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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Radulf St. Germain am 27.03.2025 | 17:18

Titel: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Radulf St. Germain am 27.03.2025 | 17:18
Folgendes Phänomen beschäftigt mich gerade gedanklich:

Es gibt Systeme wie DnD 3/5 etc, wo sich ein Großteil des Regelwerks um Kämpfe dreht und jeder Charakter im Kampf glänzen kann. Es wird nicht nur gekämpft aber mutmaßlich viel und mittlerweile kann jeder im Kampf sinnvoll was beitragen.

Es gibt Systeme mit wenig Kampfregeln in denen wenig gekämpft wird. Jemand der nicht kämpfen kann hat seine eigene Nische und ein Kampf ist nicht länger als eine Verhandlung, eine magisches Ritual oder ein Einbruch.

Es gibt Systeme mit viel Kampfregeln und Möglichkeiten wie "Nichtkämpfer" durch Tests und Unterstützung ihre besten Fähigkeiten im Kampf einsetzen können. (z.B. Savage Worlds)

Und dann gibt es Systeme mit viel Kampfregeln in denen Nichtkämpfer bei jeder Kampfbegegnung um ihr Leben bangen und wenig tun können während die anderen mit Autofeuer und Powerarmor quick reloads durchführen und Bonus Actions nutzen.

Um diese Systeme soll es hier gehen. Kurz gesagt: Ist das ein Bug oder ein Feature?

Ist die Idee, dass man trotzdem wenig Kämpfe spielt, die aber richtig cool sind? (Cooler als andere Sachen in diesem System, frage ich mich.) Sind die Systeme Atavismen aus einer Zeit als man es noch nicht besser wusste? Gibt es Leute die gerne in Deckung liegen während die Fetzen fliegen?

Disclaimer: Das ist kein versteckter Rant sondern eine ernste Frage. Vielleicht sehe ich etwas nicht. Vielleicht hilft mir eine andere Einstellung/Sichtweise. Man kann diese System natürlich meiden aber manchmal sind die halt auch leider von der Welt her geil und die Lust zu konvertieren gering.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Feuersänger am 27.03.2025 | 17:40
Ich tippe auf die Theorie "Atavismus"
Man könnts auch Fehldesign nennen.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Runenstahl am 27.03.2025 | 17:42
Ich persönlich mag es die Option zu haben einen Nicht-Kämpfer in einem Kampflastigen System zu spielen. Das ist nicht unbedingt was für jeden, insofern verstehe ich das das Design-Seitig oft vermieden wird, aber bisweilen wünschte ich mir (z.B. bei D&D) das es halt auch Klassen gibt die nicht gut kämpfen können, dafür jedoch in anderen Bereichen wirklich glänzen können.

Sofern der Spieler einer solchen Klasse damit leben kann das er über weite Strecken nichts zu tun hat bzw Spaß daran hat die Panik seines Charakters auszuspielen der irgendwie versucht den Kampf zu überleben ist doch alles gut. Ist bei mir nicht oft vorgekommen (da wir meist D&D spielen) aber bei 7th Sea habe ich mal eine Hexe gespielt die rein von den Regeln her Kampfwürfe wie die Pest meiden mußte weil sie sonst quasi schlichtweg explodiert wäre. Das hat mir trotzdem viel Spaß gemacht weil sie dafür dem Rest der Gruppe in jeder Situation krasse Boni geben konnte.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Feuersänger am 27.03.2025 | 17:55
Das ist ja auch nicht das Problem. Es ist völlig okay wenn eine Figur halt nicht selber gut kämpfen kann aber trotzdem etwas beträgt, indem sie halt zB den Kämpfern Boni zuschiebt.
So wie ich den OP verstehe geht es um Figuren die absolut nichts können was man im Kampf zum Einsatz bringen kann. Stell dir zb einen Bücherwurm vor, der halt mit Zeit und Ruhe in einer Bibliothek Dinge herausfinden kann, aber im akuten Feuergefecht halt absolut nichts tun kann außer zu hoffen dass er nicht erschossen wird.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Megavolt am 27.03.2025 | 18:03
Ich finde das weird, wenn sich ein System um den Kampf dreht, und dann können die Spieler bestimmter Klassen einfach nicht richtig mitspielen.

Splittermond hat sich dem Problem beispielsweise angenommen, indem man soziale Events ebenfalls "verkampfregelt" hat, da steht dann eben der richtige Kämpfer daneben und kann nichts machen. Irgendwie ist das Leid dann etwas gerechter verteilt.

Ich bin eher der Ansicht, man muss die Kampfregeln (und quasi das Leiden insgesamt) minimalisieren, dann wird das im Threadausgang beschriebene Problem minimalisiert, aber ich bin da auch etwas dünnhäutig mittlerweile und mich nerven die differenzierten Würfelkämpfe einfach nur noch. Die Mehrheit der Rollenspieler liebt die allerdings.

