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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: eldaen am 23.02.2016 | 11:03

Titel: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: eldaen am 23.02.2016 | 11:03
Der Titel sagt eigentlich schon alles. Für mich ist der grundlegende Faktor, warum ich RPGe der Eskapismus vor allem in Form von Immersion und Flow-Erleben. Das ist das große Ziel (an dem ich fast immer kläglich scheitere). Jetzt meine Frage an euch fellow GMs:  Passiert das bei euch überhaupt? Lässt sich das beeinflussen? Wenn ja, wie? Wie fördert ihr die Immersion und das Flow-Erleben? Oder braucht es dafür doch ein anderes Medium als Pen & Paper RPGs?
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Boba Fett am 23.02.2016 | 11:13
Passiert das bei euch überhaupt? Lässt sich das beeinflussen?

Sehr selten und nein.

Und je älter man wird, desto seltener erlebe ich das.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: bobibob bobsen am 23.02.2016 | 11:18
Zitat
Sehr selten und nein.

Und je älter man wird, desto seltener erlebe ich das.

+1

Bei mir kommt das vielleicht 1-2 mal im Jahr vor bei durchschnittlich 3 Spielterminen in der Woche.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: KhornedBeef am 23.02.2016 | 11:18
Boah, kompliziertes Thema. Ist schon eher selten.
Ich denke das wichtigste ist, dass alle am Tisch eine ähnliche Einstellung und Intention haben. Der Ass-Kicker reißt sonst alle wieder raus :)
Wichtig ist auch, dass man möglichst nichts nachgucken muss, und auch wenig mit Würfelergebnissen herumrechnen.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Wawoozle am 23.02.2016 | 11:18
Es passiert schon, aber es lässt sich halt nicht erzwingen.
Wir spielen überwiegend unter der Woche Abends nach der Arbeit was das ganze natürlich umso schwieriger macht.

Was mir allerdings aufgefallen ist, es gibt durchaus Momente während einer Spielsitzung in denen die Immersion und der Flow da ist. Es ist schwer das über die ganze Zeit aufrechtzuerhalten aber mittlerweile habe ich auch gelernt, dass das nicht das einzige ist was ich am Rollenspiel suche. Wenn diese Momente hin und wieder aufblitzen geniesse ich sie aber dennoch :)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Selganor [n/a] am 23.02.2016 | 11:20
Immersion als Spielleiter?

Kann sowas ueberhaupt passieren wenn man (meistens) mehr als einen Charakter "spielt", konkrete Regelfragen ("out of character") zu klaeren hat und dann evtl. noch Storyueberlegungen ("Aendere ich spontan noch was oder lasse ich es so wie es laeuft zum TPK hinlaufen?") waehrend der Runde machen soll?

Oder meinst du was der SL machen kann um die Immersion der Spieler zu foerdern?
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Edwin am 23.02.2016 | 11:25
Immersion und Flow müssen getrennt werden.

Immersion kenne ich vom RPG eigentlich nicht, dazu ist die Aktivität zu sehr unterbrochen durch Outgame-Ingame-Wechsel, die abstrakte Regelbasis, die ständige Bewusste Leistung das Erzählte in Bilder zu übertragen und vieles mehr. Immersion würde ich für mich persnönlich dem Medium Film und speziell dem Kinoerleben zuordnen.

Flow kann hingegen auch bei Nicht-Immersion (in die Spielwelt) auftreten. Dann bin ich vertieft in die Tätigkeit, nicht in die Spielwelt an sich.

Das tritt bei mir eigentlich nur als SL auf, wenn ich das Gefühl habe optimal gefordert zu sein, ohne überfordert zu werden.
Als Spieler bin ich immer eher unterfordert und muss mich so teilweise selbst motivieren.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: KhornedBeef am 23.02.2016 | 11:27
Ich denke, als SL kommt man vielleicht an den Punkt, an dem man statt "im Charakter" (wie die Spieler) eher "in der Story" ist, d.h. die Ergebnisse von Spieleraktionen, die Reaktionen der Spielwelt und der Antagonisten und all das erscheint einem selbst nicht mehr als bewusste, eigene Entscheidung, sondern als  natürlich Entwicklung der Dinge. Wie bei einem Autor, dem plötzlich eine Teil einer Geschichte "aus der Feder fließt" ohne dass er weiß wo das herkommt.

