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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Tourist am 26.01.2011 | 17:32

Titel: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Tourist am 26.01.2011 | 17:32
Hallo,

der Titel deutet mein Anliegen an:

Habt ihr schonmal Runden gespielt in denen Gewalt genauso kritisch gegenübergestanden wurde wie (hoffentlich) jedem "durchschnittlichen"* Deutschen.

Wie wars ?
Was ist bei rausgekommen ? Wurde doch Gewalt für ein "greater Good" eingesetzt ? Gabs große Diskussionen / Drama / Charakterspiel ?
War es einfach Öde weil man ja niemanden Butt-Kicken durfte ?


Würde mich interessieren, Danke :)



*bitte nicht am durchschnittlich aufhängen, jeder ist anders, aber exzessive unmotivierte Gewalt dürfte hoffentlich jedem zuwider sein.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Chaos am 26.01.2011 | 17:38
*bitte nicht am durchschnittlich aufhängen, jeder ist anders, aber exzessive unmotivierte Gewalt dürfte hoffentlich jedem zuwider sein.


Durchschnittlich oder nicht, ich glaube kaum, dass es in D außerhalb von Psychatrie oder Hochsicherheitstrakt Leute gibt, die Gewalt (oder Gesetzesbrüche) so sehen wie der durchschnittliche D&D- oder Shadowrun-Charakter. >;D

Von daher würde mich auf interessieren, von mehr oder minder gewaltlosen Sitzungen zu hören.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: MadMalik am 26.01.2011 | 17:43
Wenn ich recht entsinne war das Freeformding das ich mit Minne mal auf nem Treffen gespielt hab recht gewaltfrei. Das war auch ganz lustig, weil Minne das ganz ordentlich gebastelt hat... so durch den Alkoholschleier meiner Erinnerung hindurch betrachtet. Aber ansonsten ist Gewalt halt fester Bestandteil einer jeden RPG Sitzung, wenn nicht sogar Mittelpunkt.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Fredi der Elch am 26.01.2011 | 17:46
Hier mal spontan zwei Runden, in denen Gewalt keine eine Rolle gespielt hat:

[Sommertreffen 06] PtA – People like Zoo and me (http://tanelorn.net/index.php/topic,29112.0.html)

[Primetime Adventures] Erbgut (http://tanelorn.net/index.php/topic,32558.0.html)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Boni am 26.01.2011 | 17:51
Ein längeres Broomstix-Abenteuer lief nahezu gewaltfrei ab. Die Charaktere waren Fünftklässler in Hogwarts, abgesehen von ein paar danben geganenen Zaubern war da nicht viel mit Gewalt.

InSpectres lief bei mir eigentlich auch immer ohne Kämpfe ab. In diversen Victoriana-Krimi-Abenteuern wurde ebenfalls nicht gekämpft.

Kommt schonmal vor. Aber ich muss zugeben, dass ich Kämpfe schon als eine meiner hauptsächlichen Spaßquellen im Rollenspiel sehe.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 26.01.2011 | 18:00
Die letzte VtM Runde die ich leitete wurde gaenzlich auf den Einsatz von physischer Gewalt verzichtet, iirc.
[Die NSCs haben allerdings zwei mal Sachbeschaedigung begangen, es wurde eine Medien Kampagne organisiert und einige seltene Woelfe eingesammelt und in ein Gehege gesteckt]

Die davor war aehnlich gewalt frei.
[Man klaerte eine alte Mord Serie auf, redete den mittlerweile harmlose Taeter in's Gewissen, brachte sie zur Selbstanzeige und zerstoerte das boese Ritual-Buch in einem Feuer]


Ich hoffe es war beides nicht gaenzlich unspannend ^^;
Groessere Diskussionen, also bei den Taetern ein bisschen, aber man entschied sich sie leben zu lassen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Blutschrei am 26.01.2011 | 18:02
Ich habe schon einige "Anti-Gewalt-Runden" hinter mir, überwiegend in DSA, teils aufgrund der Charakterwahl, teils aufgrund der Spieler an sich.
Ich finde entsprechende Spieler/SLs übertreiben in der Hinsicht völlig, da wir uns ja in einer "virtuellen Welt" befinden, ein übertriebenes Maß an "Reif sein wollen" und ein Missverständnis von Kunst bzw Gewalt in Kunst und Drama. Welches Schauspiel, welcher Roman kam denn gänzlich ohne Gewalt aus? Gewalt ist einfach die ursprünglichste und einfachste und/oder letzte Methode der Konfliktbeseitigung und das höchste Maß an Bedrohung, das man schaffen kann.

Zitat
War es einfach Öde weil man ja niemanden Butt-Kicken durfte ?

Für mich als leidenschaftlichen Kämpfer, Fan von Grim´n´Gritty Genres und eingefleischten Strategen war es ziemlich langweilig. Nicht nur, weil ich nicht "buttkicken" konnte, ich konnte auch ingame nicht viel machen. Keine lodernden Motivationsreden, keine Drohungen, kein Gespött und keine Duellaufforderungen. Einfach nichts, was dem Thema meines Charakters entsprechen würde. Somit hätte ich mir zumindest gewünscht, dass die Gruppe ihren Spielstil vorher bekanntgibt, anstatt sich gegenüber Fragen in diese Richtung stur zu stellen, anch dem Motto "ich will den Plot nicht verraten".
Da 2 Spieler der Runde überhaupt nicht auf ihre Kosten kamen und die Runde 12 Stunden dauerte, gab es danach aber noch eine angenehm blutige Runde mit einigen der Spieler, in denen auch die Spielerin der pafizistischen Rahja-Geweihten zeigte, dass sie es Grim n Gritty kann. Hatte mich dann sehr gefreut!
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: korknadel am 26.01.2011 | 18:30
Wir haben ja leider bisher nur einmal PTA gespielt. Thema war: wir sind Mitglieder einer jungen Rockband, die kurz vor oder kurz nach dem ersten Deal/Release steht. Da haben sich natürlich in einer Episode bereits tolle Momente ergeben und es gab auch böse Abschleppszenen, aber wir kamen völlig ohne Orks aus. Ich denke, wenn man Spaß daran hat, auch Konflikte auszuspielen, die nicht mit fließendem Blut gelöst werden müssen, stellt das überhaupt kein Problem dar. Ich muss Blutschrei in dem Punkt auch widersprechen: Es gibt haufenweise brillante und auch spannende Romane, in denen Gewalt keine oder kaum eine Rolle spielt.

In unsrer Fiasco-Session lief das anders, da endete das Ganze zumindest für meinen Char ziemlich schmerzhaft, jedoch mit einem großen Unterschied zu vielen Genre-Rollenspielen: Die Figuren waren Vorstadtbürger, die mit Gewalt eben nicht umgehen können, die wie der im Eingangspost heraufbeschworene "Durchschnitts-Deutsche" tickten. Dass sie (oder wenigstens mein Char) dennoch in diese Gewaltscheiße hineingeritten wurden, das war sicherlich wiederum für Fiasco genretypisch. Aber ich finde, es ist eben ein Unterschied, ob ich einen Char spiele, der weiß, dass ganz viele Leute mit Schwertern rumrennen und sich hauen und das für normal hält, vielleicht sogar selbst regelmäßig zum Schwert greift (wie in den meisten Fantasy-Settings), oder ob ich versuche, mich einen Normalo hineinzuversetzen, der vielleicht nur Gittarist in einer Band ist oder, wie bei Fiasco, in furchtbare Dinge reinschlittert.

In DSA finde ich es zum Beispiel völlig albern, Gewalt (gegen Goblins  ;D) zu verpönen.

EDIT: Ich muss mich wahrscheinlich etwas revidieren: Mord, Tücke, Verrat und dergleichen spielen in der Literatur sicher doch eine größere Rolle, als ich vorhin so im Schwunge behauptet habe. Mein Widerspruch gegen Blutschreis Aussage tönt nunmehr demnach etwas zaghafter und leiser.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bad Horse am 26.01.2011 | 18:41
Unsere Ponyhof-Runde auf dem Grossen war eigentlich ziemlich gewaltfrei. Und bei Zamonien waren zwar hinterher 80% der Runde tot, aber groß gekämpft haben wir auch nicht...

Ich habe in einer Unknown-Armies-Runde mal einen pazifistischen Linguistikstudenten gespielt, der fand, Gewalt sei keine Lösung und überhaupt. Das hat aber dem Grauen, das die Charaktere erlebt haben, nicht standhalten können, und er knapp daran vorbeigeschrammt, zum wahnsinnigen Axtmörder zu werden. (Gut, wenn man ihn von der Warte eines Durchschnittsdeutschen betrachtet, ist er ein wahnsinniger Axtmörder... ) Trotzdem war Gewalt lange Zeit ein Thema, das nicht einfach so nebenher lief.

Und die Weihnachtsfiascorunde war auch ziemlich gewaltfrei. Mein Charakter hat zwar den Weihnachtsmann mit einer Pistole bedroht, sich aber von ihm bequatschen lassen und nicht geschossen - wohl auch, weil er nicht wirklich in der Lage war, einfach jemanden umzubringen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: milktoast am 27.01.2011 | 00:07
Witzigerweise hatte ich mit In Nomine Satanis/Magna Veritas gewaltlose Runden. Das war keinenfalls Dogma, sondern ergab sich schlicht beim Spiel. Als Dämon/Engel hat man einfach ganz klare Ziele und so war das Spiel relativ frei, und die Charaktere wollten eigentlich immer nur Menschen dazu bringen ihren Vorstellungen zu folgen (und am besten so das diese das nicht bemerken). An "direkter" Gewalt hatten nicht mal die Dämonen Intresse. Agression gab es witzigerweise eher auf Engelsseite (Racheengel) aber da hat meistens schon die deutliche Darstellung von Gewaltbereitschaft ausgereicht.
Gewalt haben die Gruppen sicher immer Verursacht, aber das war kein (direktes) Bestandteil des Spiels.

Ich/Wir haben das aber auch nicht im eigentlichen In Nomine Satanis/Magna Veritas Hintergrund gespielt, sondern fanden damals das "Ein Gutes Omen" von Pratchett eine ziemlich gute Inspiration ist.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Jiba am 27.01.2011 | 09:09
Kleine Ängste
Vollkommen gewaltlos, denn es ging eigentlich mehr darum, sich zu fürchten, als Schwerter zu schwingen. War sehr angenehm und auch sehr intensiv. Es gab zwar glaube ich auch mal eine Actionszene, aber verletzt wurde niemand. Wir haben einem Geistermädchen seine letzte Ruhe verschafft.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bitpicker am 27.01.2011 | 09:31
In meinen Spielen hat Gewalt eigentlich immer entsprechende Konsequenzen, aber das heißt nicht, dass Gewalt darin nicht vorkommt. Jedoch hatte ich durchaus eine Menge Spielrunden z.B. mit Call of Cthulhu oder Vampire, in denen Gewalt nicht oder hauptsächlich als Notwehr vorkam. Und Gewalt als Lösung des Spiels ist bei mir in der Regel die schlechteste Vorgehensweise; wer erst tötet, stellt nachher fest, dass wichtige Fragen nicht mehr gestellt werden können...
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Jiba am 27.01.2011 | 09:41
Noch vergessen...

Diverse AnimagiC-Animerunden - hauptsächlich den Vorlagen geschuldet
Meine Runden "Die Melancholie der Haruhi Suzumiya" und "Futurama" kamen ohne nennenswerte Gewalt aus - bei "Kingdom Hearts" habe ich mich einmal an einem gewaltlosen Abenteuer versucht, was die Spieler aber nicht davon abgehalten hat, letztlich doch die gesamte "Toy Story"-Welt auseinander zu nehmen.  ;)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Selganor [n/a] am 27.01.2011 | 10:23
Jede halbwegs realistisch gespielte Runde in einem "zivilisierten" Gebiet (z.B. einer Stadt) sollte Kampf/Gewalt/... ziemlich reduzieren - zumindest wenn man nicht zu irgendwelchen Ordnungskraeften (Stadtwache, Polizei, oertliche Superhelden, ...) gehoert.

Ich erinnere mich da z.B. an den ganzen 1. Level in der Curse of the Crimson Throne Kampagne. Wir hatten zwar auch Kaempfe (einer war unvermeidlich - die Charaktere trafen auf ihren "Hassgegner", da wollte JEDER kaempfen; ein anderer wurde gleich zu Beginn durch einen wohlplatzierten Sleep-Spell vor Beginn abgebrochen) aber der Grossteil ging ohne irgendwelche echten Kaempfe ab (mehrere Einbrueche, eine Entfuehrung, ... aber keine "Schlachten") so dass der erste Schadenspunkt auf Spielerseite (und es war nur 1 HP) erst auf Stufe 2 kam...
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Das Grauen am 27.01.2011 | 11:01
Das kommt bei mir vor allem bei Stadt-Abenteuern vor. Weil hier häufig eher auf Bestechung, Erpressung und/oder ähnliches gesetzt wird. Ansonsten ist es meist aber schwierig komplett ohne körperliche Gewalt auszukommen, da die Motivation hierzu, zumindest habe ich das oft festgestellt, von den Spielern ausgeht.

Aber wirklich verpönt war Gewalt in den Runden eigentlich nie, es kommt nur selten vor, dass Gewalt nicht zur Anwendung kommt, wenn ich so einen Großteil meiner geleiteten Abenteuer ansehe.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 27.01.2011 | 12:25
Gewaltlose Runden hatte ich auch schon. Schuld daran war meist ein zu schlechtes Kampfsystem, obwohl natürlich der Abenteuerschauplatz "Stadt" auch gewaltreduzierend wirkt. Aber meistens lags am langeweiligen Kampfsystem.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Ein am 27.01.2011 | 12:31
Politische Intrigen bei L5R. Wobei da dann doch irgendwann Duelle und Meuchelmord eine Rolle spielen. Ich denke, das sollte man auch bewusst einsetzen. Ich finde es z.B. unplausibel Gewalt grundsätzlich auszuschließen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Feuersänger am 27.01.2011 | 12:34
Bei unserer letzten Shadowrun-Kampagne war Gewalt zwar nicht "verpönt", aber war kein Pflichtprogramm und wurde oft erfolgreich vermieden. Es gab ganze Runs in denen kein einziger Schuss abgegeben wurde und auch sonst niemand zu Schaden kam. Und in manchen Fällen wiederum haben wir zwar geschossen, aber nur mit Gelmunition um die Gegner auszuknocken. Auch magische Angriffe wurden eher mit Betäubungsblitzen als mit physischen Schadenszaubern vorgetragen.

