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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspiel- & Weltenbau => Thema gestartet von: Zed am 5.08.2024 | 22:54

Titel: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Zed am 5.08.2024 | 22:54
Ich hab mir ein wenig abgewöhnt, vom 5E-Regeltext Präzision zu erwarten.

Die Beschreibung verstehe ich so, dass die Hand eher grobmotorisch hantiert. Ist aber halt 5e typische Schwammigkeit.

Beim letzten Zitat geht es darum, was mit "Mage Hand" alles möglich ist und was nicht, und dass die 5E-Regeln hier nicht deutlich (genug?) sind.

Ich hatte hier vor Jahren mal gelesen, dass ein Vorteil von Regeln, die nicht auf klare Grenzen hin ausgerichtet sind, ist, den Spielenden zu ermöglichen, mehr Kreativität zu entwickeln. Das klang durchaus einleuchtend, und trotzdem hätte ich Sorge, dass die Nachteile von schwammig geschriebenen Regeln überwiegen.

Was meint ihr?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: unicum am 5.08.2024 | 23:02
Ich bevorzuge Klare Regeln. Das reduziert die wahrscheinlichkeit für Regeldiskussionen.

Das schrenkt mich auch keinesfalls in meiner Freiheit ein, denn ich kann immer noch - zusammen mit den anderen Mitspielern - Regeln verändern oder weglassen.

Aber wenn wir erstmal darüber diskutieren müssen "Was könnte GENAU gemeint sein?" Oder ich es so meine und ein mitspieler anderst - nein das führt zu - völlig unnötigen - möglichen Konflikten.

Klare Regeln, und wenn es platz dafür im Regelwerk gibt - auch passende beispiele - das ist es was ich von regeln erwarte.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: nobody@home am 5.08.2024 | 23:03
Definitiv für klare Texte. Wie die sich dann am besten formulieren lassen, kommt auf den Einzelfall an; es muß ja beispielsweise nicht immer gleich auf eine Liste von erlaubten Möglichkeiten und ein Verbot von allem, was nicht auf dieser steht, hinauslaufen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Runenstahl am 5.08.2024 | 23:11
Meiner Meinung nach sollten Regeln schon so präzise wie möglich sein. Allerdings nur innerhalb eines vernünftigen Ramens. Eine der Aufgaben des SL's ist es ja bei Unklarheiten "Rulings" zu machen.

Die Mage Hand ist da ein gutes Beispiel und ist für meinen Geschmack präzise genug. Man kann bis zu 10 Pfund bewegen (da würde ich als SL festlegen das man mit 10 Pfund durchaus auch eine schwerere Tür auf- und zuschwingen kann weil man ja nicht die komplette Tür tragen muss) und man kann unverschlossene Türen und Truhen öffnen. Ich könnte mir vorstellen das ich z.B. bei massiven Festungstoren sagen würde "Joah, da steht zwar das du grundsätzlich Türen öffnen kannst, aber diese ist für die Mage Hand dann doch zu schwer.". Und was verschlossene Türen angeht: ob der SL da sagt "da steht nur unverschlossen, aufschließen ist also nicht drin" oder er entscheidet "joah, aufschließen mit dem Schlüssel (im Gegensatz zu Diebeswerkzeug) erlaube ich aber das kostet eine extra Aktion" sind dann mMn alles Legitime SL Rulings.

Wenn man versucht alle Möglichkeiten abzubilden wird der Text schnell noch unübersichtlicher als er bisweilen eh schon ist und am Ende wird man stets feststellen müssen das man dann doch einige bizarre Optionen nicht bedacht hat.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: klatschi am 5.08.2024 | 23:30
Definitiv für klare Texte. Wie die sich dann am besten formulieren lassen, kommt auf den Einzelfall an; es muß ja beispielsweise nicht immer gleich auf eine Liste von erlaubten Möglichkeiten und ein Verbot von allem, was nicht auf dieser steht, hinauslaufen.

Yes!! Das darf dann gerne in ein extra Dokument, das man bewusst aufschlagen kann, wenn man überhaupt erst ein Problem mit der dennoch klaren Formulierung hat. Und man kann klare Regeln schreiben, ohne dass es am Ende wie eine Waschmaschinenanleitung klingt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Zed am 5.08.2024 | 23:38
Und man kann klare Regeln schreiben, ohne dass es am Ende wie eine Waschmaschinenanleitung klingt.
Bei welchen Systemen gelingt das für Dich besonders gut?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Horsinand am 5.08.2024 | 23:40
Bitte klare Regeln - kurz und knackig ohne Geschwafel.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: YY am 5.08.2024 | 23:42
Sehe ich genau wie unicum - was es an Regeln gibt, soll auch klar formuliert sein. Es bringt mir absolut keinen Mehrwert, wenn bei Regeln egal welchen Detailgrades überhaupt nicht klar ist, wie sie gemeint sind.

Idealerweise sind die Regeln dann auch noch so formuliert, dass man einen roten Faden erkennt, anhand dessen man Details ergänzen oder anderweitig Unvollständiges in der selben Weise handhaben kann. Designer's Notes sind da auh ganz nett, aber das ist dann wieder ein anderes Thema.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: klatschi am 5.08.2024 | 23:49
Bei welchen Systemen gelingt das für Dich besonders gut?

Ich kann ein Negativbeispiel aus einem anderen Metier nennen: Das Regelbuch von The Ninth Age, einem spirituellen Nachfolger von WHFB.
Es hat eigentlich alles was ich cool finde: Rank and File, das WHFB Feeling, Community-Driven. Aber das Regelbuch versucht, alle Eventualitäten gleich abzudecken, was gefühlt eine Katastrophe ist (und mit gebetteten Regeln dann auch echt unangenehm wird).

Sehr gut empfinde ich beispielsweise OSE.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Feuersänger am 6.08.2024 | 00:08
Dürfte niemanden überraschen, dass ich mich dem Tenor anschließe. Regeln sollen präzise sein. Eine ungenaue, schwammige Regel ist das gleiche wie gar keine Regel.

Allerdings habe ich den starken Verdacht, dass manche Regeln schlicht aus dem Grund unklar veröffentlicht werden, weil die Autoren sich selber nicht darüber klar werden konnten, wie sie es eigentlich haben wollen. Und weil sie sich nicht entscheiden können, wird diese Entscheidung eben auf den SL bzw die Gruppe abgewälzt.

Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 6.08.2024 | 00:20
Idealerweise sind die Regeln dann auch noch so formuliert, dass man einen roten Faden erkennt, anhand dessen man Details ergänzen oder anderweitig Unvollständiges in der selben Weise handhaben kann.

Den Punkt finde ich gut.
Würde sogar sagen, dass die Klarheit einzelner Regeln nicht so wichtig ist, wenngleich wünschenswert. Mir ist wichtiger, dass ich ein Gefühl dafür bekomme, wie Dinge in der Spielwelt funktionieren sollten und wie man das spielmechanisch abbilden kann. Es ist für mich auch OK, wenn Teile davon sich aus dem Hintergrund ergeben. (Stichwort mal wieder impressionistisches Verständnis von Regeln und Welt... https://www.tanelorn.net/index.php/topic,124358.0.html)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: YY am 6.08.2024 | 00:23
Bei welchen Systemen gelingt das für Dich besonders gut?

Corporation und Mothership fallen mir direkt als Beispiele ein.

Allerdings habe ich den starken Verdacht, dass manche Regeln schlicht aus dem Grund unklar veröffentlicht werden, weil die Autoren sich selber nicht darüber klar werden konnten, wie sie es eigentlich haben wollen.

Mein liebstes Negativbeispiel ist in Dark Heresy 2e an einer Stelle, die in der ersten Edition für viele Diskussion gesorgt hat. Da kommt es auf ein einzelnes Wörtchen an und da stehen fälschlicherweise beide Worte, die zu grundverschiedenen Bedeutungen führen. Da hat man offensichtlich irgendwann im Designprozess umgestellt, aber versehentlich das falsche Wort nicht gelöscht. ARGH ;D
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Ainor am 6.08.2024 | 01:18
Irgendwie sehe ich nicht wie das hier eine ernstgemeinte Frage sein kann. Natürlich will man klare Regeln haben. ABER. Zum einen will man eben auch z.B. interessante Zauber haben. Klare Regeln für Zauber die Xw6 Schaden auf die Zielkreatur machen sind einfach. MAge Hand und was sie genau kann ist kompliziert denn es ist ja nicht so als hätte man eine realweltliche Anschauung was sie können sollte.

Und zum anderen will man auch kurze Regeln haben. Wenn man für jeden Cantrip eine halbe Seite mit allem füllt was damit genau geht wird das Regelbuch recht lang...

Im übrigen würde ich einfach mal anzweifeln dass es eine "5e typische Schwammigkeit" gibt. Man vergleiche z.B. mal die 3E und die 5E Feuerwand.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: YY am 6.08.2024 | 01:45
Da sollte eben zumindest mal die grundsätzliche Perspektive klar kommuniziert werden.
Also ob ein Zauber das und nur das kann, was explizit in der Beschreibung steht oder ob auch kreative Anwendungen dem Spieldesign entsprechen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 6.08.2024 | 07:10
Im übrigen würde ich einfach mal anzweifeln dass es eine "5e typische Schwammigkeit" gibt. Man vergleiche z.B. mal die 3E und die 5E Feuerwand.

Rofl.

Ich suche nachher mal Beispiele heraus. Anekdotisch kann ich dazu sagen, dass 5e das erste System ist, dass wir wegen ständigen Regeldiskussionen gekickt haben und wo ein Spieler wegen der unklaren Regeln gegangen ist. Ich habe dafür auch noch die Kampagne am Ende abgekürzt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Ainor am 6.08.2024 | 07:58
Welches System hat denn komplexe Regeln und wirklich präzise Sprache?

Ich erinnere mich dass früher vieles sehr unpräzise war weil z.B. Aktionen/Aktionstypen nicht definiert waren (Earthdawn 1 war da besonders problematisch). D&D3 hat vieles deutlich präziser geregelt, aber damit sind auch die Ansprüche deutlich gestiegen (z.B. die Erwartung dass die Regeln eindeutig sind). 

Da sollte eben zumindest mal die grundsätzliche Perspektive klar kommuniziert werden.
Also ob ein Zauber das und nur das kann, was explizit in der Beschreibung steht oder ob auch kreative Anwendungen dem Spieldesign entsprechen.

