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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Beral am 8.07.2008 | 22:31

Titel: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 8.07.2008 | 22:31
Ich lagere eine Teilfrage aus dem 3-Ebenen-Modell-Thread raus, weil es dabei nur um die Definition eines Begriffs gehen soll. Hoffentlich haben wir am Ende etwas knackiges, eindeutiges, von allen akzeptiertes, mit dem wir ohne Missverständnisse arbeiten können.

Was also ist die Spielwelt?

Ich beginne mit einem Beispiel: Aventurien ist eine Spielwelt. (Ich vermute an dieser Stelle: Diese "Definition" über ein einziges Beispiel, die keine wirkliche Definition ist, könnte verständlicher sein als alle Definitionsversuche. Könnte.)

Was ist aber nun die passende Beschreibung dessen, was Aventurien ist?
Da mir keine griffige Definition einfällt, versuche ich eine erste Eingrenzung.

- Die Spielwelt ist nicht SIS.
- Mehr oder weniger das gleiche wie Spielwelt beschreibt der Begriff "Hintergrund". Von dem ist mir in der Rollenspieltheorie aber auch keine exakte, allgemein akzeptierte Definition bekannt, so dass ich im Moment nur vermuten kann, dass es große Überschneidungen gibt.
- Von manchen wird synonym der Begriff "Fiktion" verwendet. Auch hier weiss ich nicht, was damit gemeint sein kann und ob die Überschneidung eine komplette ist.
- Charaktere (auch die der Spieler) sind Teil der Spielwelt.
- Die Spielwelt ist in sich abgeschlossen.
- Die Spielwelt ist beliebig veränderbar.
- Eine Spielwelt kann unterschiedlich detailliert ausgearbeitet sein. In einem Extremfall ist sie zu Beginn des Spiels überhaupt nicht vorhanden und wird erst im Spielverlauf kreiert. Das andere Ende der Skala ist offen. Die Menge der Information über eine Spielwelt kann prinzipiell so riesig sein, dass ein Spieler die niedergeschriebene Information in seinem Leben nicht durchlesen kann, weil die Lebenszeit des Spielers zu kurz dafür ist.

Vereinfachen wir die Ausgangsfrage und streichen aus der "Spielwelt" das "Spiel". Was ist unsere reale Welt?
Schnell bei Wiki geschaut... keine einheitliche Definition.
Immerhin beruhigend, dass wir mit unseren Definitionsproblemen nicht allein dastehen. ;)

Aber das soll uns nicht entmutigen.

SpiegelWissen-Lexikon spuckt folgende Definitionen aus:
"im allgemeinen Sprachgebrauch der Lebensraum, die Lebensgemeinschaft der Menschen; in der Philosophie die Gesamtheit aller existierenden Dinge; in religiöser Bedeutung die von Gott oder den Göttern als Einheit vollzogene Schöpfung."

Von der allgemeinen Definition ausgehend könnte man die Spielwelt als den Lebensraum, die Lebensgemeinschaft der Charaktere beschreiben.

Meinungen?
Vorschläge?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Joe Dizzy am 8.07.2008 | 22:39
- Die Spielwelt ist in sich abgeschlossen.
- Die Spielwelt ist beliebig veränderbar.

Das scheint mir ein ziemlich offensichtlicher Widerspruch zu sein. Aber da diese Punkte direkt aufeinander folgen, vermute ich mal dass du eine solche Beobachtung aus den Lesern herauslocken wolltest. Darum...

Was genau meinst du mit "abgeschlossen" und "veränderbar"?

Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 8.07.2008 | 22:40
Zunächst, bevor ich wieder in die falsche Richtung losziehe, zwei Fragen:

- Die Spielwelt ist nicht SIS.
Ist sie grundsätzlich mehr, weniger als der gemeinsame Vorstellungsraum oder oder sind beide teilweilse überlappend?

- Die Spielwelt ist beliebig veränderbar.
Auch, wenn ein geschriebener Hintergrund exisitert, auf dessen Konstanz man sich geeinigt hat?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 8.07.2008 | 23:06
Ich würde sagen, die Spielwelt ist im Prinzip eine virtuelle Realität.
Sie ist wie die reale Welt mit dem Unterschied, dass wir sie erdacht haben. Ansonsten beinhaltet sie aber auch alles, was die reale Welt beinhaltet. (Also Menschen, Planeten, Ereignisse, eine eigene Geschichte etc.)

Auch, wenn ein geschriebener Hintergrund existiert, auf dessen Konstanz man sich geeinigt hat?
Er hat ja geschrieben: Die Charaktere sind Teil der Spielwelt.
Charaktere können sich verändern. (Zumindest in den meisten Systemen.)
Damit verändert sich also ein Teil der Spielwelt.
Damit verändert sich aber auch die Spielwelt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Arkam am 8.07.2008 | 23:07
Hallo zusammen,

am Anfang waren Spielwelten nichts anderes als eine geographische verortung der einzelnen Spielbestandteile.
Diese Spielbestandteile können geographisch sehr umfassend sein etwa eine Wüste oder ein Dschungel oder recht übersichtlich wie eine Stadt oder ein Dungeon.

Von da aus würde ich sagen das die Spielwelt eigentlich größer ist als der gemeinsame Vorstellungsraum. Da in diesem ja komplette Teile ausgeblendet werden können.
In den bespielten Teilen der Spielwelt sollten gemeinsamer Vorstellungsraum und Spielwelt übereinstimmen.

Ich möchte Mal behaupten eine Spielwelt ist fraktal. Das heißt man kann sie mit einer entsprechend feinen Auflösung immer umfangreicher machen.
Ich beginne mit einem Planet der einen oder mehreren Kontinenten hat, gehe über zu grundlegenden Landschaftsformen wie Wüste, Wald, Dschungel aber eben auch Besiedlungen als künstliche Landschaftsform. Dann kann ich eine spezifische Landschaftsform herausgreifen mir etwa Dschungel als Schwerpunkt setzen. Dann kann ich einen spezifischen Dschungel wählen also etwa den Dschungel des Grauens an der Südküste. Dann kann ich diese spezifische Landschaftsform noch weiter differenzieren. Die übergeordnete spezifische Landschaftsform kann noch Sublandschaftsformen wie Flüsse, Dörfer, Lichtungen und Städte enthalten. Diese wiederum können noch weiter differenziert werden indem man etwa ein Handout mit einer Grafik oder einen Stadtplan erstellt. Dann kann ich noch einzelne Pflanzen, Tiere oder kulturschaffende Rassen verteilen.
Das ganze kann man antürlich auch noch zeitlich ausdehnen. Geben die Regeln Zeitreisen her kann ich die Spielwelt also nicht nur bei enger werdenden Raum im Detailgrad ausweiten sondern die Spielwelt auch zeitlich vergrößern ohne sie zu ändern.

Eine andere Möglichkeit die Spielwelt zu vergrößern ist ist ein paar übergeordnete Ebenen zu überspringen und dann zunächst nur einen Kontinent als Spielwelt zu wählen, Aventurien als Bestandteil von Dere etwa oder gar nur einen spezifische Landschaftsform, etwa Hârn als Insel zu wählen. Will ich die Spielwelt vergrößern kann ich jetzt noch die übergeordneten Ebenen hinzufügen.
Auch schnelle Reisemöglichkeiten können eine Spielwelt vergrößern. Bei SF Systemen etwa passiert se schnell das nicht ein oder mehrere Kontinente sondern mehrere Planeten die grundlegende Spielwelt bilden.

Gruß Jochen
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 8.07.2008 | 23:23
Abgeschlossen ist falsch. Ich habe doch selbst ein Beispiel dafür gebracht, dass eine Spielwelt zu Spielbeginn bei 0 anfangen kann.  ::)
Vergessen wir den Punkt.

Veränderbar heißt, dass die Gesetzmäßigkeiten verändert werden können. Wenn die Spieler irgendwann beschließen, dass es total doof ist, wenn Orks stärker als Menschen sind und dass es umgekehrt sein soll, haben sie die Spielwelt verändert.
Veränderbar ist die Spielwelt natürlich auch im Rahmen der Gesetzmäßigkeiten der Spielwelt. Wenn der Herbst kommt, fallen die Blätter von den Bäumen ab. Diese Veränderungen meinte ich nicht.

Ist sie grundsätzlich mehr, weniger als der gemeinsame Vorstellungsraum oder oder sind beide teilweilse überlappend?
SIS ist weniger als die Spielwelt. Es ist nur ein Ausschnitt. Weniger als ein Spieler am Stück von der Spielwelt erfassen kann (am Beispiel Aventurien).
Oder auch nicht. Wenn die Spielwelt gerade geschaffen wird, kann sie komplett im SIS enthalten sein.
Kommt also auf die Spielwelt an. Jedenfalls ist das nicht pauschal gleichzusetzen.

Auch, wenn ein geschriebener Hintergrund exisitert, auf dessen Konstanz man sich geeinigt hat?
Man kann sich jederzeit darauf einigen, die Spielwelt doch zu verändern.

Aber ich meine die Punkte nicht als Definitionen, sondern als erste Überlegungen, die mir spontan einfielen. Ihr dürft da gerne anderer Meinung sein.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 9.07.2008 | 00:08
Er hat ja geschrieben: Die Charaktere sind Teil der Spielwelt.
Ich meinte den Welthintergrund, also z.B. die Lage von Meeren und Gebirgen. Die ändern sich doch eher selten.

Man kann sich jederzeit darauf einigen, die Spielwelt doch zu verändern.
Aber die schriftliche Ausarbeitung dürfte die "Beliebigkeit" trotzdem einschränkten... hätte ich vermutet.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Crimson King am 9.07.2008 | 00:12
Wo liegt denn der Unterschied zwischen Spielwelt und Setting?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 00:20
Aber die schriftliche Ausarbeitung dürfte die "Beliebigkeit" trotzdem einschränkten... hätte ich vermutet.
Klar, wenn man sagt, man möchte im offiziellen Aventurien spielen, dann richtet man sich nach der schriftlichen Ausarbeitung.
Aber die Gruppe kann ja jederzeit bestimmen, dass das offizielle Aventurien blöd ist und man ein paar Sachen ändern möchte. - Sozusagen ein Hausaventurien erschafft.

Wo liegt denn der Unterschied zwischen Spielwelt und Setting?
Also Setting ist ja sogar gruppenübergreifend.

Wenn wir zum Beispiel zwei Gruppen haben, die beide das offizielle DSA ohne Hausregeln spielen, dann spielen beide das selbe Setting.
Aber in Gruppe A ist Alrik, der Krieger, der 1. Gezeichnete und in Gruppe B ist Borosch, der Zwerg, der 1. Gezeichnete.
Das heißt, die Spielwelt unterscheidet sich.

Setting ist eher das Grobe: Das, was man auch in Geschichtsbüchern oder auf Karten nachschlagen kann.
Spielwelt beinhaltet zusätzlich noch die ganzen Details, wie, dass Alrik der Krieger seine Frau zu Hause zurücklassen musste und drei Kinder hat. - Oder dass Alrik der Krieger einer der Seefahrer war, der Phileasson auf seiner Reise begleitet hat.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 00:22
Aber die schriftliche Ausarbeitung dürfte die "Beliebigkeit" trotzdem einschränkten... hätte ich vermutet.
Tut sie auch. Schützt aber nicht generell vor Veränderung.

Wo liegt denn der Unterschied zwischen Spielwelt und Setting?
Gute Frage. Was ist denn Setting genau?

Edit:
Setting als Einstiegsangebot einer Spielwelt und Spielwelt als individuelle Ausgestaltung eines Settings?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 9.07.2008 | 00:41
Mein Vorschlag wäre: Die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass sie durch die Spielerchraktere veränderbar sind.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 00:51
@ Beral
Ich würde den Unterschied zwischen Setting und Spielwelt eher wie folgt vorschlagen:
Setting ist das grobe Baugerüst.
Spielwelt beinhaltet das Setting und beinhaltet dann zusätzlich noch die ganzen Details.

SCs sollten imho zwar Teil der Spielwelt, aber nicht Teil des Settings sein. (Es sei denn, man spielt eine Kampagne mit sehr hohem Powerniveau, in der die SCs durchaus Berühmtheiten auf der Welt sind.)

@ Turning Wheel
Imho sollte man ein und die gleiche Spielwelt mit unterschiedlichen Regeln spielen können.
So ist DSA z.B. KEINE Spielwelt.

Aventurien ist aber eine Spielwelt.

Und jetzt kann sich die Gruppe aussuchen, ob sie mit Gurps, D20 oder DSA auf dieser Spielwelt namens Aventurien spielt. Oder ob sie lieber DitV oder Inspectres oder PtA Regeln verwendet. Dadurch ändere ich zwar die Regeln, aber nicht die Spielwelt. (Außer die intrinsischen Regeln sind nicht kompatibel. Dann ändere ich durch das Ändern der intrinsischen Regeln auch die Spielwelt. :))

@ Ebenezer_Arvigenius
Imho sollten die Götter oder irgendwelche übermächtigen Kaiser Teile der Spielwelt sein. Dass Aventurien ein Kontinent ist, auf dem Magie wirkt und der von zwei Ozeanen umgeben ist, ist imho ebenfalls Teil der Spielwelt.
Und all das ist nicht durch die Spielercharaktere veränderbar.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 9.07.2008 | 00:54
Auch auf die Gefahr hin, dass das Beispiel abgeritten ist, aber wenn für eine Spielwelt gilt, dass Sergeants keinen Kopftreffer bekomme können, dann ist das keineswegs etwas das die Charaktere ändern können, aber es ist die Spielwelt.
Ganz viele Dinge der Spielwelt sind nicht veränderbar.
Ich würde es eher andersrum formulieren: Alle Dinge, die theoretisch Einfluss auf die Charaktere nehmen können, sind die Spielwelt.

Hm, sicherlich berechtigt. Allerdings: da jede Regel, die im Zusammenhang mit einem Spiel geschaffen wird Auswirkungen in der Spielwelt zeigt, ist das aus meiner Sicht kein taugliches Abgrenzungsmerkmal.

Wenn die Charaktere mit der Regel nicht interagieren können, ist sie aus meiner Sicht nicht Teil der Spielwelt. Lediglich ihre Folgen existieren in der Spielwelt.

Anderes Beispiel: Daß Berge existieren ist ein reiner Konsens. Der einzelne Berg ist hingegen beeinflussbar und damit Spielwelt. Die Charaktere können mit (Spiel-)Göttern interagieren. "Verändern" setzt lediglich Einflußmöglichkeit voraus, nicht die Fähigkeit zur völligen Negation. Diese ist den Spielern vorbehalten.

Bsp.: Auch wenn die Spieler alle Kurzschwerter der Spielwelt vernichten, wird dadurch die Regel "in dieser Welt gibt es das Konzept Kurzschwert" nicht negiert. Es hat nur derzeit keinen "Spiegel". Die Charaktere können den Zustand jederzeit durch Neuschmieden verändern. Haben sich die Spieler aber darauf geeinigt, Kurzschwerter nicht zuzulassen, können sie in der Spielwelt auch nicht erschaffen werden.

Edit: Sorry, mit so schnellen Antworten hatte ich um diese Zeit nicht gerechnet.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 00:59
@ Turning Wheel
Hier sind wir wieder an den Punkt intrinsische Regeln angelangt.
Dazu habe ich dir ja geschrieben: (Außer die intrinsischen Regeln sind nicht kompatibel. Dann ändere ich durch das Ändern der intrinsischen Regeln auch die Spielwelt. :))

Aber ein Ändern der extrinsischen Regeln und ein Ändern der nicht-informativen Regeln, können an der Spielwelt nichts verändern. (Womit wir wieder den Bogen zum alten Thread geschlagen hätten.)

@ Ebenezer_Arvigenius
Tja, das ist halt die Frage: "Dass Berge existieren", ist sicherlich ein Konsens. Aber es ist imho ein Konsens, der die Spielwelt definiert.
Wenn die Gruppe sagt: "Berge sind doof. Wir spielen jetzt in einem Aventurien ohne Berge.", dann ändere ich dadurch massiv die Spielwelt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 9.07.2008 | 01:11
@ Ebenezer_Arvigenius
Tja, das ist halt die Frage: "Dass Berge existieren", ist sicherlich ein Konsens. Aber es ist imho ein Konsens, der die Spielwelt definiert.
Wenn die Gruppe sagt: "Berge sind doof. Wir spielen jetzt in einem Aventurien ohne Berge.", dann ändere ich dadurch massiv die Spielwelt.

Die Möglichkeit von Bergen ist eine reine Regelfrage (Spielerebene). Ob in der Welt dann auch tatsächlich Berge existieren ist dann  tatsächlich eine Settingfrage. Aber wie gesagt, die konkrete Geographie ist auch nach meiner Definition Teil der Spielwelt.

Zwischen beidem bestehen natürlich Bezüge. Diese sind aber einseitig:

Im Regelbereich verbotenes kommt in der Welt nicht vor - Regeln -> Spielwelt.
In der Spielwelt (derzeit) nicht vorkommendes, kann von den Spielfiguren eingeführt werden, wenn die Regeln nicht entgegenstehen (Kurzschwertbeispiel).
Die Spielfiguren können aber nicht die allgemeinen Regeln ändern (der Barbar kann nicht beschliessen, jetzt ein Raumschiff zu bauen - selbst, wenn die Materialien in der Spielwelt vorhanden wären, stünde der Konsens "Fantasywelt" dagegen).
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 01:53
@ Beral
Die Definition der Spielwelt dient in diesem Falle der Erklärung deines Modells. Dazu haben wir das Schaubild. Alles was wir über die Spielwelt wissen steht da drin, oder hat mit Eigenschaften des Modells zu tun, oder du sagst es uns hier. Das sollten also die Grundlagen sein die wir nutzen müssen um hier die Nützlichkeit verschiedener Diskussionen abzuwägen.

Aus diesem Grund musst du diese Diskussion aktiv leiten und weitere Informationen beitragen die mit dem Kontext des Modells zu tun haben. Wenn hier jeder erzählt was er für "Spielwelt" hält bringt das recht wenig, wenn das völlig unabhängig von deinen Zielen passiert. Dann hat das nichts mit Definitionen zu tun sondern ergibt bestenfalls ein Meinungsbild und Meinungen bringen hier nicht viel, da du uns schließlich was erklären willst.


Ich sage mal was ich über deine Vorgaben für eine Definition der Spielwelt ableiten kann:

Die Spielwelt ist in deinem Bild Teil der Spielrunde, also ist sie spezifisch für eine Konstellation von Spielern. Ist das korrekt?

Du sagst sie ist nicht SIS. Deine weiteren Aussagen interpretiere ich so, dass der SIS jederzeit einen Ausschnitt der Spielwelt enthalten kann. Er kann nichts anderes als Ausschnitte der Spielwelt enthalten (also nichts was nicht in der Spielwelt ist), und er kann auch die ganze Spielwelt enthalten, falls diese nur aus wenigen Informationen besteht.

In deinem Schaubild wird die Spielwelt über Regeln der Gruppe beeinflusst, ist das die einzige Möglichkeit wie die Spielwelt geprägt werden kann und wie hängt das mit dem SIS und dem Spiel(ablauf) zusammen?

Ansonsten ist das einzige was in deinem Bild in der Spielwelt zu finden ist die Menge der Gesetzmäßigkeiten der Spielwelt. Wie kommen die da rein und ist das alles was da ist?

Wenn das geklärt wird kann man daraus die Eigenschaften ableiten, die eine Definition von Spielwelt erfüllen muss um einen Nutzen für das Modell zu haben.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Arkam am 9.07.2008 | 02:56
Hallo zusammen,

zum Thema Spielwelt und Setting unterscheiden sich.
Wo die Spielwelt die geographischen Gegebenheiten umfaßt umfaßt das Setting .

Wo also die Spielwelt die Angabe hier ist eine Stadt enthält.
Enthält das Setting angaben darüber wer diese Stadt regiert, wie die Stadt aufgebaut ist, in welchem technischen Entwicklungsstand sich die Stadt befindet und anderere derartige Informationen.

Im Gegensatz zur Spielwelt ist das Setting in sehr weitem Rahmen durch die Spieler beeinflußbar.
Ich weiß dieser Unterschied verschwimmt bei modernen / SF Settings. Denn man sieht ja schon heute das menschliche Aktivitäten auch geographisch wahrnehmbar sind. Aber ich denke solche Aktivitäten sind eher selten ein Thema.

Gruß Jochen
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Crimson King am 9.07.2008 | 09:52
Tut sie auch. Schützt aber nicht generell vor Veränderung.
Gute Frage. Was ist denn Setting genau?

Edit:
Setting als Einstiegsangebot einer Spielwelt und Spielwelt als individuelle Ausgestaltung eines Settings?

Nach Forge letzteres, würde ich sagen.

Ich versuche mich mal:

Die Spielwelt ist die (im Allgemeinen fiktive) Realität, in der die von den Spielern übernommenen Personen sich bewegen.

Interessanter ist die Frage, woraus die Spielwelt besteht.

Die Spielwelt besteht aus allen Fakten, die durch implizites oder explizites Einverständnis aller Spieler über die fiktive Realität bekannt sind. Dabei meint implizites Einverständnis vor allem "wir spielen das Setting X, damit ist erstmal alles wahr, was im Settingbuch steht, bis es mittels explizitem Einverständnis aller durch neue Fakten ersetzt wird.

Damit ist die Spielwelt eine Obermenge des SIS. Der beinhaltet nämlich nur die für ins Spiel eingebrachten Fakten.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: reinecke am 9.07.2008 | 09:55
Setting und Spielwelt
Mit einem Setting ist immer auch ein FOKUS verbunden. Ich kann Aventurien dark&gritty spielen oder heroisch und strahlend. Zwei verschiedene Settings meiner Meinung nach, gleicher Hintergrund jedoch, unterschiedliche Spielwelt.

Hintergrund
Das was man nachlesen kann, was kodifiziert ist.

SIS
Was am Spieltisch entsteht, der "beleuchtete" Teil der Spielwelt, der zum Großteil im Dunkeln liegt, aber an sich lebendig ist.

Ich denke der Begriff der Spielwelt, so wie BERAL ihn erläutert, ist ähnlich mit mit dieser Vorstellung: Die Charaktere einer Geschichte leben auch dann weiter und sind eigenständige Wesen, wenn man das Buch zuklappt.
Der Held handelt auch dann und ist nicht "out of order", wenn man ein Kapitel liest, wo es um jemand anderen geht.

Die Spielwelt wird zwar von der "Umgebung" (um beim Modell zu bleiben) beeinflusst, ist aber auch von sich unabhängig. Sie "ragt" in die Umgebung hinein, in dem Maße, in dem die Spieler Einfluss auf sie nehmen. Sie ist aber viel größer, als alles, was je bespielt wird.
Sie enthält das gesamte Potential, was niemals ausgeschöpft wird.

SO gehört bei Aventurien alle 7 Sphären zur Spielwelt, obwohl man vermutlich nie aus Aventurien rauskommt und das ist nur ein Bruchteil der 3. Sphäre. Jeder Bauer ist Teil der Spielwelt. Und hat schon seit Geburt einen Namen. Dieser kann aber in dem MOment auch wieder geändert werden, wenn er spielrelevant wird (also im SIS auftaucht).
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ein am 9.07.2008 | 10:46
Spielwelt
Ein Repertoire an vorbereiteten Versatzstücken/Fakten, die in den SIS eingebracht werden können.

Setting
Aktiv genutztes Repertoire an Versatzstücken/Fakten, die Teil des SIS sind, aber gerade nciht aktiv sein müssen

SIS
Sammlung der Versatzstücke/Fakten, die gerade aktiv sind
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 21:07
OK, jetzt kommt hier also jeder und erzählt, was er zur Bedeutung dieses und jenes Begriffes meint. Können wir natürlich machen, bringt uns aber kaum weiter, da offenbar jeder unter den Begriffen etwas anderes versteht.

