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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: aikar am 25.02.2025 | 07:39

Titel: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 25.02.2025 | 07:39
Als eine Stärke von DSA gegenüber D&D wird ja (zurecht) immer wieder die extreme Freiheit im Charakterbau genannt.  Ähnlich ist es auch bei Shadowrun  und GURPS. Jetzt gibt es natürlich verschiedene Systeme, die ohne enge Klassen und Stufen auskommen, aber völlige Freiheit auch über lange Spielzeiträume geht scheinbar immer mit hoher Regelkomplexität einher.

Ist das unvermeidbar?
Oder anders gefragt: Könnte DSA diese Stärke bewahren bzw. andere Systeme diese Stärke zeigen und dabei den hohen Komplexitätsbereich vermeiden?


Mein persönlicher erster Ansatz wäre ein assynchroner Aufbau - Also Vielfalt auf Spielendenseite, einfach auf SL/NSC-Seite.


Um das ganze nicht gleich zu einer DSA-Diskussion derailen zu lassen, habe ich hierzu gleich ein Partner-Thema aufgemacht: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,129995.0.html
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Weltengeist am 25.02.2025 | 07:48
Meine persönliche Antwort auf diese Frage ist ja nun schon seit fünf Jahren "Savage Worlds" - fast beliebig kombinierbarer Baukasten bei der Charaktererschaffung und -entwicklung; trotzdem sind die eigentlichen Regeln recht übersichtlich.

Und wem das für Anfänger einfach aufgrund der Auswahl noch zu fordernd ist, der kann ja mit Archetypen arbeiten, so wie es etwa Splittermond tut: Grundsätzlich ein Baukasten, aber wer will, kann auch fertige Pakete nehmen. Wobei Splittermond selbst jetzt nicht in die Low-Complexity-Kiste passt, aber das Prinzip kann man ja auch für andere Systeme nachrüsten.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Dimmel am 25.02.2025 | 08:25
Ich empfinde die MYZ-Spiele, z.B. verbotene Lands, Coriolis und Vaesen, als recht frei in der Charaktergenerierung, ohne kompliziert zu sein. Savage Worlds wurde ja schon gennant.

Einen Punkt dabei finde ich, dass bei DSA auch noch sehr viel Barbie-Spiel reinkommt. Es gibt jede Menge Fertigkeiten und Talente, die für das "gewöhnliche Abenteuererleben" eigentlich keine Rolle spielen. Beispiele sind mal der "Zuckerbäcker" oder Talente wie Töpfern und Hauswirtschaft. Die oben genannten Spiele kennen sowas eigentlich und im großen und ganzen nicht, nur "Relevantes" wird in Regel gepackt.

Das ist natürlich ein Punkt bei Langzeitmotivation, wenn ich Spass dran hab meinen Charakter mit all diesen kleinen extra-Fertigkeiten auszustaffieren, dann kann man da eine Menge Energie/Abenteuerpunkte investieren, ohne "spielrelevante" Kompetenz zu erlangen. Sprich, man kann (bei DSA) hunderte oder tausende Abenteuerpunkte verdienen, investieren und kann den Helden lange zeit spielen, ohne das er sich "ausgereizt" anfühlt.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 25.02.2025 | 08:31
Einen Punkt dabei finde ich, dass bei DSA auch noch sehr viel Barbie-Spiel reinkommt. Es gibt jede Menge Fertigkeiten und Talente, die für das "gewöhnliche Abenteuererleben" eigentlich keine Rolle spielen. Beispiele sind mal der "Zuckerbäcker" oder Talente wie Töpfern und Hauswirtschaft. Die oben genannten Spiele kennen sowas eigentlich und im großen und ganzen nicht, nur "Relevantes" wird in Regel gepackt.
Aber braucht es dafür Regeln? Oder wäre es mit einer ausufernden Liste an Fertigkeiten und Spezialisierungen auch getan?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Weltengeist am 25.02.2025 | 08:37
Einen Punkt dabei finde ich, dass bei DSA auch noch sehr viel Barbie-Spiel reinkommt. Es gibt jede Menge Fertigkeiten und Talente, die für das "gewöhnliche Abenteuererleben" eigentlich keine Rolle spielen. Beispiele sind mal der "Zuckerbäcker" oder Talente wie Töpfern und Hauswirtschaft. Die oben genannten Spiele kennen sowas eigentlich und im großen und ganzen nicht, nur "Relevantes" wird in Regel gepackt.

Das ist natürlich ein Punkt bei Langzeitmotivation, wenn ich Spass dran hab meinen Charakter mit all diesen kleinen extra-Fertigkeiten auszustaffieren, dann kann man da eine Menge Energie/Abenteuerpunkte investieren, ohne "spielrelevante" Kompetenz zu erlangen. Sprich, man kann (bei DSA) hunderte oder tausende Abenteuerpunkte verdienen, investieren und kann den Helden lange zeit spielen, ohne das er sich "ausgereizt" anfühlt.

Zumal gerade solche Sachen ja wenig zur Komplexität des Spiels beitragen und daher unkritisch sind. Kritisch ist die Meisterschaft, ohne die man Situation XY im Kampf nicht überstehen kann. Oder der Zauber, ohne den man gegen andere Zauberer nicht bestehen kann. Oder der erhöhte Abwehrwert aus einem Talent, der mit einem erhöhten Abwehrwert aus Ausrüstung und einem erhöhten Abwehrwert aus Zauber A und dem erhöhten Abwehrwert aus Zauber B stackt und daher den Bau unbesiegbarer Charaktere ermöglicht. Also immer dann, wenn etwas, was man lernen kann, fest mit etwas anderem verzahnt ist, was man lernen kann. "Zuckerbäcker" und meinetwegen "Meisterlicher Zuckerbäcker" tun dagegen niemandem weh. Wie aikar schreibt: Die sind einfach ein Eintrag auf einer Skillliste, die der geneigte Powergamer einfach ignorieren kann.

Der einzig wirkliche Haken an völlig freien Baukästen mit solchen "nicht so zentralen Kompetenzen" ist eher, dass sich das Powerniveau zwischen Powergamern und Zuckerbäckern stark unterscheiden wird. Nun kratzt das Leute wie mich überhaupt nicht, aber wem total wichtig ist, dass alle immer gleich stark sind, AP auch bei Abwesenheit kriegen und alle Encounter schön ausbalanciert sind, der wird da immer ein Problem haben.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Zanji123 am 25.02.2025 | 09:04
Das Problem war in DSA 4.1 (Wege der Helden) halt die absolute unübersichtlichkeit welche Neueinsteiger ja regelrecht erschlagen hat. Da n Boni, da n Paketboni, da n Malus hier ne Sonderfähigkeit / Vorteil für die ich mich jetzt entscheiden muss aber um zu wissen für was ich mich da entscheide muss ich erstmal rumblättern bis ich es im Buch finde (wenn's da überhaut steht oder auf das andere Buch verwiesen wird)

Dadurch das du als Einsteiger halt absolut keine Ahnung hast was "in Zukunft" sinnvoller ist, ist hier halt System Mastery so RICHTIG krass, nicht umsonst gab's genug Threads bei Orkenspalter und im DSA Forum über "perfekt gebaute Krieger" und "wichtige Vorteile für Magier" die genau vorgaben was sinnvoll war und was nicht.

das haben wir als Gruppe das erste mal bemerkt, als wir einen neuen Spieler in der Gruppe hatten der das System so richtig verstanden hat und sein neu erstellter Magier zich Nachteile hatte (welche ich erstmal nicht einordnen konnte und nicht wusste wie ich diese spielintern richtig nutzen konnte) sich dadurch aber etliche mächtige Sonderfähigkeiten usw leisten konnte die seinen Charakter halt mal Powermässig absolut an die Spitze der Gruppe gehoben haben.

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 25.02.2025 | 09:34
Ich würde natürlich sagen, daß Fate recht frei in der Charaktererschaffung ist und dabei auch nicht gerade den großen Regelboliden der S-Klasse mimt. :) Schön -- es ist im Gegenzug auch nicht so detailverliebt wie andere Beispiele, aber erstens trägt das natürlich zur Übersichtlichkeit direkt mit bei, und zweitens ist Fate auch ungewöhnlich flexibel darin, Charaktere sich auch später im Spiel noch nachträglich verändern zu lassen. Dieser zweite Punkt mag also ggf. einfach eine andere Untergruppe von Barbiespielern ansprechen (sinngemäß die, die ihrer Puppe auch mal eine neue Handtasche gönnen, statt den einen wahren Outfit immer nur noch ein bißchen perfekter machen zu wollen).

Über die "Langzeitmotivation" kann man sich dabei natürlich streiten. Das System peilt schon von den Beispielsettings her meist recht deutlich eher kürzere Kampagnen an und bringt auch gar nicht erst die Mechanismen für einen dramatischen Aufstieg von sinngemäß Stufe 1 bis 20 (oder so) mit; insofern fällt dieses klassische Standbein für Endloskampagnen eben weg. Auf der anderen Seite gibt's eigentlich auch nichts, was sagt, daß man ein geeignetes Setting mit einer feststehenden SC-Gruppe nicht jahrelang fleißig beackern dürfte -- nur das Interesse daran müßte sich halt ein Stück mehr als bei manchen Konkurrenten aus anderen Quellen als der reinen Jagd nach höheren Zahlen und mehr Powah um ihrer selbst willen speisen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Streunendes Monster am 25.02.2025 | 09:41
Mal andersrum betrachtet ... was macht denn Systeme komplex und kompliziert?
Für mich der Bloat an: Feats, Featketten, Optionen, Sonderfähigkeiten, Talente, Talentbäume, etc ... you name it.

Wenn man also ein System spielte, welches zwar einige Attribute, viele Fertigkeiten, paar verschiedene Magie-Arten bereithält, dann kann man auch sehr detaillierte und vielseitige Charaktere erschaffen, ohne dass es sich gleich überkompliwickelt.

BRP/RQ/Mythras kann das. HârnMaster auch.
Da gleichen sich zwei Kämpfer sehr wahrscheinlich nicht. Da spielen dann Herkunft, Stand, Familie, Ausbildung, Präferenz des Spielenden eine Rolle, aber nicht Volk, Klasse, Prestigeklasse, Pathway, usw.

Und ein weiterer, für mich sehr positiver, Nebeneffekt ist, dass vielseitige Charaktere einfach zu spielen sind. Und andere Dinge im Fokus stehen, die abseits von Featketten oder Talentbäumen liegen. Persönlichkeit, Hintergründe, Motive.
Keine große Rechnerei wie in Systemen, wo man die +2 für von hinten, -1 für übern Tisch, +4 für Anlauf und -2 für Dunkelheit und -1 für barfuß summiert hat ... (also klassische Tavernenschlägerei, was sonst?!).

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Dimmel am 25.02.2025 | 09:41
Aber braucht es dafür Regeln? Oder wäre es mit einer ausufernden Liste an Fertigkeiten und Spezialisierungen auch getan?

Im Prinzip ja, und das ist es bei DSA (4.1) ja im Kern auch. Einfach ausufernde Listen mit Talenten und Fertigkeiten. Und dann noch Regel-Kapriolen, die es eigentlich nicht braucht (welche sich aber zugegebener Massen auch gut ignorieren lassen). Als Beispiel fallen mir die Abrichten und Zureiten Regeln ein, die es bei DSA (4.1) gab.

Aber das ist meine ich auch die "Stärke" von DSA. Und das was ich unter freie Charaktergenerirung verstehe.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Ma tetz am 25.02.2025 | 09:52
Meine Antwort ist eher: viele Optionen für SC und hohe Komplexität korrelieren sehr stark, weil ich immer Fähigkeiten und Zauber haben werde, die sich sinnvoll kombinieren lassen, und solche die das nicht tun. Wenn die Spieler*innen also wirklich bedeudetende Entscheidungen bei der Charaktererstellung bzw. Steigerung fällen können sollen, kaufe ich mir Powercreep bzw. eine größere Machtbandbreite der SC ein.
Das kann ich etwas einfangen, in dem ich Stacking reglementiere, was die Komplexität der Regeln aber auch wieder erhöht.
Mehr Optionen für Spieler*innen bedeutet immer, dass ich mich damit auch auseinandersetzen muss. Pathfinder 1 hatte gegen Ende über 1000 Feats zu Auswahl, die man erstmal nach Relevanz für den eigenen SC filtern musste. Das ist schlicht Wahnsinn.

Letztlich ist es eine Frage, wie weit man den Weg der Individualisierung geht. Mir reicht bspw. das DSA 5 GRW, was dann auch nicht komplexer ist als ein Savage Worlds, außer, dass die 3W20 mehr berechnung erfordert.

