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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 09:00

Titel: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 09:00
Der folgende Thread ergab sich ursprünglich in Reaktion auf eine Frage (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,67671.msg135255613.html#msg135255613) im Thread "Ein erster Eindruck... (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,67671.msg135255638.html#new). schneeland

Frage: Hat das irgendwas mit Schottland zu tun oder Neu-Kaledonien?

Wie schnell wollen wir die immersion und Vorfreude auf ein Fantasy-Setting durch Bezüge zur realen Welt zunichte machen?
Niemand:
Boba: Ja

Ich hatte mir nach Alexandros tollem Post den Band bestellt, weil ich mich z.B. auf Akea (https://www.youtube.com/watch?v=NsFqt8XCGOA&list=PL9lrD0EiOevTPJ2n2v6pK4sicXbrz8xY4&index=46), das Land der untoten Elfen, freue und dann geht es um Schottland oder Neu-Kaledonien...  :q

Es ist ein Fantasy-Setting.
Die ganzen realweltlichen Anspielungen haben mir schon Midgard, 7te See und die Alte Welt madig gemacht. Muss das jetzt echt auch noch bei einem frischen Setting sein?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Infernal Teddy am 1.01.2025 | 09:30
Gibt es denn Fantasysettings ohne realweltliche Bezüge?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 09:57
Es ist eher die Frage, wie weit man die Realweltlichen Bezüge in den Vordergrund stellt.

1. Entweder stehen sie sehr sichtbar im Vordergrund (z.B. "Holswig-Schliestein" und "Aloisis Arschloch" bei Warhammer) (Ja, ich weiß, dass es für Briten ein Schenkelklopfer (oder Schulterzucken) ist. Es ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass es mich aus der Immersion gerissen hat)
2. Man wird nicht mit der Nase darauf gestoßen, aber wenn man etwas tiefer gräbt, kommen sie zum Vorschein (Phileasson Foggwulf als Anspielung auf Phileas Fogg aus "In 80 Tagen um die Welt" bei DSA, was mir das Setting ab dem Punkt dieser Entdeckung zerstört hat, sodass ich es nicht mehr ernst nehmen kann)
3. Die Welt ist sehr klar als Fantasywelt angelegt, man muss sehr tief graben, um die Realweltlichen Bezüge zu finden (z.B. Lorakis bei Splittermond. Dort gibt es in einer der Kulturen eine Rattlings-Band namens "Zobranos")

Kheleonida war für mich zuerst ein Setting der Stufe 3, auf Augenhöhe mit meinem Lieblingssetting Lorakis.
Jetzt ist es auf Stufe 2 zurückgefallen.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 1.01.2025 | 10:01
Wie schnell wollen wir die immersion und Vorfreude auf ein Fantasy-Setting durch Bezüge zur realen Welt zunichte machen?

Will ich gar nicht, aber diese Frage war meine erste Reaktion auf den ersten Eindruck, den ich habe. Und der realweltliche Bezug ist für mich erstmal völlig wertfrei.
Kann gut sein, kann auch nachteilig sein. Earthdawn spielt an der nördlichen Schwarzmeerküste. Ist das irgendwo von Nachteil? Nein, es interessiert nicht mal.

Und wenn jemand "Kheleonida" als Bezeichnung wählt, dann muss die Frage erlaubt sein, vor allem, wenn sich die Autorin in einem Video über das Fernost Äquivalent von Lorakis (Splittermond) über ungünstige Wahl von Benennungen (realweltlicher Bezug auf realweltliche asiatische Orte und Begriffe) echauffiert.

Wenn es nur zufällige Ähnlichkeit hat, ist es okay. Wenn nicht, auch.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 10:27
@Boba
Da haben wir wohl unterschiedliche Ansätze.
Wenn ich mir eine Fantasywelt anschaue, möchte ich vorrangig in eine andere Welt abtauchen, die echte Welt hinter mir lassen. Deswegen gehe ich nie mit dem Gedanken "Wo könnte man das auf der Erde verorten?" heran, sondern schaue eher nach "Wie ist die Stimmung in Land X? Gibt es verlassene Ruinen? Intrigen zwischen Machtgruppen? Verborgene Kulte? Bestimmte Monster, die die Gegend regelmäßig heimsuchen?"
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 1.01.2025 | 10:40
@Boba
Da haben wir wohl unterschiedliche Ansätze.
Wenn ich mir eine Fantasywelt anschaue, möchte ich vorrangig in eine andere Welt abtauchen, die echte Welt hinter mir lassen. Deswegen gehe ich nie mit dem Gedanken "Wo könnte man das auf der Erde verorten?" heran, sondern schaue eher nach "Wie ist die Stimmung in Land X? Gibt es verlassene Ruinen? Intrigen zwischen Machtgruppen? Verborgene Kulte? Bestimmte Monster, die die Gegend regelmäßig heimsuchen?"

...wieviele Fantasysettings gibt's noch mal gleich, in denen die Antworten auf die letzten vier Fragen nicht durchgehend "Ja, ja, ja, und ja" lauten? :D
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 1.01.2025 | 11:05
Deswegen gehe ich nie mit dem Gedanken "Wo könnte man das auf der Erde verorten?" heran...
Wenn Du dann eine Region mit Namen "Berlin" oder "Bavaria" hast, die den Spielort auf der Fanatasy-Welt darstellt, fragst Du Dich dann nicht, inwieweit das vielleicht dann von den realweltlichen Orten inspiriert wurde und wieviel von der realen Welt da jetzt eingeflossen ist?

Lies Dir meine Frage oben noch mal durch. Die Frage war auf "Ja / Nein" gestellt.
Findest Du die Antwort nicht relevant, gerade WEIL Du keine realweltlichen Bezüge haben möchtest?
Wenn die Antwort "Nein!" lautet, kannst Du beruhigt in Vorfreude schwelgen und kannst beruhigt sein.
Wenn die Antwort "Ja!" lautet, kannst Du im Vorfeld prüfen, inwiefern der Bezug für Dich ein NoGo darstellt.

Mal abgesehen davon: Nur die allerwenigsten Spielwelten bemühen sich, ohne Spielweltliche Bezüge auf realweltliche Kulturen auszukommen.
Das meiste ist doch europäisches Fäntelalter und irgendwo im Osten lauert dann was asiatisches. Im Süden gibt es dann eine große Wüste.
Im Osten geht die Sonne auf, der Tag dauert 24h und das Jahr in etwa 360 Tage. Ein Mondumlauf (und es gibt nur einen Mond) geht cirka 30 Tage.
Drüben im anderen "Kitchen Sink" Thread wird doch beklagt, dass es immer alles das selbe ist.
Wie viele andere Welten, die sich deutlich Unterscheiden gibt es denn? Glorantha, Talislanta, und noch eine Handvoll andere.
Und wieviele Kopieren aus unserer Welt? 99%?
Und da findest Du die Frage illegitim?

Im übrigen habe ich ja nicht gesagt (weil es nicht stimmen würde), dass ich erwarte oder mir wünsche, dass da was schottisches sein muss.
Ich hab nur gefragt, ob da was ist.
Ich verstehe ehrlich gesagt Deine krasse Reaktion auf diese Frage nicht.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 11:26
Boba,
ich habe in den Postings 577 und 574 dargelegt, was mich an Realweltlichen Bezügen in bestimmten Ausmaßen stört.

Wenn ich in einer Fantasy-Spielwelt auf Regionen wie "Bavaria" oder "Berlin" Stoße, war es für mich das letzte Mal, dass ich mich mit diesen Setting beschäftigt habe.

(...)
1. Ich habe mir den zweiten Teil (https://www.youtube.com/watch?v=tlZFOvz_-SQ&list=PLi35mB3xwWrrKOpegmQrnhVn7ZT3CA23c) des Midgard5-LP "Das Geheimnis des Hexensteins" angesehen und Konnte bei Mháires Fazit  (2:19:05) an manchen Stellen zustimmend nicken:
- "Knackpunkt Welt" (Mháire sagt dazu u.a., dass sie die vielen Dinge, die aus der realen Welt übernommen wurden, aus dem "ich bin in einer fantasywelt"-Gefühl rausreißen, besonders wenn die Parallelen zu klar sind):

Bei mir ist es ähnlich, da solche Dinge meine "vierte Wand" durchbrechen.
(...)

Der Pathfinder-Abenteuerpfad "Reign of Winter" war z.B. bei mir unten durch, als es in Band 5
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Auch Golarion hat es leider nie wirklich geschafft, mir das "Ich bin in einer Fantasywelt"-Gefühl zu vermitteln, auch wenn z.B. die Stadt Absalom oder die "Raublande" coole Ansätze hatten.

Die Forgotten Realms (z.B. mit den Ruinen von Myth Drannor) oder Greyhawk atmen für mich mehr Fantasy.

Vielleicht war meine Reaktion auf die Frage etwas krasser ausgefallen, weil ich zuerst dachte:
Kheleonida wird (mindestens) ein guter "Snack" um die Wartezeit auf die Forgotten Realms Bände für D&D2024 abzukürzen. Es gibt klassische fantasy-Elemente und realweltliche Bezüge halten sich im Hintergrund.
Was mich halt leider wieder rausgerissen hat war die Bemerkung "Hey guck mal, das ist Schottland" was bei mir eine (unangenehme) Assoziation mit Midgards Alba auslöste.

Das Setting werde ich noch anlesen und meine Eindrücke gerne Schildern. Allerdings ohne realweltliche Vergleiche.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Alexandro am 1.01.2025 | 11:29
Frage: Hat das irgendwas mit Schottland zu tun oder Neu-Kaledonien?

