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Pen & Paper - Spielsysteme => Weitere Pen & Paper Systeme => Thema gestartet von: /dev/null am 3.11.2004 | 14:40

Titel: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 3.11.2004 | 14:40
Vorab: Ich mag Dogs - sehr sogar.
Was mir aber beim ersten Lesen auffiel war die Handhabung sozialer Konflikte.

Da wahrscheinlich nicht viele das System kennen: Je nach Konfliktsituation werden Würfelpools genommen, die sich aus den verschiednen Fähigkeiten, Eigenschaften, Beziehungen und was weiß ich was in dem Konflikt eine Rolle spielt, zusammensetzen.
Dieser Konflikt wird dann aufeinander aufbauend ausgespielt, wobei Würfel wie Pokeraktionen benutzt werden.

Für jede Aktion muss man mit Würfeln erhöhen, der Gegner muss mit seinen Würfeln sehen. Anschließend kann er wiederum erhöen und eine Gegenaktion starten. Die Anzahl der benötigten Würfel bestimmt die Art des Reaktion und die Folgen. Je mehr Würfel gebraucht werden um eine gegnerische Aktion zu sehen, desto fieser der Ausgang.
Wer keine Würfel mehr hat hat den Konflikt automatisch verloren.

Eigentlich ein sehr schönes System. Irgendwann dachte ich mir, aber das es komisch ist in sozialen Konflikten. Ich bin es von meinen Spielrunden gewohnt physische Sachen zu simulieren und soziale wo möglich auszuspielen.
Bei Dogs wird beides sehr schön kombiniert, aber wenn die Würfel weg sind ist der Konflikt vorbei. Unabhängig davon, ob man noch gute Argumente im Ärmel hat oder nicht. Okay, im Zweifelsfalle kann man Konflikte immer noch eskalieren lassen, d.h. man nimmt  die Fäuste oder den Revolver zu hilfe...

Zuerst sah ich die beschränkte Würfelzahl bei sozialen Konflikten als Nachteil, bin mir aber immer weniger sicher. Dann bestimmen eben mal die Würfel, wann einem die Worte im Halse stecken bleiben oder wann ein Argument eines Gegners einen richtig mitnimmt. Ist das noch jemandem aufgefallen oder gibt es andere Systeme, wo es so läuft?
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Ein am 3.11.2004 | 14:48
Also für mich klingt das nach einer sehr netten Idee. Ich selbst bin aber auch dafür soziale Konflikte ebenso wie andere Konflikte mit Regelmechanismen zu hinterlegen.
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.11.2004 | 14:58
ch bin es von meinen Spielrunden gewohnt physische Sachen zu simulieren und soziale wo möglich auszuspielen.
Das ist wohl in den meisten Runden so. Finde ich allerdings problematisch, weil man dann den wortgewandteren Spielern große Vorteile verschafft. Deswegen bin ich für Regeln bei Sozialen Konflikten. Ich würde nicht mehr ohne spielen wollen.

Zitat
Ist das noch jemandem aufgefallen oder gibt es andere Systeme, wo es so läuft?
Es gibt eine ganze Menge Forge-Systeme, bei denen das so läuft: z.B. PtA und Trollbabe. bestes Beispile ist aber IMO HeroQuest. Da gibt es die gleichen Konfliktregeln für alle Konflikte. Und bei Sozialen Konflikten entfaltet es erst so richtig seine Wirkung!

Dogs hat das auch schön umgesetzt, wobei für mich der Knackpunkt bei Dogs die Möglichkeit des Eskalierens ist. Das ist wunderbar und meines Wissens nach bisher noch nirgendwo so gut umgesetzt. Bin stark versucht, diese Idee zu klauen... :)
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: ragnar am 3.11.2004 | 15:12
Ich weis nicht ob ich deine Erklärung vollständig verstanden habe, aber Dying Earth scheint ein ähnliches system zu haben(ähnlich darin das man Soziale Konflikte mit einem Pool an Würfeln und guten Argumenten auskämpft).

EDIT: Das findet man auch in den Quickstart-Regeln: http://www.dyingearth.com/qsrules.htm
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Schwules Lesbenpony am 3.11.2004 | 17:51
Ich hab DiV bisher weder gelesen noch gespielt, auch wenn es mich, von dem was ich bisher gehört habe, sehr reizt.

Die allgemein übliche Vorgehensweise in 'klassischen' Rollenspielsystemen fast nur physische Konflikte durch Regelmechanismen abzubilden oder diese als 'wichtiger' darzustellen oder aber besondere Regelmechanismen für physische Konflikte anzubieten, halte ich für ein altes Erbe der Konfliktsimulationsspiele bzw. WarGames.
Wenn man aber Spiele spielt, die mindestens genauso viel Wert (wenn nicht mehr) auf soziale Interaktionen oder handwerkliches Tun der Charaktere legen, wie auf physische Aktionen, dann sollten diese Spiele IMO genauso Regelmechanismen für alle Arten von Konflikten anbieten.
Die 'Beschränkung' der Konflktisituation, wie Du sie beschreibst, finde ich auch gar nicht schlimm. Die Regeln sollen ja nicht meine Realität regeln, sondern die meines Charakters. Dass ich vielleicht noch tolle Argumente als Spielerin habe, ändert nix daran, dass mein Charakter oder die Spielsituation nicht mehr viel bietet. Ich würde ja auch nicht in einem RPG-Kampf verlieren wollen, nur weil der Kerl, der neben mir sitzt, ein breiteres Kreuz hat ;).