Dem SL kann man das Leben leichter machen, indem man von vornherein festlegt, dass Gegner (gerade auch spielbare Humanoide) nicht nach den gleichen Regeln generiert werden, wie NSC (siehe z.B. DnD 5 und Schatten des Dämonenfürsten). Das löst aber nicht das Problem, dass ich die Fähigkeiten der SC auch kennen muss um sie anzuspielen.

Was auch mit ansteigt ist die Herausforderung die Regeln übersichtlich darzustellen.

Und zu guter Letzt ist noch ein wichtiger Punkt wie kompliziert die Regeln sind. Wenn ich eine halbe Buchseite auf einen Zauber oder ein Talent verwenden muss, ist das für mich einfach zu viel des Guten.

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Runenstahl am 25.02.2025 | 09:57
Der einzig wirkliche Haken an völlig freien Baukästen mit solchen "nicht so zentralen Kompetenzen" ist eher, dass sich das Powerniveau zwischen Powergamern und Zuckerbäckern stark unterscheiden wird.

Das stimmt. Wenn das Abenteuer einen Backwettbewerb beeinhaltet wird der Powergamer ganz schön blöd aus der Wäsche gucken.

Nein, mal im Ernst. Wenn das System klug designt ist dann kann man solche Hobby-Fertigkeiten nehmen ohne des es einem weh tut. Und wenn der Spieler sich entscheidet da wirklich Charakter-Ressourcen reinzubuttern dann tut er das weil er da Bock drauf hat und ihm vermutlich klar ist das das kaum jemals relevant sein wird.

Eine gute SL wird aber Wege finden das dennoch zumindest hin und wieder mal zu belohnen bzw ins Abenteuer einzubauen. Und letztlich liegt es auch am Spieler selbst Wege zu finden mit seinen Fertigkeiten kreativ zu werden ("Ich gehe mal zu den Waschweibern und verteile Kuchen um mit denen ins Gespräch zu kommen, vielleicht haben die ja interessanten Tratsch").

Ich persönlich bin ein großer Fan von "irrelevanten" Fertigkeiten und finde es eher störend das Systeme wie D&D bisweilen versuchen da irgendwelche Boni ran zu klatschen damit die Hobby Skills auch ja "relevant" bleiben (z.B. der "Chef" feat).

 :btt:

Ob Charakter-Flexibilität mit simplen Regeln kombinierbar ist hängt wohl vor allem auch davon ab wie man "hohe Charakterflexibilität" definiert.

Wer erwartet z.B. seine Zauber oder Superkräfte genau auszudefinieren (ich nehme hier mal 5% weniger Reichweite, dafür soll der Zauber 7 % mehr Schaden gegen Untote und Dämonen machen) wird um ein komplexes System nicht herumkommen. Wer sich gut dabei fühlt seinen Charakter grob zu beschreiben ("ein Rumtreiber und Spieler mit gutem Herz, er hat auf seinen Reisen viel gelernt und kann alles mögliche ist aber vor allem gut darin Leute an die Wand zu quatschen") der wird hingegen auch ein deutlich weniger komplexes System als sehr flexibel empfinden.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Zed am 25.02.2025 | 09:58
Das Grundproblem ist: In komplexeren Baukasten-Systemen werden Dir erst alle Optionen vorgestellt, und dann sollst Du Dich entscheiden. Viele dieser Optionen braucht Deine Figur jedoch gar nicht (zu wissen).

Wenn die ganzen Optionen nicht hervorragend sortiert sind, dann liest man sich also durch alle Optionen durch, die wirklich nicht zum eigenem Charakterkonzept passen: Es könnte ja doch noch eine nützliche Option zwischen all den unpassenden Optionen versteckt sein.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 25.02.2025 | 10:46
Wenn die ganzen Optionen nicht hervorragend sortiert sind, dann liest man sich also durch alle Optionen durch, die wirklich nicht zum eigenem Charakterkonzept passen: Es könnte ja doch noch eine nützliche Option zwischen all den unpassenden Optionen versteckt sein.
Interessanter Ansatz. Also ginge es vor allem um Präsentation.
Das war ja auch eine Kritik vieler DSA4.1-Fans an DSA5, dass DSA4.1 zumindest klar in seinen Hauptbüchern gesammelt wäre und DSA5 alles weit streut. DSA4.1 ist natürlich trotzdem ein hochkomplexes System, also ist Sammeln wohl nur die halbe Miete.  Und der Ansatz mit Fokusregeln ging meiner Meinung nach auch eher nach hinten los.
Aber wenn man Optionen nach Konzepten bündelt, führt man dann nicht über die Hintertür wieder ein Klassensystem ein?

Meine Antwort ist eher: viele Optionen für SC und hohe Komplexität korrelieren sehr stark, weil ich immer Fähigkeiten und Zauber haben werde, die sich sinnvoll kombinieren lassen, und solche die das nicht tun. Wenn die Spieler*innen also wirklich bedeudetende Entscheidungen bei der Charaktererstellung bzw. Steigerung fällen können sollen, kaufe ich mir Powercreep bzw. eine größere Machtbandbreite der SC ein.
Das ist tatsächlich mein Hauptkritikpunkt an komplexen Systemen. Die oft gehörte Argumentation "Dann lass halt weg, was dir nicht gefällt/zuviel ist" funktioniert leider einfach nicht, weil es oft zu Folgeeffekten kommt wenn man einzelne Teile aus dem System entfernt.
Wären also besser gekapselte Bauteile eine Lösung? Oder wird Charakterbau damit beliebig und uninteressant, wenn die Regelteile nicht stark ineinander greifen?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Yney am 25.02.2025 | 11:15
Das Grundproblem ist: In komplexeren Baukasten-Systemen werden Dir erst alle Optionen vorgestellt, und dann sollst Du Dich entscheiden. Viele dieser Optionen braucht Deine Figur jedoch gar nicht (zu wissen).

Wenn die ganzen Optionen nicht hervorragend sortiert sind, dann liest man sich also durch alle Optionen durch, die wirklich nicht zum eigenem Charakterkonzept passen: Es könnte ja doch noch eine nützliche Option zwischen all den unpassenden Optionen versteckt sein.

Und wenn man den Spieß umdreht (habe ich mit Feenlicht versucht): Man male sich seinen Charakter aus und suche dann in den Regeln gezielt die Dinge heraus, die dazu passen und ignoriert den Rest fröhlich? Zugegeben: Das ist für ein auf echte Abenteuer und Konfliktlösung konzentriertes System keine Hilfe, denn da muss man denke ich Synergien und Effektivität im Auge behalten. Aber bei einem eher offenen Rollenspiel der Sandkastenform hat das für mich gut funktioniert (was kein Beweis für irgendeine Allgemeingültigkeit ist).
Vielleicht lässt sich das aber der Grundgedanke dennoch teils übertragen, solange man nicht auf Maximierung in vollen Zügen aus ist.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 11:57
Ich möchte den Aspekt des "Balancing" aus einem anderen Blickwinkel kommentieren.

Tabletop-Spiele (Zinnfigurenspiele) haben oft ein Baukastensystem für die Armeezusammenstellung. Mir ist kein einziges System bekannt, wo das mit niedrigem Aufwand funktioniert und gute Resultate (im Sinne von gleichwertigen Armeen auf beiden Seiten) bringt. Es läuft quasi immer darauf hinaus, dass einige Optionen klar besser sind als andere und das man das System entsprechend ausreizen kann und dann mehr Kampfwert bekommt, als jemand, der das nicht macht.

Ich halte das für vergleichbar, weil die Zielsetzung ja ähnlich ist (Figuren/Armeen mit unterschiedlichen Spielwerten und Spieleigenschaften, die trotzdem möglichst annähernd gleiche Spielstärke aufweisen sollen).

Und ich halte das für weitgehend gescheitert. In praktisch allen Fällen führt das dazu, dass der Punktebaukasten eine Art Spiel-im-Spiel wird. Das ist aus Sicht von Nicht-Powergamern schonmal nicht so richtig gut. Und aus Sicht von fairnessorientierten Powergamern kommt noch dazu, dass dieses Spiel-im-Spiel praktisch nie die gewünschten Resultate bringt: Eine sorgfältige Analyse ergibt, dass nur ein Bruchteil der in den Listen aufgeführten Optionen sinnvoll ist und dass ein Großteil der aufgeführten Möglichkeiten nicht kompetitiv spielbar ist. Bleiben also als zufriedengestellte Zielgruppe nur die nicht-fairnessorientierten Powergamer, die es gut finden, dass sie mit Kenntnis des Spiels-im-Spiel Figuren/Armeen bauen können, welche allen anderen weit überlegen sind (wenn das verdächtig nahe an den landläufigen Vorstellungen von "System mastery" liegt, dann ist das nicht meine Schuld).

Meine Konsequenz wäre, dass man sich die Komplexität an der Stelle schenken kann und dass es weitaus hilfreicher ist, ungefähre Richtlinien anzugeben, welche Auswirkungen auf das Machtniveau bestimmte Werte haben. Damit kann man dann Figuren und Szenarien halbwegs abstimmen.

solange man nicht auf Maximierung in vollen Zügen aus ist.

Ich denke, das ist der Kern des Problems: Wenn man das nicht ist, braucht man auch keine Regeln dafür.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 25.02.2025 | 12:03
Ist das unvermeidbar?
Oder anders gefragt: Könnte DSA diese Stärke bewahren bzw. andere Systeme diese Stärke zeigen und dabei den hohen Komplexitätsbereich vermeiden?

Sollte relative einfach sein: simple Charakterklassen anbieten und dann die zusätzliche Möglichkeit jenseits der Klassen selbst zu basteln.

Wobei ich zugeben muss, dass ich eine psychologische Schwelle habe, die es mir nicht erlaubt fertiggebaute Archetypen in Bausystemen zu spielen. Die gibt es ja auch bei DSA5 ohne Ende. Vielleicht geht es mehr Leuten so? Mein Hauptproblem ist, dass die schon ein Bild und einen Namen haben. Klingt lächerlich, aber ich komme da nicht drüber hinweg.

Mein persönliche Präferenz ist die Charaktere wenig frontloaded zu machen, aber dafür sehr oft kleinere Steigerungen zuzulassen.

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 25.02.2025 | 12:08
Tabletop-Spiele (Zinnfigurenspiele) haben oft ein Baukastensystem für die Armeezusammenstellung. Mir ist kein einziges System bekannt, wo das mit niedrigem Aufwand funktioniert und gute Resultate (im Sinne von gleichwertigen Armeen auf beiden Seiten) bringt.
Das hat aber bei Tabletop-Systemen oft auch damit zu tun, dass die Regelherstellenden gleichzeitig die Miniaturenproduzenten sind und oftmals neue Modelle gezielt bessere Regeln erhalten, um die Verkäufe zu pushen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 25.02.2025 | 12:08
Das Grundproblem ist: In komplexeren Baukasten-Systemen werden Dir erst alle Optionen vorgestellt, und dann sollst Du Dich entscheiden. Viele dieser Optionen braucht Deine Figur jedoch gar nicht (zu wissen).

Wenn die ganzen Optionen nicht hervorragend sortiert sind, dann liest man sich also durch alle Optionen durch, die wirklich nicht zum eigenem Charakterkonzept passen: Es könnte ja doch noch eine nützliche Option zwischen all den unpassenden Optionen versteckt sein.

Eine Lösung dafür ist jene von pbtA und Blades in the Dark: eine Option aus der wählbaren Liste ist es die Fähigkeit einer anderen Klasse / eines anderen Archetyps zu erwerben. Also hat man zuerst mal die naheliegenden Optionen direkt vor sich zur Auswahl, wer will kann sich durch alle Optionen graben.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 12:22
Das hat aber bei Tabletop-Systemen oft auch damit zu tun, dass die Regelherstellenden gleichzeitig die Miniaturenproduzenten sind und oftmals neue Modelle gezielt bessere Regeln erhalten, um die Verkäufe zu pushen.

Das kommt genauso bei Spielen mit generischen Punktesytemen vor (ohne Armeelisten). Und auch bei Spielen mit Armeelisten, bei denen die Regelvertreiber keine Figuren verkaufen. Auch bei Sytemen für historische Schlachten ist das so. Beispiele, bei denen ich es aus eigener Erfahrung weiß: DBMM, Impetus, Armies of Arcana, Alien Squad Leader, Hordes of the Things, Future War Commander, Song of Blades and Heroes, Lasalle. Übrigens alles sehr gute Spiele, nur das Punktesystem muss eben cum grano salis verstanden werden.
Bei Games Workshop denke ich auch, dass Absicht dahinter stecken mag. Bei (fast?) allen anderen vermute ich, dass es Unvermögen ist.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Skaeg am 25.02.2025 | 12:27
Das stimmt. Wenn das Abenteuer einen Backwettbewerb beeinhaltet wird der Powergamer ganz schön blöd aus der Wäsche gucken.

