Gerade eine Hexploration, die vollständig (wenn möglich) vorher ausgearbeitet wurde inkl. möglicher plausibler Wenn-Dann-Verbindungen...dann entsteht die Story alleine durch die Handlungen der Spielenden.
Ich finde das nicht vergleichbar. Hexploitation füllt ja die Karte aus Elementen (z.B. Monstern, NSCs, Gebäuden, Landschaften, etc) die nicht frei von Genre-Erwartungen und anderen dramaturgischen Elementen sind. Kurz: Die wenigsten Zufallstabellen enthalten langweilige Kohlfelder, eigentlich würfelt man ja nur aus den "spannenden" Elementen - und "spannend" ist ja eine dramaturgische Kategorie.Wie kommst Du darauf?
Gerade eine Hexploration, die vollständig (wenn möglich) vorher ausgearbeitet wurde inkl. möglicher plausibler Wenn-Dann-Verbindungen...dann entsteht die Story alleine durch die Handlungen der Spielenden.
Emergent Narrative oder Emergent Storytelling (https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/EmergentNarrative) ist der Begriff, den Du suchst, Blechpirat. :)
(Die offensichtliche Antwort (Klar, SL-lose Spiele) könnt ihr euch ersparen. Da wird die Funktion des Erzählers typischerweise umverteilt, sie entfällt nicht.)
Mir wäre kein Beispiel bekannt. Die Forderung, die Würfel nicht zu drehen ist ein Schritt dahin, die emergente Geschichte eines Fußballspiels zumindest in Teilen ins Rollenspiel zu holen. (Ich kam bei der Lektüre von https://www.tanelorn.net/index.php/topic,125294.0.html drauf). Aber in Reinform passiert das wohl selbst bei der krassesten Sandbox nicht - oder fehlt mir da die Erfahrung mit bestimmten Spielstilen?
Emergent Narrative oder Emergent Storytelling (https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/EmergentNarrative) ist der Begriff, den Du suchst, Blechpirat. :)
Denn, wenn wenn ich ein Szenario ausarbeite, dann doch wahrscheinlich so, dass die Inhalte meinen wie auch immer gearteten ästhetischen Ansprüchen genügen. Ich mache ja nichts, was mir nicht gefällt. Und hoffentlich habe ich auch mein Regelwerk entsprechend ausgewählt, dass es eben solche Ergebnisse liefert, die mir in den Kram passen. Und dann sind die Geschichten, die da rauskommen, eben solche, die ich für ansprechend halte.Vielleicht der Schritt zurück.
Also habe ich "durch die Gestaltung der Spielwelt" (Blechpirat) bestimmte Stories gefördert.
Ich denke schon, dass man einfach mit Landkarte und Zufallstabelle spielt
Er hat doch im Eingangspost eh "emergente Geschichte" geschrieben, oder verpasse ich was?Jo. Er wollte wissen, ob es Möglichkeiten dieses emergenten Storys zu erzählen und der Link gibt ne Menge Beispiele dafür
Ich frage mich jetzt - kann es im Rollenspiel überhaupt eine Geschichte geben, die sich nur aus dem Konflikt ergibt, oder ist es der Methode Rollenspiel immanent, dass der SL - vielleicht unbewusst - durch die Gestaltung der Spielwelt die Story fördert/in eine bestimmte Richtung drängt/dramaturgisch anlegt?Bei mir ist es eindeutig eine Mischung aus "selbstwachsender Geschichte" und "dramaturgischer Anlage" bzw "dramaturgischer Improvisation". Mal habe ich als SL einen Ansatz, der wahrscheinlich über ein Dutzend Sessions geht, mal habe ich einen Abenteueransatz, der nur bis zur nächsten Sitzung reicht.
@jiba: Auf der anderen Seite habe ich ne Menge Filme gesehen und Rollenspiele gespielt deren Geschichten ich ehrlich gesagt nicht mehr kenne. Von daher finde ich erinnerungswürdig als Kriterium für eine Geschichte nicht ziwlführend.
Vielleicht der Schritt zurück.Gut, dass du den Schritt nochmal zurück machst, denn offenbar verstehen wir uns noch nicht.
Es fing mit Fußball an. Dauert 90 Minuten, zu Beginn spielen 11 vs. 11, 1 Ball. Rest ist offen. Die "Story" bleibt immer gleich (mehr oder weniger).
Natürlich hat meine Welt feste Ankerpunkte in der Hexploration. Die wären für alle gleich. Aber die Story da ergibt sich doch da, genau wie beim Fußballspiel, durch die Interaktion mit der Welt.
Wenn also Gruppe A beschließt, auf Hexfeld 37 auf dem Bauernhof vor der Stadt zu nächtigen, während Gruppe B beschließt, in der Stadt in einem Gasthaus einzukehren, dann wird sich die Story bei (als Beispiel) einem Städtebrand für beide gänzlich anders entwickeln.