Also meiner bescheidenen Meinung nach: Ja, ein Bug.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Sternschnuppe am 27.03.2025 | 18:11
Es gibt auch Spiel bei denen es um Konflikte geht. Der physische Kampf ist da nur einer der möglichen Konfliken.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Eismann am 27.03.2025 | 18:23
Kommt das denn wirklich so oft vor, dass Charaktere im Kampf wirklich gar nichts zustande bringen können?
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Streunendes Monster am 27.03.2025 | 18:28
Es gibt auch Spiel bei denen es um Konflikte geht. Der physische Kampf ist da nur einer der möglichen Konfliken.

Burning Wheel  :headbang:
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Drantos am 27.03.2025 | 18:39
Könnt ihr ein paar Beispiele für Systeme im Sinne des Themas nennen?

cu
Drantos
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Quaint am 27.03.2025 | 18:42
Ich halte das für einen Bug. Wobei die reine Möglichkeit, Nichtkämpfer zu bauen und doch häufiger Kämpfe zu bringen IMHO nicht schlimm ist. Man sollte dann nur gegebenenfalls in der konkreten Gruppe miteinander sprechen. Nicht das jemand da nicht mitbekommt, dass es häufige Kämpfe geben wird oder so. Und viele Systeme kennen zwar den Nichtkämpfer, aber man kann ja dann oft Anpassungen vornehmen je nach Gruppenabsprache. Und die Leute quasi zwingen, sinnvolle Auswahlen zu treffen, das kann kaum ein System leisten. Selbst bei DnD 5 (was schon viel vorgibt) kannste theoretisch nen Kämpfer mit echt schlechten körperlichen Attributen bauen und dann unglücklich werden.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Feuersänger am 27.03.2025 | 18:53
Glaub in 5E ist der direkteste Weg in die Kampf-Irrelevanz, sich einen Wizard oder Sorcerer zu bauen und dem halt ausschließlich so Zauber wie Schwebescheibe und Zaubertinte zu geben und auf sowas wie Firebolt zu verzichten.
In 3E ist es natürlich noch trivialer, sich irrelevant zu machen. Und da habe ich sowas auch tatsächlich schon am Spieltisch erlebt.

Noch größer ist das Risiko wohl bei nominell klassenlosen Systemen; bei Shadowrun etwa hat das System auch keine Sicherung die verhindert, dass man ohne jede kampfrelevante Fertigkeit ins Spiel geht. Allerdings habe ich da sowas noch nie live im Spiel erlebt, da ja wirklich nicht viel dazugehört, sich wenigstens sowas wie "Pistolen 6" zu besorgen.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Der Nârr am 27.03.2025 | 18:55
Ich kenne so etwas von Systemen wie DSA4, Basic Roleplaying, HârnMaster, Arcane Codex... Die sind sehr breit angelegt und man kann dort viele verschiedene Sachen spielen. Trotzdem nehmen die Kampfregeln einen gewissen Raum ein.

Grundsätzlich würde ich da ja in den Raum werfen: Wenn es ständig zu Kämpfen baut, wieso haben dann nicht alle einen kampftauglichen Charakter gebaut?

Solche Systeme, die im Kampf schwache SC bauen können, haben für mich einen festen Platz in meinem Herzen. Für mich ist das ein Feature.

Ich bin DSA-sozialisiert, da habe ich eh immer wieder mal kampfschwächere Charaktere gespielt - ob Streuner oder Scharlatan. Ich optimiere meine Charaktere gerne, das waren dann verdammt gute Streuner oder Scharlatane. Nur hat Schlösser Öffnen 15 oder die Luft so richtig toll zum Funkeln zu bringen im Kampf gegen einen Heshtot und 3 Skelette wenig gebracht. Man sollte untereinander vorab klären, was man möchte. Manche Spieler sind ja auch schnell genervt, wenn andere SC nichts zum Kampf "beitragen". Auch wenn die Kampfregeln im Regelwerk einen großen Raum einnehmen, hat man mit solchen Spielen eigentlich die Möglichkeit auch andere Sachen zu machen als Encounter nach Encounter nach Encounter. Mit den Systemen an die ich kenne geht z. B. auch Barbiespiel recht gut. Dann ist der Charakter eben ein schlechter Kämpfer, aber warte mal auf die flotte Sohle, die er beim nächsten Ball aufs Parkett legt mit Tanzen 18!
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Fezzik am 27.03.2025 | 18:58
In Symbaroum kann die Schere zwischen One Shotter SC und völlig kampfuntauglich auch ziemlich klaffen. Da muss man schon regulieren als SL das das nicht spielspaßmässig in die Hose geht.
Und ja, DAS ist ein Bug.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Radulf St. Germain am 27.03.2025 | 19:03
Ist ja eine Sache, wenn man sich durch Unkenntnis oder Absicht verskilled.

Ich habe konkret an Imperium Maledictum oder (älteres) Shadowrun gedacht. Wenn der Kampf (oder die Kämpfe) 1/3 des Abends einnehmen, dann sehe ich schon das Risiko, dass man sich als nicht- oder schlecht-Kämpfer langweilt.