Nein, mal im Ernst. Wenn das System klug designt ist dann kann man solche Hobby-Fertigkeiten nehmen ohne des es einem weh tut. Und wenn der Spieler sich entscheidet da wirklich Charakter-Ressourcen reinzubuttern dann tut er das weil er da Bock drauf hat und ihm vermutlich klar ist das das kaum jemals relevant sein wird.
Dafür gibt es eine einfache Lösung: Eigenen Pool an Punkten für diese Sachen. Hatte Shadowrun mit den Knowledge-Skills, aber ähnlich wie von dir beschrieben, dann wieder verwässert.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Skaeg am 25.02.2025 | 12:36
Als eine Stärke von DSA gegenüber D&D wird ja (zurecht) immer wieder die extreme Freiheit im Charakterbau genannt.  Ähnlich ist es auch bei Shadowrun  und GURPS. Jetzt gibt es natürlich verschiedene Systeme, die ohne enge Klassen und Stufen auskommen, aber völlige Freiheit auch über lange Spielzeiträume geht scheinbar immer mit hoher Regelkomplexität einher.
Hier werden mMn zwei Dinge etwas durcheinander geworfen: Freiheit und Optionsvielfalt.

Ersteres heißt im Grunde genommen nur, dass du nicht an Klassen gebunden bist wie bei D&D, sondern dir deine eigene "Klasse" aus allen im System enthaltenen Fähigkeiten zusammenzimmern darfst. Das ist komplexer als ein Klassensystem (das man mittels Archetypen optional anflanschen kann), aber nicht sehr viel.

Zweiteres bedeutet, dass es sehr viele verschiedene im System enthaltene Fähigkeiten gibt. Das steigert ganz natürlich die Komplexität, und da ist es nicht so wichtig, ob sie ab bestimmte kombinierbare Profile (aka Klassen) gebunden sind.

D&D 3.x oder gar Pathfinder 1e mit auch nur annähernd der gesamten Auswahl an Klassenoptionen ist von der Charaktererschaffung mMn viel komplexer als es DSA4.1 war, weil es bei DSA zwar viele verschiedene Fähigkeiten gab, aber nicht annähernd so viele wie bei den D&D-Varianten.

Ein Unterschied ab DSA4 war allerdings, dass DSA eine Menge Komplexität front-loaded, während sich das bei den D&D-Varianten eher im Spiel fortsetzt - es sei denn, du hast deinen Charakter mit allen Feats, Prestigeklassen etc. schon von Anfang an durchgeplant.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 25.02.2025 | 12:55
Könnte DSA diese Stärke bewahren bzw. andere Systeme diese Stärke zeigen und dabei den hohen Komplexitätsbereich vermeiden?

ersteinmal ist "Kaufen" ja einfach  ;)

nur wenn du vor lauter "Ebenen" gar nicht siehst, wo du einkaufst...ist es nicht komplex, sondern unnötig kompliziert

"Waldkindkultur" aus dem tiefsten Andergast
ist als Fluff BarbieGoldPur für "WaldläuferChar, so was wie im Fim immer"

aber brauche ich das
- hart verregelt du hast jetzt +1 auf Wildnisleben? musst Nachteil auf Y nehmen und kannst dir verbilligt Vorteil auf X kaufen?
- es kostet dich aber X GPs = und du rechnest jetzt dem Rabatt dieses Paketes nach, bis dir der Kopf raucht und du gar nicht mehr glücklich mit BarbieGoldPur bist!  ;)
- du dich verhederst im "welche MenschSpecies du bist" (weil du ja die Region Steineichenwald im Königreich Andergast gewählt hast, sind Mittelländer) und der menschlichen Kultur (Andergaster, aber nicht mittelländische Landbevölkerung; was macht der Stadt Andergaster übrigens: arghhhh) und dann die Profession als (von dir gewünschter) Waldläufer, (adelsamtlicher-försterlicher) Jäger, (wildbeuter) Fährtensucher, (horasisch-höfischer) Großwildjäger... >;D
 
da dann lieber nur eine Einkaufsliste und Wildnisleben kostet dann für alle gleich viel und kein Vergleich, ob Moha Dschungelläufer nicht einen halben GP effizienter "geschenkt" wird als der bornländer Pelzjäger

ob "dein" Waldläufer jetzt der
"Speerwerfermeisterjäger" oder "David-Wurfschlinge-Gottgeschützer" oder "urig-eigenbauer Bogenschütze" oder "technisch adaptiver Armbrustschütze im Wald"
mit drin hat?
- kauf es dir nach Belieben im Einheitspreis  :)
- spar dir das Totbättern nach dem Unterkapitel der Unterrubriken
- fruste dich nicht mit Rabattmarken-Optimierungs-Wahn

und wenn du Vorlagen/Inspirationen brauchst, die Archetypvorstellung (bebildert zieht ja auch immer) kann sehr viel mehr sein als eine hingerotzte Pflichtübung für den Werkstudenten...

es braucht eigentlich nur die "erklärende Archetypvorstellung"
wo dem sich umschauenden Kunden dargereicht wird, dass ein Waldläufer auch mit Wildnisleben abgebildet wird,
der Söldner mehr Gassenwissen als der Ritter hat,
der Ritter aber dafür höfische Etikette.

und die alten Hasen kennen diese Tropes eh und gehen locker "schneeflockig" mit der GP-Einkausfliste an der Hand durch den Charbogen und ZACK zur Kasse
so geht der impulsive Lustkauf

und ja, DSA 4X ist - nach der Begradigung - in der Chargene ein echtes Lustkaufsystem  :d
entdecke die Möglichkeiten, unnützen Ballast einfach abzusägen  ;D




Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 13:13
Eine gute SL wird aber Wege finden [Zuckerbäcker-Fertigkeitspunkte] dennoch zumindest hin und wieder mal zu belohnen bzw ins Abenteuer einzubauen. Und letztlich liegt es auch am Spieler selbst Wege zu finden mit seinen Fertigkeiten kreativ zu werden ("Ich gehe mal zu den Waschweibern und verteile Kuchen um mit denen ins Gespräch zu kommen, vielleicht haben die ja interessanten Tratsch").

Das kann man sicher machen. Allerdings wird man damit das Problem nicht los, dass andere Fertigkeiten im Schnitt erheblich sinnvoller wären, wenn man vom Ziel "Effizienz" her denkt. Tut man das nicht, dann braucht man eigentlich auch kein sonderlich komplexes Baukastensystem, weil die relative Wertigkeit keine Rolle spielt.

Entscheidend finde ich vor allem die Frage, ob man "Balancing" im Sinne von Spielfiguren mit ähnlichem Machtniveau anstrebt, oder nicht.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 25.02.2025 | 13:26
Das kann man sicher machen. Allerdings wird man damit das Problem nicht los, dass andere Fertigkeiten im Schnitt erheblich sinnvoller wären, wenn man vom Ziel "Effizienz" her denkt. Tut man das nicht, dann braucht man eigentlich auch kein sonderlich komplexes Baukastensystem, weil die relative Wertigkeit keine Rolle spielt.

Entscheidend finde ich vor allem die Frage, ob man "Balancing" im Sinne von Spielfiguren mit ähnlichem Machtniveau anstrebt, oder nicht.

Na ja -- "Effizienz" und "Macht" in welchem Sinne, und hängt das nicht auch direkt von der angepeilten Kampagne ab? In einer Runde um die Intrigen in der Bäckergilde der kaiserlichen Hauptstadt wäre es ja vermutlich eher der Typ mit dem Schwert und den Muckis, der Schwierigkeiten hätte, eine aufregendere Nische als die des Türstehers oder Lagernachtwächters zu finden...
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Maarzan am 25.02.2025 | 13:33
...
Und ich halte das für weitgehend gescheitert. In praktisch allen Fällen führt das dazu, dass der Punktebaukasten eine Art Spiel-im-Spiel wird. Das ist aus Sicht von Nicht-Powergamern schonmal nicht so richtig gut. Und aus Sicht von fairnessorientierten Powergamern kommt noch dazu, dass dieses Spiel-im-Spiel praktisch nie die gewünschten Resultate bringt: Eine sorgfältige Analyse ergibt, dass nur ein Bruchteil der in den Listen aufgeführten Optionen sinnvoll ist und dass ein Großteil der aufgeführten Möglichkeiten nicht kompetitiv spielbar ist. Bleiben also als zufriedengestellte Zielgruppe nur die nicht-fairnessorientierten Powergamer, die es gut finden, dass sie mit Kenntnis des Spiels-im-Spiel Figuren/Armeen bauen können, welche allen anderen weit überlegen sind (wenn das verdächtig nahe an den landläufigen Vorstellungen von "System mastery" liegt, dann ist das nicht meine Schuld).

...
Den Teil kann ich nicht nachvollziehen.
Was hat das mit Fairness zu tun?

Doppelt, wo es zwischen Perfekt Optimiert und völlig unbrauchbar ja auch noch diverse Abstufungen gäbe und erst da zum Problem würde, wo ein unoptimierter so gar nichts mehr beitragen kann, so dass er aus dem Spiel quasi "raus" wäre.

Und wenn man den Spieß umdreht (habe ich mit Feenlicht versucht): Man male sich seinen Charakter aus und suche dann in den Regeln gezielt die Dinge heraus, die dazu passen und ignoriert den Rest fröhlich?

Das würde halt erfordern, dass an den Elementen dann nicht Fluff dransteht, welcher der tatsächlichen Wirkung nicht entspricht.

Ansonsten:
Ich denke ein großer Unterschied ist halt auch noch, ob die Fisselarbeit in der Charaktererschaffung steckt oder im Spiel immer wieder anfällt. Und für den ersten Fall sollte es heutzutage Computerunterstützung geben.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Ma tetz am 25.02.2025 | 13:36
Also soweit ich weiß gibt es bei DSA 5 keine Paketrabatte mehr. Alles kostet bei der Erschaffung genau so viel, wie später im Spiel.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 13:40
Na ja -- "Effizienz" und "Macht" in welchem Sinne, und hängt das nicht auch direkt von der angepeilten Kampagne ab? In einer Runde um die Intrigen in der Bäckergilde der kaiserlichen Hauptstadt wäre es ja vermutlich eher der Typ mit dem Schwert und den Muckis, der Schwierigkeiten hätte, eine aufregendere Nische als die des Türstehers oder Lagernachtwächters zu finden...

Schon klar. Ja, es hängt von der angepeilten Kampagne ab.
Aber das von Dir beschriebene Szenario ist jetzt auch nicht unbedingt die wahrscheinlichste Konstellation.
Außerdem muss man wohl annehmen, dass die Realität des DSA-Spiels eher nicht ist, dass eine Figur gezielt für eine Kampagne gebaut wird. Sondern eher, dass man halt eine (vielleicht mehrere) Figur(en) hat, mit der/denen man dann alles spielt.

Viel wahrscheinlicher ist also, dass jemand einen Zuckerbäcker (bleiben wir beim Klischee) in einer Runde mit Abenteuern mit "normalem Inhalt" spielt. Also doch eher Kämpfe, Erkundung, vielleicht ein wenig Ermittlung, vielleicht ein wenig Intrige/Diplomatie.

Aber völlig unabhängig von diesen Überlegungen:
Der eigentliche Punkt ist doch, dass das "Balancing" ohnehin versagt, weil von den konkret bespielten Szenarien abhängig ist, wie die relative Wertigkeit der Fertigkeiten ausfällt. In der Praxis gibt es natürlich eine gewisse Tendenz hin zu Fertigkeiten, die in typischen Abenteuern oft eingesetzt werden. Kampf wäre ein typisches Beispiel, häufig benötigte Sozialfertigkeiten und manche Zauber ein anderes.
Aber grundsätzlich kann man schon fragen, ob sich der Aufwand bezüglich "Balancing" eigentlich lohnt. Zumal wir ja Konsens darüber haben, dass es am Ende am SL liegt, Situationen zu bieten, in denen die Figuren ihre Fertigkeiten anwenden können. Das wäre dann "Balancing" durch den SL, nicht durch das Regelsystem.

Und daher wäre meine tentative Antwort auf die Ausgangsfrage: Ja, ein Punktekaufsystem ohne große Komplexität bei den Regeln ist möglich. Die Einschränkung ist, dass das "Balancing" dann nicht durch das System vorgegeben wird, sondern sich in der Spieldynamik der Gruppe ergeben muss. (Was kein großer Verlust ist, weil die Situation auch mit großer Komplexität wesentlich dieselbe wäre; nur eben schwerer zu verstehen.).

