Dungeon angetroffenen Gegner eine Vorgehensweise, die durch die Art des Abenteuers besonders nahegelegt wird.

Da stimme ich bis zu einem gewissen Grad zu, halte die Offenheit des Textes in Sachen Handlungsanweisungen - gerade im Falle von knappen Textinformationen - für den Umgang des SLs mit diesen Informationen aber immer noch für tendentiell maßgeblich.

Einerseits:
Ich würde nicht die Intention des Autors außer Acht lassen. Klar, wir nehmen jetzt mal an, dass der SL entscheidet, wie er mit dem Text umgeht, und wir nehmen zudem an, dass sein Umgang mit dem Text dem vereinbarten Spielverständnis der Gruppe entgegenkommt, und wir nehmen dann meinethalben auch noch an, dass die Spieler dann auch so spielen, wie es für die Gruppe zu erwarten war. Aber wenn der Texturheber Combat as War bzw Combat as Sports im Sinn hatte oder wenn er Dungeon als Spielfeld bzw Dungeon als Kulisse im Sinn hatte, dann wird er den Text entsprechend verfasst haben. Insofern gibt ein Dungeon bis zu einem gewissen Grad mE schon eine Handlungsweise vor. Und mit dieser Intention wird dann eben auf die eine oder andere Weise umgegangen: Im Vorfeld mag umgeschrieben werden oder nicht, im Spiel mag der Intention mehr oder weniger gefolgt werden, und ggf ist die Gruppe am Ende unglücklich mit dem Abenteuer, insofern es zur Gruppe eben nicht so ganz passte. Dann heißt es eben zB "Scheiß Metzeldungeon! ... Oder das Abenteuer wird gar nicht erst gespielt, was auch etwas mit den erkannten (impliziten) Handlungsanweisungen zu tun hat.

Andererseits:
Nochmal zu den knappen / rudimentären / marginalen Textanweisungen: Das ist übrigens nicht nur ein Phänomen bei Dungeon-Abenteuern, sondern hat auch mit dem Alter zu tun. Es musste ja kein Dungeon sein, und dennoch wurde nicht geschwafelt, wurde vieles unkommentiert gelassen. Und wo man heutzutage oft ein Meckern hört, hat man sich damals von den Fehlstellen inspirieren lassen. Die Lücke wollte durch Kreativität geschlossen werden. Dabei ging / geht es gar nicht um Glanzstücke der Improvisation, sondern schlicht um einen Umgang des SL mit dem Text, der wiederum zur Gruppe passende Handlungsweisen gefördert haben mag.
Ich mag mal ein Beispiel aus Archoangels Lieblingsabenteuer geben: der Wald ohne Wiederkehr (DSA1). Im Abenteuer befindet sich gemäß den rudimentären Textinformationen in Raum X ein Werwolf, in Raum Y ein silberner Dolch. Wenn der SL strikt von Raum nach Raum spielen lässt, dann gelangt die Gruppe entweder ungewarnt und unvorbereitet in Raum X, oder sie schaut vorher ungeplant in Raum Y vorbei, findet dort den Silberdolch, die Spieler denken sich ihren Teil und nehmen dieses wichtige Werkzeug auf jeden Fall mit, weil es etwas zu bedeuten hat. Natürlich stellt sich jeweils die Frage, welche Handlungsanweisungen eines Dungeons die Spieler annehmen. Ten-Foot-Pole-Spieler :) zB würden sich wahrscheinlich durch Einsatz all ihrer Sinne die Chance erarbeiten, durch die ungeöffnete Tür hindurch eine Gefahr zu identifizieren, der man besser nur mit dem passenden Werkzeug begegnet. Aber der Text und der Umgang des SLs beeinflussen selbstverständlich das Verhalten der Spieler.
Um im Beispiel zu bleiben: Die Raumbeschreibungen X und Y enthalten Fehlstellen, insbesondere die für Raum X (Der Wewolf sitzt da also - ganz still? - und macht das was, wann, wie und weshalb?) Ein SL könnte nun also, statt strikt Raum für Raum zu spielen, den Spielern beim Betreten des Burgareals eine schauerliche Szene bieten, die keineswegs Fluff ist, sondern Handlungsanweisungen transportiert: Das langgezogene Heulen eines Wolfs ist aus dem Innern der Burg zu hören, das aber so verfremdet ist, dass ein Wildnischarakter etwa wissen könnte, dass dies kein normaler Wolf sein könnte, dass ein Zauberkundiger vielleicht ahnen könnte, dass ein Werwolf unterwegs ist. Und das verändert schon einiges für die Stimmung und für das Verhalten der Spieler (wenn sie die Warnung beachten).
Und um abschließend noch anekdotisch einen Umgang mit Raum X durch einen SL zu schildern, wie er mir etwa 1987 als Spieler widerfahren ist: Der SL hatte offensichtlich auch Fragen an den Text von Raum X gestellt und für sich die Antwort gefunden, dass der Werwolf uns bereits nach den ersten fünf Minuten im Wald auflauern möge. Wir waren ohnehin nur zwei Spieler und chancenlos. :) (Das ist der traurige Grund, weshalb ich den Wald ohne Wiederkehr bis heute nicht gespielt habe.) Tja, welche Handlungsanweisungen stellte diese Situation wohl an uns Spieler? :)
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Greifenklaue am 13.07.2019 | 10:04
@Handlungsanweisung: Mein erstes Abenteuer war die "Sandbox" Orklandtrilogie. Dort die klare Handlungsanweisung: Treib die sC in den Spinnenwald, da ist das Abenteuer. Und so bin ich 7 Jahre mit DSA groß geworden*, bevor ich den ersten D&D-Dungeon kostete. Der war selbst geschrieben, hatte mich aber unheimlich fasziniert.

