Autor Thema: [Ich erzähle euch von] An Atlas of the Horizons  (Gelesen 694 mal)

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Achamanian

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Ein Kickstarter, den ich damals hier ein bisschen gepusht habe, weil mir das Projekt sympathisch war - jetzt ist endlich die Printausgabe zu mir unterwegs (habe es selbst einige Wochen lang versäumt, meinen PoD-Gutschein einzulösen). Die Pdf liegt schon länger auf meiner Festplatte und ich lese ab und zu rein. Wenn die Druckausgabe da ist, werde ich mehr erzählen, hier mal ein paar Eindrücke.

Das Buch auf drivethru:
https://www.drivethrurpg.com/product/285392/An-Atlas-of-the-Horizons?term=atlas+of+the+horizo

Das Setting hab ich angelesen, werde da aber erst später, wenn die Printausgabe da ist, ernsthaft einsteigen. Insgesamt eine Welt mit optimistischer Grundstimmung und der Annahme, dass die Helden die Guten sind, insofern erinnert mich das Setting ein wenig an Blue Rose. Die modernen Elemente - Schusswaffen, Flugmaschinen - sind ganz interessant dadurch eingebunden, dass sie in der Regel eher Einzelstücke sind, es gibt also keine steampunkige Industrialisierung, das Setting ist in der Beziehung eher idyllisch. (Wie viel Sinn das ergibt, darüber kann man sich streiten, ich finde es aber eine interessante Variante von moderner Technologie in einer Fantasy-Welt, und diese ganze steampunkige Industrialisierungs-Ästhetik fehlt mir kein bisschen, die kann ich eh nicht leiden).
Es gibt einige schöne "weirde" Elemente - ein abgestürzter Mond, von dem aus sich eine Fremde Ökologie ausbreitet oder eine Tempelstadt, die von den körperlichen Göttern verlassen wurde und jetzt ein ziemlich bizarrer Ort voll mit den von ihnen hinterlassenen Wächterkreaturen ist. Irdische Vorbilder für die vorhandenen Kulturen kann ich so direkt nicht erkennen, da schimmert für mich alles mögliche von mythischem Indien bis Renaissance-Italien durch, ohne allzu explizit zu werden. Das Grundgefühl ist aber für mich trotz allem eher bodenständig, auch dadurch, dass das einzige spielbare Volk Menschen sind.
Die Mythologie ist interessant, sowohl was die körperlich auftretenden Götter und deren Rolle als Wissensbringer, die die Menschheit aber eher als Experiment betrachten, betrifft, als auch in Sachen Magie - bei letzterer bin ich noch etwas zwiegespalten: Magie ist in der dokumentierten Vergangenheit von einem Einzelnen entdeckt worden, der aus schierer Verzweiflung dem Universum seinen Willen aufzwingen konnte. Kam mir etwas beliebig vor, aber um mir da ein genaueres Bild zu machen, muss ich noch tiefer Einsteigen.

Die Regeln finde ich bisher auf jeden Fall interessant: Grundsätzlich handelt es sich um eine Mischung aus W12-Roll-Under und Poolsystem. Man hat einen Fertigkeitswert, der auf W12 unterwürfelt werden muss. parallel würfelt man immer das jeweils passende Attribut mit, und zwar als einen Pool von W6ern. Der Erfolg hängt grundsätzlich nur davon ab, ob man auf dem W12 die Fertigkeit unterwürfelt; von seinen W6ern darf man sich dann eine Zahl aussuchen, die das Ausmaß des Erfolgs (oder des Scheiterns) angibt. Bei einem Erfolg wählt man logischerweise die höchste der gewürfelten Zahlen, bei einem Misserfolg natürlich die niedrigste. 6en können einem bei Erfolg dann noch Zusatzeffekte verschaffen, pro zusätzlicher 6 über die erste hinaus kann man sich in der Regel einen Effekt (im Kampf so Kram wie Entwaffnen oder Zurückdrängen) aussuchen oder Zusatzschaden machen. (Es gibt Talente, die diese Spanne für gewisse Aktionen senken - so braucht man immer noch mindestens eine 6, um einen kritischen Erfolg zu triggern, aber dann erhält man z.B. Zusatzeffekte auch für die 5en).
Schwierigkeiten sind Zahlen von 2 bis 6, die erreicht werden müssen; bei Widerstandswürfen kann es sich bei diesen Zahlen auch um einen Attributswert des Gegners handeln (die sich praktischerweise auf einer Skala von 1-6 bewegen). Mali gibt es nur in der Form, dass bei einem Erfolgreichen Wurf alle 6en von den W6ern "abgeworfen" werden müssen, man kann mit Malus also maximal eine Qualität von 5 und keine kritischen Erfolge erzielen.

Interessant ist die Philosophie dahinter, wie Mali durch Rollenspiel umgangen/aufgehoben werden können. Hier wird die Rule of Cool stark betont: Wer erzählerisch einbinden kann, wie der eigene Charakter den misslichen Umstand vorteilhaft in seine Handlung einbindet, für den wird der Malus aufgehoben. Als Beispiel gibt es im Regelwerk die Situation, dass ein SC im Kampf auf einem wackeligen Gerüst steht und dadurch einen Malus erhält. Wenn er nun erzählt, dass er seine Peitsche um den Arm einer nahen großen Statue schlingt und sich stabilisiert, indem er sich an ihr festhält, ist der Malus aufgehoben (und er hat nur noch eine Hand frei) - so weit, so banal. Wenn er erzählt, wie er bei einem Angriff seine Peitsche um den Statuenarm über sich schlingt, sich an ihr hochzieht und dem Gegner mit beiden Beinen einen Tritt vor die Brust versetzt, erhält er für diese Handlung ebenfalls keinen Malus, weil er die Schwierigkeit, mit der er es zu tun hat, zu seinem Vorteil in ein Spezialmanöver einbindet. Den Gedanken, dass man durch das Erlassen von Mali dafür belohnt wird, die Umgebung erzählerisch einzubinden, habe ich in der Form tatsächlich noch nicht angetroffen. Wäre gespannt, wie gut das funktioniert, und finde es erfreulich, dass man dafür keine Gummipunkte braucht.

Ach ja, Gummipunkte: Man kann XP zum Probeneinsatz wiederholen. Auch hier steckt noch eine schöne Idee drin: Ist die Probe mit dem XP-Einsatz erfolgreich, ist der XP verbraucht. Bei einem Scheitern wandert er als Steigerungskredit in die geprobte Fertigkeit, ist also nicht verschwendet. Das gefällt mir gut, folgt noch dazu dem Prinzip "aus Fehlschlägen lernt man" und bietet auch eine Art von Praxisorientierung beim Steigern.

Insgesamt stecken für mein Gefühl viele gute Ideen sowohl im Setting als auch in den Regeln drin.

Ein Wermutstropfen ist leider die Gestaltung: hässlicher Seitenhintergrund, einige wenige tolle Illustrationen und ein paar mehr ziemlich lahme, ein ödes Cover ... hat mich nach Erhalt der pdf tatsächlich lange davon abgehalten, sie mir überhaupt näher anzusehen, aber jetzt habe ich mich doch überwunden und bereue es nicht.