Im Prinzip richtig, wobei es auch viele kreative Anwendungen innerhalb klar definierter Grenzen gibt.
Beim Mage Hand Beispiel steht klar: "Manipulate an Object" aber es ist eben nicht klar was das genau heisst. Es gibt die "Interacting with Objects Around You" Liste, aber auch die hat nur Beispiele.
Alle denkbaren Möglichkeiten auflisten geht nicht.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: aikar am 6.08.2024 | 08:11
Anekdotisch kann ich dazu sagen, dass 5e das erste System ist, dass wir wegen ständigen Regeldiskussionen gekickt haben und wo ein Spieler wegen der unklaren Regeln gegangen ist. Ich habe dafür auch noch die Kampagne am Ende abgekürzt.
Ist halt alles eine Sache der Erwartungshaltung und Vorlieben. Wir haben bei 5e kaum Regeldiskussionen, weil alle eher mal bereit sind, auch mal etwas einfach durch Handwedeln, Rulings oder SL-Entscheid zu lösen und einfach weiterzuspielen.
Bei den "präziseren" Systemen gab es da (bei uns) deutlich mehr Debatten, Unterbrechungen und Geblätter, weil man ja wusste, dass es irgendwo eine Regel dafür geben muss, an die sich dann aber in dieser Situation gerade keiner genau erinnern konnte.
Klar, wenn die ganze Gruppe aus System-Regel-Expert:innen besteht, dreht sich das vielleicht. Ich glaube aber nicht, dass das für eine Mehrheit der Gruppen gilt.

Bei der Umfrage enthalte ich mich aber mal, weil es mir nicht um "schwammige" Texte, sondern um einfache Texte ohne viele auspezifizierte Sonderfälle geht. Das es dann nicht ganz klar definierte Grenzfälle geben kann, nehme ich dann dafür in Kauf, dass ich mich mit weniger Regeln beschäftigen muss.
Manch einer mag das "schwammig" nennen, mir ist das etwas zu negativ annotiert.

Ich finde außerdem, dass zu strikt definierte Regeln (mich) aus der Immersion reißen. Das habe ich stark bei Dune gemerkt, wo jeder Konflikt, egal ob Duell, soziale Konfronation, Handel, Spionage oder Schlacht als Subspiel nach den selben klaren Regeln abgehandelt wird. Klang auf den ersten Blick gut und das Subspiel macht auch durchaus Spaß, aber der Rollenspielanteil ging (für mich) völlig verloren.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: bobibob bobsen am 6.08.2024 | 08:13
Ich brauche die Regeln nicht sooo präzise. Wichtig ist das man erkennen kann was die Regel bewirken soll. Über die Grenzen nach unten oder oben einigen wir uns da in meinen Runden recht schnell.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: diogenes am 6.08.2024 | 08:14
Ich habe die teilweise schwammigen Regeln von D&D 5 tatsächlich eine Zeit lang gemocht, weil ich den Eindruck hatte, dass sie es den Spieler*innen ein bisschen einfacher machen, unerwartete Dinge mit ihren Fähigkeiten zu tun. Mittlerweile bin ich aber dabei die (relative) Klarheit von Pathfinder 2 schätzen zu lernen. Es erfordert zwar etwas mehr zu verstehen und das System einschätzen zu können, aber kreative Lösungen sind da auch noch möglich, ohne die Möglichkeit zu verlieren auch mal sagen zu können, so sind die Regeln, so machen wir das jetzt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Edgar Allan Poe am 6.08.2024 | 08:29
Ich sehe keinen Vorteil bei schwammigen Regeln. Regeln sind die Basis für das Spiel. Die müssen stehen. Jeder am Tisch sollte sie kennen und vor allem jeder am Tisch sollte die Regeln gleich interpretieren. Ist das nicht der Fall, wird es unweigerlich irgendwann zur Diskussion führen. Wenn ich Regeln schwammig schreibe mit dem Vorwand, Freiheiten zu generieren, dann brauche ich im Grunde gar keine Regeln aufzuschreiben. Dann kann das Regelwerk auch daraus bestehen, einen W6 zu würfeln und der höhere Wurf gewinnt immer.

Nein, die Regeltexte müssen klar und deutlich geschrieben sein. Alles andere ergibt für mich keinen Sinn.

Das ist leider ein großes Problem vieler neuer Rollenspiele. Das Regelwerk zu Batman - Gotham City Chronicles ist furchtbar inkonsequent und schwammig geschrieben. Das haben wir am virtuellen Tisch "by the book" nicht ans Laufen gebracht und am Ende eher unser eigenes Ding draus gemacht. Das hat zwar funktioniert, war aber von den Regeln her sehr unbefriedigend, weil man schon das Gefühl hatte, ohne Basis zu spielen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Runenstahl am 6.08.2024 | 09:10
Das ist leider ein großes Problem vieler neuer Rollenspiele.

Ich behaupte mal das gabs schon immer. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an Vampire. Dort gab es im selben Buch teilweise mehrere verschiedene Regeln für dieselbe Aktion.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Edgar Allan Poe am 6.08.2024 | 09:18
Dann fällt es mir jetzt erst vermehrt auf. :)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Haukrinn am 6.08.2024 | 09:58
Ich brauche keine klaren Regeln, sondern einen klaren Rahmen. Schwammige Regeltexte zeichnen sich meiner Meinung nach dadurch aus, dass ihnen dieser fehlt. Und meiner Meinung macht das solche Regelwerke vor allem zu einem: zu schlechten Regelwerken.

Ich möchte bei Situationen klar entscheiden können, ob diese im Scope der Regeln oder außerhalb des Scopes (durch Rulings) aufgelöst werden müssen. Dafür brauche ich aber einen klaren Rahmen. Der muss sich nicht durch endlose Verbotslisten ergeben (das ist auch keine Lösung, vor allem keine, die kreativem Spiel förderlich wäre), aber brauchbare Rahmenbedingungen (z.B. Mage Hand kann nicht mehr heben als eine normale menschliche Hand und ist zu keinerlei Feinmotorik fähig) ist schon angebracht.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Thalian am 6.08.2024 | 09:59
Puh, 34 zu 0 für die Genauigkeit - das nenne ich eindeutig.  :D
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Eleazar am 6.08.2024 | 10:23
Das mit dem klaren Rahmen finde ich einen guten Gedanken. Man hat schnell eine gute Orientierung. Und sie sollen beschreiben, was ist, nicht was nicht ist. Bei schlecht gemachten Regeln ist es oft andersrum. Das wird dann umständlich und produziert nur noch mehr Unklarheiten.

Was ich hingegen in Ordnung finde, ist wenn zum Beispiel in Quellenbüchern manche Besonderheiten nur beschrieben und angedeutet und nicht immer regeltechnisch ausformuliert sind. Oft würde das nämlich jeden Rahmen sprengen.

Und als SL im Detail selbst zu bestimmen, wie ein bestimmtes Wesen, ein Zauber, magischer Gegenstand usw. funktioniert, traue ich mir durchaus zu. Und da gebe ich gern meine Kreativität rein. Aber wenn eine Regel geschrieben ist, muss sie klar sein.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 6.08.2024 | 10:23
Puh, 34 zu 0 für die Genauigkeit - das nenne ich eindeutig.  :D

Ich denke, das könnte an der Fragestellung liegen.

Es liegt ja eigentlich auf der Hand, dass "Schwammigkeit" an sich nicht gut ist. Und für die Fälle, wo man gern mehr Freiheit in der Entscheidung hätte, ist es ja besser, nicht-schwammige Regeln zu haben, die genau das vorsehen. Ansonsten hat man nämlich genau da auch das Problem, dass schwammig ist, ob und wie etwas nun behandelt werden sollte.

Der gewünschte Grad der Verregelung ist dann eine andere Frage und dürfte eng mit dem gewünschten Spiel zusammenhängen. Da kommen wir dann schnell in den Bereich, wo man wieder fragen kann, ob Werteoptimierer und Erzählspieler wirklich das gleiche Spiel spielen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Irian am 6.08.2024 | 10:28
Ich verstehe noch nichtmal, wozu es eine "Hintertür für Freiheit" braucht. Es ist ein Rollenspiel-Regelwerk, nicht die Bibel (und selbst die ist ja mittlerweile quasi völlig beliebig auslegbar, scheinbar). Wenn die Gruppe es etwas lockerer handhaben will, dann ist das doch deren Ding. Ihr braucht keine Hintertür, es ist euer verdammtes Haus. Wenn die Gruppe da ne Scheunentür einziehen wollt zum Traktor durchfahren ist das völlig ok. Die Rollenspiel-Polizei wird niemanden verhaften, wenn man das tut.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: aikar am 6.08.2024 | 10:38
Ich denke, das könnte an der Fragestellung liegen.
Genau das. Die Fragestellung ist einfach suggestiv.

Wie geschrieben
Bei der Umfrage enthalte ich mich aber mal, weil es mir nicht um "schwammige" Texte, sondern um einfache Texte ohne viele auspezifizierte Sonderfälle geht. Das es dann nicht ganz klar definierte Grenzfälle geben kann, nehme ich dann dafür in Kauf, dass ich mich mit weniger Regeln beschäftigen muss.
Manch einer mag das "schwammig" nennen, mir ist das etwas zu negativ annotiert.

Ich verstehe noch nichtmal, wozu es eine "Hintertür für Freiheit" braucht. Es ist ein Rollenspiel-Regelwerk, nicht die Bibel (und selbst die ist ja mittlerweile quasi völlig beliebig auslegbar, scheinbar). Wenn die Gruppe es etwas lockerer handhaben will, dann ist das doch deren Ding.
Das Argument "Nehmt doch ein detailliertes Regelwerk und lasst weg, was euch nicht passt" kommt immer wieder in verschiedenen Varianten auf, ist aber meiner Meinung nach nicht haltbar.
Weil es erfordert, dass ich mich mit den detaillierten Regeln auseinandersetze (wozu ich eben keine Lust habe), um zu entscheiden, was ich verwende und was nicht. Und dann noch bedenken muss, was es für Konsequenzen hat (die wenigsten Regelsysteme sind wirklich modular) und das ganze dann optimalerweise noch in einer Hausregelliste für meine Gruppe festhalte (weil sonst eben für die Gruppe nicht klar ist, was wir verwenden und was nicht), was weitere Arbeit bedeutet.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: flaschengeist am 6.08.2024 | 10:42
Ich fühle mich oft unwohl, wenn ich der Meinung aller anderen bin aber heute ist ganz klar so: +1 für klare Regeltexte.

Ich verstehe noch nichtmal, wozu es eine "Hintertür für Freiheit" braucht. Es ist ein Rollenspiel-Regelwerk, nicht die Bibel (und selbst die ist ja mittlerweile quasi völlig beliebig auslegbar, scheinbar). Wenn die Gruppe es etwas lockerer handhaben will, dann ist das doch deren Ding. Ihr braucht keine Hintertür, es ist euer verdammtes Haus. Wenn die Gruppe da ne Scheunentür einziehen wollt zum Traktor durchfahren ist das völlig ok. Die Rollenspiel-Polizei wird niemanden verhaften, wenn man das tut.

