Schlimm?
1. Inwiefern hat die Erzählkunst des Spielleiters mit der Immersion zu tun? Ich kann mir Spielleiter vorstellen, die in Sachen Erzählkunst ganz vorn dabei sind, bei denen ich aber trotzdem eher den Eindruck bekomme, dass ich einer Romanlesung zuhöre. Für die Immersion ist in meinen Augen doch weniger wichtig, wie künstlerisch hochwertig der Spielleiter zu erzählen vermag, sondern, inwieweit er den Spielern die Möglichkeit gibt, mit ihrer virtuellen Umwelt zu interagieren.Interaktion ist für Immersion nicht unbedingt wichtig.
2. Inwiefern hat ein Regelwerk mit der Immersion zu tun? Ein Regelwerk, dem es gelingt eine Spielwelt glaubhaft in Werte, Spielregeln und Hintergrundgeschichten festzuhalten, verhindert vielleicht, dass ein Spieler die Regeln reflektiert, aber das ist doch noch keine Garantie für Immersion!Nein, es ist keine Garantie. Aber es ist ein gutes Hilfsmittel.
Kerzen: Immer, wenn jemand Kerzen anzündet, fühle ich mich wohler. Ich fühle mich aber nicht am Hofe König Artus´.Der eigentliche Sinn ist es, die Umgebung dunkler zu gestalten. Normalerweise nimmt man sehr viele visuelle Reize dar, die die Vorstellung überlagern. Wenn man die visuellen Reize minimiert, fällt es häufig leichter, sich etwas eigenes visuell vorzustellen.
Hintergrundmusik: Das finde ich meistens völlig bescheuert. Immer wenn so etwas erklingt, fragt mein Anti-Immersions-Trieb: Äh, bitte, wer erzeugt jetzt noch diese Klänge?Hier hilft es, wenn anstatt Musik Geräusche verwendet werden, die auch ingame vorhanden sind:
Battlemaps und Ticksysteme: Was ist daran glaubhaft? Mein Charakter ist weder ein statisches Zinnfigürchen, noch muss er warten, bis er dran ist.Das ist bei mir ähnlich. Kämpfe sind regelmäßig die Stellen im Abenteuer mit der geringsten Immersion.
Will ich das überhaupt, diese Immersion?Keine Ahnung. Das muss schon jeder für sich selber entscheiden.
Ich glaube, es ist erstmal nicht ganz unerheblich, sich zu vergegenwärtigen, dass es verschiedene Abstufungen von Immersion gibt.Zustimmung. :d
Schlimm?
Eigentlich würde ich Dir gern danken, wenn ich jetzt nicht so desillusioniert wäre ...
@HEXer:
Ich kann dir da leider(?) nicht ganz zustimmen. Was du da beschreibst ist das vollkommene Ausblenden der Realität, was ich im Kontext zur Immersion für gar nicht so wichtig halte. Iona hat da was treffendes geschrieben: Es ist einfach nur verdammt wichtig das einem eine Story oder das aktuelle Geschehen in einer Szene emotional berührt, das geht viel tiefer als es ein reines "Ausblenden" macht, das geht nämlich wirklich "unter die Haut".
In der Theorie und der Praxis des Improvisationstheaters haben sich grundlegende allgemeine Regeln der Produktion etabliert. So besitzt jeder Mensch bereits alle wichtigen Eigenschaften wie Erzählen oder Spontanität. Der Großteil der Regeln beschäftigt sich mit der Beseitigung von Abwehrmechanismen und Blockaden. Eine Geschichte entsteht aus der Spontaneität und gegenseitigen Inspiration der Impro-Spieler. Der verneinende Intellekt weicht der Phantasie. Ohne Widerstände entwickelt kann sich eine Improvisation selbstorganisierend entwickeln. Schöpferische Quellen sind dabei das Unbewusste, die Emergenz und der Zufall.(Quelle: Gunter Lösel: Das Spiel mit dem Chaos. Zur Performativität des Improvisationstheaters.)
Dem Problem einer schwankenden Qualität wird auf verschiedenen Weisen begegnet. Die Commedia dell´arte überbrückte schwache Momente mit ihren "lazzi", "tirate" und "bravure" und das Ensemble half, wenn einem Schauspieler nicht weiter wusste und unterstützte ihn. Moreno sah das Problem einer schwankenden Qualität als unüberwindbar, erst die Chicago-Schule und Johnstone finden Antworten auf das Problem. Im Improvisationstheater wird eine Ästhetik des Imperfekten gepflegt. Das Scheitern wird positiv gerahmt, der Rahmen Theatersport fängt z.B. schlechte Szenen auf, im Sport ist das Verlieren ein wichtiger Teil des Ereignisses.
Immersion schließt Aktion und Kreativität aus, dafür muss man sich auf die Meta-Ebenen begeben und genau die brechen Immersion automatisch.
Mir drängen sich beim Lesen einiger Abschnitte in diesem Thread Parallelen zu Artikeln über die Wichtigkeit von regelmäßigen Orgasmen in diversen Hochglanz-Magazinen auf.Die Parallele hat etwas. - Wobei es soll ja auch eine Art von Rollenspiel geben, bei denen man wirklich Orgasmen bekommt. ~;D
Ich habe immer das Gefühl, Immersion ist ein Begriff der gerne in den raum geworfen wird damit die DSA-Atmo-Bauergamer sich besonders toll vorkommen können wenn jemand sie wieder drauf hinweist das sie eigentlich für eine normale Rollenspielrunde völlig untaugliche charaktere spielen...Liegt vielleicht daran, dass du zu viele DSA-Atmo-Bauerngamer kennst.