Edit: Immersion versteht vielleicht jeder anders. Die Intention des Threaderstellers würde mich das z.B. als "Das Spiel passiert nicht mehr vor dir auf dem Tisch, sondern in deinem Kopf" oder so interpretieren. Liege ich einigermaßen richtig?
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Achamanian am 23.02.2016 | 11:29
Immersion als Spielleiter?

Kann sowas ueberhaupt passieren wenn man (meistens) mehr als einen Charakter "spielt", konkrete Regelfragen ("out of character") zu klaeren hat und dann evtl. noch Storyueberlegungen ("Aendere ich spontan noch was oder lasse ich es so wie es laeuft zum TPK hinlaufen?") waehrend der Runde machen soll?


Heißt Immersion denn "Eintauchen ins Spiel" (EDIT) oder enger "Eintauchen in den Charakter"? Ich bin mir nicht so sicher, wie das i.d.R. im RSP verwendet wird.

Im ersteren Fall würde ich sagen, dass ich das als SL häufiger erlebe als als Spieler, in dem Sinne, dass ich mich tatsächlich voll in das Spiel begebe und während des Spielens nicht an irgendetwas anderes denke - das ist es auch, was ich im RSP inzwischen am meisten Suche. Ein Flow ist das allerdings nicht unbedingt, weil es oft holpert und hakt und eben nicht aus dem Gefühl heraus ganz von allein läuft.

Das totale Eintauchen in den SC erlebe ich eigentlich nie, auch und schon gar nicht als Spieler. Irgendwie betrachte ich den SC immer als von mir gesteuerten Protagonisten, betrachte ihn von außen und frage mich, was er jetzt machen könnte/sollte.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: ManuFS am 23.02.2016 | 12:04
Passiert es: Klar. Hin und wieder, manchmal auch über fast komplette Sessions.*
Lässt es sich beeinflussen: Wenn die Spieler sich beeinflussen lassen wollen, sicher.**

*Ich ziele aber auch nie darauf ab. Ich versuche eine lebendige Welt zu erschaffen und zu beschreiben, wenn da Immersion und Flow als Nebeneffekt passieren, schön. Wenn nicht, mir Wayne, hauptsache alle haben Spaß.
**Ich bin von solchen Versuchen eher genervt, ein Ex SL ging da volle Breitseite drauf los (Licht, Musik, Kerzen, etc.), ging mir tierisch auf die Nerven. 5 Sekunden Pause weil der SL den nächsten Musik Track suchen muss reisst mich mehr raus als 10 Sekunden Diskussion über eine Regel.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: D. M_Athair am 23.02.2016 | 12:43
Lässt sich das beeinflussen? Wenn ja, wie?
Ganz kurz: Meiner Erfahrung nach sind da die Mitspieler entscheidender als alles andere. Wenn Flow und Immersion so wichtig sind, dann braucht man eine Runde, bei der alle relativ Ähnliches vom Spiel erwarten.
Das lässt sich auch ein bißchen über die System-Wahl steuern. Je weniger in der Gruppe verhandelt werden muss, was im Spiel wichtig ist (weil das Regelwerk versucht möglichst Vieles abzudecken), desto eher werden die Spieler sich selbst suchen, was wichtig ist. Entsprechend gibt es weniger Raum für Flow und/oder Immersion. Bei Spielen mit engem Fokus kann es in beide Richtungen laufen. Es scheint klar wohin die Reise geht ... aber es ist nicht klar. Oder: Die Spielenden sind da intuitiv auf einer Wellenlänge.