Fredi hat schon die besten Beispiele gebracht, also einfach mal in der Forge nachschauen.
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: 1of3 am 4.11.2004 | 08:01
Unabhängig von dem Thema: Hat jemand ne Beschreibung von dem Spiel. Hab ich nämlich noch nie gehört.
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 4.11.2004 | 09:42
Sorry, für ein review fehlt mir momentan die Zeit, kann es aber nachliefern. Erstmal:

Homepage:
http://www.septemberquestion.org/lumpley/dogs.html

rpg.net-Reviews:
http://www.rpg.net/reviews/archive/10/10709.phtml
http://www.rpg.net/reviews/archive/10/10742.phtml
http://www.rpg.net/reviews/archive/10/10795.phtml

oder das passende Forge-Forum:
http://www.indie-rpgs.com/viewforum.php?f=44

Ist übrigens von dem Typen, der "Kill puppies for Satan" geschrieben hat, nettes detail ;)
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 4.11.2004 | 09:46
Die allgemein übliche Vorgehensweise in 'klassischen' Rollenspielsystemen fast nur physische Konflikte durch Regelmechanismen abzubilden oder diese als 'wichtiger' darzustellen oder aber besondere Regelmechanismen für physische Konflikte anzubieten, halte ich für ein altes Erbe der Konfliktsimulationsspiele bzw. WarGames.
Wenn man aber Spiele spielt, die mindestens genauso viel Wert (wenn nicht mehr) auf soziale Interaktionen oder handwerkliches Tun der Charaktere legen, wie auf physische Aktionen, dann sollten diese Spiele IMO genauso Regelmechanismen für alle Arten von Konflikten anbieten.
Aulegungssache ;). Von diesem Ausgangspunkt kann man auch einen Schritt in eine andere Richtung machen. Statt soziales zu regelementieren einfach das physische dereglementieren. Na gut, machen viele Systeme ja schon....

Zitat
Die 'Beschränkung' der Konflktisituation, wie Du sie beschreibst, finde ich auch gar nicht schlimm. Die Regeln sollen ja nicht meine Realität regeln, sondern die meines Charakters. Dass ich vielleicht noch tolle Argumente als Spielerin habe, ändert nix daran, dass mein Charakter oder die Spielsituation nicht mehr viel bietet. Ich würde ja auch nicht in einem RPG-Kampf verlieren wollen, nur weil der Kerl, der neben mir sitzt, ein breiteres Kreuz hat ;).
Darauf wollte ich mit dem Thema hinaus. Ich mag die Umsetzung mittlerweile sehr gerne.

Zitat
Fredi hat schon die besten Beispiele gebracht, also einfach mal in der Forge nachschauen.
Ne, Forge lese ich ungern, da werde ich immer so schnell müde ;)...
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Miriamele am 4.11.2004 | 18:56
Hm, ich habe so was ja noch nie gespielt, aber wenn ich es richtig verstehe: Es wird doch offen gewürfelt, oder etwa nicht? Also kann ich als Spielerin ja schon absehen, wie viele Würfel da noch liegen. Also sollte ich einfach zusehen, dass ich mein bestes Argument auch anbringe, ehe der Konflikt vorbei ist. Oder?

Ich kann mir das Ganze zwar recht schwer vorstellen, ohne es ausprobiert zu haben, aber es klingt... faszinierend. ;)

Edit: P.S.: Schade, dass die Thematik des Spiels so ultra-öde ist, sonst würde ich glatt mal überlegen, es mir zu bestellen... ::)
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 5.11.2004 | 11:26
Ja, es wird offen gewürfelt, aber das heißt nicht, dass man immer direkt den Augang sieht. Okay, oft wird offensichtlich sein, wer den Kürzeren zieht, aber dazu gibt es ja noch die Möglichkeit der Eskalation.
Aber es ist auch immer eine Frage, wieviele Punkte der agierende jetzt bietet und wie der Gegner kontert, ob er Konsequenzen riskiert um bessere Würfel zurückzuhalten, etc..