Den Teil kann ich nicht nachvollziehen.
Was hat das mit Fairness zu tun?

Ja, bin auch nicht ganz glücklich mit der Formulierung. Mit "fairnessorientiert" meine ich, dass das gewünschte Ergebnis die grundsätzliche Möglichkeit wäre, jeden Figurentyp optimiert und spielstark zu bauen. Das Gegenstück wäre ein Powergamer, der damit einverstanden ist, dass es halt Figurentypen gibt, die anderen überlegen sind (und der Spaß daran hat, diese zu finden und zu spielen). Die einen ("fairnessorientierten") wünschen sich, dass eine Figur mit Zuckerbäcker-Fertigkeiten so stark sein soll, wie eine andere (wenn denn gut gebaut, es sind ja Powergamer). Den anderen ("nicht-fairnessorientiert") ist das egal. Sie bauen sich eine Figur mit Zuckerbäcker-Fertigkeit, weil sie ausgerechnet haben, dass das in Synergibe mit allen anderen Faktoren die stärkste Option im Spiel ist (und sie wünschen sich, die stärkste Figur zu spielen und das niemand anderes etwas vergleichbar spielstarkes bauen kann).
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 25.02.2025 | 13:41
Also soweit ich weiß gibt es bei DSA 5 keine Paketrabatte mehr. Alles kostet bei der Erschaffung genau so viel, wie später im Spiel.

Bin jetzt schon fast ein Jahrzehnt raus, aber kann man sich bei der Attributverteilung zu Beginn nicht Vorteile zum späteren Steigern rausverteilen?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: unicum am 25.02.2025 | 13:55
War nicht auch Vampire sehr flexibiel in der hinsicht (ich meine die 1st Ed, die haben wir längere Zeit gespielt) vieleicht jezt nicht so super flexibel da der pool an Auswahl auch nicht exorbitant war - will sagen er war komplett auf dem Characterbogen. Bezüglich der Komplexität war es so das man auf einem Con auch mal in ein paar mituten Chars bauen konnte.
Erinnere mich aber auch daran mal auf einem Con mal zwei Spieler zwei Figuren erstellt haben die ... zwillige hätten sein können. (MinMaxer at its best)
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 25.02.2025 | 14:06
Schon klar. Ja, es hängt von der angepeilten Kampagne ab.
Aber das von Dir beschriebene Szenario ist jetzt auch nicht unbedingt die wahrscheinlichste Konstellation.

Wobei man dann wieder die Frage stellen könnte, ob der angesprochene "normale" Kampagneninhalt wirklich so normal ist, weil das alle so wollen, oder ob er nur den kleinsten gemeinsammen Nenner darstellt. Es gibt da ja anscheinend das nicht ganz unamüsante Schlagwort vom sogenannten Abilene-Paradox (https://de.wikipedia.org/wiki/Abilene-Paradox), das beschreibt, wie eine Gruppe sich auf etwas einigen kann, was eigentlich keins ihrer Mitglieder wirklich will, wovon aber jeder glaubt, die anderen täten das...wer weiß, auf wieviele Rollenspielrunden das womöglich auch zutrifft. ;)

Ansonsten, klar: universelle Spielbalance für alle mit einem ebenfalls halbwegs universell einsetzbaren Satz Regeln potentiell beackerbaren Kampagnen scheint's nicht zu geben, oder zumindest hat mich auf Dauer keins der klassischen Punktekaufsysteme in dieser Hinsicht von sich überzeugen können. Mit deswegen habe ich mich von denen mittlerweile auch wieder verabschiedet, denn wenn ich zum Spielgleichgewicht eh wieder andere Faktoren heranziehen muß und die in den Charakter investierte Punktzahl doch nicht wirklich groß was aussagt, dann brauche ich die ganze Rechnerei, die zu ihr führt, eben auch gar nicht erst.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Skaeg am 25.02.2025 | 14:14
Bin jetzt schon fast ein Jahrzehnt raus, aber kann man sich bei der Attributverteilung zu Beginn nicht Vorteile zum späteren Steigern rausverteilen?
Nicht bei DSA5. Du fängst mit allen Eigenschaften auf 8 an und steigerst die und alles andere mittels AP. Ob während oder nach der Charaktererschaffung, die Kosten sind immer gleich.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 14:20
wenn ich zum Spielgleichgewicht eh wieder andere Faktoren heranziehen muß und die in den Charakter investierte Punktzahl doch nicht wirklich groß was aussagt, dann brauche ich die ganze Rechnerei, die zu ihr führt, eben auch gar nicht erst.

Eine schöne Zusammenfassung dieses Teils des Arguments  :d

Wobei man dann wieder die Frage stellen könnte, ob der angesprochene "normale" Kampagneninhalt wirklich so normal ist, weil das alle so wollen, oder ob er nur den kleinsten gemeinsammen Nenner darstellt. Es gibt da ja anscheinend das nicht ganz unamüsante Schlagwort vom sogenannten Abilene-Paradox (https://de.wikipedia.org/wiki/Abilene-Paradox), das beschreibt, wie eine Gruppe sich auf etwas einigen kann, was eigentlich keins ihrer Mitglieder wirklich will, wovon aber jeder glaubt, die anderen täten das...wer weiß, auf wieviele Rollenspielrunden das womöglich auch zutrifft. ;)

Finde ich auch interessant, ist aber vermutlich ein ganz anderes Thema. Denke, man kann festhalten, dass die meisten DSA-Runden hauptsächlich Abenteuer spielen, die nach den Mustern und Konventionen klassischer Fantasy-Szenarien gestrickt sind.

Andererseits habe ich auch sehr oft die These vertreten, dass die Nischen, die wir bespielen wollen und die Arten und Weisen, wie wir das tun wollen, so divers sind, dass man grundsätzlich in Frage stellen könnte, ob das überhaupt dasselbe Hobby ist.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Feuersänger am 25.02.2025 | 14:25
Mal eben Abo, habe gerade nicht die geistige Kapa mich komplett einzulesen.

So auf Anhieb und ohne den kompletten Thread zu lesen, ist aber meine Intuition "Nein, das schließt sich irgendwo gegenseitig aus", zumindest wenn die Charakteroptionen wirklich bedeutsam sein sollen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Zed am 25.02.2025 | 14:38
Und wenn man den Spieß umdreht (habe ich mit Feenlicht versucht): Man male sich seinen Charakter aus und suche dann in den Regeln gezielt die Dinge heraus, die dazu passen und ignoriert den Rest fröhlich?
Das ist sicher ein guter Weg mit dem Spannungsfeld "Viele Optionen <-> Überwältigend viele Regeln" umzugehen.

Ich bemühe mich in "Beyond Time" um die "Quadratur des Kreises" mit folgender Strategie:

"Beyond Time" ist ebenfalls ein Baukasten-System: Es bleibt zwar bei den vier Grundklassen Kämpfer, Streicher, Magier, Priester mit ihren Kernfähigkeiten Kampfoptionen, Präzisions-Angriff, arkane und göttliche Magie. Aber: Alle Power, die die Subklassen und Spezialisierungen ausmachen, wie Paladins Spezialschlag, der Tiergefährte, Untote vertreiben, Bardengesang, Psi-Kräfte und so weiter, die lassen sich erstmal "frei" zu jeder Basisklasse hinzubuchen. Dadurch gibt es sehr viele Kombinationsmöglichkeiten, zB auch einen Untoten vertreibender Zauberer oder einen Psi-Druiden.

Natürlich passt nicht (automatisch) jede Power gut zu jeder Klasse: Der Tiergefährte und der Bardengesang stehen wohl jeder Basisklasse gut zu Gesicht und ergeben wohl auch bei jeder Basisklasse Sinn. Jedoch ist der "Paladin Spezialschlag" bei Magiekundigen weniger sinnvoll, weil Magiekundige und Nahkampf nicht gut zusammenpassen.

Zur Wahl stehen aktuell 35 Powers mit 5, 7 oder 10 Powerstufen. Während Priester (Druiden, Kleriker, Askr und Mystiker) und Magiekundige (Zauberer und Magier) nur "einen Hauch Power" hinzunehmen können mit höchstens 7 Powerstufen, hat der Kämpfer die Fähigkeit, drei Power mit je 10 Stufen zu wählen und der Streicher noch zwei Power mit 10 Stufen. Bei den Basisklassen Streicher und Kämpfer sind also unzählige Kombinationen denkbar.

Ich habe mir nun folgenden Trick ausgedacht, um sowohl die Leute zu erreichen, die alles wissen wollen, als auch die, die sich vielleicht für zwei Charakterkonzepte interessieren und für den ganzen Rest nicht:

Ich möchte fünf ausgearbeitete Kämpfer-Konzepte mit insgesamt 15 Powers vorstellen und 5 Strider Konzepte mit insgesamt 10 Powers. Damit habe ich schon einmal 25 Powers präsentiert. Und dann kommt der Clou: "Du kannst Powers nach Belieben austauschen."

Entweder lesen sich die Konzepte also wie vorgefertigte Charaktere und sind damit ebenso zugänglich wie ein DnD-PHB, oder Du nimmst die Konzepte als Bausteinbruch, um Dein eigenes Konzept zusammenzubasteln.

Zitat von: Am Beispiel:
Ein Kämpferkonzept wird der "Martial Artist" sein, ein geschicklichkeits-basierter Kämpfer (Monk), der auf den Powers "Athlete" (= spezielle Turnmanöver und grundsätzliche Boni, zB auf Geschwindigkeit), "Deflector" (defensive Fähigkeiten) und "Kenpō Master" (Kung-Fu) aufbaut. Als ein Striderkonzept stelle ich den "Powerbow" vor, mit den Powers "Eldritch Archer" und "Marksman", das sind die zwei Power, die das Bogenschießen mit Trickschüssen, magischen Effekten und Mehrfachschuss verschönern. Entweder nimmt die Person, die sich nicht viel einlesen will, diese beiden Konzepte wie sie sind.

Oder sie kombiniert die Konzepte selbst neu: ZB als Kämpfer mit "Eldritch Archer" und "Marksman" und zusätzlich dem "Deflector" für mehr Schutzfähigkeiten. Oder als Streicher, der den "Marksman" behält, aber anstatt des "Eldritch Archers" den "Athlete" dazunimmt, um beweglicher zu sein.

Auf diese Weise hoffe ich, sowohl den Bastelfreunden als auch denen,gerecht zu werden, die nicht mehr als 10 Konzepte für nicht-zaubernde Charaktere vorgestellt bekommen möchten.

Es bleiben dann noch 10 Powers übrig, viele davon speziell für zaubernde Klassen geeignet, die ich dann noch zusätzlich vorstellen muss, wahrscheinlich ebenfalls in Form von einigen Konzeptbeispielen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Boba Fett am 25.02.2025 | 14:56
Könnte DSA diese Stärke bewahren bzw. andere Systeme diese Stärke zeigen und dabei den hohen Komplexitätsbereich vermeiden?

Ich glaube, es wäre grundsätzlich möglich.

Komplexität entsteht ja durch zwei Dinge:
- komplizierte Regeln
- umfangreiches Optionsangebot

Komplizierte Spielregeln braucht es nicht für eine hohe Flexibilität.
Ich glaube, das Hauptproblem liegt darin, dass man glaubt, dass jede individuelle Option als separates Paket angeboten werden muss.
Nehmen wir mal die Seewölfe aus dem Nordwesten, die Wüstenbewohner und die Jungle-Bewohner - jetzt braucht jeder sein Individuelles Kompaktangebot und dann noch die Optionen im Einzelbaukastensystem.
Braucht es das wirklich?
Oder könnte man nicht einfach die Regelung "für deinen kulturellen Hintergrund bekommst du folgende Elemente, wie du sie ausschmückst ist dir überlassen. Dein Beruf gibt dir folgendes dazu, und so weiter". Und schon hätte man eine Baukastenregelung, die universell wäre. Hypothetisch braucht man nicht mal eine Fertigkeitsliste außer den Fertigkeiten, die man zum Abenteurern benötigt.

Und Böse gesagt: D&D macht eigentlich genau das, in dem es das "geübt in" sehr allgemein hält. Wobei das recht grob gestrickt ist, aber das könnte man ja nich verfeinern.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Galatea am 25.02.2025 | 16:06
Einen Punkt dabei finde ich, dass bei DSA auch noch sehr viel Barbie-Spiel reinkommt. Es gibt jede Menge Fertigkeiten und Talente, die für das "gewöhnliche Abenteuererleben" eigentlich keine Rolle spielen. Beispiele sind mal der "Zuckerbäcker" oder Talente wie Töpfern und Hauswirtschaft. Die oben genannten Spiele kennen sowas eigentlich und im großen und ganzen nicht, nur "Relevantes" wird in Regel gepackt.