Machen wirs mal anders rum, ganz ohne begriffliche Vorbelastung und systematisch. Ich schaue mir also an und sehe, dass beim Rollenspiel verschiedene Arten von fiktivem Material vorkommen. Ich nummerier die mal durch, so dass man sie referenzieren kann. (Etwa Typ-I-Material.)

i.) Es gibt Material, das gegenwärtig auf der Bühne ist also gerade jetzt im Spiel benutzt wird.

ii.) Es gibt Material, das die Runde im Spiel benutzt hat, das aber gegenwärtig nicht mehr auf der Bühne ist.

iii.) Es gibt Material, das einzelne Teilnehmer für das Spiel vorbereitet oder angedacht haben, das aber noch nicht vorgekommen ist.

iv.) Es gibt Material, das sich einzelne Teilnehmer erdacht haben, von dem sie aber gar nicht beabsichtigen, dass es im Spiel benutzt wird.

v.) Es gibt ggf. externes Material, das nicht aus der Spielrunde kommt, das die Spielrunde aber kennt und auf das sie zurückgreifen könnte.

vi.) Es gibt u.U. externes Material, das die Spielrunde nicht kennt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 9.07.2008 | 21:17
i.) Es gibt Material, das gegenwärtig auf der Bühne ist also gerade jetzt im Spiel benutzt wird.
Wofür steht in diesem Zusammenhang die Chriffre "Bühne"? Bzw. was ist "im Spiel benutzt"?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 21:19
Ich hab einfach mal den Begriff "on stage" übersetzt. Das was gerade in der Szene ist, was auf der vorgestellten Bühne zu sehen ist.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 21:23
Reinecke versteht mich.  :d

@1of3: Die Liste ist in Ordnung, aber sie sagt auch nicht aus, was die Spielwelt (zumindest so wie ich sie verstehe) ist, sondern nur, wie viel davon aktuell in Gebrauch ist und wie viel potentiell bereit steht, um in den Aufmerksamkeitsfokus aufgenommen zu werden.

("on stage" könnte man doch auch als SIS bezeichnen?)

Im Moment gefällt mir Crimson Kings Definition hervorragend:

"Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Personen sich bewegen."

Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 9.07.2008 | 21:23
Ich hab einfach mal den Begriff "on stage" übersetzt. Das was gerade in der Szene ist, was auf der vorgestellten Bühne zu sehen ist.
Nun muß man sich im Rollenspiel vieles vorstellen; ich befürchte, daß es eine "wirkliche Bühne" ja doch nicht gibt. Ist "Bühne" der in einem kurzen Zeitabschnitt (irgendwo zwischen 3 sec und 5 min) anzunehmende gemeinsame Vorstellungsraum? Oder ist es weniger, nämlich nur der Teil des Vorstellungsraum, der in einer fiktiv-räumlich direkten Beziehung zu den Charakteren steht (also bspw. das Zimmer, in dem sie sind, aber nicht der heraneilende Bote, auf dessen eintreffen sie dort warten), aber dafür dieser zeitlich unbegrenzt? Oder kann es vielleicht sogar mehr sein?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 21:37
("on stage" könnte man doch auch als SIS bezeichnen?)

Das behaupten hier einige. Ich weiß aber nicht, wie man darauf kommt. Per Definition ist der SiS alles, worauf sich die Runde geeinigt hat. Ob das gerade jetzt behandelt wird, wird dabei gar nicht behandelt.


Zitat
"Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Personen sich bewegen."

Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein.

Aber was ist das dann? Du sagst: Es gibt da diese Welt, in der die Figuren leben. Fein. Aber dann tut sie nichts. Sie hat nichts, mit dem Handeln der Spieler zu tun, sie hat nichts mit den Spielern zu tun, sie hat nichts mit dem Spiel zu tun. Sie ist dann einfach und dort passieren Dinge. Warum diese Dinge passieren, kann man nicht mehr erkennen.

Das hab ich deinem 3-Ebenen-Thema vorgeturnt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 9.07.2008 | 21:57
Sie hat nichts, mit dem Handeln der Spieler zu tun, sie hat nichts mit den Spielern zu tun, sie hat nichts mit dem Spiel zu tun.
Wie kann sie, wenn sie die Umwelt für die fiktiven Charaktere ist, denn "nichts mit ihnen zu tun haben"? Sie ist ja das, mit dessen Hilfe die Charaktere interagieren, sie definiert die Chancen, die Grenzen, kurz: die Möglichkeiten - und könnte demzufolge kaum mehr mit ihnen zu tun haben, oder? Nur, daß man sie als "eigenständige Identität" behandelt, löst sie ja nicht aus dem Beziehungsgeflecht.

Nebenbei, wie verhalten sich denn nun Deines Erachtens der gemeinsame Vorstellungsraum und die Bühne zueinander?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 22:06
Aber was ist das dann? Du sagst: Es gibt da diese Welt, in der die Figuren leben. Fein. Aber dann tut sie nichts. Sie hat nichts, mit dem Handeln der Spieler zu tun, sie hat nichts mit den Spielern zu tun, sie hat nichts mit dem Spiel zu tun. Sie ist dann einfach und dort passieren Dinge. Warum diese Dinge passieren, kann man nicht mehr erkennen.
Diese Welt ist eine Parallelwelt. Sie wird von den Spielern (oft unter Zuhilfenahme von vorgefertigtem Material) geschaffen und am Laufen gehalten. Die Spieler versetzen sich in diese Welt. Das Spiel hat zentral damit zu tun, das Handeln der Spieler ebenfalls.

Ich stelle jetzt sogar die Hypothese auf, dass es ohne diese Parallelwelt kein Rollenspiel geben kann.
Lässt sich diese Hypothese entkräften? Ein Beispiel würde reichen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 22:07
Zitat
Wie kann sie, wenn sie die Umwelt für die fiktiven Charaktere ist, denn "nichts mit ihnen zu tun haben"?

Die Spielwelt soll nicht mit Hilfe real-weltlicher Dinge konstruiert werden. Sie existiert also nicht, weil sie jemand so will, weil sich Leute geeinigt haben oder sich irgendwas denken. Sie existiert einfach irgendwie irgendwo.

Da leben vielleicht sogar Leute drin, aber man kann nicht mehr erkennen welche Leute davon Figuren in einem Spiel sind, das von außenstehenden Wesen gespielt wird, denn diese Welt ist einfach und zu wissen, wie sie mit unserer realen Welt in Zusammenhang steht, haben uns damit gerade selber vorenthalten.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 22:18
Die Spielwelt soll nicht mit Hilfe real-weltlicher Dinge konstruiert werden.
Natürlich kann und wird sie mit realweltlichen Dingen konstruiert. Wenn ich sage: "Der Bauer heißt Alrik.", dann ist das ein Eingriff von mir in die Spielwelt. (Ungefähr so, wie Gott von außerhalb in unsere Realität eingreifen könnte oder wie ein Programmierer von außerhalb in ein Programm eingreift. - Das Programm existiert auch ohne den Programmierer. Aber der Programmierer hat das Programm geschrieben und kann es verändern.)

Zitat
Da leben vielleicht sogar Leute drin, aber man kann nicht mehr erkennen welche Leute davon Figuren in einem Spiel sind, das von außenstehenden Wesen gespielt wird,
Doch, von außerhalb kann man das erkennen.
Ein Spieler aus dem bereich "Spielergruppe" kann erkennen, welche Figur in der Spielwelt von Spielern gesteuert wird und welcher nicht.
Eine spielweltinterne Figur kann das nicht. (Es sei denn, die Spielwelt enthält ebenfalls eine Rollenspielgruppe, die Rollenspiel betreiben.)
Von innerhalb ist es also nicht zu erkennen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 22:22
Also wenn es die Fiktion ist auf die sich die Gruppe geeinigt hat dann isses doch der SIS. Dann sind wir ja fertig ;D

Ich verstehe Ansonsten nicht was hier für ein Begriff von Existenz verwendet wird, vermutlich eher ein Ideologischer, so nach Platon, oder wovon wird hier gesprochen?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 22:28
Die Spielwelt enthält ja auch Sachen, auf die sich die Gruppe nicht geeinigt hat:
Der Bauer hat einen Namen, obwohl sich die Spielwelt nicht auf den Namen geeinigt hat.

Damit ist der Name des Bauern zwar Bestandteil der Spielwelt, aber nicht Bestandteil der SIS. Erst, wenn sich die Gruppe auf einen Namen für die Gruppe einigt, dann ist der Name auch Teil der SIS.

Oder denke an die ganzen Geheimnisse, die nur der SL kennt: Diese Geheimnisse sind zwar Teil der Spielwelt, aber nicht Teil des SIS.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 22:35
Die Spielwelt soll nicht mit Hilfe real-weltlicher Dinge konstruiert werden. Sie existiert also nicht, weil sie jemand so will, weil sich Leute geeinigt haben oder sich irgendwas denken. Sie existiert einfach irgendwie irgendwo.
Wir reden nicht von irgendeiner Spielwelt, sondern von Spielwelten, die von Rollenspielern benutzt werden.
Für irgendwelche Spielwelten, die uns unbekannt sind, trifft das zu, was du sagst. Für konkrete Spielwelten trifft genau das Gegenteil zu.

Eulenspiegel hat einen wichtigen Punkt erwähnt. Während wir aus der realen Welt in die Spielwelt reinschauen können, ist der umgekehrte Weg in der Regel verschlossen. Mit der Ausnahme, dass wir explizit ein Tor aus der Spielwelt in die reale Welt öffnen.
Übrigens eine interessante Idee für ein Rollenspiel. Das würde das abstrakte Denken noch viel mehr fordern als es Rollenspiel ohnehin schon tut. Man würde nicht bloß eine Fiktion erschaffen, sondern aus der Fiktion heraus die Erschaffung dieser Fiktion reflektieren.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 22:36
Oder denke an die ganzen Geheimnisse, die nur der SL kennt: Diese Geheimnisse sind zwar Teil der Spielwelt, aber nicht Teil des SIS.
Ok, hier kann ich nachvollziehen dass die Spielwelt dann offensichtlich in der Vorstellung des SL existiert. Also muss die Spielwelt irgendwas mit der Vorstellung des SL bzw. allgemein gesprochen der Spieler zu tun haben.(?)

Der Bauer hat einen Namen, obwohl sich die Spielwelt nicht auf den Namen geeinigt hat.
Hier ist das aber wieder nicht der Fall. Der Bauer hat keinen Namen. Man weiß vielleicht dass er einen haben muss, aber de facto existiert keine Information über den Namen dieses fiktiven Bauern. Nirgendwo. Nicht hier und auch nicht in einem anderen Universum, zumindest wüsste ich davon nichts. Solchen Dingen Existenz zu unterstellen finde ich schon etwas seltsam, es sei denn wir benutzen hier einen sehr erweiterten Existenzbegriff.

Es sei denn natürlich ein Spieler dessen Vorstellung irgendwie maßgeblich für die Spielwelt ist hätte sich den Namen schon vorgestellt...

Also wenn ich das Recht verstehe ist die Spielwelt Fiktion, aber auch welche auf die sich niemand geeinigt hat? Wie wird sie denn dann eingegrenzt?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 22:41
Ich wurde hier grade sechsfach ge-ninja-t. Ich zitier nochmal Berals letzten Beitrag, der da war als ich anfing:


Zitat
Diese Welt ist eine Parallelwelt. Sie wird von den Spielern (oft unter Zuhilfenahme von vorgefertigtem Material) geschaffen und am Laufen gehalten. Die Spieler versetzen sich in diese Welt. Das Spiel hat zentral damit zu tun, das Handeln der Spieler ebenfalls.

Ich stelle jetzt sogar die Hypothese auf, dass es ohne diese Parallelwelt kein Rollenspiel geben kann.
Lässt sich diese Hypothese entkräften? Ein Beispiel würde reichen.

Woher weiß ich denn, dass sich nicht mein Nachbar zwei Häuser weiter in die gleiche Parallelwelt versetzt und da irgendwen anders spielt?

Immerhin, ich lese, dass die Spieler diese Welt erschaffen und am laufen erhalten. Ich nehme mal, an dass die Welt nicht "läuft", wenn da niemand spielt. Sonst wäre ich nämlich langsam versucht hier Metaphysik-Verdacht zu erheben.

Wenn die Spieler jetzt aber die Welt laufen lassen, erreichen sie dies ja durch ein irgendwie geartetes Handeln. Nehmen wir mal an, sie kommunizieren und finden so eine Einigung, wie die Welt laufen soll. Dann ist es gerade der SiS, über den hier geredet wird, denn der ist per Definition das, was rauskommt, wenn die Gruppe sich auf irgendwas einigt.

Und darin liegt gerade die Eleganz der SiS-Idee. Das es sowas wie eine Spielwelt gibt, das war ja schon ein alter Hut, als jemand den SiS aufbrachte. Dieser Ansatz gab dem Ganzen aber eine neue Qualität, weil genau gesagt wurde, wie sich die Spielgruppe ihre persönliche Spielwelt konstituiert.


Eulenspiegels Einwand, dass der Bauer ja einen Namen hat, ist kein Widerspruch. Jedem in der Gruppe ist natürlich klar, dass der Bauer einen Namen haben wird. Es wurde noch nicht festgelegt welchen. Genauso wird das Kleid jener Frau eine Farbe haben. Da sind sich schon alle einig, sobald feststeht, dass die Frau nicht nackt ist.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 22:53
Hier ist das aber wieder nicht der Fall. Der Bauer hat keinen Namen. Man weiß vielleicht dass er einen haben muss, aber de facto existiert keine Information über den Namen dieses fiktiven Bauern. Nirgendwo. Nicht hier und auch nicht in einem anderen Universum, zumindest wüsste ich davon nichts. Solchen Dingen Existenz zu unterstellen finde ich schon etwas seltsam, es sei denn wir benutzen hier einen sehr erweiterten Existenzbegriff.
Wenn du ein besseres Wort für "Existenz" kennst, dann nur her mit dem Wort. Sage uns, wie du dieses Verb nennen willst.

Ansonsten existiert nunmal ein Name.
Wenn mein Krieger zum Wirt geht und ihn nach seinen Namen fragt, dann ist es vollkommen legitim vom SL zu sagen: "Der Wirt sagt dir einen Namen. Ich bin mir zu faul, ihn mir jetzt auszudenken, aber dein Char kennt ihn jetzt."

Dieser Name ist nicht Teil des SIS, weil jeder Spieler einen andere Vorstellung von dem Namen hat. Vielleicht haben einige Spieler (inklusive des SLs) nichtmal eine Vorstellung des Namens. Dennoch hat der Wirt einen Namen und mein Krieger kennt ihn. Dieser Name muss also in der Spielwelt enthalten sein.

Woher weiß ich denn, dass sich nicht mein Nachbar zwei Häuser weiter in die gleiche Parallelwelt versetzt und da irgendwen anders spielt?
Das weißt du nicht.
Es kann ja sein, dass du dich am nächsten Tag mit deinen Nachbarn unterhältst und ihr feststellt, dass ihr beide das gleiche Setting bespielt, bloß an zwei verschiedenen Punkten.
Dann könnt ihr euch darauf einigen, dass diese beiden Handlungen in der gleichen Spielwelt stattfinden. (Oder ihr könnt beschließen, dass ihr doch lieber in zwei verschiedenen Spielwelten spielt.)

Ansonsten ist es mit der Spielwelt wie mit der realen Welt: Man muss nicht alles kennen. Vieles existiert, ohne dass es ein Mensch jemals herausfinden wird.

Zitat
Immerhin, ich lese, dass die Spieler diese Welt erschaffen und am laufen erhalten. Ich nehme mal, an dass die Welt nicht "läuft", wenn da niemand spielt. Sonst wäre ich nämlich langsam versucht hier Metaphysik-Verdacht zu erheben.
Nein, Metaphysik ist es definitiv nicht.
Aber es ist doch vollkommen irrelevant, WIE die Spielwelt läuft.

Ich kann doch auch Spielergruppen analysieren, ohne zu verstehen, WIE ein Mensch läuft, was dazu führt, dass sich elektrochemische Signale ins einem Gehirn so formen, dass es ein Bewusstsein gibt.
Ich habe keine Ahnung, wie Bewusstsein in menschlichen Gehirnen entsteht. Aber das ist auch nicht notwendig, um menschliches Handeln zu analysieren.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 22:56
Vergleichen wir die Spielwelt mit der realen Welt.

Reale Welt: Wir wissen, dass es irgendwo weit weg Städte gibt, Wälder, Berge. Wir wissen, dass es Tausende Tierarten gibt, die noch kein Mensch entdeckt hat. Wir wissen nicht, welche Tiere das sind, wir wissen nur, dass es sie gibt. Wenn wir in die Tiefe des Meeres abtauchen, können wir sie entdecken. Dann, erst dann, wissen wir etwas über diese Tiere.

Fiktive Welt: Wir wissen, dass es irgendwo Städte, Wälder, Menschen Tiere usw. gibt. Über manches davon haben wir recht genaue Informationen, über anderes gar keine. Es ist genau wie mit der realen Welt.

Wir wissen, dass in der Nachbarstadt 9837 Menschen leben, die alle einen Namen haben. Aber wir kennen nur die Namen von 22 Menschen. Sind die anderen deswegen namenlos? Nein, wir kennen die Namen bloß noch nicht. Kann mir jemand mit Sicherheit sagen, ob sich dieses Beispiel auf die reale oder die fiktive Welt bezieht? ;)

Für die Spielwelt gilt genau wie für die reale Welt, dass wir nur einen Bruchteil darüber wissen. Wir können aber Teile des Unbekannten erkunden. Dann wissen wir immer noch nur einen Bruchteil. Aber wir haben auch ein kleines bisschen entdeckt. Und das kann spannend sein. Im realen Leben genau wie im Rollenspiel.

Es ist also gar kein Problem, dass wir nicht alles über die Spielwelt wissen. Wir wissen nur so viel, wie wir bereits darüber entdeckt haben. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Spielwelt nicht von der realen Welt. Und deswegen kann das auch kein Hindernis sein. Deswegen braucht es keine vollständige Beschreibung der Spielwelt. Genauso wie es keine vollständige Beschreibung der realen Welt braucht, um damit umzugehen oder sie zu definieren. Die reale Welt ist mehr als das, was wir an Informationen darüber haben. Für die Spielwelt kann das gleiche gelten und das ist kein Problem.


Edit:
Ansonsten existiert nunmal ein Name.
Wenn mein Krieger zum Wirt geht und ihn nach seinen Namen fragt, dann ist es vollkommen legitim vom SL zu sagen: "Der Wirt sagt dir einen Namen. Ich bin mir zu faul, ihn mir jetzt auszudenken, aber dein Char kennt ihn jetzt."

Dieser Name ist nicht Teil des SIS, weil jeder Spieler einen andere Vorstellung von dem Namen hat. Vielleicht haben einige Spieler (inklusive des SLs) nichtmal eine Vorstellung des Namens. Dennoch hat der Wirt einen Namen und mein Krieger kennt ihn. Dieser Name muss also in der Spielwelt enthalten sein.
Ein schönes Beispiel. Und ein Beleg dafür, dass SIS und Spielwelt nicht das gleiche sind. Sie haben Schnittmengen, sind aber nicht identisch.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 23:04
Ja das verstehe ich schon alles. Man geht halt einfach davon aus das da was ist das man noch nicht weiß, schön. Nur was hat das jetzt mit dem Spiel der Spielrunde und der Vorstellung der Spieler zu tun? Darum geht's doch hier. Was eine Welt ist weiß ich auch.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2008 | 23:06
Zitat
Nein, Metaphysik ist es definitiv nicht.

Würd ich auch gerne glauben. Es fällt mir nur zunehmend schwer, denn was les ich da?

Zitat
Es ist also gar kein Problem, dass wir nicht alles über die Spielwelt wissen. Wir wissen nur so viel, wie wir bereits darüber entdeckt haben. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Spielwelt nicht von der realen Welt.

Hier wird impliziert, dass irgendwelche Statisten schon feststehende Namen hätten, bevor der von mir und meinen Mitspielern festgelegt wurde. Das bedeutet soviel wie, dass ich ihm gar keinen anderen Namen geben kann, als den, den er sowieso hat. Wer spielt hier eigentlich wen?

Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: kirilow am 9.07.2008 | 23:12
Hier wird impliziert, dass irgendwelche Statisten schon feststehende Namen hätten, bevor der von mir und meinen Mitspielern festgelegt wurde. Das bedeutet soviel wie, dass ich ihm gar keinen anderen Namen geben kann, als den, den er sowieso hat. Wer spielt hier eigentlich wen?

Mir scheint, dass Doc Boomslang doch schon recht nah dran war. Die Spielwelt ist eine Idee im platonischen Sinne, die die Spieler (unter mäeutischer Hilfe des SL) entdecken.
Halte ich zwar auch für eher Unsinn, scheint mir aber eine vertretbare Meinung zu sein.

Grüße
kirilow
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 23:13
Hier wird impliziert, dass irgendwelche Statisten schon feststehende Namen hätten, bevor der von mir und meinen Mitspielern festgelegt wurde. Das bedeutet soviel wie, dass ich ihm gar keinen anderen Namen geben kann, als den, den er sowieso hat.
Klar, du kannst den Kerl Alrik nennen. Dann hieß der Wirt schon immer Alrik und hatte niemals einen anderen Namen.
Du kannst den Wirt auch Bernd nennen. Dann hieß der Wirt schon immer Bernd und hatte niemals einen anderen Namen.

Wenn du seine Familie fragst, wie lange der Wirt schon Alrik heißt, wird sie dir antworten, dass er so seit seiner Geburt vor 30 Jahren so heißt.
Wenn du jedoch einen Spieler fragst, wie lange der Name des Wirtes im SIS ist, wir er dir antworten: "Seit 5 Minuten."
Der Wirt selber existiert vielleicht seit 7 Minuten im SIS. In der Spielwelt existiert er jedoch seit 30 Jahren. (Wenn es Player Empowerment gibt, kann ein Spieler natürlich festlegen, dass der Wirt erst seit 20 Jahren in der Spielwelt ist oder dass er schon seit 100 Jahren auf der Spielwelt ist. Und er kann ebenfalls festlegen, dass der Bauer vor 5 Jahren untergetaucht ist und seinen Namen geändert hat. - Und der SL kann das sogar ohne Player Empowerment.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 9.07.2008 | 23:13
Hier wird impliziert, dass irgendwelche Statisten schon feststehende Namen hätten, bevor der von mir und meinen Mitspielern festgelegt wurde. Das bedeutet soviel wie, dass ich ihm gar keinen anderen Namen geben kann, als den, den er sowieso hat. Wer spielt hier eigentlich wen?
Jetzt nähern wir uns dem Unterschied zwischen realer Welt und Spielwelt.
Die Entdeckungen der realen Welt sind nicht von uns beeinflussbar, sie sind nur von uns entdeckbar. Die Entdeckungen der Spielwelt sind nicht nur von uns entdeckbar, sie sind auch von uns erschaffen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 23:21
Die Entdeckungen der Spielwelt sind nicht nur von uns entdeckbar, sie sind auch von uns erschaffen.
Dieses "erschaffen" ist aber dann auf das Rollenspiel bezogen doch genau der Vorgang des Rollenspiels (aka "Exploration" nach Forge) und nichts anderes als das Verändern des SIS, also Einigung auf Fiktion. Oder wie?
Anscheinend muss das aber noch anders ablaufen, da es ja nicht der SIS sein soll. Sag doch mal einfach wie!
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 23:23
Nein, die Einigung findet genau so statt, wie beim SIS.
Der Clou ist jedoch, dass diese Elemente schon lange in der Spielwelt sind, bevor sie überhaupt im SIS landen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 9.07.2008 | 23:32
Die Spielwelt ist eine Idee im platonischen Sinne,
Kannst Du das noch etwas ausführen? Schreibst Du ihr eine "höhere Seinsqualität" zu, von der die reale Welt nur eine abgeleitete ist? Daß also die Spielwelt die "vorfindliche Welt" schafft?

die die Spieler (unter mäeutischer Hilfe des SL) entdecken.
Nein, insofern nicht, als ja die Spieler nicht nur auf Aufforderung des Spielleiters (wie implizit auch immer sie erfolgt sein mag) Dinge entdecken; das ist nur ein Teilaspekt. Ihr Handeln (das im Rahmen der Wünsche des jeweiligen Spielers frei ist) ist ja tatsächlich ein formendes, kein entdeckendes Tun. 
Die Spielwelt ist also nicht nur eine "entdeckbare (fiktive) Welt", sondern auch eine veränderbare. Und vor allem ist sie, anders als der gemeinsame Vorstellungsraum, nicht nur der bereits gemeinsam entdeckte Teil, sondern zumindest in bestimmten Teilen mehr. (Ich bin mir nicht sicher, ob sie in anderen Teilen auch weniger sein kann. Wenn das nicht der Fall sein ollte, wäre der gemeinsame Vorstellungsraum wohl ein Teilbereich der Spielwelt.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 23:34
Nein, die Einigung findet genau so statt, wie beim SIS.
Der Clou ist jedoch, dass diese Elemente schon lange in der Spielwelt sind, bevor sie überhaupt im SIS landen.
Mal ganz langsam: Die Einigung auf Fakten der Spielwelt findet genauso statt wie beim SIS? Aber dann ist es der SIS, weil das das einzige definierende Merkmal des SIS ist.