Nein (denn sonst müsste es- wenn es eine phonetische Umschrift dieses realen Ortes sein soll - ja Khe-le-do-ni-a heißen, nicht Khe-le-o-ni-da ;) ).

Es gibt halt nur eine begrenzte Anzahl Silben im menschlichen Sprachschatz, dass Wörter manchmal wie andere Wörter klingen ist nicht zu vermeiden. Wenn man etwas verfremdet ist das OK, ein Armutszeugnis ist es nur, wenn man sich 1:1 aus einer fremden Sprache bedient (ohne diese zu beherrschen), weil man nicht davon ausgeht, dass jemand des Zielpublikums diese spricht.

Und ich glaube,  der Name ist inspiriert von "Kha" ( der Schildkrötengottheit bei DSA) und der alten Löwenschildkröte (leonida=Löwin) aus der letzten Staffel von ATLA, so groß ist die Rolle, welche Drachenschildkröten (eine bisher vernachlässigte Kreatur bei D&D) in dem Setting einnehmen.  ;D
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 1.01.2025 | 12:26
Nein (denn sonst müsste es- wenn es eine phonetische Umschrift dieses realen Ortes sein soll - ja Khe-le-do-ni-a heißen, nicht Khe-le-o-ni-da ;) ).
(...)

Da bin ich sehr erleichtert  :d
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 1.01.2025 | 12:45
Mal abgesehen davon: Nur die allerwenigsten Spielwelten bemühen sich, ohne Spielweltliche Bezüge auf realweltliche Kulturen auszukommen.

"Schlimmer" noch, realweltliche Parallelen sind letztendlich kaum zu vermeiden. Da müßte ein Weltenbastler schon hingehen und sich gezielt und bewußt bemühen, nur fiktive Kulturen zu erfinden, die's so IRL einigermaßen garantiert noch nie gegeben hat -- und selbst, wenn er dieses Kunststück irgendwie vollbringen könnte, wäre das Resultat wahrscheinlich den meisten potentiellen Kunden dann schon wieder "viel zu fremd"...

Aber ich denke, das wird langsam zu einem eigenen Thema.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 1.01.2025 | 13:32
Was mich halt leider wieder rausgerissen hat war die Bemerkung "Hey guck mal, das ist Schottland"…
Nur, dass ich das nie gesagt habe.
Denn ich kenne das Setting bisher überhaupt garnicht, vom Namen und der Tatsache dass es veröffentlicht wird, überhaupt nicht.
Deswegen fragte ich „Hat das was mit Kaledonien zu tun?“ - ein Gedanke, der mMn nicht ganz abwegig ist.
Das war eine Frage und keine Unterstellung.
Wenn man die nicht mal stellen darf, solltest du mich auf die Ignore-Liste setzen, denn ich stelle nun einmal Fragen, weil ich neugierig bin.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 2.01.2025 | 08:23
Kleines PS:
@Holycleric5: Wenn ich Dir die Vorfreude auf das Setting mit meiner Frage genommen habe, dann tut es mir leid. Das war nicht meine Absicht.
Das hatte ich bisher noch nicht geschrieben, ist aber natürlich der Fall.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Blizzard am 2.01.2025 | 09:16
Es ist ein Fantasy-Setting.
Die ganzen realweltlichen Anspielungen haben mir schon Midgard, 7te See und die Alte Welt madig gemacht. Muss das jetzt echt auch noch bei einem frischen Setting sein?
Ich kann das durchaus nachvollziehen, denn mir geht es teilweise ähnlich.
Jedoch muss ich hier tatsächlich mal eine Lanze für 7teSee brechen. Die doch teils starken realweltlichen Anspielungen & Ähnlichkeiten bei 7teSee haben es mir als Spieler damals wesentlich erleichtert, mich in das Setting von 7teSee einfühlen und abtauchen zu können. In der Alten Welt von WarHammer Fantasy fand ich das jetzt auch nicht besonders schlimm sondern eher passend und evtl. "Absurditäten" (wie der Dämon namens "Zahnarzt") haben bei mir eher für ein Schmunzeln denn für Kopfschütteln gesorgt.

Viel schlimmer in der Hinsicht fand ich da z.B. " Die Tränen der Idune", wo du zunächst eine relativ gute, atmosphärische Beschreibung einer High-Fantasy-Welt hast...bei der dann aber plötzlich mitten im Satz die Rede von einer abgestürzten Raumschiffstation ist. Das hat mich damals aus der Immersion gerissen. Oder aber die Namensgebung von einigen Orten und Regionen in Degenesis  wie z.B. "Pollen". ::)
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 2.01.2025 | 10:04
@Boba Fett
Die Entschuldigung nehme ich an.
Auch wenn die Vorfreude zunächst weg war, konnte Alexandro sie wieder entfachen.

Vermutlich landete bei mir unbeabsichtigt ein Funke im Pulverfass. Es tut mir leid, dass ich dich so hart angefahren habe.
Manche Emotionen spüre ich ziemlich...intensiv, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 2.01.2025 | 10:19
Erstmal vorweg: Das Thema "realweltliche Bezüge" sollte man abtrennen.

Es ist eher die Frage, wie weit man die Realweltlichen Bezüge in den Vordergrund stellt.

1. Entweder stehen sie sehr sichtbar im Vordergrund (z.B. "Holswig-Schliestein" und "Aloisis Arschloch" bei Warhammer) (Ja, ich weiß, dass es für Briten ein Schenkelklopfer (oder Schulterzucken) ist. Es ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass es mich aus der Immersion gerissen hat)
2. Man wird nicht mit der Nase darauf gestoßen, aber wenn man etwas tiefer gräbt, kommen sie zum Vorschein (Phileasson Foggwulf als Anspielung auf Phileas Fogg aus "In 80 Tagen um die Welt" bei DSA, was mir das Setting ab dem Punkt dieser Entdeckung zerstört hat, sodass ich es nicht mehr ernst nehmen kann)
3. Die Welt ist sehr klar als Fantasywelt angelegt, man muss sehr tief graben, um die Realweltlichen Bezüge zu finden (z.B. Lorakis bei Splittermond. Dort gibt es in einer der Kulturen eine Rattlings-Band namens "Zobranos")

Kheleonida war für mich zuerst ein Setting der Stufe 3, auf Augenhöhe mit meinem Lieblingssetting Lorakis.
Jetzt ist es auf Stufe 2 zurückgefallen.

Ich verstehe es ganz gut, dass man sich an etwas aus den Kategorien 1 und 2 stört, weil man durch solche lustigen Anspielungen (DSA2/3 war voll davon) aus der Immersion gerissen wird. Wobei ersteres, bei Warhammer, einfach in die gleiche Kategorie fällt wie der Verwendung von beispielsweise  Pseudo-Chinesisch in vielen Spielen - nur, dass man es als deutscher Muttersprachler halt merkt.

Aber, und um das als Beispiel aufzugreifen, weniger direkt ausgesprochene realweltliche Bezüge gibt es in den meisten Settings. Nehmen wir tatsächlich ein Beispiel aus Lorakis (notabene kenne ich nur das GRW):
Im Südosten der Frostlande an der Grenze zu Takasadu liegt die Jogai-Steppe, Heimat der Jogodai. Diese Reiternomaden, die vor allem in Zhoujiang gefürchtet sind, überfallen die Grenzregionen, plündern und fangen Sklaven, die in die Tiefe der Steppe gebracht werden.
Mongolen. China. Klar wie Kloßbrühe. Ich finde sowas auch nicht schlimm, weil man so schnell und griffig ein Bild an der Hand hat. Stört dich besonders, wenn man durch (für dich) offensichtlich erkennbare Namensgebung mit der Nase drauf gestoßen wird?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 2.01.2025 | 10:35
Erstmal vorweg: Das Thema "realweltliche Bezüge" sollte man abtrennen.

Das wäre ein eigenes Thema wert...
Aber wenn Du das Vorschlägst, warum schreibst Du dann munter weiter?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 2.01.2025 | 10:54
@Skaeg
Ich vermute, das "mit der Nase drauf gestoßen werden" ist der springende Punkt bei mir, der mich bei einigen Settings vertrieben hat.
Aventurien z.B. fand ich cool, bis ich einen "Anspielungen bei Aventurischen Namen" (oder ähnlich lautenden Thread) in einem Forum fand. Zuvor hatte ich gedacht "ja, Aventurien ist eine hübsche Fantasywelt zum drin versinken". Als ich mir dann durchlas, welcher Begriff eine Anspielung worauf war (z.B. Havena = Havanna; Phileasson Foggwulf = Phileas Fogg) war ich von Aventurien...weniger begeistert.

Ähnlich war es auch bei der Welt Midgard. Alles fein, bis ich im Smalltalk-Thread Erfahren habe, dass z.B. Uisge = Whiskey oder Comentang = Common Tongue bedeutet. Auch hier hatte ich zunächst keine Probleme mit den Begriffen, bis ich mit der Nase auf die wahren Bedeutungen gestoßen wurde.

Hier ist ein ähnlicher Thread:
https://forum.worldofplayers.de/forum/threads/1187291-9-Anspielungen-an-die-reale-Welt-in-Aventurien
Zitat
Die Stadt Grangor, ihre große Ähnlichkeit zu den Handelsstädten Venedig und Amsterdam und der illustren Runde von Handelsfamilien die darin leben wie Harti, Kuyfhoff, Liegerfeld, Kaarstett, Wollwert, Wortheim und vielen mehr.