Also ganz so einfach ist es nicht, außerdem ist ja der Weg das Ziel, nämlich die Story, die sich aus den Würfeln ergibt, nicht unbedingt den letzten übrig zu haben
Das Setting finde ich nicht unbedingt Ultra-öde und durch den ja immer beliebteren Aufbau ähnlich einer Fernsehserie (1 Sitzung = 1 Folge, danach auf zur nächsten Stadt) gibt es auch immer was neues.
Aber es spricht nichts dagegen, das System anderweitig zu verwenden, man muss nichtmal was ändern...
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Miriamele am 9.11.2004 | 22:25
Hm tja, ich bin was religiöse Thematiken angeht familiär vorbelastet... Meine Eltern sind beide sehr religiös und ich so gar nicht, bin froh, das endlich hinter mir zu haben... ::)

Außerdem, auch wenn es vielleicht ungerechtfertigt ist: Wenn ein Amerikaner ein Rollenspiel macht, in dem "gute" Christenmenschen der "bösen" Sünde Einhalt gebieten, dann denke ich einfach automatisch an abgeschmackte, ignorante Dick-Cheney-Moral. Kann nix dafür. ;)
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Gorath am 9.11.2004 | 22:34
  :o  :o  :o  :o  :o
 
Dick Chaney! Na das ma passend!  ;D
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Fredi der Elch am 10.11.2004 | 12:12
Außerdem, auch wenn es vielleicht ungerechtfertigt ist: Wenn ein Amerikaner ein Rollenspiel macht, in dem "gute" Christenmenschen der "bösen" Sünde Einhalt gebieten, dann denke ich einfach automatisch an abgeschmackte, ignorante Dick-Cheney-Moral. Kann nix dafür. ;)
Muhahahaha!!!  ;D Da liegst du mit deiner Einschätzung sowas von daneben! Der Typ hat (wie schon erwähnt) ein Spiel geschrieben, das "Kill Puppies for Satan" heißt. Also übermäßige oder verbohrte Religiosität ist das letzte, was ich ihm vorwerfen würde.
Und zur Thematik: es geht ja gerade darum, was jemand, der meint die Wahrheit gepachtet zu haben, macht. Wie reagieren die Charaktere in verschiedenen Situationen? Wer geht noch als Sünder durch und wer nicht? Haben wir nicht alle schon mal gelogen usw.? Also das Thema finde ich richtig gut (ok, nur mein Geschmack). Mir liegt eher dieses Wild-West-Setting nicht so...
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 10.11.2004 | 13:35
Ich sehe es als einen wichtigen Aspekt der Story an, dem Charakter, der zu Beginn der Geschichte noch wirklich an dieses schwarz-weiß glaubt, zu zeigen, dass es eben nicht so einfach ist.

Manche Sünden haben eben Auswirkungen, die nicht so einfach auszuradieren sind, oder wo man sich genau überlegen muss, welche Schritte mit welchen Begleiterscheinungen jetzt wie gerechtfertigt sind. Es geht ja nicht darum, mit einer gesegneten Schrotflinte böse Sünder platt zu machen, sondern Probleme zu lösen...

Ich denke der Hintergrund bietet eine sehr interessante moralische Seite.

Die Schreibweise des Spiels hat auch nichts mit Religiosität zu tun, es ist ein Teil des Hintergrundes, nicht mehr, vor allem aber auch nicht weniger, es perdigt auf keinen Fall.
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Fredi der Elch am 10.11.2004 | 13:49
Ich sehe es als einen wichtigen Aspekt der Story an, dem Charakter, der zu Beginn der Geschichte noch wirklich an dieses schwarz-weiß glaubt, zu zeigen, dass es eben nicht so einfach ist.
Neph hat es genau getroffen (und besser formuliert als ich): Das ist der Kern. Also eigentlich einen am Anfang "streng gläubigen" Charakter im Kontakt mit der Realität zu "normaliesieren". Oder so ähnlich.
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: /dev/null am 10.11.2004 | 14:01
Wo gestern abend zwischen mir und Caynreth das Thema aufkam noch schnell ein Hinweis:

Dogs hat was, was nur wenige Rollenspiele hinkriegen: verdammt gute Beispiele.

Da werden Sachen vorgestellt, auf die ich im Leben nicht gekommen wäre und die erstklassig zeigen, was aus Regeln und gerade Setting rauszuholen ist, wenn man sich ein paar Gedanken macht...
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Miriamele am 12.11.2004 | 19:30
Okay, also kein Dick Cheney. Hm, trotzdem springt bei mir der Funke nicht so richtig über. Irgendwie ist mir das Ganze einfach zu viel Moral, egal ob abgeschmackt oder nicht. Meinen Charakter mal vor ein echtes Dilemma zu stellen, ist interessant. Ihn jedes Mal davor zu stellen, finde ich eher anstrengend... Aber ich glaube, ich mülle den Thread zu... ;D *duckundweg*
Titel: Re: [Dogs in the Vineyard] Soziale Konflikte
Beitrag von: Gorath am 12.11.2004 | 21:12
Naja es gibt halt immer pro und contra egal zu welchem Thema. Und wenn dir das Spielsystem nicht so liegt bzw. zusagt is das ja kein Weltuntergang. Ich persönlich finds mal ne interessante Idee!  :d