Das ist natürlich ein Punkt bei Langzeitmotivation, wenn ich Spass dran hab meinen Charakter mit all diesen kleinen extra-Fertigkeiten auszustaffieren, dann kann man da eine Menge Energie/Abenteuerpunkte investieren, ohne "spielrelevante" Kompetenz zu erlangen. Sprich, man kann (bei DSA) hunderte oder tausende Abenteuerpunkte verdienen, investieren und kann den Helden lange zeit spielen, ohne das er sich "ausgereizt" anfühlt.
Irgendwann sollte man sich halt fragen, ob man es sich mit einem komplett freien Fertigkeitensystem nicht einfacher macht, nach dem Motto "nehmt was immer ihr wollt (in Absprache mit euer Gruppe/SL)" und die im Regelwerk aufgeführten Sachen nur als Grundlage/Inspiration betrachtet. Wenn ich Zuckerbäcker und Saufen als Fertigkeit haben kann, dann ist der Punkt an dem eine begrenzte Liste Sinn macht für mich deutlich überschritten.

Ich finde es übrigens lustig, dass die Schriftsteller-Profession (laut Ulisses-Webseite) Geografie und Geschichtswissen auf doch schon ganz passablen Stufen bekommt, aber keinerlei Fertigkeit in Orthografie, Kaligrafie, Lyrik oder Literatur.


Komplexität entsteht ja durch zwei Dinge:
- komplizierte Regeln
- umfangreiches Optionsangebot
Beim umfangreichen Optionsangebot sind weniger die Optionen das Problem, als die Interaktion derselben miteinander (z.B. D&D Hulking Hurler, der mehrere Größen- und Schadensmultiplikatoren stackt um auf absurde Werte zu kommen).

Die Optionen selbst sind weniger das Problem - solange sie gut sortiert sind (und sich nicht gegenseitig auf absurde Weise verstärken), sind das einfach nur mehrere Listen, aus denen man sich ein paar Optionen raussucht. Wie lang die Liste ist kann mir im praktischen Spiel dann egal sein, mich interessieren ja nur die Optionen, die mein Charakter hat.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Paßwächter am 25.02.2025 | 16:25
Oder könnte man nicht einfach die Regelung "für deinen kulturellen Hintergrund bekommst du folgende Elemente, wie du sie ausschmückst ist dir überlassen. Dein Beruf gibt dir folgendes dazu, und so weiter". Und schon hätte man eine Baukastenregelung, die universell wäre. Hypothetisch braucht man nicht mal eine Fertigkeitsliste außer den Fertigkeiten, die man zum Abenteurern benötigt.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Wäre das in etwa der Weg, den Splittermond geht?  :think:

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Boba Fett am 25.02.2025 | 16:38
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Wäre das in etwa der Weg, den Splittermond geht?  :think:
Nein, Splittermond ist auch zu spezifisch.

Statt "Thorwaler kriegen +x auf Seefahrt, Navigation und Schwimmen" und "Novadi bekommen +Y auf Überleben (Wüste), Sternkunde und Reiten" und "Moha bekommen Überleben (Urwald), Pflanzenkunde und Klettern" müsste es heissen:
Such dir deine Kultur aus, du bekommst auf drei kulturspezifischen Fertigkeiten +X. Die Fertigkeiten denkst Du dir bitte auch aus, eine Liste gibt es nicht...

Aus Zeitmangel ist das extrem vereinfacht wiedergegeben... Aber ich glaube, nun ist es zu verstehen
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Yney am 25.02.2025 | 17:15
Der eigentliche Punkt ist doch, dass das "Balancing" ohnehin versagt, weil von den konkret bespielten Szenarien abhängig ist, wie die relative Wertigkeit der Fertigkeiten ausfällt. In der Praxis gibt es natürlich eine gewisse Tendenz hin zu Fertigkeiten, die in typischen Abenteuern oft eingesetzt werden. Kampf wäre ein typisches Beispiel, häufig benötigte Sozialfertigkeiten und manche Zauber ein anderes.

Ich denke hierin steckt eventuell auch ein Teil eines möglichen Lösungsansatzes: Wenn wir von einem total klassischen „rein in die Höhle, Monster tot hauen, raus aus der Höhle“ ausgehen, dann ist klar (und sicherlich sinnvoll), dass man entlang der „Koordinatenachse“ Kampf & co. möglichst optimal dastehen will. Spiele ich Pathfinder am Computer, dann kommen haufenweise eigentlich schicke magische Sprüche praktisch nie zum Zug, weil sie weitestgehend nutzlos sind.

Wenn aber die Welt und damit auch das Angehen von Problemen „multidimensional“ ist, dann gibt es gar kein optimales Maximum. Niemand kann alles können und das macht die Sache überhaupt erst spannend (wenn man das offenere Spielen mag). Persönlich ziehe ich es vor, eine Situation zu schaffen, in die die Spieler hineinstolpern und die sie dann eben mit ihren verschiedenen Möglichkeiten angehen können (wozu auch schlicht ein Ignorieren des Problems gehört, weil man sich ihm eben nicht gewachsen fühlt). Das ergab oft spannende Geschichten.

Die „Multidimensionalität“ steckt aber ja in Ansätzen bereits im ganz klassischen D&D (ich kenne das nur bis es A D&D hieß ;) ): Der eine mag mächtig physischen Schaden austeilen können, aber mit der Widerstandskraft gegen einen relativ einfachen Zauber, der auf die Psyche zielt, sieht es mau aus. Der Barde steht bevorzugt aus gutem Grund lieber ganz hinten und ein Dieb (nicht ein Meuchelmörder) vermeidet den Konflikt, weil niemand merkt, dass er überhaupt da war. Auch da konnte man ja schon nie alles haben und der optimale Charakter war Wunschdenken – oder nicht?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 18:06
Ich denke hierin steckt eventuell auch ein Teil eines möglichen Lösungsansatzes: Wenn wir von einem total klassischen „rein in die Höhle, Monster tot hauen, raus aus der Höhle“ ausgehen, dann ist klar (und sicherlich sinnvoll), dass man entlang der „Koordinatenachse“ Kampf & co. möglichst optimal dastehen will. Spiele ich Pathfinder am Computer, dann kommen haufenweise eigentlich schicke magische Sprüche praktisch nie zum Zug, weil sie weitestgehend nutzlos sind.

Wenn aber die Welt und damit auch das Angehen von Problemen „multidimensional“ ist, dann gibt es gar kein optimales Maximum. Niemand kann alles können und das macht die Sache überhaupt erst spannend (wenn man das offenere Spielen mag). Persönlich ziehe ich es vor, eine Situation zu schaffen, in die die Spieler hineinstolpern und die sie dann eben mit ihren verschiedenen Möglichkeiten angehen können (wozu auch schlicht ein Ignorieren des Problems gehört, weil man sich ihm eben nicht gewachsen fühlt). Das ergab oft spannende Geschichten.

Die „Multidimensionalität“ steckt aber ja in Ansätzen bereits im ganz klassischen D&D (ich kenne das nur bis es A D&D hieß ;) ): Der eine mag mächtig physischen Schaden austeilen können, aber mit der Widerstandskraft gegen einen relativ einfachen Zauber, der auf die Psyche zielt, sieht es mau aus. Der Barde steht bevorzugt aus gutem Grund lieber ganz hinten und ein Dieb (nicht ein Meuchelmörder) vermeidet den Konflikt, weil niemand merkt, dass er überhaupt da war. Auch da konnte man ja schon nie alles haben und der optimale Charakter war Wunschdenken – oder nicht?

Bin überhaupt nicht dagegen.
Und auch nicht gegen Punktekaufsysteme.

Ich wollte das Argument einbringen, dass "Balancing" grundsätzlich nicht gut funktioniert und man es daher eigentlich auch dem Augenmaß der Gruppe überlassen kann. Das Argument, dass es stark vom gespielten Szenario abhängt, wie man überhaupt "balancen" müsste, sehe ich als Verstärkung des Arguments gegen Vertrauen in "Balancing".
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Paßwächter am 25.02.2025 | 18:12
Aus Zeitmangel ist das extrem vereinfacht wiedergegeben... Aber ich glaube, nun ist es zu verstehen
Ja, vielen Dank für die zusätzliche Erklärung  :).

Allerdings sehe ich da dann bezüglich des Zahlenwerks keinen rechten Unterschied zu "freien Systemen". Im Zahlenwerk steckt dann ja gewolltermaßen keine Anbindung an den Hintergrund mehr.
Oder habe ich es in dem Punkt doch falsch verstanden?

Mehr grundsätzlich: Sofern man ein Gummipunkt-System mit dabeihaben möchte, könnte man zwei Teil-Baukästen anbieten: einen für Würfelwerte (worin z.B. Kämpfer-Charaktere brillieren können) und einen für Gummipunkt-Aspekte (worin an Nicht-Kampf-Episoden interessierte Charaktere brillieren können). Im Bereich der Würfelwerte könnte man dann Skill-Trees aufbauen, über die die Charaktere sich verschieden spezialisieren können. Im Gummipunkt-Bereich scheinen mir entsprechende Trees nicht sinnvoll zu entwickeln, da müsste man mehr auf die Breite der Anwendbarkeit abheben. Ein oft zum Einsatz kommender Aspekt müsste dann mehr Punkte geben, wenn er tendenziell negativ ist, und mehr Punkte kosten, wenn er tendenziell positiv ist.
Kür: die beiden Baukastenteile anschließend doch wieder verweben, indem Gummipunkt-Aspekte in würfelbare Werte und würfelbare Werte in Gummipunkt-Aspekte transformiert werden können, ohne damit sofort jegliches Balancing zu vernichten.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 25.02.2025 | 18:20
Irgendwann sollte man sich halt fragen, ob man es sich mit einem komplett freien Fertigkeitensystem nicht einfacher macht, nach dem Motto "nehmt was immer ihr wollt (in Absprache mit euer Gruppe/SL)" und die im Regelwerk aufgeführten Sachen nur als Grundlage/Inspiration betrachtet. Wenn ich Zuckerbäcker und Saufen als Fertigkeit haben kann, dann ist der Punkt an dem eine begrenzte Liste Sinn macht für mich deutlich überschritten.

Und was sollen Ulisses dann noch verkaufen? Nur noch Vademecums, Abenteuer, Romane und Bierhumpen?

Könnte man ja gleich Shadow of the Demonlord / Weird Wizard spielen.

Das kann es ja nicht sein.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Streunendes Monster am 25.02.2025 | 18:44
Für meinen favorisierten Spielstil habe ich lange (lange!) nach einem System gesucht, welches einerseits flott aus der Hand am Tisch zu spielen ist und andererseits auch viel Platz für regel- und werteseitig individuelle Charaktere mit individuellen Optionen ist.

Diese Reise hat mich über viele Systeme (Aborea, Novus, vsD/MERS, HARP, RoleMaster, HârnMaster, BRP/RQ, D&D3.5, PF1, WoD, Gemini, Splittermond und mehr ...) geführt und letztlich wollte ich einen einfachen Resolutions-Mechanismus und sehr ausdifferenzierte Charaktere haben. Lästiges Regelbuch-Blättern am Tisch abstellen und Regeldiskussionen vorbeugen.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Nach vielen Jahren der Suche und des Ausprobierens ist es dann in letzter Konsequenz ein sauber durchdachter Mix aus RQ6, Mythras und BRP geworden.
Eine etwas aufgebohrte Attributs- und Fertigkeitenliste, ein kreatives und doch klares Magiesystem aus dem Advanced Sorcery Band und diverse Listen aus allen möglichen RQ-Editionen, sowie BRP.
Die eigenen Völker habe ich an den Regelkern mit den individuellen Attributs-Würfelmethoden angepasst. Und nach dem Hinweis hierzuforum auf Open Quest, bin ich sehr geneigt, davon noch etwas zu den Fertigkeiten zu adaptieren.

sehr schön finde ich die Kampfregeln. Mit Trefferzonen und dazugehörigen Trefferpunkten. Nicht so komplex, wie HârnMaster, aber jeder Treffer hat auch unmittelbare Auswirkungen. Auch hier ist die Wichtigkeit von Rüstungen sehr eindrücklich.