War aber mitnichten bei allen Runs so -- zumindest bei einem Run hatten wir einen ziemlich enormen Bodycount. Aber generell hatten wir es eher auf Infiltration und Heimlichkeit angelegt.
Das hat vor allem deswegen gut geklappt, weil wir auch keinen reinen Kämpferchar in der Gruppe hatten, dessen Nische der SL mit Zwangskämpfen hätte bedienen müssen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: oliof am 27.01.2011 | 12:37
Die letzte Labyrinth-Lord-Session kam ganz ohne Kampf aus, wohl auch weil wir diesen Optionen aus dem Weg gegangen sind. Die einzige brenzlige Situation wurde durch einen passenden Schlaf-Zauber auch gewalt- und verletzungsfrei gelöst.

Spannend war es aber auf jeden Fall.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Ein am 27.01.2011 | 12:39
Naja, wenn man es enger definiert ist so ein Betäubungszauber ja auch Gewalt! :korvin:
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Grey am 27.01.2011 | 13:45
Habt ihr schonmal Runden gespielt in denen Gewalt genauso kritisch gegenübergestanden wurde wie (hoffentlich) jedem "durchschnittlichen"* Deutschen.
Also, soo kritisch stehen wir dem "durchschnittlichen" Deutschen gar nicht gegenüber... ;D

Wie wars ?
Was ist bei rausgekommen ? Wurde doch Gewalt für ein "greater Good" eingesetzt ? Gabs große Diskussionen / Drama / Charakterspiel ?
Tatsache ist: nach den ersten paar "wilden Jahren" als Rollenspiel-Anfänger haben wir nie anders gespielt... und daß wir auch auf Charakterebene der Gewalt kritisch _gegenüberstanden_, heißt ja noch lange nicht, daß wir sie nicht dennoch angewandt haben. Nur eben mit jener Sorte ethisch/moralischer Implikationen, die Gewaltanwendung auch im RL nun mal mit sich bringt und die immer in der Frage zusammenlaufen: wann ist es gerechtfertigt, zu kämpfen?

Das Erlebnis der Kampfszenen wurde dadurch eher intensiver. Häufig haben wir versucht, das Blutvergießen abzuwenden. Aber wenn uns keine andere Wahl blieb, haben wir uns dafür um so entschlossener hineingestürzt, mit einem sehr klaren Bewußtsein, warum wir kämpfen. So gesehen: ja, es kam zu großen Diskussionen, lebendigem Charakterspiel und verdammt viel Drama -- und blutrünstig gemetzelt wurde trotzdem oft genug.

Eine gewaltfreie Anekdote:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


EDIT: Grammatik/Satzbau
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Haukrinn am 27.01.2011 | 17:19
Wir haben letzte Woche einen ganzen Abend D&D4 gespielt, ohne dass es zu einem Combat Encounter gekommen ist (obwohl ich gleich zwei davon vorbereitet hatte). Alles wurde mit einer Skill Challenge und einigen zusätzlichen Skillwürfen und viel Charakterspiel gelöst.

(ja, ich weiß, D&D4 ist kein Rollenspiel und ich habe es offensichtlich völlig falsch verwendet, werft schon eure Steine...  ~;D)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Pyromancer am 27.01.2011 | 18:05
Man muss da denke ich differenzieren:
Es gibt auch in meiner Hack-und-Schnetzel-Savage-Worlds-Runde Abende, in denen keine Gewalt angewendet wird - allerdings nicht, weil das verpönt ist, sondern weil es sich einfach nicht ergibt ober andere Lösungen praktikabler sind.

Ich hatte aber genug Runden, die in der Zivilisation gespielt haben und wo die SCs "normale Leute" waren, und da ist Gewalt eben nicht normal.
Eines der beeindruckendsten Erlebnisse hatte ich bei einem Traveller-One-Shot, bei der die SCs als Innenrevision auf eine Bergbau-Station geschickt wurden, um zu schauen, ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Da lag über große Teile des Abenteuers ein latentes Gefühl der Bedrohung in der Luft, man war eben nicht mehr in der Zivilisation, aber man war zivilisiert, Gewalt stand überhaupt nicht zur Diskussion, und als am Ende tatsächlich in einer Notwehr-Situation ein Schuß abgegeben wurde, da war das ein einschneidendes, für den Charakter, der geschossen hat bestimmt auch traumatisierendes Erlebnis.

Wobei ich fairerweise dazusagen muss, dass in etlichen dieser gewaltfreien oder gewaltarmen Runden Gewalt keineswegs verpönt war - es war halt einfach nicht ein geeignetes Mittel zur Problemlösung.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Darkling ["beurlaubt"] am 27.01.2011 | 18:57
Man muss da denke ich differenzieren:
Es gibt auch in meiner Hack-und-Schnetzel-Savage-Worlds-Runde Abende, in denen keine Gewalt angewendet wird - allerdings nicht, weil das verpönt ist, sondern weil es sich einfach nicht ergibt ober andere Lösungen praktikabler sind.
Da reihe ich mich einfach mal mit ein.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 27.01.2011 | 19:31
Das kommt bei mir vor allem bei Stadt-Abenteuern vor. Weil hier häufig eher auf Bestechung, Erpressung und/oder ähnliches gesetzt wird.
Ich würde das auch unter Gewalt zählen da ich das im normalen Leben doch eher nicht mache und schon etwas moralisch daneben bzw. gewalttätig fände.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Sashael am 27.01.2011 | 19:45
Naja, man sollte in diesem Thread aber schon differenzieren, ob man über eine oder mehrere Sitzungen redet, in denen Gewalt keine Rolle gespielt hat, weil sie einfach nicht zur Szene passte, oder ob man über eine Runde spricht, in der Gewalt wirklich explizit abgelehnt wurde.

Den ersten Fall dürften so ziemlich alle hier schon des öfteren erlebt haben. Ich persönlich hatte mehrere Sessions hintereinander bei D&D, wo wir ausschließlich Charakterspiel betrieben haben und den Plothooks hinterhergejagt sind ohne ein einziges Mal auch nur die Klingen zu zücken.

Den zweiten Fall ... das würde mich auch interessieren, ob und wie jemand sowas erlebt hat.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bad Horse am 27.01.2011 | 20:37
Es gibt genug Settings, in denen Gewalt einfach unpassend ist. Kleine Ängste, zum Beispiel, oder Ponyhof.

Mit "Normalbürgern" in einem modernen Setting kann man eigentlich auch davon ausgehen, dass für die Charaktere Gewalt erstmal jenseits der Erfahrungswelt und moralisch zumindest fragwürdig ist.

Und es gibt auch Spielrunden, in denen die Gewalt im Kampf nicht arg explizit beschrieben wird, weil das "zu brutal" ist.  ;)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Tequila am 27.01.2011 | 20:42
Ih find es faszinierend, wie einige Leute hier "gewaltfrei" definieren.

Während einige explizite Gewalt mit Verletzungen, eventuell sogar tödlichen, hier ablehnen, haben doch die meisten davon keine Bedenken, zu erpressen, zu bedrohen, Magie oder Sachbeschädigung (auch eine Form der Gewalt) zu betreiben.

Allein aufgrund dieser Tatsache, das eben Gewalt nicht immer unbedingt körperlich sein muss, denke ich, dsa es komplett gewaltfreie Runden nur bei sehr speziellen Settings geben kann.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Blechpirat am 28.01.2011 | 00:52
Es gibt ne Menge Leute, die friedliches Rumsitzen vor einem Gebäude schon für Gewalt halten...
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Timberwere am 28.01.2011 | 01:58
Unsere Fvlminata-Runde tendiert eher zu den politisch-diplomatischen Lösungen. Das letzte Abenteuer ging sogar völlig ohne Gewalt ab. Also der Aufhänger des Plots war Gewalt (ein Mord), aber der wurde dann seitens der Gruppe gewaltlos aufgeklärt. Einen Kampf, den ich zwischendrin eigentlich vorgesehen hatte, ließ ich ausfallen, eine potentielle Schlägerei zwischendrin fand auch nicht statt, weil die Gruppe sich entsprechend anstellte, und den Endkampf schafften sie auch vollständig zu vermeiden und stattdessen eine diplomatische Lösung zu finden.

Es war aber trotzdem nicht langweilig (fand ich jedenfalls, und aus der Gruppe klang es ähnlich), weil das Römer-Setting sich einfach eher für Intrigenkrams anbietet und die Gruppe auch eher gewaltlos daherkommt mit einem Senatorensohn, einem Schiffskapitän und einem Sklaven. Der einzige echte Kämpfer der Gruppe, ein Legionär, war nur wenige Sitzungen überhaupt dabei.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 28.01.2011 | 05:27
Einige der Primetime Adventure Runden, die ich gespielt habe, waren voellig gewaltfrei. Das heisst dann aber auch, dass von vorne bis hinten keiner der Charaktere Gewalt eingesetzt hat. In allen anderen Runden kam Gewalt vor. Ich wage zu behaupten, dass abseits von kleinen Nischensystemen wie eben PtA kaum Runden bestehen, die gewaltfrei verlaufen. Und nein, fuer mich sind Runden, in denen an einem Abend mal ohne Gewalt ausgekommen wird, sonst aber schon mal das Schwert oder die Pistole geschwungen wird, keine Runden, in denen Gewalt verpoent ist (wie es das Thema sagt).

Alle "grossen" Systeme haben einen Fokus auf Gewalt. Es mag noch so harmlos anfangen, aber die Eskalation in Richtung einer gewaltsamen Loesung liegt genauso nah wie in jedem Hollywood Actionfilm. Dabei gibt es doch auch so viele Dramen, Romanzen, Komoedien und was weiss ich neben den Ballerfilmen. Versteht mich nicht falsch: Ich mag meinen DnD Dungeoncrawl, meine Weltraumpiraten und ein paar Actionfilme aus Hollywood. Aber das ist nicht alles, was das Medium bietet. Ich frage mich, ob das Rollenspiel sich noch mehr in Richtung gewaltfrei oeffnen koennte/sollte? Ein paar Grundsteine sind ja bereits gelegt worden.

Ich plaediere fuer mehr gewaltfreie Runden ;D Gibt es vielleicht Techniken, die diesen Spielstil unterstuetzen wuerden?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: ingrim am 28.01.2011 | 08:50
Ich plaediere fuer mehr gewaltfreie Runden ;D Gibt es vielleicht Techniken, die diesen Spielstil unterstuetzen wuerden?

Ich denke "Techniken" kann man ausprobieren. Aber am Ende kommt es darauf an ob die Spieler sich auf ein reines Charakterspiel einlassen können/wollen. Bei einigen Hintergründen ist das einfacher als bei anderen.(z.B. versuch mal SR gewaltfrei zu halten... viel Spaß ^^).

Ich plädiere eher für eine gesunde Mischung die je auf den Hintergrund angepasst ist. Sonst driftet man in eine "MUSS" Umgebung ab...und dass nimmt den Spielspaß komplett.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Deep One am 28.01.2011 | 08:55
Interessieren würd's mich auch, ob es eine Gruppe gibt, die eine wie auch immer geartete Ächtung von Gewalt längere Zeit durchgehalten hat.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Generell sehe ich da für mich als Spieler nicht so den Anreiz. Wenn ich Konflikte durch gutes Zureden und Konsensfindung lösen will, habe ich dazu im richtigen Leben nach Herzenslust Gelegenheit, da brauche ich nicht extra Rollenspiel für machen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Pyromancer am 28.01.2011 | 09:19
Gibt es vielleicht Techniken, die diesen Spielstil unterstuetzen wuerden?

Ein wichtiger Punkt ist, die Charaktere (auf Spieler und SL-Seite) menschlich darzustellen und auch auf Vorzeichen von Gewalt menschlich reagieren zu lassen. Eine etwas mehr der Wirklichkeit angepasst Schilderung der Folgen von Gewalt kann auch dazu führen, dass die Spieler lieber andere Wege beschreiten.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Feuersänger am 28.01.2011 | 11:15
Erstens muss bei den Spielern natürlich der Willen zum gewaltfreien Spiel vorhanden sein.

Wenn das der Fall ist, ist die einfachste "Technik", was ich weiter oben schon erwähnte: keine reinen Kämpfercharaktere in der Gruppe.
Wenn ein SC von seinen Werten her nichts kann außer kämpfen, ist der SL quasi verpflichtet, unumgängliche Kämpfe einzubauen, damit der Kämpfer zu seinem Recht kommt, also seine Nische bedient wird.
Sollen die Spieler sich Charaktere machen mit Schwerpunkten im Sozialen, Technischen oder sonstwas, und mit der Möglichkeit, sich der Aufmerksamkeit von potentiellen Gegnern zu entziehen. Lies: Heimlichkeit / Stealth.

Außerdem musst du als SL natürlich auch entsprechende Lösungsmöglichkeiten zulassen. Aber das versteht sich wohl von selbst. Zu guter letzt kannst du noch für gewaltfreie Lösungen schlicht mehr XP verteilen.

Übrigens: wie ich schon sagte, lässt sich Shadowrun ganz hervorragend gewaltfrei spielen. Gerade dieses Setting bietet einem genügend Möglichkeiten, vollkommen ungesehen zu agieren. Irgendwo sagt auch glaub ich mal einer im Shadowtalk, dass für ihn ein Run als gescheitert gilt, sobald der erste Schuss fällt.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 28.01.2011 | 13:13

Ich plaediere fuer mehr gewaltfreie Runden ;D Gibt es vielleicht Techniken, die diesen Spielstil unterstuetzen wuerden?

Na das ist doch mal eine Frage für das Jahr der Techniken.

Meiner Meinung nach braucht ein Rollenspiel, das weitgehend auf Kämpfe (als typische Form der Gewalt im Rollenspiel) verzichten will, erstmal ein ausgekügeltes Skillsystem und eine interessante Mechanik, die dieses Skillsystem stützt. Ausgedehnte Skillproben ersetzen dann praktisch die Angriffswürfe und liefern interessante Folgen und Nebenwirkungen, die verhindern, dass man einfach nur herumerzählt.
So ein Skillsystem würde helfen, Interaktionen mit der unbelebten Umwelt sowie ggf. Pflanzen und Tieren interessanter zu machen als "Würfel mal 3 Kletterproben...". Vielleicht sowas wie die Skillchallenge bei D&D4, nur noch besser auf- und ausgebaut.