Die Elemente sind schon lange vorher drin? Vor was? Vor der Einigung? Erst dann landen sie schließlich im SIS.  Man einigt sich also auf die Inhalte die aber schon vorher drin sind?! Das kommt mir widersprüchlich vor.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.07.2008 | 23:42
Man einigt sich also auf die Inhalte die aber schon vorher drin sind?! Das kommt mir widersprüchlich vor.
Nein, das ist nicht widersprüchlich.
Die Spielwelt ist schließlich nicht nur dreidimensional, sondern vierdimensional. Das heißt, man kann die Spielwelt nicht nur in der Gegenwart, sondern auch rückwirkend ändern.

Das heißt, wenn ich festlege, dass der Wirt Bernd heißt, dann heißt er nicht erst seit diesem Moment Bernd, sondern er hieß schon die letzten 30 Jahre Bernd.
Das bedeutet, er hieß schon Bernd, bevor wir überhaupt festgelegt haben, dass er Bernd heißt.

Du darfst nicht vergessen:
Die Spielwelt ist für uns Spieler nur Fiktion.
Aber die Chars wissen in den seltensten Systemen, dass die Spielwelt Fiktion ist. Für die Chars ist die Spielwelt meistens Realität. (Bzw. wir stellen uns vor, dass die Chars sich vorstellen, dass sie in der Realität leben.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 9.07.2008 | 23:59
Aha, so meinst du das. Dann verstehen wir doch deutlich was anderes unter der Existenz eines fiktionalen Fakts. Für mich existiert etwas erst in der gemeinsamen Vorstellung in dem Moment der Einigung, was meist gleichzeitig der Moment der Bekanntmachung ist.
Man kann sich natürlich ohne weiteres gleichzeitig Vorstellen dass das in der fiktiven Welt schon länger so war (was wohl die Regel ist), das ist dann eben Teil des Fakts, was aber nichts daran ändert, dass es erst seit eben grade so ist (was die Fiktion der Spieler angeht). Die fiktive Welt wird im Moment der Einigung geschaffen, weil sie keine eigene Existenz oder Kausalität hat.

Aber dann enthält die Spielwelt nun zu jeden Zeitpunkt die gleichen Informationen für die Spieler wie der SIS. Wo ist der Unterschied für die Spieler?

Abgesehen davon widerspricht das auch deiner Aussage von oben, einzelne Spieler wie der SL könnten unabhängig von Einigungen der Spielrunde die Spielwelt beeinflussen. Denn wenn der SL irgendwas weiß was die Spieler nicht wissen und wenn er es in den SIS einbringen will, wird es abgelehnt oder kommt ganz anders, dann kann es nie Teil der Spielwelt gewesen sein, obwohl der SL das vorher vielleicht dachte.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 10.07.2008 | 00:10
Abgesehen davon widerspricht das auch deiner Aussage von oben, einzelne Spieler wie der SL könnten unabhängig von Einigungen der Spielrunde die Spielwelt beeinflussen. Denn wenn der SL irgendwas weiß was die Spieler nicht wissen und wenn er es in den SIS einbringen will, wird es abgelehnt oder kommt ganz anders, dann kann es nie Teil der Spielwelt gewesen sein, obwohl der SL das vorher vielleicht dachte.
Klar, das kann passieren.
Ein Spieler (meistens der SL) geht davon aus, dass etwas Teil der Spielwelt ist. - Und wenn er es dann in den SIS einbringen will, wird es abgelehnt und er muss bemerken, dass es doch nicht Teil der Spielwelt war.
Das heißt, der Spieler kann sich nur über den Teil der Spielwelt im Klaren sein, der bereits im SIS ist. Von Teilen der Spielwelt, die nicht im SIS sind, kann er höchstens vermuten, dass sie zur Spielwelt gehören, er kann es aber nicht wissen.

Wir haben also: "Ich vermute, dass es zur Spielwelt gehört. - Ob es wirklich zur Spielwelt gehört, werde ich jedoch erst später erfahren."

Das ist imho auch der Hauptunterschied zwischen Spielwelt und SIS: Den SIS kennen die Spieler vollständig. Hier wissen die Spieler immer und zu jeder Zeit, was Teil des SIS ist und was nicht.
Was Teil der Spielwelt ist, dass wissen sie nicht.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 10.07.2008 | 00:16
Aha. Also die Spielwelt ist demnach der SIS plus all das was die Spieler vermuten was irgendwann mal im SIS sein könnte? Ok das könnte man so sagen. Dann ist die Spielwelt zwar völlig inkonsistent und zu keinen Zeitpunkt wirklich in ihrem Inhalt definiert, aber man könnte sich das so vorstellen.
Also geht es hier um Vermutungen der Spieler über den Verlauf der Fiktion im Spiel?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 10.07.2008 | 00:56
Dann ist die Spielwelt zwar völlig inkonsistent und zu keinen Zeitpunkt wirklich in ihrem Inhalt definiert, aber man könnte sich das so vorstellen.
Man kann sich schon konsistenzsichernde Maßnahmen vorstellen, aber sie ist auch immer ein Stück weit inkonsistent, ja. Und die Spielwelt ist niemals völlig und rundrum definiert, aber sie ist teilweise wirklich definiert, nämlich in dem Teil, in dem ein stabiler gemeinsamer Vorstellungsraum besteht. (Gut, wie Beral sagt, kann man den jederzeit ändern, aber wenn man es nicht tut, ist der Vorstellungsraum wirklich stabil festgelegt.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 10.07.2008 | 03:12
@ Dr.Boomslang
Genau, diese Spielwelt ist prinzipiell erstmal inkonsistent. Und die intrinischen Regeln sind dann sozusagen konsistenzfördernde Regeln. (Hmm, das hört sich jetzt so wertend an. - Dabei ist das gar nicht wertend gemeint.)

Mal als Beispiel:
Wir haben einen Riesen und einen Hobbit, die gegeneinander kämpfen.
1) Wenn ich die Regel habe: "Wer stärker ist, der macht mehr Schaden.", dann stellen sich wohl die meisten Spieler vor, dass der Riese mehr Schaden macht. --> keine Inkonsistenz
2) Wenn ich die Regel habe: "Wer gewandter/flinker ist, der macht mehr Schaden.", dann stellen sich wohl die meisten Spieler vor, dass der Hobbit mehr Schaden macht. --> keine Inkonsistenz

3) Wenn ich jedoch die Regel habe: "Jeder Spieler kann Chips setzen. Der Char, der mehr Chips bekommt, ist stärker.", dann denken einige, dass der Hobbit stärker ist und andere denken, dass der Riese stärker ist. Das ist erstmal eine Inkonsistenz. (Diese löst sich natürlich in dem Augenblick auf, wo alle Spieler ihre Chips gesetzt haben. - Aber bis zu den Zeitpunkt, wo auch der letzte Spieler seine Chips gesetzt hat, herrscht halt noch Ungewissheit.)

Aber bei nochmaligen drüber nachdenken, denke ich, dass man Berals Modell auch aufziehen kann, wenn man nicht die Spielwelt, sondern nur den SIS betrachtet.

Ich vermute, dass das aus meinen bisherigen Postings in diesem Thema nicht ausreichend klar wurde, aber meine Ansicht ist, dass jedes Spiel eine Spielwelt braucht und auch eine hat.
Was verstehst du denn unter Spielwelt?
Weil ich habe schon Schach gespielt, ohne dass eine Spielwelt vorhanden war.
Und ich habe auch schon Skat gespielt, ohne dass eine Spielwelt vorhanden war.

Kann natürlich sein, dass wir zwei verschiedene Ansichten von "Spielwelt" haben. Aber was definierst du denn beim Skat oder beim Schach als "Spielwelt"?

Zitat
Und wenn jemand laut Regeln 50 Cent in die Kaffekasse zahlen kann, um Trolle intelligenter zu machen, dann ist auch sein privates Vermögen Teil der Spielwelt.
Gehen wir mal andersum an die Sache ran: Glaubst du denn, dass die 50 Cent Teil des SIS sind?
Sind die 50 Cent Teil des gemeinsamen Vorstellungsraumes?

Weil alles, was in der Spielwelt vorhanden ist, kann prinzipiell Teil des SIS werden.

Zitat
Zur Spielwelt gehört alles was (laut Spielregeln) Teil des Spieles ist. Es ist per Spielregeldefinition die Welt in der das Spiel statt findet.
Ja, die Spielwelt ist die Welt, in der das Spiel stattfindet. Das ist soweit schon fast tautologisch.
Aber, WAS ist denn nun deiner Meinung nach "die Welt"?

Zitat
Nur bestimmte fiktive Erzählungsfragmente als Spielwelt zu sehen
Hier habe ich Probleme, zu verstehen, was du unter "fiktiv" meinst:
Spieler gehören zwar zum Spiel, sind in meinen Augen aber weder fiktiv noch Teil der Spielwelt.
Geld gehört (z.B. beim Poker) auch zum Spiel, sind aber nicht notwendigerweise fiktiv. (Man kann Poker mit fiktiven Geld, aber auch mit realen Geld spielen.)
Ein Regelbuch gehört bei vielen Rollenspielsystemen ebenfalls zum Spiel, ist aber ebenfalls nicht fiktiv.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: reinecke am 10.07.2008 | 10:01
Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Yeah, da haben wir ja viel gewonnen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 10.07.2008 | 10:48
Zur Spielwelt gehört alles was (laut Spielregeln) Teil des Spieles ist. Es ist per Spielregeldefinition die Welt in der das Spiel statt findet. (Das deckt sich auch vollkommen mit der philosophischen Definition von Welt, die Du im allerersten Posting aus Wikipedia zitiert hast.)
Deshalb rede ich teilweise von der "fiktiven Spielwelt" oder der Fiktion - um genau das auszudrücken, daß es sich um eine ausschließlich in der Fiktion befindliche Größe handelt. In der auch nichts von all dem exisitert, was man als Stütze zum Aufbau der Fiktion verwenden könnte (Felle, Wildschweine, Speere); in der Fiktion befinden sich immer nur ihre Pendants.

Damit gehört bei weitem nicht alles, was laut Spielregeln Teil des Spiels ist, auch in die Spielwelt. Andererseits gehört viel mehr in sie, als in den Spielregeln zu finden ist. Es gibt einen Überlappungsbereich - aber nicht nur.

Damit deckt sich, das, worüber ich rede, wenn ich von der Spielwelt eines Rollenspiels rede, in keiner Weise mit dem, was in diesen Worten steckt:
Beim Schach bestünde die Spielwelt folglich aus zwei Spielern einem Spielbrett, den allseits bekannten Figuren und den Regeln, auf die man sich geeinigt hat. Das sind die Zutaten, die laut dem Regelbuch nötig sind, wobei das variiert werden kann. Bei einem Turnier gibt es noch eine Schachuhr und eine Notation. Wenn sich die Spieler drauf einigen und gut genug sind, kann man das Brett und die Figuren auch weg lassen.
Ich weiß nicht, was daran "Spielwelt" sein sollte. Es ist eine Ansammlung von Entitäten, die etwas mit einem Spiel zu tun haben, aber unter einer "Welt" stelle ich mir dann doch schon noch mehr vor. Wenn man unbedingt eine "Spielwelt" für jedes Spiel definieren will (was ich für nicht notwendige halte), sollte man vielleicht in Betracht ziehen, daß in einem bestimmten thematischen Bezug Worte eben verschieden gefüllt sind (wie "Nüsse", die je nachdem, ob man in der Küche oder unter Botanikern ist, zwei durchaus verschiedenen Kategorien sind). "Spielwelt" wäre im Schach dann eben nur das, was zum Schach gehört; in bezug auf Rollenspiel aber etwas anderes, nämlich einerseits nur ein Teil dessen, was zum Rollenspiel gehört (als fiktiver Seinsraum für alle möglichen fiktiven Elemente), andererseits aber etwas, was gar nicht in seinem ganzen Umfang zu den Spielregeln gehört, sondern von den Spielern selbst eingebracht und gestaltet wird.
Man kann die beiden unterscheiden, indem man der Spielwelt, um die es beim Rollenspiel geht, ein "fiktiv" voranstellt. Aber ich glaube, man kann auch einfach sagen, daß man das "fiktiv" ja weiß und es daher nicht jedesmal dazusetzen möchte, weil das so aufwendig und umständlich ist - eigentlich würde ich es jedenfalls gern so handhaben.

Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Also ich jedenfalls nicht; denn zum forgianischen System gehören doch auch das Futter für die Spieler und die schlechte Laune des Spielleiters, wenn ich mich recht entsinne? Die sind aber in meinen Augen kein Teil der Spielwelt...
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 10.07.2008 | 13:30
@ Turning Wheel
Ich stimme Reinicke zu:
Das, was du beschreibst, ist bereits unter dem Begriff "System" bekannt. Unter Spielwelt ist etwas anderes gemeint.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 10.07.2008 | 13:38
Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Nein. Das ist definitiv nicht das gleiche. Zumindest nach meiner Definition von Spielwelt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: reinecke am 11.07.2008 | 16:13
Nein. Das ist definitiv nicht das gleiche. Zumindest nach meiner Definition von Spielwelt.
Gut, dann bin ich beruhigt. :)
Ich wollte ja auch mehr einen Kommentar zu Diskussion abgeben. Eulenspiegel hat das gut aufgefasst.

Allerdings habe ich auch meine Mühen mit "Spielregeln implizieren die Spielwelt". Ich gehöre zu der (austerbenden?) Fraktion, die Spielwelt und Spielregeln getrennt voneinander betrachten (zwar gibt es Synergien und Wechselwirkungen).
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 11.07.2008 | 16:51
Allerdings habe ich auch meine Mühen mit "Spielregeln implizieren die Spielwelt". Ich gehöre zu der (austerbenden?) Fraktion, die Spielwelt und Spielregeln getrennt voneinander betrachten (zwar gibt es Synergien und Wechselwirkungen).
Von wem stammt dieses Zitat?
Eine der Hauptaussagen des 3-Ebenen-Modells ist, dass Spielwelt und Spielregeln eindeutig voneinander getrennt sind. Von einer aussterbenden Fraktion würde ich nicht sprechen. ;)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 16.07.2008 | 23:53
Ich zitiere aus dem anderen Thread:
Mal ein Beispiel aus Empire in Earth:
  • Der Spieler der Franzosen stellt sich vor, dass die Preußen einen französischen Botschafter beleidigt haben und dass Frankreich Preußen deswegen den Krieg erklärt.
  • Der Spieler der Preußen stellt sich vor, dass Preußen Ländereien annektiert hat, auf die Napoleon scharf wahr und das deswegen der Krieg erklärt wurde.
  • Der österreichische Spieler stellt sich vor, dass Österreich Napoleon ein Angebot unterbreitet hat, dass er nicht ablehnen kann und dass er deswegen den Preußen einen Krieg erklärt hat.

Jeder hat eine andere Vorstellung, wieso es zum Krieg kam. In einem Rollenspiel müsste man sich also irgendwie darauf einigen, welche Vorstellungen denn nun richtig sind und welche nicht.
Bei Empire in Arms ist das nicht notwendig. - Hier kann jeder Spieler seine eigene ganz persönliche Vorstellungen vom Geschehen haben, die mit den anderen Vorstellungen nicht konform geht, ohne dass es das Spiel beeinträchtigt.
Daran kann man meiner Meinung nach sehr schön den Unterschied zwischen SIS und Spielwelt erkennen. Die Gemeinsamkeit der drei Vorstellungen ist, dass Frankreich Preußen den Krieg erklärt. Natürlich gibt es dafür eine Erklärung in der Spielwelt. Aber sie ist nicht im gemeinsamen Vorstellungsraum. Sie ist vielleicht in keinem einzigen individuellen Vorstellungsraum, sondern liegt außerhalb davon. Eine Tatsache in der Spielwelt muss den Spielern nicht bekannt sein, um Bestandteil der Spielwelt zu sein.

Ich fasse den bisherigen Stand zusammen:

Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Charaktere existieren. Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein. Die Spielwelt ist eine Parallelwelt, die von den Spielern (oft mit Hilfe von Zusatzmaterial) geschaffen und am Laufen gehalten wird.

Die Spielwelt ist genau wie die reale Welt zu großen Teilen unbekannt. Das ändert nichts an ihrer Existenz. Genauso wie wir die reale Welt entdecken und unser Wissen darüber vermehren, verbessern und teilweise komplett revidieren, passiert das auch mit der Spielwelt. Wir entdecken sie und manchmal stellen wir fest, dass frühere "Entdeckungen" Irrtümer waren, dann korrigieren wir die Anschauung von der Spielwelt. Genau wie in der Realität. Der einzige Unterschied ist, dass die Entdeckungen in der Spielwelt von den Spielern selbst festgelegt werden. (Das ist eins der tollen Dinge an Rollenspiel. Wir können uns mit der Wahl des Rollenspiels auch die Art der Entdeckungen aussuchen und damit genau unseren Geschmack treffen.)

Prinzipiell kann es Spielwelten geben, in denen es nichts zu entdecken gibt, weil sie bis ins kleinste Detail bekannt sind. Das kommt in der Praxis vermutlich nie vor, weil solche Spielwelten sehr klein, wenig komplex und ziemlich uninteressant wären.

Fragen? Kritik?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 17.07.2008 | 01:17
Vor allem in einem Punkt bin ich nicht einverstanden.

Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein.
Die Spielwelt muß meines Erachtens aus theoretischen Erwägungen vollständig fiktiv sein.
Man kann reale Gegenstände verwenden, um die Fiktion mit genaueren Vorstellungsbildern auszustatten - aber wenn Klaus der Spieler in der Wirklichkeit einen Bierhumpen mit einem Zug leert, um zu zeigen, was Dorm der Barbar in der Fiktion tut: dann leert der wirkliche Spieler einen wirklichen Humpen und der fiktive Charakter einen fiktiven Humpen. Der fiktive Charakter kann keinen realen Humpen greifen oder leeren; was er tut, tut er durch die Vermittlung realer Wesen (die seine Handlungen beschreiben oder im weitesten Sinne bildhaft wiedergeben).
Der einzige Fall, wo beides tatsächlich in eins fallen würde, wäre ein Rollenspiel, in dem man sich selber spielt - in exakt all den Bezügen, in denen man aktuell steht. Aber ich weiß nicht, ob das dann ein "Rollenspiel" wäre oder nicht einfach nur das ganz normale Leben... in all den Rollen, die man so tagtäglich eben einnimmt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 17.07.2008 | 13:23
Jo, guter Einwand. Ich formuliere um:

Die Spielwelt ist fiktiv, kann sich aber in Teilen mit der realen Welt überschneiden.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 18.07.2008 | 01:45
Zitat
Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Charaktere existieren. Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein. Die Spielwelt ist eine Parallelwelt, die von den Spielern (oft mit Hilfe von Zusatzmaterial) geschaffen und am Laufen gehalten wird.

Die Spielwelt ist genau wie die reale Welt zu großen Teilen unbekannt. Das ändert nichts an ihrer Existenz. Genauso wie wir die reale Welt entdecken und unser Wissen darüber vermehren, verbessern und teilweise komplett revidieren, passiert das auch mit der Spielwelt. Wir entdecken sie und manchmal stellen wir fest, dass frühere "Entdeckungen" Irrtümer waren, dann korrigieren wir die Anschauung von der Spielwelt. Genau wie in der Realität. Der einzige Unterschied ist, dass die Entdeckungen in der Spielwelt von den Spielern selbst festgelegt werden. (Das ist eins der tollen Dinge an Rollenspiel. Wir können uns mit der Wahl des Rollenspiels auch die Art der Entdeckungen aussuchen und damit genau unseren Geschmack treffen.)

Und genau da seh ich unübrückbare Widersprüche. Wenn die Spieler die Welt erschaffen, exisitiert sie nicht. Wir können uns vorstellen, dass ein fiktiver Charakter glaubt in einer existierenden Welt zu leben und dass diese Welt aus seiner Sicht vollständig ist, aber dann gibt es sie trotzdem noch lange nicht. Es gibt sie insbesondere in keiner Weise, die mit unserer realen Welt vergleichbar ist und die Spieler können sie auch nicht entdecken, denn sie erschaffen sie.

Zudem stellt sich da ein Problem mit deinem 3-Ebenen-Modell: Wenn die Spielwelt also, wie du sagst, über den Kenntnisstand der Spieler hinausgehen kann, ist sie nicht vernünftigerweise in der Spielrunde enthalten. Das habe ich schon mal ausgeführt: Wenn wir die Spielwelt so annehmen, hat sie in der Tat überhaupt nichts mehr mit den Leuten am Tisch zu tun. Wir sind dann irgendwo, aber nicht mehr bei Rollenspieltheorie.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.07.2008 | 01:58
Zudem stellt sich da ein Problem mit deinem 3-Ebenen-Modell: Wenn die Spielwelt also, wie du sagst, über den Kenntnisstand der Spieler hinausgehen kann, ist sie nicht vernünftigerweise in der Spielrunde enthalten
Natürlich ist sie noch in der Spielgruppe enthalten. Es ist nur so, dass unterschiedliche Sichtweisen existieren:
Der eine Spieler stellt sich den Drachen rot vor und der andere Spieler stellt sich den Drachen grün vor. Und der dritte Spieler war abgelenkt und weiß gar nicht, dass dort überhaupt ein Drache ist. Und der SL grinst, weil er als einziger weiß, dass der Drache nur eine Illusion eines Magiers ist.