Und das hier ist der wichtigste Grund dafür: Regeln sind keine Gesetze, sie dürfen verändert werden. Mit anderen Worten: Schwammige Regeln provozieren spaßhemmende Regeldiskussionen, klare Regeln schränken aber nicht die Freiheit ein.
Allerdings bin ich Fan davon, Regelmodifikationen erst auf Basis guter Systemkenntnis vorzunehmen - sonst hat das schnell nicht beabsichtigte Nebeneffekte, die einem später auf die Füße fallen.

Genau das. Die Fragestellung ist einfach suggestiv.

Wie hättest du die Frage formuliert?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: aikar am 6.08.2024 | 10:46
Allerdings bin ich Fan davon, Regelmodifikationen erst auf Basis guter Systemkenntnis vorzunehmen - sonst hat das schnell nicht beabsichtigte Nebeneffekte, die einem später auf die Füße fallen.
Alle Argumente der "Klare Regeln"-Fans basieren auf der Annahme, dass alle in der Gruppe Interesse haben, sich mit den Regeln auseinander zu setzen bzw. wird das erwartet.
Gerade bei Casual- und Storygamern ist das aber nicht der Fall. Sie wollen einfach spielen und ein Abenteuer erleben. Die Beschäftigung mit den Regeln wird da eher als lästige Notwendigkeit betrachtet. Und je detaillierter und exakter die Regeln (weil man sie dann auch exakter kennen und befolgen sollte) umso störender wird es für diese Spieler:innen.

Wie hättest du die Frage formuliert?
Ich hätte statt "schwammig" etwas wie "weniger detailliert ausgearbeitet" geschrieben.

Wenn man solche Regeln bevorzugt, hat es außerdem bei weitem nicht nur mit freier Kreativität zu tun. Sondern oft, wie geschrieben, einfach mit dem grundlegenden Interesse, sich mit Regeln zu beschäftigen. Oder mit einer stärkeren Immersion, wenn man die Regeln dem Spielerlebnis unterordnet.
D.h. hier wird eine Option mit einer Implikation verbunden, die nicht für alle zutrifft.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Zed am 6.08.2024 | 10:55
Ich brauche keine klaren Regeln, sondern einen klaren Rahmen. Schwammige Regeltexte zeichnen sich meiner Meinung nach dadurch aus, dass ihnen dieser fehlt. Und meiner Meinung macht das solche Regelwerke vor allem zu einem: zu schlechten Regelwerken.

Ich möchte bei Situationen klar entscheiden können, ob diese im Scope der Regeln oder außerhalb des Scopes (durch Rulings) aufgelöst werden müssen. Dafür brauche ich aber einen klaren Rahmen. Der muss sich nicht durch endlose Verbotslisten ergeben (das ist auch keine Lösung, vor allem keine, die kreativem Spiel förderlich wäre), aber brauchbare Rahmenbedingungen (z.B. Mage Hand kann nicht mehr heben als eine normale menschliche Hand und ist zu keinerlei Feinmotorik fähig) ist schon angebracht.
Dankeschön für Deinen erhellenden und bereichernden Beitrag!

Ohne mich jetzt allzusehr mit OSR-Spielen auszukennen - gibt es bei ihnen solche und solche oder sind bei ihnen klare Rahmen und klare Formulierungen eher seltener?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Irian am 6.08.2024 | 10:57
"Klare Regeln" bedeutet übrigens für mich nicht "unglaublich detaillierte und verzahnte Regeln, wo jede minimale Änderung sofort das ganze System zum Einsturz bringt." Sondern halt nur, dass die Regeln erstmal klar und eindeutig sind. Dann kann man auch leichter Dinge abschätzen, was passiert, wenn man etwas anders macht. Das geht sicher bei manchen Systemen besser - wenn man ne Milliarde Sonderfertigkeiten hat, wo dann Sonderfertigkeit 783.231 durch eine kleine Änderung an ner Regel plötzlich die Welt aus de Angeln hebt, ist das sicherlich nerviger.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Feuersänger am 6.08.2024 | 11:11
Mir fällt leider gerade gar kein gutes Beispiel ein, obwohl ich _weiss_ dass meine meistgespielten Systeme (zB PF1) hie und da derart unklare Regeln haben, weil ich mich schon oft über solche geärgert habe.

Habt ihr denn irgendwelche Lieblingsbeispiele? Haut mal raus!
Weiter oben hat Ainor ja schon die Feuerwand erwähnt, aber ich kann da ehrlich gesagt grad nicht nachvollziehen was er meint.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: 6 am 6.08.2024 | 11:20
Ich habe mir mal das zugrundeliegende Beispiel im Kontext angeschaut, weil ich ehrlich gesagt die Anfangsfrage nicht verstehe, bzw was mit "Schwammigkeit" gemeint ist.
Wenn ich das als Grundlage nehme, dann geht es wohl weniger um Präzision der Regeln sondern deren Balancing. Also wie präzise ist das Balancing der Regeln untereinander.
Unter der Prämisse muss ich sagen, dass ich eher selten mit stark optimierbaren Regelwerken noch zu tun habe. Ich möchte kreative Lösungen in der Fiktion und nicht den kreativen Einsatz von Regelfunktionen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: 1of3 am 6.08.2024 | 11:22
Die Frage ist doch: Was heißt klar?

Ich erinnere mich an einen Fall, wo wir auf dem Treffen Monster Hearts spielen wollten. Ich hatte noch nie ein PbtA-Spiel gespielt, fand aber unmittelbar klar, was da zu tun ist. Ein anderer Spieler, hatte Probleme damit zu erkennen, was beim Ghoul-Playbook zu tun ist mit:

Zitat
Origin
Circle one:

resurrected, constructed, disturbed, rejected, sent

Die Frage müsste also sein: Wie stelle ich als Designer sicher, dass meine Regeln für die avisierte Zielgruppe hinreichend klar sind?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: gunware am 6.08.2024 | 11:28
Ich habe die teilweise schwammigen Regeln von D&D 5 tatsächlich eine Zeit lang gemocht, weil ich den Eindruck hatte, dass sie es den Spieler*innen ein bisschen einfacher machen, unerwartete Dinge mit ihren Fähigkeiten zu tun. Mittlerweile bin ich aber dabei die (relative) Klarheit von Pathfinder 2 schätzen zu lernen.
So ist es bei uns auch.
Wobei auch PF2 ist nicht immer alles  ganz klar. Oder anders gesagt, nicht immer versteckt sich die Regel da, wo ich sie erwarten würde.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: tartex am 6.08.2024 | 11:39
Diese Umfrage ist ja schrecklich formuliert...

Wie wäre es als nächstes mit folgender:

Ich mag:

o Erdbeereis, weil es wirklich gut schmeckt
o Schokoladeeis, weil es die Farbe von Fäkalien hat

 ~;D
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Infernal Teddy am 6.08.2024 | 11:42
Fragestellung macht keinen Sinn.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Feuersänger am 6.08.2024 | 11:48
Ich versteh nicht was ihr habt. Wir hatten hier weissgott schon tendenziös formulierte Umfragen, und ich bin eigentlich immer der erste der das "out-callt". Eben wo die Antwortmöglichkeiten sowas wie "A: ich finde X gut, oder B: ich trete Hundewelpen und spüle lebende Hamster im Klo runter" sind. Wir hatten auch schonmal eine, wo die vorgegebenen Antworten verschiedene Formulierungen für "Nein, Nein, Nein, Nein, Wennsseinmuss" waren.

Aber hier hängt ihr euch an dem Begriff "schwammig" auf? Wie soll man es denn sonst bezeichnen? Zumal schon in der Antwort eine sehr, sagen wir, gesichtswahrende Begründung mitgegeben wird.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: tartex am 6.08.2024 | 11:55
Aber hier hängt ihr euch an dem Begriff "schwammig" auf? Wie soll man es denn sonst bezeichnen? Zumal schon in der Antwort eine sehr, sagen wir, gesichtswahrende Begründung mitgegeben wird.

Schwammig ist klar ein negativ belegtes Wort.

Niemand mag "Regeltexte, die schwammig geschrieben sind", aber wie wäre es mit "kurzgehaltenen Zauberbeschreibungen, die nicht versuchen Anwendungen, die vom Autor nicht vorgesehen wurden, auszuschließen".
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: 6 am 6.08.2024 | 11:59
Aber hier hängt ihr euch an dem Begriff "schwammig" auf? Wie soll man es denn sonst bezeichnen? Zumal schon in der Antwort eine sehr, sagen wir, gesichtswahrende Begründung mitgegeben wird.
Als ich hänge mich nicht an dem Begriff auf, sondern daran dass Du zwei Alternativen hast, die kein Beziehung zueinander haben. (Vergleiche: "Geht Ihr gerne abends aus dem Haus oder ist der Ball eher blau?")
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Eleazar am 6.08.2024 | 12:20
Ich hatte keine Schwierigkeit, mir ein deutliches Bild von den beiden Alternativen zu machen. Und ich denke, es hängt nicht an dem Begriff "schwammig", sondern an dem Zusammenhang mit "Regeln". Regeln müssen einfach klar sein, sonst sind sie per se ziemlich nutzlos. Wie ein stumpfes Messer halt.

Und Regeln mit einem weiten Auslegungsspielraum bringen mir nichts, weil ich mich im Spiel a) eh auf eine konkrete, eindeutige Interpretation einigen muss, was immer Arbeit und Metadiskussionen erfordet. Und ich b) im Zweifelsfall mit der Gruppe selbst entscheide, welche Regel rausfliegt. Es bringt also doppelt nix.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Mangu am 6.08.2024 | 12:45
Ich habe mich den "klaren Regeln" angeschlossen.

Dabei mag ich aber, wie auch schon einige andere sagten, eher kurzgefasste Regeln. Das dabei natürlich nicht jeder Spezialfall abgebildet werden kann ist klar. Da man im Rollenspiel aber sowieso immer seinen gesunden Menschenverstand benutzt, ist auch eine Interpetation dieser kurzen Regeln möglich.

Ich sehe sogar einen erheblichen Vorteil bei der Auslegung von kurzen und klaren Regeln, denn hier gibt es nicht auf Seite ganzweithinten, dritter Absatz noch eine Ausnahme der Ausnahme, die man evtl. dann nicht mit berücksichtigt hat.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 6.08.2024 | 12:47
Ich habe mir mal das zugrundeliegende Beispiel im Kontext angeschaut, weil ich ehrlich gesagt die Anfangsfrage nicht verstehe, bzw was mit "Schwammigkeit" gemeint ist.
Wenn ich das als Grundlage nehme, dann geht es wohl weniger um Präzision der Regeln sondern deren Balancing. Also wie präzise ist das Balancing der Regeln untereinander.
Unter der Prämisse muss ich sagen, dass ich eher selten mit stark optimierbaren Regelwerken noch zu tun habe. Ich möchte kreative Lösungen in der Fiktion und nicht den kreativen Einsatz von Regelfunktionen.

Nein, es geht um Präzision als Gegesatz zu Spielraum. In dem diskutierten Fall der Mage Hand um die Grenzen dessen, was sie kann.

Im Vergleich 3e - 5e kann die MH bei 5e deutlich mehr, vorher konnte sie nur Objekte bis zu einem Maximalgewicht hochheben und bewegen. Jetzt kann sie "manipulate an object". Leider wird nicht erklärt, was darunter zu verstehen ist. Anhand der anderen Beispiele versucht man es dann herzuleiten, was aber eben sehr viel Spielraum lässt.

Ein Beispiel aus meiner Runde ist Wall of Force. 5e: Nothing can physically pass through the wall. ... The wall also extends into the Ethereal Plane, blocking ethereal travel through the wall.
Kein Wort zu erwartbaren Dingen wie Licht, Energie, Magie, Odemwaffen, ...

3e:  Breath weapons and spells cannot pass through the wall in either direction, although dimension door, teleport, and similar effects can bypass the barrier. It blocks ethereal creatures as well as material ones (though ethereal creatures can usually get around the wall by floating under or over it through material floors and ceilings). Gaze attacks can operate through a wall of force.

3e ist hier deutlich präziser bezüglich der relevanten Spielinhalte.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: JollyOrc am 6.08.2024 | 12:50
es gibt da doch zwei Achsen:

Präzise vs. Schwammig

und

Offen vs. eng-umrissen

Präzise bedeutet, dass ich nicht fragen muss "und was bedeutet das jetzt?". Ich weiß also Dinge wie Reichweite, mechanische Wirkung, Dauer, etc.

Schwammig bedeutet, dass ich nicht aus der Beschreibung ablesen kann, ob es z.B. Friendly Fire bei einem Feuerball gibt, oder was genau mit "Kreatur" gemeint ist.

Offene Beschreibungen wiederum erlaubt mir, die Regel oder den Zauber kreativ einzusetzen. Offene Formulierungen fördern kreatives Spiel, neue Kombinationen und Unvorhergesehenes.

Eng-umrissene Beschreibungen grenzen das ein, verhindern aber ggfs. auch Dinge, welche das Spiel aus der Balance bringen. Sie verbieten Hartholzharnische, aber begrenzen eben auch den Möglichkeitsraum.

Ich persönlich will präzise und offene Regeln.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Arkam am 6.08.2024 | 13:26
Hallo zusammen,

ich habe auch lieber klare Regeln.
Ich habe das Gefühl das viele Probleme auftauchen weil Rollenspiel Material wahrscheinlich nicht in größerem Maße getestet wird.
Wenn Mage Hand also etwa entwickelt wurde um Truhen zu öffnen und zu vermeiden von Fallen, etwa Giftdornen, betroffen zu werden war die Formulierung klar genug.
Aber die Frage ob man jetzt eben auch einen Schlüssel heranschweben und ein Schoß öffnen lassen kann kam im Abenteuer nie auf und wurde eben nicht bedacht.

Das Problem wird noch schwieriger wenn Regeln und Hintergrund miteinander verbunden sind.
In DSA 1 mit Ausbauset gab es etwa Rondras Ehre, Rondar ist die Göttin des geplanten und organisierten Kampfes. Mit Rondras Ehre wurde ein Gegner zu einem ehrenhaftem Kampf. Von Gift, Hinterhalten und ähnlichen Sachen war die Rede. Aber die Frage ob andere Völker eine anderee Vorstellung von einem ehrenhaftem Kampf haben hat bei uns immer wieder für Diskussionen gesorgt. Genau so ob ehrenhaft auch möglichst gleiche Bedingungen bei Ausrüstung und Können, also Stufe der Charaktere bedeutet. Elfen etwa wirken intuitiv Magie und sind starke Fernkämpfer. Heißt also ehrenhaft bei ihnen das beide Dinge auch eingesetzt werden oder sind sie einem an einen eher an Ritter erinnernden Ehrencodex der Amhänger der Gottheit gebunden?

Auch sehr unterschiedliche Vorstellungen eine Konzepts können für Probleme sorgen. DSA hat etwa 12 Hauptgötter die als Götter des größten Reches auf der Welt gelten, also eine strukturierte und geregelte Gesellschaft unterstützen. Diesen Göttern sind jetzt bei DSA 1 mit Ausbauset kleine Wunder, die wie Zauber funktionieren zugeordnet. Dabei war man wohl davon ausgegangen das die Charaktere
als Mitglieder einer strukturierte und geregelte Gesellschaft diese auch im Sinne der Gesellschaft anwenden würden. Aber dieser kleinen Wunder wohl keine Gedanken gemacht. konnten natürlich auch deutlich mißbraucht werden. Zudem hatte man sich über die Folgen dieser "kleinen" Wunder wohl keine Gedanken gemacht. So war etwa eine direkte Kommunikation über eine beliebige Entfernung möglich.

Gruß Jochen
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Arldwulf am 6.08.2024 | 13:39

Ich hatte hier vor Jahren mal gelesen, dass ein Vorteil von Regeln, die nicht auf klare Grenzen hin ausgerichtet sind, ist, den Spielenden zu ermöglichen, mehr Kreativität zu entwickeln. Das klang durchaus einleuchtend, und trotzdem hätte ich Sorge, dass die Nachteile von schwammig geschriebenen Regeln überwiegen.

Was meint ihr?

Das Gegenteil ist der Fall. Regeln sind letztlich Hilfsmittel und bezogen auf Kreativität würde ich sie am ehesten mit einem Gerüst vergleichen an dem die Kreativen Ideen der Spieler Halt finden.

Je stabiler dies gebaut ist umso mehr verkraftet dieses Gerüst, umso mehr Freiheit haben die Spieler eigene Ideen umzusetzen.

Und umgedreht sind halt wacklige Konstruktionen auch im Spiel eher dafür bekannt, dass unten ein Schild aufgestellt ist "bitte nicht am Gerüst wackeln".

Ein Spielleiter der wenig Vertrauen in die Regeln hat wird weniger kreative Ideen zulassen, schlechter wissen wie diese umgesetzt werden können. Und sie darum häufiger ablehnen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Colgrevance am 6.08.2024 | 13:44
"Schwammig" ist für mich eine Regel dann, wenn offen ist, in welchen Situationen sie mit welchem Effekt zur Anwendung kommt (was auch die Grenzen/Ausnahmen einschließt) und mir nicht klar ist, ob dies vom Spiel gewollt ist (also eine bewusst offene Regelung im Sinne von JollyOrc darstellt, die ich selbst konkretisieren soll) oder ein Fehler bzw. einfach übersehen wurde. Dies ist insbesondere bei Inkonsistenzen innerhalb des Regelwerks der Fall, z. B. wenn der Detailgrad der betreffenden Regel nicht zu anderen Regeln passt - dies kann der Fall sein, wenn die Grenzen und Ausnahmen sonst genau definiert sind, aber bei einem einzelnen Zaubern plötzlich fehlen. Das halte ich für einen handwerklichen Fehler.

Eine Regel kann auch dann "schwammig" sein, wenn sie vom Detailgrad her einfach nicht zu meinen Spielvorlieben passt. Solange das Regelwerk konsistent ist und klar macht, dass die Spieler selbst konkretisieren müssen, ist das dann aber eine Frage der Passung zwischen Spiel und Spielern und aus meiner Sicht kein Fehler, sondern eine Geschmacksfrage.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Feuersänger am 6.08.2024 | 13:45
Ein Beispiel für schwammige / unklare Regeltexte aus PF1. Die Frage kam vor einiger Zeit in einer Facebook-Gruppe auf, sonst wäre mir das nie aufgefallen, da ich das Splatbook eh nicht benutze:

Der Kinetiker kann mit irgendeiner Pipapo-Infusion Gegenstände aufheben, die "nearby" sind, und wegschleudern. Aber was nun "nearby" ist, da wird man völlig im Regen stehen gelassen. "Close" wäre ja ein genau definierter Begriff, damit könnte man arbeiten. Oder sie hätten direkt sagen können "5 Fuß" oder "10 Fuß" oder was auch immer ihrer Meinung nach "nearby" ist. Aber nein. Man bekommt einen schwammigen Begriff vor die Füße gekotzt und soll dann damit zurechtkommen. Ich frage mich vor allem, was soll das?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Sashael am 6.08.2024 | 13:51
Dies ist insbesondere bei Inkonsistenzen innerhalb des Regelwerks der Fall, z. B. wenn der Detailgrad der betreffenden Regel nicht zu anderen Regeln passt - dies kann der Fall sein, wenn die Grenzen und Ausnahmen sonst genau definiert sind, aber bei einem einzelnen Zaubern plötzlich fehlen. Das halte ich für einen handwerklichen Fehler.
Das finde ich besonders wichtig und halte das für ein Merkmal so mancher D&D 5 Regeldiskussion.

D&D 5 ist ähnlich wie die Vorversionen relativ detailreich, nur dass sie dann gelegentlich die Straße nicht zu Ende bauen, sondern für Interpretationen offen lassen. Im Kontext von einem Regelwerk, das für jede Klasse und Subklasse eigene Regeln hat, finde ich das fehldesignt.

Mir sind da harte Regelkonzepte, anhand derer ich Rulings abschätzen kann, deutlich lieber als dieses "in der Luft hängen lassen", das ich manchmal bei D&D 5 empfinde.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: 6 am 6.08.2024 | 13:59
Nein, es geht um Präzision als Gegesatz zu Spielraum. In dem diskutierten Fall der Mage Hand um die Grenzen dessen, was sie kann.

Im Vergleich 3e - 5e kann die MH bei 5e deutlich mehr, vorher konnte sie nur Objekte bis zu einem Maximalgewicht hochheben und bewegen. Jetzt kann sie "manipulate an object". Leider wird nicht erklärt, was darunter zu verstehen ist. Anhand der anderen Beispiele versucht man es dann herzuleiten, was aber eben sehr viel Spielraum lässt.

Ein Beispiel aus meiner Runde ist Wall of Force. 5e: Nothing can physically pass through the wall. ... The wall also extends into the Ethereal Plane, blocking ethereal travel through the wall.
Kein Wort zu erwartbaren Dingen wie Licht, Energie, Magie, Odemwaffen, ...

3e:  Breath weapons and spells cannot pass through the wall in either direction, although dimension door, teleport, and similar effects can bypass the barrier. It blocks ethereal creatures as well as material ones (though ethereal creatures can usually get around the wall by floating under or over it through material floors and ceilings). Gaze attacks can operate through a wall of force.