Heißt Immersion denn "Eintauchen ins Spiel" (EDIT) oder enger "Eintauchen in den Charakter"? Ich bin mir nicht so sicher, wie das i.d.R. im RSP verwendet wird.
Ich würde behaupten: Es kann eines davon oder beides heißen. Als drittes Element kann man noch "Eintauchen in die Story" dazunehmen. Für das gemeinsame Spiel ist wichtig zu wissen, ob man eine gemeinsame Vorstellungen teilt oder nicht.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Edwin am 23.02.2016 | 12:52
Zumindest Wikipedia scheint Immersion enger zu fassen:

"Immersion beschreibt den Eindruck, dass sich die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt vermindert und die Identifikation mit einer Person in der virtuellen Welt vergrößert."

Was natürlich nicht heißt, dass Wikipedia eine Autorität für irgendwas ist.
Hier gibt es ja zahlreiche Diskussionen darüber.

Wenn man allerdings Immersion eng fasst erscheint mir Flow als ein guter Begriff, um das vertieft sein zu beschreiben, das aber nicht unbedingt als ein Eintauchen in eine andere Realität erlebt werden muss.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: ArneBab am 23.02.2016 | 12:58
Der Titel sagt eigentlich schon alles. Für mich ist der grundlegende Faktor, warum ich RPGe der Eskapismus vor allem in Form von Immersion und Flow-Erleben. Das ist das große Ziel (an dem ich fast immer kläglich scheitere). Jetzt meine Frage an euch fellow GMs:  Passiert das bei euch überhaupt? Lässt sich das beeinflussen? Wenn ja, wie? Wie fördert ihr die Immersion und das Flow-Erleben? Oder braucht es dafür doch ein anderes Medium als Pen & Paper RPGs?
Ich fühle oft eine Qualitative Änderung des Spielgefühls ab etwa 8 Stunden Spielzeit. Dann spielt das Spiel sich viel stärker selbst, und in der Erinnerung lebt es.

Ist bei mir sowohl als SL als auch als Spieler so. Leider spielen wir nur noch selten 8 Stunden am Stück.

Vorraussetzung: Alle tauchen in die gleiche Story ein. Wenn ein Spieler sich gegen das Spielgefühl sperrt, wird das Spiel zwar lustig oder spannend, aber nicht "lebendig".
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Lord Verminaard am 23.02.2016 | 12:59
Immersion ist ein problematischer Begriff, da jeder was anderes drunter versteht. Oft wird es einfach benutzt, um diese eine Spielrunde zu beschreiben, wo einfach alles perfekt lief. Ich glaube, dass es hier große Überschneidungen mit Flow-Erlebnissen gibt. Eine Dynamik zwischen den Mitspielern, ein An-einem-Strang-Ziehen, ein intuitives Verständnis. Um im weitesten Sinne ein Gefühl des "Drin-Seins" zu erleben, muss außerdem auf Ebene des fiktionalen Inhalts etwas dazu kommen, was den Spieler packt, fesselt, begeistert, fasziniert.

Steigende Ansprüche mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung können da hinderlich sein, wie viele schon angesprochen haben. Zwar sollte die zunehmende Erfahrung umgekehrt dazu führen, dass man auch kompetenter wird, aber das allein reißt es eben nicht raus, gerade wenn es um Kreativität geht. Vieles ist dann eben schon mal dagewesen.

Erzwingen kann man nichts, schon gar nicht durch so alberne Verbote ("kein OT und keine dummen Witze"). Es mag ja sein, dass diese eine Spielrunde dadurch gekennzeichnet war, dass es kein OT und keine dummen Witze gab, aber das lag eben daran, dass alle so "drin" waren. Das Ziel muss also sein, "rein" zu kommen, und dann bleiben das OT und die dummen Witze schon von ganz allein weg. Erzwingen kann man das nicht, man kann aber schon einiges dazu tun, möglichst günstige Voraussetzungen zu schaffen. Da haben wir allerdings wieder das zunehmende Alter, das uns Lebensrealitäten beschert, die dem häufig im Weg stehen. Viele von uns sind nun mal momentan in der "Rush Hour" des Lebens, kleine Kinder, Karriere, Eigenheim und was noch so dazu gehört. Was man tun kann:


Ich bin inzwischen so weit, dass ich das überhaupt nur noch bei ausgewählten Runden auf dem :T:reffen anstrebe, und auch da klappt es dann nicht immer, wohl aber immer mal wieder. :)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Chruschtschow am 23.02.2016 | 13:11
Flow an sich kenne ich. Das passiert mir bei anderen Tätigkeiten regelmäßig und ich kann extrem unwirsch werden, wenn man versucht mich aus meiner Tätigkeit heraus zu holen. Das ist nichts, das in dieser Form in einer sozialen Tätigkeit für mich möglich wäre, weil ich viel Kontrolle über die Situation, die Geschwindigkeit der Prozesse etc. haben muss. Außerdem brumme ich dabei... In abgeschwächter Form (Flow, nicht das Brummen)? Vielleicht. Teilaspekte? Mag sein. Aber das volle Programm? Nö.

Immersion? Als Nicht-LARPer habe ich ja schon das Problem, dass ein großer Teil der Sinneswahrnehmungen leicht von der gespielten Welt abweichen. Also Immersion kann an der Stelle immer nur mit Einschränkung stattfinden. Aber da geht was auf der emotionalen Ebene. Das kann unterschiedlich gut funktionieren, je nachdem wie stimmig der Charakter ist, hängt auch vom eigenen Befinden, und noch ein paar Punkte, die andere schon vor mir aufgezählt haben. Ad hoc fällt mir exakt eine Situation in den letzten Jahren ein, in der ich im Charakter emotional voll drin war. Weil das eine "Ich erzähle mal von meinem Charakter"-Nummer ist, packe ich die Details in einen Spoiler.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Kurzversion: Also so richtig tief in die Emotionen eines SC einzusteigen, halte ich weder für das Gruppengefüge im Zusammenspiel mit den anderen Spielern gesund noch auf Dauer durchhaltbar. Als Spielleiter wird das eh nix für mich, weil ich zwischen zu vielen Charakteren und deren Gefühlswelt wechseln muss. Da habe ich gar nicht die Zeit, die Emotionen einzuschalten, das geht nur durch Außensicht auf den NSC.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: KhornedBeef am 23.02.2016 | 13:25
Wenn ich das bei Chruschtschwow richtig lese, ist totale Immersion vielleicht gar nicht erstrebenswert, weil das Gruppenerlebnis dann einen Haufen unverständlich brabbelnder oder brüllender Wahnsinniger zerfällt :)
Also ich kann mir vorstellen, in einer guten Runde wie in einem guten Buch drinzustecken. Kein völliger Verlust der Reflektionsfähigkeit, aber ein hinreichende Tunnelblick, um die bewusste Beschäftigung mit der Welt außerhalb des Spiels zu minimieren.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Chruschtschow am 23.02.2016 | 13:46
[...] einen Haufen unverständlich brabbelnder oder brüllender Wahnsinniger [...]

Das hängt wahrscheinlich auch sehr vom SC und der Gefühlswelt ab. Zugegebenermaßen kann ich mir aber auch nicht vorstellen, dass es zu einem tollen Abend führt, wenn einer emotional voll in den Emo-Lone Wolf-Dunkelelfen einsteigt und die Gruppe den ganzen Abend anschweigt. ;) Und Vorsicht vor den "Mein Charakter ist halt so"-Momenten. Das ging an der Stelle gut, weil vieles zusammen passte und ich da die Sau raus lassen konnte, ohne den anderen den Abend zu verderben. Das war schon sehr Klaus Kinski, der ja auch gerne mal im Theater ein bisschen Gewalt angedroht hat, wenn das Publikum nicht ganz genehm war.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Nin am 23.02.2016 | 13:59
Was mir persönlich hilft