Gleichzeitig aber haben diese System Archetypen oder Chrakterklassen, die definitiv nicht auf Kämpfen ausgelegt sind. Also scheint die Idee zu sein, dass es solche Figuren im Spiel gibt.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Der Nârr am 27.03.2025 | 19:07
Ich habe konkret an Imperium Maledictum oder (älteres) Shadowrun gedacht. Wenn der Kampf (oder die Kämpfe) 1/3 des Abends einnehmen, dann sehe ich schon das Risiko, dass man sich als nicht- oder schlecht-Kämpfer langweilt.

Gleichzeitig aber haben diese System Archetypen oder Chrakterklassen, die definitiv nicht auf Kämpfen ausgelegt sind. Also scheint die Idee zu sein, dass es solche Figuren im Spiel gibt.
Gerade bei älterem Shadowrun ist das Klischee doch eigentlich, dass sich der Haufen Straßensamurais und "Ich werfe einen Manaball"-Magier stundenlang langweilt, während der Decker tut, was er am besten kann :).

So ging uns das damals jedenfalls, was aber mit daran lag, dass wir alle die Regeln nicht gut kannten und auch niemand verstanden hatte, dass Decking damals schlicht Mini-Dungeon-Crawls mit den immer gleichen Räumen, die nur neu sortiert wurden, waren.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: nobody@home am 27.03.2025 | 19:11
Kommt das denn wirklich so oft vor, dass Charaktere im Kampf wirklich gar nichts zustande bringen können?

Ist halt ein bißchen die Frage, wo "gar nichts" in diesem Zusammenhang anfängt und wo es endet. Wenn ich einen abenteuernden Berufszuckerbäcker oder eine halbprofessionelle Jungfrau in Nöten spielen will, der Charakter aber trotzdem zumindest mit improvisierten Waffen gelegentlich mal austeilen kann und einigermaßen gut im Wegducken ist, auch wenn er nie eine Rüstung anzieht und ein "echtes" Schwert in die Hand nimmt...ist das dann noch ein "Nichtkämpfer", doch schon ein "Kämpfer", oder wie oder was? Wo ziehen wir die Grenze genau?
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Radulf St. Germain am 27.03.2025 | 19:19
Ich ziehe die Grenze da, wo sich jemand im Kampf langweilt, weil er nichts machen kann entweder weil seine Skills so schlecht sind oder weil er sofort tot ist.

Meine Frage ist konkret zu:

* Kämpfe dauern lang
* Teile der Gruppe können nicht sinnvoll teilnehmen
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: nobody@home am 27.03.2025 | 19:56
Ich ziehe die Grenze da, wo sich jemand im Kampf langweilt, weil er nichts machen kann entweder weil seine Skills so schlecht sind oder weil er sofort tot ist.

Meine Frage ist konkret zu:

* Kämpfe dauern lang
* Teile der Gruppe können nicht sinnvoll teilnehmen

Dann würde ich zu "Bug" tendieren. Klar, einen "totalen Nichtkämpfer" kann ich mir prinzipiell auch in meinem Lieblingssystem Fate basteln (ein Aspekt wie "Überzeugter Pazifist" oder "Kann kein Blut sehen", Angriffsfertigkeiten wie Kämpfen und Schießen aus offensichtlichem Mangel an Übung nicht höher als vielleicht Durchschnittlich (+1), wenn überhaupt das)...aber einen Charakter, der in einer Kampfszene einfach zu rein gar nichts taugt, nicht mal zu kreativem Einsatz seiner definitiv vorhandenen "nichtkämpferischen" Fähigkeiten unter Vermeidung von Gewalt? Das müßte ich dort schon sehr gezielt und bewußt versuchen, und selbst, wenn dabei etwas entsprechend Erbärmliches herauskäme, ließe sich das einigermaßen schnell und insbesondere auch schon zu Anfang seiner Karriere nachjustieren, wenn ich erst mal auf den Trichter gekommen bin, daß das vielleicht doch nicht ganz so spaßig ist, wie zuerst gedacht.

Ein System, das mich nach einer entsprechend unglücklichen Charakterwahl fast schon buchstäblich dazu verdonnern wollte, quasi der nutzlose Gruppenfeigling zu sein und dann in der Rolle auch noch mindestens X Stufen auszuharren...da könnte ich tatsächlich keinen Mehrwert drin erkennen. Das ist allerdings auch hinreichend extrem, daß es mir in der Praxis noch nicht untergekommen ist, obwohl ich weiß, daß manche Regelwerke beispielsweise entsprechende Nachteile in petto haben.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: chad vader am 27.03.2025 | 20:02
Ich tippe auf die Theorie "Atavismus"
Man könnts auch Fehldesign nennen.
+1
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Maarzan am 27.03.2025 | 20:12
Ich habe kein Problem mit Kämpfern und Nichtkämpfern in einer Runde, erst recht nicht in einem Spiel., welches ja verschiedenste Wege gehen kann.
Problematisch sehe ich das, wenn relativ geringfügige Steigerungen des Gegners einen Kampf dann quasi zum recht sicheren Selbstmord werden lassen.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: SigmundFloyd am 27.03.2025 | 20:42
Ich würde vermuten, dass sowas am Ehesten bei hart simulationistischen Systemen à la GURPS vorkommen kann, die designphilosophisch Wert auf größtmöglichen Realismus legen.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Eismann am 27.03.2025 | 20:45
Aber wenn man weiß, dass es viel um Hauen und Stechen geht, dann einen Charakter baut, der dezidiert dazu weder willens noch in der Lage ist und sich dann langweilt... ist das dann nicht irgendwo die eigene Schuld?
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 27.03.2025 | 22:54
Ich kenne so etwas von Systemen wie DSA4, Basic Roleplaying, HârnMaster, Arcane Codex... Die sind sehr breit angelegt und man kann dort viele verschiedene Sachen spielen. Trotzdem nehmen die Kampfregeln einen gewissen Raum ein.

Grundsätzlich würde ich da ja in den Raum werfen: Wenn es ständig zu Kämpfen baut, wieso haben dann nicht alle einen kampftauglichen Charakter gebaut?

Solche Systeme, die im Kampf schwache SC bauen können, haben für mich einen festen Platz in meinem Herzen. Für mich ist das ein Feature.

Ich bin DSA-sozialisiert, da habe ich eh immer wieder mal kampfschwächere Charaktere gespielt - ob Streuner oder Scharlatan. Ich optimiere meine Charaktere gerne, das waren dann verdammt gute Streuner oder Scharlatane. Nur hat Schlösser Öffnen 15 oder die Luft so richtig toll zum Funkeln zu bringen im Kampf gegen einen Heshtot und 3 Skelette wenig gebracht. Man sollte untereinander vorab klären, was man möchte. Manche Spieler sind ja auch schnell genervt, wenn andere SC nichts zum Kampf "beitragen". Auch wenn die Kampfregeln im Regelwerk einen großen Raum einnehmen, hat man mit solchen Spielen eigentlich die Möglichkeit auch andere Sachen zu machen als Encounter nach Encounter nach Encounter. Mit den Systemen an die ich kenne geht z. B. auch Barbiespiel recht gut. Dann ist der Charakter eben ein schlechter Kämpfer, aber warte mal auf die flotte Sohle, die er beim nächsten Ball aufs Parkett legt mit Tanzen 18!
Wo bei DSA4 noch mal ein sonderfall ist, ich denk das System erlaubt es durchaus kampfschwächere Charaktere zu bauen die trotzdem im Abenteuer was bei tragen können (sowas wie Streuner und nicht kampforientierte Magische Chars). Hat aber auch genug Professionen die eigendlich überhaupt nicht Abenteuer tauglich sind.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Runenstahl am 27.03.2025 | 23:06
Um das nochmal konkreter zu sagen: Meiner Meinung nach ist das ein Feature. Es muss aber allen Beteiligten klar sein auf was die sich mit solch einem Charakter einlassen. Wer sich dann wirklich langweilt hat selbst Schuld.

Falls das hingegen nicht klar war (oder es nicht deutlich war das ein Großteil der Abenteuerzeit mit Kämpfen verbracht wird) dann sollte man mal darüber sprechen den Charakter umzustellen.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: AlucartDante am 27.03.2025 | 23:07
Ach das kenne ich schon auch aus Shadowrun, Cthulhu oder Ars Magicka. Umgekehrt ist es aber doch gerade das besondere, dass man sich dort einen guten Kämpfer erstellen kann.  In DnD ist einfach unmöglich einen Kämpfer zu erstellen, weil alle gut im Kampf sind und dadurch ist gerade wieder niemand gut im Kampf. Also eher Feature.

Shadowrun: Okay meistens können alle etwas zum Kampf beitragen, aber wir hatten oft auch große Unterschiede. Macht nichts, da es große verschiedene Nischen gibt.

Cthulhu: Hauptsache wir erzählen eine gute Geschichte.

Ars Magicka: Mein Magier ist ein Bücherwurm und im Kampf panisch. Dafür hat er Gefährten und Grogs dabei, die dann glänzen können. Der Magier kriegt schon genug beeindruckende Fähigkeiten...
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Ma tetz am 28.03.2025 | 08:28
Für mich ist das eher Feature, weil Systeme wie Shadowrun und DSA eben auch ermöglichen, seine SC breiter aufzustellen, so dass ein Krieger eben auch mal gut Tanzen oder Singen kann.

In beiden Systemen gehört gewaltfreie Plotlösung auch zur Corestory.

Mit Shadowrun kann man sehr gut Runs im Oceans Eleven Stil machen. Das hat definitiv seine Zielgruppe.
Und meine eigene Ilaris/Aventuriengruppe hat unser aktuelles DSA-Abenteuer dafür gelobt, dass man die meisten Konflikte auch ohne Kämpfen lösen konnte (nicht musste).

Solche Spiele können also eine größere Bandbreite an Spielvorlieben ansprechen, vor allem ohne das System zu wechseln.

Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Turgon am 28.03.2025 | 08:42
Könnt ihr ein paar Beispiele für Systeme im Sinne des Themas nennen?

Bei Iron Kingdoms, das ja von einem Tabletop herkommt, könnte man sich einen Charakter bauen durch ungünstige Kombination der Anfangsklassen, der dann im Kampf deutlich weniger reißt als ein „normal“ gebauter Char. Aber zumindest könnte man diesen dann noch im Laufe der Steigerungen in einen „nützlichen“ Char verwandeln.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Turgon am 28.03.2025 | 08:44
Gleichzeitig aber haben diese System Archetypen oder Chrakterklassen, die definitiv nicht auf Kämpfen ausgelegt sind. Also scheint die Idee zu sein, dass es solche Figuren im Spiel gibt.
Bei Iron Kingdoms ist es so, dass diese Klassen, die nicht so kampffokussiert sind, als „Beimischung“ zu den Kampfklassen gedacht sind. Man könnte eben aber auch mehrere Nicht-Kämpfer-Klassen kombinieren.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Zanji123 am 28.03.2025 | 08:59
naja... das "klassische Fantasy Design" geht halt von Heroischen Kämpfen aus, Abenteurer die durch die Welt ziehen die gefährlich ist, die Schurken besiegen usw.

Klar das Kampf eigentlich in jedem System einen großen Stellenwert hat (ja auch in DSA... sonst wären die Kampfregeln nicht so detailiert seit DSA 4.1)

es kommt einfach draus an was man mit seiner Gruppe bespricht: will man eher ne Intrigen Story am Hofe oder Detektiv Story oder eben eine heroische "wir retten die Welt" Story daraufhin werden die Charaktere gebaut.

Schatten des Dämonenfürsten hat ja (in den Supplements) auch genug "nicht Kampfbasierte" Pfade, vom Forscher bis zum Dandy der in einen Raum kommt und alle Blicke auf sich zieht und dich so sehr mit Worten um den Finger wickelt das der seine eigenen Intrigen bauen kann. Passen diese Charaktere in jedes Abenteuer? Nö natürlich nicht bzw. nicht umbedingt aber es kann reizvoll sein (wenn man einen Grund finden sollte warum ein sozialer Charakter mal quer durch die Lande reisen sollte um einen McGuffin in einem Ort zu finden der von Dämonen bewacht ist)
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Arldwulf am 28.03.2025 | 09:25
Und dann gibt es Systeme mit viel Kampfregeln in denen Nichtkämpfer bei jeder Kampfbegegnung um ihr Leben bangen und wenig tun können während die anderen mit Autofeuer und Powerarmor quick reloads durchführen und Bonus Actions nutzen.

Um diese Systeme soll es hier gehen. Kurz gesagt: Ist das ein Bug oder ein Feature?

Ist die Idee, dass man trotzdem wenig Kämpfe spielt, die aber richtig cool sind? (Cooler als andere Sachen in diesem System, frage ich mich.) Sind die Systeme Atavismen aus einer Zeit als man es noch nicht besser wusste? Gibt es Leute die gerne in Deckung liegen während die Fetzen fliegen?

Ich denke es gibt dort zwei Dinge die mit hereinspielen: Ressourcenbasiertes Balancing und Regelunterstützung für Nichtkampfbegegnungen.

In Systemen wie D&D 3.5 und 5e werden Klassen über die Anzahl Kämpfe zwischen zwei Rasten ausbalanciert. Dies führt natürlich auch dazu, dass die Systeme schlechter geeignet sind um von der intendierten Anzahl Kämpfe abzuweichen.

Dementsprechend ist auch die Herangehensweise an Nichtkampfsituationen in diesen Systemen oft "das wird mit Magie erledigt" oder diese in einzelnen Würfen abzuhandeln (lass den Barden Diplomatie/Überzeugen würfeln)

Ich würde dort eigentlich auch von einem Bug sprechen, denn intendiert ist diese Auswirkung eigentlich nicht. Natürlich geben die Designer eine Core Story vor und ja, diese enthält auch viele Kämpfe. Aber eigentlich ist es schon so gedacht und wird auch von den Spielern so erwartet, dass die Systeme sich gleichermaßen gut für eine Vielzahl von Spielweisen eignen und das halt nicht gleich das Klassenbalancing auseinanderfällt nur weil man halt bloß mit einem Kampf je Abenteuertag (oder gar weniger) spielt.

Es gab durchaus in der Vergangenheit auch versuche diese Probleme zu lösen - indem bessere Unterstützung für Nichtkampfsituationen und ein anderes Ressourcensystem eingeführt wurde. Aber so etwas ist dann oft mit einer kompletten Umgestaltung des Systems verbunden,weil davon natürlich nahezu alle Elemente des Spiels betroffen sind.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: unicum am 28.03.2025 | 09:56
Ich sehe das nicht als Bug oder Feature ein - oder als Fehler in einem Rollenspielsystem sondern,...

als Kommunikationsproblem

Wenn ich als SL mir denke ich möchte eine sehr Kampflastiges Abenteuer/Kampange anbieten und jemand will unbedingt einen Pazifisten spielen, der sich das nicht ausreden lässt (wenn man es denn versuchen will) dann ist das auch erst ein Problem wenn er sich dann beschwert das er sich z.b. langweilt. Oder es eben auch innerhalb der Gruppe zu differenzen deswegen kommt "Warum schleppen wir dich überhaupt mit?"