Als zweites wäre ein wirkliches "social combat" System nötig, also eine Mechanik, mit der man verbale, nicht-physische Konflikte zwischen ggf. vernunftfähigen Lebewesen ausspielbar macht. Das halte ich für ganz wichtig, denn ansonsten artet das Spiel leicht in Herumerzählerei aus. FATE fällt mir da als Lösungsansatz ein.

Weiterhin bräuchte man m.E. eine Mechanik für Organisationen und Personen innerhalb von Organisationen. Das ist z.B. etwas, was mir an dem ganzen "Intrigenrollenspiel" fehlt. Bisher kenne ich Intrigen im Rollenspiel vor allem so, dass NSCs eine Intrige schmieden und SCs diese aufdecken bzw. vereiteln (oder darauf hineinfallen). Die Möglichkeit für Spieler, Intrigen zu schmieden, oder gar die Auswirkungen von Intrigen auf eine Organisation/Institution und ihre Beschäftigten zu ermitteln, müsste nach meinem Geschmack irgendwie verregelt werden. Auch hier sehe ich bei FATE (LoA) Ansätze - vielleicht auch im alten Birthright?

Ich könnte es mir z.B. so vorstellen, dass eine Person einen Rang in einer Institution hat, aus dem sich direkte Boni/Mali auf verschiedene Würfelwürfe ableiten.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Steffen am 28.01.2011 | 13:31
Gibt es vielleicht Techniken, die diesen Spielstil unterstuetzen wuerden?

Schamlos von Markus auf der Forge (http://www.indie-rpgs.com/forge/index.php?topic=26752.0) gestohlen, schlage ich einen Charakter für the Pool mit folgenden Eigenschaften vor:

"Probleme durch Töten lösen" +1
"Probleme durch Gewalt lösen" +2
"Probleme durch Kommunikation lösen" +3

Das würde mechanisch festschreiben, dass Gewalt keine Lösung ist.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Blechpirat am 28.01.2011 | 13:56
Doctor Who, wo kämpfen schon regelmechanisch "ausgebremst" wird, sollte mal erwähnt werden.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 28.01.2011 | 13:58
Nun in der World of Darkness(? Zumindest bei Vampire the Requiem) sowie bei Vampire die Maskerade wird Gewaltanwendung, bei strenger GRW Auslegung, ueber die Menschlichkeitstabelle direkt abgewatscht.

Doktor Who schraenkt einerseits den Zeitpunkt der Gewaltanwendung in "Kampf Runden" ein [Reden, Laufen, Gewalt] und setzt zudem ueberaus starke Restriktionen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: SPR'ler am 28.01.2011 | 15:01
Ich hatte mal eine Kurzkampange (5 Spielabende) mit Shadowrun, wo wir tatsächlich ohne Einschüchtern, ohne Waffenzücken, ohne Verhör und ohne Sachbeschädigung den Run durchgezogen haben.

Eine absolute Meisterleistung an den SL, der unsere Ideen immer positiv aufgenommen hat. Aber so ziemlich der drögeste Verlauf eines Runs, den man sich vorstellen kann. Es hat halt einfach alles geklappt. :)
- Und der SL hat immer versucht uns Stöckchen, Stöcke, Gartenzäune und schließlich kanadische Blockhütten zwischen die Beine zu werfen.
Ach, die gute alte Schulzeit...  ;D
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Sashael am 28.01.2011 | 16:25
Aber so ziemlich der drögeste Verlauf eines Runs, den man sich vorstellen kann. Es hat halt einfach alles geklappt. :)
BING!
Da haben wir einen gewichtigen (wenn nicht sogar DEN) Grund, warum Gewalt im Rollenspiel bei vielen dann eben doch nicht so verpönt ist.  >;D
Da ich mir nicht vorstellen kann, dass die SCs überhaupt keine Konflikte zu lösen hatten und niemals eine Situation durch Einsatz von Würfeln schaffen mussten, stellt sich doch die Frage, warum diese Form des Konfliktes bei dieser Runde (oder zumindest bei jesus saves) nicht dieselbe Spannung aufkommen lässt wie der Einsatz von Gewalt.

Wenn ich persönlich allerdings so in die jüngere Vergangenheit zurückdenke, dann war die für die Spieler spannendste Szene in unserer D&D4 Runde eine Skillchallenge, um durch ein vergessenes Höhlen- und Kellersystem zum Schauplatz der Kämpfe zu kommen. Da ich die Erfolge und Mißerfolge durch sehr stimmungsvolle und einprägsame Marker (nagut, ich geb zu, es waren große LEGO-Blöcke in Gelb und Rot :D) direkt anzeigte und sie dann 2 Mißerfolge hatten, obwohl sie noch 3 Erfolge brauchten, fieberten dann die Spielern bei jedem Wurf aufgeregt mit. ;D

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: YY am 28.01.2011 | 19:10
Übrigens: wie ich schon sagte, lässt sich Shadowrun ganz hervorragend gewaltfrei spielen. Gerade dieses Setting bietet einem genügend Möglichkeiten, vollkommen ungesehen zu agieren. Irgendwo sagt auch glaub ich mal einer im Shadowtalk, dass für ihn ein Run als gescheitert gilt, sobald der erste Schuss fällt.

Die meisten der Möglichkeiten sind aber, zumindest/insbesondere für "klassische" Runs, d.h. Anlagencrawls, mMn nicht sonderlich plausibel.

Über den Satz im Shadowtalk sind bei mir im Bekanntenkreis grad so noch keine Doktorarbeiten geschrieben worden - aber alles andere an Definition, Interpretation und Diskussion haben wir durch  ~;D

stellt sich doch die Frage, warum diese Form des Konfliktes bei dieser Runde (oder zumindest bei jesus saves) nicht dieselbe Spannung aufkommen lässt wie der Einsatz von Gewalt.

Weil beim Einsatz von Gewalt immer was Wichtiges auf dem Spiel steht (je nach Regelsystem bisweilen auch nur gefühlt), auch dann, wenn es zunächst nur um unwichtigen Scheiß ging.

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 28.01.2011 | 20:24
Ich sehe das Problem eher etwas tiefliegender. Aus einigen Antworten lese ich hier raus, dass sie den eigentlichen Inhalt (bzw. das Thema) der Rollenspielrunden nicht ändern wollen, sondern nur die Konfliktlösung der Abenteuer mit "Diplomatie" anstelle von Waffen ersetzen wollen. Das funktioniert wie schon beschrieben nur mäßig. Wer will schon Bruce Willis zwei Stunden lang mit dem bösen Simon Gruber verhandeln sehen, um dann im finalen Kaffeekränzchen Gruber dazu zu bequatschen, das ganze doch sein zu lassen. Meh. Das schreit nach langeweile.

Für mich steht fest, dass mit dem Shift zu gewaltfreiem Rollenspiel auch die Thematik, das "Abenteuer", grundlegend geändert werden muss. Deswegen unterscheide sich der Plot von American Beauty ja so sehr von Con Air. Klassische Abenteuer funktionieren besser mit Gewalt, weil dies als Lösungsmittel in der Popkultur so tief verankert ist.

Pyromancer spricht da noch einen interessanten Punkt an. Es scheint mir eben diese Unverbundenheit in Fantasy und SF Settings zu sein, die es mir erschwert, Skrupel zu entwickeln, die ich sonst in einem realistischerem (mir näher stehendem) sicherlich hätte.

Zuletzt: DitV hat einen der schönsten Mechanismen, um die Eskalation von einem verbalen zum physischen Konflikt zu beschreiben. Waffen geben dir gute Argumente, aber dann wird's auch richtig schmutzig. Ich hatte eher nach Techniken wie diesen gesucht, die einen noch stärkeren Fokus in Richtung gewaltfrei haben (denn ehrlicher Weise macht DitV erst so richtig Spaß, wenn's eskaliert). Kann mir jemand die Doctor Who Technik noch ein wenig ausführlicher erklären? Ich verstehe noch nicht ganz, worum es dabei geht.

Hmm, ich überlege gerade, ob ich diese Suche nach Techniken besser aus dem Thread auskoppeln sollte!?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bad Horse am 28.01.2011 | 20:33
Beim Rollenspiel geht es in erster Linie darum, Konflikte zu bestehen, und das neigt eben dazu, dass irgendwer so lange eskaliert, bis nichts mehr geht.

Ja, es gibt Beziehungsdramen, Romanzen und romantische Komödien. Aber im Rollenspiel krankt das Konzept ein bißchen daran, dass es da um zwei Personen geht, und der Rest Randfiguren sind. Das macht nicht jedem Spaß, und es hat auch nicht jeder Lust darauf, Emotionen wirklich auszuspielen.
Wenn man so etwas macht, bräuchte es wohl Werte für die Liebe, die die Charaktere gerade füreinander empfinden. Ein Zwist oder eine Intrige könnte diesen Wert angreifen, und andere Dinge könnten sie wieder nach oben treiben.
Das Problem finde ich, dass nur wenige Leute sich sowohl für die Darstellung von Liebe in Werteskalen interessieren.

Komödien neigen leider beim Rollenspiel dazu, zu üblem Slapstick zu verkommen. Das ist sehr lustig, wenn es hin und wieder vorkommt, aber als tragfähiges Konzept ist es extrem schwierig, da das Abrutschen stilsicher zu vermeiden.


Wir haben in unserer Ars-Magica-Runde neben den Spielrunden noch das Downtime-Geblubber, bei dem Charaktere ihre emotionalen Probleme verarbeiten. Da taucht eigentlich nie Gewalt auf - das ist tatsächlich häufig komisch, manchmal dramatisch, aber die Konflikte liegen gar nicht auf einer Ebene, auf der sie mit Gewalt irgendwie gelöst werden könnten. Wir haben in der Runde aber auch alle mehr als einen Charakter, sodaß ein breit gefächertes Beziehungsgeflecht vorhanden ist. (Auch wenn wir hin und wieder bemerken müssen, dass z.B. Paddy nie mit seinem Vater über seine Probleme redet - klar, ist ja auch derselbe Spieler...)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Tourist am 28.01.2011 | 20:34
@Alrik
Ganz wie du magst, mich stört es nicht wenn es hier weitergeht aber zwecks Übersichtlichkeit wäre ein neues Thema vielleicht auch nicht so verkehrt.

Danke für die vielen Anekdoten Leute! :)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 28.01.2011 | 22:05
Es gibt kein gewaltfreies Rollenspiel.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 28.01.2011 | 22:07
Es gibt kein gewaltfreies Rollenspiel.
Falsch.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 28.01.2011 | 22:37
Falsch.

Habe ich "Gandhi-Der Passive Widerstand" von White Wolf übersehen? Ansonsten: Es gibt kein Rollenspiel* ohne Konflikt, und ein Konflikt im Rollenspiel muss auch mit Gewalt angegangen werden können, ansonsten ist es keiner. (Und ich zähle auch emotionale/seelische Gewalt, wie Erpressung, Einschüchterung, Diebstahl und andere Vergehen dazu. Auch Lügen ist eine Form der Gewalt.)

*(es mag themenartige Spiele geben, die dies erreichen wollen, aber die bezeichne ich nicht als Rollenspiele.)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Stonewall am 29.01.2011 | 00:04
Falsch.

Käme IMHO auch darauf an, wie weit man den Gewaltbegriff fasst. Es gibt ja genug (soziologische, politologische, anthropologische etc...) Definitionen, die sich nicht auf physische Gewalt beschränken.

Ich frage mich auch, ob Gewalt wirklich derart jenseits des Erfahrungshorizontes des "Durchschnittsbürgers" liegt, oder ob das nicht nur für ein ganz bestimmtes soziales Segment in jüngerer Zeit gilt. Das fängt ja nicht erst bei Schwertkämpfen und Schießereien an. Wirklich noch nie (und sei es nur als Beobachter) eine Schulhof- oder Volksfestprügelei erlebt? Und (historisch gesehen) ist es zB auch noch nicht so lange her, daß Gewalt als legitimes Erziehungsmittel galt.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 29.01.2011 | 00:16
*(es mag themenartige Spiele geben, die dies erreichen wollen, aber die bezeichne ich nicht als Rollenspiele.)

Ah ok. Na dann werden wir uns nicht einig. Ich zaehle sogenannte themenartige Spiele zu den Rollenspielen. Wie auch immer, das moechte ich hier auch gar nicht diskutieren.

Ich hatte jetzt gerade begonnen, einen viel zu langen Text zum Thema Luegen, emotionale/seelische Gewalt zu schreiben, hab's aber geloescht, weil ich denke, dass das am eigentlichen Kern vorbei geht und hier nur zu Endlosdiskussionen ueber die Definition von Gewalt fuehren wuerde.

Mir geht es tatsaechlich schlicht und einfach darum, dass ich viel lieber mehr Dramen/Romanzen spielen wuerde neben meinem woechentlichen Hack'n'Slay. Das hatte ich vor ein paar Jahren ein paar mal geschafft, aber irgendwie ist das eingeschlafen. Ich vermute, dass einer der Gruende auch war, dass man eben nicht NOCH eine weitere PtA Serie spielen wollte. Deshalb sehe ich das gerade als Chance, diesen Wunsch von mir wieder aufflammen zu lassen. Da draussen muss es doch noch mehr Spiele geben, die das koennen.

Es gab hier irgendwo (im Indie/Theorie/keine Ahnung -Bereich) mal ein Posting mit einem Link zu einer Homepage, auf denen eine ganze Reihe an Minispielen vorgestellt und zum Download angeboten wurden. Das waren keine wirklichen Rollenspiele, wahrscheinlich nicht mal mit dem Addon "themenartige Spiele", sondern eher Anleitungen zum themenbezogenen Improtheater. Ich find den verfluchten Link nicht wieder. Kann mir jemand helfen bzw weiss ueberhaupt wer, von was ich rede? Ich wuerde mir das gerne nochmal unter diesem Gesichtspunkt naeher angucken.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 29.01.2011 | 00:37
Ja, genau. Das Thema lautet  "[Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war", nicht "[Erzählt mir von...] themenbezogenen Improtheaterspielsitzungen, in denen Gewalt verpönt war."