Und mir ist bewusst, dass in Lorakis z.B. Zhoujiang in Richtung China geht, was z.B. Kultur o.ä. angeht.
Aber ich bin froh, dass man in den Splittermondbüchern nicht Sätze wie hier (https://www.ringbote.de/rezensionen/die-arwinger-mark-im-schatten-des-kynhold) hat.
Zitat
Mit einer Anmerkung wie „Der Baumbestand in der Arwinger Mark entspricht weitestgehend dem von Deutschland“, ergänzt um ein paar lorakische Besonderheiten, könnte man die Flora der Mark in wenigen Sätzen abhandeln
(Hervorhebung durch mich)

In den Publikationen verzichtet man (zum Glück) auf "Diese irdischen Kulturen standen Pate" (bzw. Man wird nicht mit der Nase darauf gestoßen), sondern berichtet eher mit Ingame-Texten über die Regionen.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 2.01.2025 | 13:09
Das wäre ein eigenes Thema wert...
Aber wenn Du das Vorschlägst, warum schreibst Du dann munter weiter?
a.) Ich kann es selber nicht abtrennen.
b.) Ich zitiere Simon Phoenix: "Geduld ist nicht gerade eine meiner Tugenden."
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: schneeland am 2.01.2025 | 17:37
Erstmal vorweg: Das Thema "realweltliche Bezüge" sollte man abtrennen.

Wenn da Bedarf besteht, bevorzugt kurz per Meldung Bescheid sagen - wir Moderatoren lesen nicht immer alle Beiträge im Detail mit.

Ab wo soll denn abgetrennt werden: #573?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 2.01.2025 | 17:43
Ab einschließlich 572 mMn.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: schneeland am 2.01.2025 | 22:52
Ist dann hiermit passiert. Und auch wenn es sich mittlerweile weitgehend geklärt hat, möchte ich an dieser Stelle nochmal an das Gebot des wohlwollenden Lesen erinnern.
Ansonsten kann dann jetzt hier weiter über die Frage realweltlicher Bezüge in Fantasy-Settings diskutiert werden und darüber, ob selbige ein Nachteil sind oder nicht.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: gunware am 3.01.2025 | 00:10
Aventurien z.B. fand ich cool, bis ich einen "Anspielungen bei Aventurischen Namen" (oder ähnlich lautenden Thread) in einem Forum fand. Zuvor hatte ich gedacht "ja, Aventurien ist eine hübsche Fantasywelt zum drin versinken". Als ich mir dann durchlas, welcher Begriff eine Anspielung worauf war (z.B. Havena = Havanna; Phileasson Foggwulf = Phileas Fogg) war ich von Aventurien...weniger begeistert.

Verstehe ich es richtig? Bevor du es wusstest, war alles ok, aber seit du es erfahren hast, konntest du es nicht mehr mögen?
Das ist für mich persönlich ziemlich schwer zu schlucken.
Wenn ich zum Beispiel ein Buch lese, was mir gefällt, und später erfahre, dass der Schriftsteller jemand ist, den ich absolut nicht mögen kann, dann betrifft das den Schriftsteller und nicht das Buch. Die "Gefühle" fürs Buch werden dadurch gar nicht angefasst. Und bei Namen in Settings ist es sowieso bei mir total unkritisch. Da nenne ich sogar einige NPC so, dass es quasi verschlüsselt sein könnte. Zum Beispiel habe ich letztens eine hübsche Hexe Aglinau Hottie genannt. Und mir dabei gar nicht gedacht, dass es Spieler geben könnte, die es deswegen aus dem Spiel rausreißen könnte. Eine total neue Erkenntnis für mich.
Gut, dass meine Spieler bis jetzt nichts ähnliches geäußert hatten.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Isegrim am 3.01.2025 | 00:36
(z.B. Havena = Havanna; Phileasson Foggwulf = Phileas Fogg) war ich von Aventurien...weniger begeistert.

Havena versteh ich dabei nicht so richtig. Mag sein, dass der Name von Havanna inspiriert wurde (weiß ich ehrlich nicht, DSA-Wiki sieht es anders), aber die Stadt hat doch nichts mit der realen Stadt zu tun. Irgendwie muss man zu Namen kommen, und es gibt halt nicht unbegrenzt viele Silben, aber sehr viele reale Städte...

Foggwulf ist einer von vielen Kalauern, die sich DSA grad bei Personennamen gegönnt hat; muss man nicht mögen, zugegeben, und ich verlink die Wiki-Seite mal lieber nicht, wo die aufgelistet sind. ;)

Insgesamt seh ich eine allgemeine Anlehnung an die Realität eher positiv, kann über manchen entsprechenden Kalauer schmunzeln, und auch wenn ich bei manchen die Augen verdreh, stört es mich nicht wirklich... Aber da ist wohl ganz viel "Geschmacksache" dabei...

Wenn ich zum Beispiel ein Buch lese, was mir gefällt, und später erfahre, dass der Schriftsteller jemand ist, den ich absolut nicht mögen kann, dann betrifft das den Schriftsteller und nicht das Buch. Die "Gefühle" fürs Buch werden dadurch gar nicht angefasst.

Fun story: Ein DSA-Roman, der mir im Grunde ganz gut gefallen hat (Die Nacht der Schlange), hat seinen Plot zu großen Teilen von einem anderen Roman abgekupfert. Ist mir beim Lesen nicht aufgefallen, weil ich das Vorbild nicht kenne, aber seit ich das weiß, sind mene Gefühle für das Buch schon ein bischen ambivalent. Wenn die John Maynard auf aventurisch umdichten und das auch deutlich reinschreiben (wie in einem anderen DSA-Roman) ist es was anderes... Naja, ist eigentlich nur sehr weitläufig mit dem Thema verwandt...
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 3.01.2025 | 00:51
Wenn Du dann eine Region mit Namen "Berlin" oder "Bavaria" hast, die den Spielort auf der Fanatasy-Welt darstellt, fragst Du Dich dann nicht, inwieweit das vielleicht dann von den realweltlichen Orten inspiriert wurde und wieviel von der realen Welt da jetzt eingeflossen ist?

Da wäre im Zweifelsfall ohnehin erst mal zu klären, auf welches "Berlin (https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin_(Begriffskl%C3%A4rung))" beziehungsweise "Bavaria (https://de.wikipedia.org/wiki/Bavaria_(Begriffskl%C3%A4rung))" sich die Namen überhaupt beziehen -- da gibt's schließlich schon in der Realität so einiges an Dubletten, an die die meisten von uns im ersten Moment gar nicht denken würden. ;)

Mag sein, daß mich namentliche "Realweltbezüge" ebenso wie echte oder scheinbare Wortspielnamen und dergleichen mehr mit deswegen eher nicht stören: alles einfach schon mal gesehen, und solange die Bewohner der Fantasywelt nicht deutlich anders ticken als die in unserer (vielleicht, weil die Götter jeden, der beispielsweise wagt, seiner Stadt unwissenderweise einen Namen zu geben, der auch auf der Erde des 20./21. Jahrhunderts schon einigermaßen bekannt ist, sofort mit dem Blitz erschlagen? :think:), werden vergleichbare Merkwürdigkeiten eben auch da gelegentlich mal vorkommen.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Galatea am 3.01.2025 | 04:23
Also mich irritieren einige der Pseudo-Fantasy-Namen und 4th-Wall-Breaker ja deutlich mehr.
Paradebeispiel DSA - einen Kontinent ausgerechnet "Aventurien" zu nennen, ist schon ein bisschen cringe, wenn man mal genauer darüber nachdenkt.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: afbeer am 3.01.2025 | 04:33
Realweltliche Bezüge helfen mir ich im Setting auszukennen, insbesondere wenn die beschriebenen Settingsetzungen sich auf Menschen (Reiche, Personen, Kulturen, Familien, Ereignisse , ...) beziehen. Ein anderes unkritisches Feld sind Monster etwas Zwerge, Kobolde, Hexen, verrückte Wissenschaftler, Golems. Yetis, Feen, Vampire, Werwölfe, Dracula, die großen Alten Götter. Auch wenn sie staatenbildend ... vorkommen.

Wenn aber nicht-menschlichen Kulturen, Spezies eine menschliche zugeschrieben wird etwa Gnolle als Pyramiden als Grabmäler  bauende, unter einem Gottherrscher an einem regelmäßig das Ufer überschwemmenden Fluss in einer großen Wüste lebend mit tierköpfigen Göttern beschrieben werden, ist das nicht gut.
(Ich wüsste nicht das das jemand so geschrieben hat, aber es soll mit Orks vorgekommen sein.)

Mit einer menschlichen Kultur aus Ägyptern habe ich dort keine Probleme.

Alles das unter der Maßgabe, es handele sich um ein SF oder Fantasy Rollenspiel.


Gar keine Probleme habe ich mit dem Setting wenn es explizit auf einer Alternativerde (etwa wie in den Settings von CoC, 7te See, Engel, Paranoia, Gamma World, Twilight 2000, ...)
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Holycleric5 am 3.01.2025 | 08:56
Verstehe ich es richtig? Bevor du es wusstest, war alles ok, aber seit du es erfahren hast, konntest du es nicht mehr mögen?
Das ist für mich persönlich ziemlich schwer zu schlucken.

Danach habe ich die Settingbeschreibungen (leider) mit anderen Augen gelesen.
Und die ganzen Anspielungen haben es mir einfach schwerer, gemacht, in Aventurien als "Fantasy"-Welt abzutauchen, weil ich eher auf der Hut vor Wortspielen/Kalauern war. Dadurch bin ich immer zwischen Aventurien und der echten Welt hin- und hergesprungenstatt mich vollständig auf die Fantasywelt einlassen zu können.
In einem DSA-Let's play gab es sogar ein aventurisches Käseblatt namens "Schild"-Zeitung(!)