Das hat imho nur dann etwas mit dem System zu tun wenn das jeweilige System eben bekannt dafür ist das Abenteuer zu einem sehr signifikanten Teil aus Kampf bestehen. (also D&D etwa)

Klar, es gibt auch Spieler die gerne mal extreme ausprobieren wollen (merkwürdig das ich solche Spieler kenne die das dann immer und jedes mal so spielen wollen, naja es gibt auch Spieler die spielen anderweitig immer "die gleichen Figuren" (Assassinen, Zwerge, Gnome, elfen, rotharige Hexen, etc. pp.).

Also für mich ist die Session 0 da sehr wichtig um gleich festzulegen wie die Gruppe funktionieren soll. Ich hab es aber eben mittlerweile auch erlebt das man irgendwann danach auch an Stellen kommt, an welchen man echt innerhalb der Gruppe dann Probleme hat.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Radulf St. Germain am 28.03.2025 | 19:01
Die "Feature Fraktion" überzeugt mich noch nicht ganz.

- Klar kann ich 50% der Regeln ignorieren und 50% der Equipmentliste. Aber ich würde dann eher etwas spielen, was Kampfregeln hat, die auf dem gleichen Komlexitätsniveau sind wie der Rest.
- Was ist, wenn der Charakter nicht frei gewählt wird sondern mehr oder weniger ausgewürfelt? Ja, ich kann dann versuchen allen gerecht zu werden aber das Risiko ist, dass sich entweder die Kämpfer oder die nicht-Kämpfer für längere Phasen langweilen.

Was ich ganz gut nachvollziehen kann ist, dass Leute, die ein Standardsystem spielen den nicht-Kämpfer als interessante Variante empfinden mögen und man trotz der Regelimbalance das System nimmt, weil man es eben kennt.

Und es ist auch völlig legitim damit Spaß zu haben, das will ich iúnbedngt nochmal betonen! Es ist eher eine Designfrage, die mich beschäftigt. Aktuell sehe ich noch nicht, dass diese Systeme für mich besser funktionieren können als die "alle kämpfen" oder "Kampf ist schnell und regelleicht" Varianten.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Ma tetz am 28.03.2025 | 19:16
Erstens müssen Sie für Dich ja gar nicht besser funktionieren. Du bist dann einfach nicht die Zielgruppe :)

Zweitens fällt mir kein System ein, in dem der Charakter zufällig erwürfelt wird und gleichzeitig ein absoluter Nichtkämpfer rauskommen kann. Gibt es da Beispiele für? Alles was mir einfällt sind Kaufsysteme, aber meine Übersicht ist sicherlich begrenzt.

Und was die selektive Regelnutzung angeht. Ich spiele  bei 5e gerne Kämpfer, da sind weite Teile der Magieregeln auch irrelevant für mich. Bei DSA und Shadowrun ist dieser Effekt noch stärker. Gerade bei komplexeren Systemen nutzt man für seinen einen SC doch eh meist nur einen Bruchteil der angebotenen Regeln.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Arldwulf am 28.03.2025 | 19:43
Aktuell sehe ich noch nicht, dass diese Systeme für mich besser funktionieren können als die "alle kämpfen" oder "Kampf ist schnell und regelleicht" Varianten.

Ich denke was du noch in diese Aufzählung aufnehmen solltest ist die Variante "Kampf ist spannend und komplex, aber Nichtkampf ebenfalls".

Denn Kämpfe regelleicht zu machen ist ja nicht der einzige weg um Kampf- und Nichtkampfunterstützung auf dem gleichen Niveau zu haben.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: nobody@home am 28.03.2025 | 19:46
Ich meine, wenn ich wirklich ein System habe, in dem ein wie auch immer definierter "Nichtkämpfer" im Kampf so gar nichts beitragen kann, gleichzeitig Kämpfe einigermaßen oft vorgesehen sind (und sind wir mal ehrlich, ausdrücklich gewollt gewaltloses Rollenspiel ist selten), und dann tatsächlich ein oder mehrere dieser Typen in der Gruppe sind...dann ist das auch nichts anderes mehr als das klassische Deckerproblem, nur eben in einer anderen Nische. Und da würde ich persönlich mir auch schon nicht wünschen, daß die Experten laut Regeln ewig herumfrickeln müssen, während die Spieler der Nichtexperten inzwischen genausogut erst mal wieder die Handys auspacken und daddeln können.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: YY am 28.03.2025 | 19:49
Und die Leute quasi zwingen, sinnvolle Auswahlen zu treffen, das kann kaum ein System leisten.

Zwingen oder neutraler den Erfolg garantieren ist natürlich schwierig.
Ich denke in dem Zusammenhang sofort an "Brainburners" von Deadlands Hell on Earth, in dem sehr explizit gesagt wurde, dass Psioniker alle aus militärischen Sonderprogrammen kommen und man die sonstigen Fertigkeiten abseits der Psionik gefälligst (auch) entsprechend auszurichten habe.
Freilich könnte man auch da einen Charakter mit entsprechenden Nachteilen, ungünstiger Attributzuweisung etc. in die Nutzlosigkeit basteln, aber das ist dann eben volle Absicht oder totale Unfähigkeit. Machste nix.