Rollenspiel. Das der Normalen, nicht das der Besserspieler.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 29.01.2011 | 00:43
Ja, genau. Das Thema lautet  "[Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war", nicht "[Erzählt mir von...] themenbezogenen Improtheaterspielsitzungen, in denen Gewalt verpönt war."

Rollenspiel. Das der Normalen, nicht das der Besserspieler.

Echt jetzt? ::)

Ich mach dann mal morgen einen Thread auf zu diesem Thema, in dem die Besserspieler dieser Welt sich ueber Systeme und Techniken zum themenbezogenen Improtheather, in dem Gewalt verpoent ist, unterhalten kann. Heut nicht mehr.

[Edit: unnoetigen Kommentar gestrichen]
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: scrandy am 29.01.2011 | 00:44
Rollenspiel. Das der Normalen, nicht das der Besserspieler.

Hab meinen Beitrag wieder gelöscht. Wenn du diesen Thread mit solch einem Unsinn zumüllst, dann bin ich hier raus. Führe deinen Krieg für die "Wahren Rollenspieler" doch wo anders. Hört dir eh keiner zu.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: alexandro am 29.01.2011 | 00:51
Zitat
Es gibt kein gewaltfreies Rollenspiel.
Thema verfehlt.

Der Titel lautet "[Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war", nicht "[Erzählt mir von...] Rollenspielen in denen Gewalt verpönt war".

Hatte ich schonmal, gerade in eigentlich zutiefst gewalttätigen Settings, weil da das Risiko des Charakterverlustes durch den Kampf so enorm hoch ist, dass man eher bereit ist, sich auf andere Lösungsmöglichkeiten einzulassen (zumindest wenn der SL seine NSC vernünftig und nicht als "Selbstmordbomber" spielt).

EDIT: OT gelöscht.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Alrik am 29.01.2011 | 01:00
leicht OT:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 29.01.2011 | 01:18
Thema verfehlt.

Der Titel lautet "[Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war", nicht "[Erzählt mir von...] Rollenspielen in denen Gewalt verpönt war".

Hatte ich schonmal, gerade in eigentlich zutiefst gewalttätigen Settings, weil da das Risiko des Charakterverlustes durch den Kampf so enorm hoch ist, dass man eher bereit ist, sich auf andere Lösungsmöglichkeiten einzulassen (zumindest wenn der SL seine NSC vernünftig und nicht als "Selbstmordbomber" spielt).

OT: von den Besserspielern die den ollen FASA-Schrott unter militärgeschichtlichem Standpunkt zu analysieren versuchen, will ich mal gar nicht anfangen...

Aber die Gewalt ist präsent, sie ist eine Option. Von vielen, unbenommen. Aber sie ist EINE Option. Und gerade Spiele wie Vampire leben doch von der jahrhundertelang unterdrückten Aggression, Frustration und Hass auf sich selbst und die Welt. Da ist soooo viel Gewaltpotential.

Hab meinen Beitrag wieder gelöscht. Wenn du diesen Thread mit solch einem Unsinn zumüllst, dann bin ich hier raus. Führe deinen Krieg für die "Wahren Rollenspieler" doch wo anders. Hört dir eh keiner zu.

Ich führe einen Krieg? Es gibt Wahre Rollenspieler? Wirklich? Wusste ich gar nicht. Ich vertrete nur einen Standpunkt. Wenn Du den nicht sachlich, oder meinetwegen auch mit Ironie und Sarkasmus (da halt dich dann mal an Alexandro) entkräften kannst oder willst, bitte, wer bin ich, das ich Dich am Gehen hindere.

Nebenbei: Für weiteres Mystix-Werbespam, mit denen Du Threads zumüllen möchtest, bitte hier entlang (http://tanelorn.net/index.php/board,244.0.html).

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: alexandro am 29.01.2011 | 01:24
"verpönt" bedeutet eine Entscheidung. Wenn keine Gewalt existiert, kann man sich auch nicht entscheiden.*

*
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: scrandy am 29.01.2011 | 01:32
Nebenbei: Für weiteres Mystix-Werbespam, mit denen Du Threads zumüllen möchtest, bitte hier entlang (http://tanelorn.net/index.php/board,244.0.html).
Es ging in meinem Post nicht explizit um Mystix sondern eigentlich nur um die Möglichkeit durch verschiedene Regeln oder Regelmodifikationen den Fokus auf andere Spielbereiche zu lenken. Unter anderem ging es um realistischere Kämpfe und erhöhung des Risikos aber auch um den Ausbau anderer Nischen. Ich hätte den Namen Mystix auch weglassen können, weil vieles von dem auch mit Dresden Files funktioniert oder einem ähnlichen System. Da es hier aber explizit um konkrete Erfahrungen mit einem System geht und das bei mir nunmal Mystix ist, wüsste ich nicht, was das mit Werbespam zu tun hat. Aber wenn du statt den Post zu lesen lieber von Normalrollenspielern sprichst und gegen Erzählspieler oder Exoten jeder Art wetterst, dann kann man eh nicht wirklich sinnvoll weiter diskutieren.

Ich finde jedenfalls das in solch einer Diskussion auch Freeform und andere Rollenspiel Randprodukte erwähnt werden sollten. Wenn du dann da nicht drüber reden möchtest, dann zwingt dich ja niemand dazu, aber dagegen zu wettern ist nicht nur völlig unnötig (denn alle Spielrichtungen haben ihre Berechtigung), sondern stört auch die eigentliche Diskussion.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 29.01.2011 | 01:35
"verpönt" bedeutet eine Entscheidung. Wenn keine Gewalt existiert, kann man sich auch nicht entscheiden.

Du hast es fast.

Verpönt heisst: Abwertende Ablehnung einer Sache oder Handlungsweise, in diesem Falle Gewalt, über der man sittlich und moralisch zu stehen glaubt. Und wie wir alle allerspätestens seit Star Trek: Der Erste Kontakt wissen, ist das Bullshit.  

Mal ganz abgesehen von der  Frage, ob man Rollenspiel hat, wenn man sich nicht entscheiden darf.*

Edit: Ich habe Deinen Spoiler nicht gesehen. Dazu nur:
Damit wird die Unfreiheit ja nicht nur von der Gruppe und dem SL, sondern auch dem Regelsystem zementiert.

ADD: *Das gilt natürlich auch für den Umkehrschluss: Wenn es nur Gewalt als Option gibt. Das Schlüsselwort ist Entscheidungsfreiheit.

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 29.01.2011 | 01:44
Es ging in meinem Post nicht explizit um Mystix sondern eigentlich nur um die Möglichkeit durch verschiedene Regeln oder Regelmodifikationen den Fokus auf andere Spielbereiche zu lenken. Unter anderem ging es um realistischere Kämpfe und erhöhung des Risikos aber auch um den Ausbau anderer Nischen. Ich hätte den Namen Mystix auch weglassen können, weil vieles von dem auch mit Dresden Files funktioniert oder einem ähnlichen System. Da es hier aber explizit um konkrete Erfahrungen mit einem System geht und das bei mir nunmal Mystix ist, wüsste ich nicht, was das mit Werbespam zu tun hat. Aber wenn du statt den Post zu lesen lieber von Normalrollenspielern sprichst und gegen Erzählspieler oder Exoten jeder Art wetterst, dann kann man eh nicht wirklich sinnvoll weiter diskutieren.

Ich finde jedenfalls das in solch einer Diskussion auch Freeform und andere Rollenspiel Randprodukte erwähnt werden sollten. Wenn du dann da nicht drüber reden möchtest, dann zwingt dich ja niemand dazu, aber dagegen zu wettern ist nicht nur völlig unnötig (denn alle Spielrichtungen haben ihre Berechtigung), sondern stört auch die eigentliche Diskussion.

Mir geht es nicht um Mystix, mir geht es nicht um Freeform, mir geht es um die Feststellung, das es in jedem Rollenspiel (und in fast allen Sitzungen und Gruppen, um Alexandros Spitzfindigkeiten vorzubeugen) Konflikte gibt. Die zu verleugnen und - beispielsweise Mobbing, Einschüchterung und Erpressung, Raub, Diebstahl als Nicht - Gewalt darzustellen, ist unehrlich. Das ist so, als wenn ein Ami sagt, in Gitmo wird nicht gefoltert. Jetzt klarer? Und da ist da noch der Faktor, das die Charaktere in einer Welt leben, in der es Gewalt gibt.

Wie ich auf den Besserspieler komme, entnimmst Du möglicherweise der Antwort auf Alexandro.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 29.01.2011 | 01:54
Ich denke die Diskussion behandelt die Frage in wie weit in Rollenspielsitzungen Gewalt als Mittel zum Zweck der Konflikt Lösung in bestimmten Spielsitzungen erwünscht respektive aktiv war sowie es in konkreten Runden Gewalt frei ab lief.
Wobei als Gewalt sowohl physische als auch psychische betrachtet wurde welche sich gegen andere Wesen richtet.
Ferner kam die Frage auf in wie weit es Rollenspiel Systeme gibt welche eine solche Gewaltanwendung ausschließen oder erschweren.

Nach der Beschreibung in diesem Thread sowie der Spiel Erfahrung auf dem Großen würde ich Mystix von der Regelmechanik nicht zu den Systemen zählen welche Gewalt Anwendung System / Regelseitig verpönen.

In den meisten, mir bekannten, Freeformen Runden, das heißt sowohl solche bei denen ich teilnahm als auch jene die ich beobachtete, kam es im Spielkontext zur Anwendung von Gewalt unter Spielercharakteren bzw. wider NSCs. Freeform ist m.E. in keiner weise zwingend / natürlich an eine Gewaltlosigkeit bzw. Verpönung der Gewaltanwendung gekoppelt.

Eine Möglichkeit Konflikt Bewältigung auf ein Level ziehen die keine Konfrontation mit (Nicht)Spieler Charakteren beinhaltet wäre, meiner Ansicht nach, Konflikte welche auf eine eigene Anstrengung heraus laufen.
Das heißt Beispielsweise die Rekonstruktion eines Tathergang beinhaltet nicht zwangsläufig Gewalt.
Ebenso die Wegfindung bei, nur als Beispiel, einer Expedition.

Ein System das mir heute aufgefallen ist in dem es scheinbar nicht zur Gewaltanwendung kommt, wäre "A Penny for my thoughts".
Zumindest lass sich aus der System Beschreibung kein dergestalt.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: alexandro am 29.01.2011 | 12:53
Zitat
Verpönt heisst: Abwertende Ablehnung einer Sache oder Handlungsweise, in diesem Falle Gewalt, über der man sittlich und moralisch zu stehen glaubt.
Wertung spielt mit rein, wäre ja auch komisch wenn nicht. In einigen Settings/Genres ist Gewalt halt angebracht, in anderen nicht. Wer das nicht versteht, dessen Charakter kriegt halt die InGame-Konsequenzen ab, die Wertung erfolgt für den Charakter, nicht für den Spieler (der wird höchstens ausgelacht, wenn er das trotz mehrmaliger Erklärung nicht versteht).


Warum du jetzt Sitte und Moral in ein Fiktions-Spiel reinzubringen versuchst ist eher unklar. Natürlich ist Gewaltlosigkeit (im echten Leben) der Anwendung von Gewalt "sittlich und moralisch überlegen", aber darum geht es hier nicht.

wie wir alle allerspätestens seit Star Trek: Der Erste Kontakt wissen,
ist das grottiger Film, der nur noch durch die Schauspieler einen peripheren Bezug zu TNG hat.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 29.01.2011 | 13:36
Um nochmal auf das Thema "Techniken des gewaltfreien Rollenspiels" zu kommen: Bei dem weiten Begriff von Gewalt, den der Oger anführt, scheint es mir unmöglich zu sein, ein gewaltfreies Rollenspiel zu entwickeln. Unter dem Begriff waren sogar die strunzlangweiligsten V:tM-Runden zu Anfang der 90er reine Gewaltspektakel, wie der Oger geschrieben hat.

Was ich aber für möglich und evtl. sogar spielenswert halte, sind Rollenspiele ohne körperliche Gewalt gegen vernunftbegabte Lebewesen. Meiner Meinung nach sollte sich die Suche darauf konzentrieren und nicht den komplexen Gewaltbegriff inklusive struktureller Gewalt erörtern. Das kann man ruhig den Sozialwissenschaftlern und Feuilletons überlassen.

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Deep One am 29.01.2011 | 19:59
Selbst wenn ich mich an einen traditionellen Gewaltbegriff orientiere (Gewalt is, wenn wer was auf die Nase bekommt) und nicht an Ogers Gutmenschen-Mimimi-Gewaltbegriff, halte ich dauerhaftes gewaltfreies Spiel für schwierig; zum einen, weil die üblichen Abenteuer-Genres wie z.B. Horror, Krimi, Sachen klauen, recht gewaltgeneigt sind und zum anderen, weil nach meinem Empfinden Gewalt auch und gerade in modernen Settings ein sehr probates Mittel zur Problemlösung ist. Spontan fallen mir da grad nur Soap und Intrigen als Spielfelder ein.

In dem Zusammenhang noch zwei Ansatzpunkte: Mir wird regelmäßig von einem Vampire-LARP berichtet, in dem es im großen&ganzen recht gewaltfrei zugeht (ich schätze mal, Stein-Schere-Papier würde die Immersion zu sehr stören). Und ich höre, das Smallville-RPG enthalte detaillierte Vorschläge zum relationship mapping ... und noch soap-iger als Smallville Staffel 1&2 kann's meiner Meinung nach kaum werden. Haben diejenigen von Euch, die sich damit auskennen, Lust zu schreiben, inwieweit man sich da was rausziehen kann?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Stonewall am 29.01.2011 | 20:29
Naja, gerade Vampire ist imho ein prinzipiell immer gewalthaltiges Spiel. Wie ernähren sich die Vampire denn? Daß das nicht thematisiert wird, weil es wahlweise vom Zelebrieren gothysch-dysterer Eleganz oder dem Spielen von Superhelden mit Fangzähnen ablenkt, ist eine andere Sache.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: immereinsmehralsdu am 29.01.2011 | 20:44
Als ich die Fragestellung gelesen habe, bin ich beinahe vom Stuhl gefallen vor lachen:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Deep One am 29.01.2011 | 22:05
Naja, gerade Vampire ist imho ein prinzipiell immer gewalthaltiges Spiel. Wie ernähren sich die Vampire denn? Daß das nicht thematisiert wird, weil es wahlweise vom Zelebrieren gothysch-dysterer Eleganz oder dem Spielen von Superhelden mit Fangzähnen ablenkt, ist eine andere Sache.