3e ist hier deutlich präziser bezüglich der relevanten Spielinhalte.
Und genau das ist diese Regelbalance, die ich meine. Du befürchtest durch die schwammigeren Erklärung als SL, dass der Spieler diese Schwammigkeit ausnutzt, um damit sich eine Du-Kommst-Aus-Allen-Gefängnissen-Frei-Karte freiwillig oder unfreiwillig erkauft. Die ganzen Abgrenzungen sind dafür gedacht, um diese Fähigkeit einzugrenzen oder auszubalamcieren.
Das ist nichts schlechtes, aber die Alternative dazu hat absolut gar nichts mit Hintertür für kreativer Freiheit oder sowas zu tun.
Wie gesagt "Geht Ihr gerne Abends aus oder ist der Ball eher blau?"
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Sashael am 6.08.2024 | 14:08
Wie gesagt "Geht Ihr gerne Abends aus oder ist der Ball eher blau?"
Die Slayer-Spiele sind deutlich weniger detailliert als D&D und man ist von vornherein dazu angehalten, sich kreative Lösungen für kreative Aktionen der Spieler zu überlegen. Also genau das, wie die Fragestellung formuliert ist.

Deine Umformung der Frage geht da imho mehrere Kilometer am Punkt vorbei.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: 6 am 6.08.2024 | 14:22
Die Slayer-Spiele sind deutlich weniger detailliert als D&D und man ist von vornherein dazu angehalten, sich kreative Lösungen für kreative Aktionen der Spieler zu überlegen. Also genau das, wie die Fragestellung formuliert ist.

Deine Umformung der Frage geht da imho mehrere Kilometer am Punkt vorbei.
Präzise Regeln müssen nicht besonders detailliert sein. Abgesehen davon denke ich mal, dass Du auch bei D&D durch den kreativen Einsatz von Skills belohnt wirst (mit samt präzisen Regeln wie die entsprechende Probe gewürfelt werden muss).
Oder haben sie die Skills wieder abgeschafft?
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: First Orko am 6.08.2024 | 14:36
Beim letzten Zitat geht es darum, was mit "Mage Hand" alles möglich ist und was nicht, und dass die 5E-Regeln hier nicht deutlich (genug?) sind.

Ohne den Fall zu kennen oder mich für die Details überhaupt zu interessieren: Solche Fragen (Auslegung von Regeln) sind oftmals Ausdruck eines Aufeinandertreffens von unterschiedlichen Spielweisen, die unabhängig von Regeln existieren. Da ist zum einen der von den Regeln ausgehende Ansatz, der die Anwendung der Regeln auch und zuvorderst als intellektuelle Herausforderung sieht: Wie komme ich mit einem gegebenen Regelsatz an ein Ziel, welche Synergien kann ich im Zusammenwirken diverser Regeln entdecken und nutzen usw. Die kreative Anwendung steht hintendran und ist nur "Farbe", denn was passiert ist idealerweise schon möglichst exakt vorgeben.

Dem gegenüber steht die Forderung, dass Regeln die Kreativität stützen und als Zufallselement die Unwägbarkeit der Spielwelt und Charakterkompetenzen abbildet - aber mehr auch nicht. Das erfordert freiere Regelsätze, die eine viel höhere Ausgestaltung ermöglicht. Mage Hand könnte in einem solchen System zum Beispiel wahlweise als magischer Ersatzhand eines einarmigen SC dienen, eine gigantische Steinfaust sein, die den Boden erschüttert oder eine winzige Hand, die das Innere eines Schlosses zertrümmert. Die Freiheit wird damit "erkauft" dass regelseitig deutlich gröber ausdifferenziert wird (zum Beispiel mach "Mage Hand" genau wie jede andere Nahkampfwaffe genau 1 Schaden, egal welcher Art die Waffe ist).

Das Problem ist nicht damit zu lösen, das Regeln schwammig geschrieben sind - das erzeugt in solchen Fällen sogar unnötiges Konfliktpotential, weil so getan wird, als würde eine so geschriebene Regel beiden o.g. Spielweisen gerecht werden. Das ist aber nicht so: Sie wird keiner der Spielweisen gerecht und ist einfach schlecht geschrieben, wenn sie so viel Diskussionspotential hat!

Regeln müssen präzise formuliert sein, egal wie komplex oder einfach das System ist! Das bedeutet natürlich, dass die Autor·innen (a) ihr System auch mit einem eindeutigen Spielfokus designt haben und (b) dieses Design auch verstanden und verinnerlicht haben.

Und wie sehr das bei D&D5 der Fall ist, mögen Andere eher einschätzen :-X
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Ainor am 6.08.2024 | 14:43
Im Vergleich 3e - 5e kann die MH bei 5e deutlich mehr, vorher konnte sie nur Objekte bis zu einem Maximalgewicht hochheben und bewegen.

Für 3E: move an object. Kann ich es auch kippen? Kann ich einen Schlüssel drehen? Ist mindestens genauso unklar.

Ein Beispiel aus meiner Runde ist Wall of Force. 5e: Nothing can physically pass through the wall. ... The wall also extends into the Ethereal Plane, blocking ethereal travel through the wall.
Kein Wort zu erwartbaren Dingen wie Licht, Energie, Magie, Odemwaffen, ...

Dass eine unsichtbare Wand kein Licht aufhält ist irgendwie klar. Und dass Wände Sprüche blockieren steht im Spielerhandbuch.
Das einzige was vielleicht nicht 100% wasserdicht formuliert ist ist dass das auch für Odemwaffen gilt, aber irgendwie sehe ich nicht dass es da grosse Unklarheit gibt. Was anderes wäre Forcecage, wo 3E erklärt dass Pfeile da durchpassen, 5E aber nicht.

Andererseits ist 5E teilweise präziser wann genau dauerhafte Effekte angewendet werden und wie oft (z.B. Feuerwand), und etliche unklare Effekte, z.B. "Any creature that takes damage from this spell must also succeed on a Reflex save" (nicht klar wie oft das angewendet wird) bei Spike growth sind geändert. Insofern glaube ich nicht dass 3E konstant klarer formuliert ist.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: flaschengeist am 6.08.2024 | 15:31
es gibt da doch zwei Achsen:

Präzise vs. Schwammig

und

Offen vs. eng-umrissen

Präzise bedeutet, dass ich nicht fragen muss "und was bedeutet das jetzt?". Ich weiß also Dinge wie Reichweite, mechanische Wirkung, Dauer, etc.

Schwammig bedeutet, dass ich nicht aus der Beschreibung ablesen kann, ob es z.B. Friendly Fire bei einem Feuerball gibt, oder was genau mit "Kreatur" gemeint ist.

Offene Beschreibungen wiederum erlaubt mir, die Regel oder den Zauber kreativ einzusetzen. Offene Formulierungen fördern kreatives Spiel, neue Kombinationen und Unvorhergesehenes.

Eng-umrissene Beschreibungen grenzen das ein, verhindern aber ggfs. auch Dinge, welche das Spiel aus der Balance bringen. Sie verbieten Hartholzharnische, aber begrenzen eben auch den Möglichkeitsraum.

Sehr schön auf den Punkt gebracht  :d. Ich teile den Eindruck, dass die zwei Achsen in der Diskussion hier mitunter vermischt wurden.

Alle Argumente der "Klare Regeln"-Fans basieren auf der Annahme, dass alle in der Gruppe Interesse haben, sich mit den Regeln auseinander zu setzen bzw. wird das erwartet.
Gerade bei Casual- und Storygamern ist das aber nicht der Fall. Sie wollen einfach spielen und ein Abenteuer erleben. Die Beschäftigung mit den Regeln wird da eher als lästige Notwendigkeit betrachtet. Und je detaillierter und exakter die Regeln (weil man sie dann auch exakter kennen und befolgen sollte) umso störender wird es für diese Spieler:innen.

Da stimme ich zu. Allerdings sind Klarheit und Umfang (Detailgrad) der Regeln zwei verschiedene Aspekte (s.o.). Ich persönlich finde D&D 5 als klassisches Mittelgewicht zu umfangreich für eine Runde mit vielen solcher Spieler. Würde dann eher "Leichtgewichte" wie Dungeon World, OSE oder Cortex Prime bevorzugen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: unicum am 6.08.2024 | 16:47
Allerdings habe ich den starken Verdacht, dass manche Regeln schlicht aus dem Grund unklar veröffentlicht werden, weil die Autoren sich selber nicht darüber klar werden konnten, wie sie es eigentlich haben wollen. Und weil sie sich nicht entscheiden können, wird diese Entscheidung eben auf den SL bzw die Gruppe abgewälzt.

Ich denke das der ein oder andere Autor (will sagen Limes n gegen null für 1/n) auch nie gelernt hat professionell zu schreiben und das Lektorrat da auch nicht so perfekt ist. Ich meine ich habe Sachbücher gelesen über Mathe und Physik - die Schreiberlinge haben ihren Stoff sicher gut verstanden, können es aber einach nicht rüberbringen - und der Lektor,... naja da müsste man auch erstmal einen finden der als Lektor gut ist und den Stoff versteht.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: nobody@home am 6.08.2024 | 17:46
Ich denke das der ein oder andere Autor (will sagen Limes n gegen null für 1/n) auch nie gelernt hat professionell zu schreiben und das Lektorrat da auch nicht so perfekt ist. Ich meine ich habe Sachbücher gelesen über Mathe und Physik - die Schreiberlinge haben ihren Stoff sicher gut verstanden, können es aber einach nicht rüberbringen - und der Lektor,... naja da müsste man auch erstmal einen finden der als Lektor gut ist und den Stoff versteht.

Was mich ja ein bißchen an den Spruch erinnert, was man nicht erklären könne, hätte man einfach selbst noch nicht ausreichend verstanden. :)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Ainor am 6.08.2024 | 18:36
ICh denke die meisten Autoren haben ihre eigenen Regeln verstanden. Aber etwas so formulieren dass es nicht anders verstanden werden kann ist extrem schwer, denn im Prinzip muss man auf alle möglichen Auslegungen eines Satzes selbst kommen. Nicht mal Gesetze sind immer komplett eindeutig formuliert. Entsprechend muss man vielleicht die Erwartungen an Rollenspiele ein wenig anpassen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: flaschengeist am 6.08.2024 | 21:10
ICh denke die meisten Autoren haben ihre eigenen Regeln verstanden. Aber etwas so formulieren dass es nicht anders verstanden werden kann ist extrem schwer, denn im Prinzip muss man auf alle möglichen Auslegungen eines Satzes selbst kommen. Nicht mal Gesetze sind immer komplett eindeutig formuliert. Entsprechend muss man vielleicht die Erwartungen an Rollenspiele ein wenig anpassen.

