Sich so an einen Charakter zu hängen dass man ihn nicht sterben lassen will weil damit das Geschaffene "hinfällig" werden würde, das wäre mir verkrampft.
Und mir wäre viel zu verkrampft so unbedingt Spannung im Rollenspiel haben zu wollen, und dabei aus den Augen zu verlieren was man beim Tode eines lange gespielten Charakteres alles verliert an Story, Charakterspiel, Geschichten, Plotfäden... beim stupiden Dungeoncrawl mag ein Charakter der nebenbei ins Gras beißt ja gar keine so große Sache sein, aber bei allem was mehr in Richtung Story- oder Charakterlastige lange Kampagne geht sind relativ häufige Charaktertode sehr kostspielig. Je weiter wir von reinen Regel- und Würfelorgien hin zum ausspielen einer Rolle, dem erleben einer spannenden und fortlaufenden Geshichte und der Entwicklung der Persönlichkeiten der Charaktere gehen, desto eher wird der unplanmäßige Tod eines Spielercharakters ein Preis der schon recht teuer erscheint für das bisschen mehr an Spannung.
Früher haben wir sehr konsequentes Shadowrun gespielt. Und Charaktersterblichkeit und Paranoia gehörten da irgendwie dazu. Und auch wenn es niemals eine offizielle Absprache darüber gab wurden wenig Charaktere leichtfertig umgebracht. Warum? Weil jedem Spieler am Spieltisch bewusst war, dass viele langfristige Plotfäden, Connections, u.s.w. mit dran glauben würden. In einer (für mich) guten Kampagne haben Spieler und Spielleiter halt noch viel mit dem Charakter vor. Er ist gut in die Gruppe integriert und füllt seine Rolle aus. Die Kugel im Kopf des SCs mag den NSC nur 2 Nuyen kosten, aber was kostet sie die Gruppe?
Und der Charaktertod ist natürlich ein Dilemma. Schließt man ihn kategorisch aus kostet einen das Spannung. Und wenn Spannung eine der Sachen ist aus denen man im Rollenspiel Spaß bezieht, dann wäre das natürlich blöd. Aber auch sonst ist das natürlich ein Preis den man bewusst mit einkalkulieren sollte. Aber sterben zu viele Charaktere kann das (je nach Präferenzen) an anderer Stelle sehr viel teurer werden.
Und deshalb ist das Thema Charaktertod so völlig offensichtlich eine Geschmacksfrage, in der es kein "richtig" und kein "falsch" gibt, dass ich mich echt darüber wundern muss, dass das hier immer noch diskutiert wird. Die Geschmäcker sind verschieden. Die einen haben Spaß am Rollenspiel ganz ohne sterbende Charaktere. Andere bevorzugen es wenn nur schwere Fehler und bewusste Entscheidungen des Spielers Charaktere töten können. Und wieder andere empfinden es als lahme Sitzung, wenn nur ein Spielercharakter stirbt.
Wie bereits geschrieben eine Geschmacksfrage. Da hat nicht eine Seite die Erleuchtung gefunden. Und die andere Seite täuscht sich auch nicht, wenn sie glaubt sie hätte Spaß am Hobby. Und nicht alle Spieler hätten mehr Spaß wenn mehr (oder weniger) Charaktere sterben würden. Und das ist auch überhaupt kein Problem, denn solange man das innerhalb der Gruppe vernünftig kommuniziert (was aber meiner Erfahrung nach vielen schwer fallen dürfte) können sogar beide Extreme hervorragend in einer Gruppe existieren. Und wenn das mit der vernünftigen Kommunikation nicht gut genug läuft kann man sich immer noch Gruppen suchen die zu einem passen.