Zweitens fällt mir kein System ein, in dem der Charakter zufällig erwürfelt wird und gleichzeitig ein absoluter Nichtkämpfer rauskommen kann.

Warhammer Fantasy.

Das kokettiert dann auch in vielen Editionen mit einer gewissen "Friss oder und stirb"-Mentalität...in der Spielpraxis gibt es dann aber mehrheitlich sehr verschiedene Starts und nach hinten raus durchlaufen alle mehr oder weniger die selben "must have"-Karrieren bzw. wechseln in brauchbarere Karrieren und schleppen ihre Startfertigkeiten nur noch als Wurmfortsatz mit sich.


Und was die selektive Regelnutzung angeht. Ich spiele  bei 5e gerne Kämpfer, da sind weite Teile der Magieregeln auch irrelevant für mich. Bei DSA und Shadowrun ist dieser Effekt noch stärker. Gerade bei komplexeren Systemen nutzt man für seinen einen SC doch eh meist nur einen Bruchteil der angebotenen Regeln.

Bei Magie oder Decking/Hacking betrifft einen aber meist nur das Ergebnis und das oft nur bedingt.
Kampf betrifft alle Anwesenden direkt und unmittelbar. Da gibt es kein vergleichbares "hab ich nix mit am Hut" wie beim Magier.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Radulf St. Germain am 28.03.2025 | 20:00
Zweitens fällt mir kein System ein, in dem der Charakter zufällig erwürfelt wird und gleichzeitig ein absoluter Nichtkämpfer rauskommen kann. Gibt es da Beispiele für? Alles was mir einfällt sind Kaufsysteme, aber meine Übersicht ist sicherlich begrenzt.

Imperium Maledictum. Hmm, ist das ein Warhammerproblem?  ;D
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Ma tetz am 28.03.2025 | 20:25
Also zumindest bei Warhammer 4 kriegt man ja nur ein paar läppische Bonus-EP, wenn man die Karriere auswürfelt. Finde ich jetzt also nicht so ein überzeugendes Beispiel.

Mir ging es vor allem darum, dass man als Spieler nie alle Regeln braucht bzw. immer einen Teil links liegen lässt.
Und btw mein Magier hat im letzten Drittel der Borbaradkampagne eigentlich keine Attacken oder Paraden gewürfelt. Er hatte auch keine Kampfsonderfertigkeiten, also hatte ich mit dem ganzen Kampfregelbums eigentlich nix zu tun. Ich habe 1-2 Zauber geworfen und dann war gut. Spaß und Spannung hatte ich trotzdem. Meine Glanzpunkte lagen aber eben eher außerhalb Kampfes. War o.k. für mich.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Galatea am 28.03.2025 | 20:46
Weder Bug noch Feature, einfach Fehldesign.
Das sieht mir immer so ein bisschen aus nach "D&D ist ein reines Kampfsystem, da geht's doch nur ums Monster totschlagen, plündern und brandschatzen" "nein, man KANN auch einen Nichtkämpfer bauen" - ja klar kann man das, ob der im Kontext des Settings und Regelsystems Sinn macht ist aber halt die Frage (Utility-Magier definitiv, andere Konzepte oft eher weniger).

Gerade beim klassischen EDO-Fäntelaltersetting machen einige Charakterkonzepte halt auch schon mit der Logik des Settings selbst als "Abenteurer" schlicht keinen Sinn (unabhängig ob man sie jetzt bauen kann oder nicht).
Wenn man nicht gerade auf einer Expedition zur Bergung uralter (und potentiell gefährlicher) Relikte unterwegs ist, warum genau soll man den Archäologie-Bücherwurm mitschleppen, der von jedem zufällig dahergelaufenen Goblin an den nächsten Baum tapeziert wird? Wenn das im Setting eine ansatzweise gefragte Aufgabe ist, gibt es doch sicher eine Indiana Jones Klasse, der Bücherwurm darf sich die Artefakte dann später gerne in seinem Keller anschauen so lange er will, nachdem Indy und seine Abenteurertruppe die Belohnung abkassiert haben.