- Würfel- und vorallem Verwaltungsarme Regeln
- umfassende Regelkenntnis bei allen Anwesenden
- Vorbereitung auf den Charakter (SC) bzw. die Charaktere (NSC)
- Keine OT-Gespräche
- klare, systematische Beschreibungen z.B. erst eine ausführliche Beschreibung des Raums, dann die der anwesenden Personen
- Beschreibungen, die auch über den ersten Eindruck hinausgehen können, damit sich Nachfragen erübrigen
- Innere Monologe
- Charakterspiel in direkter Rede bzw. in dritter Person für Beschreibungen der Handlung
- Persönlichkeit und Emotionen der SpielerInnen (er-)kennen
- Emotionaler Brückenschlag zwischen Charakter und SpielerIn (wenn ein Ereignis Charakter wie SpielerIn emotional treffen)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Maarzan am 23.02.2016 | 14:03
Eben, wenn ich quasi einen Irren spiele, dann wird die Immersion auch einen Irren dabei herausbringen.

Das sagt noch nichts über andere Charaktere und die Rückwirkung von deren immersiven Darstellung.

Ansonsten:
Als SL sehe ich das schon als kaum möglich und auch wegen der anderen Aufgaben als nicht unbedingt förderlich.

Als Spieler ist das eben das Ideal, wobei Immersion und Flow da schon zwei weitgehend unabhängige sachen sind, wobei erfolgreiche Immersion dann eben eine mögliche von verschiedenen Variante von tollem Flow ist.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Chruschtschow am 23.02.2016 | 14:21
Eben, wenn ich quasi einen Irren spiele, dann wird die Immersion auch einen Irren dabei herausbringen.

Das sagt noch nichts über andere Charaktere und die Rückwirkung von deren immersiven Darstellung.

Das Problem mit dem Nicht-Irren ist die Reflektionsfähigkeit. Beginne ich das Verhalten meines SC zu reflektieren, kann ich ohne starke Emotionen eigentlich nur schwer im Mindset des Gespielten bleiben. Emotional wirklich rein zu gehen heißt auch, sich von Emotionen vom eigenen Ich regelrecht fort schwemmen zu lassen, sonst bin es doch wieder ich und nicht der Gespielte, der agiert.

Schau mal ein bisschen in Berichte von Method Actors (Strasberg, nichts Laws) rein, das geht nämlich sehr in die Richtung. Da treiben Leute monatelang Aufwand, um sich in eine bestimmte fremde Gedankenwelt hinein zu versetzen und sich zu eigen zu machen. Eine Abkürzung ist da eigentlich nur durch eine besondere Intensität der Emotion schaffbar.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Maarzan am 23.02.2016 | 14:38
Das Problem mit dem Nicht-Irren ist die Reflektionsfähigkeit. Beginne ich das Verhalten meines SC zu reflektieren, kann ich ohne starke Emotionen eigentlich nur schwer im Mindset des Gespielten bleiben. Emotional wirklich rein zu gehen heißt auch, sich von Emotionen vom eigenen Ich regelrecht wegschwemmen zu lassen, sonst bin es doch wieder ich und nicht der Gespielte, der agiert.

Schau mal ein bisschen in Berichte von Method Actors (Strasberg, nichts Laws) rein, das geht nämlich sehr in die Richtung. Da treiben Leute monatelang Aufwand, um sich in eine bestimmte fremde Gedankenwelt hinein zu versetzen und sich zu eigen zu machen. Eine Abkürzung ist da eigentlich nur durch eine besondere Intensität der Emotion schaffbar.

Die Abkürzung über die Intensität der Emotionen (bzw. eine gewissen Monomanie) kenne ich. Ansonsten kommt die Immersion eben typischerweise dann auch erst später nach ein paar Sitzungen und wird durch eine möglichst detaillierte und dann vor allem auch integrierte Hintergrundsgestaltung erleichtert.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Greifenklause am 23.02.2016 | 15:24
Drama und Tragik+ s.u.
Irgendwie gelingt es mir besser, wenn ich diese Stilelemente mit einwebe, sei es als SL oder Spieler