Oder verstehe ich hier gänzlich was falsch?
Gut, dass du den Schritt nochmal zurück machst, denn offenbar verstehen wir uns noch nicht.Deswegen "Story" in ""; ich meinte natürlich Rahmenbedingungen der Story. (und es sind 45 Minuten!) ;)
Zum Fußball - die Story ist ja nicht 11 gegen 11 für 2x35 Minuten, sondern eine Fußballstory ist "Provinzclub besiegt die Bayern" oder "Wir haben uns in der Kabine tief in die Augen gesehen und dann konnten wir den Rückstand aufholen" oder "Fußballhelden A und B kicken ihr Team zum Sieg" - ich bin nicht gut in Fußball, aber die Gefühle beim Fußball kommen eben daraus, dass wir aus dem Gekicke auf dem Platz im Kopf eine Geschichte machen. Trotz ständig gleicher Randbedingungen offenbar oft genug eine neue Geschichte, dass Millionen Leute jede Woche zusehen. Die Story bleibt also NICHT gleich.
Möglicherweise ist es noch basaler: Da Menschen dazu neigen Korrelation gerne mal als Kausalität zu interpretieren und scheinbare Muster im Chaos zu finden, können sich selbst aus ein paar zufällig aneinander gereihten Ereignissen Geschichten entwickeln.Stimmt. Was dagegen arbeitet ist, wenn die Spielenden sich bei Sandboxspielen wie Skyrim (oder bei einer Tabletop-Spielleitung, die sich nicht die Arbeit macht, ihre Kampagne in groben Zügen zu skizzieren) dessen bewusst sind, dass sie eigentlich nur Zufallsbegegnungen nach- und nebeneinander erleben. Dieses Bewusstsein schadet zumindest bei mir hart der Illusion, dass meine Figur eine "große Geschichte" erlebt.
Das war auch kein Kriterium, sondern ein Umstand, der mit bemerkenswert erschien, in meiner Erinnerung. Alles vor diesem Abschnitt ist aber doch als Argument valide: Entwickler-getriebene Geschichten werden für gewöhnlich als Geschichten identifiziert, emergente Geschichten nicht unbedingt. Ich würde sogar sagen, dass sie nicht zuverlässig entstehen.Die Entwickler von z.B. Papers, please dürften da anderer Meinung gewesen sein. :)
Die Entwickler von z.B. Papers, please dürften da anderer Meinung gewesen sein. :)
Stimmt. Was dagegen arbeitet ist, wenn die Spielenden sich bei Sandboxspielen wie Skyrim (oder bei einer Tabletop-Spielleitung, die sich nicht die Arbeit macht, ihre Kampagne in groben Zügen zu skizzieren) dessen bewusst sind, dass sie eigentlich nur Zufallsbegegnungen nach- und nebeneinander erleben. Dieses Bewusstsein schadet zumindest bei mir hart der Illusion, dass meine Figur eine "große Geschichte" erlebt.Mja, das ist die andere Seite der Medaille. Merke ich zumindest bisweilen bei prozedural generierten Spielinhalten wie No Man's Sky oder Minecraft. Man kann versuchen sich das zu eigen zu machen und im weißen Rauschen seine eigene Geschichte zu erzählen. Aber das kann ich eben auch mit einem Blatt Papier, dafür brauche ich nicht unbedingt ein Spiel.
Das mögen sie gewesen sein. Aber ich bleibe dabei: Sie entstehen nicht zuverlässig. Und: "Papers, please" is not exactly an open world game. Ich würde sogar sagen, es ist an sich ziemlich linear aufgebaut. Der Spieler kann sich weder frei bewegen, noch Gameplayaspekte ignorieren.Open World Game kommt jetzt von Dir. Ich überlege gerade wie das Fussballbeispiel in Deine aufgelisteten Kriterien rein passt.
Gut, dann formuliere ich es mal anhand des Fußballbeispiels:Gegenfrage (sorry): Ersetzen wir Mal Fussball durch Wrestling. Wird dadurch das Geschehen im und um den Ring als Geschichte wahrgenommen? Und falls ja, wieso glaubst Du dass ein Fußballzuschauer das Fussballspiel anders wahr nimmt?
Wissen wir genau, dass Fußballspiele von den Zuschauern grundsätzlich als Geschichten wahrgenommen werden, oder nicht?
Ich persönlich vertrete die Position, dass sie das nicht unbedingt werden. Während "Das Wunder von Bern" von den Meisten ganz selbstverständlich als eine Geschichte wahrgenommen wird.