Gegen eine grobe Anlehnung an irdische Kulturen (wie z.B. in Lorakis) habe ich nichts einzuwenden, da sie eine grobe Richtung angeben.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Ludovico am 3.01.2025 | 08:59
Also mich irritieren einige der Pseudo-Fantasy-Namen und 4th-Wall-Breaker ja deutlich mehr.
Paradebeispiel DSA - einen Kontinent ausgerechnet "Aventurien" zu nennen, ist schon ein bisschen cringe, wenn man mal genauer darüber nachdenkt.

Wieso? Was bedeutet denn Aventurien?
Persönlich kriege ich gerade sogar wieder mal Lust auf DSA.

@topic
Persönlich finde ich realweltliche Bezüge größtenteils gut bei Fantasy-Spielen.
Bei 7te See fand ich sie überaus unterhaltsam und sie halfen mir, gut und schnell in das Setting hineinzukommen. Es war mir und allen klar, dass es sich um eine Art magisches Paralleleuropa handelt (Mist! Jetzt kriege ich wieder Lust auf 7te See... aber nicht die 2. Edition. Die Settingänderungen verkrafte ich nicht).
Für SL und Spieler war der Zugang somit überaus einfach.
Castle Falkenstein ist aus meiner Sicht auch ein großartiges Setting.

Auch in reinen Fantasy-Welten finde ich solche Bezüge ganz angenehm.

Auch politische Themen können gerne realweltliche Bezüge haben, aber hier ist es mir wichtig, dass es nicht missioniarisch und belehrend wird.
Das finde ich als erwachsener Mann, der Rollenspiel zwecks Eskapismus betreibt, generell nervig finde und weshalb ich auch Spiele, die derartige Themen stark nach vorne kehren, meide wie der Teufel das Weihwasser.
Es gibt Leute, die solche Spiele mögen. Entsprechend haben sie auch eine Daseinsberechtigung.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: gunware am 3.01.2025 | 09:21

weil ich eher auf der Hut vor Wortspielen/Kalauern war.
Du bist auf der Hut vor Kalauern, wobei du weißt, dass das dein Spaß reduziert?
Sorry, falls ich nerve, das will ich ja gar nicht. Mir kommt es halt sehr seltsam vor. Ich liebe zum Beispiel Xanth, die Welt ist auf Kalauern gebaut. Deshalb ist mir wahrscheinlich deine Herangehensweise fremd. Sich freiwillig den Spaß zu nehmen...
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Paßwächter am 3.01.2025 | 09:36
Ich kann das Problem nachvollziehen, obwohl es bei mir nicht so stark auftritt.

Wenn ich es richtig verstehe, (zer)bricht es den Eskapismus an einer Stelle, wo das nicht hilfreich ist.

Denn natürlich muß es realweltliche Elemente geben - sonst müsste man als erstes eine Sprache schreiben, in der man dann das Material veröffentlicht, und alle müssten es lernen. Inwieweit, ich sage mal, "kulturelle Konglomerate" hilfreich sind, ist sicher unterschiedlich. Mich läßt es eher die Stirn runzeln, wenn ich ein zu deutliches kulturelles Zerrbild finde (wie in Splittermond Zhoujiang). Andererseits erkenne ich darin den Vorteil, daß man viele nicht beschriebene Elemente spontan aus dem Fundus der eigenen Zerrbilder herauspflücken und einbauen kann. Allerdings um den Preis, daß man unter Umständen eine sehr andere Vorstellung entwickelt als jemand anders, der eben aus seinem Fundus völlig andere Elemente an die entsprechenden Stellen gesetzt hat. Das geht gut, solange diese Elemente ohne Relevanz bleiben, aber wenn sie wichtig werden, kann es zu ernsthaften Differenzen am Spieltisch kommen. Aber zunächst einmal erweitert es die Spielwelt, ohne daß man alles selbst schreiben respektive lesen muß. Ich betrachte es daher als notwendiges Übel, so zu verfahren. Und solange es ausreichend verfremdet ist, steht es auch dem Eskapismus nicht allzu sehr im Weg. (Es ist hilfreich, wenn man sich bewußt macht bzw. sogar mal darüber spricht, welche Vorbilder man im Kopf hat, um darauf gefasst zu sein, wenn andere sich plötzlich eine andere Situation vorstellen als man selbst.)

Bei Eigennamen ist das anders. Eigennamen verweisen auf konkrete Elemente der Welt, aus der man sich gerade lösen möchte - und nicht selten leider noch dazu in einer herabwürdigenden oder hämischen Weise. Wenn sie sich dann noch nicht einmal glatt und bruchlos in die Welt einfügen, dann kann das tatsächlich sehr störend sein. Wenn man meint, daß da die eigene Agenda des Schreibers (jedweden Geschlechts) plötzlich wichtiger war als die Konsistenz der Spielwelt... dann hinterläßt das zumindest ein Geschmäckle. Denn wo muß man dann noch überall damit rechnen, daß man statt einer konsistenten Welt Agenda vorgesetzt bekommt? Und wie kittet man die dadurch bedingten Brüche?

Wenn das Kalauern konsistent ist - okay, keine Einwände. Aber wenn es unnötigerweise die Konsistenz bricht... dann ist das zumindest schade.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Runenstahl am 3.01.2025 | 09:38
Mich selbst stören auch Dinge die für mich die Immersion brechen. DSA hatte (früher als ich das noch gespielt habe) recht viele davon. Da gab es z.B. "wahnsinnige" die behaupteten die ganze Welt wäre nur ein Spiel. Das mag mancher lustig finden, mich stört sowas hingegen. Meist finde ich die entsprechende Stelle im Abenteuer dann blöd kann aber letztlich darüber hinwegsehen. Genau wie die teilweise sehr wilden Namen bei Warhammer. Aber da hat jeder seine eigene Schmerzgrenze.

Was Namen angeht möchte ich noch darauf hinweisen das es schonmal vorkommen kann das derselbe Name einfach per Zufall auftaucht. Tolkien berichtete davon das er mal von einem realen Sam Gamgee angeschrieben wurde. Heißt das jetzt das Herr der Ringe damit einen realweltlichen Bezug hat ? Ich selbst bin kein großer Freund von Fantasy Namen voller XYZ und Apostrophs, da kann ich mit normalen Namen viel besser leben auch wenn es dann mal vorkommen kann das es reale Personen mit demselben Namen geben mag. Sprich: Wenn ich eine Region Bavaria nenne weil mit der Klang gefällt und die Region dann von der Stimmung her eine völlig andere ist als das Klischee-Bayern wäre das für mich okay.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Arldwulf am 3.01.2025 | 09:41
Manche Sachen finde ich okay. Das Reiternomaden aus der Steppe beispielsweise umliegende Länder attackieren ist etwas was schon in unserer Welt nicht nur mit den Mongolen geschah.

 Mich würde eher wundern wenn sie es nicht tun.

Auch Dinge wie Rittertum dürften prinzipiell als parallele Entwicklung auch auf Fantasysettings funktionieren.

Ungefähr dort würde ich auch die Grenze ziehen, bei allem was sich prinzipiell parallel entwickelt haben kann. Wenn eine Gegend im Osten eines Reiches liegt ist Ostmark ein völlig legitimer Name dafür, zum Beispiel. Trotz realweltlichem Bezug.

Das es zum Äquator einer Welt hin wärmer wird und dies auf Landschaft und die dort lebenden Wesen Einfluss hat auch. Also kein Problem mit heißen Landen, Dschungel oder Wüsten im Süden.

Wichtig ist eher die Unterschiede welche die Lande zu unserer Welt haben Auswirkungen auf ihre Kultur haben zu lassen.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 3.01.2025 | 09:49
Wie schnell wollen wir die Immersion und Vorfreude auf ein Fantasy-Setting durch Bezüge zur realen Welt zunichte machen?

Die ganzen realweltlichen Anspielungen haben mir schon Midgard, 7te See und die Alte Welt madig gemacht. Muss das jetzt echt auch noch bei einem frischen Setting sein?

mal meine 50 Cent

wenn Namen wie Berlin und Batavia fallen ist das wie Bab´ilim (für eine große Stadt mit dunklen Geheimnissen, die auf Sand gebaut ist) und Turan (eine stete Quelle mordgieriger Reiter)

wenn es "keiner" (er)kennt kann man trotzdem mit arbeiten (muss halt mehr erklären)
wenn es mit den Toppics erkannt/asoziiert wird, erleuchtert es die Gestaltung des gemeinsamen Vorstellungsraumes

wenn es mit den "nicht im Setting berücksichtigten" Toppics asoziiert wird, erschwert es die Gestaltung des gemeinsamen Vorstellungsraumes
ist also ein zweischneidiges Schwert

verhohepippelnde Namen haben schnell das Problem, dass es zum Fremdschähmen wird. Will man mit so was selbst asoziiert werden, weil man es spielt?
andererseits muss man auch mal Namen sich so zurechtrendern, dass sie am Tisch aussprechbar bleiben.
wo zurechtrendern zu verhohnepippeln wird, kann ein sehr schmaler Grat werden. Ist wie mit dem "wohlwollenden Lesen"

was immer schlecht kommt, sind zu deutliche Anleihen in der Historie, die dann "alle Knackpunkte" trotz Setting-Demirugen-Allmacht nicht glattziehen.
etwa wenn Karl der Große aus Bruchstücken seiner Heeresschildordnung so vollkommen ohne Nachdenken bemüht wird für ein Wehrfreiensystem in Fäntel-Austrien.
Hier könnten die Setting-Demirugen ruhig mehr "klappt dat ooch"-Filter drüberlegen und "eigendurchdachtes" bringen.

sprich, Anleihen an realweltlichen Bezügen nur so weit, wie sie auch "sachlich funktionieren"
wenn die Nil-Orks genügend Arbeitskraft übrig haben, dürfen sie auch Steinquader zu Pyramiden auftürmen
wenn die Nil-Orks aber so unorganisiert-wild dargestellt werden, dass keine drei Orken bei einem Seil in nur eine Richtung ziehen würden...wie soll dann eine Pyramidenbaustelle funktionieren?

müsste man dafür wirklich bei dem Namen Nil bleiben?
Euphrates, Tigress (hey, der könnte aber zu Orks passen)?
irgendeine Überlieferungsform der Paradiesflüsse in syro-aramäisch?
das Siebenstromland aus dem Bundesh bemühen?
oder ist das schon zu viel Aneignung? wie von anderen schon gesagt, die Anzahl an Silben ist begrenzt 


Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Edgar Allan Poe am 3.01.2025 | 09:52
Ich habe über die Ausgangsfrage seit gestern etwas nachgedacht. Zunächst habe ich eigentlich zustimmen wollen. Inzwischen muss ich aber sagen, dass ich eher das Gegenteil behaupten würde. Die realweltlichen Bezüge - sofern sie nicht völlig plump sind - können eher helfen (!) ein gutes Erlebnis zu liefern. Weil sie das Fremde der Welt betonen. Für mich wirkt etwas deutlich interessanter, wenn ich irgendwann im Spiel merke "Ach guck ... das ist hier an Schottland angelehnt ... aber doch so völlig anders ..."

