Also, Sätze wie:
"Ignorieren Sie jede Regel,die dem Spielspaß entgegen steht.",
"Es ist dem Spielleiter jederzeit erlaubt zu Handwedeln.",
"Den Spielern ist es verboten das Regelbuch zu lesen",
"Der Spielleiter hat immer Recht ",
sind für mich ein und dieselbe Soße.
Keiner dieser Sätze sagt meiner Ansicht nach aus: "Tyrannisiere deine Gruppe in dem Du grundsätzlich nur deine Ansichten gelten lässt, grundsätzlich keine Diskussionen zu lässt oder willkürlich die Regeln brichst um ein Gefühl der Ohnmacht und Willkür bei Deinen Spielern zu hinterlassen."
Grundsätzlich sollte es immer Ziel des SL im Konsens zu führen. Dazu muss mir die Gruppe aber auch klar sagen was sie will. Es ärgert mich beispielsweise, wenn ich bestimmte Dinge wie z. B. Regelfragen im Vorfeld absprechen möchte,dieses Thema auf Desinterresse und taube Ohren stößt, aber später dann im Spiel für Streit sorgt.
Ich bin als SL nicht die Legislative der Gruppe - aber ich bin ihre Exekutive. Mein Job ist es dafür zu sorgen, das Absprachen, die im Konsens getroffen wurden, auch umgesetzt werden. Das fängt an bei der Terminplanung,betrifft Fragen wie die Wahl des Regelsystems, welche Charaktere sind zulässig etc.). Es kommt immer wider vor, das bei Absprachen ein Spieler seine Ohren auf Durchzug geschaltet hat, oder schlimmer noch: Er versucht seinen Willen der Gruppe aufzuzwingen,in dem er anfängt das Spiel zu sabotieren.
Die wohl wichtigste Aufgabe des SLs ist die Synchronisation der Immersion der einzelnen Spieler zu einem gemeinsamen Vorstellungsraum.Dabei fällt mir ein Comic aus der Reihe Dork Tower ein,wo der Spieler denkt,das sein SC den Drachen frontal bekämpft,während ein anderer Spieler sich vorstellt wie sein SC den Drachen am Schwanz packt während der SL sich vorstellt,wie die SCs vor dem Drachen weglaufen.
Der SL schafft den Vorstellungsraum durch ein plausibles und genaues Schildern der Situation in der sich die SCs befinden. Natürlich ist auch hier Raum für Diskussionen,wenn die Schilderungen der Ansagen der Spieler widersprechen oder unplausibel sind. Aber letzten Endes ist kein Spiel möglich wenn nicht der größte Teil der Schilderungen des SL von den Spielern akzeptiert wird. Um dem SL hierbei Rückendeckung zu geben stand in den alten DSA-Regelbüchern der Satz: "Der Meister hat immer Recht."
Man muss dabei bedenken, das Mitte der 80er Jahre,der Zeit aus der dieser Satz stammt, Rollenspiel etwas völlig Neues und Fremdartiges war. Die meisten Menschen kamen damals aus dem Brettspielbereich und denen musste erstmal klar gemacht werden das im Rollenspiel Regeln eine andere Funktion haben. Und dies am Besten durch eine Regel.
Oder anders gesagt: Ein einzelner Spieler muss auch mal SL-Entscheidungen akzeptieren, die ihm nicht schmeckt.
Im SIM-Spiel ist der SL der Hüter der Spielweltkonsistenz. Die Spielweltkonsistenz ist nicht die Realität. Zum Beispiel gibt es in Pendragon keine Regel dafür wieviel Last ein SC tragen kann. Dies spielt im Spiel auch keine Rolle,da der Spieler in der Regel einen Adligen spielt, der immer einen Knappen oder ein Packpferd dabei hat. Die Spielweltkonsistenz ist etwas zu tiefst Relatives und viele der im Spiel möglicherweise auftretenden Konflikte werden durch Regeln nicht abgedeckt und der SL braucht daher die Möglichkeit des Handwedelns. Außerdem können im SIM-Spiel viele Umstände/Einflüsse auftreten,bei denen ein Regelmechanismus unpassend ist oder modifiziert werden muss.
Daher die Frage:
Wie kann ich mir ein SIM-System ohne die Goldene Regel vorstellen ?
Ein weiterer Punkt ist,das die Realität unter Umständen kontraproduktiv für die Spielweltkonsistenz ist.
Ein Kampfsystem, bei dem Schwerter,Äxte,Messer etc. nur nach Reichweite unterschieden werden und grundsätzlich schweren bis tötlichen Schaden anrichten ist zwar realistisch, aber für eine Exploration mit dem Ziel einer spannenden,actionreichen Kampfscene eher hinderlich. Bei einem solchen System wären die Kämpfe sehr schnell,und die Spieler sehr schnell frustriert.
Das Herantragen des Anspruchs des Realismus an System oder Spielleiter ist daher häufig unangemessen. Auf der anderen Seite brechen zu unrealistische/schlecht gebalancedte Regeln die Immersion. So muss in DSA 4.1 einem Steinewerfer,der eine 1x2 Meter große Fensterscheibe auf 8 Meter Entfernung mit einem Stein einwerfen möchte, ein Probe+17 gelingen. Womit aventurische Fensterscheiben als einwurfsicher gelten dürften.
Vom SL wird die Illusion von Fairniss erwartet.Ein Brettspiel definiert Fairniss über seine Regeln,wo genau definiert ist, wann eine Regel zur Anwendung kommt. Fairniss ist beim Brettspiel klar über die Regeln verifizierbar.