Und die Möglichkeit, magische Gegenstände auch abseits der lahmen D&D-Klassiker zu kreieren, mag ich sehr.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Streunendes Monster am 25.02.2025 | 18:45
Ich wollte das Argument einbringen, dass "Balancing" grundsätzlich nicht gut funktioniert und man es daher eigentlich auch dem Augenmaß der Gruppe überlassen kann. Das Argument, dass es stark vom gespielten Szenario abhängt, wie man überhaupt "balancen" müsste, sehe ich als Verstärkung des Arguments gegen Vertrauen in "Balancing".

Finde ich voll gut  :d

Ich mag Gruppen, die inhomogen aufgebaut sind. Von den Foki auf Fertigkeiten, Machtgraden und stand/Ansehen in den Gesellschaften.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: eyola am 25.02.2025 | 18:48
Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."

Also je realer, umfänglicher, detailierter eine Darstellung sein möchte, desto mehr Regeln braucht man.
Ein einfacher Blick auf den Charakterbogen zeigt schon, ob das Spiel eher simpel oder komplex ist.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Streunendes Monster am 25.02.2025 | 19:02
Vielleicht sollten wir noch zwischen Komplexität und Kompliziertheit unterscheiden.

Und zwischen einfach (simpel/trivial) und einfach (nachgerade).

Oder zwischen Haben und Sein ...

 >;D




Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."

Also je realer, umfänglicher, detailierter eine Darstellung sein möchte, desto mehr Regeln braucht man.
Ein einfacher Blick auf den Charakterbogen zeigt schon, ob das Spiel eher simpel oder komplex ist.

Dem möchte ich widersprechen.
HârnMaster ist das für mich realitätsnäheste System.
Das ist komplex, aber nicht kompliziert. Es spielt sich einfach und flott, wenn man sich einmal (!!) die Mühe (ist gar keine!) macht, sich auf die Regeln einzulassen und die Tabelle begreift.
Viele Regeln braucht es da nicht. Komplizierte auch nicht. Tabellenwahn, wie bei RoleMaster oder Ruf des Warlock, erst recht nicht.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: kizdiank am 25.02.2025 | 19:11
Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."

Also je realer, umfänglicher, detailierter eine Darstellung sein möchte, desto mehr Regeln braucht man.

Ich schließe mich dem Widerspruch des Monsters mit anderem Argument an: Du kannst auch Freeform sehr wirklichkeitsnah spielen. Dann simulieren halt nicht die Regeln die Realität, sondern die Urteilskraft der Gruppe.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Kaskantor am 25.02.2025 | 19:42
Weiß nicht, ob HeXXen 1733 (2.Edition) schon genannt wurde, aber das passt mMn sehr gut.
Durch das kombinieren von Rollen und den Kräften dieser, ist echt einiges an SC-Generierung möglich und die übrigen Regeln hat man schnell drauf.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 25.02.2025 | 19:53
Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."

Bei DSA1 im Buch der Regeln II auf Seite 14 steht:

Zitat
Natürlich kann der gewissenhafte Meister dem Helden nacheinander eine Kraft-, Geschicklichkeits- und Mutprobe abverlangen, aber diese dreifache Würfelei ist nicht gerade förderlich für den Spielfluß. Da es viele denkbare Situationen gibt, in denen mehrere Eigenschaften des Helden zugleich gefordert sind, und da es Fähigkeiten gibt, die nicht unmittelbar von den Eigenschaften abhängen, sondern wie das Schwimmen oder Reiten - erlernt werden müssen, bieten wir dem fortgeschrittenen Spieler das Talentsystem an.

 8] :P
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Zanji123 am 25.02.2025 | 20:03
Und was sollen Ulisses dann noch verkaufen? Nur noch Vademecums, Abenteuer, Romane und Bierhumpen?

Könnte man ja gleich Shadow of the Demonlord / Weird Wizard spielen.

Das kann es ja nicht sein.

:-P als würde Ullisses nicht genau das verkaufen

und *hust* an Supplements soll es beim Dämonenfürsten und beim Seltsamen Zauberer auch nicht fehlen... der Schwalb ballert da einiges. Anders als DSA sind nur die Regeln im KERN unverändert und basieren im Prinzip immer auf "du bekommst X Vorteilswürfel" oder "du bekommst Y Nachteilswürfel"
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: kizdiank am 25.02.2025 | 20:04
Es lässt sich noch zwischen offenen Systemen mit frei definierbaren Charaktereigenschaften (z.B. Fate oder PDQ) und geschlossenen Systemen mit vorgegebenen Charaktereigenschaften (z.B. GURPS oder Savage World) unterscheiden.

Die offenen Systeme erlauben theoretisch beliebige Charakterkonzepte und sind insofern unendlich flexibel. Allerdings sind die frei definierten Eigenschaften notgedrungen mit einem überschaubaren Satz an Regelmechanismen unterfüttert, was sich eventuell dann doch wieder relativ gleichförmig anfühlt.

Die geschlossenen Systeme tendieren zu langen Listen an Optionen, was die Komplexität erhöht und gerade für Neulinge überwältigend erscheinen kann. Die zugundeliegenden Regelmechanismen können unterschiedlich aufwändig sein, von einfachen Grundmechanismen bis hin zu eigenen Subsystemen für alles mögliche.
Aus kommerzieller Sicht ist die Möglichkeit immer neue Bücher mit Optionen und Regelergänzungen sicher nicht verkehrt. 8]
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: manbehind am 25.02.2025 | 20:38
Als eine Stärke von DSA gegenüber D&D wird ja (zurecht) immer wieder die extreme Freiheit im Charakterbau genannt.

Mir ist das nicht ganz klar, deshalb eine Verständnisfrage:

DSA4.1 als Regelsystem lässt alles mögliche zu. Das System stellt aber nicht Plausibilitätsfrage, d. h. es ermöglicht eben auch Charaktere, die innerweltlich nicht plausibel sind.

Nach meinen - sehr begrenzten - Erfahrungen mit D&D gibt es dieses Problem dort nicht, d. h. alles, was regeltechnisch möglich ist, ist innerweltlich auch plausibel (oder zumindest nicht unplausibel).

D. h. die Freiheit bei der Generierung hat auch Kosten (ggf. in termine von Plausibilität).

Ein anderes Beispiel für Kosten sind der Aufwand, den ich betreiben muss, um meine Optionen angemessen zu bewerten: je mehr Optionen ich habe, desto mehr Aufwand muss ich betreiben, um jede einzelne zu verstehen und zu bewerten.

Wenn man nun von den Stärken spricht, müsste man dann nicht auch über die Kosten sprechen, durch die die Freiheit erkauft wird?

(Anm.: Die o. g. Kosten entfallen imo vollständig, wenn ich versuche, rollenspielerisch gute Entscheidungen zu treffen, d. h. wenn ich mich daran orientiere, was aus Sicht des Charakters gut und plausibel ist und nicht daran, was aus meiner pragmatischen Sicht als Spieler gut und sinnvoll für den Charakter ist.)
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Skaeg am 25.02.2025 | 21:07
Mir ist das nicht ganz klar, deshalb eine Verständnisfrage:

DSA4.1 als Regelsystem lässt alles mögliche zu. Das System stellt aber nicht Plausibilitätsfrage, d. h. es ermöglicht eben auch Charaktere, die innerweltlich nicht plausibel sind.

Nach meinen - sehr begrenzten - Erfahrungen mit D&D gibt es dieses Problem dort nicht, d. h. alles, was regeltechnisch möglich ist, ist innerweltlich auch plausibel (oder zumindest nicht unplausibel).
(https://i.pinimg.com/736x/0b/f6/59/0bf6590a12aba7d032e928109200d7f1.jpg)

Aber mal ernsthaft: Was bei D&D der hier gehandelten Editionen regeltechnisch abgeht, selbst ohne die Pun-puns dieser Welt einzubeziehen, ist in eine wie auch immer geartete Welt übersetzt einfach irre. Wahnsinnig. Geisteskrank. Du kannst natürlich behaupten, das sein "innerweltlich plausibel", indem du einfach postulierst, die Spielwelt funktioniere nach den wahnwitzigen Gonzo-Naturgesetzen, die von den Spielregeln abgebildet werden. Aber das Ergebnis wird trotzdem zur absoluten Farce.

Und: Das kannst du bei DSA genau so machen. Erklär' einfach jede Absurdität der Regeln zu veränderten Natur"gesetzen" der Welt.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: manbehind am 25.02.2025 | 21:19
Du kannst natürlich behaupten, das sein "innerweltlich plausibel", indem du einfach postulierst, die Spielwelt funktioniere nach den wahnwitzigen Gonzo-Naturgesetzen...

Ich behaupte das nicht. Ich schildere meinen Eindruck. Da spielt mit rein, dass mir der Unterschied bei DSA stärker auffällt, als bei D&D - was auch gut daran liegen kann, dass ich in Foren mehr über DSA lese, als über D&D und würde jetzt die Frage stellen, ob die D&D-Spieler deine Position teilen, verzichte aber darauf, weil's zu off-topic wäre :)

edit:
Ich bin mir gerade nicht sicher, ob wir das gleiche meinen: Ich kann in DSA4.1 einen 18-jährigen Akademieabgänger mit einem TaW Schwerter von 21 bauen. Regeltechnisch spricht da nichts gegen, innerweltlich plausibel ist das nicht. Diese Art von Problem gibt es imo bei D&D nicht, aber ich kann mich da wie gesagt irren.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: felixs am 25.02.2025 | 21:37
Naja - bei D&D werden, meinem Eindruck nach, halt die Welten an die Regeln angepasst. "Plausibel" ist dann Auslegungssache.
Aber das ist ein anderes Thema, oder?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Gunthar am 25.02.2025 | 21:46
Habe nicht alles gelesen: Aber Midgard dürfte recht gut passen. Man würfelt die Attribute und pickt dann eine Rasse samt Klasse und kauft dann die benötigten Sachen dazu. Aber es hat bei der Erstellung keinen so enormen Tiefgang, wie es DSA 4.X und 5 hat. Man wird nicht mit Talentketten und Sonderfähigkeiten erschlagen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Galatea am 25.02.2025 | 22:27
Und was sollen Ulisses dann noch verkaufen? Nur noch Vademecums, Abenteuer, Romane und Bierhumpen?
Dasselbe wie bisher.

Das ist ja gerade der Knüller an einem freien Fertigkeitensystem - theoretisch hindert dich nichts dran mit jedem neuen Settingsband oder Professionsguide eine ganze Batterie von im Grundregelwerk nicht erwähnten Fertigkeiten einzuführen. Sofern diese nicht direkt mit anderen Regelmechaniken interagieren (z.B. Fertigkeiten, die Artefaktbau betreffen) sind das dann einfach nur Inspirationen/Beispiele/Ideen, von denen man prinzipiell nie genug haben kann (solange sie sich nicht wiederholen oder zu ähnlich sind).

Die Frage ist dann natürlich, ob die für Spieler in der Praxis interessant und nützlich sind, aber wenn ich mir einige DSA-Fertigkeiten so anschaue, denke ich, das ist eine Frage, die man sich beim Designprozess des Spiels sowieso noch nie ernsthaft gestellt hat - also wen interessierts? Solange sich jeder rauspicken kann was er möchte (oder auch ignorieren kann) ist doch jeder glücklich.


Wenn aber die Welt und damit auch das Angehen von Problemen „multidimensional“ ist, dann gibt es gar kein optimales Maximum. Niemand kann alles können und das macht die Sache überhaupt erst spannend (wenn man das offenere Spielen mag). Persönlich ziehe ich es vor, eine Situation zu schaffen, in die die Spieler hineinstolpern und die sie dann eben mit ihren verschiedenen Möglichkeiten angehen können (wozu auch schlicht ein Ignorieren des Problems gehört, weil man sich ihm eben nicht gewachsen fühlt). Das ergab oft spannende Geschichten.
Die Diskussion hatten wir ja letztens schon mal, aber tendenziell geht die Optimierung in "klassischen" Rollenspielen fast immer ganz steil in Richtung Kampfoptimierung, weil man damit aufgrund der Regelmechaniken (die für den Kampf meist DEUTLICH länger und komplexer ausfallen als für alles andere) und der benötigten Ingamezeit (Kampf dauert meist länger als alle anderen Handlungen) am wirkungsvollsten Spotlight abgreifen kann.

(Zudem bietet das Kampfsystem natürlich die meisten Optimierungsmöglichkeiten und ist auch der Aspekt des Spiels wo einem als Spieler die eigenen Fähigkeiten am wenigstens helfen.)


Vielleicht sollten wir noch zwischen Komplexität und Kompliziertheit unterscheiden.
Ja, das ist generell eine ganz wichtige Unterscheidung.