+ Erfolgserlebnisse
Ständige Niederlagen sind eher Immersionsfeindlich. Oft entdecke ich da eine instinktive Distanzierung vom Geschehen.
Schön verpackt (s. Drama und Tragik) kann eine Niederlage aber auch immersionsfreundlich sein
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Swafnir am 23.02.2016 | 15:30
Kann mir jemand "Flow" erklären?
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: eldaen am 23.02.2016 | 15:32
Wikipedia Eintrag zu "Flow" in der Psychologie (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie))
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Chiarina am 23.02.2016 | 15:47
Gute Listen von Lord Verminaard und Nin. Habe ich gern gelesen.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Boba Fett am 23.02.2016 | 15:53
https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)
Diese Seite existiert nicht

Der Link ist kaputt, weil die schliessende Klammer fehlt.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: eldaen am 23.02.2016 | 15:59
Hehehe...da hats dich aber auch erwischt - das Forum mag keine direkten Links mit Klammer am Ende. Ich hab das in meinem Post mal umgangen, danke für den Hinweis. :)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Boba Fett am 23.02.2016 | 16:15
ja, stimmt, da war ich wohl im Work-Flow... ;)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Swafnir am 23.02.2016 | 16:16
Danke!  :d


Also den "Flow" hab ich meistens wenn ich einen gut definierten Charakter spiele. Als SL gelingt mir das nicht ganz so oft, aber schon ab und an.

Immersion gibts selten. Da muss ich schon sehr in einem Charakter drin sein. In den letzten Jahren ist mir das bei zwei Runden gelungen (Scion und WoT). Da hab ich mit den Charakteren wirklich mitgefühlt. Da war ich auch sehr traurig als die Runden dann geendet haben. Als Sl hab ich eine Immersion noch nicht erlebt. Irgendwie ist man da dann doch immer "außen vor". Nur dabei statt mittendrin, quasi.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Nørdmännchen am 23.02.2016 | 16:29
Lord Verminaard hat eine Hammerantwort geliefert, die ich mir ausdrucken und mit Heißkleber auf meine Unterlagen tapezieren werde!  :d
Kurze Pausen, die dezidiert angesagt und angespielt werden, wirken bei mir oft wunder. Gerne mit rausgehen oder Kaffee trinken. Auch eine freie Schwafel-Phase vor dem Spiel ist für mich Pflicht.
Ansonsten ist das Stichwort für mich: Vertrauen innerhalb der Runde.

Ansonsten noch ein paar eher unkonventionelle Ideen:

*Die Möglichkeiten sind endlos - wir hatten hier (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,73963.msg1506888.html#msg1506888) mal das Thema.
Hier (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,66102.0.html) hatte ich außerdem mal angefangen esoterische Theaterübungen zu posten...
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: dunklerschatten am 23.02.2016 | 22:14
Für mich fängt es damit an das man sich von Definitionen und Co frei macht und einfach spielt, da "zerdenken" das Gegenteil befeuert.
Die Sache eben wegen der Sache machen und nicht weil man ein höheres Ziel erreichen will.
Wenn dann die GRuppe stimmt, das Setting und ein wenig Glück dazu kommt, tja dann klappt es auch mit dem Flow

Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: D. M_Athair am 24.02.2016 | 00:08
Die Sache eben wegen der Sache machen [...]
... und den Weg gemeinsam gehen.
Das trifft es für "Flow" ganz gut. Bei Weggabelungen (methodisch verschiedenen Möglichkeiten) muss man sich kurz einigen.
Vielleicht gibt die "Sache" da auch eine offensichtliche Lösung vor, die es wahrzunehmen gilt. Jedenfalls darf da keine(r) mit seinen eigenen Gedanken davongaloppieren.

Und: Die "Zen-Übung" - KEINE Vorstellungen vorab ins Spiel hineinzutragen - ist zu Spielbeginn auch wichtig. (Trotz aller Absprachen, die ja nichts tun außer grob einen Rahmen zu spannen.)
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: firstdeathmaker am 25.02.2016 | 12:01
Immersion ist keine binäre Eigenschaft einer Spielrunde. Von daher gibt es dort nur verschiedene Ausprägungsgrade. Beim Flow sieht es anders aus, allerdings verteilt sich dieser über die Spielzeit einer Runde. Es kann sein, dass er mal 2 Stunden durchgehend vorhanden ist, dann aber leider unterbrochen wird.