Mir ging es mehr darum, wie die Spieler während des Spiels agieren und dass möglicherweise die von ihnen verwendeten Vorgehensweisen für gewaltfreies Spielen verwendet werden können. Andererseits schätze ich schon, dass 16-jährige Grufi-Mädels bei den Vampir-SCs Schlange stehen, um gebissen zu werden ... Twilight als Einstiegsdroge?  :o
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 30.01.2011 | 00:47
Bei dem weiten Begriff von Gewalt, den der Oger anführt, scheint es mir unmöglich zu sein, ein gewaltfreies Rollenspiel zu entwickeln. Unter dem Begriff waren sogar die strunzlangweiligsten V:tM-Runden zu Anfang der 90er reine Gewaltspektakel, wie der Oger geschrieben hat.
Man kann mit V:tM eine rundum gewaltfreie Runde hin bekommen wenn man das Ziel setzt keine Entartungswürfe zu haben mit Vampir Charaktern spielt die eine Menschlichkeit größer oder gleich haben.

Naja, gerade Vampire ist imho ein prinzipiell immer gewalthaltiges Spiel. Wie ernähren sich die Vampire denn?
Bei 12 von 13 Clans in dem sie dem Opfer einen Orgasmus artigen Kick beim beißen verschaffen.
Alternativ, von Tiere bzw. beim Metzger.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.01.2011 | 09:35
Zitat von: Teylen
Bei 12 von 13 Clans in dem sie dem Opfer einen Orgasmus artigen Kick beim beißen verschaffen.
Alternativ, von Tiere bzw. beim Metzger.
Wobei ich bei der Vampir-Blutsauger-Nummer sehr vorsichtig wäre, was den Gewaltaspekt angeht. Ich zu Mindest würde einen Teufel tun und behaupten dass ein ans Opfer gerichtetes "Du magst es doch schliesslich auch" alles wieder gut macht. (blutsaugende Vampire ind eh eine relativ dünn verkleidete Metapher für eine Menge sexuelle Konotationen).


Ich habe als Spielleiter immer schon die Tendenz gehabt, zu eher plastischen und realistischen Gewaltdarstellungen zu neigen - also tendentiell eher Im Westen Nichts Neues als In Stahlgewittern - was bei häufiger Anwendung relativ leicht dazu führt, dass Gewalt als Option schlicht zunehmend unattraktiv wird, je weniger stilisiert die Darstellung wird. Wenn man konkret über Verstümmelungen, Blut und langsam krepierende Torsos, die nach Wasser oder ihren Müttern schreien, redet und eben einen gewissen Abstand zu dümmeren respektive idealisierteren Formen der Gewaltdarstellung (wenn man dies überhaupt trennen kann) im Rollenspiel findet, entwickelt sich eine gewisse Distanz relativ automatisch.
(Okay, es gibt Leute, die daran explizit Gefallen finden. Finde ich persönlich jetzt nicht übermßig sympathisch.
Dazu gehört folgerichtig auch, dass die Spielercharaktere gegebenenfalls nicht nur in der Täter- sondern auch in der Opferrolle  Gewalt erfahren und die Konsequenzen ähnlich plastisch sind. Teflon-Helden sind langweilig.
 
Die Option der aktiven Gewaltanwendung bleibt bei dieser Form des Spiels natürlich bestehen, aber durch die Konsequenzen, die eben nicht in einer ästhetisierten und dadurch in aller Regel konsequenzlosen und oberflächlichen Null-Tiefe verharren, sondern eben sehr konkret sind wird sie unttraktiver und zu einer seltener verwendeten Option, die aber gerade deswegen einen größeren Tiefgang und mehr Bedeutungsschwere aufweist.

Wobei das natürlich die Frage nach dem "Truffault-Dilemma" offen läßt. Und relativ unabhängig davon betrachtet werden sollte, was dann effektiv Spaß macht. Eine plastische Gewaltdarstellung ist zwar drastisch und rein literarisch auf Grund der größeren Fallhöhe gewichtiger und sinnerfüllter, aber manchmal ist es es schlicht entspannter und angenehmer aufs Nachdenken zu verzichten und einfach was schlicht-dumpf-dummes wie einen Dungeoncrawl oder ähnliches zu geniessen.

Keine Frage, wie bei jeder Form des Geschichtenerzählenden Mediums ist es beim Rollenspiel am einfachsten, sich auf die beiden interkulturellen Hauptspannungsträgerelemente - Sex and Violence -  zu verlassen, um einen durchgehend interessanten Handlungsbogen hinzubekommen.
Wobei ich es immer interessant finde, dass der erste dieser beiden Bereiche - Erotik, Sexualität, Romantik, etc. - bei all der Dominanz in den Medien beim Rollenspiel ein eher selten verwendetes Element zu sein scheint. 
Und dabei würde ich behaupten, dass mit der Ausnahme einiger eher bedauernswerter Subjekte Sex und alles, was da dran hängt, und sich drum herum aufbaut weitaus lebensnaher wäre als der Gewaltaspekt - und in aller Regel auch weitaus angenehmer.

P.S.: 
Zitat von: oger
Es gibt kein Rollenspiel* ohne Konflikt, und ein Konflikt im Rollenspiel muss auch mit Gewalt angegangen werden können, ansonsten ist es keiner.

An diesem Satz dürfte bis auf die Grammatik so ziemlich alles falsch sein. Lächerlich falsch. Und engstirnig.

Ich habe eine Zait lang mit gewisser Freude und Regelmäßigkeit in einer Shadowrun-Runde gespielt, bei der das einzige Spielziel die Schilderung von Alltagssituationen in einer un-alltäglichen Welt ging. Die Charaktere kümmerten sich um so schwer wiegende Probleme wie das Organisieren einer Party (inklusive Besuch beim Dealer, Anheuern von Prostitutierten und gelegentlichem Alkoholexzess), philosophische Diskussionen über die Wahl- und Menschenrechte von intelligentem, nicht-menschlichen Leben (okay, kann man als Konflikt bezeichnen, wenn man politische Debatten als einen solchen wahrnimmt. Mit einigen regionalen Besonderheiten (z.B. Taiwan) scheint Gewalt bei politischen Debatten doch einer eher geringe Rolle spielt. Wobei ich mit einer gewissen verhohlenen voyeuristischen Freude sehen würde, wie irgendwer Angela Merkel einen ordentlichen Body Slam verpaßt), und Flirten mit verschiedenen Mädels. 
Zwei Jahre lang wurde daran gespielt. Mit wechselnd über einem Dutzend Spielern, viele mit mehreren Charakteren,  einem entsprechend sozialen Netzwerk und dergleichen mehr. Gut, von Zeit zu Zeit traten dann auch echte Konflikte auf (Überfälle auf Autowerkstätten, Schiessereien mit rivalisierenden Banden, Razzien...), keine Frage, aber diese hatten fast immer den Charakter von Unterbrechungen des Status Quo, und wurden als bewußt störende Elemente und Bruch im eigentlichen Handlungsverlauf wahrgenommen.
 
Dies ist jetzt nur ein Beispiel aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz. Ich bin mir relativ sicher, dass andere ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Aber da bereits ein Gegenbeispiel reicht, um eine absolute Aussage zu falsifizieren...
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 30.01.2011 | 11:42
Man kann mit V:tM eine rundum gewaltfreie Runde hin bekommen wenn man das Ziel setzt keine Entartungswürfe zu haben mit Vampir Charaktern spielt die eine Menschlichkeit größer oder gleich haben.

Die einfachste Möglichkeit ist natürlich, man spielt so ein Intrigen- und Detektiv"abenteuer" wo nichts aufregendes passiert und jede Gewalthandlung schon von der Story und den übermächtigen Mary Sue NSCs unterbunden wird.

Ich habe als Spielleiter immer schon die Tendenz gehabt, zu eher plastischen und realistischen Gewaltdarstellungen zu neigen - also tendentiell eher Im Westen Nichts Neues als In Stahlgewittern - was bei häufiger Anwendung relativ leicht dazu führt, dass Gewalt als Option schlicht zunehmend unattraktiv wird, je weniger stilisiert die Darstellung wird.
...
Dazu gehört folgerichtig auch, dass die Spielercharaktere gegebenenfalls nicht nur in der Täter- sondern auch in der Opferrolle  Gewalt erfahren und die Konsequenzen ähnlich plastisch sind. Teflon-Helden sind langweilig.
...
Die Option der aktiven Gewaltanwendung bleibt bei dieser Form des Spiels natürlich bestehen, aber durch die Konsequenzen, die eben nicht in einer ästhetisierten und dadurch in aller Regel konsequenzlosen und oberflächlichen Null-Tiefe verharren, sondern eben sehr konkret sind wird sie unttraktiver und zu einer seltener verwendeten Option, die aber gerade deswegen einen größeren Tiefgang und mehr Bedeutungsschwere aufweist.

Wenn ich sowas lese, dann frage ich mich schon, ob bei einigen Spielleiterpädagogen die Trennung zwischen Spiel und Wirklichkeit noch vollzogen wird. Rollenspiel ist nunmal in erster Linie eine Unterhaltungsform, die sich an den actionlastigen (und damit i.d.R. gewaltdarstellenden) Genres von Literatur und Film orientiert. Rollenspiel hat nicht primär einen Erziehungs- oder Dressurauftrag. Es mag Genres geben, die ohne physische Gewalt auskommen, Soap Operas, Teenievampire und Arztromanzen vielleicht. Für solche sehr speziellen Rollenspiele kann man vielleicht ein spielbares System entwerfen (damit das Spiel nicht bei Freeforming bleiben muss). Aber in einem Großteil der mir bekannten Settings und Spiele ist Gewaltanwendung ein zulässiger Lösungsweg, zu dem sogar ermuntert wird, weil Gewalt zum Genre gehört, das diese Spiele nachbauen wollen (z.B. Legends of Anglerre, p. 284).

Warum will man dann ohne Not den Spielern eine zulässige Option madig machen? Wenn Spieler keine Gewalt im Spiel wollen, suchen sie von alleine gewaltlose Wege zur Problemlösung im Abenteuer. Wenn Spielleiter keine Gewalt wollen, sollen sie eben nicht leiten - oder nur Systeme leiten, die explizit für gewaltfreie Genres entworfen wurden.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 30.01.2011 | 12:39
Naja, LM hat zwei Jahre lang Intensivtavernenspiel gespielt, das geht nicht spurlos an einem vorbei. Im klassichen Tavernenspiel gibt es ja keine Gewalt. Tavernenspiel definiert sich ja geradezu über das Fehlen jeglichen Konflikes, also auch dem Fehlen von Gewalt.


Tavernenspiel habe ich bislang so verstanden, dass Leute sich treffen und schauspielern, wie sie ein Bier bestellen und trinken, anstatt sich gleich in der Kneipe zu treffen, ein Bier zu bestellen und dort zu trinken. Wenn das natürlich das Thema des Spiels ist, sind Kampfregeln und Gewaltszenen völlig fehl am Platz.

Wenn die Gewaltszenen einem Stellvertreter überlassen werden, ist es meiner Ansicht nach kein gewaltfreies Rollenspiel. Vielleicht ein langweiliges, aber kein gewaltfreies.

Das Spielererziehen geht davon aus, dass die Mitspieler sehr unmündig sind. Und das trifft nunmal leider bei unserem Erwachsenenhobby selten zu.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Feuersänger am 30.01.2011 | 12:47
Deine Definition von Tavernenspiel ist auch nicht schlecht. ^^ Ich sag immer: Tavernenspiel ist, wenn man spielt, wie die Charaktere einander erzählen, was sie früher (in ihrer Vorgeschichte) für Abenteuer erlebt haben, anstatt miteinander auszuziehen und neue Abenteuer zu erleben.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: ErikErikson am 30.01.2011 | 12:51
Ausführungen Tavernenspiel.
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ich hab den Post auch übrigens wieder gelöscht und lieber als eigenes Thema aufgemacht.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 30.01.2011 | 15:07
Wobei ich bei der Vampir-Blutsauger-Nummer sehr vorsichtig wäre, was den Gewaltaspekt angeht. Ich zu Mindest würde einen Teufel tun und behaupten dass ein ans Opfer gerichtetes "Du magst es doch schliesslich auch" alles wieder gut macht. (blutsaugende Vampire ind eh eine relativ dünn verkleidete Metapher für eine Menge sexuelle Konotationen).

Bis hierhin stimme ich Dir zu. Man vergesse auch nicht die anderen Wesenheiten der WOD, die fast alle in Rivalität oder Feindschaft zu den Vampiren stehen.

Zitat
Ich habe als Spielleiter immer schon die Tendenz gehabt, zu eher plastischen und realistischen Gewaltdarstellungen zu neigen - also tendentiell eher Im Westen Nichts Neues als In Stahlgewittern - was bei häufiger Anwendung relativ leicht dazu führt, dass Gewalt als Option schlicht zunehmend unattraktiv wird, je weniger stilisiert die Darstellung wird. Wenn man konkret über Verstümmelungen, Blut und langsam krepierende Torsos, die nach Wasser oder ihren Müttern schreien, redet und eben einen gewissen Abstand zu dümmeren respektive idealisierteren Formen der Gewaltdarstellung (wenn man dies überhaupt trennen kann) im Rollenspiel findet, entwickelt sich eine gewisse Distanz relativ automatisch.(Okay, es gibt Leute, die daran explizit Gefallen finden. Finde ich persönlich jetzt nicht übermßig sympathisch.

Ich halte es für gewagt, abstraktere Formen der Gewaltdarstellung als dümmer und weniger erleuchtet darzustellen. Dann müsste ja FATAL ja die Krone des Rollenspiels für Dich sein.
 
Zitat
Dazu gehört folgerichtig auch, dass die Spielercharaktere gegebenenfalls nicht nur in der Täter- sondern auch in der Opferrolle  Gewalt erfahren und die Konsequenzen ähnlich plastisch sind. Teflon-Helden sind langweilig.

Gleiche Konsequenzen für alle, in soweit stimme ich Dir zu. Die Entscheidung, ob jemand einen Teflon-Charakter spielen will, überlasse ich dem Spieler selbst.