Ja, das ist auch ein sehr guter Punkt, der nochmal unterstreicht, wie wichtig ausgedehnte Playtests mit Feedback speziell auch zur Verständlichkeit und Klarheit der (Regel)Texte sind. In den letzten zwei-drei Jahren vor Veröffentlichung von DuoDecem lag auf genau diesem Aspekt ein Schwerpunkt und meine Güte, auf was für Interpretationen Mensch so kommen kann ;D.

Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Zanji123 am 6.08.2024 | 22:05
das Problem ist ja auch... was für den einen total logisch und klar ist, kann für den nächsten schwammig as fuck sein.

Für mich sollte es klar "relativ fest" sein aber zur not wedel ich halt :)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Horsinand am 6.08.2024 | 22:24
Ich hatte die Frage so verstanden, dass der Ersteller meint, dass schwammig formulierte Regeln eben dazu einladen, diese kreativ klar werden zu lassen.

Genau dazu habe ich bei Regeln aber keine Lust.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 6.08.2024 | 22:30
"Schwammig" hat ja durchaus Anhänger. Bei beispielsweise 13th Age ist das Absicht. Begründung auch hier: man wolle die Kreativität nicht einschränken. Dabei hat 13th Age tatsächlich ein paar Dinge, die mir derart gefallen, dass ich das System mag. Aber um mal einen Ex-Mitspieler zu zitieren: die Regeln sind einfach "blah".
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: unicum am 6.08.2024 | 22:34
Was mich ja ein bißchen an den Spruch erinnert, was man nicht erklären könne, hätte man einfach selbst noch nicht ausreichend verstanden. :)

Das ist aber auch nur so ein schwammig vormulierte Volksmund spruch und eben leider falsch ;) manches kann man nur verstehen wenn man genügend vorkentnisse hat.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Und ja die kentniss der deutschen Sprache sollte man als Autor eines RPG regelnwerkes kennen.
Ich schliesse da jezt nicht das ich gut in deutsch wäre aber manche Diskussionen über regletexte kann ich wirklich sagen "das hätte man besser schreiben können".

Wo wir gerade dabei sind, mir fällt kein regelwerk ein das perfekt ist in der erklärung der Regeln. Ausser die sehr regelleichten Handweldel Rollenspiele und die sind glaube ich dann wieder gezwungernermassen etwas  schwammig.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Zed am 6.08.2024 | 22:49
"Schwammig" hat ja durchaus Anhänger. Bei beispielsweise 13th Age ist das Absicht. Begründung auch hier: man wolle die Kreativität nicht einschränken. Dabei hat 13th Age tatsächlich ein paar Dinge, die mir derart gefallen, dass ich das System mag. Aber um mal einen Ex-Mitspieler zu zitieren: die Regeln sind einfach "blah".

Es kann gut sein, dass das die Begründung war, die ich im Ohr hatte:

Ich hatte hier vor Jahren mal gelesen, dass ein Vorteil von Regeln, die nicht auf klare Grenzen hin ausgerichtet sind, ist, den Spielenden zu ermöglichen, mehr Kreativität zu entwickeln. Das klang durchaus einleuchtend, und trotzdem hätte ich Sorge, dass die Nachteile von schwammig geschriebenen Regeln überwiegen.

"Schwammigkeit": Da hatte ich Tudors Bezeichnung aus dem Nachbarthread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,91489.msg135232476.html#msg135232476) aufgegriffen, weil sie mir passend erschien.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 6.08.2024 | 23:05
das Problem ist ja auch... was für den einen total logisch und klar ist, kann für den nächsten schwammig as fuck sein.

Halte ich für das Grundproblem (auch wenn ich es anders formulieren würde).

Glaube auch, das Regeln da nicht viel helfen. Denn auch bei klaren Regeln ist - im Kontext von tradierten Vorgehensweisen in Rollenspielen, also quasi in unserer Kultur - völlig unklar, was damit in der Praxis geschehen soll.

Was hilft, sind ähnlichgesinnte Mitspieler. Dann sind auch "schwammige" Regeln kein Problem. Mit stark anderstickenden Leuten helfen die klarsten Regeln nichts; weil man nicht das gleiche Spiel spielt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: tartex am 6.08.2024 | 23:12
Ich hatte die Frage so verstanden, dass der Ersteller meint, dass schwammig formulierte Regeln eben dazu einladen, diese kreativ klar werden zu lassen.

Genau dazu habe ich bei Regeln aber keine Lust.

Ja, das dachte sich der Gesetzgeber auch. Deshalb gibt es da auch ganze Berufszweige, die in der Lage sind sicherzustellen, dass bei ihrer Professionalität keinen unterschiedlichen Auslegungen mehr möglich sind.  :Ironie:
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: nobody@home am 6.08.2024 | 23:13
Das ist aber auch nur so ein schwammig vormulierte Volksmund spruch und eben leider falsch ;)

Na, wenn du das schon so naßforsch-autoritativ einfach mal rausschmetterst, dann kannst du sicher auch deine Logik dahinter erklären. ;)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 6.08.2024 | 23:19
Halte ich für das Grundproblem (auch wenn ich es anders formulieren würde).

Glaube auch, das Regeln da nicht viel helfen. Denn auch bei klaren Regeln ist - im Kontext von tradierten Vorgehensweisen in Rollenspielen, also quasi in unserer Kultur - völlig unklar, was damit in der Praxis geschehen soll.

Was hilft, sind ähnlichgesinnte Mitspieler. Dann sind auch "schwammige" Regeln kein Problem. Mit stark anderstickenden Leuten helfen die klarsten Regeln nichts; weil man nicht das gleiche Spiel spielt.

Nein. Regeln können optimiert werden. Dafür gibt es Lektorat, Tests, Revisionen usw. Natürlich dürfen Regeln dabei nicht nur von wenigen geschrieben werden, die müssen durch so viele Köpfe wie möglich interpretiert werden. Aber ja, zugegeben: völlige Eindeutigkeit ist manchmal schwer zu erreichen.

Mit ähnlich gesinnten Leuten braucht man gar keine Regeln. Wenn sich alle einig sind, was in einer Situation passieren soll, sind Regeln obsolet. Regeln sollen bei kurzfristig unterschiedlicher Meinung in eine vorher festgelegte Richtung lenken.

Wenn es also ein Problem mit Regeln gibt, dann imo das, dass Menschen die Funktion von Regeln nicht verstehen.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Sphinx am 6.08.2024 | 23:36
Ich mag präzise regeln. Und ich stelle sogar die These auf das Einschränkungen zu mehr Kreativität führen.
Ich liebe die Entstehungsgeschichte von Videospielen. Am meisten Fasziniert mich welche unglaublich Kreativen Lösungen die Entwickler damals gefunden haben um mit der extrem limitierten Hardware großartige Spiele zu erschaffen.

Klar gibt es einen Sweet Spot für diese Beschränkungen. Aber ein Rollenspiel zu sehr einzuschränken wird bei etwas verstand vom Entwickler wohl nicht wirklich passieren. Dafür ist neben der Mechanik eben immer noch das Rollenspiel an sich vorhanden.
Wenn ich eine Fähigkeit habe die Präzise beschrieben ist, wo genau eingeschränkt ist was sie kann und was nicht. Gibt es immer noch tausende Situationen in denen ein Spieler eine gute Idee mit dieser Fähigkeit haben kann. Denn anders als in einem Computerspiel wo jede Funktion Programmiert sein muss, haben wir im Rollenspiel die Freiheit zu entscheiden was geht und was nicht.

Schwammige Regeln wiederum bürden nur dem Spielleiter auf die Beschränkungen festzulegen. Der Konstant versuchen muss die verschiedenen Vorstellungsebenen am Tisch zu Synchronisieren.
Vergleich wie Kinder Spielen: "Ha ich hab dich erschossen du bist tot" -> "Nee, ich hab doch ein unverwundbarkeits Schutzschild" -> "Aber meine Kugel kann auch ein Schutzschild durchschlagen"
Das ist doch blöd wenn nicht genau definiert ist was er kann und wie die Sachen wirken.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: tartex am 7.08.2024 | 14:04
Wollt ihr eure Lieblingsregelpassagen oder Zaubersprüche mal posten oder zumindest verlinken?

Gute Beispiele helfen immer am meisten.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: aikar am 7.08.2024 | 14:35
Mit ähnlich gesinnten Leuten braucht man gar keine Regeln. Wenn sich alle einig sind, was in einer Situation passieren soll, sind Regeln obsolet. Regeln sollen bei kurzfristig unterschiedlicher Meinung in eine vorher festgelegte Richtung lenken.

Wenn es also ein Problem mit Regeln gibt, dann imo das, dass Menschen die Funktion von Regeln nicht verstehen.
Interessante Einstellung zu (Spiel-)Regeln. Klar, die Definition würde ich auch für den Regelbegriff allgemein (Soziale Regeln etc.) anwenden aber gerade bei Rollenspielregeln geht es mir eigentlich eher um die Strukturierung des Zufalls.

Zufall (üblicherweise in Form von Würfelwürfen) bringt Spannung in das Spiel und unterscheidet (klassische) Rollenspiele von reinem gemeinsamen Geschichtenerzählen.
Um diesen Zufall nicht völlig willkürlich und Faktoren wie Charakter-Eigenheiten und Genre/Stimmung relevant zu machen brauche ich gezielte, von diesen Faktoren abhängige Einflussmöglichkeiten auf diesen Zufallsfaktor (Charakterwerte werden auf Würfe aufgeschlagen, gewisse Ergebnisse werden abhängig von der angezielten Stimmung zwischen Pulp und Horror wahrscheinlicher oder weniger wahrscheinlich gemacht, gewisse Merkmale erlauben mir, in einer Situation die Geschichte zu beeinflussen ohne zu würfeln,...). Für mich optimalerweise (aber das ist schon nicht für alle Rollenspielende und Rollenspiele der Fall) sorgen die Regeln auch noch für eine Balance, so dass alle Spielenden zumindest im Schnitt in etwa gleich viel (aber unterschiedliche) Einflussmöglichkeiten haben.

Daneben gibt es noch den simulationistischen Ansatz (von dem ich mich persönlich immer weiter verabschiede), dass Faktoren der (fiktiven) Welt sich möglichst auch in Regeln abbilden sollen, um das Ergebnis dieses Zufallsfaktors möglichst "realistisch" zu machen.

Und natürlich können Regeln eine gamistische/taktische Herausforderung bieten, indem ich versuche, innerhalb bzw. mit Hilfe dieser Regeln eine Lösung für ein Problem zu finden, was ich beim reinen freien Erzählen nicht habe.

Aber Regeln zur Lenkung der Gruppenmeinung bzw. Gruppenentscheidungen bei Konflikten sehe ich am ehesten noch im Gruppenvertrag oder in der Rolle der Spielleitung. Aber nicht in den Spielregeln.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 7.08.2024 | 14:39
Nein. Regeln können optimiert werden. Dafür gibt es Lektorat, Tests, Revisionen usw. Natürlich dürfen Regeln dabei nicht nur von wenigen geschrieben werden, die müssen durch so viele Köpfe wie möglich interpretiert werden. Aber ja, zugegeben: völlige Eindeutigkeit ist manchmal schwer zu erreichen.