Fäntelaltersettings sind aber nicht die einzigen, die in solche Probleme rennen - die D20-Variante von Starship Troopers hat zwei Klassen (Funker und Mechaniker), die auf ihre jeweils individuelle Art einfach überhaupt keinen Sinn machen und den Eindruck vermitteln, dass sie einfach nur da sind, weil eine grobe Variante dieses Jobs in einem Trupp existiert, aber die Designer keine Ahnung hatten was sie damit anfangen sollten oder wie man sowas interessant macht.
Beide dieser Klassen können halbwegs akzeptabel kämpfen, was jetzt keinen großen Aussagewert hat, weil ALLE Klassen in diesem Setting grundlegend kämpfen können (und von der Settingslogik her auch das Wartungspersonal und der Typ der dem Admiral seinen Kaffee holt) - würde man Fäntelaltermaßstäbe anlegen, wären das Quasi-Nichtkämpfer bzw. Amateure. Ihre Klassenfeats rangieren von komplett nutzlos (v.a. beim Funker) bis eher situativ.
Der Mechaniker kann nützlich sein wenn man mit Fahrzeugen unterwegs ist, der Funker ist schlicht sinnfrei - persönlich finde ich den sogar noch schlimmer als den Bücherwurm, der einem wenigstens sagen kann, von welchem primordialen Monster die Gruppe gerade gefressen wird.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Feuersänger am 28.03.2025 | 22:29
Starship Troopers, das ist jetzt interessant: das wurde ja iirc von Mongoose Publishing gemacht, die auch Conan D20 (und andere Franchises) im Portfolio hatten. Ob jetzt überall die gleichen Autoren weiss ich nicht, aber würde einiges erklären, weil das Muster da ähnlich war. Bei Conan gibt es halt so ungefähr 10 Klassen, aber im Prinzip ist alles außer Barbar, Dieb und Gelehrtem so notwendig wie ein Kropf. Der "Funker" des Systems ist dann wohl der "Noble", halt eine Face-Klasse, aber weiss nicht ob den jemals irgendjemand gespielt hat.
(Pikantes Detail am Rande, gerade wollte ich meine Erinnerung wieder auffrischen, und da lese ich, dass der Noble quasi Zeile für Zeile aus Fading Suns D20 geklaut wurde.)

Also bei Conan habe ich das damals so intepretiert: die Autoren wollten halt vor allem den Spirit der Conan-Geschichten einfangen. (Immerhin war das Material wirklich mehr an Howards Originalen orientiert als zB an den Filmen) Die Balance war ihnen herzlich egal; wichtig war dass der Barbar am stärksten reinhaut. Die anderen Klassen (Borderer, Pirate etc) waren halt als Sidekicks und NSCs geeignet, aber nicht als vollwertige SCs neben dem Barb.
Titel: Re: Systeme mit viel Kampfregeln und Nichtkämpferklassen - Bug oder Feature?
Beitrag von: Galatea am 28.03.2025 | 23:45
Das wäre toll, wenn der Funker eine Face-Klasse gewesen wäre, dann hätte man mit dem wenigstens was anfangen können.
Seine Klassenfeats lassen sich zusammenfassen mit "Ich kann funken. Siehst du diese Wolke da am Himmel? Wenn der ganze Himmel voll davon ist, kann ich immer noch funken. Wenn ein Sturm kommt kann ich immer noch funken. Wenn der Feind Störsender ins Feld bringt kann ich immer noch funken. Hab ich schon erwähnt, dass ich funken kann?". Oh, er kann auch als Squad Leader agieren, wenn alle Offiziere tot sind - was in der Spielpraxis aber keine Sau interessiert.
Wir haben den, als wir das Setting in ein anderes Regelwerk portiert haben, in einen Hacker-Drohnenoperator-Feuereinweiser-Mix umgebaut (genauer gesagt haben wir das komplette Klassensystem abgesägt und das ganze in modulare frei wähl- und kombinierbare Talentbäume umgearbeitet) - im direkten Kampf selbst immer noch eher meh, aber ungeheuer nützliche Supportfähigkeiten.

Beim Mechaniker/Pionier haben wir nicht mal wirklich viel ändern müssen - da hat es schon gereicht, die ganzen Klassenfeats in frei wählbare Module umzuwandeln und durch die Kombination mit Sachen aus anderen "Klassen" kann man da direkt sehr brauchbare Gesamtpakete zusammenbekommen (Heavy Weapons Specialist, Marauder Pilot und Neodog Handler sind hervorrangende Ergänzungen, auch eine Kombination mit dem überarbeiteten Funker macht sich sehr gut, vor allem wenn man sich auf den Drohnen-/UAV-Aspekt konzentriert).

Dasselbe trifft auf den Medic zu, der ist halt einfach ein Healer mit SciFi-Anstrich (inklusive Revive) - als Monoklasse kotzlangweilig, wenn man es mit Zeug von anderen Klassen kombinieren kann sehr interessant. In unserer ersten Gruppe hatte die Medic den Flammenwerfer (weil man dafür in beiden verwendeten Regelwerken keinen Trefferwurf machen muss), das war lustig. Die hatte ihre ganzen XP in Mobilitäts- und Ausweich-Feats gepackt und an Kampffähigkeiten wirklich nur das Pflichtminimum. Das ist auch ne Möglichkeit eine quasi-nichtkämpfende Supportklasse in einer Kämpfergruppe zu spielen - einfach eine Waffe nehmen, bei der Kampfwerte praktisch keine Rolle spielen.

Was sich die Schreiber bei Starship Troopers D20 und seinen Klassen konkret gedacht haben, kann ich nicht sagen - aber D&D mit Massengegnern ist doch schon von vornherein cursed by design.

Oh, und im UCF-Quellenbuch gibt es das Unnötigste vom Unnötigen (weil es ja ein unumstößliches Naturgesetz ist, dass jedes D&D-Supplement mindestens ein halbes Dutzend neuer Klassen beinhaltet) - die Civilian-Klasse ;D ;D ::) ::) ::).
Das ist ungefähr so, wie wenn man in D&D eine Gemüsebauer- oder Schafhirtenklasse hätte. Unnötiger geht's echt nicht mehr.