Zitat
Die Option der aktiven Gewaltanwendung bleibt bei dieser Form des Spiels natürlich bestehen, aber durch die Konsequenzen, die eben nicht in einer ästhetisierten und dadurch in aller Regel konsequenzlosen und oberflächlichen Null-Tiefe verharren, sondern eben sehr konkret sind wird sie unttraktiver und zu einer seltener verwendeten Option, die aber gerade deswegen einen größeren Tiefgang und mehr Bedeutungsschwere aufweist.


Klar, den Abnutzungseffekt sollte man nicht übersehen. Das gilt aber auch für drastische Darstellungen.

Zitat
Wobei das natürlich die Frage nach dem "Truffault-Dilemma" offen läßt. Und relativ unabhängig davon betrachtet werden sollte, was dann effektiv Spaß macht. Eine plastische Gewaltdarstellung ist zwar drastisch und rein literarisch auf Grund der größeren Fallhöhe gewichtiger und sinnerfüllter, aber manchmal ist es es schlicht entspannter und angenehmer aufs Nachdenken zu verzichten und einfach was schlicht-dumpf-dummes wie einen Dungeoncrawl oder ähnliches zu geniessen.

Dir ist schon klar, das Du gerade die überwiegende Mehrheit der Rollenspieler abwertest und beleidigst?

Zitat
Keine Frage, wie bei jeder Form des Geschichtenerzählenden Mediums ist es beim Rollenspiel am einfachsten, sich auf die beiden interkulturellen Hauptspannungsträgerelemente - Sex and Violence -  zu verlassen, um einen durchgehend interessanten Handlungsbogen hinzubekommen.
Wobei ich es immer interessant finde, dass der erste dieser beiden Bereiche - Erotik, Sexualität, Romantik, etc. - bei all der Dominanz in den Medien beim Rollenspiel ein eher selten verwendetes Element zu sein scheint.  
Und dabei würde ich behaupten, dass mit der Ausnahme einiger eher bedauernswerter Subjekte Sex und alles, was da dran hängt, und sich drum herum aufbaut weitaus lebensnaher wäre als der Gewaltaspekt - und in aller Regel auch weitaus angenehmer.

Ja. Aber Kampfregeln kommen durch die Bundesprüfstelle, bei Sexregeln wäre ich mir nicht so sicher.

Zitat
An diesem Satz dürfte bis auf die Grammatik so ziemlich alles falsch sein. Lächerlich falsch. Und engstirnig.

Lerne, richtig zu zitieren. Oder hast Du das Zitat abschitlich aus dem Zusammenhang gerissen? Mir egal.

Mein Standpunkt ist der: Rollenspiel heißt (unter anderem) Wahlmöglichkeit in Konflikten; wenn eine Option von vorneherein ausgeschlossen wird, ist es kein Rollenspiel mehr, sondern irgend etwas anderes. Jedenfalls, was mich betrifft.

Zitat
Ich habe eine Zait lang mit gewisser Freude und Regelmäßigkeit in einer Shadowrun-Runde gespielt, bei der das einzige Spielziel die Schilderung von Alltagssituationen in einer un-alltäglichen Welt ging. Die Charaktere kümmerten sich um so schwer wiegende Probleme wie das Organisieren einer Party (inklusive Besuch beim Dealer, Anheuern von Prostitutierten und gelegentlichem Alkoholexzess), philosophische Diskussionen über die Wahl- und Menschenrechte von intelligentem, nicht-menschlichen Leben (okay, kann man als Konflikt bezeichnen, wenn man politische Debatten als einen solchen wahrnimmt. Mit einigen regionalen Besonderheiten (z.B. Taiwan) scheint Gewalt bei politischen Debatten doch einer eher geringe Rolle spielt. Wobei ich mit einer gewissen verhohlenen voyeuristischen Freude sehen würde, wie irgendwer Angela Merkel einen ordentlichen Body Slam verpaßt), und Flirten mit verschiedenen Mädels.  
Zwei Jahre lang wurde daran gespielt. Mit wechselnd über einem Dutzend Spielern, viele mit mehreren Charakteren,  einem entsprechend sozialen Netzwerk und dergleichen mehr. Gut, von Zeit zu Zeit traten dann auch echte Konflikte auf (Überfälle auf Autowerkstätten, Schiessereien mit rivalisierenden Banden, Razzien...), keine Frage, aber diese hatten fast immer den Charakter von Unterbrechungen des Status Quo, und wurden als bewußt störende Elemente und Bruch im eigentlichen Handlungsverlauf wahrgenommen.
  
Dies ist jetzt nur ein Beispiel aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz. Ich bin mir relativ sicher, dass andere ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Aber da bereits ein Gegenbeispiel reicht, um eine absolute Aussage zu falsifizieren...

Das einzige, was Du hier falsifizierst, bist Du selbst. Mal abgesehen, was man von Leuten halten soll, die Deine sittliche und moralische Überlegenheit darstellen wollen, und im gleichen Atemzug davon träumen, wie anderen Gewalt angetan wird, während man selbst dabei zuschaut.

Edit: Formulierung.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.01.2011 | 15:48
[quote"Tümpelritter"]Wenn ich sowas lese, dann frage ich mich schon, ob bei einigen Spielleiterpädagogen die Trennung zwischen Spiel und Wirklichkeit noch vollzogen wird. Rollenspiel ist nunmal in erster Linie eine Unterhaltungsform, die sich an den actionlastigen (und damit i.d.R. gewaltdarstellenden) Genres von Literatur und Film orientiert. [/quote]

Diese Trennung ist ja auch rein künstlich und ziemlich gehaltlos, um nicht zu sagen willkürlich.
Rollenspiel ist für mich erst mal ein soziales Ereignis - das Zusammenkommen mit Freunden, oder zu Mindest mit Menschen die einem und denen man selbst prinzipiell wohl gesonnen ist, um gemeinsam etwas zu tun. Dieser soziale Aspekt des Beisammenseins und des Gegenseitigen Austauschs ist aber eben keine losgelöstes Erlebnis ausserhalb der Lebensrealität aller Beteiligten, sondern ganz und völlig Teil desselben.
Der zweite Aspekt ist das eigentliche Spiel. Und das ist ein Medium, um gemeinsam Geschichten zu erzählen. Ist ein literarisches Medium mit ein paar Eigenheiten hier und da, aber nichts desto trotz eben eine Form, eine geschichte zu erzählen. Literatur halt. Und ich finde es jetzt nicht sonderlich esoterisch, ähnliche Qualitätsansprüche, wie ich sie auch an Filme oder Bücher auch an Rollenspiele zu richten. Mit dem gleichen Einwand, dass ein anspruchsvolles, gutes Werk nicht unbedingt auch ein in jeder Situation passendes sein muß. Stumpfes hack'n'Slay kann genauso Spaß machen, wie ein Film wie Big Trouble in Little China (als ein Beispiel für einen eher seichten, aber in der richtigen Stimmung hoch unterhaltsamen Film).
Auch Opern, Gemälde oder so ziemliche jede andere Kunstform haben einen irgendwie gearteteten Unterhaltungsaspekt, entweder für ein "Publikum" oder eben für den Schaffenden (wobei ich weniger von Unterhaltung und mehr von Erfüllung reden würde - das relevante ist halt, dass die Tätigkeit, entweder in der Ausübung oder in der Beobachtung den Eindruck sinnvoll und erfruelich genutzter Zeit vermittelt).
Beim Rollenspiel verwischt dieser Unterschied zwischen aktiven und passiven Beteiligten etwas, aber das macht es ja nicht weniger genugtuend (oder unterhaltend, wenn man unbedingt diesen Begriff verwenden will).  


Zitat von: Der Oger
Ich halte es für gewagt, abstraktere Formen der Gewaltdarstellung als dümmer und weniger erleuchtet darzustellen. Dann müsste ja FATAL ja die Krone des Rollenspiels für Dich sein.

Wo ist denn FATAL bitte reflektiert oder differnziert? Ich habe von FATAL etwas den Eindruck, dass es relativ genau in die Nische fällt, die ich als  "nicht übermäßig sympathisch" tituliert habe. Der Reiz von Gorn erschliesst sich mir nicht ganz.
Nebenbei bemerkt, bin das nur ich, oder haben andere auch den Eindruck, dass die Erwähnung von FATAL im Rollenspielbereich so etwa das Equivalent zum Nazi-Vergleich darstellt?

Zitat
Gleiche Konsequenzen für alle, in soweit stimme ich Dir zu. Die Entscheidung, ob jemand einen Teflon-Charakter spielen will, überlasse ich dem Spieler selbst.

Dir fällt der Widerspruch in genau dieser Aussage nicht auf? Möglicherweise haben wir aber auch bloß unterschiedliche Vorstellungen von dem Begriff des Teflon-Charakters. Ich meine das in dem Sinn der Unerreichbarkeit, Unberührbarkeit und Unangreifbarkeit, also dem konsequenten Fehlen von (negativen) Konsequenzen. Lies deine Aussage in dem Kontext noch mal, und schau ob dir das nicht auch etwas schizophren vorkommt.

Zitat
Dir ist schon klar, das Du gerade die überwiegende Mehrheit der Rollenspieler abwertest und beleidigst?

Schau mir in die Augen und sag mir, dass mich das stört. Ohne Lachen zu müssen. Um eine Verbesserung erreichen zu wollen, muß man eben auch von Zeit etwas höhere Ansprüche entwickeln.

Zitat
Ja. Aber Kampfregeln kommen durch die Bundesprüfstelle, bei Sexregeln wäre ich mir nicht so sicher.

Wir sind hier nicht in den US of A. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann reagieren die hiesigen Behörden auf Themen der Sexualität etwas entspannter als auf Gewaltdarstellungen - und beides spielt bei Büchern (und das ist nun mal die entscheidende Form der Publikation von Rollenspielen) eh eine eher geringe Rolle. Ich würde sogar so weit gehen, dass irgendeie Prüfung von Rollenspielprodukten durch eine Bundesprüfstelle relativ überraschend wäre. Dazu ist das Genre schlicht entschieden zu stark in einer relativ kleinen und auflagenschwachen Nische eingebunden. 

Zitat
Mein Standpunkt ist der: Rollenspiel heißt (unter anderem) Wahlmöglichkeit in Konflikten; wenn eine Option von vorneherein ausgeschlossen wird, ist es kein Rollenspiel mehr, sondern irgend etwas anderes. Jedenfalls, was mich betrifft.

Und? ich kann einen Konflikt auch theoretisch dadurch lösen, dass ich meine Nodurft in die geöffneten Hände verrichte, und dann meinen Opponenten mit dem so gewonnenen Verdauungsendprodukt bewerfe. Die Wahlmöglichkeit besteht. Aber ist eben auch mit den entsprechenden Konsequenzen verbunden (z.B. schmutzige Finger, Verlust des sozialen Ansehens). Wahlmöglichkeit alleine heißt ja auch nicht, dass alle Optionen gleich gut sein müssen. Das würde sogar die Bedeutung einer Wahl negieren, weil sie keine größere Beduetung als die Auswahl der Geschmacksrichtung mehr nach sich zieht.
Entscheidungsfreiheit wird erst dann relevant wenn auch die Option besteht, sich falsch zu entscheiden.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Oberkampf am 30.01.2011 | 16:33
Diese Trennung ist ja auch rein künstlich und ziemlich gehaltlos, um nicht zu sagen willkürlich.
Rollenspiel ist für mich erst mal ein soziales Ereignis - das Zusammenkommen mit Freunden, oder zu Mindest mit Menschen die einem und denen man selbst prinzipiell wohl gesonnen ist, um gemeinsam etwas zu tun. Dieser soziale Aspekt des Beisammenseins und des Gegenseitigen Austauschs ist aber eben keine losgelöstes Erlebnis ausserhalb der Lebensrealität aller Beteiligten, sondern ganz und völlig Teil desselben.

Jedes Spiel, gleich ob Karten-, Würfel, Brett- oder Rollenspiel (und Erzählspiel, wenn man das nicht als Unterkategorie des Rollenspiels sehen will) ist ein soziales Ereignis, genau wie gemeinsam kochen, skaten oder singen.

Der zweite Aspekt ist das eigentliche Spiel. Und das ist ein Medium, um gemeinsam Geschichten zu erzählen. Ist ein literarisches Medium mit ein paar Eigenheiten hier und da, aber nichts desto trotz eben eine Form, eine geschichte zu erzählen. Literatur halt. Und ich finde es jetzt nicht sonderlich esoterisch, ähnliche Qualitätsansprüche, wie ich sie auch an Filme oder Bücher auch an Rollenspiele zu richten. Mit dem gleichen Einwand, dass ein anspruchsvolles, gutes Werk nicht unbedingt auch ein in jeder Situation passendes sein muß. Stumpfes hack'n'Slay kann genauso Spaß machen, wie ein Film wie Big Trouble in Little China (als ein Beispiel für einen eher seichten, aber in der richtigen Stimmung hoch unterhaltsamen Film).

Naja, normalerweise halte ich Rollenspiel nicht für Kunst, und wenn, dann würde ich es eher mit einem Happening vergleichen, oder Affen, die auf Leinwand pinkeln (http://reverent.org/de/ein_kunstler_oder_ein_affe.html). Kann man da objektive Qualitätsmerkmale anbringen? Kann man das bei Kunst überhaupt? Ich glaube nicht.

Auch Opern, Gemälde oder so ziemliche jede andere Kunstform haben einen irgendwie gearteteten Unterhaltungsaspekt, entweder für ein "Publikum" oder eben für den Schaffenden (wobei ich weniger von Unterhaltung und mehr von Erfüllung reden würde - das relevante ist halt, dass die Tätigkeit, entweder in der Ausübung oder in der Beobachtung den Eindruck sinnvoll und erfruelich genutzter Zeit vermittelt).
Beim Rollenspiel verwischt dieser Unterschied zwischen aktiven und passiven Beteiligten etwas, aber das macht es ja nicht weniger genugtuend (oder unterhaltend, wenn man unbedingt diesen Begriff verwenden will).  