(...)

Wenn es also ein Problem mit Regeln gibt, dann imo das, dass Menschen die Funktion von Regeln nicht verstehen.

Genau; das ist eigentlich immer das Problem mit Menschen.

Ich habe gar nicht bezweifelt, dass man Regeln optimieren kann. Das hilft aber alles nichts, wenn man am Tisch vollkommen unterschiedliche Vorstellungen darüber hat, was man mit den Regeln machen will.

Wenn sich alle am Tisch darüber einig sind, dass man Regeln in einer bestimmten Form handhaben will und wenn alle diese Regeln dann auch tatsächlich zur Kenntnis nehmen und umsetzen wollen und können, super. Man braucht für die sinnvolle Umsetzung klarer Regeln also eine Gruppe mit Leuten, die diese klaren Regeln umsetzen wollen; ergo Ähnlichgesinnte. Ob das in der Praxis vorkommt, weiß ich nicht. Ich habe es noch nicht erlebt.

Ich will übrigens gar nicht bezweifeln, dass klare Regeln besser sind als schwammige. Möchte nur anmerken, dass ich skeptisch bin, dass dadurch in der Praxis wirklich Probleme gelöst werden können.

Mit ähnlich gesinnten Leuten braucht man gar keine Regeln. Wenn sich alle einig sind, was in einer Situation passieren soll, sind Regeln obsolet. Regeln sollen bei kurzfristig unterschiedlicher Meinung in eine vorher festgelegte Richtung lenken.

Außer, diese ähnlichgesinnten Leute wollen gern Regeln haben, weil sie gern würfeln möchten und weil sie gern eine bestimmte Art der Modellierung der Spielwelt in Spielmechanismen haben möchten. Anders gesagt: Sie brauchen Regeln weil sie welche haben möchten. Was genau das dann bedeutet, unterscheidet sich aber stark.

Man kann jetzt einwenden, was Du ja getan hast, dass die Leute dann das Konzept von Spielregeln nicht verstanden haben. Das ist aber eine präskriptive, keine deskriptive Aussage. Und ich wende ein, dass die Praxis davon nicht abgebildet wird.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: aikar am 7.08.2024 | 14:42
Ich will übrigens gar nicht bezweifeln, dass klare Regeln besser sind als schwammige. Möchte nur anmerken, dass ich skeptisch bin, dass dadurch in der Praxis wirklich Probleme gelöst werden können.
Vor allem glaube ich, dass die Grenze zwischen "Klaren Regeln" und "Überdefinierten Regeln" extrem subjektiv ist.

Das ist ein Teil des Problems, das ich mit der Fragestellung habe. Natürlich will jede:r "klare" Regeltexte. Ich vermute aber stark, dass sich die Vorstellungen, was das bedeutet, massiv unterscheiden.


Ein ähnlicher Fall ist ja ein Gesetzeswerk. Durch eindeutige Definition von Spezialfällen und widerspruchsfreie Formulierung wird versucht, klare, reproduzierbare und damit faire Gesetze zu schaffen. Das Ergebnis dieses, durchaus positiven, Ansinnens ist, das irgendwann keiner außer (vielleicht) den Experten mehr wirklich durchblickt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: nobody@home am 7.08.2024 | 14:58
Vor allem glaube ich, dass die Grenze zwischen "Klaren Regeln" und "Überdefinierten Regeln" extrem subjektiv ist.

Das ist ein Teil des Problems, das ich mit der Fragestellung habe. Natürlich will jede:r "klare" Regeltexte. Ich vermute aber stark, dass sich die Vorstellungen, was das bedeutet, stark unterscheiden.

Ein Regeltext im Umfang und Stil eines ausführlichen Gesetzbuchs ist vermutlich tatsächlich nicht ganz das, was sich die meisten von uns unter "klar" vorstellen -- auch wenn Juristen die Sprache in zumindest manchen solchen Werken vielleicht tatsächlich als glasklar und eindeutig beschreiben würden. :)
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: tartex am 7.08.2024 | 15:08
auch wenn Juristen die Sprache in zumindest manchen solchen Werken vielleicht tatsächlich als glasklar und eindeutig beschreiben würden. :)

Wenn das so wäre, hätten sie fast alle keinen Job mehr.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: nobody@home am 7.08.2024 | 15:23
Wenn das so wäre, hätten sie fast alle keinen Job mehr.

Was ein Experte für klar hält und was ein Laie auf der anderen Seite davon denkt, können nun mal zwei verschiedene Dinge sein. Da ist Juristerei noch nicht mal das schlimmste Beispiel (immerhin müssen auch diese Texte noch in einigermaßen "natürlicher" Sprache verfaßt werden und sind also selbst für Anfänger zumindest noch halbwegs les- und verstehbar, wir sind also beispielsweise noch gar nicht in der höheren Mathematik mit ihrer Symbolsprache angekommen).

Beim Rollenspiel ist es nun allerdings so, daß es für ein gegebenes System normalerweise erst gar keine formale Expertenausbildung gibt. Da muß das Regelwerk also tatsächlich die gesamte Kommunikation mit dem Anwender allein stemmen -- und wie gut das funktioniert, darauf haben Dinge wie Format, Formulierungen, und ganz allgemein die Präsentationsweise definitiven Einfluß.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 7.08.2024 | 15:25
Zur Klarheit von Regeln: Interessant ist wahrscheinlich das Magic-Regelwerk. Die "Comprehensive Rules" sind schon ein ziemliches Monument an Klarheit und Lückenlosigkeit. https://magic.wizards.com/en/rules

Bei Magic verstehe ich auch, wofür man das braucht.

Andere Beispiele sind Regelwerke für Zinnfiguren-Kriegsspiele (miniature wargames, im "deutschen" gern auch "Tabletop"). Bei denen ist häufig der Mangel an Klarheit und die Vielzahl der nicht bedachten Fälle ein echtes Problem. Da würde man es brauchen, die meisten Regelwerke sind aber einfach schlecht. (Wunderbare Beispiele sind oft nicht hinreichend definierte Flankenangriffe, Sichtlinien, und Geländeregeln; um die häufigsten Problemfälle zu nennen). Da würde man dringend mehr Klarheit brauchen, hat sie aber nicht.

Beim Rollenspiel ist das weniger problematisch, weil man (normalerweise?) nicht gegeneinander spielt und weil man die Regelungen für unvorhergesehene Situationen meist ganz gut und einvernehmlich lösen kann. Zumindest kommen mir die Resultate solcher spontaner Regelungen meist nicht schlechter vor, als das, was (zu anderen Situationen) im Regelbuch steht. Das ist nämlich auch keineswegs immer super. Aber natürlich immerhin vorhersehbar, wenn man die Regeln denn kennt (was in den mir bekannten Runden durchgehend eher selten war).

Ich würde ja sage: Wer mit Regeln taktisch agieren und optimieren möchte, der wäre bei anderen Spielen eigentlich besser aufgehoben als beim Rollenspiel. Wer gar noch kompetitiv optimieren möchte - für den wären dann ganz andere Spiele sinnvoll.
Entsprechend meine ich, dass Rollenspielregeln zwar möglichst klar sein sollte und dass kein Vorteil in der Schwammigkeit liegt. Gleichzeitig finde ich aber Regellücken beim Rollenspiel nicht so schlimm. Bei anderen Spielen hingegen stört mich das sehr.

Was ein Experte für klar hält und was ein Laie auf der anderen Seite davon denkt, können nun mal zwei verschiedene Dinge sein. Da ist Juristerei noch nicht mal das schlimmste Beispiel (immerhin müssen auch diese Texte noch in einigermaßen "natürlicher" Sprache verfaßt werden und sind also selbst für Anfänger zumindest noch halbwegs les- und verstehbar, wir sind also beispielsweise noch gar nicht in der höheren Mathematik mit ihrer Symbolsprache angekommen).

Das schlimmste an der Juristerei ist, dass viele Wörter eine ganz andere Bedeutung haben, als ihre umgangssprachlichen Entsprechungen. Dazu kommt, dass auch das Verständnis von Gerechtigkeit, von Verhältnismäßigkeiten und von Zumutbarkeiten stark von dem abweicht, was man, wenn halbwegs behütet aufgewachsen, vermuten würde. Dazu kommt oft eine völlig unempathische und mechanische Auslegung anhand unpassender Analogien. Von Tricksereien im Verfahrensrecht mal ganz abgesehen. Auch ganz abgesehen davon, dass der Gesetzestext selbst eigentlich nur die Kurzcodierung ist für einen ganzen Rattenschwanz an Urteilen und Kommentaren, die dann die eigentliche Rechtspraxis bilden.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 7.08.2024 | 17:42
Interessante Einstellung zu (Spiel-)Regeln. Klar, die Definition würde ich auch für den Regelbegriff allgemein (Soziale Regeln etc.) anwenden aber gerade bei Rollenspielregeln geht es mir eigentlich eher um die Strukturierung des Zufalls.

Zufall (üblicherweise in Form von Würfelwürfen) bringt Spannung in das Spiel und unterscheidet (klassische) Rollenspiele von reinem gemeinsamen Geschichtenerzählen.
Um diesen Zufall nicht völlig willkürlich und Faktoren wie Charakter-Eigenheiten und Genre/Stimmung relevant zu machen brauche ich gezielte, von diesen Faktoren abhängige Einflussmöglichkeiten auf diesen Zufallsfaktor (Charakterwerte werden auf Würfe aufgeschlagen, gewisse Ergebnisse werden abhängig von der angezielten Stimmung zwischen Pulp und Horror wahrscheinlicher oder weniger wahrscheinlich gemacht, gewisse Merkmale erlauben mir, in einer Situation die Geschichte zu beeinflussen ohne zu würfeln,...). Für mich optimalerweise (aber das ist schon nicht für alle Rollenspielende und Rollenspiele der Fall) sorgen die Regeln auch noch für eine Balance, so dass alle Spielenden zumindest im Schnitt in etwa gleich viel (aber unterschiedliche) Einflussmöglichkeiten haben.

Daneben gibt es noch den simulationistischen Ansatz (von dem ich mich persönlich immer weiter verabschiede), dass Faktoren der (fiktiven) Welt sich möglichst auch in Regeln abbilden sollen, um das Ergebnis dieses Zufallsfaktors möglichst "realistisch" zu machen.

Und natürlich können Regeln eine gamistische/taktische Herausforderung bieten, indem ich versuche, innerhalb bzw. mit Hilfe dieser Regeln eine Lösung für ein Problem zu finden, was ich beim reinen freien Erzählen nicht habe.