Wenn ich mir hingegen Welten mit sehr geringen realweltlichen Bezügen anschaue (bzw. die, wo sie mir nicht wirklich auffallen) - nehmen wir mal die Forgotten Realms - wirkt die Welt sehr schnell sehr generisch. Eine graue Masse. Und vor allem gruppenintern kein so wirklicher Konsens, wie etwas aussieht oder wie sich etwas anfühlt.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Namo am 3.01.2025 | 10:01
Mich stört das auch-unheimlich. Ich mag Fantasy wegen der Fantasy. Eine ganz andere Welt die es zu bewundern gilt.

Erinnere mich noch gut an meine D&D Zeit damals. Hat toll angefangen. Dann kamen nach und nach neue Gazetters heraus und plötzlich war alles wie bei DSA. Das waren keine Fantasyreiche mehr, sondern Abbildungen unserer Welt. Da gab es plötzlich Wikinger und Reiter von Dschingis Khan etc. Das holt mich auch komplett raus und stört mich.

Im übrigen auch ein Grund weshalb ich damals den Masters Film so mistig fand. Der spielt größtenteils auf unserer Erde. Wollte ich nicht. Ich will Eternia.

Natürlich ist vieles eine Vermischung mit unserer Weltgeschichte. Aber die Frage ist ja wie man es macht. Die Wikinger nochmal als Beispiel. Die Rohirrim bei Tolkien sind an ihnen orientiert und dennoch eben etwas ganz eigenständiges. Es ist ein schmaler Grad. DSA hat mich diesbezüglich auch oft gestört. Aber an Havenna habe ich mich zb nicht gestört. Das wiederum war zu sehr eigenständig. Zumindest habe ich das damals so empfunden, kann mich aber auch irren, da es zu lange her ist.

Ich bin aber auch high fantasy Fan und quasi mit Tolkien, Elric von Melnibone und Drachenlanze "groß" geworden. Das war genau meine cup of tea. Da konnte man geistig in eine andere Welt abtauchen ohne dass es Berührungspunkte mit unserer gab die mich heraus gerissen hätten.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 3.01.2025 | 10:03
Havena versteh ich dabei nicht so richtig. Mag sein, dass der Name von Havanna inspiriert wurde (weiß ich ehrlich nicht, DSA-Wiki sieht es anders), aber die Stadt hat doch nichts mit der realen Stadt zu tun. Irgendwie muss man zu Namen kommen, und es gibt halt nicht unbegrenzt viele Silben, aber sehr viele reale Städte...
Sehe ich auch so. Ich meine, eine große Hafenstadt "Havena" zu nennen, weil im Deutschen die Namen von Hafenstädten mehrmals auf "-haven" enden, erforderte vermutlich auch kein längliches Brainstorming.

Phileasson Foggwulf war ein besonders ins Auge stechendes Beispiel, weil man den kaum verbrämten Namen des Romanhelden gegen die eigentliche Spielweltlogik eingebaut hat. Phileasson ist ja ein "Nachname", woraus zu schließen ist, dass sein Vater einfach nur Phileas hieß. In der Neuüberarbeitung wurde das auch so gehandhabt, er heißt jetzt Asleif Phileasson.

Ganz generell ist es mMn noch eine andere Sache, Figuren und Namen aus der realen Welt oder auch aus anderen Werken so unverblümt (was oft als Kalauer erscheint) zu übernehmen, als Kulturen und Konzepte. Und DSA war ja in seinen Glanzzeiten voll von Ersterem: KGIA, Ferrara, Schmitt & Westen, das Hotel "Haus Steiner" (geführt von Melissa Lyran)... es gab nicht umsonst das Bonmot, dass, wenn dir ein Name original erschien, das nur daran lag, dass du die Quelle, aus der er abgekupfert wurde, nicht kanntest.

Wieso? Was bedeutet denn Aventurien?
Naja, "Abenteuer-Land" halt, mit dem mittelhochdeutschen (oder französischen) Wort für Abenteuer. Auch das war vermutlich nicht etwas, über das man als Setting für das "Abenteuer-Basisspiel" sich nächtelang den Kopf zerbrochen hat.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Zed am 3.01.2025 | 10:36
Ich bin aber auch high fantasy Fan und quasi mit Tolkien, Elric von Melnibone und Drachenlanze "groß" geworden. Das war genau meine cup of tea. Da konnte man geistig in eine andere Welt abtauchen ohne dass es Berührungspunkte mit unserer gab die mich heraus gerissen hätten.

Ich denke seit Tagen darüber nach, wie Tolkien, dessen Mittelerde ich am höchsten als gelungene Welt schätze, es denn gemacht hat.

Natürlich gibt es auch bei ihm irdische Vorbilder, aber sie sind stark abgewandelt. Mir fällt zB ein

- Ar-Pharazon von Numenor: Ein Pharao aus Atlantis mit Adam-und-Eva-Komplex plus anschließender Sintflut.

- Rohan: Angelsachsen gekreuzt mit pferdevernarrten Skythen

- Haradrim: Berber mit Hannibalschem Hang zu Kriegsolifanten

Es fällt mir auf, dass zu Ringkriegszeiten des HdR die Protagonisten eher nicht so direkt aus der irdischen Vergangenheit angelehnt sind (Hobbits mal außen vorgelassen): Zwerge, Maiar, Elben, Drachen, Baumhirten, ein König aus einem Waldläufervolk, ein untotes Heer, Sauron und seine Orks…

Die oben genannten und realweltlich leichter zuzuordnenden Völker stammen entweder aus der Vergangenheit oder sind nur ein kleiner Aspekt der Geschichte.

Da steckt doch ein Rezept drin, wie man es richtig machen kann…
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Boba Fett am 3.01.2025 | 11:05
Inzwischen stört es mich eigentlich nur noch, wenn es einem "unverhofft" ins Gesicht springt oder wenn es albern / absurd wird.

Ich packe das mal in ein Spoilerpaket, damit sich niemand aufregt, wenn er meinen bissigen Humor liest oder auf irgendwas gestossen wird, was ihm den Spielspaß verdirbt.

Also nur lesen, wenn Ihr  :Ironie: abkönnt.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 3.01.2025 | 11:17
Die oben genannten und realweltlich leichter zuzuordnenden Völker stammen entweder aus der Vergangenheit oder sind nur ein kleiner Aspekt der Geschichte.
Ich stecke in Tolkien nicht so drin. Aber diese Vorgehensweise sehe ich häufig. Bei der zentralen grob vormodern-europäisch konzipierten Bühne des Settings sind die offenen realweltlichen Bezüge geringer bzw. ihre Spuren sind gut verwischt. Bei den "Randbereichen", die aber zu einer ganzen Welt auch irgendwie dazu gehören, kommt dagegen oft einfach eine stereotype, an unsere Welt angelehnte Kurzfassung zur Anwendung. Japan, China, der nahe Osten sind da häufige "Opfer".

Ist auch irgendwie logisch: Was man zum einen zum zentralen Setting machen will und zum anderen gut kennt, kann man zum einen eleganter verfremden; zum anderen ist man gewillt, mehr Arbeit hineinzustecken. Denn das ist bei den kulturellen Anleihen (nicht bei der Kalauer-Schiene, klar) wohl ein wichtiger Faktor: Es ist schlicht einfacher. Ich kann mir einen eigenen Götterhimmel ausdenken. Oder ich kann einfach sagen: Diese Kultur hat die nordischen Götter, jene die griechischen, dann noch einedie mesopotamischen, und bei der "asiatischen" Kultur nehme ich die chinesischen Tierkreiszeichen als Götter. Und fertig.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: manbehind am 3.01.2025 | 11:24
Also mich irritieren einige der Pseudo-Fantasy-Namen und 4th-Wall-Breaker ja deutlich mehr.
Paradebeispiel DSA - einen Kontinent ausgerechnet "Aventurien" zu nennen, ist schon ein bisschen cringe, wenn man mal genauer darüber nachdenkt.

Das sehe ich anders. Denn 1984 erschien ein kommerziell enorm erfolgreicher Film zu einem kommerziell enorm erfolgreichen Buch zu einer Fantasywelt, die sich "Phantásien" nannte.

Du übersiehst hier schlicht den Zeitgeist. Die Kriterien, die du heute an den Namen anlegst, waren 1984 offensichtlich völlig irrelevant.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: unicum am 3.01.2025 | 11:29
Ich habe generell keinerlei Probleme damit wenn es realweltliche Bezüge gibt. Ich kenne aber durchaus Leute die solche Probleme haben, meist solche mit etwas mehr wissen über die "wirkliche" Geischtsschreibung oder zumindest mit vermeintlichem Wissen darüber.