Mal abgesehen vom Unterhaltungsaspekt, den ich bei Kunst nicht grundsätzlich anzweifeln will (auch wenn mich "Die Leiden des jungen Werther" keineswegs unterhalten hat), wundere ich mich doch über eine Unterteilung in aktive und passive Beteiligte beim Rollenspiel? Sind die aktiven die Abenteuerautoren und die passiven die Vorlesemeister? Oder sind die aktiven die Spielleiter und die passiven die Spieler?


Schau mir in die Augen und sag mir, dass mich das stört. Ohne Lachen zu müssen. Um eine Verbesserung erreichen zu wollen, muß man eben auch von Zeit etwas höhere Ansprüche entwickeln.

Für mich gilt, dass ich den offensichtlich sehr hohen Anspruch habe, dass auch der Typ hinter dem Spielleiterschirm Rollenspiel als Spiel begreift. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, dass damit einige "Meister" überfordert sind.

Entscheidungsfreiheit wird erst dann relevant wenn auch die Option besteht, sich falsch zu entscheiden.

Entscheidungsfreiheit ist eine wichtige Bedingung für Rollenspiel. Dabei kann es einige Spielrunden geben, in denen die Entscheidung zwischen "richtig" oder "falsch" - vor allem in taktisch orientierten Rollenspielen, wo eine Fehlentscheidung im Misserfolg der Mission oder im Charaktertod enden kann. Allerdings ist die Unterscheidung zwischen richtig oder falsch nicht die einzig relevante. In einem nicht primär taktischen, aber dennoch offenen Spiel sind Entscheidungen maßgeblich für den Verlauf des Abenteuers.

Meine persönliche Erfahrung mit Leuten, die Rollenspiel als Kunstform ansehen, ist übrigens, dass diese dazu neigen, Entscheidungen der Spieler zu unterlaufen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 30.01.2011 | 16:44
Dir fällt der Widerspruch in genau dieser Aussage nicht auf? Möglicherweise haben wir aber auch bloß unterschiedliche Vorstellungen von dem Begriff des Teflon-Charakters. Ich meine das in dem Sinn der Unerreichbarkeit, Unberührbarkeit und Unangreifbarkeit, also dem konsequenten Fehlen von (negativen) Konsequenzen. Lies deine Aussage in dem Kontext noch mal, und schau ob dir das nicht auch etwas schizophren vorkommt.

Wenn jemand einen Teflon-Charakter spielen will, heißt das ja nicht zwangsläufig, das er auch unberührbar/unverwundbar/unerreichbar IST. Die Wunschvorstellung eines Spielers muss ja nicht zwingend dem entsprechen, was im Spiel passiert.

Klar sind Charaktere ohne erkennbare Merkmale, Ecken und Kanten uninteressant und langweilig. Aber: Diese Entscheidung muss bei mir jeder Spieler für sich selbst treffen, ich misch mich da nicht ein. (Differentialdiagnostisch wäre sicherlich zu betrachten, unter welchen Aspekten Teflon-Billies entstehen, aber das ist das Thema für einen anderen Thread.)

Und? ich kann einen Konflikt auch theoretisch dadurch lösen, dass ich meine Nodurft in die geöffneten Hände verrichte, und dann meinen Opponenten mit dem so gewonnenen Verdauungsendprodukt bewerfe. Die Wahlmöglichkeit besteht. Aber ist eben auch mit den entsprechenden Konsequenzen verbunden (z.B. schmutzige Finger, Verlust des sozialen Ansehens). Wahlmöglichkeit alleine heißt ja auch nicht, dass alle Optionen gleich gut sein müssen. Das würde sogar die Bedeutung einer Wahl negieren, weil sie keine größere Beduetung als die Auswahl der Geschmacksrichtung mehr nach sich zieht.
Entscheidungsfreiheit wird erst dann relevant wenn auch die Option besteht, sich falsch zu entscheiden.

Natürlich. Entscheidungen können falsch oder richtig sein. Entscheidungen haben Konsequenzen. Die Frage ist, worin diese Konsequenzen begründet sind, in meiner eigenen Stimmungs-und Seelenlage als Spielleiter, oder in einer Extrapolation der Spielwelt. Diese Entscheidung muss jeder Spielleiter für sich selbst treffen und die Konsequenzen ertragen.

Schau mir in die Augen und sag mir, dass mich das stört. Ohne Lachen zu müssen. Um eine Verbesserung erreichen zu wollen, muß man eben auch von Zeit etwas höhere Ansprüche entwickeln.

Ich kann nicht sagen, was Dich noch stört, das musst Du ganz allein für dich selbst entscheiden. Wenn Du so schmerzbefreit bist, das Du allgemeingültig festlegen zu können glaubst, was eine höhere Entwicklungsstufe des Rollenspiels darstellt, dann gibt es auf der Grundlage keine Gesprächsbasis mehr.

Meine persönliche Erfahrung mit Leuten, die Rollenspiel als Kunstform ansehen, ist übrigens, dass diese dazu neigen, Entscheidungen der Spieler zu unterlaufen.

Volle Zustimmung. Ich füge noch hinzu: Was viele dieser Leute hierbei übersehen, das Kunst auch etwas anderes bedeutet - Jahre voller Mühen, Ausbildung, Hingabe Übung, Rückschlägen und harter Arbeit, und das dieses oftmals unterschlagen wird.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 30.01.2011 | 19:04
Wobei ich bei der Vampir-Blutsauger-Nummer sehr vorsichtig wäre, was den Gewaltaspekt angeht. Ich zu Mindest würde einen Teufel tun und behaupten dass ein ans Opfer gerichtetes "Du magst es doch schliesslich auch" alles wieder gut macht. (blutsaugende Vampire ind eh eine relativ dünn verkleidete Metapher für eine Menge sexuelle Konotationen).
Das das Blutsaugen bei VtM eine Art Sex-Ersatz ist und eine starke sexuelle Konotation hat, wird doch bereits in der Eingangsgeschichte klar gestellt.
Insofern fördert dies imho den Gewaltaspekt nicht.
Dafür richten sich die Menschlichkeits Regeln auf entsprechend hoher Stufe gegen sämtliche Gewaltformen. (Ab 9 oder 10 ist "Missgünstige Gedanken haben" bereits ein Verbrechen)

Zitat
Ich habe als Spielleiter immer schon die Tendenz gehabt, zu eher plastischen und realistischen Gewaltdarstellungen zu neigen - also tendentiell eher Im Westen Nichts Neues als In Stahlgewittern - was bei häufiger Anwendung relativ leicht dazu führt, dass Gewalt als Option schlicht zunehmend unattraktiv wird, je weniger stilisiert die Darstellung wird.
Imho nicht. Das heißt ich konnte bisher keinen Zusammenhang zwischen dem Inkauf nehmen von Gewaltanwendungen und deren plastischen Darstellung ziehen.

Zitat
Wenn man konkret über Verstümmelungen, Blut und langsam krepierende Torsos, die nach Wasser oder ihren Müttern schreien, redet und eben einen gewissen Abstand zu dümmeren respektive idealisierteren Formen der Gewaltdarstellung (wenn man dies überhaupt trennen kann) im Rollenspiel findet, entwickelt sich eine gewisse Distanz relativ automatisch.
(Okay, es gibt Leute, die daran explizit Gefallen finden. Finde ich persönlich jetzt nicht übermßig sympathisch.
Ich finde es nicht übermäßig sympathisch wenn man Leute die offensichtlich keinen Gefallen daran findet dieses zumutet.
Zumal ich die Unterstellung die gegenüber den Leuten die daran explizit Gefallen finden, das sie auf Gore stehen und dumm sind, für falsch und extrem kurzsichtig halte.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Stonewall am 30.01.2011 | 19:26
Das das Blutsaugen bei VtM eine Art Sex-Ersatz ist und eine starke sexuelle Konotation hat, wird doch bereits in der Eingangsgeschichte klar gestellt.
Insofern fördert dies imho den Gewaltaspekt nicht.

Sorry, aber da bin ich absolut entgegengesetzter Meinung. Ich glaube nicht, daß die Mehrzahl der WoD-Vampire ihre Opfer vorher fragt, ob sie sich beißen lassen wollen (von Sonderfällen, insbes. dem Vorteil Herde, mal abgesehen). Nicht das, was ich als einvernehmliche Beziehung bezeichnen würde. Daß der Vampir dem Opfer suggeriert, es habe Spaß daran gehabt, ändert für mich auch nichts.

Zitat
Dafür richten sich die Menschlichkeits Regeln auf entsprechend hoher Stufe gegen sämtliche Gewaltformen. (Ab 9 oder 10 ist "Missgünstige Gedanken haben" bereits ein Verbrechen)

Und wer hat schon so hohe Menschlichkeitswerte? Mir zumindest in meiner Zeit als Vampire-Spieler seltenst begegnet. Meistens pendelt es sich so auf 6-7 ein, wo man noch sozial funktionsfähig ist, aber trotzdem "pragmatisch" handeln kann.

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 30.01.2011 | 19:30
Sorry, aber da bin ich absolut entgegengesetzter Meinung. Ich glaube nicht, daß die Mehrzahl der WoD-Vampire ihre Opfer vorher fragt, ob sie sich beißen lassen wollen (von Sonderfällen, insbes. dem Vorteil Herde, mal abgesehen). Nicht das, was ich als einvernehmliche Beziehung bezeichnen würde. Daß der Vampir dem Opfer suggeriert, es habe Spaß daran gehabt, ändert für mich auch nichts.
Naja technisch gesehen hat das Opfer Spaß daran und es danach weitesgehend vergessen.

Zitat
Und wer hat schon so hohe Menschlichkeitswerte? Mir zumindest in meiner Zeit als Vampire-Spieler seltenst begegnet. Meistens pendelt es sich so auf 6-7 ein, wo man noch sozial funktionsfähig ist, aber trotzdem "pragmatisch" handeln kann.
Nun ich sprach auch davon das es mit dem Regelwerk möglich ist, nicht das es die Regel darstellt.
Nun und bei 6-7 sind auch immerhin kein Mord, Totschlag, Sachbeschädigung/Körperverletzung und auf 6 iirc auch kein Diebstahl drin. (Wenn man sich hart an das GRW hält)
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Maarzan am 30.01.2011 | 20:01
Die allerwenigsten Settings bzw. die daraus für das Speil gewählten Ausschnitte sind schon von der VBorlage her gewaltfrei.
Da Gewaltfreiheit reinzwingen zu wollen wirkt wohl als erstes aufgesetzt, künstlich und unnatürlich und dürfte daher bei einer Erzwingung didaktisch eher kontraproduktiv sein.
Bliebe also für gewalrfreiheit die Wahl eben auch gewaltfreier Settingausschnitte und dann genug ziviles zu tun anbieten, dass doie letztlich immer mögliche Gewaltkomponente uninteressant wird.
Wo Gewalt Teil des Spielfelds ist ist es meiner Erfahrung nach eine konsequente aber nicht heuchlerisch übertriebene Darstellung der sozialen Reaktionen und eine enge soziale Bindung der Charaktere an ihre Umwelt, welche Gewalt dann eher zum letzten Mittel macht. 
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: oliof am 31.01.2011 | 11:42
Naja technisch gesehen hat das Opfer Spaß daran und es danach weitesgehend vergessen.

Also ist der erste Teil so wie die erzwungene Einnahme von Kokain (http://de.wikipedia.org/wiki/Kokain) (Euphorisierung) und der zweite Teil so wie erzwungene Einnahme von Rohypnol (http://de.wikipedia.org/wiki/Rohypnol) (Gedächtnisverlust)?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 12:15
Also ist der erste Teil so wie die erzwungene Einnahme von Kokain (http://de.wikipedia.org/wiki/Kokain) (Euphorisierung) und der zweite Teil so wie erzwungene Einnahme von Rohypnol (http://de.wikipedia.org/wiki/Rohypnol) (Gedächtnisverlust)?
So in etwa, bis auf die negativen Nebenwirkungen [ausser dem Blutverlust halt].
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bad Horse am 31.01.2011 | 17:27
Was letzten Endes heißt, dass der Biss eines Vampirs eine Art Vergewaltigung darstellt. Vielleicht keine, die allzu viel körperliches Trauma hinterlässt, aber wenn man es genau nimmt, dürften die seelischen Narben bei so einem Übergriff auch nicht so schön sein.

Ich kenne aber keine Vampire-Runde, die diesen Aspekt (dass die Opfer eines Vampirbisses durchaus dadurch traumatisiert werden können) wirklich thematisiert.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: YY am 31.01.2011 | 17:54
Das Spiel klammert dieses Thema ja auch durch den weitgehenden Gedächtnisverlust der Opfer mehr oder weniger aus.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Terrorbeagle am 31.01.2011 | 17:58
Zitat von: Tüpelritter
Naja, normalerweise halte ich Rollenspiel nicht für Kunst, und wenn, dann würde ich es eher mit einem Happening vergleichen

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Zitat von: Tümpelritter
Mal abgesehen vom Unterhaltungsaspekt, den ich bei Kunst nicht grundsätzlich anzweifeln will (auch wenn mich "Die Leiden des jungen Werther" keineswegs unterhalten hat), wundere ich mich doch über eine Unterteilung in aktive und passive Beteiligte beim Rollenspiel? Sind die aktiven die Abenteuerautoren und die passiven die Vorlesemeister? Oder sind die aktiven die Spielleiter und die passiven die Spieler?

Klar, nicht jedes Medium ist für jede Person gleich unterhaltsam. Ich persönlich verstehe beispielsweise keine Opern. Aslo den Gesang. Rein akkustisch. Finde ich auch nicht reizvoll genug, um mich da einzuarbeiten. Nur würde ich deshalb nicht behaupten, dass sagen wir mal, die Hochzeit des Figaro eine peinliche Posse wäre.
Was genau das Problem ist, dass man bei Rollenspieldiskussionen immer wieder antrifft - nämlich der grundsätzliche Ansatz, dass der Persönliche Geschmack das Maß aller Dinge sei.
Und was die aktiven/passiven Rollen angeht, habe ich mich möglicherweise etwas unklar ausgedrückt - bei den meisten Kunstformen hat man genau diese Trennung zwischen aktiven Künstlern und eher passivem Publikum. Diese Trennung gibt es beim Rollenspiel in der Form nicht, weil alle Mitspieler, ob nun in der Spielleiterrolle oder Spielerrolle, ja gleichsam in den Schaffungsprozess eingebunden sind. Das ausgeprägte partizipative Element mag jetzt kein Alleinstellungsmerkmals des Rollenspiels sein, aber es gehört schon zu den Charakteristika dieser Kunstrichtung.