Aber trotzdem ist das alles Teil der gleichen Spielwelt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 18.07.2008 | 02:15
Was einen gänzlich anderen Punkt berührt, als ich ihn angesprochen habe. Beral sagt, dass die Welt Informationen enthalte, von denen die Spielrunde noch nicht mal wisse, dass sie sich darüber Gedanken machen wolle.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 18.07.2008 | 10:49
Wenn die Spieler die Welt erschaffen, exisitiert sie nicht. Wir können uns vorstellen, dass ein fiktiver Charakter glaubt in einer existierenden Welt zu leben und dass diese Welt aus seiner Sicht vollständig ist, aber dann gibt es sie trotzdem noch lange nicht. Es gibt sie insbesondere in keiner Weise, die mit unserer realen Welt vergleichbar ist und die Spieler können sie auch nicht entdecken, denn sie erschaffen sie.
Es gibt die fiktive Welt aber in der Wirklichkeit als gemeinsame Fiktion. Und es gibt auch die "unentdeckte Welt, die aber existieren muß" als ein Gedankenkonstrukt in der Gemeinschaft derer, die sich über diese Welt einig sind. Es ist eine Leerstelle, aber die Löcher in einem Sieb lassen sich durchaus als Löcher in diesem Sieb fassen, obwohl sie sich ja nun nur durch die Abwesenheit von etwas definieren.
Und die Welt kann mit unserer je nach Wunsch der Spieler mehr oder weniger vergleichbar sein. Nicht vergleichbar in bezug auf ihre Existenzebene, da sind die Dinge klar. Aber es gibt Welten, die von unserer sehr direkt abgeleitet wurden und für die die gleichen Gesetzmäßigkeiten gelten sollen. Diese Gesetzmäßigkeiten wiederum bringen etwas ein, das die Spieler zwar faktisch "erschaffen", aber nicht "frei gestalten können", was also emotional eher einer "Entdeckung" gleicht. ("Wenn wir nicht von unseren Vereinbarungen abweichen wollen, daß die Gesetzmäßigkeiten der Fiktion den uns vertrauten entsprechen, dann kann es nur so sein, daß...") Und mit dem, was in dieser Weise in den Vorstellungsraum eingebracht wurde, müssen die Spieler dann umgehen (vielleicht, weil es ihnen Möglichkeiten verschließt oder eröffnet), und zwar unabhängig davon, ob sie ein paar Sekunden vorher darauf abgezielt haben oder nicht.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 19.07.2008 | 14:32
Beral sagt, dass die Welt Informationen enthalte, von denen die Spielrunde noch nicht mal wisse, dass sie sich darüber Gedanken machen wolle.
Das ist korrekt. Welten haben das so an sich, dass sie Dinge enthalten, über die du keine Ahnung hast. Das bedeutet nicht, dass sie nicht existieren.

Du redest dauernd von Widersprüchen in meiner Theorie. Ich rede im Gegenzug von Unzulänglichkeiten in deiner Argumentation. Das dreht sich schon so lange im Kreis, dass ich vorherzusagen wage, dass wir so nicht weiterkommen.

Ich versuche eine Annäherung. Die Widersprüche sind gar nicht in irgendeiner Theorie. Die Widersprüche ergeben sich, weil wir den gleichen Sachverhalt von unterschiedlichen Seiten angehen. Nicht in der Theorie liegt der Fehler, sondern in den Grundannahmen, die wir der Theorie jeweils zugrunde legen. Ich kann noch nicht explizit benennen, welche Grundannahmen das sind, aber vielleicht kommen wir irgendwann dahin.

Du sagst, die Spielwelt existiert nicht. Ich sage: doch. Wenn ich DSA spiele, stelle ich mir eine Spielwelt vor, Aventurien, in der mein Charakter agiert. Ich kenne diese Spielwelt nicht vollständig, aber wo ist das Problem? Die reale Welt kenne ich auch nicht vollständig, trotzdem ist sie da. Ich könnte auch annehmen, dass nur die Teile da sind, die ich kenne, aber diese Annahme mache ich nicht. Ich gehe davon aus, dass mein Horizont begrenzt ist und darüber hinaus etwas existiert. Genau die gleiche Annahme treffe ich für die Spielwelt. Und weil die Spielwelt etwas von mir erschaffenes ist, kann sie so sein, wie ich sie mir vorstelle. Und ich stelle mir eben vor, dass die Spielwelt mehr ist als das, was ich im Moment über sie weiss. Dass das, was ich über die Spielwelt entdecke, teilweise auch das Produkt meiner augenblicklichen Kreativität ist, kann ich problemlos miteinander vereinbaren. Das ist in der realen Welt auch nicht anders, ich erschaffe permanent ein Stück Realität. Im Rollenspiel habe ich die Freiheit, etwas mehr Realität zu erschaffen, als es mir in der realen Welt möglich ist.

Ich benutze absichtlich den Begriff Spielwelt, weil er meine Denkweise über Rollenspiel unterstützt. Fiktion, SIS oder sonstwas tun das nicht ausreichend. Sie sparen genau die Dinge aus, die ich nicht ausgespart haben will. Ich will Rollenspiel nicht als Vereinbarung eines gemeinsamen Vorstellungsraums verstehen, sondern als Interaktion in einer Spielwelt. Auf Letzteres kommt es mir an. Die Vereinbarung des Vorstellungsraums ist nur ein notwendiges Vorgehen, um gemeinsam in einer Spielwelt zu interagieren, aber Rollenspiel ist mehr als das. Und dieses Mehr will ich erfassen.

Das ist die Denkweise, die ich meiner Theorie zugrunde lege. Ich würde gern auch deine Denkweise so weit verstehen, dass ich in der Lage bin, unseren Disput auf das wirkliche Problem zu beziehen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 19.07.2008 | 17:10
Die reale Welt kenne ich auch nicht vollständig, trotzdem ist sie da. Ich könnte auch annehmen, dass nur die Teile da sind, die ich kenne, aber diese Annahme mache ich nicht. Ich gehe davon aus, dass mein Horizont begrenzt ist und darüber hinaus etwas existiert. Genau die gleiche Annahme treffe ich für die Spielwelt.
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht. In der Fiktion ist dein Wille die einzige Ursache für alles, in der Realität nimmst du das normalerweise nicht an.
Wenn du ein konstruktivistisches Weltbild hast, dann ist das hier allerdings alles ein philosophisches Problem. Du kannst natürlich jeder Fiktion die gleiche Form der Existenz zugestehen wie der Realität. Die meisten Menschen tun das nur nicht. So auch hier.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 19.07.2008 | 17:21
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht.
Dafür wird sie ja von Mitspielern mitgestaltet - und von Würfeln... ;-)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dom am 19.07.2008 | 17:42
Zitat
Du sagst, die Spielwelt existiert nicht. Ich sage: doch. Wenn ich DSA spiele, stelle ich mir eine Spielwelt vor, Aventurien, in der mein Charakter agiert.
Mit dieser Aussage habe ich auch ein Problem. Etwas, was ich mir nur vorstelle, existiert nach meinem Verständnis nicht. Denn ich stelle es mir ja nur vor, d.h. es existiert eine Vorstellung von der Spielwelt, die Spielwelt selbst aber nicht real. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Spielwelt größer ist, als das, was ich kenne.

Im Falle von DSA und anderen Rollenspielen, bei denen es Quellenbücher usw. gibt, haben sich andere Leute tatsächlich Gedanken darüber gemacht, wie die Spielwelt außerhalb meines Wissens aussieht. Allerdings handelt es sich dabei auch nur um Vorschläge, die ich annehmen kann oder nicht, d.h. selbst bei DSA ist nicht festgelegt, wie Festum aussieht, wenn ich noch nie in Festum gespielt habe.

Das bedeutet, dass mein Problem mit dem obigen Satz ist, dass die Spielwelt a) nur in meiner Vorstellung existiert (die Spielwelt existiert also nicht, sondern nur eine Vorstellung davon) und b) dass alles, was ich noch nicht bespielt habe, was ich also nicht kenne, nicht definiert ist.

Man kann jetzt von "Erforschung" oder "Entdeckung" der Spielwelt reden, wenn man damit meint, dass man sich von seinen Mitspielern und den Würfeln überraschen lässt. Dadurch kann nämlich der Eindruck entstehen, dass die Spielwelt unabhängig von meiner Vorstellung existiert. Das tut sie aber nicht – alles, was andere über die Spielwelt sagen kann ich ablehnen und mir was anderes vorstellen, genau dasselbe, was ich auch mit dem Vorschlag der Redaktion machen kann.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Joerg.D am 19.07.2008 | 18:06
Eine Spielwelt ist die beliebig definierbare fiktive Umgebung, welche benötigt wird um den ebenfalls fiktiven Charakteren im Rahmen der Simulation Handlungen zu ermöglichen (Gespräche zwischen Charakteren benötigen keine definierte Umgebung). Sie wird für gewöhnlich mit einer Spielweltlogik (Regeln) ausgestattet, die es den Spielern ermöglichen eine Einflussnahme auf die Spielwelt zu simulieren (etwas zu machen).

Die Spielweltlogik (Regeln) wird dabei "pseudo logischen" Gesetzen unterworfen, die  eine direkte Auswirkung auf die zu simulierende Umgebung haben. Diese Gesetze versuchen dabei eine für die Spieler nachvollziehbare reelle Spielwelt-Physik zu erschaffen, in deren Rahmen Handlungen simuliert werden können. Wird diese Spielwelt-Physik für die Spieler nachvollziebar dargestellt, gelingt es diesen leichter in die Spielwelt einzutauchen (Immersion zu erleben). Die SoD endet, wenn die Spieler Teile der Spielwelt-Physik oder die Logik von Regeln anzweifeln.

Neben den direkten physischen Gesetzen werden meist auch definierende Elemente benötigt um die Spielwelt für die Spieler konkret vorstellbar zu machen. Das sind z.B eine konkrete Geographie, Topographie, Länder, Städte, Bauwerke, ein Phanteon, Tiere Botanik und NSCs. Alle diese Elemente werden benötigt um den Spielern nicht nur Rahmenbedingungen zum simulieren von Handlungen zu geben, sondern auch eine vorstellbare Umgebung.

Aus diesen Elementen erwächst dann die SIS, welche die Grundlage für das gemeinsame Spiel der Gruppe bildet.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 19.07.2008 | 18:08
Das tut sie aber nicht – alles, was andere über die Spielwelt sagen kann ich ablehnen und mir was anderes vorstellen, genau dasselbe, was ich auch mit dem Vorschlag der Redaktion machen kann.
Auch noch, wenn (mal angenommen) die Einigung besteht, daß erstens der Spielleiter das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen (d.h. ein Spieler sie eigentlich nicht ablehnen kann) und zweites das Quellenmaterial als gültig angesehen wird?

Wobei es letztlich gar nicht nötig ist, so konsequente Einigungen zu fordern. Immer, wenn ich einer Setzung, die jemand anders getroffen hat (sei es aus eigenem Gutdünken oder in Auslegung der Spielwelt-Gesetzmäßigkeiten, die Jörg.D genannt hat), zustimme, bestätigt sich ja "der Eindruck ..., dass die Spielwelt unabhängig von meiner Vorstellung existiert".
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 19.07.2008 | 18:12
Dafür wird sie ja von Mitspielern mitgestaltet - und von Würfeln... ;-)
Das stimmt ja. Genau wie Dom sagt ist das ja auch ein exzellentes Mittel eine Form von Externalität zu erzeugen, also den Eindruck das etwas von außen auf mich zukommt, dass ich nicht kontrolliere und nicht bestimme, dass ich also etwas entdecke oder erforsche und nicht kreiere. Da es sich aber immer noch um Fiktion handelt müssen wir im Auge behalten, dass dies eine absichtlich aufgebaute Illusion ist. Es kommt etwas von außen auf mich zu, aber das hat nicht direkt was mit einer Spielwelt zu tun.

Ich als Spieler weiß dass das was ich mir vorstelle von anderen Spielern kommt, die ein Spiel spielen und darin bestimmte Absichten verfolgen. Ich weiß, dass das was ich mir vorstelle nicht verursacht wurde durch Dinge in der Fiktion, die ich nicht kenne, sondern durch meine Mitspieler, ihre Entscheidungen und durch den Verhandlungsprozess des Spiels. Gehe ich von einer eigenen Existenz der Welt aus, leugne ich diesen Vorgang und bin damit Teil der Illusion des Spiels. So kann ich nicht vernünftig analytisch über das Spielgeschehen nachdenken.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dom am 19.07.2008 | 18:22
Auch noch, wenn (mal angenommen) die Einigung besteht, daß erstens der Spielleiter das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen (d.h. ein Spieler sie eigentlich nicht ablehnen kann) und zweites das Quellenmaterial als gültig angesehen wird?

Ja, auch wenn der SL das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen und das Quellenmaterial als gültig angesehen wird, muss ich die Dinge, wenn ich sie das erste Mal höre, annehmen. Wenn ich das nicht tue (weil ich das, was da vorgeschlagen wird, Kacke finde), dann kommt es zum Konflikt, keine Frage. Wie der Konflikt endet, ist eine andere Frage. Vielleicht nehme ich die Dinge ja doch (zähneknirschend) an, oder ich lasse es bleiben und spiele dann im Zweifelsfall nicht mehr mit.

Was den Eindruck angeht: Ja, klar. Das stimmt natürlich.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 19.07.2008 | 21:18
Gehe ich von einer eigenen Existenz der Welt aus, leugne ich diesen Vorgang und bin damit Teil der Illusion des Spiels. So kann ich nicht vernünftig analytisch über das Spielgeschehen nachdenken.
Nun, eine Fiktion ist in meinen Augen eine existierende Entität. Es ist ja durchaus etwas da. Warum sollte ich über dies Etwas nicht auch analytisch so nachdenken können, daß ich feststelle:
- Ein Teil meiner Fiktion (und zwar der weithin größte) wird von mir selbst geliefert.
- Aber es gibt auch Quellen fiktiver Elemente, die für mich von außen kommen:
- - Die Fiktion anderer Spieler (und ggfs. des Quellenmaterials), die ich als gegeben akzeptiere (wie viele oder wenige auch immer das sein mögen).
- - Die Ergebnisse eines Zufallsgenerators, die ich als gegeben akzeptiere.
- - Die Elemente, die sich aus der Akzeptanz gewisser Gesetzmäßigkeiten der fiktiven Welt ergeben, sobald man diese Gesetzmäßigkeiten anwendet.
Inwieweit man den dritten und vielleicht sogar den zweiten dieser Punkte dann als eine "Eigenständigkeit" der fiktiven Welt betrachtet, ist dann vermutlich eine philosophische Frage.

Ja, auch wenn der SL das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen und das Quellenmaterial als gültig angesehen wird, muss ich die Dinge, wenn ich sie das erste Mal höre, annehmen.
Aber sofern Du irgendetwas von den Vorschlägen annimmst, ist die Welt nicht mehr ganz unter Deiner Kontrolle. Und damit, denke ich, ist das, was Dr. Boomslang zunächst geschrieben hatte, in meinen Augen eben so nicht ganz korrekt:
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht. In der Fiktion ist dein Wille die einzige Ursache für alles, in der Realität nimmst du das normalerweise nicht an.
Die Fiktion kann einen Spieler (vor allem emotional) tief beeinflussen - eben weil Dinge außerhalb seines Willens liegen (und vielleicht gar an Würfel delegiert waren), vielleicht sogar welche, die außerhalb seiner Wahrnehmung waren.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dom am 19.07.2008 | 21:20
Ähm, Merlin, Boomslang!=Dom ;)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 19.07.2008 | 21:21
Ähm, Merlin, Boomslang!=Dom ;)
Sorry... kommt vom Kopieren... ich korrigier's :-) .
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 19.07.2008 | 22:22
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht. In der Fiktion ist dein Wille die einzige Ursache für alles, in der Realität nimmst du das normalerweise nicht an.
Damit meinte ich die eigene Fiktion, nicht sowas wie den SIS. Das was du dir vorstellst, darüber hast du die Kontrolle. Zumindest bist du dir als gesunder Mensch normalerweise darüber im Klaren, dass deine Gedanken das sind was diese Vorstellung begründet und verändert. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied zur Realität und das ist alles was ich meine wenn von Existenz gesprochen wird. Existenz von Fiktion und Existenz von realen Dingen ist nicht das gleiche und nur dann vergleichbar, wenn man auf das Spiel Bezug nimmt, wenn man also grade die Dynamik des Spiels mit der Realität vergleicht. Dazu muss man sie aber erstmal in seine Betrachtung mit rein nehmen und nicht ausklammern.
Die Sache mit der Existenz ist für mich völlig indiskutabel, darüber brauchen wir gar nicht sprechen.

Natürlich können wir sagen auch die Fiktion existiert irgendwie und kann irgendwie als von mir unabhängig betrachtet werden, alles schön und gut, das kann man ja machen, wenn nun jeder weiß was gemeint ist. Ich verstehe nur nicht was das soll. Damit beschränkt man seine Sichtweise. Das muss nicht falsch sein, aber es wurde hier noch nicht erwähnt was das bringen soll.
Für jede vernünftige Schlussfolgerung das Spiel betreffend muss man auch wieder die Dynamik des Spiels betrachten und nicht die einer fiktiven Welt.

Die Dynamik der fiktiven Welt kann man betrachten wenn es darum geht was die Spieler erwarten wenn sie sich einzeln diese Welt versuchen wie eine echte Welt vorzustellen. Allerdings nur soweit wie die Spieler bereit sind diese Illusion anzunehmen, denn ansonsten wissen die Spieler ja dass es ein Spiel ist.
Vielleicht versuchen die Spieler auch ihre eigenen Handlungen möglichst aus der Spielwelt zu begründen (Plausibilität) oder gar diese Welt nach realistischen Maßstäben agieren zu lassen. Aber das hat alles nur mit der Illusion zu tun die die Spieler versuchen gegenseitig aufrecht zu erhalten.
Wenn man also z.B. über die Spielwelt als Maßstab der Spieler für Plausibilität sprechen will, ok, dass wäre ein Ansatz. Ich weiß aber nicht ob das hier so gemeint ist, da Beral ja vehement die Existenz verteidigt, die dafür weder nötig noch hilfreich ist, ganz im Gegenteil.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dom am 19.07.2008 | 22:53
Um das Ganze noch mal klar zu stellen: Merlin und Beral reden hier aus meiner Sicht von zwei unterschiedlichen Dingen.

Merlin sagt, dass man nicht die volle Kontrolle über die Spielwelt hat, da andere Spieler und Würfel auch etwas dazu beitragen. Das sehe ich ähnlich, wie ich oben dargelegt habe. Merlins Standpunkt kann ich daher nachvollziehen.

Beral sagt, dass Teile der Spielwelt, die man noch nicht entdeckt hat, bereits existieren. Das glaube ich nicht. Denn das würde tatsächlich bedeuten, dass niemand in der Spielrunde einen Einfluss darauf hat.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.07.2008 | 01:44
Mit dieser Aussage habe ich auch ein Problem. Etwas, was ich mir nur vorstelle, existiert nach meinem Verständnis nicht. Denn ich stelle es mir ja nur vor, d.h. es existiert eine Vorstellung von der Spielwelt, die Spielwelt selbst aber nicht real.
Nein, es existiert eine Vorstellung vom Vorstellungsraum.
Und Spielwelt ist jetzt quasi ein kürzerer Begriff für "Vorstellung vom Vorstellungsraum".
Anstatt also ganz umständlich zu sagen:
"Es existiert eine Vorstellung vom Vorstellungsraum."
sagt man einfach viel kürzer und griffiger:
"Es existiert eine Spielwelt."

Zitat
Das bedeutet, dass mein Problem mit dem obigen Satz ist, dass die Spielwelt a) nur in meiner Vorstellung existiert (die Spielwelt existiert also nicht, sondern nur eine Vorstellung davon)
Ja, die Spielwelt existiert nicht in der Realität, sondern in deiner Vorstellung. (Und die "Vorstellung von der Spielwelt" ist dann quasi: "Die Vorstellung von der Vorstellung vom Vorstellungsraum".)

Existenz von Fiktion und Existenz von realen Dingen ist nicht das gleiche
Das bestreitet auch niemand. Es gibt keinen der behauptet, dass "Existenz in der Realität" das gleiche ist wie "Existenz in der Fiktion". (Außer bei deinen Posts habe ich manchmal den Eindruck. Wenn jemand sagt: "Es existiert eine Fiktion", dann sagst du: "Nein, die Fiktion ist nicht real." Das erweckt den Eindruck, dass du hier nicht sauber zwischen den beiden Existenzen unterscheidest.)

Zitat
Für jede vernünftige Schlussfolgerung das Spiel betreffend muss man auch wieder die Dynamik des Spiels betrachten und nicht die einer fiktiven Welt.
Darüber kann man ja im zweiten Schritt reden. Erstmal geht es um die fiktive Welt und die Frage, was eine fiktive Welt überhaupt ist.

Im zweiten Schritt (und damit im ursprünglichen Thread) kann man dann den Nutzen klären.
Ein Nutzen, den ich zum Beispiel sehe ist, dass viele Menschen auf Immersion stehen. Und diese haben keine Lust, aus der Immersion geschmissen zu werden, indem Sachen passieren, die der internen Spielweltlogik widersprechen.
Und dann gibt es eben Menschen, denen die interne Spielweltlogik egal ist, und die auf andere Sachen Wert legen.

Und um zwischen diesen beiden Menschengruppen vermitteln zu können, ist es halt wichtig, die Entität der Spielwelt zu betrachten.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 20.07.2008 | 09:59
Die Spielwelt ist alles was im Spiel statt findet.
Warum ist diese Definition nicht angenehm?

Musst du Beral fragen. Der möchte wie gesagt Dinge in der Spielwelt, die vielleicht nie im Spiel stattfinden.




Erstmal geht es um die fiktive Welt und die Frage, was eine fiktive Welt überhaupt ist.

Eine Welt, die sich jemand vorstellt. Soweit überhaupt kein Problem. Ich bestreite allerdings, dass man so etwas entdecken kann, man kann nur seine Vorstellung entwickeln. Das ist keine Entdeckung.

Dann geht es hier aber explizit um eine Spielwelt, also wohl eine ganz bestimmte Art von fiktiver Welt, nämlich eine, die beim Spiel verwendet wird. Da wird jetzt also gesagt: Diese Welt gibt es. Das klärt aber den Ablauf von Rollenspiel in keinster Weise auf.

Es wird gesagt: Die Leute versetzen sich in diese Welt rein. Das ist dann aber keine Eigenschaft von einer Spielwelt, sondern von jeder x-beliebigen fiktiven Welt. Wie unterscheidet sich eine Rollenspiel-Spielwelt von einer anderen? Was macht Rollenspiel aus?

Das wären Fragen, die man als Rollenspieltheorie bezeichnen könnte. Alles andere liegt auf der Hand und ist nicht besonders erhellend.


Ich möchte mir Jörgs Beitrag noch einmal anschauen. Der geht zwar in eine ganz andere Richtung, enthält aber ein paar gute Gedanken.

Eine Spielwelt ist die beliebig definierbare fiktive Umgebung, welche benötigt wird um den ebenfalls fiktiven Charakteren im Rahmen der Simulation Handlungen zu ermöglichen (Gespräche zwischen Charakteren benötigen keine definierte Umgebung).

OK. Da würde ich gerne die Prämissen klären. Du sagst, wie mir scheint, etwa: "Rollenspiel ist, wenn fiktive Charaktere interagieren. Die kann man, wenn man möchte, in eine fiktive Umgebung setzen. Diese nennt man Spielwelt."

Das passt eigentlich schön mit meiner Vorstellung des Wortes "Spielwelt" zusammen. Alrik und Alrik sind Rollenspiel-Charaktere, die sich auf Aventurien aufhalten. Alrik & Alrik brauchen Aventurien nicht und Aventurien braucht die Alriks nicht.


Zitat
Sie wird für gewöhnlich mit einer Spielweltlogik (Regeln) ausgestattet, die es den Spielern ermöglichen eine Einflussnahme auf die Spielwelt zu simulieren (etwas zu machen).

Die Spielweltlogik (Regeln) wird dabei "pseudo logischen" Gesetzen unterworfen, die  eine direkte Auswirkung auf die zu simulierende Umgebung haben. Diese Gesetze versuchen dabei eine für die Spieler nachvollziehbare reelle Spielwelt-Physik zu erschaffen, in deren Rahmen Handlungen simuliert werden können. Wird diese Spielwelt-Physik für die Spieler nachvollziebar dargestellt, gelingt es diesen leichter in die Spielwelt einzutauchen (Immersion zu erleben). Die SoD endet, wenn die Spieler Teile der Spielwelt-Physik oder die Logik von Regeln anzweifeln.

Jetzt wirds dunkel. "Gewöhnlich" eigentlich nicht genug. Wenn wir annehmen, das Leute das "gewöhnlich" tun, sollten wir nach den Gründen schauen.