Wenn mal wieder "Kämpfer" in Vollkörper Rüstungen zu Pferde gegen Katanaschwingende Leichter gerüstete Bodentruppen angehen. bruch ich nicht mal irgendwie die Länder zu benennen um an Gotische Harnische und falsch verstandene Samurai zu denken ;)

Und ich hab immersionstechnisch so ziemlich gar keine Probleme damit.

Ich kann ja auch SiFi anschauen ohne jedesmal Lachen zu müssen wenn ich die Akustik von Laserschüssen im Weltall höre.

Argumentativ kann es durchaus sein das es ein Vorteil ist wenn man eine Menschliche Kultur mal hinsezt damit ist alles schnell erklärt. "Römisches Kaiserreich" "Hunnen unter Attila" "Griechen unter Alexander" da hat sofort jeder ein Bild vor augen (wie richtung und wie falsch das auch immer sein mag. Verfeinern kann ich das ja immer noch "... das Römische Kaiserreich als Inselstaat mit einer Ausrichtung auf Seemacht analog zum Britische Empire aber eben mit Galeeren,..."

Da hab ich mit ein paar Sätzen eben durchaus viel erklärt für was ich ohne diese Analogien eben lange Zeit aufwenden müsste.

Auf der anderen Seite denke ich das es die Mischung ausmacht. 100% etwas abkupfern von unserer Welt halte ich auch schon für zu schwierig. Spätestens wenn ich mir vorkomme wie in einer Geschichtsstunde mit dem SL als Geschichtslehrer (hatte ich mal ansatzweise bei einer Werwolf-Runde wo wir in Polen gegen den Deutschritterorden kämpften. (ja das ist nicht 100% aber den anspruch hab ich schon rausgehört aus dem SL,...)
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: felixs am 3.01.2025 | 11:32
Du übersiehst hier schlicht den Zeitgeist. Die Kriterien, die du heute an den Namen anlegst, waren 1984 offensichtlich völlig irrelevant.

Gleichwohl können sie aber doch jetzt relevant sein?
Man spricht ja davon, dass Dinge "schlecht altern".
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 3.01.2025 | 11:33
Das sehe ich anders. Denn 1984 erschien ein kommerziell enorm erfolgreicher Film zu einem kommerziell enorm erfolgreichen Buch zu einer Fantasywelt, die sich "Phantásien" nannte.
... die aber als Fiktion in der Fiktion mit der "realen Welt" direkt verwoben ist. Das war nun nicht gerade der Weg, den man mit Aventurien beschritten hat.

Gibt's eigentlich Rollenspiele mit dieser Prämisse? Personen aus "unserer" Welt, die als Helden in die Fantasy-Welt eintauchen? Ich gehe angesichts der nervtötenden Popularität des Isekai-Genres fest davon aus, dass solche zumindest in Japan existieren - habe nie darauf geachtet - aber kennt jemand welche?
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Eiserne Maske am 3.01.2025 | 11:39
Ganz schlimm finde ich die Albernheiten bei Aventurien, hauptsächlich aber deshalb, weil sich DSA ansonsten simulationistisch bierernst nimmt.
Havena kann ich verschmerzen, Phill Foggwulf auch, aber KGIA, Ferrara, Schmitt & Westen, das Hotel "Haus Steiner" (geführt von Melissa Lyran) -
So etwas geht einfach nicht, wenn man sich ansonsten Fäntelalter und Simulationismus auf die Fahne schreibt und allen, die nicht bierernst spielen wollen,
20 Jahre lang (also jetzt nicht mehr, aber jetzt spielt die Masse ja auch D&D und die DSA'ler sind die Underdogs [Schmidt Spiele hat den Kampf also doch verloren...]) vorwirft, gar kein echtes Rollenspiel zu betreiben.
Bei solchen "schlechten Witzen" ist bei mir der Immersions-"Bruch" dann einfach zu groß, wenn ansonsten Wert auf die Anwesenheit von Plausi den Plausibilitätsbären gelegt wird. Es muss doch authentisch sein. Oder wie das heisst, wenn man Tisch-Reenactment betreibt. (okay, das war gemein, sorry! DSA5 ist da ganz anders

Ich kann Deine Position gut verstehen, man sollte aber bei DSA vielleicht noch eine Unterscheidung machen: Das von Dir erwähnte Bierernste kam ja erst mit ungefähr der dritten Generation an Autoren um die Jahrtausendwende auf, eben so ungefähr nachdem Ulrich Kiesow nicht mehr die Zügel in der Hand hatte. Die ersten Generationen an DSA-Autoren waren, dem Geist der Alt-Achtundsechzig-Zeit ganz entsprechend, sehr bewußt klamaukig - aber dadurch war die Spielwelt eben auch anarchischer und sehr viel ungewöhnlicher. Es war sicherlich ein beizeiten dooferes, aber eben auch farbigeres, freieres Aventurien und die Autoren gingen, wie ich zumindest glaube, mit der möglichen Überschreitung der Grenze zur Idiotie ganz bewußt ein Risiko ein.

Dass sich das mit dem heutigen, ernsteren Zeitgeist und den daraus entwachsenen Autoren und Publikum beißt, ist wohl unvermeidlich. Seltsam finde ich allerdings dass beim heutigen Publikum dieser Meta-/Pupshumor bei Marvel-Filmen und Konsorten dann doch wieder akzeptiert wird.
 
Aber letztlich ist es wohl wirklich eine Sache des Zeitgeists.



Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: 6 am 3.01.2025 | 11:54
Wenn die Bezüge auf die Realität nicht zu plump und zu forciert rüberkommen, dann stört mich das nicht. Ich habe in Computerspielen schon extrem gute realweltliche Inspirationen erlebt (z.B. die Umsetzung der Geschichte des neuen Testaments), die die Welt für mich extrem immersiv machten.
Von daher gerne mit (gut gemachten) realweltlichen Bezügen.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Skaeg am 3.01.2025 | 12:00
Ich kann Deine Position gut verstehen, man sollte aber bei DSA vielleicht noch eine Unterscheidung machen: Das von Dir erwähnte Bierernste kam ja erst mit ungefähr der dritten Generation an Autoren um die Jahrtausendwende auf, eben so ungefähr nachdem Ulrich Kiesow nicht mehr die Zügel in der Hand hatte. Die ersten Generationen an DSA-Autoren waren, dem Geist der Alt-Achtundsechzig-Zeit ganz entsprechend, sehr bewußt klamaukig - aber dadurch war die Spielwelt eben auch anarchischer und sehr viel ungewöhnlicher. Es war sicherlich ein beizeiten dooferes, aber eben auch farbigeres, freieres Aventurien und die Autoren gingen, wie ich zumindest glaube, mit der möglichen Überschreitung der Grenze zur Idiotie ganz bewußt ein Risiko ein.

Dass sich das mit dem heutigen, ernsteren Zeitgeist und den daraus entwachsenen Autoren und Publikum beißt, ist wohl unvermeidlich. Seltsam finde ich allerdings dass beim heutigen Publikum dieser Meta-/Pupshumor bei Marvel-Filmen und Konsorten dann doch wieder akzeptiert wird.
 
Aber letztlich ist es wohl wirklich eine Sache des Zeitgeists.
Hm, weiß nicht. Bei DSA1 gab es ja 'ne Menge abgefahrenen Gonzo-Kram, aber die vielen Realwelt-Kalauer haben mEn erst mit DSA2 so richtig Fahrt aufgenommen - also zeitgleich mit der Formel vom "fantastischen Realismus".
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 3.01.2025 | 12:05
... die aber als Fiktion in der Fiktion mit der "realen Welt" direkt verwoben ist. Das war nun nicht gerade der Weg, den man mit Aventurien beschritten hat.

Das würde ich anhand des Einführungstextes aus der ersten Basisbox, der Aventurien meiner dunklen Erinnerung nach recht klar als Welt "jenseits des Alltags" präsentiert hat, gar nicht mal so sagen -- die Charaktere mögen nicht gerade Isekai-Avatare der Spieler selbst gewesen sein, aber so weit weg von Phantasien kann Aventurien zumindest ganz am Anfang mMn nicht gelegen haben. :)

Selbst die "konkrete Spielwelt" mit Karte und allem gab's ja erst im Ausbau-Set, vorher war "Aventurien" eigentlich nur das, was das Spiel (ggf. mit Hilfe des einen oder anderen frühen Kaufabenteuers) in der Vorstellung der Gruppe selbst wachgerufen hat.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Eiserne Maske am 3.01.2025 | 12:15
Hm, weiß nicht. Bei DSA1 gab es ja 'ne Menge abgefahrenen Gonzo-Kram, aber die vielen Realwelt-Kalauer haben mEn erst mit DSA2 so richtig Fahrt aufgenommen - also zeitgleich mit der Formel vom "fantastischen Realismus".
Phantastischer Realismus im aventurischen Sinne hatte doch aber mit den Kalauern nichts zu tun? Die meinten damit damals vereinfacht gesagt nur, dass es eine Machtbegrenzung geben sollte, dass anders als bei D&D niemand gottgleiche Fähigkeiten haben sollte, da sonst die Spielwelt Gefahr laufen würde zu "kippen."  Außerdem bin ich mir ziemlich sicher dass die Abwandlung des Begriffs des Phantastischen Realismus für aventurische Zwecke ebenfalls ein Kalauer ist.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Isegrim am 3.01.2025 | 13:03
Was Namen angeht möchte ich noch darauf hinweisen das es schonmal vorkommen kann das derselbe Name einfach per Zufall auftaucht. Tolkien berichtete davon das er mal von einem realen Sam Gamgee angeschrieben wurde. Heißt das jetzt das Herr der Ringe damit einen realweltlichen Bezug hat ?