Zitat von: Tümpelritter
Meine persönliche Erfahrung mit Leuten, die Rollenspiel als Kunstform ansehen, ist übrigens, dass diese dazu neigen, Entscheidungen der Spieler zu unterlaufen.
Wie gesagt, ich hate das partizipative Element für einen wichtigen Teil des Rollenspiels. Für andere Leute, die eine ähnliche Meinung vertreten, will ich nicht sprechen, und mir ein Pauschalurteil über haufenweise andere Leute will ich mir auch nicht erlauben, bloß weil sie in der Hinsicht nicht mit meinen Vorstellungen übereinkommen.


Zitat von: Der Oger
Wenn jemand einen Teflon-Charakter spielen will, heißt das ja nicht zwangsläufig, das er auch unberührbar/unverwundbar/unerreichbar IST. Die Wunschvorstellung eines Spielers muss ja nicht zwingend dem entsprechen, was im Spiel passiert.

Also, ich fasse zusammen: Es liegt beim Spieler, ob dieser einen unangreifbaren Charakter spielt, aber nur weil der Spieler das so will, wird der Charakter ja nihct unangreifbar, womit die Wunschvorstellung des Spielers aber an der Spielrealität scheitert. Ergo die Frage der Unangreifbarkeit eben nicht Sache des Spielers ist. Da mußt du dich schon intellektuell entscheiden.

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 17:59
Was die seelischen Narben betrifft so erinnert sich das Opfer in der Regel doch auch nicht daran?
Das heisst, so wie ich es verstanden hab, wird man gebissen, denkt sich so etwas wie "Verdammt, geht es mir auf einmal gut" und hat dann Probleme sich zu erinnern wieso es einem auf einmal so ging.
Insofern sind da weniger seelische Narben, imho.

Thematisiert wurde es bisher weniger aber schonmal durchaus. [Also das man da Menschen idR ungefragt Blut raubt und jenachdem auch die Motivation es zu tun und nicht zur Blutbank zu gehen / auf Tiere zurueck zu greifen]

Das Spiel klammert dieses Thema ja auch durch den weitgehenden Gedächtnisverlust der Opfer mehr oder weniger aus.
Nun es sei den man spielt Giovanni [da extrem] oder Ventrue, da bei den einen mit dem Gedaechtnisverlust nichts draus wird und bei den anderen sich das trinken umstaendlicher gestaltet.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Sebastian am 31.01.2011 | 18:00
Um mal noch was zur Ausgangsfrage zu sagen:

Mir fällt eine SR-Runde ein, in der ein Spieler einen Durchschnittsbürger spielte, der quasi gerade ins Runnergewerbe hineingerutscht war. Der stand Gewalt hintergrundbedingt natürlich kritisch gegenüber. In den Spielsitzungen kam es trotzdem zu Gewalt, wobei sich der Durchschnittsbürgercharakter zurückhielt und seine Abscheu kundtat. Ich empfand diese Sichtweise im Spiel als erfrischend, da dadurch moralische Konflikte mehr zur Geltung kamen und (ingame) besprochen wurden. Leider haben wir das nicht lange gespielt. Es hatte sich aber schon abgezeichnet, dass seine ablehnende Haltung ggü. Gewalt bald einem gewissen Pragmatismus weichen würde...
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: alexandro am 31.01.2011 | 18:02
Was letzten Endes heißt, dass der Biss eines Vampirs eine Art Vergewaltigung darstellt. Vielleicht keine, die allzu viel körperliches Trauma hinterlässt, aber wenn man es genau nimmt, dürften die seelischen Narben bei so einem Übergriff auch nicht so schön sein.
Vielleicht, vielleicht auch nicht. Schwer zu sagen.

Msch hat mal moniert, dass die Sanity-Regeln von CoC gar keinen Sinn mehr machen, weil das "unfassbar Unbegreifliche" inzwischen gar nicht mehr so unbegreiflich ist. Dass Insektemänner, Tiefe Wesen und sogar der Große Tentakelgott(TM) nich gruseliger sind als das, was wir aus Hollywood gewohnt sind und dass die "kosmische Bedeutungslosigkeit" der Menschheit angesichts des Holocaust gar nicht so ein großer Schock ist.

Bei Vampiren sieht es jetzt so aus, dass schon seit über hundert Jahren Leute darüber schreiben, wie sie gegen ihren Willen von einem Vampir "genommen" werden - laut Freud sind solche Träume sogar noch älter (Vergewaltigungsphantasien). Es gibt viele Menschen, die solche Phantasien bei wachem Verstand ausleben (BDSM, anyone?) und psychisch vollkommen stabil sind. Natürlich erfolgt das Trinken (normalerweise) gegen den Willen des Opfers, aber wenn nur eine vage Erinnerung daran zurückbleibt, dann ist das genauso als hätte es das geträumt.

Ohne Zweifel moralisch falsch (aber wie Stefan Salvatore so schön sagt: Vampire überspringen die 'Serienmörder'-Phase und gehen direkt zum nächstschlimmeren Extrem), aber warum sollte das gleich ein seelisches Trauma auslösen?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 18:21
(aber wie Stefan Salvatore so schön sagt: Vampire überspringen die 'Serienmörder'-Phase und gehen direkt zum nächstschlimmeren Extrem)
Wobei der Biss von Stefan Salvatore auch keinen Gedaechtnisverlust mit sich bringt, weshalb der Verstand der Opfer, so sie denn nicht gleich getoetet werden, manuell geloescht / ueberschrieben werden muss.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: YY am 31.01.2011 | 18:21
aber wie Stefan Salvatore so schön sagt: Vampire überspringen die 'Serienmörder'-Phase und gehen direkt zum nächstschlimmeren Extrem

Magst du das mal etwas ausführen?  wtf?
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Terrorbeagle am 31.01.2011 | 18:31
Ich bin mir relativ sicher dass der reine VtM Vampir.Biss auch nicht mit Gedächtnisverlust einhergeht, sondern dieser, sollte er überhaupt vorkommen mit der Dominate Disziplin erreicht wird. Für sich selbst genommen ist der Vampirbiss meines Wissens sogar eine relativ starke psychische Abhängigkeit. 
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 18:44
Magst du das mal etwas ausführen?  wtf?
Er meint Stefan Salvatore aus der Serie Vampires Diaries.
IIRC fuehrt er dort in der zweiten Staffel, nachdem Caroline ein Vampir wurde, aus das Vampire den Schritt des Serienmoerder ueberspringen und gleich gefahrlaufen zu gefuehlsamputierten Monstern zu werden die sich nur noch dem Trieb hingeben.

Ich bin mir relativ sicher dass der reine VtM Vampir.Biss auch nicht mit Gedächtnisverlust einhergeht, sondern dieser, sollte er überhaupt vorkommen mit der Dominate Disziplin erreicht wird.
Ich kann es nachschlagen, allerdings halte ich es fuer mehr als unwahrscheinlich, da man so nicht ohne Herde, Mord oder Sex - den zu haben mehr Blut oftmals kostet als es bringt - jagen koennte,..

Zitat
Für sich selbst genommen ist der Vampirbiss meines Wissens sogar eine relativ starke psychische Abhängigkeit.
Das sind Guhle, also Leute die die viel Vampirblut getrunken haben.
Sowie blutgebundene, Leute die nur ein bisschen mit Vampirblut gefuettert wurden.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: MSch am 31.01.2011 | 18:47
...
Bei Vampiren sieht es jetzt so aus, dass schon seit über hundert Jahren Leute darüber schreiben, wie sie gegen ihren Willen von einem Vampir "genommen" werden - laut Freud sind solche Träume sogar noch älter (Vergewaltigungsphantasien). Es gibt viele Menschen, die solche Phantasien bei wachem Verstand ausleben (BDSM, anyone?) und psychisch vollkommen stabil sind. Natürlich erfolgt das Trinken (normalerweise) gegen den Willen des Opfers, aber wenn nur eine vage Erinnerung daran zurückbleibt, dann ist das genauso als hätte es das geträumt.

Ohne Zweifel moralisch falsch (aber wie Stefan Salvatore so schön sagt: Vampire überspringen die 'Serienmörder'-Phase und gehen direkt zum nächstschlimmeren Extrem), aber warum sollte das gleich ein seelisches Trauma auslösen?

Naja, es ist ja sooo schön praktisch, einfach festzulegen, daß sich das Opfer nicht wirklich dran erinnert. Dennoch bleibt es eine Vergewaltigung. Immerhin können dann die Vampire ins Rüschenhemd weinen, wie böse sie doch sind. Ich finde das sollte immer ausgespielt werden, mitsamt plastischer Beschreibung (vielleicht könnte man da auf ner Tabelle ala FATAL würfeln) zuckendem, strampeldem (ob nun aus Schmerz, Lust oder beidem ist mir egal) Opfer .... hmmm, Jörg ... ich will ne Vampirrunde bei dir ...

Lustig finde ich es auch Müttern, im Angesicht der Zimmer ihrer 11-13-jährigen Töchter, zu erklären, daß der literarische Vampir so eine Sex- und Vergewaltigungsmethapher ist. Aber ich schweife ab.

Ich denke, wenn man es doch mitbekommt, daß man manipuliert und vergewaltigt wurde, dann tilt man doch schon aus (wie z.B. in True Blood, Staffel3) oder?

Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 18:53
Ich finde das sollte immer ausgespielt werden, mitsamt plastischer Beschreibung (vielleicht könnte man da auf ner Tabelle ala FATAL würfeln) zuckendem, strampeldem (ob nun aus Schmerz, Lust oder beidem ist mir egal) Opfer
Nimm VtM und spiel einen Giovanni, die haben den expliziten Clansnachteil "schmerzhafter Biss".
Der eben zum zucken, strampeln, schreien und wehren fuehrt. [Wenn das Opfer noch lebt, bei Bewusstsein ist, nicht unter Drogen oder Dominate steht]

Zitat
Ich denke, wenn man es doch mitbekommt, daß man manipuliert und vergewaltigt wurde, dann tilt man doch schon aus (wie z.B. in True Blood, Staffel3) oder?
Ja. Kommt auch bei Vampire Diaries vor.
Wobei es bei VtM recht viele Moeglichkeiten gibt das Opfer zu Stockholm Syndrom Verhalten zu zwingen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Bad Horse am 31.01.2011 | 18:58
Nach der Logik "sie erinnern sich ja nicht richtig daran, also gibt das ja kein Trauma" wäre auch die Vergewaltigung einer alkoholisierten oder unter Rohypnol-Einfluss stehenden Frau eher ein Kavaliersdelikt.

Was mich wieder zurück zum Thema bringt: Gewalt im Rollenspiel ist im Normalfall nun mal eher hollywoodesk. Charaktere und NSCs erleiden im Allgemeinen keine Traumata, nur weil ihnen jemand ein bißchen Stahl in den Körper gerammt hat - Heiltrank oder Krankenhaus, dann geht´s weiter, vielleicht mit einer schicken Narbe, aber ganz sicher nicht mit allen realen Konsequenzen, die sich auch einer schweren Unterleibsverletzung so ergeben. Warum? Weil ein Kolostomiebeutel vielleicht nicht so recht in die Geschichte passt. Weil es der Erzählung keinen Mehrwert bringt, wenn ein Charakter ein halbes Jahr Reha machen muss, um überhaupt wieder laufen zu können.

Natürlich gibt es Settings, in denen Gewalt realistischer oder abstrakter gehandhabt wird, aber trotzdem ist das in den meisten Runden ein eher abstrakter Faktor, der verwendet wird, um Drama oder Spannung zu erzeugen, nicht um eine möglichst realistische Simulation von Verletzungen o.ä. zu erzeugen.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Teylen am 31.01.2011 | 19:02
Nach der Logik "sie erinnern sich ja nicht richtig daran, also gibt das ja kein Trauma" wäre auch die Vergewaltigung einer alkoholisierten oder unter Rohypnol-Einfluss stehenden Frau eher ein Kavaliersdelikt.
Nein, weil es zu wesentlich staerkeren koerperlichen Beeintraechtigungen [durch den Einsatz von Drogen und Gewalt] fuehrt als die VtM Blut entnahme bei der nichtmal eine Bisswunde oder einstiche zurueck bleiben.

Schliesslich koennen die Opfer von DRD anhand ihres koerperlichen befinden sowie dem mehrstuendigen Gedaechtnisverlust noch nachvollziehen das da gerade ziemlich etwas schief gelaufen ist. Was dann auch der Ausloeser fuer das Traumata darstellt.
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: alexandro am 31.01.2011 | 19:08
Nach der Logik "sie erinnern sich ja nicht richtig daran, also gibt das ja kein Trauma" wäre auch die Vergewaltigung einer alkoholisierten oder unter Rohypnol-Einfluss stehenden Frau eher ein Kavaliersdelikt.
Natürlich nicht. Welchen Teil von "moralisch verwerflich" verstehst du nicht?

Ich bezweifle nur, dass es jetzt so ein seelisches Trauma auslösen würde (das von dir genannte Beispiel passt übrigens nicht, da dem Opfer in diesem Fall idR hinterher sehr genau bewusst wird, was da passiert ist, was beim Trinken eher nicht der Fall ist).

Im meiner derzeitigen Vampire-Runde habe ich übrigens den "Ekstasebiss" zugunsten einer "lokalen Betäubung" ausgetauscht, so dass das Opfer sich sehr genau bewusst ist, was da passiert (und entsprechend reagiert).
Titel: Re: [Erzählt mir von...] Rollenspielsitzungen in denen Gewalt verpönt war
Beitrag von: Terrorbeagle am 1.02.2011 | 10:43
Zitat von: Teylen
Ich kann es nachschlagen, allerdings halte ich es fuer mehr als unwahrscheinlich, da man so nicht ohne Herde, Mord oder Sex - den zu haben mehr Blut oftmals kostet als es bringt - jagen koennte,..

Nach einer kurzen Recherche in meinem Vampire-Teil der Bibliothek würde ich steif behaupten, dass eine Art des Vergessens nicht automatisch statt findet. Das Grundbuch zu Mindest erwähnt einen solchen Effekt mit keiner Zeile, weißt aber explizit darauf hin, dass dies zu den wichtigeren Anwendungsgebieten von Dominate *** The Forgetful Mind darstellt.