Ich nehme mal an, dass Regel nicht irgendwelche Spielregeln bezeichnen soll, sondern gleichsam die Naturgesetze der Welt. Die Frage ist, wo jetzt das Simulieren herkommt. Eben waren da nur Figuren, die interagieren. Da wurde noch gar nichts simuliert.


Zitat
Neben den direkten physischen Gesetzen werden meist auch definierende Elemente benötigt um die Spielwelt für die Spieler konkret vorstellbar zu machen. Das sind z.B eine konkrete Geographie, Topographie, Länder, Städte, Bauwerke, ein Phanteon, Tiere Botanik und NSCs. Alle diese Elemente werden benötigt um den Spielern nicht nur Rahmenbedingungen zum simulieren von Handlungen zu geben, sondern auch eine vorstellbare Umgebung.

Aus diesen Elementen erwächst dann die SIS, welche die Grundlage für das gemeinsame Spiel der Gruppe bildet.

Das kann ich soweit einsehen. Hier kriegst du jetzt, die erwähnten Probleme, die wir mit dem "SiS" schon mal in dieser Diskussion hatten: Wenn man sich auf den Hintergrund geeinigt hat, ist er per Definition im SiS. Der kann daraus nicht mehr erwachsen.

Sehr wohl können daraus allerdings konkrete Szenen oder Interaktionsbeträge der Figuren erwachsen. Und damit hast du an sich schön erklärt, wozu sich Rollenspieler auf einen Hintergrund einigen. Wirklich schick.

Hier wird jetzt aber die These vertreten, dass Spielwelt noch was anderes sei als Hintergrund, wobei ich das auch eher synonym gebraucht hätte.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Joerg.D am 20.07.2008 | 12:56
Zitat
Rollenspiel ist, wenn fiktive Charaktere interagieren. Die kann man, wenn man möchte, in eine fiktive Umgebung setzen. Diese nennt man Spielwelt. Alrik & Alrik brauchen Aventurien nicht und Aventurien braucht die Alriks nicht.

Das trifft es, was ich sagen möchte.

Zitat
Ich nehme mal an, dass Regel nicht irgendwelche Spielregeln bezeichnen soll, sondern gleichsam die Naturgesetze der Welt. Die Frage ist, wo jetzt das Simulieren herkommt. Eben waren da nur Figuren, die interagieren. Da wurde noch gar nichts simuliert.

Ja, die Regeln stehen für die Naturgesetze der Welt. Wenn die Personen nur miteinander reden, benötigt man die Naturgesetze nicht. Wenn man hingegen handelt, oder versucht eine Handlung zu simulieren, dann werden die Naturgesetze (Regeln) herangezogen um eine Simulation (was passiert, wenn Alrik den anderen Alrik mit dem Schwert schlägt oder aus dem 3 Stock eines Hauses springt) zu ermöglichen.

Zitat
Wenn man sich auf den Hintergrund geeinigt hat, ist er per Definition im SiS. Der kann daraus nicht mehr erwachsen.

Ja, wenn man sich auf einen Hintergrund geeinigt hat, ist der per Definition die SIS. Die meisten Hintergründe oder Spielwelten sind jedoch erheblich komplexer, als die Ausschnitte, die von den Gruppen genutzt werden. Die wenigsten Gruppen die ich kenne nutzen den vollen Regelpool des Systems oder den kompletten geographischen Hintergrund. Oft werden Details oder Regeln weggelassen um die SoD nicht zu überstrapazieren, sich die Regeln einfacher merken zu können oder eine schnellere Simulation der Spielwelt zu ermöglichen. Es wird immer nur der momentane Teilabschnitt betrachtet, der aktuell zur Simulation benötigt wird.

Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.07.2008 | 15:25
Eine Welt, die sich jemand vorstellt. Soweit überhaupt kein Problem. Ich bestreite allerdings, dass man so etwas entdecken kann, man kann nur seine Vorstellung entwickeln. Das ist keine Entdeckung.
Jain. Wenn du einen Roman schreibst, würde ich dir Recht geben. Da entdeckt man nichts, da entwickelt man nur. Und für den SL gilt das gleiche: Der entdeckt nicht die Spielwelt, der entwickelt sie bloß.

Aber für den Spieler ist das nicht der Fall: Dieser entwickelt im Normalfall nicht die Welt, sondern entdeckt sie nur. (Und wenn man mit extremen Player Empowerment spielt, ist es sogar so, dass jeder die Welt entdeckt, da niemand weiß, was der andere in die Spielwelt packt.)

Zitat
Es wird gesagt: Die Leute versetzen sich in diese Welt rein. Das ist dann aber keine Eigenschaft von einer Spielwelt, sondern von jeder x-beliebigen fiktiven Welt. Wie unterscheidet sich eine Rollenspiel-Spielwelt von einer anderen? Was macht Rollenspiel aus?
Ich bin halt auch der Meinung, dass sich eine Rollenspielwelt nicht zwangsläufig von einer x-beliebigen fiktiven Welt unterscheidet.
Was sich unterscheidet, ist die Interaktion mit der Spielwelt.

Aber theoretisch kann ein Brettspieler, ein Rollenspieler, eine Schauspielergruppe und ein Romanschreiber alle exakt die gleiche Spielwelt verwenden. Der einzige Unterschied ist, wie sie mit der Spielwelt interagieren. (Aber die Spielwelt selber ist in allen Fällen die gleiche.)

Zitat
Das wären Fragen, die man als Rollenspieltheorie bezeichnen könnte. Alles andere liegt auf der Hand und ist nicht besonders erhellend.
Na erstmal geht es um Definitionen. Wenn die Definitionen auf der Hand liegen, ist das imho erstmal ein Zeichen für die Qualität der Definition.
Wie man diese Definitionen nutzt, ist dann eine Frage der Theorie. Und da können dann Sachen rauskommen, die richtig, aber trivial sind, die richtig und nichttrivial sind, oder die auch einfach nur falsch sind.

Aber nur weil eine Definition trivial ist, heißt das noch lange nicht, dass die Theorie, die auf der Definition aufbaut, ebenfalls trivial ist.

Zitat
Das kann ich soweit einsehen. Hier kriegst du jetzt, die erwähnten Probleme, die wir mit dem "SiS" schon mal in dieser Diskussion hatten: Wenn man sich auf den Hintergrund geeinigt hat, ist er per Definition im SiS. Der kann daraus nicht mehr erwachsen.
Nein, der Hintergrund muss nicht zwangsläufig zum SIS gehören. (Wenn einige Spieler den Hintergrund zum Beispiel nicht kennen. Bei DSA zum Beispiel: Alle haben sich darauf geeinigt, dass man als Setting Aventurien verwendet. Aber nur der SL hat die Settinginformationen gelesen. Dann sind sie nicht Teil des SIS.)

Zitat
Hier wird jetzt aber die These vertreten, dass Spielwelt noch was anderes sei als Hintergrund, wobei ich das auch eher synonym gebraucht hätte.
Es gibt zum Beispiel viele Elemente des SIS, die nicht zum Hintergrund gehören:
zum Beispiel: "Alrik tötete die Orks und betrinkt sich in der Taverne."
Das gehört zwar zur Spielwelt (und auch zum SIS), aber es gehört nicht zum Hintergrund.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.07.2008 | 22:25
Ja, Alrik & Alrik sind Teil der Spielwelt.
Sie sind aber nicht Teil des Hintergrundes/ des Settings.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 20.07.2008 | 23:17
Dann versuche ich es nochmal mit einer genauer formulierten Version meiner ursprünglichen Definition:

Die Spielwelt ist die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass die Charaktere mit ihnen interagieren können.

"Regel" ist hierbei ein unstreitiges, konkretes, Diktum über die Fiktion, egal ob das "unstreitig" per Einigung herbeigeführt wird (Regelfall) oder ob gar keine Einigung sondern nur der Vorstellungsakt nötig ist (Solospiel).

Wäre das nach dem derzeitigen Stand konsensfähig?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 20.07.2008 | 23:36
Die Formulierung ist auf jeden Fall erheblicher Brainfuck. ;)

Sagen wir statt Regel mal Fakt. Das ist hier so gängiger. Man hat sich also auf fiktionale Fakten geeinigt (wie auch immer). Kann schon mal nicht schlecht sein.

Dann sollen die Charaktere die also auch solche Regel-Fakten sind mit anderen Fakten interagieren können.

Und dann sind Fakten, mit denen die Charaktere interagieren, die Spielwelt. Die Charkatere können ganz sicher mit sich selbst interagieren. Dann sind sie also auch Spielwelt.

Ich bin mir nicht ganz sicher, wohin das führen soll. Wenn man so vorgeht, wäre es geboten erstmal festzustellen, was Charaktere von Nicht-Charakter-Fakten abhebt. Sonst weiß man nicht, was eigentlich Definiens und was Definiendum ist.

Und dann bin ich mir auch nicht klar, mit welchen Fakten die Charaktere nicht interagieren können sollen.

Zusammengefasst: Hä? (Nicht, dass das mit Beral passen wär. Da sind ja Sachen Spielwelt, auf man sich in keinster Weise geeinigt hat. Seis drum.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 00:07
Die Formulierung ist auf jeden Fall erheblicher Brainfuck. ;)

:D

Ich bin mir nicht ganz sicher, wohin das führen soll. Wenn man so vorgeht, wäre es geboten erstmal festzustellen, was Charaktere von Nicht-Charakter-Fakten abhebt. Sonst weiß man nicht, was eigentlich Definiens und was Definiendum ist.

Autsch. Kalt erwischt. Das erschien mir so evident, dass ich mich innerlich um eine Definition gedrückt habe. Ich versuchs' mal aus der Hüfte:

Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

In der Regel wird er aus der Ich-Perspektive geführt und erlaubt dem Spieler die Gestaltung der Spielwelt außerhalb der Autorenrolle bzw. des gemeinsamen Einigungsprozesses.

Und dann bin ich mir auch nicht klar, mit welchen Fakten die Charaktere nicht interagieren können sollen.

Da wären zunächst die Spielregeln (implizit wie explizit) die ebenfalls im Einigungsprozess entstehen und die Spielwelt und die Charaktere beeinflussen. Die Charaktere interagieren aber nicht mit den Spielregeln sondern allenfalls mit deren Folgen; der Prozess der Einflußnahme ist rein einseitig.

Hierzu würden für mich auch allgemeine Einigungen über die Grenzen der Gestaltungsbefugnis gehören ("In der Spielwelt existieren Bäume und Berge." Es existieren Rassen a, b und c". etc.). Insgesamt das, was oben häufig als "zu entdecken" bezeichnet wurde. Diese Einigungen bestimmen zwar die Spielwelt und setzen der Erzählung Grenzen, es wird aber nicht mit der allgemeinen Regel interagiert, sondern mit deren konkreter Ausprägung ("Wir besteigen Mount Doom").
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 21.07.2008 | 00:26
Zitat
Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

Ja, OK. Schöne Erklärung für SC.

Nur warum jetzt so ein Umweg? Könnte man nicht einfach von allen fiktiven Dingen sprechen, auf man sich geeinigt hat?

Zitat
Hierzu würden für mich auch allgemeine Einigungen über die Grenzen der Gestaltungsbefugnis gehören ("In der Spielwelt existieren Bäume und Berge." Es existieren Rassen a, b und c". etc.). Insgesamt das, was oben häufig als "zu entdecken" bezeichnet wurde. Diese Einigungen bestimmen zwar die Spielwelt und setzen der Erzählung Grenzen, es wird aber nicht mit der allgemeinen Regel interagiert, sondern mit deren konkreter Ausprägung ("Wir besteigen Mount Doom").

Man kann auch einen x-beliebigen Berg besteigen. Was unterscheidet jetzt die Aussage: "Es gibt Berge", die sich problemlos umformulieren lässt zu: "Es gibt einen Berg", von der Aussage: "Es gibt einen Mount Doom."
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 01:36
Nur warum jetzt so ein Umweg? Könnte man nicht einfach von allen fiktiven Dingen sprechen, auf man sich geeinigt hat?

Könnte man sicherlich. Das Problem (zumindest für mich) war allerdings, dass wegen der fiktionalen Natur des Rollenspiels nahezu alles, was stattfindet in gewisser Weise ein "fiktives Ding" ist oder sich auf ein solches bezieht. Spielregeln und Spielwelt haben allerdings, trotz eines ähnlichen Entstehungsprozessses, teilweise deutlich unterschiedliche Funktionen im Komplex "Rollenspiel". Da beide unterschiedliche Funktionen haben, machen sie m.E. auch unterschiedlich organisierte Einigungsprozesse notwendig. Um diese Einigungsprozesse beschreiben zu können, bzw. die Funktionen zu unterscheiden, mussten aus meiner Sicht Spielregeln und Spielwelt allerdings erst einmal definitorisch getrennt werden. (ausserdem war's die Threadfrage  ;D).

Man kann auch einen x-beliebigen Berg besteigen. Was unterscheidet jetzt die Aussage: "Es gibt Berge", die sich problemlos umformulieren lässt zu: "Es gibt einen Berg", von der Aussage: "Es gibt einen Mount Doom."

Nach der o.g. Definition: "Es gibt Berge" und "Es gibt (mindestens) einen Berg" begrenzen Erzählrechte ohne den konkreten gemeinsamen Vorstellungsraum zu verändern (das, was oben häufig als "entdeckbare Welt" bezeichnet wurde. Genau genommen ist es der Bereich der "füllbaren Welt").

"Es gibt den Mount Doom an der Stelle x" gestaltet demgegenüber den Vorstellungsraum und nimmt Erzählrechte wahr.

Streng genommen unterscheidet beide nichts. Wenn man (wie z.B. PtA) den Einigungsprozess über die Spielwelt in das Spiel einbindet verschwimmt der Unterschied weitgehend. Wenn man allerdings "klassischer" bleibt, so ist m.E. eine Unterscheidung notwendig. Dies deshalb, weil am Berührungspunkt von Regeln und Spielwelt häufig Konflikte über die Priorität der Elemente ausbrechen.

[Hier stand der Versuch eines Beispiels. Aber mein müder Kopf will nicht mehr. Bei Interesse gerne morgen wieder ;)).

Nacht allerseits.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 01:41
Also die Regel: "Spieler X kann festlegen, ob es Berge gibt, wenn er ein Gummibärchen zahlt." ist eine Regel.
Aber wenn Spieler X dann sagt: "So, es gibt Berge." dann sind die Berge Teil der Spielwelt. (Aber sie sind auch Teil des SIS. Und da der gesamte SIS Teil der Spielwelt ist, ist das auch nicht so furchtbar überraschend.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 21.07.2008 | 09:36
Könnte man sicherlich. Das Problem (zumindest für mich) war allerdings, dass wegen der fiktionalen Natur des Rollenspiels nahezu alles, was stattfindet in gewisser Weise ein "fiktives Ding" ist oder sich auf ein solches bezieht. Spielregeln und Spielwelt haben allerdings, trotz eines ähnlichen Entstehungsprozessses, teilweise deutlich unterschiedliche Funktionen im Komplex "Rollenspiel". Da beide unterschiedliche Funktionen haben, machen sie m.E. auch unterschiedlich organisierte Einigungsprozesse notwendig. Um diese Einigungsprozesse beschreiben zu können, bzw. die Funktionen zu unterscheiden, mussten aus meiner Sicht Spielregeln und Spielwelt allerdings erst einmal definitorisch getrennt werden. (ausserdem war's die Threadfrage  ;D).

Naja, du drehst dich im Kreis, weil du jetzt zwar weißt, was einen SC (ich nenn so einen Identifikationscharakter mal so) ausmacht, aber noch nicht, was einen Charakter ausmacht.

Und eine Spielregel ist nicht fiktiv, sondern fiktional (http://de.wikipedia.org/wiki/Fiktion#Fiktiv_vs._fiktional). Was fiktiv ist, sollte eigentlich jedem klar sein.

Zitat
Nach der o.g. Definition: "Es gibt Berge" und "Es gibt (mindestens) einen Berg" begrenzen Erzählrechte ohne den konkreten gemeinsamen Vorstellungsraum zu verändern (das, was oben häufig als "entdeckbare Welt" bezeichnet wurde. Genau genommen ist es der Bereich der "füllbaren Welt").

"Es gibt den Mount Doom an der Stelle x" gestaltet demgegenüber den Vorstellungsraum und nimmt Erzählrechte wahr.

"An der Stelle X" hattest du aber vorher nicht gesagt. Gerechter Weise müsste dann auf der anderen Seite stehen: "Es gibt einen Berg an der Stelle X." Und dann ist es wieder das gleiche.

Eine merkliche Einschränkung findet in beiden Fällen auch überhaupt nur dann statt, wenn eine Szene an Stelle X spielt.

Zitat
Streng genommen unterscheidet beide nichts. Wenn man (wie z.B. PtA) den Einigungsprozess über die Spielwelt in das Spiel einbindet verschwimmt der Unterschied weitgehend. Wenn man allerdings "klassischer" bleibt, so ist m.E. eine Unterscheidung notwendig. Dies deshalb, weil am Berührungspunkt von Regeln und Spielwelt häufig Konflikte über die Priorität der Elemente ausbrechen.

Ich seh nur grad nicht, wo die Unterscheidung möglich ist. Nehmen wir an, sie sei es: Wie können dann Spielwelt und Regeln in Konflikt geraten?

Ich verstehe, dass Regeln mit einander um Priorität streiten können. Die sind aber alle nicht Teil der Spielwelt.

Ich ich verstehe auch, dass die Auswirkung von Modellierungen mit der Suspension of Disbelief streiten kann. Aber die SoD ist wohl nicht Teil der Spielwelt. Nehm ich zumindest nach deiner Definition an, denn auf deren Inhalt hat man sich höchstens dann geeinigt, wenn man alleine spielt.


Und da der gesamte SIS Teil der Spielwelt ist, ist das auch nicht so furchtbar überraschend.)

Bei Ebenezer gilt wohl insbesondere auch die andere Inklusion.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 21.07.2008 | 11:37
Ich seh nur grad nicht, wo die Unterscheidung möglich ist. Nehmen wir an, sie sei es: Wie können dann Spielwelt und Regeln in Konflikt geraten?
Mangelnde Perfektion im Setzen der Regeln und Beschreiben der Spielwelt.

Naja, du drehst dich im Kreis, weil du jetzt zwar weißt, was einen SC (ich nenn so einen Identifikationscharakter mal so) ausmacht, aber noch nicht, was einen Charakter ausmacht.
Ein (möglichst stabiles) Bewußtsein, das fähig ist, Entscheidungen zu treffen, z.B.? Zumindest ist das für mich im Rollenspiel die Grenze, aber der ich von einem "Charakter" ausgehen würde. Ein herkömmlicher Baum ist ein Ding (obwohl er zweifellos lebt). Aber ein Baum, der ein Bewußtsein hat und Dinge wünschen oder verabscheuen kann, kann einen NSC darstellen, hat also wohl, "was einen Charakter ausmacht".
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 21.07.2008 | 12:42
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht.
Und wofür ist dieser Unterschied relevant? Ob die beeinflussenden Faktoren innerhalb oder außerhalb meiner Wahrnehmung liegen, ist egal. Inwiefern wird dadurch die Aussage entkräftet, dass ich mir eine Spielwelt vorstelle, die größer ist als das, was ich mir bereits über sie vorstelle? Fehlt dir vielleicht die Vorstellungskraft, um diese Möglichkeit nachzuvollziehen? Ich denke eigentlich nicht, denn ich nehme nicht an, dass du über die reale Welt dnkst, dass sie nur so viel ist, wie du dir über sie vorstellst. Es gelingt dir aber offenbar nicht, exakt diesen Sachverhalt auf das Rollenspiel zu transferieren.

Mit dieser Aussage habe ich auch ein Problem. Etwas, was ich mir nur vorstelle, existiert nach meinem Verständnis nicht.
Nach meinem Verständnis existiert es damit in deiner Vorstellung. Zwangsläufig. Es existiert sogar real, in Form von deiner Gehirnaktivität. Es existiert nicht zwangsläufig außerhalb deines Gehirns, wenn du deine Vorstellung für dich behältst, aber wenn du sie deinen Mitspielern mitteilst, existiert sie auch in anderen Köpfen. Ganz real.

Denn ich stelle es mir ja nur vor, d.h. es existiert eine Vorstellung von der Spielwelt, die Spielwelt selbst aber nicht real. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Spielwelt größer ist, als das, was ich kenne.
Na also. Mehr brauchst du doch nicht, um meine Definition von Spielwelt zu verstehen.

Das bedeutet, dass mein Problem mit dem obigen Satz ist, dass die Spielwelt a) nur in meiner Vorstellung existiert (die Spielwelt existiert also nicht, sondern nur eine Vorstellung davon) und b) dass alles, was ich noch nicht bespielt habe, was ich also nicht kenne, nicht definiert ist.
Ich verstehe dein Problem nicht. Die Spielwelt existiert in deiner Vorstellung. Und du kannst dir hoffentlich vorstellen, dass die Spielwelt in deiner Vorstellung noch nicht ganz von dir entdeckt ist.

Ich behaupte sogar, dass sich die meisten Rollenspieler genau das vorstellen. Sie stellen sich eine Spielwelt vor, die darauf wartet, entdeckt zu werden und machen sich daran, die Spielwelt zu entdecken.
Die hier so vehement vertretene Ansicht, dass man ja gar nichts entdecken kann, weil das, was man entdeckt, von einem selbst geschaffen wird, ist ein Gedankenkonstrukt, das man durchaus machen kann, aber es entfernt die Theorie von der Wirklichkeit des Rollenspiels. Es ist außerdem kein Widerspruch, dass man seine Entdeckungen selbst erschafft. Rollenspiel ist ein Paradebeispiel dafür. Tagträumereien ein anderes. "Echte" Träume ein weiteres.

Das tut sie aber nicht – alles, was andere über die Spielwelt sagen kann ich ablehnen und mir was anderes vorstellen, genau dasselbe, was ich auch mit dem Vorschlag der Redaktion machen kann.
Ihr bewertet diese Tatsache über. Dass die Möglichkeit besteht, jegliche Vereinbarung bezüglich der Spielwelt zu brechen, ist richtig. Von dieser Möglichkeit wird aber nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht, weil ein massiver Gebrauch das Rollenspiel zerstört. Nicht die Möglichkeit einer Ablehnung ist bedeutend für das Rollenspiel, sondern die verbindliche Einigung, die auch nicht widerrufen wird, selbst wenn die theoretische Möglichkeit besteht.

Ich gehe von der verbindlichen Einigung aus. Sie ist die Grundlage für Rollenspiel. Dass sie gebrochen werden kann, ist trivial, dann ist das Rollenspiel irgendwann beendet. Es interessiert mich aber nicht, wie Rollenspiel beendet werden kann, es interessiert mich, wie laufendes Rollenspiel funktioniert. Und das funktioniert so lange, wie ausreichend Einigung besteht. Die Einigung ist eine Grundvoraussetzung, wir brauchen nicht länger über sie zu reden. Wenn sie da ist, kann es Rollenspiel geben, wenn sie nicht da ist, kann es kein Rollenspiel geben.
Die Möglichkeit einer Ablehnung ist kein Beweis für das Nichtvorhandensein von gemeinsam akzeptierten Inhalten.

Beral sagt, dass Teile der Spielwelt, die man noch nicht entdeckt hat, bereits existieren. Das glaube ich nicht. Denn das würde tatsächlich bedeuten, dass niemand in der Spielrunde einen Einfluss darauf hat.
Das sage ich nicht. Das interpretierst du fälschlicherweise in meine Ausführungen hinein. Die Spielwelt ist überhaupt nicht unabhängig von den Spielern.
Die unbekannten Elemente der Spielwelt existieren nicht so, wie du es meinst. Hier müssen wir aber die Vorstellungen trennen:
1) Es gibt die Vorstellung der uns bekannten Spielwelt.
2) Es gibt die Vorstellung, dass die Spielwelt mehr ist, als das, was uns bekannt ist.
Ich lege die zweite Vorstellung meiner Definition zugrunde. Du gehst von der ersten aus.
Natürlich existiert das Dorf, das erst in 5 Minuten aus einer Zufallstabelle generiert wird, nicht in der ersten Vorstellung. In der zweiten Vorstellung ist aber Raum freigehalten für solche Dörfer. Wir wissen, dass es sie geben muss, weil wir wissen, dass Aventurien mehr ist als das, was wir darüber wissen.