*Ich will nicht behaupten, dass jedes Abenteuer so war. Ich erinnere mich aber noch an "Die Attentäter", wo durch ein Geas den SC etwas aufgezwungen wird, wobei man in der konkreten Umsetzung frei ist. Großes Gefallen hat bei mir Jahr des Greifen ausgelöst, das Abenteuer (bzw. zwei Bände) zu den büchern von Hohlbein und Hennen, das war nämlich eher ein Ideenbruch, welchen man dann teils sehr frei umsetzen konnte.

Gute Megadungeons von heute haben übrigens eine Übersicht über die Ebene und deren Beziehungen. Ist beim MM auch so, ich guck mal bei Gelgenheit, was da zu der Ebene steht.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Seraph am 15.07.2019 | 07:15
In der (recht gescholtenen) Cthulhu-Kampagne "Berge des Wahnsinns" gibt es einen atmosphärischen Dungeon, in den die SC durch einen Unfall gelangen (Sprengung und Felssturz). Das Ziel ist es lediglich, zu entkommen und wie Cthulhu nun mal so ist, können erfahrungsgemäß nur 1-2 SC aus der Gruppe kämpfen - und selbst das reicht nicht, um im Kampf zu bestehen. Der Dungeon ist eine sehr spannende Mischung aus Überleben, Schleichen und Entdecken von prähistorischem Kram.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: korknadel am 15.07.2019 | 09:10
Schöne Dungeonideen stecken für meinen Geschmack übrigens in den Fighting Fantasy-Spielbüchern. Auf sowas hätte ich ja als SL wie als Spielerin mal Lust. Weniger und knackigere Kämpfe, dafür viele interessante Räume mit Fallen und Rätseln. Und keinerlei Logik, warum sich da wo was und wie befindet.  :d

Wenn Du auf so was Bock hast, dann solltest Du Dir tatsächlich mal die Module von DCC RPG anschauen, die machen genau das größtenteils wirklich enorm gut. Das sind oft herrlich abwechslungsreiche, knifflige Abenteuerparkours mit viel sens of wonder. Nur den Punk mit der fehlenden Logik, den erfüllen sie nicht wirklich, die Dungeons haben schon meistens Hand und Fuß bzw. gibt es meist plausible Gründe, weshalb das alles so abgefahren ist.
Titel: Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
Beitrag von: Holycleric5 am 15.07.2019 | 11:30
(...) aber wenn jetzt jemand daherkommt, der von dieser Tradition umständehalber völlig unbeleckt ist (dafür aber vielleicht einen CRPG-Hintergrund hat, in dem alles, was nicht ausdrücklich als friedlich markiert ist, bei Erstkontakt auf einen losgeht), dann wird der exakt selbe karge Vermerk bei ihm natürlich womöglich komplett anders ankommen.

Das trifft auf mich zu, ganz besonders in meiner Anfangszeit mit D&D 3.5.

Damals sah ich besonders D&D als analoge Alternative zum PC-Spiel Titan Quest. Dort greift einen alles und jeder bei Sichtkontakt an, einzig der Zentaurenanführer Nessus ruft zunächst ein paar Zentauren zur Unterstützung herbei.
Bei D&D war ich am anfang etwas enttäuscht, dass der im Monsterhandbuch vorgestellte Satyr "anders" war als in Titan Quest; Dafür gibt es aber im Mythras/RuneQuest mit dem "Chaos beast" eine sehr passende Alternative.


Im Thread kam ja u.a. auch die Frage auf, warum man nicht die im Dungeon beteiligten Fraktionen gegeneinander ausspielt.
Meine Gegenfrage: Wie soll man wissen, dass der Schwarzrabenstamm und der Orden des roten Feuers im Dungeon leben, wenn:
- man nicht die Möglichkeit hat, vorher in der Stadt zu recherchieren ("Einige Waldläufer haben rotgewandete Gestalten in der alten Burgruine gesehen").
- laut Abenteuerbeschreibung die Helden direkt vor der Tür zum Dungeon abgesetzt werden. Da wird wohl kaum ein Magierspieler (oder anderer "gelehrter" Charakter) sagen "Lasst uns in die Stadt zurückkehren und in der Bibliothek zu diesem Gewölbe Nachforschungen anstellen!"

Die einzige Möglichkeit, die mir einfällt wäre, dass man den SC bei Sichtkontakt auf entsprechende Fraktionsmitglieder einen Wissenswurf zugestehen könnte. ("Okay, wir haben es hier mit den Schwarzraben zu tun. Es heißt sie sind nicht unbedingt gut auf die Fraktion des Ordens des Roten Feuers zu sprechen. Vielleicht finden wir Mitglieder des Roten Feuers und können die beiden Gruppen aufeinander hetzen.")

Insgesamt ist zu sagen: Viele Dungeons verkommen manchmal zu Metzelorgien. Das gegeneinander ausspielen von Fraktionen bleibt meist deshalb auf der Strecke, weil die Anwesenheit der verfeindeten Farktion meistens erst aufgedeckt wird, wenn man den Großteil der ersten Fraktion bereits ins Jenseits befördert hat, da es vorher keine Anzeichen für eine "andere" Machtgruppe gab.

Pool of Radiance: Ruins of Myth Drannor hatte dort einen guten Ansatz, da im Raum, den die Gruppe als erstes betrat, ein Kampf zwischen Orks und Untoten im vollen Gange war. Leider gab es keine Möglichkeiten, die beiden Fraktionen aktiv aufeinander zu hetzen, aber das Gefühl "Auch die Monster hauen sich gegenseitig die Schädel ein" ist vorhanden.