Mich interessiert mein Gesamtbild am Tisch und das wird in erster Linienormalerweise davon geprägt sein, welches Rollenspiel wir spielen und ob es gut (oder schlecht) designt ist.
Es gibt ja inzwischen den feststehenden Begriff "system matters".
Matters heißt aber "von Bedeutung sein" und nicht "das alles Entscheidende sein". Ich mag den Begriff, weil er genau das ausdrückt, was ich denke.
Ja, für mich spielt das System eine Rolle. Es gibt Systeme, die ich zu kompliziert finde, die einen Aufwand betreiben, der für meinen Geschmack an einer falschen Stelle ansetzt, oder die einfach Mechanismen beinhalten, die nicht funktionieren. (Letzteres wird allerdings seltener. Ich finde, die Spiele-Designer haben dazugelernt.)
Und trotzdem kann ich mit einem System, das ich nicht mag, trotzdem eine Menge Spaß haben - schlicht und einfach, weil es noch andere Aspekte gibt, die einen Spielabend zu einem gelungenen Ereignis machen: Mitspieler, Vorgehensweise des Spielleiters (wenn vorhanden), Plot (wenn vorhanden), das flexible Einstellen auf die Mitspieler, das empathische und ausgewogene "Reden und Reden lassen", vielleicht auch die Frage, in wie weit alle entwickelten Handlungen der Charaktere in irgendeiner Art und Weise den Handlungsverlauf mitbestimmt haben... (wenn ich länger nachdenken würde, fielen mir sicherlich noch mehr ein).
Ich habe beispielsweise nach meinem Abschied aus dem Rollenspiel Midgard immer noch so ganz weit hinten in meinem Hirn eine Idee für ein paar miteinander verbundene Midgardsitzungen, die trotz System vielleicht ein Spielerlebnis ergeben, wie ich es mir wünschen würde... nicht unbedingt gegen das System, aber mit einem eigenen Schwerpunkt. Ich habe den Eindruck, Hotzenplotz erzählt uns hier im Forum von ganz ähnlichen Dingen.
Der Satz "Mich interessiert mein Gesamtbild am Tisch und das wird
in erster Linie normalerweise davon geprägt sein, welches Rollenspiel wir spielen und ob es gut (oder schlecht) designt ist" erscheint mir daher viel zu hart. Das Gesamtbild am Tisch wird in meinen Augen von weitaus mehr Faktoren bestimmt, als die Qualität des Designs. Vor allem, weil bei dieser Aussage noch völlig unausgesprochen bleibt, inwieweit das Design eigentlich meine spielerische Vorlieben unterstützt. Midgard ist beispielweise ein gut designtes System. Trotzdem kann ich damit nicht mehr viel anfangen. Und zwar deshalb, weil mich seine Designziele nicht mehr großartig interessieren.
Bekomme ich einen Bogen zum Thema es Stranges hin? Vielleicht so: Wenn ich bei meinem Spiel eine Betonung auf meinen Charakter lege und es gelingt im Anschluss, meinem Charakterspiel Relevanz für die Handlung zu verleihen, dann ist das Charakterspiel sicherlich keine Zeitverschwendung. Für mich stellen derartige Momente gute Beipiele dafür dar, was mich an Rollenspiel fasziniert. Und mit der Designqualität eines Systems... hat das etwas zu tun (durchaus!), aber nicht so irrsinnig viel.