Ich klammere mich nicht zwanghaft an beide Dinge. Sie sind erstrebenswert und können definitiv zum Spaß beitragen, sind aber nicht zwingend notwendig in unserer Runde. Mein Rezept für einen unterhaltsamen und spaßigen Rollenspielabend ist Abwechslung.

Beispiel: Taktisch anspruchsvoller Kampf -> Die Spieler sprechen sich ab, überlegen viel, wie sie die Kampfregeln zu ihren Gunsten benutzen. Ist nicht sehr immersiv und zerstört total den Flow, macht uns aber trotzdem Spaß (wenn der Kampf sich nicht ewig hinzieht).

Beispiel 2: Die Begegnung mit einem Otyugh entwickelt sich in kürzester Zeit zu einem sehr immersiven Rollenspiel, als sie Helden anfangen, sich mit ihm zu unterhalten.

Beispiel 3 (vom letzten Sonntag): Da die Spieler den Dungeon selbst zufallsgeneriert nach einfachen Regeln von einem Stapel aufbauen, je nachdem wo sie hin laufen, fällt für mich jede Menge Verwaltungsarbeit weg. Auf einmal habe ich mentale Ressourcen frei, die ich in die Präsentation der Herausforderungen stecke. Um 11 Uhr merken wir, dass die letzten Stunden wie im Flug vergangen sind. Es hatte sich ein unglaublicher Flow eingestellt. Und mir hat das Leiten dadurch viel mehr Spaß gemacht.

Fazit: Flow ist wichtiger als Immersion. Immersion ist eine Quelle für Unterhaltung / Spaß, aber nicht die einzige. Kommt eben auf den Geschmack der Spieler und des Spielleiters an.

Und natürlich kenne und empfinde ich als Leiter Immersion. Vielleicht fällt mir das sogar einfacher als den Spielern, da ich ja die ganzen Hintergründe der Spielwelt kenne und mir viel mehr Gedanken dazu gemacht habe. Ich stelle mir die Welt und die Situation vor und spiele die Reaktionen der Welt auf die der Helden. Dabei habe ich fast immer ein starkes Gefühl von Immersion.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Issi am 24.06.2016 | 13:59
Wenn ich nicht mehr merke, dass ich spiele. Wenn der Film sich von selbst dreht, und Alle voll dabei sind, dann ist das großes Kino. :) Das ist "Spielmagie"!;-)

Die Welt um sich herum vergessen und in eine andere eintauchen-  So geht es mir auch  auch bei guten Kinofilmen. Der Charakter muß greifbar und sympatisch sein. Man möchte sich identifizieren und mitfühlen können.
Der Entscheidende Faktor beim Eintauchen  ist der Spaß an der Freude. Und Menschen wo man so sein kann, wie man ist.
Aber auch ein SL der gut auf seine einzelnen SPL und ihre Figuren eingeht.
Wie das gelingt?--

Ich frage mal andersherum:
Wie gelingt es auf keinen Fall? ;)