Gegenfrage (sorry): Ersetzen wir Mal Fussball durch Wrestling. Wird dadurch das Geschehen im und um den Ring als Geschichte wahrgenommen? Und falls ja, wieso glaubst Du dass ein Fußballzuschauer das Fussballspiel anders wahr nimmt?
Mal abseits (Abseits!, höhö) der Fußballgeschichte, wo ich deiner Frau klar widersprechen würde (Für Geschichte ist die Intention, eine Geschichte zu erzählen, nämlich eine notwendige Bedingung).
Und ja, klar geht das im Rollenspiel. Emergentes Storytelling ist beispielsweise der zentrale Aspekt von pbta (Play to find out what happens). Das Erzeugen von Wendungen, Hindernissen und Konflikten ist hier explizit in Regeln gegossen.
Im klassischen Rollenspiel so etwas konkret zu verantworten finde ich dagegen schwierig. Der Sinn der Regelmechanik ist dort ja in aller Regel nicht "erzeuge Geschichte", sondern "löse unklare Situationen auf". Wie beim Fußball erzählt sowas für sich genommen aber keine Geschichte. Die entsteht erst durch die Einbettung in den nicht verregelten Teil und die (meist nachträgliche) Interpretation des entstehenden Gesamtgemenges. Story (also zumindest die brauchbare Sorte) ist eben nicht einfach eine bloße Hintereinanderreihung von Geschehnissen, sondern etwas, das zusätzlichen Kleber als verbindendes Element benötigt. Dieser Kleber muss keineswegs von der SL kommen. Ein paar schlaue Zufallstabellen und einige Hexfelder produzieren sie für sich genommen aber ganz bestimmt nicht.
Reinem Sandboxing (ebenso wie Fußball) würde ich diese Fähigkeit zum Beispiel absprechen, denn da ist das rückblickend Erzählte nur bedingt tauglich, die entsprechenden Maßstäbe einer Story auch zu erfüllen. Insbesondere habe ich hier auch keine Emergenz. Story ist kein Ergebnis der Geschehnisse, sondern sie ist ein Ergebnis der (in aller Regel selektiv gestalteten) Nacherzählung der Geschehnisse.
Und warum soll reines Sandboxing keine Emergenz haben? Du meinst mann kann es nicht sinnstiftend nacherzählen? :think:
Ein Leben ist auch kein Spiel, trotzdem kann man super Biographien - sogar mit 3-Akt-Struktur - schreiben. Denn genau wie du sagst: immer greift die "selektiv gestaltete[...] Nacherzählung der Geschehnisse."
Ermergenz besagt an dieser Stelle ja vor allem, dass die Story aus dem Spiel entsteht (und nicht nebenher). Spannend ist da die Frage, welche maßgeblichen Elemente eine Story ausmachen und ob ich garantieren (oder zumindest die Wahrscheinlichkeit maximieren) kann, dass diese Elemente alle nicht nur vorkommen, sondern auch in einer sinnvollen Relation zueinander stehen.
Reinem Sandboxing (ebenso wie Fußball) würde ich diese Fähigkeit zum Beispiel absprechen, denn da ist das rückblickend Erzählte nur bedingt tauglich, die entsprechenden Maßstäbe einer Story auch zu erfüllen. Insbesondere habe ich hier auch keine Emergenz. Story ist kein Ergebnis der Geschehnisse, sondern sie ist ein Ergebnis der (in aller Regel selektiv gestalteten) Nacherzählung der Geschehnisse.
Nein, das spreche ich nicht ab. Aber wenn es nacherzählt ist, ist es eben nicht emergent.
Emergent ist die Kette von Ereignissen, die dann zu einer Erzählung transformiert wird. Ich finde das ist ein bißchen i-Tüpfelreiterei, denn wenn du nur das als emergente Story zulässt, was als fertige Erzählung aus der Black Box raus kommt, dann müssen wir ja einfach einen anderen Namen für den das Endergebnis des nächsten Schritts finden.
Ich glaube allerdings dass diese Kette bei dem Begriff "emergente Erzählung" schon immer mitgedacht war.
Ja, ich tue mich tatsächlich immer wieder damit schwer, wenn andere Fachrichtungen sich an Begriffen wie Emergenz und Synergie bedienen und dann die ursprüngliche Bedeutung ver- oder sogar umdrehen. :)
Blöde Frage, aber auf welche Fachrichtungen beziehst du dich denn? Würde mich gerne flächendeckend weiter über Emergenz informieren.
Ich frage mich jetzt - kann es im Rollenspiel überhaupt eine Geschichte geben, die sich nur aus dem Konflikt ergibt, oder ist es der Methode Rollenspiel immanent, dass der SL - vielleicht unbewusst - durch die Gestaltung der Spielwelt die Story fördert/in eine bestimmte Richtung drängt/dramaturgisch anlegt?