Go ist komplex aber nicht kompliziert, Warhammer40k ist kompliziert aber nicht komplex.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: 1of3 am 26.02.2025 | 05:54
Es lässt sich noch zwischen offenen Systemen mit frei definierbaren Charaktereigenschaften (z.B. Fate oder PDQ) und geschlossenen Systemen mit vorgegebenen Charaktereigenschaften (z.B. GURPS oder Savage World) unterscheiden.

Ja, man kann auch auf Laser & Feelings gucken. Verteilst du deine Punkte auf zwei Werte. Fertig eingekauft.

Ich glaube, das ist nicht gemeint. Wobei die Frage ist, was gemeint ist.

Gurps, DSA, Shadowrun haben zu Charaktererstelling einen Satz Charakterpunkte, wovon man Attribute, Fertigkeiten und Zeug zu unterschiedlichen Kosten kauft.

Man kann da so viel machen. Zum Beispiel erst mal die Attribute und Fertigkeiten los werden. Und dann alles Zeug gleich viel kosten lassen. Dann vereinfacht auch die Aufgabe zu: Nimm x Zeug. Dann kann man sogar zufällige Auswählen treffen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Paßwächter am 26.02.2025 | 09:28
Und dann alles Zeug gleich viel kosten lassen.
Meiner Ansicht nach wäre das dann aber kein "Point Buy" mehr.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 26.02.2025 | 09:34
Meiner Ansicht nach wäre das dann aber kein "Point Buy" mehr.

Wobei dann ohnehin die Frage wäre, wie weit oder eng man "Point Buy" fassen möchte. Persönlich sind für mich da die Klassiker natürlich die, bei denen man eine einzige Punktsumme für den Gesamteinkauf kriegt, also so die GURPS/Hero/M&M...-Schule. Aber dann gibt's ja auch noch die Systeme, die einem für jeweils bestimmte Kategorien von Charakterelementen Einzelbudgets zuweisen, und da wird's dann schnell etwas schwammig.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: 1of3 am 26.02.2025 | 10:01
Meiner Ansicht nach wäre das dann aber kein "Point Buy" mehr.

Dann ist die Frage, wofür ist das gut? Wir können unser Spiel ja so machen, wie wir wollen. Also unter der Annahme, dass ein Ding Kosten und einen Effekt hat, haben wir zwei Variablen. Effekte sollen unterschiedlich sein, deshalb machen wir das. Die Kosten festzuhalten, scheint dagegen sinnvoller Ansatz.

Was für variable Kosten spräche, wäre so die Intention von Gurps, dass ich also eine normale Person und einen Superhelden spielen kann, die einfach nicht auf der gleichen Ebene spielen. Das zieht aber nicht, wenn wir alle Cyberpunker oder Fäntelalter-Abenteurer oder sonst ein gemeinsames Thema sind.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Paßwächter am 26.02.2025 | 10:53
Natürlich muß man nichts mit Point Buy machen. Es ist hier nur nicht das Thema, wenn ich das recht verstanden habe.

Edit:
Ja, die Grenzen können schon mal verschwimmen. Aber wenn man nur noch eine Auswahl aus einer Liste (ohne verschiedene Punktkosten) übrig läßt, ist das für mich schon kein "buy" mehr, sondern halt nur: Auswahl.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: JollyOrc am 26.02.2025 | 11:09
Ich hab ja für mein aktuelles System alles auf Point-Buy gesetzt: Es gibt mechanisch nur "Skills", die erlauben bestimmte Dinge im Spiel, und je mehr man von der gleichen Sorte hat, desto mehr Würfel hat man für entsprechende Proben. Erfahrungspunkte werden 1:1 für neue Skills ausgegeben. Fertig.

Attribute? Sind Skills
Magie? Sind Skills
Kampfmanöver? Sind Skills
spezielle Fähigkeiten von Elfen, Zwergen, etc? Jepp, Skills.

Einige Skills bedingen bestimmte Voraussetzungen (meistens, dass man vorher die entsprechende Basisfertigkeit gelernt hat), aber das wars dann auch schon.

Im Spiel hat sich das bei mir am Tisch trotz der recht simplen Mechanik als recht flexibel herausgestellt, wobei es allerdings durchaus auch den Effekt hat, dass es einige "must-have" Skills gibt - evtl. sollte ich die einfach streichen bzw. per default kostenfrei geben.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 26.02.2025 | 11:39
Ich hab ja für mein aktuelles System alles auf Point-Buy gesetzt: Es gibt mechanisch nur "Skills", die erlauben bestimmte Dinge im Spiel, und je mehr man von der gleichen Sorte hat, desto mehr Würfel hat man für entsprechende Proben. Erfahrungspunkte werden 1:1 für neue Skills ausgegeben. Fertig.

Link? Ich sehe zumindest 3 unterschiedliche Wege, wie ich diese Erklärung auslegen könnte.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: JollyOrc am 26.02.2025 | 11:47
Link? Ich sehe zumindest 3 unterschiedliche Wege, wie ich diese Erklärung auslegen könnte.

und ich dachte, ich hätte hier genug Eigenwerbung gemacht :)

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,125587.0.html ist der Entwicklungsthread, das ganze Regelwerk ist hier (https://drive.orkpiraten.de/d/s/t6GnWMcQVVMSB1AixT1Sx5lWCDq2xOK0/oPMHvlMYKBsoMYY4jhcXni6zzHzmKjds-ObngtIYIWgo).
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Zed am 26.02.2025 | 11:56
und ich dachte, ich hätte hier genug Eigenwerbung gemacht :)

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,125587.0.html ist der Entwicklungsthread, das ganze Regelwerk ist hier (https://drive.orkpiraten.de/d/s/t6GnWMcQVVMSB1AixT1Sx5lWCDq2xOK0/oPMHvlMYKBsoMYY4jhcXni6zzHzmKjds-ObngtIYIWgo).
Das wären doch auch gute Infos für Deine Signatur...!  :)
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 26.02.2025 | 11:58
Im Spiel hat sich das bei mir am Tisch trotz der recht simplen Mechanik als recht flexibel herausgestellt, wobei es allerdings durchaus auch den Effekt hat, dass es einige "must-have" Skills gibt - evtl. sollte ich die einfach streichen bzw. per default kostenfrei geben.

Das Problem ist mir zumindest ansatzweise auch schon mal untergekommen -- wenn ein Charakter eine Fertigkeit oder sonstige Eigenschaft praktisch "automatisch" braucht, mache ich die dann billig, damit sie jeder haben kann, teuer, weil sie entsprechend wichtig fürs Spiel ist und also entsprechend kosten sollte, oder gebe ich unabhängig von weiteren Kosten zumindest einen anständigen Grundwert jedem für lau mit auf den Weg? Wenn ich beispielsweise ein Spiel um eine Staffel von SC-Fliegerassen plane, wie sortiere ich dann "Pilot" am besten ein?
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: 1of3 am 26.02.2025 | 12:06
Das Problem ist mir zumindest ansatzweise auch schon mal untergekommen -- wenn ein Charakter eine Fertigkeit oder sonstige Eigenschaft praktisch "automatisch" braucht, mache ich die dann billig, damit sie jeder haben kann, teuer, weil sie entsprechend wichtig fürs Spiel ist und also entsprechend kosten sollte, oder gebe ich unabhängig von weiteren Kosten zumindest einen anständigen Grundwert jedem für lau mit auf den Weg? Wenn ich beispielsweise ein Spiel um eine Staffel von SC-Fliegerassen plane, wie sortiere ich dann "Pilot" am besten ein?

Du lässt die Leute das flavorn. Also ihr habt alle waffenlosen Kampf. Wie ist das für euch? Kampfkünstler, School of Hard Knocks...

Macht z.B. Unknown Armies mit den Grundfertigkeiten.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 26.02.2025 | 12:11
Das Problem ist mir zumindest ansatzweise auch schon mal untergekommen -- wenn ein Charakter eine Fertigkeit oder sonstige Eigenschaft praktisch "automatisch" braucht, mache ich die dann billig, damit sie jeder haben kann, teuer, weil sie entsprechend wichtig fürs Spiel ist und also entsprechend kosten sollte, oder gebe ich unabhängig von weiteren Kosten zumindest einen anständigen Grundwert jedem für lau mit auf den Weg?

Natürlich gratis auf brauchbaren Grundwert geben.

Wenn nötig, kann man das ja immer noch im Gesamtcharakterpunktewert miteinberechnen. Und wenn irgendwer ganz einzigartig sein will, kann er ja noch extra beim Spielleiter erbetteln ausnahmsweiße schlechter sein zu dürfen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Galatea am 26.02.2025 | 12:29
Wobei dann ohnehin die Frage wäre, wie weit oder eng man "Point Buy" fassen möchte. Persönlich sind für mich da die Klassiker natürlich die, bei denen man eine einzige Punktsumme für den Gesamteinkauf kriegt, also so die GURPS/Hero/M&M...-Schule.
Das sind dann halt auch die Systeme, die am furchtbarsten zu balancen sind.
Da muss man Attribut gegen Fertigkeit gegen Feat/Trick/Spezialfähigkeit gegen Vorteil/Nachteil gegen Ausrüstung gegen Gefolge (Tiere, Söldner, beschworene Wesen) usw. aufwiegen, was bei einer großen Gesamtmenge in den jeweiligen Kategorien schlicht unmöglich ist und zu furchtbaren Gesamtpaketen führt (in beide Richtungen).

Das Problem ist mir zumindest ansatzweise auch schon mal untergekommen -- wenn ein Charakter eine Fertigkeit oder sonstige Eigenschaft praktisch "automatisch" braucht, mache ich die dann billig, damit sie jeder haben kann, teuer, weil sie entsprechend wichtig fürs Spiel ist und also entsprechend kosten sollte, oder gebe ich unabhängig von weiteren Kosten zumindest einen anständigen Grundwert jedem für lau mit auf den Weg? Wenn ich beispielsweise ein Spiel um eine Staffel von SC-Fliegerassen plane, wie sortiere ich dann "Pilot" am besten ein?
Wenn das Thema eine bestimmte Fähigkeit voraussetzt, die jeder Charakter haben MUSS (was ja im Prinzip schon eine Änderung der normalen Charaktererschaffung ist), dann sollte man die auch auf vernünftigem Level gratis mitgeben - gerade bei FliegerASSEN (also Charaktere mit wirklich außergewöhnlich hohem Themenskill) bleibt sonst nicht sonderlich viel für den Rest übrig.

Das lässt sich in einem solchen Setting auch halbwegs vernünftig erklären - wir haben z.B. für unsere Starship Troopers Runden ein Grundpaket an Fertigkeiten gemacht, die quasi die Grundausbildung der verschiedenen Armeezweige darstellten - wobei Sachen wie Pathfinder-Ausbildung (und Exo-/Marauderpilot) auf die Powersuit-Ausbildung oben drauf geflanscht wurden, weil man Powersuitausbildung braucht, um sich überhaupt als Pathfinder qualifizieren zu können.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Isdariel am 26.02.2025 | 12:53
Das sind dann halt auch die Systeme, die am furchtbarsten zu balancen sind.
Da muss man Attribut gegen Fertigkeit gegen Feat/Trick/Spezialfähigkeit gegen Vorteil/Nachteil gegen Ausrüstung gegen Gefolge (Tiere, Söldner, beschworene Wesen) usw. aufwiegen, was bei einer großen Gesamtmenge in den jeweiligen Kategorien schlicht unmöglich ist und zu furchtbaren Gesamtpaketen führt (in beide Richtungen).
Stimmt. Die meisten klassischen Regelwerke machen es sich damit aber auch unnötig schwer, indem sie zwei Inputs (z.B. Attribut+Fertigkeit) kombinieren, um einen Output (Gesamtkompetenz im Bereich X) zu erhalten, anstatt diese sauber zu trennen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 26.02.2025 | 12:59
Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht.".
Wenn die Designer heute das immer noch glauben, erklärt das vieles...
Da bin ich gänzlich anderer Meinung. Nur weil etwas detailliert ist, ist es nicht automatisch korrekt oder wahr. Ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine realitätsnahe Wahrscheinlichkeit ist wirklichkeitsnaher als 10 Teilproben, die von falschen Tatsachen ausgehen.

Von frei definierbare Fertigkeiten bin ich persönlich kein Fan, weil es wiederum zu vielen Diskussionen führt. Aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Paßwächter am 26.02.2025 | 13:20
Ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine realitätsnahe Wahrscheinlichkeit ist wirklichkeitsnaher als 10 Teilproben, die von falschen Tatsachen ausgehen.
Und ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine gänzlich unrealistische Wahrscheinlichkeit, die von falschen Tatsachen ausgeht?