Beim Rollenspiel ist Fairniss ein von allen Spielern,insbesondere durch den SL, anzustrebender Idealzustand. Wann eine Regelung zu Anwendung kommt, bestimmt in der Regel der SL. Fairniss ist im Rollenspiel häufig nicht verifizierbar - und daher eine Illusion.
Ich sehe hier bei die Illusion von Fairniss als Gemeinschaftaufgabe,die in erster Linie vom SL und dem Regelbuchator geleistet werden muss - aber auch von allen anderen Spielern.
Einige Dinge,wo Fairniss vom SL abhängt:
- Genaues Schildern der Situation der SCs,mögliche Einflüsse auf das Kampfgeschehen im Vorfeld eines Kampfes. Das heißt der SL sollte nicht Attoc während eines Kampfes erwähnen das es regnet und der Boden glitschig ist - sondern dies sollte den Spielern vor Beginn des Kampfes klar sein.
- Nicht ohne Notwendigkeit,ohne plausible Erklärung oder aus Bequemlichkeit vom Regelsystem abweichen.
- Plausible Gegner. Eine Räuberbande ist selten mit Schwertern sondern eher mit Knüppeln, Keulen, Stäben und Werkzeugen bewaffnet. Sie würden eine sichtlich schwer bewaffnete Heldengruppe nicht angreifen. Goblins würden eher versuchen eine Gruppe nachts zu bestehlen, als sie auf offenem Feld anzugreifen. Die wenigsten Gegner kämpfen bis zum Tode. Viele lassen sich auch ablenken oder durch Gebrüll verjagen etc.
- Wenn plausible überraschende Effekte durch Spieleraktionen eintreten,die Spieler darauf würfeln lassen.
Die Liste lässt sich sicherlich noch erweitern...
Die Regeln sehe ich als Werkzeuge des SL. Die Tauglichkeit dieses Werkzeuges ist maßgebend, ob die Illusion von Fairniss hergestellt wird, oder ob sich die Spieler trotz des Könnens des SL gefrustet fühlen (siehe das Beispiel mit den aventurischen Fensterscheiben).
Bei gamistischen Systemen hat der SL unter Umständen die Position eines Schiedsrichters und ist somit dem Regelsystem stärker unterworfen.
In vielen anderen Fällen habe ich aber den Eindruck,das viele Spieler dem SL seinen Teil dieser Aufgabe nicht zutrauen oder dieser dabei versagt. Die Spieler suchen daher Schutz beim Regelsystem und erwarten, das sich der SL diesem voll und ganz unterwirft. Ich selbst spiele als Spieler in einer DSA4.1 Gruppe mit einem SL vom Typ Opponent. Ich kann es diesen Spielern nachempfinden, aber befridiegend ist doch eine solche Situation nicht - oder ?
Der SL sollte für Ordnung sorgenSpätestens wenn ein Konflikt In-Charakter nicht mehr gelöst wird und Off-Character weiter geführt wird,sollte der SL schlichtend eingreifen oder einzelne Spieler zurecht weisen.
Wenn ihr z.B. euer Lieblingsspiel (welches?) - worauf kommt es an? Welche Bedeutung haben Setting, Regeln, Erzählung?Ich spiele am liebsten DSA4.1. Ich liebe es als Spieler das Setting zu erkunden. Ich liebe auch Shadowrun und mag Pathfinder. Traveller würde ich zu gern mal kennen lernen.
Ich habe eine Vorliebe für Rules Heavy und mag es wenn das Spiel mir taktische Möglichkeien bietet.
Mir ist im Spiel eine detaillierte Immersion sehr wichtig.
Was ist die Rolle der Spieler? Was müssen sie kennen, drauf haben? Wie sind sie an Setting, Regeln, Erzählung beteiligt? Welche Rechte und Pflichten haben sie da? Was sind wichtige SL-Techniken? Was ist auf keinen Fall anzuwenden?
Ich finde es toll wenn Spieler Umgangsformen drauf haben. Ein ehemaliger Mitspieler hat immer gesagt "Das finde ich aber jetzt aber unfair",wenn er etwas nicht verstand oder ihm nicht passte und hat dies so stehen gelassen. Es war damit dem Spielleiter überlassen, wann er darauf eingeht und der Spielfluss wurde nicht durch Diskussionen unterbrochen. Es ist manchmal auch ratsam das Vier -Augengespräch mit dem SL zu suchen,anstatt die offene Diskussion. Als Spieler gilt für mich die Regel: Solange ich in meiner Spielweise nicht eingeschränkt werde, geht mich die Spielweise der anderen nichts an. Spieler brauchen ein dickes Fell. Viele Systeme legen es durch Rassenzugehörigkeit,Attribute wie schlechte Eigenschaften oder Nachteilen darauf an,das es Spannungen zwischen den Charakteren gibt,die auch ausgepielt werden. Erfahrene Spieler wissen,wie sie das zu nehmen haben - bei Anfängern kann es zu Problemen kommen.
Was nicht geht ist, als SC die Gruppe zu hintergehen. Dies kann einen Nachhaltigen Vertrauensverlust bei Mitspielern verursachen, der lange nach wirkt.
Spieler sollten sich bemühen,die Regeln,die ihren SC betreffen mit der Zeit lernen !
Was macht euch (als SL) einen Spielabend kaputt? Welche Werkzeuge zerstören das, was euch bzw. der Spielrunde wichtig ist? Spieler,die das Spiel sabotieren. Spieler,die sich Aufführen,als hätten sie für dieses Event bezahlt. Spieler,die versuchen bei DSA irgendwelche gamistischen Ansprüche durchzusetzen/einzufordern, die weder das System noch ich als SL leisten kann