Ich seh nur grad nicht, wo die Unterscheidung möglich ist. Nehmen wir an, sie sei es: Wie können dann Spielwelt und Regeln in Konflikt geraten?
Schau in das 3-Ebenen-Modell. Wenn für die Spielwelt die Schwerkraft mit all ihren Auswirkungen vereinbart worden ist (egal ob implizit oder explizit), eine (extrinsische) Regel aber erlaubt, bei Einsatz von 5 Euro eine beliebige tolle Charakteraktion durchzuführen und der Spieler seinen Charakter ohne Hilfsmittel fliegen lässt, kommen Regeln und Spielwelt in Konflikt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 15:46
Zunächst mal vorab: primärer Gedanke bei meinem Definitionsversuch war, die Threadfrage so gut wie möglich zu beantworten. Die Frage warum eine solche Definition sinnvoll sein könnte, kann ich nur unvollständug beantworten, da ich darüber noch nicht genug nachgedacht habe.

Ich versuche weiter unten eine erste Annäherung an das ganze.

Naja, du drehst dich im Kreis, weil du jetzt zwar weißt, was einen SC (ich nenn so einen Identifikationscharakter mal so) ausmacht, aber noch nicht, was einen Charakter ausmacht.

Könntest Du das näher ausführen? Ich erkenne im Moment leider nicht, worauf Du abzielst. Bislang wurde noch keine Unterscheidung zwischen SC's und Charakteren getroffen.

Und eine Spielregel ist nicht fiktiv, sondern fiktional (http://de.wikipedia.org/wiki/Fiktion#Fiktiv_vs._fiktional). Was fiktiv ist, sollte eigentlich jedem klar sein.

Nice, wieder was gelernt heute. Angesichts der ausgeuferten Diskussion darüber, wie "real" eine Spielwelt ist, hielt ich eine exakte Trennung von Fiktion und Fiktional für durchaus hilfreich ;).

"An der Stelle X" hattest du aber vorher nicht gesagt. Gerechter Weise müsste dann auf der anderen Seite stehen: "Es gibt einen Berg an der Stelle X." Und dann ist es wieder das gleiche.

Stimmt. mea culpa, da habe ich die Sache verschlimmbessert.

Zentral war für mich, dass sowohl bei "Es gibt Berge" wie "Es gibt (mindestens) einen Berg" noch keine Interaktion im Raum steht. Ohne Interaktion mit einem bestimmten Berg (Nur dieser ist interaktionsfähig. Mit der generellen Existenz von Bergen in der Spielwelt kann m.E. kein Char interagieren.) unterliegt die Verhandlung anderen Gesetzmäßigkeiten. Keiner der Beteiligten an der Verhandlung hat ein spezifisches Interesse am Ergebnis der Verhandlung (jedenfalls nicht über persönliche Vorlieben hinaus).

Das ist anders, wenn es um konkrete Spielweltfakten geht. Da diese nur kreiert werden, wenn eine Interaktion beabsichtigt ist, kommt hier das Interesse der Spieler an der Erhaltung und Verbeserung ihrer SC's zum Tragen. Die Verhandlung wird "schärfer", das Bedürfnis nach konfliktbeilegenden Regeln wird größer.

Das erste ist reine soziale (in der Regel ungeordnete) Verhandlung, das zweite in der Regel streitige (regelungsbedüftige) Verhandlung. Hieraus erklärt sich auch, warum die Unterscheidung für PtA weitgehend irrelevant ist. Dort unterliegen sowohl soziale wie streitige Verhandlung dem gleichen (Meta-)Regelsystem. Oder aus einem anderen Sichtwinkel: alle Verhandlungen über die Fiktion sind "streitig".

Probleme entstehen, wenn Ergebnisse beider Verhandlungsprozesse kollidieren. Streng genommen ist dies ein reiner Regelkonflikt, er wird aber dadurch verschärft, dass von verschiedenen "Spielertypen" den jeweiligen Verhandlungsprozessen eine unterschiedliche Wertigkeit beigemessen wird.

Aus diesem Grund habe ich auch Probleme mit dem Begriff "intrinsische" Regeln. Dieser Begriff impliziert, dass die Regeln aus einer (wie auch immer gearteten) fiktiven Realität deduktiv abgeleitet werden können. Deduzierte Regeln haben aber einen höheren Wahrheitsanspruch als arbiträr festgelegte (Bsp.: über die Gültigkeit der Schwerkraft lässt sich schwer streiten, über die Strafwürdigkeit der Embrionenforschung schon eher). Der Begriff intrinsisch legt nahe, dass diese Regeln natürlich sind, und keiner Verhandlung mehr bedürfen. In Wirklichkeit sind es lediglich Regeln "zweiter Ordnung", also solche die sich aus der Kombination mehrerer anderer Regeln ableiten lassen.

Bsp.:
Ein häufiges Beispiel ist der Schaden für Dolche und kleine Schusswaffen. In der Regel gibt es eine inplizite Vereinbarung dass die Regeln der realen Welt auch in der fiktiven gelten sollen, solange nichts anderes festgelegt ist. Die Regeln der wirklichen Welt besagen, dass jedermann an einem Dolchtreffer sterben kann. Die D&D-Regeln besagen, dass ein Dolch 1d4 Schaden anrichtet. Diese Festlegungen kollidieren und bedürfen einer Einigung. Der Schaden von Dolchen ist auch nicht so zentral für das Genre, dass man davon ausgehen könnte hier läge eine "andere Festlegung" im o.g. Sinne vor. Vielmehr werden es Simulationisten für einen Regelfehler halten, "regelorientierte" Spieler für eine strikte Festlegung, die von "reinem Fluff" nicht beeinflussbar ist. Verschärft wird der Konflikt dadurch, dass er nur virulent wird, wenn die Gesundheit oder der Erfolg der SC's streitig ist.

Ich denke, es kann der Bewältigung helfen, wenn man sich im klaren darüber ist, dass beide Regeln aus verschiedenen "Ebenen" der Verhandlung kommen und dass die bevorzugte Lösung u.a. davon abhängt, welche "Ebene" man für wichtiger für das Rollenspiel hält. Die Regeln sind zunächst einmal gültige Einigung und nicht sekundär gegenüber der "fiktiven Realität". Genauso handelt es sich bei den Regeln zweiter Ordnung um gültige Vereinbarungen. "Reiner Fluff" sind sie spätestens in dem Moment nicht mehr, wo eine Vereinbarung über Gesetzmäßigkeiten der Spielwelt den Ausgang eines Konflikts über den Fortgang der Fiktion beeinflussen kann.

Die saubere Trennung von Spielwelt und Regeln erleichtert es, die Situation als Regelkonflikt und nicht als Konflikt von "fiktiver Wirklichkeit" und "Spielregeln" zu betrachten. Dies erleichtert m.E. auch (evtl. antizipierte - SW: Regeldesign) mögliche Lösungen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 16:30
@ Ebenezer Arvigenius
Ich habe dir mal hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,42050.msg795679.html#msg795679) im Thread 3-Ebenen-Modell geantwortet, da ich denke, dass die Antwort dort besser hinpasst.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 16:36
Ich gehe von der verbindlichen Einigung aus. Sie ist die Grundlage für Rollenspiel.
...
Die Einigung ist eine Grundvoraussetzung, wir brauchen nicht länger über sie zu reden. Wenn sie da ist, kann es Rollenspiel geben, wenn sie nicht da ist, kann es kein Rollenspiel geben.
Diese Aussage sagt mir dass unser Verständnis des grundlegenden Prozesses im Rollenspiel absolut unterschiedlich ist.
Das Herbeiführen einer Einigung ist zentral, die Möglichkeit einer Einigung ist zentral, aber das ist ein ständiger laufender Prozess. Es wurde nicht vorher gesagt: Wir sind uns immer alle einig (Bei was denn überhaupt?). So eine Art Blanko-Einigkeit unter allen Spielern gibt es nicht und kann es gar nicht geben. Eine Einigung auf irgendwas was es noch gar nicht im Spiel gibt (deine Platzhalter in der Spielwelt) ist nicht vorhanden. Achtung! Wir sprechen hier die ganze Zeit von der Einigung auf fiktive Inhalte, nicht von irgend einer anderen Einigkeit.

Was du eventuell meinst sind Regeln und fiktionale Vorgaben die den Einigungsprozess strukturieren und so beeinflussen wie diese Lücken in der fiktiven Welt im Spiel gefüllt werden. So z.B. die Zufallstabelle X die sagt dass in den Bergen am Tag 1W+3 Orks auftauchen können. Das ist eine Regel die durch akzeptierte Autorität die Einigung herbeiführt, wenn z.B. der SL darauf würfelt. Natürlich prägt sowas die Vorstellung einer Spielwelt. Aber da existiert noch nichts. Es hätte auch ganz anders kommen können. Der SL hätte vielleicht gar nicht gewürfelt, er hätte was anderes gewürfelt. Da wo im Spiel 5 Orks auftauchen, hätten auch 8 auftauchen können, oder gar keine Orks sondern Goblins, oder gar nichts. Wer existiert da jetzt, an diesem Punkt in der Spielwelt? Was ist da? Was da ist sind alle Möglichkeiten auf die sich die Spieler unter Anwendung des Systems einigen können, und das sind normalerweise unendlich viele Dinge.
Das was du dann eventuell mit Spielwelt meinst sind die Möglichkeiten die sich aus dem Verlauf des Einigungsprozesses ergeben. Aber hier von Existenz zu sprechen ist absolut kontraproduktiv.
Wenn du den Raum der Möglichkeiten meinst dann ist mir alles klar. Dann sag uns endlich wozu du das brauchst.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 16:50
Es wurde nicht vorher gesagt: Wir sind uns immer alle einig (Bei was denn überhaupt?). So eine Art Blanko-Einigkeit unter allen Spielern gibt es nicht und kann es gar nicht geben.
Nein. Es wurde nicht vorher gesagt. Aber wenn man sich im Nachhinein das Spiel anschaut, dann stellt man zwei Sachen fest:
1) Schweigen wird meistens als Zustimmung und seltenst als Ablehnung interpretiert.
2) Es wurden mehr Sachen akzeptiert als abgelehnt.

Beide Sachen zeigen doch deutlich, dass Zustimmung der Normalfall ist und Ablehnung eher die Ausnahme. (Natürlich gibt es immer mal wieder Momente, wo jemand etwas ablehnt. - Aber zumindest in unserer Gruppe ist das deutlich weniger als 50% aller vorgeschlagenen Ereignisse.)

Zitat
Aber da existiert noch nichts. Es hätte auch ganz anders kommen können.
Natürlich hätte es ganz anders kommen können.
Wenn unser SL würfelt und er würfelt Orks, dann macht es in unserer Gehirn *plopp* und wir stellen uns plötzlich 5 Orks vor, die uns angreifen.
Bis vor wenigen Sekunden hatten wir noch die Vorstellung, dass dies eine gemütliche Straße ist und dass es soweit südlich eigentlich keine Orks geben kann. Aber der SL würfelt auf der Zufallstabelle und mit der 1% Wahrscheinlichkeit, hat er zufälligerweise die Orks erwürfelt.

In unserer Vorstellung von der Spielwelt macht es also *plopp*: "Aha, hier unten gibt es also auch Orks."
In der Spielwelt selber macht es aber nicht *plopp* und da sind plötzlich Orks und die Orks wundern sich, wieso sie plötzlich so weit im Süden sind, wo sie doch noch eben oben im Norden ein paar Eisbären gejagt haben. In der Spielwelt haben die Orks dort schon die ganze Zeit gehockt und auf Reisende gelauert.
In der Spielwelt hat der Bürgermeister des Ortes schon seit 3 Wochen eine Belohnung ausgesetzt für Leute, die die marodierende Orkbande Erlangen. (In der Vorstellung von der Spielwelt ist dem SL aber erst, als er das Ereignis auf der Zufallstabelle gewürfelt hat, die Idee mit dem Bürgermeister und der Belohnung gekommen.)

In deiner Vorstellung von der Spielwelt kann es also *plopp* machen. In der Spielwelt selber gibt es aber kein *plopp*. (Es sei denn, man spielt ein satirisches Rollenspiel. In denen können Orks durchaus auch aufploppen, weil ein SL so gewürfelt hat.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 17:13
Alles was du da erzählst sind entweder nur individuelle Vorstellungen, die abhängig sind von Einschätzungen, Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten des weiteren Spielverlaufs, sowie von den Absichten des Spielers bezüglich dieses Verlaufs, oder eben weitere Exploration welche die Gruppe aber erst später macht. Nichts davon existiert in dem Moment, noch spielt es in dem Moment eine Rolle im Spiel.
Worauf ich hinaus will ist immer das gleiche: Man braucht keine Spielwelt zu betrachten, weil dadurch nur Dinge verdeckt werden die die eigentliche Ursache sind. Diese Ursache sind die Spieler und ihre individuellen Vorstellungen und Motivationen auf der einen Seite, und das System und der SIS auf der anderen. Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels.

Wie ich schon lange vorher sagte (http://tanelorn.net/index.php/topic,42097.msg790624.html#msg790624): Man kann natürlich die Spielwelt als Hilfskonstrukt hernehmen um die individuelle Vorstellung der einzelnen Spieler zu umschreiben. Da Beral darauf aber nicht eingegangen ist und auch noch dazu widersprüchliche Aussagen gemacht hat (wie z.B. dass Dinge in der Spielwelt sind, die sich die Spieler gar nicht vorstellen) nehme ich an dass es ihm darum nicht geht.

EDIT: Man könnte natürlich auch sagen, und so verstehe ich im Moment manche Erklärung hier, die Spielwelt sei immer dass was der Spielprozess tatsächlich ergibt. Damit ist die Spielwelt auch wieder zu keinem Zeitpunkt wirklich bestimmbar, was erstmal kein Problem ist.
Ich kann mir allerdings nicht vorstellen was man mit so einem Konstrukt nun praktisch macht. Es existiert ja auch nicht. Es ist eine wahre Aussage über die Zukunft des Spiels und damit kann sie ja gar keine Rolle spielen, weil man die Zukunft nicht kennt. Was eine Rolle spielen könnte wären nun wieder die Vermutungen der Spieler über diese "Spielwelt".
Aber was das eigentlich ist, ist wieder die Vermutung der Spieler über den Spielverlauf und damit über den Einigungsprozess der beeinflusst wird von Absichten und Vorstellungen der Spieler, dem SIS und anderen Regeln. Wenn man das Spielwelt nennen möchte, ok. Aber ich fürchte auch das stimmt nicht mir Berals Aussagen überein, abgesehen davon dass es eine schlechte Bezeichnung ist, weil diese "Spielwelt" dann nicht nur Fiktion enthalten würde, sondern auch Details des Spiels selbst.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 17:27
Nichts davon existiert in dem Moment, noch spielt es in dem Moment eine Rolle im Spiel.
Also imho spielt es schon eine Rolle, ob die Orks nun schon seit drei Wochen dort lagern und die Gegend ausgekundschaftet haben, oder ob sie erst seit drei Sekunden dort sind und sich erst zurechtfinden müssen.

Auch spielt es eine Rolle, ob der Bürgermeister nun seit drei Minuten oder seit drei Wochen schon nach hilfreichen Recken sucht, die ihm im Kampf gegen die Orks helfen.

Zitat
Man braucht keine Spielwelt zu betrachten, weil dadurch nur Dinge verdeckt werden die die eigentliche Ursache sind.
Ob man die Spielwelt betrachten muss oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Bevor man sich fragen kann, ob man die Spielwelt betrachten muss, muss man sich zuerst die Frage stellen, was die Spielwelt ist.
(Der Satz: "Man braucht kein Grummeldings zu betrachten, weil Grummeldings nur vom wirklichen Problem ablenkt.", macht erst dann Sinn, wenn man auch weiß, was Grummeldings ist. Bevor man sich nicht darauf geeinigt hat, was Grummeldings eigentlich ist, kann man auch keine Aussage darüber treffen, wie wichtig oder unwichtig Grummeldings überhaupt ist.)

Zitat
Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels.
Ob diese Aussage wahr oder falsch ist, könnte ich dir sagen, wenn ich wüsste, was du mit "hypothetischer Spielwelt" meinst. (Und gibt es einen Unterschied zwischen hypothetischer Spielwelt und Spielwelt? Oder ist hypothetische Spielwelt nur ein Pleonasmus (http://de.wikipedia.org/wiki/Pleonasmus) wie z.B. der weiße Schimmel?)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 17:39
Also imho spielt es schon eine Rolle, ob die Orks nun schon seit drei Wochen dort lagern und die Gegend ausgekundschaftet haben, oder ob sie erst seit drei Sekunden dort sind und sich erst zurechtfinden müssen.

Auch spielt es eine Rolle, ob der Bürgermeister nun seit drei Minuten oder seit drei Wochen schon nach hilfreichen Recken sucht, die ihm im Kampf gegen die Orks helfen.
Es spielt nur dann eine Rolle wenn man sich auf diese Fakten einigt (SIS), oder wenn ein Spieler (z.B. der SL) sich das persönlich so vorstellt und danach im Spiel handelt. Wenn also der SL sich überlegt dass die Orks schon lange da lagern ist das nichts weiter als eine Absicht (für die Zukunft des Spielverlaufes) Fakten einzubringen die mit dieser individuellen Vorstellung in Einklang stehen. Das heißt aber erstmal weder dass dies tatsächlich so im SIS ankommt, noch dass das in irgend einer Weise so ist außer in einer individuellen Vorstellung (und sei es auch die des SL).
Da ist weder Einigkeit noch eine Form von Existenz oder Faktizität bezüglich des Spiels oder der gesamten Spielgruppe, denn es kann "in Echt", im Spielverlauf, ganz anders kommen.

Ob man die Spielwelt betrachten muss oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Bevor man sich fragen kann, ob man die Spielwelt betrachten muss, muss man sich zuerst die Frage stellen, was die Spielwelt ist.
Jo, werd nicht drollig...
In diesem Thread geht es anders als du vielleicht vermutest nicht darum was du für eine Spielwelt hältst, sondern darum wie man eine Spielwelt definieren kann damit es Beral in sein Modell passt. Das ist der Maßstab an dem sich hier alles misst. Und ich kann nicht sehen dass du irgendwie für Beral sprechen würdest.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Lord Verminaard am 21.07.2008 | 17:44
In diesem Thread geht es anders als du vielleicht vermutest nicht darum was du für eine Spielwelt hältst, sondern darum wie man eine Spielwelt definieren kann damit es Beral in sein Modell passt. Das ist der Maßstab an dem sich hier alles misst.

Wichtiger Hinweis! Beral, magst du den Thread vielleicht im Titel als [3-Ebenen-Modell] kennzeichnen und vielleicht im Eingangspost noch mal zu deinem anderen Thread verlinken, damit das klarer wird? Danke! :)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 21.07.2008 | 17:52
Könntest Du das näher ausführen? Ich erkenne im Moment leider nicht, worauf Du abzielst. Bislang wurde noch keine Unterscheidung zwischen SC's und Charakteren getroffen.

Naja, du hast getan und dann mit den SCs weiter gearbeitet. Zur Erinnerung:

Zitat
Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

Was du da konstruierst, ist dabei eben irgendwie ganz merkwürdig, nicht sehr stringent. Einigen wir uns am besten darauf, dass alle wissen, was fiktiv ist.


Jetzt komm ich allerdings nicht mehr mit:

Zitat
Zentral war für mich, dass sowohl bei "Es gibt Berge" wie "Es gibt (mindestens) einen Berg" noch keine Interaktion im Raum steht.

??? Was für eine Interaktion?

Zitat
Ohne Interaktion mit einem bestimmten Berg (Nur dieser ist interaktionsfähig. Mit der generellen Existenz von Bergen in der Spielwelt kann m.E. kein Char interagieren.) unterliegt die Verhandlung anderen Gesetzmäßigkeiten. Keiner der Beteiligten an der Verhandlung hat ein spezifisches Interesse am Ergebnis der Verhandlung (jedenfalls nicht über persönliche Vorlieben hinaus).

??? Welches Interesse sollte ein Spieler überhaupt haben, die über seine persönlichen Vorlieben hinausgehen. Wenn überhaupt nur solche, die vom Regelwerk vorgegeben werden, aber die hat der Spieler abgesegnet, sich also zu eigen gemacht. Das wäre ein Widerspruch.

Zitat
Das ist anders, wenn es um konkrete Spielweltfakten geht. Da diese nur kreiert werden, wenn eine Interaktion beabsichtigt ist, kommt hier das Interesse der Spieler an der Erhaltung und Verbeserung ihrer SC's zum Tragen. Die Verhandlung wird "schärfer", das Bedürfnis nach konfliktbeilegenden Regeln wird größer.

Vorsicht! Es gibt auch Rollenspiele, wo man seinen SC möglichst kunstvoll zugrunde richten möchte. Es gibt auch Spiele, wo jeder mehrere "SCs", das heißt mehrere Charaktere, die für ihn mehr sind als Werkzeuge zur Erzählgestaltung. Überhaupt ist diese Zuordnung nicht eindeutig. Ich kann mich auch mit dem Charakter meines Mitspielers identifizieren. Wenn ich das nicht kann, fallen alle Spiele raus, wo es keinen eindeutig gegelten Charakter-Besitz gibt.

Auch ansonsten halte ich die Aussage für schwierig. Wieso werden Fakten nur kreiert, wenn man sie weiterbenutzen möchte. Ich kann festlegen, dass ein Charakter aus Norden kommt, aus einer kleinen Stadt namens Schnack-Puck. Das mag nun so durchgehen. Ist also Fakt. Trotzdem muss man damit nicht weiter interagieren. Das ist jetzt einfach so und in Tokyo fällt ne Schaufel um.

Zitat
Das erste ist reine soziale (in der Regel ungeordnete) Verhandlung, das zweite in der Regel streitige (regelungsbedüftige) Verhandlung. Hieraus erklärt sich auch, warum die Unterscheidung für PtA weitgehend irrelevant ist. Dort unterliegen sowohl soziale wie streitige Verhandlung dem gleichen (Meta-)Regelsystem. Oder aus einem anderen Sichtwinkel: alle Verhandlungen über die Fiktion sind "streitig".

Ich weiß jetzt nicht genau, was du mit "sozial" und "streitig" meinst.

Zitat
Aus diesem Grund habe ich auch Probleme mit dem Begriff "intrinsische" Regeln.

Hier versteh ich dich genau und kann vollen Herzens zustimmen: Der Begriff ist murks.

Auch das versteh ich:

Zitat
Bsp.:
Ein häufiges Beispiel ist der Schaden für Dolche und kleine Schusswaffen. In der Regel gibt es eine inplizite Vereinbarung dass die Regeln der realen Welt auch in der fiktiven gelten sollen, solange nichts anderes festgelegt ist. Die Regeln der wirklichen Welt besagen, dass jedermann an einem Dolchtreffer sterben kann. Die D&D-Regeln besagen, dass ein Dolch 1d4 Schaden anrichtet. Diese Festlegungen kollidieren und bedürfen einer Einigung. Der Schaden von Dolchen ist auch nicht so zentral für das Genre, dass man davon ausgehen könnte hier läge eine "andere Festlegung" im o.g. Sinne vor. Vielmehr werden es Simulationisten für einen Regelfehler halten, "regelorientierte" Spieler für eine strikte Festlegung, die von "reinem Fluff" nicht beeinflussbar ist.

Hier türmen sich diverse Probleme auf. Zunächst muss der Unterschied zwischen 30 HP und 1W4 Schaden überhaupt nichts ausmachen. Es darf nur nie passieren, dass ein Charakter einen Dolch in die Brust gestochen bekommt, solange er noch mehr als vier HP hat. Das aber nur nebenbei.