Natürlich.

https://en.wikipedia.org/wiki/Gamgee_Tissue#Tolkien

Selbst bei Tolkien ist man vor Kalauern nicht sicher...

https://www.ardapedia.org/wiki/Smaug#Etymologie

Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Raven Nash am 3.01.2025 | 13:19
Etwas, das mich bei einigen Settings ziemlich nervt, ist aber die Abkopiererei der irdischen Kontinente- und Kulturenstruktur.
Da muss man jetzt IMHO unterscheiden. Dass die Ostasien-Kulturen im Osten liegen, ist eine Sache (ich hab meine Murong ganz bewusst als Mischung aus indischem und vietnamesischem Mittelalter angelegt - und die leben auf einem Zwergkontinent im Südwesten...), andere Dinge ergeben sich aber auch aufgrund klimatischer Gegebenheiten. Wenn die Welt einen erdähnlichen Aufbau hat, dann hat man nunmal einen Nord- und einen Südpol. Und wenn Achse und Umlaufbahn ähnlich sind, dann ergibt das nunmal ähnliche Klimazonen.
Ebenso bringen ähnliche Voraussetzungen ähnliche Ergebnisse hervor. Parallelentwicklungen sind auch in unserer Welt nicht so selten.

Wo ich dir aber Recht gebe ist, dass viele Autoren es sich auch einfach zu leicht machen. Da werden aber nicht irdische Kulturen kopiert, sondern bereits deren Fantasy-Äquivalent. Sehr häufig das von Howard. Und vom Stereotyp der keltischen Völker fang ich gar nicht erst an...
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 3.01.2025 | 13:39
Selbst bei Tolkien ist man vor Kalauern nicht sicher...

https://www.ardapedia.org/wiki/Smaug#Etymologie

Könnte schlimmer sein: er hätte den Namen ja auch schlicht von alternativ "Smoke" (Rauch) oder gleich "Smog" (gab's als Begriff zu seiner Zeit schon) herleiten können. So ist er "bloß" ein Insiderwitz. :)

Das beschreibt auch generell meine Haltung zu Wortspielen und Anspielungen allgemein ganz gut, denke ich: solange sie nicht gar zu platt daherkommen, kann ich mit ihnen leben und verwende sie sogar freiwillig mal selbst. Nur ein gewisses Mindestniveau -- und, wenn's geht, gerne auch noch eine eigene spielweltliche Begründung -- sollten sie halt schon haben.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Galatea am 3.01.2025 | 13:51
Wieso? Was bedeutet denn Aventurien?
Aventura = Abenteuer (die Nähe zu 'Adventure' sollte einem doch eigentlich selbst mit rudimentären Englischkenntnissen auffallen).
Im Prinzip könnte man das auf Deutsch mit "Abenteuerland" übersetzen.


Das sehe ich anders. Denn 1984 erschien ein kommerziell enorm erfolgreicher Film zu einem kommerziell enorm erfolgreichen Buch zu einer Fantasywelt, die sich "Phantásien" nannte.
Du übersiehst hier schlicht den Zeitgeist. Die Kriterien, die du heute an den Namen anlegst, waren 1984 offensichtlich völlig irrelevant.
Bei Phantasien ist das Theme aber vollkommen klar - das ist Phatansieland, ein Land in dem Phantasien Wirklichkeit werden, das aus Phantasie besteht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
(Dass das Land im Prinzip eine bewusstseinsverschlingende Eldritch Monstrosity ist erfährt man ja erst im zweiten Teil.)

DSA auf der anderen Seite nimmt sich teilweise geradezu grotesk ernst und dann seinen Kontinent "Abenteuerland" zu nennen passt nicht so ganz zusammen.


Natürlich.

https://en.wikipedia.org/wiki/Gamgee_Tissue#Tolkien

Selbst bei Tolkien ist man vor Kalauern nicht sicher...

https://www.ardapedia.org/wiki/Smaug#Etymologie
Tolkien war Linguist und hat eine unendliche Menge solcher Eastereggs in seinen Werken versteckt.
Die alte Sprache der Menschen in Mittelerde ist praktisch identisch Altenglisch und "Gandalf" bedeutet wörtlich übersetzt "Stab-Elf" (weil die Leute ziemlich schnell erkannt haben, dass er eindeutig kein Mensch ist, also konnte er nur ein seltsamer Elf sein).
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Ávila am 3.01.2025 | 14:06
... die aber als Fiktion in der Fiktion mit der "realen Welt" direkt verwoben ist. Das war nun nicht gerade der Weg, den man mit Aventurien beschritten hat.

Gibt's eigentlich Rollenspiele mit dieser Prämisse? Personen aus "unserer" Welt, die als Helden in die Fantasy-Welt eintauchen? Ich gehe angesichts der nervtötenden Popularität des Isekai-Genres fest davon aus, dass solche zumindest in Japan existieren - habe nie darauf geachtet - aber kennt jemand welche?

Zu Isekai kann ich nichts sagen, aber das Narnia-Rollenspiel erlaubt es quellenbedingt, so zu spielen.

Ich bevorzuge im übrigen ganz klar Rollenspiele mit direktem Realweltbezug gegenüber reinen Fantasieprodukten. Also z.B. lieber mythisches Griechenland als Pseudo-Griechenland als irgendetwas völlig schräges. Auch bei Scifi-Spielen schätze ich es, wenn auf eine Realweltliche Vergangenheit referenziert wird.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Maarzan am 3.01.2025 | 14:11
...
Gibt's eigentlich Rollenspiele mit dieser Prämisse? Personen aus "unserer" Welt, die als Helden in die Fantasy-Welt eintauchen? Ich gehe angesichts der nervtötenden Popularität des Isekai-Genres fest davon aus, dass solche zumindest in Japan existieren - habe nie darauf geachtet - aber kennt jemand welche?

Ich meine Gurps-Fantasy/Yrth) in der 3. Edition danach als GURPS Banestorm. Da reißt ein schief gelaufenes Ritual immer wieder Realweltmenschen in die Fantasywelt.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Issi am 3.01.2025 | 14:13
@Boba
Da haben wir wohl unterschiedliche Ansätze.
Wenn ich mir eine Fantasywelt anschaue, möchte ich vorrangig in eine andere Welt abtauchen, die echte Welt hinter mir lassen.

Im Märchen hast Du: Es war einmal, in einem weit entfernten Land.
Sprich: Nicht hier, nicht heute.

Der zweite Teil ist nicht un- entscheidend, deshalb die Frage:
Wäre eine reine Zeitreise für dich kein Eskapismus?

Sprich: Du spielst Französische Revolution oder Angriff der Wikinger oder die Eroberung Trojas?

Für mich jetzt schon.
In die Vergangenheit eintauchen, ist ja weder heute und in den meisten Fällen auch nicht hier ( In diesem Land)

Edit.
Dann kommt dazu, dass in Fantasy Welten ja häufig eher Anlehnungen da sind.
Wie eine Zutat, von vielen.
(* Oder so viel Magie und phantastische Elemente, dass die Realität nicht in Frage kommt. Weil jeder zum Beispiel weiß, dass Churchill  und Ludwig der Vierzehnte keine Vampire waren.. ~;D.)

Das würde für mich jetzt nicht reichen, um das Gefühl zu bekommen, dass das tatsächlich ein irdisches und realweltliches Land sein soll, von der Aktuellen Zeit ganz zu schweigen.

Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: gunware am 3.01.2025 | 14:16
Tolkien war Linguist und hat eine unendliche Menge solcher Eastereggs in seinen Werken versteckt.
Deswegen tue ich mich schwer nachzuvollziehen, warum es ein Unterschied ist, ob ich eine Anspielung, Easteregg oder Kalauer erkenne oder nicht. Ich gehe sowieso davon aus, dass ich mehr als die Hälfte nicht auf dem Schirm habe. Warum sollte mir dann der Rest meinen Spaß verderben.
Ich war eigentlich nie ein Freund davon zu sagen, dass Unwissenheit ein Segen sei.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 3.01.2025 | 14:36
Aventurien kommt von dem Wandervogel-Gott Aves  :korvin:
...und irgendwo in Brabak soll sein Strohsack liegen... >;D

ansonsten noch Âventiure (mittelhochdeutsch; altfranzösisch aventure, avanture) aus dem mittelalterlichen Artusroman (von lateinisch adventura „das, was geschehen wird/soll“)

Wenn die Welt einen erdähnlichen Aufbau hat, dann hat man nunmal einen Nord- und einen Südpol. Und wenn Achse und Umlaufbahn ähnlich sind, dann ergibt das nunmal ähnliche Klimazonen.

wenn im Norden gemäßigte Zonen sind, ist es in der Mitte heiß und dort die Wüste
wenn im Norden die Eiswüste der Eiszeit ist, dann haben wir eine begrünte Sahara

jetzt können wir uns noch Weltengebirge ausmalen, welche den Monsun auffangen und wir haben ein ordentlich Niederschlag auch am Äquator
(dafür aber im Windschatten des Weltengebirges dann die Trockenheitswüsten...)
Verdammt!!! das habe ich jetzt vom Himalaya geklaut!  ;D

Wikingerverschnitt im Norden mit Eisbaden im Fjord
die erste Runde Wikingas wurden auch Dänen genannt. So viele geflutete Bergmassivtäler aka Fjord hat Dänemark nun nett
die nächste Runde Wikingas aus waldig Schweden fuhr gen Osten, wurden dann Rus genannt und leisteten Söldnerdienste im Byzanz-Rom-Verschnitt-Süden

Alternative Seeräuberverschnitte
Barbaresken-Korsaren (auch Barbaresken-Piraten) aus zumeist muslimischen Kaperfahrer im Mittelmeer
Korsaren ist eine Entlehnung der romanischsprachigen Bezeichnung für Kaperfahrer (französisch corsaire, provenzalisch corsari, spanisch corsario, italienisch corsaro)
lateinische cursus: „Lauf“, aber auch „Streifzug“ oder „Beutezug“ bedeuten. lateinisch cursor: „Läufer“; „Streifzügler“ oder „Beutemacher“
 
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
für einen Pharao mit Binnenlandsitz am Nil kamen die "plündernden Seevöker mit Hörnerkappe" übrigens auch aus "dem Norden" - selbst wenn es nächstliegend Kreta wäre  ;D

apropos Kreta
altgriech: Krete
mykenisch: ke-re-si-jo
(angeblich) assyrisches akkadisch: kaptara
mittel- und neuägyptisch: Keftiu, Keft, Keftu, Kaftu, Kafta,[4] Kefdet, Keftju;
alttestamentlich: Kaphtor
babylonisches akkadisch: kaptaritum
ugaritisch: kptwr, kptr

für den einen wäre also die Händlerinsel Keresijo also frisch und in Ordnung, für den nächsten hingegen zahnschmerzenauslösend.

wie war das mit dem Dämon Zahnarzt?  >;D
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Jiba am 3.01.2025 | 14:47
(Mist! Jetzt kriege ich wieder Lust auf 7te See... aber nicht die 2. Edition. Die Settingänderungen verkrafte ich nicht).

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Gibt's eigentlich Rollenspiele mit dieser Prämisse? Personen aus "unserer" Welt, die als Helden in die Fantasy-Welt eintauchen? Ich gehe angesichts der nervtötenden Popularität des Isekai-Genres fest davon aus, dass solche zumindest in Japan existieren - habe nie darauf geachtet - aber kennt jemand welche?

"Grimm" (https://www.drivethrurpg.com/de/product/65325/grimm-core-rulebook) fiele mir da noch ein. Und gewissermaßen "Girl Underground" (https://www.drivethrurpg.com/de/product/281656/girl-underground). Beides bombige Rollenspiele.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: nobody@home am 3.01.2025 | 15:25
Gibt's eigentlich Rollenspiele mit dieser Prämisse? Personen aus "unserer" Welt, die als Helden in die Fantasy-Welt eintauchen? Ich gehe angesichts der nervtötenden Popularität des Isekai-Genres fest davon aus, dass solche zumindest in Japan existieren - habe nie darauf geachtet - aber kennt jemand welche?

Als GURPS-Settings hätte ich Banestorm und Witch World anzubieten. Ersteres ist original (ein massiver Zauberpatzer in einer anderen Welt hat dazu geführt, daß es auch Jahrhunderte später noch Wesen aus anderen Realitäten dorthin verschlägt, und die dortigen menschlichen Kulturen stammen sogar direkt von unserer Erde; vorher war das ein EDO-Setting im Sinne von "es gibt eigentlich bloß Elfen, Zwerge, und Orks"), bei letzterem ist "Erdlinge landen durch magische Tore dort" schon ein Thema in zumindest einigen von Andre Nortons eigenen Romanvorlagen.

Und natürlich gibt's noch ein bißchen direkter Villains & Vigilantes, das zumindest in der Originalversion aus den Achtzigern zur Charaktererschaffung vorschlägt, die Spieler selbst als Grundlage ihrer Charaktere zu nehmen (komplett mit entsprechend "geschätzten" Attributen) und ihnen dann nur noch die zum Superheldenspiel (am besten gleich noch in der eigenen Heimatstadt) nötigen Kräfte zu verpassen. ;)
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Paßwächter am 3.01.2025 | 15:29
Warum sollte mir dann der Rest meinen Spaß verderben.
Weil er die Immersion bricht, indem er auf eine andere Welt verweist.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: gunware am 3.01.2025 | 15:46
Weil er die Immersion bricht, indem er auf eine andere Welt verweist.
Hä? Wenn ich da bin, dann sind Verweise auf hier irrelevant. Sie können nur relevant sein, wenn ich von hier an da denke. Aber doch nicht andersrum. Und wenn ich hier bin, bin ich nicht in der Immersion.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Galatea am 3.01.2025 | 19:24
Deswegen tue ich mich schwer nachzuvollziehen, warum es ein Unterschied ist, ob ich eine Anspielung, Easteregg oder Kalauer erkenne oder nicht. Ich gehe sowieso davon aus, dass ich mehr als die Hälfte nicht auf dem Schirm habe. Warum sollte mir dann der Rest meinen Spaß verderben.
Ich war eigentlich nie ein Freund davon zu sagen, dass Unwissenheit ein Segen sei.
Mich stört das ganze jetzt nicht wirklich, ich finde es nur etwas befremdlich, wenn man sich an Realweltnamen und Realweltanspielungen stört, aber sowas wie Aventurien oder die ganze Batterie and Pseudo-Fantasynamen völlig okay findet, wo jeder Bauer Namen wie Meredin, Uglaus oder Vucomar haben muss, statt Emil, Hans oder Karl (und ja, D&D's Fearun ("Elfenheim") nehme ich hier explizit aus, weil der Name im Kontext des Settings tatsächlich Sinn macht.).

Versteckte Anspielungen mag ich sogar, sofern sie nicht zu offensichtlich sind. Ein Piratenkapitän Johann Jedermann mit einem Schiff namens Schicklich wäre für mich jetzt kein Problem (und eher ein Hinweis darauf, dass der Schreiber zumindest eine rudimentäre Ahnung vom Thema hat).
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: JollyOrc am 3.01.2025 | 20:31
Ich bin da zwiegespalten:

Auf der einen Seite bin ich ausgesprochener Anhänger davon, mittels Klischees und Kürzeln zu kommunizieren bzw. Szenen aufzumalen. Dazu gehören eben auch Anspielungen auf realweltliche Personen oder Nationen. Damit mal man schnell ein Bild, dass Leute verstehen können.

Aber die so beschriebene Welt sollte eben doch eigenständig sein. Innerweltlich sollte sie ohne solche Klischees auskommen können.
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Alexandro am 3.01.2025 | 20:57
Wenn aber nicht-menschlichen Kulturen, Spezies eine menschliche zugeschrieben wird etwa Gnolle als Pyramiden als Grabmäler  bauende, unter einem Gottherrscher an einem regelmäßig das Ufer überschwemmenden Fluss in einer großen Wüste lebend mit tierköpfigen Göttern beschrieben werden, ist das nicht gut.

Es ist etwas einfallslos, aber es kann OK sein, wenn dadurch die Monothematik der nicht-menschlichen Völker etwas aufgebrochen wird.

Und wenn die Beschäftigung mit den Kopie-Kulturen in diesem Zusammenhang etwas oberflächlicher bleibt, dann kann ich das noch eher verzeihen, als wenn man das Ganze in ein menschliches Umfeld packt.
Beispiel: ein Indien-Setting, in welchem die Autoren plötzlich mit sowas wie "Kali Durga anbetende Thuggee-Assassinen" oder ähnlichen Schwachsinn um die Ecke kommen, würde mich eher abturnen (weil da reale Gesellschaft und kolonialbritische Propaganda zu nahe beeinander liegen, imo). Ist es dagegen ein Fantasyreich mit Kastensystem und Wiedergeburtsglaube, in dem eine Bruderschaft von Halblings-Assassinen, welche eine Göttin des Todes anbeten, operiert - dann ist wieder alles OK. Die Distanz zur Realität ermöglicht es mir, mit solchem Albernheiten lockerer umzugehen.

Zitat
Mit einer menschlichen Kultur aus Ägyptern habe ich dort keine Probleme.

Ich schon, besonders wenn es tatsächliche Ägypter sind (Mulhorand ist in meinen Realms zerstört geblieben, weil sich dessen Geschichte für mich las wie die schlechte Fanfiction eines 10jährigen - einfach nur peinlich).

Genauso hat mich in "50 Fathoms" abgestoßen, dass massenhaft Piraten von der Erde in diese Fantasywelt isekai'd wurden, ich finde es besser, wenn das Setting auf eigenen Füßen steht (oder alle Charaktere sind Isekai-Charaktere - ansonsten überschattet die Besonderheit des Weltenwechsels die im Setting "heimischen" Charaktere).
Titel: Re: Realweltliche Bezüge in Fantasy-Settings - ein Nachteil?
Beitrag von: Paßwächter am 5.01.2025 | 15:15
Und wenn ich hier bin, bin ich nicht in der Immersion.
Ja, genau das ist das Problem.
Denn der Begriff verhindert, daß ich "da" bleibe, wo ich sein will (in der Immersion). Sein Auftauchen zwingt mich in eine andere Welt, in der ich in dem Moment eigentlich nicht sein will.
Mag sein, daß das nicht für alle Menschen so ist - wir sind verschieden und das ist gut so  :D. Aber ich bin halt so, daß meine Immersion zu schwach ist gegenüber dem Zwang, die Welt zu wechseln. Dann ist das Auftauchen des Begriffs ein Nachteil (oder sogar ein Fehler).

Der Fehler kann abgemindert werden, indem eine schlüssige Anknüpfung für den Begriff innerhalb der Immersion geboten wird, auf den sich meine Aufmerksamkeit richten kann. Darum sind gleichklingende Worte nicht per se ein Problem. Wenn es eine Stadt gibt, die "Ferrari" heißt, dann kann ich bei dem Wort "Ferrari" in der Immersion bleiben. Die Stellmacherei "Ferrara" dagegen war schon grenzwertig... ging noch so, ich fand es blöd, aber naja.