Aber Regeln zur Lenkung der Gruppenmeinung bzw. Gruppenentscheidungen bei Konflikten sehe ich am ehesten noch im Gruppenvertrag oder in der Rolle der Spielleitung. Aber nicht in den Spielregeln.

Es geht nicht nur um Meinungen, aber das ist der Kern. Mir ist tatsächlich auch völlig unverständlich, wie man Regeln anders auffassen könnte. Regeln sind Verhaltensanweisungen, egal ob Spielregeln, Verkehrsregeln, Arbeitssicherheitsregeln oder Regeln zur korrekten Benutzung einer Waschmaschine. Die Funktion ist in allen Fällen eine Lenkung und Konfliktvermeidung spielt fast immer rein:

Bei den Arbeitsschutzregeln ist es etwas kniffliger, da ist der Konflikt komplex, aber da geht es am Ende auch um Körperverletzung etc. durch den Arbeitgeber.

Ich glaube ja, dass hier ein Zirkelschluss vorliegt: wir kennen Rollenspiele als geregelte Spiele mit Zufallselementen. Aber es gibt ja auch ungeregeltes Spiel, z.B. das was Kinder spielen. Da muss dann im Spiel verhandelt werden. Das kann genauso für Rollenspiel gelten, fällt aber dann vermutlich unter das, was du mit Erzählspiel meinst. Das "Regelsystem" ist ja eine vor dem Spiel getroffene Übereinkunft, dieses vorgefertigte Paket von Regeln für das eigene Spiel zu verwenden. Wie "3 Ecken = 1 Elfer" beim Kicken auf dem Schulhof.

Das Zufallselement selbst ist ja bereits Regel, da bindende Festlegung. Nämlich, dass ein solches angewendet werden soll:

Kämpferin Rosi trifft in der Geschichte auf einen feindlichen Goblin und es kommt zum Kampf.

a) Rosi greift den Goblin an. Gemäß Regelwerk muss ermittelt werden, ob Rosi trifft. Dafür wird ein W20 gewürfelt und das Ergebnis mit einem Zielwert verglichen. Auf das Ergebnis und den Zielwert werden verschiedene Modifikatoren angerechnet, die sich aus Rosis Klasse und Erfahrungsstufe ergeben bzw. aus der Schutzausrüsung des Goblins. Siehe tabellierte Faktoren...

b) Rosi greift den Goblin an. Spieler 1: ich schlage vor, zufällig zu bestimmen, ob Rosi den Goblin verletzt. Wie wäre, wir würfeln 1W6 und bei 4 oder mehr hats geklappt? Spielerin 2: Nee, der Goblin ist ziemlich flink und clever, ich finde, Rosi trifft nur bei einer 6. Spieler 1: 6 finde ich zu viel, was nehmen wir denn dann bei einem Elite-Krieger? Spielerin 2: Dann nehmen wir die Mitte, also 5? Spieler 1: Ok, also bei 5+.

c) Rosi greift den Goblin an. Spieler 1: Rosi ist eine gute Kämpferin, ich finde, sie tötet ihn. Spielerin 2: nee, das finde ich langweilig; ich finde, der Goblin weicht aus und läuft weg, dann kann er noch mehr Goblins holen. Das wäre viel spannender. Spieler 1: ok, die Idee gefällt mir, so passiert es.

d)  Rosi greift den Goblin an. Spieler 1: Dafür haben wir doch vorher die Kampfkraft festgelegt. Wer mehr Kampfkraft hat, gewinnt. SPielerin 2: ja, stimmt, das hatten wir vorher so vereinbart. Ok.

e) Rosi greift den Goblin an. Spieler 1: ich weiß nicht, ob Rosi gegen den Goblin gewinnt. Sollen wir das zufällig bestimmen? Spielerin 2: gute Idee. Schnick schnack schnuck, und ich mache das für den Goblin? Spieler 1: Schnick schnack schnuck... ich weiß nicht... gefällt mir nicht. Spielerin 2: Hast du eine bessere Idee? Spieler 1: Münzwurf? usw...

f) *anderer Schauplatz, andere Art Rollenspiel* Spieler 1: Leon baut eine Sandburg mit ganz vielen Türmen... Spielerin 2: die Mama sagt Leon, dass er kommen soll, sie gehen jetzt nach Hause. Spieler 1: Leon wird sauer und wirft Sand nach der Mama. Spielerin 2: Aber er wirft vorbei! Spieler 1: gar nicht, weil Mama von ihrem Handy abgelenkt ist... Spielerin 2: darüber bestimmst du nicht! Spieler 1: doch, wohl! Spielerin 2: du bist blöd! usw.


DA kommen für mich die Regeln ins Spiel (wortwörtlich).

Ein ähnlicher Fall ist ja ein Gesetzeswerk. Durch eindeutige Definition von Spezialfällen und widerspruchsfreie Formulierung wird versucht, klare, reproduzierbare und damit faire Gesetze zu schaffen. Das Ergebnis dieses, durchaus positiven, Ansinnens ist, das irgendwann keiner außer (vielleicht) den Experten mehr wirklich durchblickt.

Nicht immer, der Vergleich mit Gesetzen hinkt, imo. Viele Gesetze sind meines Wissens nach absichtlich nicht sehr präzise, weil sie einen Rahmen bilden sollen, der durch untergeordnete Anwendungsfälle präzisiert wird. z.B. die Straßenverkehrsordnung, die ja kein Gesetz ist, aber das Verhalten im Straßenverkehr mit relativ hoher Präzision regelt.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: manbehind am 7.08.2024 | 18:04
*snip*
Mit Bezug auf "Mage Hand" halte ich die Frage für falsch gestellt, denn die Regeln zur Verwendung von "Mage Hand" sind nicht schwammig.

Unklar sind die konkreten Bedingungen, unter denen die Regel zum Einsatz kommt. Das ist aber etwas anderes. Hierbei handelt es sich um Definitionsfragen: Ist das, was der Spieler vorhat, konsistent mit der Bedeutung von "to manipulate an object" usw. usf., d. h. die Frage lautet: Darf der Spieler die Handlung durchführen oder nicht?

Z. B. bei der Auslegung von Gesetzestexten tritt ja die gleiche Schwierigkeit auf.

Hier hilft nur Urteilsvermögen, was eben darin besteht, abstrakte Fall-Klassen auf konkrete Einzelfälle anzuwenden und zu entscheiden, ob die Anwendung angemessen ist oder nicht.

Das Problem der "schwammigen Regel" gibt hier es nur deshalb, weil es kein angemessenes Bezugssystem gibt. Das könnte man definieren (z. B. Klasse 1: Items bis 100 g Gewicht, Klasse 2: Items bis 5 kg Gewicht usw.) und dann festlegen, dass "Mage Hand" nur zur Manipulation von Objekten der Klasse 1 und 2 eingesetzt werden darf. Das Problem ist damit nicht gelöst, aber in ein vielleicht leichter lösbares Problem transformiert.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: felixs am 7.08.2024 | 18:10
Mir ist tatsächlich auch völlig unverständlich, wie man Regeln anders auffassen könnte.

Indem man sie nicht besonders ernst nimmt, gern mal vergisst, ignoriert, je nach Situation anders spielt etc. Wie in vielen (den meisten?) Rollenspielgruppen halt.

Eine Definition von Regeln dürfte den wenigsten Schwierigkeiten bereiten. Die gewachsene Tradition von Rollenspielen kann aber etwas anderes aussagen. Präskriptiv vs. deskriptiv etc.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Harlekin78 am 7.08.2024 | 18:12

Das Gewicht ist definiert: 10 pounds. *duck_und_weg*

Mit Bezug auf "Mage Hand" halte ich die Frage für falsch gestellt, denn die Regeln zur Verwendung von "Mage Hand" sind nicht schwammig.

Unklar sind die konkreten Bedingungen, unter denen die Regel zum Einsatz kommt. Das ist aber etwas anderes. Hierbei handelt es sich um Definitionsfragen: Ist das, was der Spieler vorhat, konsistent mit der Bedeutung von "to manipulate an object" usw. usf., d. h. die Frage lautet: Darf der Spieler die Handlung durchführen oder nicht?

Z. B. bei der Auslegung von Gesetzestexten tritt ja die gleiche Schwierigkeit auf.

Hier hilft nur Urteilsvermögen, was eben darin besteht, abstrakte Fall-Klassen auf konkrete Einzelfälle anzuwenden und zu entscheiden, ob die Anwendung angemessen ist oder nicht.

Das Problem der "schwammigen Regel" gibt hier es nur deshalb, weil es kein angemessenes Bezugssystem gibt. Das könnte man definieren (z. B. Klasse 1: Items bis 100 g Gewicht, Klasse 2: Items bis 5 kg Gewicht usw.) und dann festlegen, dass "Mage Hand" nur zur Manipulation von Objekten der Klasse 1 und 2 eingesetzt werden darf. Das Problem ist damit nicht gelöst, aber in ein vielleicht leichter lösbares Problem transformiert.

Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 7.08.2024 | 18:38
Indem man sie nicht besonders ernst nimmt, gern mal vergisst, ignoriert, je nach Situation anders spielt etc. Wie in vielen (den meisten?) Rollenspielgruppen halt.

Eine Definition von Regeln dürfte den wenigsten Schwierigkeiten bereiten. Die gewachsene Tradition von Rollenspielen kann aber etwas anderes aussagen. Präskriptiv vs. deskriptiv etc.

Mag sein. Geht mir aber halt ab. Vereinbarte Regeln und deren Einhaltung sind für mich eine Frage des respektvollen Umgangs miteinander. Vergessen ist das eine, aber ignorieren, nicht Ernst nehmen, einfach verändern... ist für mich unsozial.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 7.08.2024 | 18:42
Das Gewicht ist definiert: 10 pounds. *duck_und_weg*

Ja, aber es hilft nicht bei der Frage, wo die Grenzen der Manipulation liegen. Konkret: ob sie ein Schloss öffnen kann, ist weder eine Frage der Masse des Schlosses noch der des Schlüssels.
Titel: Re: Schwammigkeit von Regeltexten - Fehler oder "notwendige Hintertür für Freiheit"?
Beitrag von: Jiba am 7.08.2024 | 19:07
Ich glaube, die Ausgangsfrage ist schon unglücklich gestellt.
Schwammig ist ein sehr wertender Begriff, während interpretationsoffen zum Beispiel deutlich positiver wäre. Denn, seien wir ehrlich, die Präzision und Genauigkeit von Regeltexten hat Grenzen und muss sie auch haben, da sonst die Texte einfach zu lang werden. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch: Selbst noch so präzise Regeltexte werden interpretiert. Und viele grundständige Regelwerke, die heute verbreitet sind, haben beide Regeltextsorten im Angebot.