Viel wahrscheinlicher ist bei diesem Beispiel allerdings, dass der Spieler, der damit ein Problem hat, gar nicht erst mitspielen wird. Er wird die die Regel gar nicht erst akzeptieren. Wenn er leider versäumt hat das Regelbuch zu lesen, hat er selbst Schuld. Wenn seine Mitspieler nachsichtig sind, werden sie nachverhandeln, sonst zeigen sie ihm den Vogel. Volenti non fit iniuria.

Hieran kann man sehen, dass es sich wahrscheinlich gar nicht um einen Regelkonflikt handeln wird. Der kann erst auftreten, wenn man mehrere Regeln akzeptiert hat, die alle für sinnvoll und richtig hält und dann nicht klar ist, welche Priorität haben soll. Solche Situationen kriegt man gar nicht so einfach hin.

Hier ist es wahrscheinlich ein Konflikt darum, was eine gute Regel ist. Nun ist auf jeden Fall klar, dass man eine höhere Ebene braucht, um Regeln bewerten zu können. Man kann ein Regelwerk nicht an Hand seiner selbst evaluieren. Und genau auf dieser höheren Ebene liegt nun das Problem. Hier ist nicht die Frage, welche Regel Präzendenz bekommen soll, sondern zunächst einmal welche Regel man überhaupt einführen möchte.

Was hier also widerstreiten sind nicht Regeln, sondern die Geschmäcker von Leuten, die irgendwie erstmal Regeln machen müssen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 21.07.2008 | 17:54
Diese Aussage sagt mir dass unser Verständnis des grundlegenden Prozesses im Rollenspiel absolut unterschiedlich ist.
Natürlich. Deswegen verstehen wir einander auch nicht. Deswegen müssen wir auch die Annäherung suchen, statt einander weiter nicht zu verstehen.

Das Herbeiführen einer Einigung ist zentral, die Möglichkeit einer Einigung ist zentral, aber das ist ein ständiger laufender Prozess.
Das ist wie im wahren Leben. Wir können theoretisch jederzeit die Regeln des gesellschaftlichen Miteinander kippen. Wir tun das auch oft. Aber das ist ein winziger Prozentsatz, der unter einer unsichtbaren Grenze bleibt. Entscheidend für das Fortbestehen der Gesellschaft ist nicht das Kippen von Vereinbarungen, sondern ihre Einhaltung. Wenn der kleine Prozentsatz der Regelbrüche überschritten wird, bricht eine Gesellschaft zusammen. Genauso bricht das Rollenspiel zusammen, wenn zu viel abgelehnt wird. 
Ich verstehe nur nicht, was der dauernde Hinweis soll, dass wir jede Vereinbarung auch kippen können. Das ist eine triviale Feststellung, die absolute Allgemeingültigkeit hat und für Rollenspiel keine Exklusivität besitzt.

Wenn du den Raum der Möglichkeiten meinst dann ist mir alles klar.
Ich muss mir erst überlegen, ob "Raum der Möglichkeiten" identisch ist mit Spielwelt. Was genau ist ein Raum der Möglichkeiten?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: 1of3 am 21.07.2008 | 17:55
Wichtiger Hinweis! Beral, magst du den Thread vielleicht im Titel als [3-Ebenen-Modell] kennzeichnen und vielleicht im Eingangspost noch mal zu deinem anderen Thread verlinken, damit das klarer wird? Danke! :)

Dann geh ich direkt. Das Modell diskutier ich nicht weiter.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 21.07.2008 | 18:25
Alles was du da erzählst sind entweder nur individuelle Vorstellungen, die abhängig sind von Einschätzungen, Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten des weiteren Spielverlaufs, sowie von den Absichten des Spielers bezüglich dieses Verlaufs, oder eben weitere Exploration welche die Gruppe aber erst später macht. Nichts davon existiert in dem Moment, noch spielt es in dem Moment eine Rolle im Spiel.
Die Vorstellungen existieren schon mal (und zwar in dem Moment des Spiels, wenn auch nur als Vermutungen über eine fiktive Zukunft) - und vor allem haben sie eine in meinen Augen ganz bedeutende Funktion: An ihnen entscheidet sich, wie der Spieler seinen Charakter auch in diesem Moment handeln und interagieren läßt.
Ohne die Möglichkeit, sich Vorstellungen zur möglichen Zukunft zu machen, wären sinnvolle Entscheidungen jedenfalls nicht wirklich möglich; wenn jeder im gemeinsamen Vorstellungsraum beliebige Änderungen vornehmen dürfte (was praktisch durchaus möglich ist), erlaubt das keine Planung mehr. Die Spielwelt "stabilisiert" den Sinn von Entscheidungen, indem sie dem Vorstellungsraum Grenzen setzt - vielleicht auch zur Zeit noch unbekannte Grenzen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 21.07.2008 | 18:45
Die Definitionsfrage ist im Kontext des 3-Ebenen-Modells entstanden, aber das habe ich direkt im ersten Satz des Eingangsposts klargestellt.
Es geht mir aber nicht nur um meine Sichtweise der Spielwelt, sondern auch um eure Vorstellungen. Ich konnte ja vorher nicht wissen, was ihr mit dem Begriff verbunden habt und habe die Frage deswegen offen gestellt. Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine. Die ist hier willkommen.

Mein derzeitiger Eindruck jedoch ist, dass der Begriff noch nicht in besonderer Weise definiert ist. Es werden auch nur wenige Alternativvorschläge gemacht, sondern der größte Teil der Diskussion dreht sich darum, meine Vorstellung als nutzlos oder unmöglich zu entlarven. Ich bin also nicht ganz freiwillig in die Rolle des Definitionsvorgebers reingerutscht, und dass ich in dieser Rolle natürlich meine eigene Vorstellungen zugrunde lege, ist klar. Das könnt ihr aber jederzeit ändern und den Thread offener gestalten.

Wenn ich die Spielwelt in Bezug auf das 3-Ebenen-Modell diskutieren möchte, werde ich das im anderen Thread tun. Hier habe ich also ohnehin keine Modelldiskussion vor. Ein Vermerk auf das Modell im Threadtitel würde nicht meine Absicht wiedergeben. Aber wenn ihr darauf besteht, kann ich das machen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 18:58
Es spielt nur dann eine Rolle wenn man sich auf diese Fakten einigt (SIS), oder wenn ein Spieler (z.B. der SL) sich das persönlich so vorstellt und danach im Spiel handelt.
Ja. Aber dann spielt es eine Rolle, ob der Ork dort schon seit 3 Wochen oder erst seit 3 Sekunden wartet.

Zitat
Wenn also der SL sich überlegt dass die Orks schon lange da lagern ist das nichts weiter als eine Absicht (für die Zukunft des Spielverlaufes) Fakten einzubringen die mit dieser individuellen Vorstellung in Einklang stehen.
Ja klar. Dem widerspricht auch niemand. Aber:
Im SIS existiert noch überhaupt keine Vorstellung, wie lange die Orks da sind.
In der persönlichen Vorstellung des SLs existiert seit drei Minuten die Vorstellung, wie lange die Orks da sind.
Auf der Spielwelt sind die Orks seit drei Wochen.

Zitat
Da ist weder Einigkeit noch eine Form von Existenz oder Faktizität bezüglich des Spiels oder der gesamten Spielgruppe, denn es kann "in Echt", im Spielverlauf, ganz anders kommen.
Klar. Dann kann sich herausstellen, dass die Spielwelt doch anders war, als es sich der SL vorgestellt hatte.
Das ist ja das, was unter "Entdecken" zusammengefasst wurde:
- Die Spieler dachten, dass es so weit südlich keine Orks gibt. Dann wurde auf der Zufallstabelle gewürfelt und die Spieler mussten entdecken, dass es so weit südlich doch Orks gibt.
- Der SL denkt, dass die Orks seit drei Wochen schon da sind. Dann kommt nachher irgendein Spieler und murrt rum und der SL muss sich eine neue Begründung für die Orks einfallen lassen.

Genau das ist doch damit gemeint, dass keiner wirklich weiß, wie die Spielwelt aussieht. Die Teile der Spielwelt, die im SIS liegen. Darüber herrscht Einigkeit. Die stehen mehr oder weniger fest. Aber den Rest der Spielwelt gilt es zu entdecken. Darüber kann man nichts genaues sagen.

Beim SIS ist klar: "Das gehört zum SIS und das gehört nicht zum SIS."
Bei der Spielwelt ist das nicht klar. Da kann man sich denken: "In dieser Spielwelt existieren keine Orks so weit südlich." Aber da kann man halt feststellen, dass seine Vorstellungen von der Spielwelt falsch waren. Da kann es einen passieren, dass man sagt: "Oh, die Spielwelt ist doch anders, als ich gedacht habe." Das ist beim SIS nicht der Fall. Beim SIS sind sich quasi per Definition alle Leute einig, wie er aussieht. Da kann es keine bösen Überraschungen geben.

Zitat
Jo, werd nicht drollig...
In diesem Thread geht es anders als du vielleicht vermutest nicht darum was du für eine Spielwelt hältst, sondern darum wie man eine Spielwelt definieren kann damit es Beral in sein Modell passt.
Richtig!
Und deswegen sind Sätze wie "Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels." völlig fehl am Platze.
Denn wir sind uns ja einig, dass Beral für sein Modell sicherlich etwas sucht, was für sein Modell hilfreich ist. Er sucht für sein Modell sicherlich nichts, durch dessen Betrachtung man weniger sieht und beurteilen kann.
Ich weiß zwar nicht, was für eine Spielwelt Beral sucht. Aber augenscheinlich muss diese Spielwelt folgende Kriterien erfüllen:
"Mit der Betrachtung einer Spielwelt kann man mehr sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von dir genannten Elemente des Spiels."

Es könnte natürlich auch sein, dass du deinen Satz oben anders gemeint hattest und bereits eine Vorstellung einer Spielwelt im Kopf hattest, als du deinen Satz geschrieben hast.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 18:58
Deswegen müssen wir auch die Annäherung suchen, statt einander weiter nicht zu verstehen.
Dann fang doch einfach schonmal an zu verstehen was ich sage: :)

Ich verstehe nur nicht, was der dauernde Hinweis soll, dass wir jede Vereinbarung auch kippen können.
Davon habe ich nämlich nie was gesagt, und keiner der ähnlich argumentiert hat wie ich hat das gemeint. Du bist da auf dem ganz falschen Trip was unter Einigung auf fiktive Inhalte zu verstehen ist. Da geht es nicht darum Vereinbarungen zu kippen, sondern überhaupt erstmal welche zu treffen! Man einigt sich in einem konkreten Fall im Spiel auf einen konkreten fiktiven Fakt. Diesem Prozess können noch so viel Einigkeit und guter Willen oder Regelung nicht vorgreifen, da Rollenspiel kreativ und interaktiv ist. Die einzige Form der Einigkeit die alles vorweg nehmen kann ist eine Form des Diktats, wenn man sich also darauf einigen würde alles was jemand sagt absolut bedingungslos anzunehmen. Das dürfte aber im Rollenspiel selbst beim schlimmsten Diktator-SL nicht zutreffen.

Dass Einigung meist schnell und stillschweigend stattfindet, völlig klar. Dass es meist keinen Diskussionsbedarf gibt weil alle den Vorgang als geregelt annehmen, sicher. Aber grade das ist der Einigungsprozess! Das System (Regeln und Konventionen unter den Spielern) strukturiert diesen Prozess und macht ihn so in den meisten Fällen einfach und problemlos. Auf das System hat man sich natürlich auch geeinigt und nimmt diesen Entschluss im Normalfall auch nicht zurück, zumindest nicht während des Spiels. Diese Form der Einigkeit ist nicht gemeint.
Alle Einigkeit bezüglich des Systems bedeutet nämlich noch lange nicht, dass dadurch irgend eine Fiktion feststehen würde, sonst bräuchte man doch nicht spielen. Die Entscheidungen der Spieler interagieren, ihre Kompetenzen berühren oder überlappen sich und es müssen im Einzelfall Lösungen getroffen werden, es gibt Zufallselemente die Aussagen machen welche erst interpretiert werden müssen usw. usf. Das ist der Prozess des Spiels, der Verhandlung von und Einigung auf Fiktion, auch Exploration genannt.

Was genau ist ein Raum der Möglichkeiten?
Ich meine hier die Menge der fiktiven Fakten die im Spiel möglich sind . Das ist das worauf die Spieler sich unter Anwendung des Systems einigen können (so eine Art Potenzmenge des SIS).


@ Merlin
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf. Die Spieler sind doch nicht doof, die wissen dass das im Spiel noch nicht passiert ist.

Ich verstehe jetzt außerdem nicht wie das was du sagst zur Definition einer Spielwelt in Berals Sinn beiträgt.


Und dann nochmal @ Beral:
Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine.
Uns fehlt ja dann völlig der Maßstab für eine Definition. Sinnvoll für was? Wenn du das so meinst dann brauche ich auch nicht mehr mit zu diskutieren (und eigentlich braucht das dann keiner). Ich dachte du wolltest auf irgendwas hinaus... Wenn dem nicht so ist, erklärt das natürlich den Diskussionsverlauf ::)
Wenn du nur ne lustige Frage stellst um dann zu sehen wie sich Leute 10 Seiten Definitionen um die Ohren knallen, dann kann ich darauf verzichten. Dieser Stil ein Thema zu diskutieren hat schon unendliche Male zu rein gar nichts geführt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 21.07.2008 | 19:14
Ich meine hier die Menge der fiktiven Fakten die im Spiel möglich sind . Das ist das worauf die Spieler sich unter Anwendung des Systems einigen können (so eine Art Potenzmenge des SIS).
Klingt für mich im Moment zutreffend. Eine feste Zusage zu dieser Alternativerklärung mache ich aber vorerst nicht, weil ich nicht wissen kann, ob das, was du darunter verstehst, wirklich identisch ist mit dem, was ich unter Spielwelt verstehe.

Uns fehlt ja dann völlig der Maßstab für eine Definition. Sinnvoll für was? Wenn du das so meinst dann brauche ich auch nicht mehr mit zu diskutieren (und eigentlich braucht das dann keiner). Ich dachte du wolltest auf irgendwas hinaus... Wenn dem nicht so ist, erklärt das natürlich den Diskussionsverlauf ::)
Selbstverständlich will ich auf etwas hinaus. Ich will sehen, ob mein Verständnis von Spielwelt verstanden wird. Außerdem wollte ich sehen, ob es andere Interpretationen von Spielwelt gibt. Da aber deiner Auskunft nach der Maßstab für eine Definition völlig fehlt(e), schließe ich daraus, dass es bisher keine Definition zu diesem Begriff gab. Sonst hätte es irgendeinen Maßstab gegeben.

Für mich wäre es von Vorteil, wenn der Begriff tatsächlich mehr oder weniger jungfräulich und nicht schon mit verschiedensten Bedeutungen überladen ist.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.07.2008 | 19:22
Dann fang doch einfach schonmal an zu verstehen was ich sage: :)
Dann geh doch mit gutem Beispiel voran und fang an zu verstehen, was ich sage. ;)

Zitat
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Dazu legst du aber wieder die Bedeutung des zu definierenden zu Grunde.
Du kannst nicht Sachen verwenden, ohne geklärt zu haben, was sie bedeuten.

Was verstehst du unter Spielwelt?
Wie soll man dich verstehen, wenn du schreibst:
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung vom Grummeldings handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht",
ohne dass du uns verrätst, was du unter Grummeldings verstehst?  wtf?

Schreibe doch einfach mal, was du mit Grummeldings/Spielwelt meinst.
Dann kann dir auch irgend jemand sagen, ob dein Satz richtig oder falsch ist.

Zitat
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt Grummeldings handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt Grummeldings handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf.
Hier muss man nicht wissen, was du mit Grummeldings meinst. Dieser Satz ist irgendwie trivial:
Die Kernessenz deines Satzes ist:
"Den Spielern muss klar sein, dass die Vorstellung von einer Sache nicht die Sache selber ist."

Ja, dem widerspricht sicherlich keiner. Die Vorstellung einer Spielwelt ist nicht das gleiche, wie die Spielwelt selber.
Aber damit machst du noch keinerlei Aussagen über die Spielwelt. Das trifft auf so ziemlich alles zu.

Zitat
Wenn du nur ne lustige Frage stellst um dann zu sehen wie sich Leute 10 Seiten Definitionen um die Ohren knallen, dann kann ich darauf verzichten. Dieser Stil ein Thema zu diskutieren hat schon unendliche Male zu rein gar nichts geführt.
Nein. Aber bevor man einer Definition ein Wort verpasst, ist es sinnvoll, vorher zu klären, ob das Wort schon vorbelastet ist.
Also stellt man die Frage: "Was stellt ihr euch unter dem Wort xyz vor?"
Und wenn die meisten Leute sagen: "Nichts. Ich stelle mir nichts unter dem Wort vor." dann ist das ein gutes Zeichen und ich kann das Wort verwenden.
Wenn jedoch die meisten Leute sich etwas darunter vorstellen, was meinem Definierenden ähnelt, aber sich in wichtigen Punkten davon unterscheidet, dann ist es schlecht, das Wort zu wählen.

Und ich habe die leise Vermutung, dass du auch bereits eine vorgefasste Vorstellung davon hast, was "Spielwelt" bedeutet. Sonst machen Sätze wie:
- "Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels."
- "Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage."
keinen Sinn.

Diese Sätze ergeben nur dann Sinn, wenn der Autor dieser Sätze auch eine Vorstellung davon hat, was Spielwelt eigentlich ist.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 19:53
Was du da konstruierst, ist dabei eben irgendwie ganz merkwürdig, nicht sehr stringent. Einigen wir uns am besten darauf, dass alle wissen, was fiktiv ist.

Nur zur Erinnerung: Die Umstellung von "Charakter" (ich) zu SC war von Dir. Warum Du mir sie jetzt vorhälst ist mir ein Rätsel.

Naja, du drehst dich im Kreis, weil du jetzt zwar weißt, was einen SC (ich nenn so einen Identifikationscharakter mal so)

Ja, OK. Schöne Erklärung für SC.

Wär schon nett, wenn Du Dich mal entscheiden würdest, ob Du die Definition magst oder nicht ;).

??? Was für eine Interaktion?

Na die:

Die Spielwelt ist die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass die Charaktere mit ihnen interagieren können.

??? Welches Interesse sollte ein Spieler überhaupt haben, die über seine persönlichen Vorlieben hinausgehen. [...] Vorsicht! Es gibt auch Rollenspiele, wo man seinen SC möglichst kunstvoll zugrunde richten möchte. Es gibt auch Spiele, wo jeder mehrere "SCs", das heißt mehrere Charaktere, die für ihn mehr sind als Werkzeuge zur Erzählgestaltung. Überhaupt ist diese Zuordnung nicht eindeutig. Ich kann mich auch mit dem Charakter meines Mitspielers identifizieren. Wenn ich das nicht kann, fallen alle Spiele raus, wo es keinen eindeutig gegelten Charakter-Besitz gibt.

Interessen =

Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

Auch ansonsten halte ich die Aussage für schwierig. Wieso werden Fakten nur kreiert, wenn man sie weiterbenutzen möchte. Ich kann festlegen, dass ein Charakter aus Norden kommt, aus einer kleinen Stadt namens Schnack-Puck. Das mag nun so durchgehen. Ist also Fakt. Trotzdem muss man damit nicht weiter interagieren. Das ist jetzt einfach so und in Tokyo fällt ne Schaufel um.

Die Spielwelt ist die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass die Charaktere mit ihnen interagieren können.

Ob sie's dann auch tun bleibt ihnen überlassen. Dafür sind sie freie Menschen und können Schaufeln umwerfen, wann sie wollen.

Ich weiß jetzt nicht genau, was du mit "sozial" und "streitig" meinst.

Wie bereits oben gesagt. Es ist für den Einigungsprozess von Bedeutung, wie umstritten die Frage sein wird. Fragen bei denen Spieler potentiell "Stakes" haben sind gefährlicher als solche die (u.U. weit im Vorfeld) geklärt werde. Bei der Einigung auf die Spielwelt als solche agiert man im rein "zwischenmenschlichen Bereich". In der Regel werden hier lediglich "milde" Vorlieben zum tragen kommen. Im Gegensatz dazu geht es bei Spielkonflikten oft um das heiklere "gewinnen oder verlieren". Ob sie dann gewinnenindem sie ihren Charakter am besten zu Grunde richten oder dadurch, dass sie am schnellsten leveln ist für den Konflikt irrelevant.

Hier türmen sich diverse Probleme auf. Zunächst muss der Unterschied zwischen 30 HP und 1W4 Schaden überhaupt nichts ausmachen. Es darf nur nie passieren, dass ein Charakter einen Dolch in die Brust gestochen bekommt, solange er noch mehr als vier HP hat. Das aber nur nebenbei.

Bei allem Respekt, das war jetzt pure Rechthaberei. Ausgegangen wurde von einer streitigen Situation. Dass eine Situation nicht streitig ist, wenn es keinen Streit gibt ist trivial und vorausgesetzt. Die Kritik könnte ich allenfalls akzeptieren, wenn Dir das (Standard)Problembeispiel völlig unbekannt wäre, was allerdings im folgenden von Dir selbst widerlegt wird.

Viel wahrscheinlicher ist bei diesem Beispiel allerdings, dass der Spieler, der damit ein Problem hat, gar nicht erst mitspielen wird. Er wird die die Regel gar nicht erst akzeptieren.

Das ist angesichts der üblicherweise umfangreichen Regelwerke reine Abstraktion ohne Wert. Hätte er die Regel vorher gesehen hätte er eventuell nicht mitgespielt. Man beachte die Konjunktive. Beschrieben wird aber gerade eine Problemsituation in der das Problem eben gerade nicht vermieden wurde.

Wenn Du nicht gerade behaupten willst, das solche Situationen in Wirklichkeit nicht vorkommen, ist Dein Einwand hier irrelevant.

Wenn er leider versäumt hat das Regelbuch zu lesen, hat er selbst Schuld. Wenn seine Mitspieler nachsichtig sind, werden sie nachverhandeln, sonst zeigen sie ihm den Vogel. Volenti non fit iniuria.

Hmpf. Leider ist Rollenspiel keine Gerichtsverhandlung und "Recht haben" in sozialen Kontexten eher wertlos. Will man im Bereich der Theorie schauen, wie Konflikte im Spiel vermieden oder erleichtert werden können ist ein "wir stellen fest wer Recht hat und die anderen müssen das dann schlucken" kein brauchbarer Ansatz.

Hieran kann man sehen, dass es sich wahrscheinlich gar nicht um einen Regelkonflikt handeln wird. Der kann erst auftreten, wenn man mehrere Regeln akzeptiert hat, die alle für sinnvoll und richtig hält und dann nicht klar ist, welche Priorität haben soll. Solche Situationen kriegt man gar nicht so einfach hin.

S.o. Du spielst schon zu lange indie-games mit Regeln von 3 gefalteten Din-A-5 Zetteln oder? ;) In der Regel erfolgt die Einigung auf ein (oft nach dem Bekanntheitsgrad ausgewähltes) Regelsystem ohne detaillierte Kenntnis der Einzelregeln. Und übersehen kann man immer was.

Du kannst Dich dann natürlich mit einem "selber schuld" aus der Problematik schleichen, aber was willst Du dann noch mit Rollenspieltheorie?

Hier ist nicht die Frage, welche Regel Präzendenz bekommen soll, sondern zunächst einmal welche Regel man überhaupt einführen möchte.

Wenn man es auf dieser Ebene abfängt braucht man in der Regel keine Rollenspieltheorie um zu Ergebissen zu kommen. Da genügt Sozialkompetenz. Interessant wird es doch eigentlich erst, wenn der Idealprozess an einer Stelle gescheitert ist und man das abfangen muss.

OT: Hattest Du einen schlechten Arbeitstag? Oder hätte ich oben keine Ungenauigkeit zugeben dürfen und Du bist jetzt im "feeding frenzy"? Ich glaube nicht, dass ich schon mal einen so abrupten Umschlag von produktiver Diskussion zu anpöbeln hatte. Es ist fast als würden auf dem Account zwei verschiedene Leute posten  wtf?.

Liegt das an mir oder ist das normal?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 19:57
@ Ebenezer Arvigenius
Ich habe dir mal hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,42050.msg795679.html#msg795679) im Thread 3-Ebenen-Modell geantwortet, da ich denke, dass die Antwort dort besser hinpasst.

Danke Dir! Aber hier (und dort ;)) laufen mir im Moment zu viele Diskussionen durcheinander. Ich fürchte in der mir zu Verfügung stehenden Zeit kann ich mich nicht ausreichend in alle Threads einlesen und fundiert posten. Deshalb bleibe ich erstmal hier.

Ich stehe für eine (langsamere :)) Diskussion aber immer gerne in einem eigenen Thread oder per PM zur Verfügung.

Cheers, E_A.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 20:05
@ Eulenspiegel
Ich meine mit Spielwelt nichts Besonderes, außer eine fiktive Welt in der man spielt (was man hoffentlich nicht erklären muss). Ansonsten geht das was ich meine aus meinen Erklärungen deutlich hervor.
Ich habe nie Spielwelt besonders definiert und versuche das auch nicht. Genauso egal ist mir was du unter Spielwelt verstehst, weil du das völlig im luftleeren Raum lustig vor dich hin definierst, was für mich keinen Nutzen hat. Ich versuche zu verstehen was Beral unter dem Begriff versteht, alles andere ist mir hier erstmal egal.

@ Beral
Wenn dich irgendwer verstehen soll und wenn irgendwer irgendwas von dem Thread hier haben soll, dann musst du schon etwas mehr verraten als "vielleicht vielleicht aber auch nicht". Stell Fragen, erzähl wie du mich oder andere verstanden hast, ob du damit was anfangen kannst oder nicht und warum. Sag was du meinst oder nicht meinst und fertig, sonst hat die Veranstaltung hier keinen Sinn.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Beral am 21.07.2008 | 20:13
@ Beral
Wenn dich irgendwer verstehen soll und wenn irgendwer irgendwas von dem Thread hier haben soll, dann musst du schon etwas mehr verraten als "vielleicht vielleicht aber auch nicht". Stell Fragen, erzähl wie du mich oder andere verstanden hast, ob du damit was anfangen kannst oder nicht und warum. Sag was du meinst oder nicht meinst und fertig, sonst hat die Veranstaltung hier keinen Sinn.
Dann lies doch mal den Thread. Alles, was du einforderst, habe ich meines Erachtens getan.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 21.07.2008 | 20:14
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf. Die Spieler sind doch nicht doof, die wissen dass das im Spiel noch nicht passiert ist.
Die Spieler wissen, daß die fiktive Zukunft eine fiktive Zukunft ist, sicher. Aber sie haben eine Theorie (als ein in sich möglichst widerspruchsfreies Konglomerat von Einzelthesen und Einzeltheorien) im Hinterkopf, nach der sie entscheiden, was mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten wird, wenn sie jetzt eine bestimmte Aktion durchführen. Und diese Theorie ist nicht der gemeinsame Vorstellungsraum, sie muß zwangsläufig über ihn hinausgehen (da sie ja Sachen behandelt, über die erst später verhandelt werden soll). Sie ist etwas im individuellen Vorstellungsraum, aber auch nicht mit ihm identisch, denn sie enthält Unsicherheiten über diesen Vorstellungsraum ebenso wie "Leerstellen" für später noch zu verhandelnde Dinge, geht also auch über ihn hinaus.
Diese Theorie bzw. dies Theoriegebilde ist - zumindest für mich - ein Etwas, das als vergleichsweise solides Etwas sinnvoll zu betrachten ist. Und weil es sich auf eine Umgebung oder Umwelt bezieht, halte ich die Bezeichnung "Spielwelt" für durchaus angemessen.

(Ich bin mir sogar aus bestimmten Gründen sicher, daß nicht alle Menschen die Ansicht teilen, es müsste jederman klar sein, daß eine solche fiktive Welt immer nur Gedankenprodukt ist und der freien Verfügung unterliegt. Es gibt einfach Momente und Abläufe, bei denen die Welt eine Art "Eigenleben" zu entwickeln scheint - und sich zu einem "richtigen Gegenüber" mausert. Aber das kann man auch einer übereifrigen und zu einer solchen Einstellung bereiten Phantasie zuschreiben.)
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Ebenezer_Arvigenius am 21.07.2008 | 20:28
Sie ist etwas im individuellen Vorstellungsraum, aber auch nicht mit ihm identisch, denn sie enthält Unsicherheiten über diesen Vorstellungsraum ebenso wie "Leerstellen" für später noch zu verhandelnde Dinge, geht also auch über ihn hinaus.
Diese Theorie bzw. dies Theoriegebilde ist - zumindest für mich - ein Etwas, das als vergleichsweise solides Etwas sinnvoll zu betrachten ist. Und weil es sich auf eine Umgebung oder Umwelt bezieht, halte ich die Bezeichnung "Spielwelt" für durchaus angemessen.

Ist die Diskussion über diesen Punkt tatsächlich nötig? So weit ich erkennen kann meinen beide Seiten den "Raum der Möglichkeiten". Unklar ist allenfalls, ob man ihn nun der Spielwelt zurechnen soll (weil er die potentiellen Variationen in der gemeinsamen Fiktion betrifft) oder ob er (wie ich es vertrete) davon getrennt ist, weil man mit einem Potential nicht interagieren kann.

An diesem Punkt ist tatsächlich keine Entscheidung darüber möglich, was sinnvoller wäre, da immer noch nicht geklärt ist wozu das ganze jetzt gut sein soll  >;D.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 20:36
Soll ich jetzt erzählen was ich mir unter sinnvollen Definitionen von Spielwelt vorstelle, oder wie?
Ich brauche die eigentlich nicht. Für mich sagt das natürliche Verständnis des Begriffs genug aus um ihn gelegentlich zu benutzen. In solchen Diskussionen wie diesen vermeide ich ihn aber, da er natürlich unterschiedliche Bedeutungen haben kann, die eventuell auch widersprüchlich sind.

Was ich glaube was Leute meinen wenn sie Spielwelt sagen:

A) Eine fiktive Welt die aus dem Spiel hervorgegangen ist und hervorgeht (=SIS oder je nach Verständnis von "Welt" nur ein Teil davon)

oder

B) Ein fiktionaler Kanon der im Spiel verwendet werden soll oder kann (=das was Autoren über eine fiktive Welt gesagt haben + eventuell das was die Gruppe erspielt hat, also entweder inklusive A oder nicht).

oder

C) Eine individuelle Vorstellung über A oder B und die betreffende Erwartung über das Spiel.

Keine dieser Definitionen passt so wie ich das sehe zu dem was Beral gesagt hat und auch nicht in das Modell.
Alles davon könnte man sinnvoll als Definition gebrauchen und man könnte es auch Spielwelt nennen, nur eben nicht alles zusammen.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 21.07.2008 | 20:41
Ist die Diskussion über diesen Punkt tatsächlich nötig? So weit ich erkennen kann meinen beide Seiten den "Raum der Möglichkeiten".
Zumindest ich meine schon mehr, denn auch der Bereich dessen, was schon festgelegt ist, gehört dazu. Also Dinge, zu denen es längst keine Alternative mehr gibt und die ich insofern auch nicht mehr als "Möglichkeit" bezeichnen würde.

Was die Interaktion mit den Möglichkeiten angeht, weiß ich jetzt nicht, wie "Interaktion" zu fassen ist. Ist es eine "Interaktion mit Möglichkeiten", wenn ich bei einem Versicherungsabschluß überlege, ob ein bestimmtes Risiko sinnvoll ist in die Versicherung mit einzubeziehen?

Edit:
@ Dr. Boomslang: Ich habe meine Schwierigkeiten mit A und B2, und C verstehe ich nicht. Ich meine, mehr als individuelle Vorstellungen kann es ohnehin kaum geben, wenn es um eine dynamische Größe geht? Sogar das, was in eventuell vorhandenen Quellenbänden steht, wird ja schon im Moment des Lesens zu einer "individuellen Vorstellung".

A) Eine fiktive Welt die aus dem Spiel hervorgegangen ist und hervorgeht (=SIS oder je nach Verständnis von "Welt" nur ein Teil davon)
Das würde strenggenommen bedeuten, daß die Informationen aus vorgefertigtem Material (Quellenbände) usw. nicht zur Spielwelt zählen würden, da sie ja nicht "aus dem Spiel hervorgehen".

B) Ein fiktionaler Kanon der im Spiel verwendet werden soll oder kann (=das was Autoren über eine fiktive Welt gesagt haben + eventuell das was die Gruppe erspielt hat, also entweder inklusive A oder nicht).
B2 würde wiederum alles aus der Spielwelt ausnehmen, was im Spielverlauf an Entitäten eingefügt wurde, also unter Umständen ganze Dörfer und "geschichtsbewegende Geschehnisse".
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 21:32
Ich weiß jetzt wieder nicht ob das hier irgend wen außer uns beiden interessiert...

Sogar das, was in eventuell vorhandenen Quellenbänden steht, wird ja schon im Moment des Lesens zu einer "individuellen Vorstellung".
Nur ist es ein Unterschied ob es irgendwo steht oder nicht. Es kommt ja darauf an ob ich sage: Die Spielwelt ist das was ich mir vorstelle (weil ich z.B. einen Text gelesen habe).  Oder: Die Spielwelt ist das was der Text beschreibt.
Im ersten Fall hängt es nur von mir ab was die  Spielwelt ist (und dann kann ich in der Form damit nicht direkt spielen). Im zweiten Fall müssen sich alle klar werden (und eventuell explizit einigen) was da steht, und in dem Fall kann es auch jeder selbst überprüfen.

Das würde strenggenommen bedeuten, daß die Informationen aus vorgefertigtem Material (Quellenbände) usw. nicht zur Spielwelt zählen würden, da sie ja nicht "aus dem Spiel hervorgehen".
Sie gehen dann aus dem Spiel hervor wenn sich die Gruppe für das Spiel darauf geeinigt hat (Definition des SIS). Was die Spieler tun um sich zu einigen (z.B. auf Quellenmaterial zu verweisen) ist dabei egal. Diese Variante schließt nur die Anteile des Quellenmaterials aus, auf die sich die Gruppe nicht geeinigt hat. Und viele Leute meinen genau das wenn sie z.B. "unsere Spielwelt" sagen.

B2 würde wiederum alles aus der Spielwelt ausnehmen, was im Spielverlauf an Entitäten eingefügt wurde, also unter Umständen ganze Dörfer und "geschichtsbewegende Geschehnisse".
Ja richtig, aber das ändert nichts daran dass ich glaube dass Leute das manchmal so meinen. Bei "Hintergrund" oder "Setting" ist das ähnlich, manche nehmen da das was im Spiel geschehen ist aus, manche nicht.
Wenn ich z.B. sage: "In der Spielwelt Aventurien wurden grade Sprengstoffe erfunden.", dann werden mir die meisten widersprechen, obwohl sie ja das Spiel meiner Gruppe gar nicht kennen. Da wird der Begriff des offiziell kanonischen Aventurien als Spielwelt zugrunde gelegt.
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Merlin Emrys am 21.07.2008 | 21:54
Im ersten Fall hängt es nur von mir ab was die  Spielwelt ist (und dann kann ich in der Form damit nicht direkt spielen). Im zweiten Fall müssen sich alle klar werden (und eventuell explizit einigen) was da steht, und in dem Fall kann es auch jeder selbst überprüfen.
Naja, "was da steht" ist halt immer so eine Sache. Aber man kann sich auf eine gemeinsame Auslegung verständigen. Spielwelt wäre in C also wahlweise nur die Ansicht eines Einzelnen oder das, worauf man sich gemeinsam verständigt hat?

Sie gehen dann aus dem Spiel hervor wenn sich die Gruppe für das Spiel darauf geeinigt hat (Definition des SIS).
Hm, eigenartige Wortbedeutung von "hervorgehen". Sie wird zugrundegelegt für den gemeinsamen Vorstellungsraum, aber sie kommt ja schon von außen herein. - Aber ich denke, abgesehen von der konkreten Formulierung ahne ich, was Du meinst. - Es geht in diesem Fall um die Summe aller Einigungen bezüglich einer Welt, die eine Gruppe getroffen hat?

Wenn ich z.B. sage: "In der Spielwelt Aventurien wurden grade Sprengstoffe erfunden.", dann werden mir die meisten widersprechen, obwohl sie ja das Spiel meiner Gruppe gar nicht kennen. Da wird der Begriff des offiziell kanonischen Aventurien als Spielwelt zugrunde gelegt.
Das geschieht aber ja nicht im Rollenspiel, sondern außerhalb, also in einer Diskussion über Rollenspiel. Und darin sehe ich dann schon einen Unterschied. Bezogen auf die Runde im Rollenspielgeschehen würde, wenn es als Fakt akzeptiert wurde, eben keinen Widerspruch mehr geben können. - "Spielwelt" wäre dann die Summe aller Einigungen bezüglich einer fiktiven Welt, die außerhalb der konkreten Runde getroffen wurden?
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 21.07.2008 | 22:50
[Die Spielwelt] wird zugrundegelegt für den gemeinsamen Vorstellungsraum, aber sie kommt ja schon von außen herein.
Es kommt alles durch die Spieler herein, nur dass sie sich natürlich nicht alles selbst ausgedacht haben müssen. Alles wird aber nur für das Spiel festgelegt. Mit "für das Spiel" meine ich dann auch "im" Spiel falls dich das irgendwo irritiert haben sollte.

Es geht in diesem Fall um die Summe aller Einigungen bezüglich einer Welt, die eine Gruppe getroffen hat?
Ja, bei A.

"Spielwelt" wäre dann die Summe aller Einigungen bezüglich einer fiktiven Welt, die außerhalb der konkreten Runde getroffen wurden?
Bei B exklusive SIS sind natürlich nicht alle Fakten gemeint die irgendwer irgendwo festgelegt hat. Ich meine nur einen Kanon, also eine Sammlung von Fakten die explizit von einer Autorität festgelegt wurde, dieser Kanon muss schon bestimmt sein und die Autorität anerkannt. Im Rollenspiel besteht dieser Kanon meist aus den Quellenbänden und die Autorität sind Autoren und Herausgeber des Systems. Die Autorität kann aber auch ein Spieler sein der die Welt erfunden hat, oder jemand der nicht mitspielt und sich die Welt ausgedacht hat.
Mit einem konkreten Spiel muss der Kanon auch gar nichts zu tun haben. Er stellt nur deshalb eine Spielwelt dar, weil man die beschriebene Welt zum Spielen benutzen kann, oder weil sie zum Spielen gedacht ist.

Entscheidend bei B inklusive SIS ist hingegen dass die Spieler einen Kanon verwenden der irgendwie explizit festgelegt wurde. Damit meinen sie dann die Festlegungen die Autoren gemacht haben und auch die darauf aufsetzenden innerhalb des Spiels (A).
Eine Frage ist auch ob dieses B inklusive A nun wirklich mehr ist als A. Das ist eine knifflige Sache. Ich habe das nur unterschieden weil manchmal Wert auf Quellenmaterial gelegt wird, auch wenn es nicht speziell für das Spiel festgelegt und explizit vollständig übernommen wurde. Das ist die (ungeklärte) Frage ob Fiktion mittels Verweis auf Quellenmaterial als angenommen gelten kann, auch wenn nicht alle oder u.U. niemand von der Gruppe weiß worum es konkret geht. In dem Fall ist unklar ob sowas im SIS ist oder nicht (bzw. hängt dann davon  ab ob man es da drin haben möchte oder nicht).
Titel: Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
Beitrag von: Erestor am 8.08.2008 | 17:54
Hallo, ich habe das hier die letzten Tage mal gelesen und will nun meine Ideen dazu mitteilen:
Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine. Die ist hier willkommen.

Mein derzeitiger Eindruck jedoch ist, dass der Begriff noch nicht in besonderer Weise definiert ist. Es werden auch nur wenige Alternativvorschläge gemacht, sondern der größte Teil der Diskussion dreht sich darum, meine Vorstellung als nutzlos oder unmöglich zu entlarven.
Im Rollenspiel ist das Spiel mit einer Rolle (oder mehreren Rollen) wesentlich. Diese Rollen werden, davon gehe ich jetzt mal aus, durch je einen Charakter fiktiv verkörpert. Diese Charaktere sind nicht allein sondern in einer fiktiven Welt. Unter Spielwelt verstehe ich diese Welt, in der die Charaktere sich befinden.
Ich verstehe Ansonsten nicht was hier für ein Begriff von Existenz verwendet wird, vermutlich eher ein Ideologischer, so nach Platon, oder wovon wird hier gesprochen?
Für die Existenz genau einer Spielwelt pro Rollenspiel (zu Ausnahmen sie unten) mach ich eine Anleihe aus der Mathematik: In der Mathematik werden unter anderem Axiomensysteme aufgebaut und etwas untersucht, was diese Axiome erfüllt. So existiert z. B. ein Gruppe und einige ihrer Eigenschaften können untersucht werden. Ob diese untersuchte Gruppe nun die ganzen Zahlen mit der Addition oder eine andere Gruppe ist, ist bei diesen Betrachtungen unerheblich. Es kann dennoch von "einer Gruppe" bzw. "der Gruppe" geschrieben werden. So wie diese Gruppe der mathematischen Betrachtung existiert, so existiert für mich die Spielwelt.
Was auch in der Mathematik/Logik vorlommt, ist eine Aussage, es existiere etwas (z. B. O genannt), das bestimmte Eigenschaften besitzt. Sofern diese Existenz bewiesen werden kann, kann dann mit diesem einen O weitergearbeitet werden, ohne O selbst genauer zu bestimmen. Aber O soll genau ein solches existierendes Objekt bezeichnen, nicht alle Objekte, die die Bedingung erfüllen.
Du sagst sie ist nicht SIS. Deine weiteren Aussagen interpretiere ich so, dass der SIS jederzeit einen Ausschnitt der Spielwelt enthalten kann. Er kann nichts anderes als Ausschnitte der Spielwelt enthalten (also nichts was nicht in der Spielwelt ist), und er kann auch die ganze Spielwelt enthalten, falls diese nur aus wenigen Informationen besteht.
Für mich ist der SIS das wesentliche Kriterium dafür, um zu sehen, ob eine beliebige fiktive Welt die Spielwelt sein kann, ob sie die Bedingung erfüllt: Trifft der Teil des SIS, der sich auf die Vorstellung der Spieler über die Welt der Charaktere bezieht, auf die fiktive Welt zu, so kann die fiktive Welt die Spielwelt sein. Wiederspricht die fiktive Welt dem SIS, so ist sie nicht die Spielwelt. Ich denke, im SIS kann auch etwas sein, was sich nicht auf die Welt bezieht sondern auf Abmachungen der Spieler. Z. B. wenn vereinbart wurde, das Rollenspiel soll eine soziale Intriege ohne Gewalt durchspielen, ist zwar das "ohne Gewalt" in der gemeinsammen Vorstellungen der Spieler, aber sie schließt nicht Gewalt in der Spielwelt aus. Wenn nun ein Ereignis "Charakter A wird weinend im Nebenraum gehört" im SIS ist, kann aus dem "ohne Gewalt" gefolgert werden, dass er nicht wegen Gewaltanwendung weint sondern z. B. eher aus Trauer oder Enttäuschung.
Ändert sich nun der SIS durch Handeln der Spieler, so kann dies sowohl eine zeitliche Entwicklung innerhalb der Spielwelt in die Vorstellung aufnehmen als auch eine weitere Einschränkung, welche fiktiven Welten nun noch die Spielwelt sein können.
Die Spielwelt enthält ja auch Sachen, auf die sich die Gruppe nicht geeinigt hat:
Der Bauer hat einen Namen, obwohl sich die Spielwelt nicht auf den Namen geeinigt hat.
Ansonsten existiert nunmal ein Name.
Wenn mein Krieger zum Wirt geht und ihn nach seinen Namen fragt, dann ist es vollkommen legitim vom SL zu sagen: "Der Wirt sagt dir einen Namen. Ich bin mir zu faul, ihn mir jetzt auszudenken, aber dein Char kennt ihn jetzt."

Dieser Name ist nicht Teil des SIS, weil jeder Spieler einen andere Vorstellung von dem Namen hat. Vielleicht haben einige Spieler (inklusive des SLs) nichtmal eine Vorstellung des Namens. Dennoch hat der Wirt einen Namen und mein Krieger kennt ihn. Dieser Name muss also in der Spielwelt enthalten sein.
Diesen Ausführungen stimme ich zu. In der Spielwelt hat der Wirt einen Namen. Das sehe ich so wie folgendes: Es gibt (mindestens) eine eineindeutige Abbildung der Natürlichen Zahlen auf die Rationalen Zahlen. Eine solche Abbildung werde e genannt. Nunn wird in e die natürliche Zahl 2 genau auf eine rationale Zahl abgebildet, auch wenn wir weder e noch diese rationale Zahl genauer festgelegt haben. So hat auch in der Spielwelt der Wirt einen Namen.
Wenn du seine Familie fragst, wie lange der Wirt schon Alrik heißt, wird sie dir antworten, dass er so seit seiner Geburt vor 30 Jahren so heißt.
Wenn du jedoch einen Spieler fragst, wie lange der Name des Wirtes im SIS ist, wir er dir antworten: "Seit 5 Minuten."
Nein, die Einigung findet genau so statt, wie beim SIS.
Der Clou ist jedoch, dass diese Elemente schon lange in der Spielwelt sind, bevor sie überhaupt im SIS landen.
Hier widerspreche ich. Die reale Zeit, in der die Spieler spielen, ist nicht identisch mit der Zeit in der Spielwelt. Also ein Zeitpunkt in der Spielwelt kann nicht vor einem Zeitpunkt der realen Zeit liegen. Deshalb sind die beiden Zeitdauern "30 Jahre" und "5 Minuten" ohne Widerspruch beide möglich: Seit 5 realen Minuten ist der SIS so geartet, dass nur fiktive Welten, in denen der Wirt seit der Geburt vor 30 fiktiven Jahren so hies, die Spielwelt sein kann.
Aber dann enthält die Spielwelt nun zu jeden Zeitpunkt die gleichen Informationen für die Spieler wie der SIS. Wo ist der Unterschied für die Spieler?
Die Spielwelt und der SIS sind eng miteinander verbunden, da der SIS bestimmt, welche fiktive Welt Spielwelt sein kann. Doch mit Hilfe des Begriffs Spielwelt lassen sich jene Veränderungen des SIS voneinander trennen, die eine (fiktiv zeitliche) Entwicklung innerhalb der Spielwelt beschreiben und denen, die die Auswahl der möglichen fiktiven Welten weiter einschränken:
Wenn in den SIS der Fakt hinzukommt, ein Char habe eine Tür geöffnet, so ist das eine Entwicklung innerhalb der Spielwelt. Wenn in den SIS der Fakt hinzu kommt, einige Chars treffen an Ort X drei Orks, dann werden alle fiktiven Welten aussortiert, in denen dort keine drei Orks sind.

Oben schrieb ich von Ausnahmen zu der Aussage, es gäbe zu einem Rollenspiel genau eine Spielwelt. Die Ausnahme sehe ich dann, wenn die Spieler übereinkommen, Fakten zurückzunehmen: Wenn sie sich einigen, dass das, was sie eben noch als in der Spielwelt geschehen festgelegt hatten, nun doch nicht mehr geschehen sein sollte. Dann hat für mich die Spielwelt gewechselt: von der mit diesem Geschehen zu einer ohne ihm.

Gruß Andreas