Der Tot jeder Immersion ist mMn:
:
1. Ein Einheitsgruppenbrei in dem die Gruppe immer alles zusammen löst. In dem  Figuren einzeln keine Beachtung  mehr finden, nicht auch mal speziell im Abenteuer gefordert werden und sich entwickeln dürfen.
2. Lieblos gespielte Figuren und NSC. Austauschbare Charaktere, wenig Charakterspiel.
3. Eine Gruppenstimmung bei der die Spieler eher gegeneinander als miteinander spielen. Versteckte  Rangeleien und Machtgehabe. Humorlosigkeit und  Mobbing.- Angst sich vor anderen zu blamieren oder lächerlich zu machen.
4. Ungleichgewicht in der Aufmerksamkeit des Spielleiters.. Alla: "Wer am lautesten schreit hat Recht und kommt dran.
Wer nichts sagt, hat wohl auch nix zu meckern."
5. Zuwenig Handlungsspielraum für die Spieler, der Spielleiter bestimmt zu oft was passiert, ohne Eingriffe und Wendungen im Abenteuer durch die Spieler zu zulassen.
6. Unaufmerksame, abgelenkte Spieler, die sich während des Spieles mit etwas anderem beschäftigen. Permanente Erreichbarkeit über Handy& Co während des Spiels. Beantworten neuer  Nachrichten und Zwischenanrufe sorgt dafür, dass Spieler  zwar körperlich da aber geistig nie ganz anwesend sind. Gleiches gilt auch für SL:
7.Konsumentenhaltung bei Spielern sowie mangelnder Respekt gegenüber anderen Spielern oder dem Spielleiter.
8.Spielleiter denen es schwerfällt in dringlichen Fällen  für das nötige Spielgleichgewicht zu sorgen.
9.Ungelöste Konflikte innerhalb der Gruppe über die nicht gesprochen wird.
10. Lautstarkes Diskussionsverhalten und Regelgerangel während des Spiels.


Das sind jetzt natürlich extrem Beispiele, wie sicher schon tausendmal hier gepostet wurden und bestimmt noch nicht alle. Aber ich bin mir sicher, wenn man den ein oder anderen Punkt wegräumt, lässt sich auch die "Spielmagie" bestimmt  wieder einladen.


Viele Grüße








Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: 1of3 am 24.06.2016 | 15:36
Wie fördert ihr die Immersion und das Flow-Erleben?

Ausgeschlafen und ausgeruht zum Spiel kommen.
Mit angenehmen Leuten spielen.
Mit Leuten spielen, die alle wissen, was gespielt wird.
Genügend Zeit zwischen zwei Sitzungen lassen, aber nicht zu viel.
Gegessen haben.
Alle beteiligen; keine längeren Pausen.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: Greifenklause am 24.06.2016 | 15:52
Rechtzeitig Tips geben, sobald die Spieler anfangen zu "schwimmen" oder gar sich zu langweilen.
Nicht zu früh Tips geben, damit die Spieler sich auch Sachen selbst erarbeiten können.
Auf gar keinen Fall ein Abenteuer leiten, dass einem nicht gefällt.

Als SL zugeben, wenn man sich verzettelt hat.

Dummer Witze sind ein Gewürz, keine Hauptmahlzeit.

Gegenseitig zuspielen.
Einigungsbereitschaft.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: cash am 27.06.2016 | 15:36
In der Vergangenheit haben viele Gruppen dazu geneigt recht groß zu sein. Ich habe für mich festgestellt, dass das dem Flow dramatisch entgegenwirkt und würde selbst nicht mehr in Gruppen spielen wollen die größer als 3+1 sind. Zum "in den Flow kommen" gehört für mich auch immer selbst schildern können - und das kommt natürlich kürzer, je mehr Leute abgehandelt werden müssen.
Titel: Re: Die Crux mit der Immersion und dem Flow-Erleben
Beitrag von: ArneBab am 28.06.2016 | 09:43
In der Vergangenheit haben viele Gruppen dazu geneigt recht groß zu sein. Ich habe für mich festgestellt, dass das dem Flow dramatisch entgegenwirkt und würde selbst nicht mehr in Gruppen spielen wollen die größer als 3+1 sind. Zum "in den Flow kommen" gehört für mich auch immer selbst schildern können - und das kommt natürlich kürzer, je mehr Leute abgehandelt werden müssen.
Für große Gruppen hilft es auch, als SL die Zeit recht hart zu verwalten und Szenen explizit zu planen: Hier sind alle zusammen, hier wird in Gruppen gespalten (X ist mein Co-SL), …

Allerdings müssen sich darauf auch alle einlassen können (die SL muss dafür nämlich viel direkter eingreifen und auch mal offen sagen, wie bestimmte Szenen geplant sind — z.B. „das ist die Besprechung, ihr habt 15 Minuten, dann brauche ich von jedem und jeder von euch eine kurze Aussage, was der Charakter macht“ *dreht Sanduhr um*).