So. Nach meinem etwas überspitzten Ausgangsbeitrag sichte ich eure Beiträge. Wichtig und korrekt finde ich den mehrfach zu lesenden Hinweis, dass es unterschiedliche Grade von Immersion gibt: Von der Mathematik des Charakterbogens bis zur völligen Orientierungslosigkeit im Hier und Jetzt. Es lässt sich kein objektiv optimaler Grad von Immersion bestimmen.
Ein zweiter für mich spannender Beitrag war dieser:
Wie ist das mit der Wechselbeziehung zwischen Immersion und Kreativität? Etwa so?:
Filmische Immersion (siehe Wikipedia-Artikel): passiver Konsum
Intensive interaktive Immersion: reaktives Spiel (ich fühle mich intensiv als Bestandteil der Spielwelt und reagiere auf meine Umwelt)
Niedrigschwellige interaktive Immersion: proaktives Spiel (ich weiß zwar, wie die Spielwelt funktioniert, aber dadurch, dass ich mich nur teilweise ihr zugehörig fühle, bewahre ich die Möglichkeit, sie aktiv mitzugestalten)
Habe ich Slayn richtig verstanden? Sehen das die anderen ähnlich?
Will ich das überhaupt, diese Immersion?Hmmm...
Immersion, Immersion, Immersion... ständig ist hier die Rede von Immersion. Bevor ich Anfälle bekomme, wenn ich das Wort wieder lese [...]Wie klingt: "Offensichtlich nicht!" für Dich?
Ich würde anfangen zu lachen und die Sache für einen netten Witz halten. Immersion erzeugt so etwas bei mir nicht (das gilt auch für neue Texte).[...]
Dialoge: Funktionieren vielleicht ein paar Stationen lang. Dann kommt die Idee auf, einen Wurf auf Menschenkenntnis zu machen. Immersion unmöglich.
Dramatische Handlungen: Sind besonders anfällig, durch Anwendung bestimmter Regelmechanismen entschieden zu werden. Immersion unmöglich.
[...]Hintergrundmusik: Das finde ich meistens völlig bescheuert. Immer wenn so etwas erklingt, fragt mein Anti-Immersions-Trieb: Äh, bitte, wer erzeugt jetzt noch diese Klänge?
Ich versuche mal das etwas klarer zu formulieren: Je proaktiver man als Spieler ist/sein kann, umso mehr wechselt man zum "Author Stance" und denkt über die Story und ihren Impact nach, als sich im Charakter und in der Situation zu befinden. Das pure "Erleben" der Situation hört auf und man greift mehr zu Techniken, die funktionieren, also gezielte Handlungen.
Diese Aussage halte ich für falsch. Nichts hindert meines Erachtens einen generell, in der Position des Charakters proaktiv zu werden. Gewisse Spielauffassungen hindern einen generell proaktiv zu werden, aber das hat nichts mit der immersiven Betrachtung zu tun.
Konkret geht es aber um einen Aktiv <> Passiv Wechsel _ohne_ zu betrachten ob einen das System davon abhält oder nicht.
(...) immersiv proaktiv (...)
Zitat von: SlaynKonkret geht es aber um einen Aktiv <> Passiv Wechsel _ohne_ zu betrachten ob einen das System davon abhält oder nicht.Und was soll das heißen? Was hält einen davon ab immersiv proaktiv zu werden?
Und was soll das heißen? Was hält einen davon ab immersiv proaktiv zu werden?
Eigentlich hat es Slayn einen Beitrag vorher bereits ganz gut getroffen: Es ist der "author stance" (Autorenhaltung), wodurch ein Spieler davon abgehalten werden kann immersiv proaktiv zu werden. Ich kann mit dem Ausdruck ziemlich viel anfangen, denn ich glaube, er beschreibt eine Haltung, die einzunehmen mir den meisten Spaß bereitet. Und daran anschließend fällt mir noch die Frage ein: Gibt es einen Begriff, der die Art des Vergnügens beschreibt, die man bei der Einnahme des "author stance" erleben kann - vergleichbar etwa mit dem Begriff Immersion bei der Identifikation mit dem alter ego in der virtuellen Welt? Ich hätte einfach auch ganz gern so ein griffiges Wort wie "Immersion", wenn ich jemandem verdeutlichen möchte, auf was es mir ankommt.
Chiarina.
Gibt es einen Begriff, der die Art des Vergnügens beschreibt, die man bei der Einnahme des "author stance" erleben kann - vergleichbar etwa mit dem Begriff Immersion bei der Identifikation mit dem alter ego in der virtuellen Welt? Ich hätte einfach auch ganz gern so ein griffiges Wort wie "Immersion", wenn ich jemandem verdeutlichen möchte, auf was es mir ankommt.Nun, Immersion kommt vom lat. immersio (untertauchen) irc.
Chiarina.
...Authorenhaltung ...Pack dir ein lateinisches Wort mit der Bedeutung, die am ehesten das wiedergibt, was du als so spaßig empfindest und verpasse dem dann ein entsprechendes Suffix ;). Ein bereits gebräuchlicher Begriff wäre mir nicht bekannt.
Immersion ist nur ein doofes Marketingwort. Ich hab auch nie geglaubt ich sei Tommy Vercetti, als ich GTA Vice City spielte.
Ich bin Batman!+1 (Sind wir nicht alle ein bisschen Batman? Die Frage ist nur welcher...)
Also bei Arkham Asylum. :smash: