Wo liegen die Vor- und Nachteile beider Ansätze?
Blöderweise kann man die "reinen" Vertreter des jeweiligen Ansatzes nur nach Anzahl, chronologisch oder auf ähnlich unzureichende Weise bestimmen.
Ein Vergleich verliert sich deswegen schnell in weit verbreiteten Unter- und Sonderformen, für die sich dann auch noch auf der "Gegenseite" ein Blutsverwandter finden lässt.
In manchen Fällen sind Wundstufen letztlich auch nur eine kleine, für alle pauschal festgelegte Zahl von HP.
Oft sind den Stufen Abzüge zugeteilt (dazu unten mehr), aber so richtig nützlich wird der Stufenansatz mMn erst dann, wenn man den Wunden eine Schwelle vorschaltet, sei das nun in Form einer festen Schadenszahl, unterhalb derer nichts passiert, oder in Form eines Rettungswurfes.
Damit hat man dann die angesprochene Unterscheidung nach Wirkungstreffern und allem anderen - aus meiner Perspektive ein Vorteil, weil man damit den aus Systemen mit hohen HP-Zahlen bekannten Tod der tausend Schnitte umgeht.
Andererseits ist es vielen Spielern lieber, einen Berg HP in kleinen Schritten abzutragen als x-mal wirkungslos anzugreifen, bis bei Versuch Nr. X+1 einer über die enorm hohe Wundschwelle kommt und endlich was passiert.
Je nach Genre ist das selten Thema, aber gerade wer öfter dicke Monster kloppen will/muss, hat damit wohl schon Bekanntschaft gemacht.
Da liegt es dann wieder nahe, die Wundschwelle eher niedrig zu halten und dem fiesen Bossmonster eben doch ein paar Wundstufen mehr zu geben als vom System vorgesehen...und schwupps, ist man schon wieder irgendwo im Schnittbereich beider Methoden unterwegs.
Wenn es in einem Stufensystem erst nach dem Kampf zu Abzügen kommen würde - durch die Ausschüttung des Adrenalins, das während des Kampfes den Schmerz / die Abzüge neutralisiert - dann wäre dies doch ein relativ akzeptables und realitätsnahes System.
Sonderlich realitätsnah ist das nicht. Schließlich gibt es jenseits von Schmerz genug Einflüsse/Schadensereignisse, die man auch mit noch so viel Adrenalin nicht ignorieren kann.
Kaputt ist kaputt ist eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzbar...
Und ganz ehrlich: Wenn man sich das Gefummel mit Abzügen schon im Kampf nicht geben will, hat es erst recht keinen großen Mehrwert, wenn es nur nach bzw.
zwischen den Kämpfen relevant ist.
In dem System ist die Glaubwürdigkeit Trumpf. Solange es sich gut und realistisch anfühlt, ist die Realität irrelevant.
Euer Grund ist doch die Abneigung gegen die Todesspirale, oder lese ich das falsch?
Mit Glaubwürdigkeit als Kernargument kommt man da mMn nicht sonderlich weit.
Todesspiralen wären vielleicht noch mal ein Thema für sich. Die
könnten immerhin den Mehrwert liefern, dass "bewusster" und nicht immer bis zum bitteren Ende gekämpft wird. Weil davon meist aber auch die Fluchtfähigkeit mit in den Abfluss gespült wird (wenn sie denn überhaupt je gegeben war) und/oder settingseitige Zwänge bestehen, kommt das oft nicht zustande.
Klar, gerade wenn "klassisch" kampflastig mit recht geradlinigem Schlagabtausch gespielt wird und am Besten noch alle Nase lang Gegner auftauchen, die aus irgendwelchen Gründen im Gegensatz zu den SCs keine Wundabzüge kennen, ist man davon als Spieler ziemlich schnell genervt.
Oder auch dann, wenn das System zwar eine fiese Todesspirale hat, aber keine guten Möglichkeiten liefert, taktisch clever zu agieren.
Es ist wohl schwer, beides in Einklang zu bringen, ohne dass eine der beiden Bestandteile obsolet wird.
Wenn beides genau dem gleichen spielmechanischen Zweck dient, ist es natürlich nicht zielführend, beide Methoden parallel zu fahren.
Es kann aber dann funktionieren, wenn die eine Methode den blinden Fleck der anderen abdeckt.
Z.B. hat Deadlands Classic ein (lokalisiertes) Wundstufensystem mit Abzügen, in dem der Tod "nur" eintritt, wenn an bestimmten Lokationen eine bestimmte Gesamtwundstufe erreicht ist.
Parallel dazu gibt es aber noch Ausdauerpunkte, die nicht nur beim Erhalten einer Wunde um einen zufälligen Betrag reduziert werden, sondern auch noch pro Wunde ab einer bestimmten Stufe in regelmäßigen Abständen.
So kann man dann an mehreren mittelschweren Wunden eingehen, die alle für sich nicht tödlich wären.
Andersrum gibt es Systeme, in denen man einen Riesenhaufen HP hat, aber z.B. bei bestimmten Schadensmengen auf einen Schlag Wunden, kritische Treffer oder andere Sondereffekte hinnehmen muss.
Auf diese Weise lassen sich in passenden Situationen die HP umgehen und Vorgänge abbilden, denen man sonst absurd hohe HP-Verluste zuordnen müsste.
Da ist man aber meist auch gut beraten, sich zu überlegen, ob man nicht lieber gleich die gewollten Effekte verregelt anstatt den Umweg über die parallele Verwendung beider Methoden zu gehen.
Bei Deadlands Classic hat man z.B. immerhin schon mal erkannt, dass man dafür die aus anderen Gründen schon vorhandenen Ausdauerpunkte nutzen kann und nicht noch mal extra einen gesonderten HP-Pool braucht.
Man kann das aber auch gleich noch einen Schritt weiter denken und das Thema Blutverlust mit allen Folgen direkt(er) regeln, wie es z.B. Millennium´s End oder Twilight 2013 machen. Dann braucht man gar keine HP mit abgefeilten Seriennummern oder andere Punkte, denen man noch zusätzlich HP-Aufgaben zuteilt.