Es weiß ja niemand alles über die Wirklichkeit. Ein Wurf auf "Heilen 10" kann in einer Medizinstudentenrunde möglicherweise sehr befriedend und spielglättend wirken und ein Wurf auf "Mechanik 10" kann Ingenieure zwar nicht im engeren Sinne zufriedenstellen, aber an der Unmöglichkeit vorbeilavieren.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 26.02.2025 | 13:44
Und ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine gänzlich unrealistische Wahrscheinlichkeit, die von falschen Tatsachen ausgeht?

Das ist halt abstrahiert. Da sagt keiner Rutschgefahr wegen Feuchtigkeit führt zu -3, aber Noppen geben dann +2. Man muss nicht gegeneinander abwägen. Dass "Schwierig" eben schwierig bedeutet wird keiner abstreiten.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 26.02.2025 | 13:51
Und ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine gänzlich unrealistische Wahrscheinlichkeit, die von falschen Tatsachen ausgeht?
Ist natürlich genauso falsch. Ich wollte nur herausstellen, dass der Detailgrad des Systems eben nicht zwingend etwas über Wirklichkeitsnähe aussagt. Man kann sowohl abstrakt als auch detailliert nahe an der Wirklichkeit oder weit davon entfernt sein. Problematisch sehe ich, dass detailierte Systeme den Anschein von Wirklichkeitsnähe erwecken und damit gewisse Erwartungen wecken, die sie meiner Meinung nach nicht erfüllen können.

Aber das führt zu weit vom Thema weg.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Galatea am 26.02.2025 | 14:31
Stimmt. Die meisten klassischen Regelwerke machen es sich damit aber auch unnötig schwer, indem sie zwei Inputs (z.B. Attribut+Fertigkeit) kombinieren, um einen Output (Gesamtkompetenz im Bereich X) zu erhalten, anstatt diese sauber zu trennen.
Sehe ich jetzt nicht unbedingt als Problem, mein Problem mit Attribut-Fertigkeit-Systemen liegt eher darin, dass sie Charaktere produzieren können, die 30 Wissensfertigkeiten bei Wissen 4 und Stärke 20 haben, aber keine einzige Fertigkeit die auf Stärke basiert. So eine Person existiert in der Realität schlicht nicht (und wäre auch in einem fiktionalen Universum ein echt harter Suspension-of-Disbelief-Brocken).

Das Attribut stellt ja quasi die Grundkompetenz eines Charakters für einen breiten Bereich von Anwendungen dar, die Fertigkeit das, was er spezifisch für einen (vergleichsweise) schmalen Anwendungsbereich gelernt hat. Hab deswegen mal ein System geschrieben, in dem sich die Attribute aus den in Fertigkeiten versenkten Gesamt-EP ergeben haben (d.h. man muss jede Fertigkeit einem Attribut zuweisen, was aber nicht heißt, dass sie nur mit diesem Attribut verwendet werden kann). Das hat erstaunlich gut funktioniert, nahezu ausschließlich sinnvolle Charaktere produziert (im Kontext von nachvollziehbare Werteverteilung) und die Buchhaltung war ehrlich gesagt auch nicht schlimmer als z.B. bei Midgard.
Frage mich ehrlich gesagt, warum das nicht öfter so gemacht wird. Gerade für Point-buy-Systeme bietet sich das geradezu an.


Und ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine gänzlich unrealistische Wahrscheinlichkeit, die von falschen Tatsachen ausgeht?

Es weiß ja niemand alles über die Wirklichkeit. Ein Wurf auf "Heilen 10" kann in einer Medizinstudentenrunde möglicherweise sehr befriedend und spielglättend wirken und ein Wurf auf "Mechanik 10" kann Ingenieure zwar nicht im engeren Sinne zufriedenstellen, aber an der Unmöglichkeit vorbeilavieren.
Ich denke wenn man sich den Trefferpunktepool höherstufiger Charaktere in Systemen wie D&D anschaut wäre der Zielwert der Heilenprobe das geringste Realismusproblem besagter Medizinstudenten...

und das soll jetzt kein Rant über mangelnden Realismus in bestimmten RPGs sein - was "realistisch" oder "gut/passend" ist kann von Setting zu Setting durchaus sehr unterschiedlich sein, gerade D&D lebt von seinen übermenschlichen Trefferschwamm-Helden und Wunderheilern.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Boba Fett am 26.02.2025 | 15:05
Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."
Wenn die Designer heute das immer noch glauben, erklärt das vieles...
Da bin ich gänzlich anderer Meinung.

Ohne Dir widersprechen zu wollen...
Erst einmal war das zu DSA1 Zeiten, als es noch ernst gemeint war, dass man ein Rollenspiel durch Spielregeln möglichst "wirklichkeitsnah" zu gestalten.
Ich stelle mal die These auf: Das gilt heute nicht mehr. Das Ziel "möglichst wirklichkeitsnah" ist einem "ausreichend wirklichkeitsnah" gewichen und die Methode, das durch komplexere Spielregeln umzusetzen wurde ausreichend hinterfragt.
Ich (persönlich) glaube auch, dass DSA5 die Mengen Papier nicht um der "Wirklichkeitsnähe" produziert, sondern weil Kunden bereit sind, diese zu bezahlen. Cashcow und so...
Warum sollte ein Rollenspielverlag, der eine sammelfreudige Kundschaft für ein System besitzt, diese mit einer Weltformel versorgen, so dass diese dann nur ein einziges Buch kaufen müssen? Viele (nicht nur DSA) Kunden wollen doch gerne Zeug ins Regal stellen.
(und man könnte auch mal fragen, wieviel wirklichkeitsnahes DSA denn noch gespielt wird und das ins Verhältnis zum "weniger wirklichkeitsnahen" D&D setzen.
Da wird sich vielleicht zeigen, dass Wirklichkeitsnähe eigentlich gar kein Kriterium für das "gespielt werden" von Rollenspielen darstellt...

Und ja, Komplexität und Kompliziertheit sind nicht zwingend proportional zur Wirklichkeitsnähe eines Rollenspiels - Harnmaster hat zum Beispiel gar nicht so komplexe Regeln und kann in Sachen "wirklichkeitsnah" ganz locker mit DSA mithalten.
Aber das führt zu weit vom Thema weg.
genau!

Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: tartex am 26.02.2025 | 16:48
Aber das führt zu weit vom Thema weg.

Kann aber gerne hier weiterdiskutiert werden: taktische/simulatorische/realitätsnahe RPGs (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,129852.msg135265756.html#msg135265756)
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Haukrinn am 26.02.2025 | 19:14
Ich wedle da gerne mit der AGE-Karte. Das hat sich vom D&D-Klon mit drei Grundklassen gewandelt zum klassenlosen System (ab Modern AGE), erlaubt es aber auch die Klassen nachzubauen. Dabei wird es nicht zu komplex oder verliert sich in endlosem Regeldetails.

Aber auch hier, kein völlig freies Point-Buy.

Ich kenne durchaus Spiele, die versuchen, umfassendes Point-Buy ohne große Komplexität hinzubekommen. Geht meistens schief, schon allein aus Balancing-Gründen. Muss es irgendwie auch, weil unterschiedliche Charakterwerte unterschiedliche Skalen bedienen und man das eigentlich nie so wirklich hundertprozentig hinbekommt. Selbst GURPS schafft das nicht. HERO wäre was, was dicht dran kommt. Mir persönlich erschließt sich aber generell nicht, warum man Stunden damit verbringen sollte, einen Startcharakter zusammen zu dengeln.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: Skaeg am 26.02.2025 | 23:23
Ich bin mir gerade nicht sicher, ob wir das gleiche meinen: Ich kann in DSA4.1 einen 18-jährigen Akademieabgänger mit einem TaW Schwerter von 21 bauen. Regeltechnisch spricht da nichts gegen, innerweltlich plausibel ist das nicht.
Es ist dann innerweltlich plausibel, wenn du einfach sagst: Was die Regeln hergeben, ist innerweltlich plausibel.

Wenn bei D&D ein 18-jähriger Akademieabgänger (bzw. dessen Äquivalent) ins Unterreich  hinabsteigt und ein Monate Wochen später als weltenerschütternder Superheld, der zwischen Existenzebenen reisen und ganze Landstriche verwüsten kann, hervorkommt, dann ist das innerweltlich plausibel, weil es halt regeltechnisch drin ist. Aber bonkers  ist es halt trotzdem.

Wobei ich sagen muss: Ein junges Genie mit Inselbegabung in einer einzelnen Fertigkeit finde ich selbst nach Anlegen konventioneller Maßstäbe noch plausibler als die From-Zero-to-Hero-Extremfälle, die D&D-Kampagnen/Abenteuerpfade regelmäßig vorsehen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: aikar am 27.02.2025 | 09:10
Mir persönlich erschließt sich aber generell nicht, warum man Stunden damit verbringen sollte, einen Startcharakter zusammen zu dengeln.
Das ist halt Geschmackssache. Es gibt einfach Spielende, die daran Spaß haben. Muss man selbst nicht teilen, nur akzeptieren. Ich hätte selber auch keinen Spaß mehr mit DSA4.1 und habe Freunde, die nichts anderes wollen  ;D Ich hab auch keinen Spaß mit Fußball, trotzdem ist es offenbar beliebt ;)
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: flaschengeist am 27.02.2025 | 10:04
Schönes Thema :d.

Kommt drauf an, was du unter "komplexe Regeln" verstehst. Wenn ich mal meine eigene (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,123096.0.html) Skala zugrunde lege, ist D&D 5 von der Komplexität eine 3 auf einer Skala von 1 (Regel-Superleichtgewicht) bis 5 (Regel-Superschwergewicht). Falls "Point Buy" synonym für "klassenlos" ist, fallen mir schon auf der 2 einige Systeme ein, z.B. das gute alte ERPS  (https://www.erps.de/?page_id=10) oder Forbidden Lands (YZE). Auf der 3 gibt es so einiges, hier liegen z.B. DuoDecem, Savage Worlds oder Arcane Codex.


Einen Punkt dabei finde ich, dass bei DSA auch noch sehr viel Barbie-Spiel reinkommt. Es gibt jede Menge Fertigkeiten und Talente, die für das "gewöhnliche Abenteuererleben" eigentlich keine Rolle spielen. Beispiele sind mal der "Zuckerbäcker" oder Talente wie Töpfern und Hauswirtschaft. Die oben genannten Spiele kennen sowas eigentlich und im großen und ganzen nicht, nur "Relevantes" wird in Regel gepackt.

Aber braucht es dafür Regeln? Oder wäre es mit einer ausufernden Liste an Fertigkeiten und Spezialisierungen auch getan?

Ich würde sagen, weder noch. In DuoDecem ist es so gelöst:
1. Alle Fertigkeiten fallen in drei Kategorien (A, B und C), die unterschiedlich teuer zu steigern sind (Faktor 2 Faktor 1 und Faktor 0,5). Also ähnlich wie in DSA 4/5 aber einfacher.
2. Es gibt eine Faktor 0,5 Dachfertigkeit ("Kenntnis XY"). Darunter kannst du dann auch beliebige solche "irrelevanten" Barbiefertigkeiten packen, ohne die Regeln aufzublähen.
Titel: Re: Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Beitrag von: nobody@home am 27.02.2025 | 12:15
Insgesamt würde ich sagen, daß es zum Erreichen hoher Charakterflexibilität gar nicht erst zwingend Point-Buy braucht. Selbst bei einigen D&D-Versionen, denen man nun wirklich noch nicht unterstellen kann, zu dieser Kategorie zu gehören, beschweren sich manche Leute ja schon darüber, daß es ihnen da dank Volksauswahl und freier Klassenkombinierbarkeit und Feats und pipapo bereits zu viele Möglichkeiten gibt. ;) Oder nehmen wir Fate, das zumindest mir definitiv frei genug ist, obwohl es gleichzeitig den Spielercharakteren ihre ganze Struktur von Anfang an ein Stück weit vorschreibt (Stichwort Fertigkeitspyramide) und "eigentlich nur noch" die Leerstellen zum Ausfüllen frei läßt...

Und natürlich will zumindest ich bei aller kreativen Freiheit am Ende immer noch einen Charakter produzieren, der sowohl mein eigenes Interesse wecken und wach halten kann als auch in die Kampagne paßt, und nicht bloß beispielsweise das Taschenlampenfallenlasserpotential optimieren -- da gibt's also vermutlich eine ganze Reihe von theoretisch auch denkbaren Konzepten, die mir einfach deshalb nicht in den Sinn kämen, weil sie mich von vornherein zumindest im gegebenen Zusammenhang nicht reizen würden. Und beim Erreichen dieses Ziels kann mir die eine oder andere dezente Einschränkung schon mal mehr helfen, als daß sie ein Störfaktor wäre.